Krankenstand, Beschäftigungsfähigkeit und Wiedereingliederung - Thomas Leoni Österreichische Gesellschaft für Arbeitsmedizin ...

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Krankenstand, Beschäftigungsfähigkeit und
          Wiedereingliederung
                          Thomas Leoni

Österreichische Gesellschaft
für Arbeitsmedizin                       Wien, 20. April 2017
Inhalte der Präsentation

1. Das Krankenstandgeschehen:
     Eckdaten
     Erklärungsmodell

2. Beschäftigungsfähigkeit und Wiedereingliederung
     Gesundheitlich Belastete am österreichischen
      Arbeitsmarkt
     Internationale Beispiele
Zur Beschaffenheit der
                                         Krankenstandsdaten

   Als Krankenstandstage werden Kalendertage, nicht Arbeitstage
    gezählt

   Mutterschutz und Abwesenheiten in Zusammenhang mit einer
    normal verlaufenden Schwangerschaft werden nicht als
    Krankenstand gezählt

   Kuraufenthalte fallen in die Krankenstandsstatistik

   ASVG Bereich - keine pragmatisierten Bediensteten

   Untererfassung der Kurzkrankenstände (bis 3 Tage Abwesenheit)
Langfristig rückläufige, zuletzt weitgehend
                                                 konstante Krankenstandsquote

Q: HSV; WIFO-Berechnungen. Die Krankenstandsquote ist eine Maßzahl für die im Jahresverlauf aufgrund von Krankenstand verlorene Arbeitszeit.
Krankenstandsquote nach Altersgruppen

                              8

                              7
                                                                   Männer           Frauen
  Krankenstandsquote (in %)

                              6

                              5

                              4
                                                                                                                                              Ø
                              3

                              2

                              1

                              0
                                  Bis 19   20 bis 24 25 bis 29 30 bis 34 35 bis 39 40 bis 44 45 bis 49 50 bis 54 55 bis 59 60 bis 64 65 und
                                                                                                                                      älter
                                                                                   Alter

Q: HSV; WIFO-Berechnungen.
Lange Krankenstandsepisoden
                                                      bestimmen das Fehlzeitenvolumen

         Verteilung der Krankenstandsfälle und –tage nach Dauer der Episoden

                            Bis 3 Tage        38,9                                      8,1

                                          33,0                                                   17,0
                          4 bis 7 Tage

                                                          15,5                                   15,8
                         8 bis 14 Tage

                        15 bis 42 Tage                           9,3                                    21,6

                                                                            2,2               13,6
                        43 bis 98 Tage

                    99 und mehr Tage                                         1,1                        23,8

                                         40          30    20          10          00   10       20        30       40
                                               Anteile an den Fällen in %               Anteile an den Tagen in %

Q: HVB; WIFO-Berechnungen. Daten beziehen sich auf das Jahr 2015.
Zum Teil ausgeprägte
                                                               Unterschiede nach Branche

Q: HVB; WIFO-Berechnungen. Daten beziehen sich auf das Jahr 2015. Nur ausgewählte Wirtschaftsklassen.
Graduelle Verschiebung in der Struktur
                                                nach Krankheitsgruppen

                      100
                                                                Sonstige Krankheiten
                      90
                                                                Psychische und
                      80
                                                                Verhaltensstörungen
                      70                                        Krankheiten des
                                                                Kreislaufsystems
                      60
       Anteile in %

                                                                Krankheiten des
                      50
                                                                Atmungssystems
                      40                                        Krankheiten des
                                                                Verdauungssystems
                      30
                                                                Muskel-Skelett-
                      20                                        Systems

                      10                                        Verletzungen und
                                                                Vergiftungen
                       0
                            1994    2000   2005   2010   2015

Q: HVB; WIFO-Berechnungen.
Interpretation der Krankenstandszahlen

Krankenstände sind ein wichtiger Indikator der
 gesundheitlichen Dimension in der Arbeitswelt
Allerdings:
   Rückläufige Krankenstandszahlen sind nicht immer
    eindeutig positiv zu interpretieren
    => „Selektionseffekte“ & „kommunizierende Gefäße“
Die Krankenstände der Älteren
                             schwanken im Zeitverlauf am stärksten…

                                    Variationskoeffizienten der Krankenstandsquote
           Altersgruppen
                                         1975-2005                1995-2005

           20 bis 24 Jahre                  0,05                     0,04
           25 bis 29 Jahre                  0,14                     0,06
           30 bis 34 Jahre                  0,15                     0,05
           35 bis 39 Jahre                  0,11                     0,05
           40 bis 44 Jahre                  0,12                     0,07
           45 bis 49 Jahre                  0,13                     0,10
           50 bis 54 Jahre                  0,15                     0,17
           55 bis 59 Jahre                  0,39                     0,27
           60 bis 64 Jahre                  1,85                     0,41

           Alle Altersgruppen               0,12                     0,06

         … was auf die Gestaltung der Übergänge zwischen Erwerbstätigkeit,
          Arbeitslosigkeit und Ruhestand zurückzuführen ist
Q: HVB; WIFO-Berechnungen
Krankenstand der Arbeitslosen
                                                                 und der Beschäftigten in Österreich

                                     10,0
                                      9,0
                                      8,0
            Krankenstandquote in %

                                      7,0
                                      6,0
                                      5,0
                                                                                                                                       Beschäftigte
                                      4,0
                                                                                                                                       Arbeitslose
                                      3,0
                                      2,0
                                      1,0
                                      0,0
                                            1988
                                                   1990
                                                          1992
                                                                 1994
                                                                        1996
                                                                               1998
                                                                                      2000
                                                                                             2002
                                                                                                    2004
                                                                                                           2006
                                                                                                                  2008
                                                                                                                         2010
                                                                                                                                2012
Q: HSV; AMS; WIFO-Berechnungen. Arbeitslose definiert als Summe aus BezieherInnen von Arbeitslosengeld und
Notstandshilfe, SchulungsteilnehmerInnen sowie BezieherInnen von Übergangsgeld und Pensionsvorschuss.
Der Krankenstand – ein Modell

Das gesundheitliche   Die Krankmeldung    Fortsetzung bzw. Dauer des
      Ereignis                                   Krankenstands

                                                    Weiterer
                                                 Krankenstand

     Absentismus                                 Rückkehr zum
                          Krankenstand            Arbeitsplatz

                                                 Arbeitsplatz-
  Gesundheitliches                                 wechsel
      Ereignis

                                                  Austritt aus
                          Präsentismus           Beschäftigung

   Determinanten          Determinanten          Determinanten
Gesundheitliche Belastung und
                                                                                Erwerbsintegration nach 2 Jahren
                                                        für Arbeitslose und unselbständig Beschäftigte des Jahres 2012 in OÖ

                                        100%

                                        90%
   Erwerbszustand im Jahr 2014 (in %)

                                        80%

                                        70%

                                        60%
                                                                                                                  sonstiges
                                        50%
                                                                                                                  pensioniert
                                        40%
                                                                                                                  arbeitslos
                                        30%                                                                       gefördert beschäftigt
                                        20%                                                                       beschäftigt

                                        10%

                                         0%
                                                nicht ges.      gesundh.       nicht ges.      gesundh.
                                                 belastet       belastet        belastet       belastet
                                               Beschäftigte des Jahres 2012   Arbeitslose i.w.S. des Jahres
                                                                                          2012

Q.: OÖGKK und WIFO INDI-DV auf Basis Arbeitsmarktservice Österreich, Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und WIFO.
Handlungsfelder der gesundheitlichen Dimension
                        von Beschäftigungsfähigkeit

                     Arbeitsumfeld:
                       Physisch,
                    organisatorisch,
                     psycho-sozial

 Gesellschaft:                            Individuum:
 Vereinbarkeit                          Gesundheitliches
 Beruf-Familie,                            Verhalten
soziales Umfeld
                      Sozial- und
                  Gesundheitssystem:
                      Prävention,
                  Wiedereingliederung
Intensivierung von Monitoring
                                    und Früherkennung

   Der niederländische Aktionsplan bei Krankenstand

   Das dänische „return-to-work“ Programm
    (kommunale Ebene)

   Früherfassung und Frühintervention in der Schweizer
    Invalidenversicherung
Fokus auf Aktivierung und
                                 Teilarbeitsfähigkeit

   Teilkrankenstandsmodelle in den skandinavischen
    Ländern

   Stufenweise Wiedereingliederung (Hamburger
    Modell) in Deutschland

=> Ab 1.7.2017: Wiedereingliederungsteilzeit in AT !
Verstärkte Einbindung der Betriebe
                                    und der ÄrztInnen

   Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
    in Deutschland

   Krankschreibungs-Richtlinien und Benchmarks für
    ÄrztInnen in Schweden
Wirksamkeit der vorgestellten Modelle:
                             Was sagt die empirische Evidenz?

Die zentralen Ergebnisse aus der Evaluierungsliteratur:

   Einschränkung: bisher v.a. kurz- und mittelfristige Zielgrößen untersucht, zur
    Nachhaltigkeit der Reintegration am Arbeitsplatz noch wenige wissenschaftlich
    gesicherte Ergebnisse.

   Teilzeitkrankenstandsmodelle erweisen sich insgesamt als wirksam (kürzere
    Krankenstände, mehr Beschäftigung, vor allem im Lichte der neueren
    Forschungsergebnisse (DK, NO, FI)

   Arbeitsplatzbezogenen Eingliederungsmaßnahmen und Disability Management: sehr
    vielschichtige Ergebnisse; insbesondere Maßnahmen zur Arbeitsanpassung,
    ergonomische Arbeitsplatzevaluationen sowie die Zusammenarbeit der Arbeitgeber
    mit Gesundheitsdienstleistern positiv evaluiert.

   Die Reintegration von psychisch erkrankten Beschäftigten erweist sich als besondere
    Herausforderung und bedarf neben einem graduellen Wiedereinstieg auch anderer,
    flankierender Maßnahmen.

   Sowohl Teilkrankenstandsmodelle als auch multidisziplinäre Eingriffe am Arbeitsplatz
    bei Muskel-Skelett-Erkrankungen deutlich erfolgreicher.

   Strategische Bedeutung von Krankenstandsmonitoring, frühzeitiger Erkennung und
    Kontaktaufnahme, ebenso von Koordination und Abstimmung der Stakeholder
    (Arbeitgeber, Beschäftigte, Sozial- und Gesundheitsdienstleister)
Zentrale Herausforderungen

   Konsistente und effektive Abfolge von Monitoring,
    Früherkennung und Frühintervention

   Wiedereingliederung von gesundheitlich
    Beeinträchtigten erfordert Einbeziehung des
    Arbeitsplatzes

   Systemische Komponente – unterschiedliche
    Subsysteme und Schnittstellen müssen gut verzahnt
    sein

   Integration von Personen mit psychischen
    Gesundheitseinschränkungen sind mit besonderen
    Hürden konfrontiert
Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Arsenal Objekt 20, 1050 Wien (Austria)

THOMAS LEONI

T: +43-(0)1-798 26 01-215
F: +43-(0)1-798 93 86
Thomas.Leoni@wifo.ac.at
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