Wasserrecht von München bis Brüssel oder von Brüssel für Bayern? - Dr. Andreas Gaß - Süd- und Ostbayerische Wassertagung 11. April 2013

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Wasserrecht von München bis Brüssel oder von Brüssel für Bayern? - Dr. Andreas Gaß - Süd- und Ostbayerische Wassertagung 11. April 2013
Dr. Andreas Gaß

Wasserrecht
von München bis Brüssel

… oder von Brüssel für Bayern?
2. Süd- und Ostbayerische Wassertagung
11. April 2013
Wasserrecht von München bis Brüssel oder von Brüssel für Bayern? - Dr. Andreas Gaß - Süd- und Ostbayerische Wassertagung 11. April 2013
Themen

 Entwurf einer EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie, Auswirkungen auf die
 Wasserwirtschaft
 Energiewende und Trinkwasserschutz
 Richtlinie für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas)

Dr. Andreas Gaß                                                                2
EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie

„NeueEU-Richtlinie bedroht die kommunale
Wasserversorgung“

„Privatisierungswahn aus Brüssel“

„Monopolisierung der Wasservorkommen durch
internationale Großkonzerne“

Dr. Andreas Gaß                              3
EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie

„Besitzstandswahrung der Kommunen“

„Vetternwirtschaft“

„Lokaler Protektionismus“

Dr. Andreas Gaß                           4
EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie

 Europäische Bürgerinitiative: „Durchsetzung des Menschenrechts auf den
 Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung“ www.right2water.eu/de
 (über 1,3 Mio. Unterzeichner)
 EU-Kommissar Barnier: „Die Kommission beabsichtigt in keiner Weise, die
 Wasserversorgung zu privatisieren“
 Pressemitteilung der EU-Kommission vom 21.3.2013 zum Weltwassertag

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Anfrage NGOs an EU-Kommission i.S.
Griechenland und Portugal
EU-Kommission, Schreiben vom 26.09.2012 an NGOs:
„…Wie Sie wissen, leistet die Privatisierung öffentlicher Unternehmen nicht nur
einen Beitrag zur Verringerung der öffentlichen Verschuldung, sondern führt
auch zu einer Abnahme von Beihilfen, anderen Transferzahlungen oder
staatlichen Garantien für staatseigene Betriebe. Weiterhin kann sie die Effizienz
von Unternehmen erhöhen und darüber hinaus die Wettbewerbsfähigkeit der
gesamten Wirtschaft bewirken, indem sie ausländische Direktinvestitionen
anlockt. Die Europäische Kommission glaubt, dass die Privatisierung
öffentlicher Versorgungsbetriebe, einschließlich der Wasserversorgung, für die
Gesellschaft Vorteile bringen kann, wenn sie behutsam durchgeführt wird. Zu
diesem Zweck sollte eine Privatisierung stattfinden, sobald ein passender
Rechtsrahmen dazu geschaffen wurde, der Missbrauch durch private Monopole
verhindert. …“

 Dr. Andreas Gaß                                                               6
Entwurf EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie
 Was ist eine Dienstleistungskonzession?

                     Konzession

   Gemeinde                        (rechtlich selbständiges)
                                      Unternehmen                                 Bürger
  Zweckverband

                  ggf. „Konzessionsabgabe“             erhebt Leistungsentgelte

 Gemeinde/Zweckverband mit Regiebetrieb oder Eigenbetrieb: Zwei-Personen-
 Verhältnis!
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Entwurf EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie

 Bisher:
  • Keine Ausschreibungspflicht, lediglich Transparenzgebot,
    Diskriminierungsverbot bei Beteiligung Privater (EuGH-Rechtsprechung)
  • Interkommunale Zusammenarbeit ist „innerstaatlicher Organisationsakt“
  • Vergabe an Zweckverband mit Eigenbetrieb oder an Stadtwerke GmbH
    (100% kommunal) auch als Spartenunternehmen möglich

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Entwurf EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie
 Geplant laut Entwurf:
  • Grundsatz Ausschreibungspflicht, Schwellenwert 8 Mio €
  • Folge: Private (Konzerne) können mitbieten, Verfahrensaufwand, Klagen
    von Konkurrenten vor den Vergabekammern möglich
  • Ausnahme: interkommunale Zusammenarbeit, wenn
          100% Anteile und Kontrolle des Unternehmens durch die öffentliche
           Hand (auch GmbH, sehr problematisch AG)
          Tätigkeit „im Wesentlichen“ für den Auftraggeber (80% der
           Tätigkeit)

 „Entwarnung“ für 100% kommunale GmbHs die ausschließlich und
 örtliche Wasserversorger sind (diese erbringen 100% ihrer Tätigkeit für die
 Mitgliedsgemeinden)!
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Entwurf EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie

 Problem: Wesentlichkeitskriterium (80 %) bei sog. Spartenunternehmen
  • z.B. Stadtwerke-GmbH, 100% kommunal, neben Wasserversorgung auch
    Energie (sog. Spartenunternehmen)
  • Energieversorgung ist keine Tätigkeit für Trägerkommune, sondern Leistung
    für Kunden (nicht: Bürger) auf dem liberalisierten Markt => Wasserversorgung
    macht in der Regel nicht 80 %, sondern eher 10-20 % des Gesamtumsatzes
    des Unternehmens aus, d.h. Ausschreibungspflicht!

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Entwurf EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie
Beispiel Mehrspartenunternehmen und Ausschreibungspflicht
                                Zum Zuge kommt das wirtschaftlichste Angebot

        Pflicht zur                     Privater Anbieter 1
        Ausschreibung der
        Wasserkonzession
                            ?

  Gemeinde                  ?
                                        Stadtwerke GmbH
                                       (Wasser und Energie)                    Bürger
Aufgabenträger
                                      Anteil Umsatz der Wassersparte am
                                      Gesamtumsatz < 80%

                        ?
                                        Privater Anbieter 2
Entwurf EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie
Mögliche Folgen der Ausschreibungspflicht für Mehrspartenunternehmen

             Zuschlag an privaten Anbieter                        Leistungsentgelte

                                       Privater Anbieter
                                            Wasser
  Gemeinde              Konzessionsabgabe
                                                                                      Bürger
Aufgabenträger

                                      Stadtwerke GmbH
                                     (Wasser und Energie)
                                     Auflösung der Wassersparte
Entwurf EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie

 Einzelproblem?
  • ca. 800 Stadtwerke in BRD betroffen
  • In Bayern: ca. 80 Stadtwerke betroffen, die fast 50% der Bevölkerung
    versorgen!
  • rein kommunal organisierter Wassermarkt wird „aufgebrochen“,
    Strukturveränderung durch private Wasserversorger

Dr. Andreas Gaß                                                            13
Entwurf EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie

Forderungen Bayerischer Gemeindetag/DStGB an die EU:
 Subsidiarität: Richtlinie nicht erforderlich, es gibt bereits Rechtsprechung zu
 diesen Problemkreisen! Kein Gewinn an Rechtssicherheit!
 Generelle Ausnahme für Trinkwasserversorgung, weil:
  • Wasser ist kein Wirtschaftsgut, sondern essentiell für Bevölkerung und Wirtschaft (WRRL!)
  • Hervorragende Qualität der Trinkwasserversorgung in Bayern / BRD
  • Gemeinwohlorientierung statt Gewinnstreben
  • Ganz überwiegende Mehrheit der Bevölkerung will Beibehaltung der Strukturen

Dr. Andreas Gaß                                                                           14
Entwurf EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie

Forderungen Bayerischer Gemeindetag/DStGB an die EU:
 Mindestens: Änderungen im Richtlinientext
  • Klarstellung, dass interkommunale Zusammenarbeit generell ausgenommen ist
    (innerstaatlicher Organisationsakt)

  • Ausnahmeregelung für Mehrspartenunternehmen, die teilweise auch auf dem liberalisierten
    Energiemarkt tätig sind

  • Keine neuen bürokratischen Anforderungen (Umstrukturierungen, Meldepflichten)

Forderungen Bayerischer Gemeindetag an die Staatsregierung:
 LEP-Entwurf: klares strukturpolitisches Bekenntnis zur kommunalen
 Wasserversorgung!

Dr. Andreas Gaß                                                                         15
Entwurf EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie

Wie geht es weiter?
  Seit 12.3.2013 (bis Juni/Juli 2013): Trilog zwischen EU-Parlament, Rat und
  Kommission:
  Position der Bundesregierung?
  Initiative der Länder über Bundesrat
  Gespräch Kommunale Spitzenverbände mit EU-Kommission am 11.3.2013:
  EU-Kommission hat neuen Vorschlag angekündigt, der kommunale Position
  berücksichtigt
  (nochmaliges) gemeinsames Schreiben der deutschen und österreichischen
  kommunalen Spitzenverbände an EU-Kommission
  Abstimmung im EU-Parlament evtl. September 2013

 Dr. Andreas Gaß                                                               16
Entwurf EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie

Umsetzung der Ankündigungen der EU-Kommission?

Der Teufel steckt im Detail!

  80% des Umsatzes für die Gemeinde? Wie wirkt sich interkommunale
  Zusammenarbeit auf das Wesentlichkeitskriterium aus?
  • Wassergewinnung außerhalb der Gemeinde
  • Wasserlieferung gegen Entgelt an Nachbargemeinde, evtl. durch Stadtwerk
  • Zulassung bloß „regionaler“ Kooperationen?
  Interkommunale Zusammenarbeit – gleich in welcher Form – ist
  innerstaatlicher Organisationsakt, nicht Wettbewerb!

Dr. Andreas Gaß                                                               17
Benchmarking

 Warum?
  Transparenz, Optimierung: vgl. WISO vom 08.04.2013 (ZDF mediathek)!
 Teilnehmer bisher:
  • Abwasser: bislang 245 Entsorger, 56 mehrfach; Abdeckung von 22% der
    Bevölkerung
  • Wasser: 270 Versorger, ca. 23 % der Wasserabgabe
 5. Erhebungsrunde EffWB 2013 http://www.effwb.de/
 4. Erhebungsrunde BAB 2013 http://www.abwasserbenchmarking-bayern.de/
 Vgl. „Bayerischer Gemeindetag“ Heft Januar 2013

Dr. Andreas Gaß                                                           18
Bayerisches Energiekonzept „Energie innovativ“

Dr. Andreas Gaß                              19
Energiewende und Trinkwasserschutz
Windkraft
Gefahrenpotenziale:
 Rodungen / Geländeveränderungen in WSG zur Erschließung
 Gründung der Anlagen, Beeinträchtigung der Grundwasserüberdeckung
 Leckagen im laufenden Betrieb (Schmiermittel, Kühlmittel)
Rechtslage:
 WSG-Zonen I und II sind Ausschlussgebiete
 WSG-Zone III: Windkraft grds. unerwünscht, im Einzelfall aber unter Auflagen
 zulässig
 LfU-Merkblatt „Trinkwasserschutz bei Planung und Errichtung von
 Windkraftanlagen“ (http://www.lfu.bayern.de/wasser/merkblattsammlung/)

Dr. Andreas Gaß                                                                 20
Energiewende und Trinkwasserschutz
Freiflächen-PV
Gefahrenpotenziale:
 Bodenveränderungen durch Gründung von Trafostationen, Verlegung von
 Erdkabeln
 Einsatz von Öltransformatoren, Reinigungsmitteln
 Pflanzenschutzmittel nicht zulässig, da keine Landwirtschaft; evtl. Beweidung
Rechtslage:
 WSG-Zonen I sind Ausschlussgebiete
 Ausnahmen in WSG-Zone II: flache Gründung, Trockentrafos oder dichte
 Wannen, keine Beweidung, Reinigung nur mit Wasser
 LfU-Merkblatt „Planung und Errichtung von Freiflächen-PV in
 Trinkwasserschutzgebieten“ http://www.lfu.bayern.de/wasser/merkblattsammlung/
Dr. Andreas Gaß                                                                  21
Dr. Andreas Gaß   Quelle: FNR   22
Dr. Andreas Gaß   Quelle: FNR   23
Energiewende und Trinkwasserschutz
Biogas
Gefahrenpotenziale:
 Biogasanlage im WSG: Undichtigkeit, Austritt von Silagesickersäften
 Auswirkungen des Energiepflanzenanbaus: Nitrateintrag, Erosionen
 (Auswaschung, Verschlechterung Nährstoffrückhalt, Eintrag Boden/Phosphor
 in Fließgewässer), Grünlandumbruch
 Gärresteausbringung
Zudem Probleme:
 Anstieg der Pachtpreise, Gewinne durch Energiepflanzenanbau konterkarieren
 freiwillige Vereinbarungen zwischen Wasserversorger und Landwirten
 Maisanbau → Schwarzwild → Wildschadensregulation und Forst
 Grünlandumbruch in Ortsnähe → Überschwemmungsgefahren
Dr. Andreas Gaß                                                             24
Energiewende und Wasserwirtschaft
Biogas
Rechtslage:
 (bayerische) Anlagenverordnung (VAwS): Biogasanlagen in Zonen I und II
 verboten, in Zone III bzw. III A nur unter erhöhten Anforderungen
 Forderung StMUG für (geplante) Bundesanlagenverordnung: Verbot von
 größeren Anlagen > 3.000m³ auch in Zone III; generelle Fachbetriebspflicht,
 wiederkehrende Prüfpflichten durch Sachverständige, Errichtung von
 Havariewällen
 Problem: konsequenter Vollzug des § 35 BauGB und der VAwS
 Änderung des Fachrechts: Fruchtfolgen, Anbau alternativer Energiepflanzen,
 evtl. Änderung der landwirtschaftlichen Förderung?

Dr. Andreas Gaß                                                                25
Novelle der RZWas

 Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas
 2005) gültig bis 30.06.2013 (nach Verlängerung)
 Entwurf des Umweltministeriums liegt seit Kurzem vor:
  • nur Maßnahmen der Ersterschließung
  • Fördersatz max. 70% (wie bisher)
  • Abwasser: 10% Einbehalt bis zur Teilnahme am Benchmarking
  • Maßnahmen für Hochwasserschutz, Wasserrahmenrichtlinie: „besonders
    Vorhaben im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit“
  • Geltung bis 31.12.2015
 KEINE Förderung der Sanierung von Anlagen und Leitungsnetzen / Kanälen
 Stellungnahme des Bayerischen Gemeindetags folgt
Dr. Andreas Gaß                                                           26
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

                               Dr. Andreas Gaß
                                089/36000919
                      andreas.gass@bay-gemeindetag.de

Dr. Andreas Gaß                                          27
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