Kommunalrecht WS 2021/2022 - PD Dr. Sönke E. Schulz
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Vorlesungsübersicht 1. Einführung 1.1 Organisatorisches, Kurzvorstellung und Literaturhinweise 1.2 Kommunalstruktur in Schleswig-Holstein 1.3 Kommunalrecht – Begriff und Bedeutung 2. Verfassungsrechtliche Garantie kommunale Selbstverwaltung 3. Kommunalaufsicht 4. Innere Verfassung der Kommunen 5. Gemeinde und Bürger/Einwohner 6. Interkommunale Zusammenarbeit 7. Kommunales Wirtschaftsrecht 8. Kommunales Finanz- und Haushaltsrecht
Organisatorisches (1/2) ▪ Vorlesung in Präsenz: freitags 17.15 Uhr bis 18.45 Uhr ▪ Leibnizstraße 13, LS13 - R.8 (Max-Planck-Hörsaal) ▪ Bitte 3G-Regelung und aktuelle Vorgaben der Universität beachten! ▪ Aufgrund der aktuellen Lage sind ggf. kurzfristige Änderungen / Anpassungen möglich. ▪ Unterlagen werden jeweils nach der Vorlesung hochgeladen. ▪ Ab 29.10.2021: Streaming (vss. über Big Blue Button)
Organisatorisches (2/2) 1. 22.10.2021 Einführung 10. 24.12.2021 Ferien 2. 29.10.2021 Verfassungsrecht 11. 31.12.2021 Ferien 3. 05.11.2021 Verfassungsrecht 12. 07.01.2022 Ferien 4. 12.11.2021 Kommunalaufsicht 13. 14.01.2022 Gemeinde und Bürger 5. 19.11.2021 Innere Verfassung 14. 21.01.2022 Zusammenarbeit 6. 26.11.2021 fällt aus 15. 28.01.2022 Wirtschaftsrecht 7. 03.12.2021 fällt aus 16. 04.02.2022 Wirtschaftsrecht 8. 10.12.2021 Innere Verfassung 17. 11.02.2022 Finanz- und Haushaltsrecht 9. 17.12.2021 Gemeinde und Bürger 18. 18.02.2022 Finanz- und Haushaltsrecht
Der Schleswig-Holsteinische Landkreistag (2/3) § 71 Kreisordnung SH: Beteiligungsrechte Die obersten Landesbehörden haben zu Entwürfen von Rechtsvorschriften und allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die die Selbstverwaltung der Kreise berühren, den Landesverband der Kreise zu hören. § 132 Gemeindeordnung SH: Beteiligungsrechte Die obersten Landesbehörden haben zu Entwürfen von Rechtsvorschriften und allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die die Selbstverwaltung der Gemeinden berühren, die Landesverbände der Gemeinden zu hören.
Literaturempfehlungen (2/2) Gern/Brüning 4. Aufl. April 2019 Burgi 6. Aufl. 2019
Vorlesungsübersicht 1. Einführung 1.1 Organisatorisches, Kurzvorstellung und Literaturhinweise 1.2 Kommunalstruktur in Schleswig-Holstein 1.3 Kommunalrecht – Begriff und Bedeutung 2. Verfassungsrechtliche Garantie kommunale Selbstverwaltung 3. Kommunalaufsicht 4. Innere Verfassung der Kommunen 5. Gemeinde und Bürger/Einwohner 6. Interkommunale Zusammenarbeit 7. Kommunales Wirtschaftsrecht 8. Kommunales Finanz- und Haushaltsrecht
Die Kommunen im Verwaltungsaufbau (1/3) ▪ Bestandteil der organisierten Staatlichkeit ▪ Ausübung von Staatsgewalt, die sich gem. Art. 20 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Art. 28 Abs. 1 GG vom Volke ableiten lassen muss ▪ als Verwaltungsträger: vollziehende Gewalt im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG ▪ staatsorganisationsrechtlich Teil der Bundesländer; aber auch besondere Stellung im dualistischen System von Bund und Ländern ▪ Doppelrolle der Kommunen − Träger der Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG) − Teil der organisierten Staatlichkeit ▪ Übertragung staatlicher Aufgaben zur Wahrnehmung auf die Kommunen
Die Kommunen im Verwaltungsaufbau (2/3) u. a. Kommunen
Die Kommunen im Verwaltungsaufbau (3/3)
Kommunalstruktur in Schleswig-Holstein (1/5)
Exkurs: die „Mittelinstanz“ Regierungsbezirke/Bezirksregierung als Landesmittelbehörde ▪ existieren (noch) in Baden-Württemberg (4), Bayern (7), Hessen (3) und NRW (5) (unabhängig von den Bezirksregierungen als staatliche Mittelbehörde existieren in Bayern mit diesen deckungsgleiche kommunale Selbstverwaltungskörperschaften, die Bezirke) ▪ in einigen Ländern gibt es (seit einigen Jahren) keine Einteilung in Regierungsbezirke mehr: Rheinland-Pfalz (seit 2000), Sachsen-Anhalt (seit 2003), Niedersachsen (seit 2005), Sachsen (seit 2012) zum Teil existieren diese aber als regional untergegliederte Fachbehörden des Landes (Landesschulbehörde) oder als fürs ganze Land zuständige Landesbehörden fort ▪ Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen haben 1990 keine Regierungsbezirke eingerichtet ▪ in Schleswig-Holstein und im Saarland gab es nie Regierungsbezirke
Kommunalstruktur in Schleswig-Holstein (2/5)
Kommunalstruktur in Schleswig-Holstein (3/5) 1106 politisch selbstständigen Städten und Gemeinden (Stand: 1. März 2018) ▪ 63 Städte, darunter − 4 kreisfreie Städte − 43 amtsfreie Städte − 4 amtsfreie Städte, die Teil einer Verwaltungsgemeinschaft sind − 12 Städte in Ämtern ▪ 1043 sonstige Gemeinden, darunter − 21 amtsfreie Gemeinden − 12 amtsfreie Gemeinden, die Teil einer Verwaltungsgemeinschaft sind − 1010 Gemeinden in Ämtern
Kommunalstruktur in Schleswig-Holstein (4/5) ▪ 12 Städte und 1022 Gemeinden haben sich zur Erledigung ihrer Verwaltungsgeschäfte in 84 Ämtern zusammengeschlossen. ▪ Des Weiteren bestehen in Schleswig-Holstein zwei unbewohnte Forstgutsbezirke (gemeindefreie Gebiete): Buchholz und Sachsenwald. ▪ Es existieren 11 Kreise in Schleswig-Holstein (Gebietskörperschaft und Gemeindeverband)
Kommunalstruktur in Schleswig-Holstein (5/5)
Kommunalstruktur in der Bundesrepublik (1/2) ▪ Die Anzahl aller Gemeinden in Deutschland am 31.12.2020 betrug 10.796. ▪ 1.826 Gemeinden mit einer Einwohnerzahl zwischen 1.000 und 1.999.
Kommunalstruktur in der Bundesrepublik (2/2)
Exkurs: die Stadtstaaten (1/2) Das Landesparlament heißt in Hamburg und Bremen entsprechend der hanseatischen Tradition Bürgerschaft, in Berlin Abgeordnetenhaus. In Hamburg und Berlin ist es zugleich Stadtrat. In Bremen, das aus den zwei Gemeinden (Bremen und Bremerhaven) besteht, hat die Bürgerschaft 68 Abgeordnete aus Bremen und 15 Abgeordnete aus Bremerhaven. Die 68 Bremer Bürgerschaftsabgeordneten bilden zugleich die Kommunalvertretung der Gemeinde. Die Bürgerschaftsabgeordneten aus Bremerhaven sind lediglich Landtagsabgeordnete; Bremerhaven hat eine eigene Stadtverordnetenversammlung. Die Senatorinnen bilden zugleich die Verwaltungsspitze der jeweiligen Kommune; in Bremen nur für die Gemeinde Bremen. Bremerhaven hat einen eigenen Magistrat.
Exkurs: die Stadtstaaten (1/2) Alle drei Stadtstaaten sind in Bezirke unterteilt (in Bremen Stadt- bzw. Ortsteile), die eine eigene, gewählte Vertretungskörperschaft (Bezirksparlament bzw. in Bremen Stadtteilbeirat), eine eigene Verwaltung (Bezirksamt bzw. in Bremen Ortsamt) und einen eigenen Haushalt haben. Es handelt sich jedoch nicht um eine echte kommunale Ebene; den Bezirken wird nur ein Teil der kommunalen Aufgaben übertragen, und die entsprechenden Befugnisse können jederzeit auf die Ebene des Landes zurückgeholt werden. In Berlin und Hamburg wird nicht zwischen Landes- und Kommunalhaushalt unterschieden, der jeweilige Haushalt enthält Einnahmen und Ausgaben, die teils dem Land, teils der Kommune zuzurechnen sind. Aus diesem Grund sind die Haushalte dieser beiden Stadtstaaten mit anderen Kommunalhaushalten nicht vergleichbar und werden in vielen Statistiken zu Fragen der Kommunalfinanzen ausgeklammert.
Vorlesungsübersicht 1. Einführung 1.1 Organisatorisches, Kurzvorstellung und Literaturhinweise 1.2 Kommunalstruktur in Schleswig-Holstein 1.3 Kommunalrecht – Begriff und Bedeutung 2. Verfassungsrechtliche Garantie kommunale Selbstverwaltung 3. Kommunalaufsicht 4. Innere Verfassung der Kommunen 5. Gemeinde und Bürger/Einwohner 6. Interkommunale Zusammenarbeit 7. Kommunales Wirtschaftsrecht 8. Kommunales Finanz- und Haushaltsrecht
Begriff des Kommunalrechts 1. Teil des öffentlichen Rechts, ▪ der ausschließlich Gemeinden oder Gemeindeverbände oder deren Funktionssubjekte berechtigt oder verpflichtet bzw. ▪ die Gesamtheit derjenigen öffentlich-rechtlichen Normen, die Organisation und Wirken von Gemeinden und Gemeindeverbänden regeln. 2. Elemente ▪ Verwaltungsorganisation inkl. Verwaltungskooperation ▪ Rechte und Pflichten von Bürgern und Einwohnern
Drei Aspekte des Kommunalrechts Gemeinde im Staat Gemeindeverfassung Gemeinde und Bürger ▪ Selbstverwaltungsgarantie ▪ Gemeindliche ▪ Eingriffe der Gemeinde in die Willensbildung/- Rechtssphäre des Bürgers ▪ Wahrnehmung staatlicher exekution Aufgaben (Formen und ▪ Ansprüche des Bürgers Aufsicht)
Rechtsquellen des Kommunalrechts (1/4) ▪ Europarecht (Art. 4 Abs. 2 EUV) ▪ Grundgesetz, insbes. Art. 28 Abs. 2 GG ▪ Landesverfassung ▪ Einfaches Gesetzesrecht ▪ Satzungsrecht (vgl. § 4 GO)
Rechtsquellen des Kommunalrechts (2/4) (2) Die Union achtet die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen und ihre jeweilige nationale Identität, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. … Schulz, Die Gemeinde SH 2010, S. 214 ff.
Rechtsquellen des Kommunalrechts (3/4) in Schleswig-Holstein ▪ Gemeindeordnung (GO) ▪ Kreisordnung (KrO) ▪ Amtsordnung (AO) ▪ Gesetz über kommunale Zusammenarbeit (GkZ) in anderen Bundesländern: einheitliche Kommunalverfassung
Rechtsquellen des Kommunalrechts (4/4) § 1 GO: Selbstverwaltung (1) Den Gemeinden wird das Recht der freien Selbstverwaltung in den eigenen Angelegenheiten als eines der Grundrechte demokratischer Staatsgestaltung gewährleistet. Sie haben das Wohl ihrer Einwohnerinnen und Einwohner zu fördern. Sie handeln zugleich in Verantwortung für die zukünftigen Generationen. Sie schützen und fördern die nationale dänische Minderheit, die Minderheit der deutschen Sinti und Roma und die friesische Volksgruppe. (2) Die Gemeinden sind Gebietskörperschaften. (3) Eingriffe in die Rechte der Gemeinden sind nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zulässig.
Wesen der Kommunen, insbes. der Gemeinden (§ 1 GO) (1/4) ▪ Gebietskörperschaften, d. h. gebietsbezogene Körperschaften ▪ Mitgliedschaft ergibt sich aus dem Wohnsitz ▪ umfassende Hoheitsgewalt auf ihrem Gebiet: wirkt gegenüber jedem, der sich auf dem Gebiet aufhält ▪ Grundlage des demokratischen Staatsaufbaus (Teil der Verwaltung) ▪ Selbstverwaltung (contra Staatsverwaltung) (kommunal vs. funktional) ▪ keine Grundrechtsträgerschaft
Wesen der Kommunen, insbes. der Gemeinden (§ 1 GO) (2/4) ▪ Einheitsgemeinde als Grundannahme − die Gemeinde ist ohne Rücksicht auf Größe, Einwohnerzahl, Verwaltungskraft und Versorgungsfunktion das Bezugsobjekt, an das das Gemeinderecht seine Regelungen standardmäßig knüpft − keine Gemeinden: interne Untergliederungen oder Zusammenschlüsse von Gemeinden (Ortsteile, §§ 47a ff. GO) ▪ Realitäten weichen stark voneinander ab: Bevölkerungszahl, Größe, Verwaltungskraft
Wesen der Kommunen, insbes. der Gemeinden (§ 1 GO) (3/4) ▪ Realitäten weichen stark voneinander ab: Bevölkerungszahl, Größe, Verwaltungskraft − Typen von Selbstverwaltungskörperschaften: (kreisfreie) Städte, Kreise, kreisangehörige Gemeinden, Ämter und amtsangehörige Gemeinden/Städte − ehrenamtlich/hauptamtlich verwaltet (§ 48 GO, §§ 50 ff. vs. 55 ff. GO)
Wesen der Kommunen, insbes. der Gemeinden (§ 1 GO) (4/4) ▪ Realitäten weichen stark voneinander ab: Bevölkerungszahl, Größe, Verwaltungskraft
Geschichte des Kommunalwesens (1/4) ▪ seit dem 12. Jahrhundert: Entwicklung der Stadt als kommunales Gemeinwesens besonderer Art ▪ wesentliches Kriterium seit dem 13. Jahrhundert: Autonomie zur Rechtssetzung (vgl. nun: § 4 GO) ▪ in absolutistisch regierten Territorialstaaten: Erstarrung des kommunalen Lebens; Städte und Dörfer sind obrigkeitliche Verwaltungsbezirke ▪ Neubelebung und neue Rechtsgrundlagen
Geschichte des Kommunalwesens (2/4) ▪ Neubelebung und neue Rechtsgrundlagen − Idee der gemeindlichen Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert (Stein/ Hardenberg‘sche Reformen) − Klarster Ausdruck dieser Überlegungen: Preußische Städteordnung (1808) − Zweck, „den Städten eine selbstständigere und bessere Verfassung zu geben, in der Bürgergemeinde einen festen Vereinigungspunkt gesetzlich zu bilden, ihnen eine tätige Einwirkung auf die Verwaltung des Gemeinwesens beizulegen und durch diese Teilnahme Gemeinsinn zu erregen und zu erhalten“ − i. E. Distanz vom absolutistischen Staat
Geschichte des Kommunalwesens (3/4) ▪ § 184 Paulskirchenverfassung (1849) und Art. 127 Weimarer Reichsverfassung (1919) führten die Selbstverwaltung der Gemeinden unter den Grundrechten auf (Folge dessen war die Diskussion um die Grundrechtsfähigkeit von Gemeinden) ▪ kommunalrechtliche Praxis: staatsorganisatorische Deutung ▪ Art. 28 Abs. 2 GG: Dieser nimmt den staatsorganisatorischen Gedanken auf und stellt die Selbstverwaltung in den Dienst einer gegliederten, freiheitswahrenden Demokratie
Geschichte des Kommunalwesens (4/4)
Vorlesungsübersicht 1. Einführung 2. Verfassungsrechtliche Garantie kommunale Selbstverwaltung 3. Kommunalaufsicht 4. Innere Verfassung der Kommunen 5. Gemeinde und Bürger/Einwohner 6. Interkommunale Zusammenarbeit 7. Kommunales Wirtschaftsrecht 8. Kommunales Finanz- und Haushaltsrecht
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