Landwirtschaftliche Ziegenhaltung - Fachhochschule ...

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Landwirtschaftliche Ziegenhaltung - Fachhochschule ...
Landwirtschaftliche Ziegenhaltung
Erwerbsmöglichkeiten und Tipps für den Einstieg in die
Ziegenhaltung
Anke Gebensleben, Annelie Reißner, Margareta Wittmann

  Entstanden aus dem Forschungsprojekt:
  „Landwirtschaftliche Ziegenhaltung
  in NRW“ (2015)

 gefördert durch

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Inhaltsverzeichnis

1   Einleitung
    -   Überblick zu bedeutenden Ziegenrassen in Deutschland
2   Nutzungsmöglichkeiten in der Ziegenhaltung Ziegen
    -   Milchziegen- und Fleischziegenhaltung, Ziegen zur
        Landschaftspflege
    -   Ziegengestützte therapeutische Arbeit und weitere
        Erwerbsmöglichkeiten mit Ziegen
    -   Tipps und Anregungen für den Einstieg und Umstieg in die
        Erwerbs-Ziegenhaltung

3   Pflichten in der Ziegenhaltung und Weiterbildungsmöglichkeiten
    -   Meldepflicht (HIT-Datenbank, Tierseuchenkasse),
        Kennzeichnungspflicht
    -   Weiterbildung, Seminare, Kurse

4   Physiologie der Ziege und Pflegebedarf
    -   Biologische Grunddaten
    -   Hörner, Klauenpflege

5   Fütterung
    -   Grundfutter, Kraftfutter, Mineralfutter

6   Haltungsansprüche von Ziegen
    -   Der Ziegenstall
    -   Die Ziegen-Weide

7   Ziegengesundheit
    -   Parasiten
    -   Impfungen
    -   Wirtschaftlich bedeutende Infektionskrankheiten

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8   Zucht

9   Förderungen des Landes NRW für Ziegenhalterinnen

10 Wichtige Adressen

11 Literaturverzeichnis

In dieser Broschüre wird zur Vereinfachung der Lesbarkeit und, da
es sich um die Ziege handelt, ausschließlich die weibliche Form
verwendet.

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1 Einleitung
Die Ziege gewinnt immer mehr an Interesse und damit auch an
wirtschaftlicher Bedeutung.

Früher wurde die Ziege oft von armen Familien gehalten, da sie bei
wenig Aufwand Milch und Fleisch zum Überleben der Familie
lieferte. Heute verbindet der moderne Mensch die Ziege und ihre
Produkte mit Natur und Ursprünglichkeit (Deix 2009). Der Absatz für
Ziegenprodukte stieg in den letzten Jahren kontinuierlich.

Die Ziege bietet zudem mit ihrer “handlichen Größe“ und geringem
Investitions- und Flächenbedarf eine gute Möglichkeit, in den
landwirtschaftlichen (Neben-) Erwerb einzusteigen.

Außerdem gehen Schätzungen davon aus, dass über die Hälfte aller
in Deutschland gehaltenen Ziegen in Hobby-Haltung stehen, die
oftmals das Potential zum Umstieg in die Erwerbshaltung besitzen.

Diese Broschüre ist entstanden aus einem Forschungsprojekt der
Fachhochschule Südwestfalen zu dem Thema „Landwirtschaftliche
Ziegenhaltung in NRW“ und wurde gefördert vom Ministerium für
Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher-
schutz des Landes Nordrhein-Westfalen. Diese Broschüre enthält
kurzgefasste Informationen, Tipps zu Fütterung und Haltung sowie
wichtige Kontakthinweise für alle, die Interesse an der Ziege haben
und besonders für jene, die die Ziegenhaltung als eine
Erwerbsmöglichkeit erwägen. Die Broschüre bezieht sich bevorzugt
auf das Bundesland Nordrhein-Westfalen.

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Einige der häufigsten Ziegenrassen in Deutschland

Bunte Deutsche Edelziege      Weiße Deutsche Edelziege

Mittel bis großrahmige,          Mittel bis großrahmige,
hochproduktive Milchziege,       hochproduktive Milchziege,
genetisch hornlose und           genetisch hornlose und
gehörnte Tiere                   gehörnte Tiere

      Burenziege                 Afrikanische Zwergziege

Mittel bis großrahmige           Kleine Ziege; asaisonale
Fleischziege; asaisonale         Ablammung möglich; alle
Ablammung möglich;               Farbschläge vorhanden; gute
gehörnt; gute Eignung für        Eignung für
Landschaftspflege                Landschaftspflege

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Thüringer Waldziege                          Toggenburgerziege

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        Mittelrahmige Milchziege,
                                                 Milchziege, mittlere bis gute
        gute Milchleistung,
                                                 Milchleistung mit hohen
        genetisch hornlose und
                                                 Milchinhaltsstoffe; kurz- und
        gehörnte Tiere; gefährdete
                                                 langhaarig; genetisch
        alte Haustierrasse;
                                                 hornlose und gehörnte Tiere

     Walliser Schwarzhalsziege                         Kaschmirziege

        Mittelrahmige, kräftige                  Kleine bis mittelrahmige
        Gebirgsziege; gehörnt;                   Ziege; langhaarig und feine
        sehr genügsam und robust;                dichte Unterwolle
        für Landschaftspflege                    (Faserlieferant); gehörnt;
        geeignet

(Bilder mit freundlicher Genehmigung vom Landesverband Bayerischer Ziegenzüchter e.V.)

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2 Nutzungsmöglichkeiten in der Ziegenhaltung
Die Ziegenhaltung kann unterschiedliche Zwecke verfolgen. Bislang
sind über die Hälfte aller in Deutschland gehaltenen Ziegen
Hobbyhaltungen. Im Folgenden sollen einige Nutzungs-
möglichkeiten zu Erwerbszwecken vorgestellt werden.

Milchziegenhaltung

Den größten Anteil an erwerbsmäßiger Ziegenhaltung in
Deutschland machen die Milchziegenhaltungen aus. Hier finden
sich auch oft Betriebe, die im Haupterwerb geführt werden. Eine
angeschlossene, eigene Milchverarbeitung ist nicht zwingend
erforderlich, teilweise aber aufgrund fehlender Strukturen zur
Anlieferung von Ziegenmilch notwendig.

Der Einstieg in die Milchziegenhaltung bietet einige Vorteile:

   geringe Investition in Stallbau, Nutzung von umgebauten
    Altbauten möglich
   Steigende Inlands-Nachfrage nach Ziegenprodukten
   Im Vergleich zur Kuhmilch erzielt Ziegenmilch höhere Flächen-
    produktionsleistung:
    bereinigter Gewinn je ha Landwirtschaftlicher Nutzfläche in der
    Ziegenmilcherzeugung 15.045 € (Milchkuh 908 €) (Herold et al.
    2014)

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   Erzielbarer DB 1 pro Mutterziege:
    878 € bei eigener Milchverarbeitung bzw.
    323 € bei Lieferung an Molkerei (Herold et al. 2014, Basis 700
    kg Milchleistung pro Mutterziege und Jahr);
    1,09 € / kg Milch (KTBL 2007, Annahme: eigene Milch-
    verarbeitung)

Nach Berechnungen von Herold et al. (2014) werden Erlöse durch
viele Faktoren beeinflusst und weisen deutliche Unterschiede
zwischen den Betrieben auf. In allen Berechnungen zeigten sich als
Hauptkosten die Arbeit und das Futter.

Was beachtet werden muss:

   Molkereien, die Ziegenmilch annehmen, sind bisher nur
    punktuell verteilt
   Oft ist daher die eigene Milchverarbeitung notwendig. Dies
    erfordert Fachkenntnisse, eventuell zusätzliche Arbeitskraft und
    Investitionen sowie den Aufbau einer eigenen Vermarktung
   Neben den Investitionskosten und dem zusätzlichem
    Arbeitsaufwand bei eigener Milchverarbeitung, spielt die
    Vermarktung eine ausschlaggebende Rolle, ob sich diese
    Erwerbsform trägt

1
  Der Deckungsbeitrag (DB) ist ein Begriff aus der Kostenrechnung und das
Kernstück der Produktionsverfahrensrechnung. Man ermittelt den DB aus
der Differenz zwischen den Marktleistungen eines Produktionsverfahrens
(= Summe der marktfähigen Haupt- und Nebenleistungen, bewertet mit
Erzeugerpreisen) und den tatsächlichen zuteilbaren Kosten (spezifische
variable Kosten)
(nach BLE 2003)
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Tabelle 1: Vergleichende Deckungsbeitragsrechnung: Eigene Milchverarbeitung mit
Vermarktung und Lieferung an Molkerei, Annahmen: Milchleistung 750 kg; 5 Jahre
Nutzungsdauer; 1,7 Kitze; biologische Erzeugung; Szenario 1: 60 Milchziegen mit eigener
Verarbeitung und Direktvermarkung; Szenario 2: 300 Milchziegen mit Lieferung an
Molkerei (aus: Milchziegenhaltung im Biobetrieb, Merkblatt FibL)

                                                Menge          Euro/EinheitSzenario 1 Szenario 2
  Marktleistung
  Frischkäse (450 kg Milch/7,5)                         60 kg            18    1080,00
  Schnittkäse (300 kg Milch/10)                         30 kg            25     750,00
  Milchverkauf an Molkerei                             750 kg           0,7                525,00
  1,7 Kitze, 14 kg Lebendgewicht                      28,8 kg           3,5       83,30      83,30
  0,2 Altziegen                                        0,2 kg            15        3,00       3,00
  Umsatzerlöse                                                                 1916,30     611,30
  Umsatzerlöse je kg erzeugter Milch                                               2,56       0,82
  Variable Kosten
  Eigene Tiere für Bestandsergänzung (20 %)                0,2          160       32,00      32,00
  Futter: Grundfutter                            4.500 MJ ME           0,02       90,00      90,00
  Kraftfutter                                             2 dt           45       90,00      90,00
  Mineralfutter 0,002 kg/Tag                               7,3           85        6,21       6,21
  Vollmilchpulver Kitzaufzucht                          10 kg             6     102,00     102,00
  Kraftfutter Kitze (6 Wochen)                            7 kg           45        5,36       5,36
  Stroh                                                 1,5 dt           10       25,50      25,50
  Tierarzt                                                                        10,00      10,00
  Bockhaltung: 1 Bock auf 50 Ziegen                                                4,50       4,50
  Beiträge/ Beratung                                                              12,50       4,00
  Milchleistungskontrolle                                                         20,00      20,00
  Strom, Wasser                                                                   47,50      10,00
  Var. Kosten Milchverarbeitung und Vermarktung                                 183,00
  Var. Kosten Maschinen                                                           50,00      10,00
  Zinsansatz für Kaptital                                 5I%           100        5,00       5,00
  Summe variable Kosten                                                         683,56     414,56
  Summe variable Kosten je kg erzeugte Milch                                       0,91       0,55
  Deckungsbeitrag je Milchziege und Jahr                                       1232,74     196,74

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Fleischziegenhaltung

Die Haltung von Ziegen zur Fleischerzeugung stellt einen eher
arbeitsextensiven    Betriebszweig    dar.   Diese    Art    von
Betriebsausrichtung ist derzeit überwiegend im Nebenerwerb zu
finden, da für den Haupterwerb über 400 Tiere gehalten werden
müssen. Diese Vermarktungsgröße aufzubauen ist          bei dem
geringen Nachfrageverhalten für Ziegenfleisch in Deutschland
äußerst schwer. Daher wird die Fleischziegenhaltung vor allem als
Nebenerwerb mit kleineren Herden betrieben.

Eine gute Kombinationsmöglichkeit der Fleischziegenhaltung
besteht    mit    der   Beweidung      von   Landschafts-      und
Naturschutzflächen. Hier können die zu beweidenden Flächen als
günstige Futtergrundlage Verwendung finden. Gleichzeitig wird die
Fläche von Verbuschung frei gehalten bzw. befreit. Allerdings führt
die meist energie- und nährstoffarme Futtergrundlage solcher
Naturschutzflächen zu Einbußen in der Mastleistung und sollte
dementsprechend finanziell ausgeglichen werden.

Die typische Fleischziegenrasse ist die Burenziege, die auch für
Zwecke der Landschaftspflege gut geeignet ist. Durch ihr
Unterhautfett ist diese Rasse gegen äußere Witterungseinflüsse
geschützt.

Um wirtschaftlich in der Fleischziegenhaltung zu sein, sollte ein DB
zwischen 100 – 160 € pro Mutterziege erzielt werden (von Korn et
al. 2014).

Die Wirtschaftlichkeit in der Fleischziegenhaltung steht und fällt mit
der Vermarktung. 2013 lag der durchschnittliche pro Kopfverzehr

                                 10
von Schaf- und Ziegenfleisch nur bei 0,9 kg, wobei anzunehmen ist,
dass ein Großteil davon Schaffleisch ist (Stat. Bundesamt 2014).
Daher ist eine intensive und stark kundenorientierte Vermarktung in
der Fleischziegenhaltung notwendig.

Ziegen zur Landschaftspflege

Wenn die Umstände es zulassen, frisst die Ziege mit Vorliebe
Gehölze, Blätter und krautige Pflanzen. Besonders beliebt sind die
Laubblätter und junge Pflanzentriebe. Das eigentliche „Grasen“, das
Fressen von Gras, zeigt die Ziege nur, wenn keine Alternative in
Form von Gehölzen und/oder Kräutern vorhanden ist.

Die Ziege hat gegenüber dem Schaf in der Landschaftspflege einige
Vorteile:

•   sie ist auch für sehr schwer zugängliche Lagen geeignet;
    aufgrund ihrer Kletterfreudigkeit nutzt sie auch steile Hanglagen
•   ihr Verbiss bei Büschen und Bäumen ist wesentlich effektiver;
    sie vermag, Verbuschungen bis 60 % stark zu reduzieren
    (Rahmann 2000)

Ziegengestützte therapeutische Arbeit

Dass Tiere dem Menschen, neben wirtschaftlichen, auch in sozialen
Belangen eine große Hilfe und Stütze sein können, ist mittlerweile
unumstritten. Immer häufiger gibt es Formen der tiergestützten
Therapie, zum Beispiel in klassischer Form von Reittherapie oder
Therapiehunden. Auch die Wissenschaft bestätigt der tiergestützten
Therapie einen vielfältigen positiven Einfluss auf die menschliche
Psyche. So konnte u.a. eine verbesserte Lernbereitschaft, eine
Verringerung von Hyperaktivität und eine Abnahme von
                                11
stressbedingter Angst durch die Anwesenheit eines Hundes
festgestellt werden (Beetz 2011).

Dass auch die Ziege ein gut geeignetes Therapeutisches Arbeitstier
ist, ist bisher weniger bekannt. Diejenigen, welche bereits mit
Ziegen in diesem Bereich arbeiten, können von vielen
Positivbeispielen erzählen. Der Vorteil von Ziegen in
therapeutischen Bereichen liegt in ihrem freundlichen, dem
Menschen zugewandten und neugierigem Wesen. Dennoch ist eine
Ziege sehr wohl in der Lage, sich gegen unerwünschtes Verhalten zu
wehren. Dadurch können Grenzen aufgezeigt werden, welche einen
therapeutischen Nutzen haben. Ein weiterer Vorteil der Ziege ist,
dass Arbeiten mit ihr in der Herde, als auch mit dem Einzeltier
durchgeführt werden können, je nach Therapieziel (Schütte 2015).

Weitere Erwerbsmöglichkeiten mit Ziegen

Weitere Einkommensalternativen durch Ziegenhaltung können die
Herstellung von Seifen und Kosmetika; Verkauf von Fellen, Leder
oder Wolle; geführte Wanderungen mit Ziegen als Begleit- und
Tragtiere; Kutschfahrten mit Ziegen als Zugtiere; Kindergeburtstage
etc. sein.

Diese Sammlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Pfiffige Ideen sollten auf ihre Umsetzbarkeit zu Ende gedacht
werden.

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Tipps und Anregungen für den Einstieg und Umstieg in die
Erwerbs-Ziegenhaltung

Einstieg

1. Auf welchen Schwerpunkt will und kann ich meinen Betrieb
   ausrichten?
 Will ich in den Haupt- oder Nebenerwerb?
 Möchte ich Milch- oder Fleischziegen halten?
 Besteht die Möglichkeit, Landschaftspflege zu betreiben?
 Habe ich Interesse an weiteren Erwerbsmöglichkeiten?

2. Was für Gebäude und Flächen stehen mir zur Verfügung?
 Besitze ich geeignete Stallungen oder muss ich Umbauen?
    falls ja, frühzeitig mit zuständigen Stellen in Kontakt treten!
 Stehen mir ausreichend Wiesen- und/oder Weideflächen
   vorhanden, kann ich evtl. welche zukaufen oder pachten?
    Flächenbedarf einer Mutterziege plus Nachzucht ca. 0,1 ha
   (entspricht 10-12 Ziegen pro ha) (KTBL 2007)

3. Welchen Weg der Vermarktung strebe ich an?
 Will ich in die Direktvermarktung einsteigen?
    arbeitsintensiv und Termin gebunden; Kundenakquise
   notwendig; anfangs z.T. hoher Investitionsbedarf für Einrichtung
   Molkerei, Schlachthaus und Verkaufsort; Knowhow der
   Verarbeitung etc. wichtig; hoher Grad an Selbstständigkeit; über
   eigene Preisbildung und gute Absatzmärkte hohe
   Deckungsbeiträge zu erzielen
 Will ich an den LEH oder Großhandel liefern?

                                 13
 es werden regelmäßige Lieferungen in gleichbleibender
  Qualität erwartet; Aufbau eigener Kundenstamm entfällt;
  gewisse Abhängigkeit von Abnahmebedingungen; Investitions-
  und Verarbeitungsknowhow der Ausgangsrohstoffe weiterhin
  erforderlich
 Will ich an eine Molkerei meine Milch liefern?
   volle Spezialisierung; aber starke Preis-Bindung an die
  Molkerei ; im Vorfeld klären, ob überhaupt eine Molkerei
  vorhanden ist, die Ziegenmilch annimmt; um wirtschaftlich zu
  sein, wird eine deutlich größere Herde an Ziegen benötigt als
  bei eigener Verarbeitung; auf ausreichend Stall- und
  Flächenkapazitäten achten

4. Welches voraussichtliche Einkommen strebe ich an, mit
   welchen Kosten und Investitionsschritten muss ich rechnen?
 Anhand einer detaillierten betriebswirtschaftlichen Kalkulation
   muss ich unbedingt vorher prüfen, ob das Konzept sich als
   dauerhaft wirtschaftlich zeigt und der erwünschte Gewinn
   erzielt werden kann

5. Welche eigenen Fähigkeiten und Qualifikationen besitze ich
  und bin ich bereit, mir solche durch Seminare, Lehrgänge etc.
  anzueignen?
 Je nachdem, welche Art von Erwerb angestrebt wird, werden
  evtl. diverse Qualifikationen in Form von Sachkunde-
  Nachweisen erforderlich oder sind dringend anzuraten

                                14
Umstieg

1. Wie viele Ziegen umfasst mein Bestand? Will und kann ich
   aufstocken?
 Je nachdem, wie viele Tiere ich halte, entscheidet dies auch
   über die Möglichkeiten meines Erwerbs. Als Ziegenmilch
   liefernder Betrieb ist eine Bestandsgröße ab etwa 150
   milchgebender Tiere erforderlich. Bei eigener Milchverarbeitung
   ist bereits mit kleineren Herden ab 30 – 40 Milchziegen eine
   wirtschaftliche Haltung möglich Wenn ich aber nur wenige
   Ziegen halten möchte, könnte ich zum Beispiel Seifen oder
   Kosmetika herstellen. Ebenso reichen für therapeutische
   Zwecke und Event-Angebote einige wenige Tiere meist aus

2. Welche Rasse halte ich und möchte ich dabei bleiben?
 Wer „seine Rasse“ bereits gefunden hat, sollte überlegen, was
   mit dieser Rasse möglich ist und ob sich diese Rasse zur
   Erwerbsziegenhaltung eignet

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3 Pflichten in der Ziegenhaltung und
  Weiterbildungsmöglichkeiten
Wie jedes Tier in Deutschland unterliegt auch die Ziege dem Schutz
des deutschen Tierschutzgesetzes (Novellierung 2013). Außerdem
müssen Halterinnen von Ziegen im Sinne des Tierseuchenschutzes
sich an die Viehverkehrsverordnung (2007) halten. Folgende
Pflichten hat eine Ziegenhalterin in NRW zu erfüllen:

Meldepflicht

Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HIT)

Seit Juli 2005 ist in dem neuen EU-Recht eine Einrichtung einer
nationalen zentralen Datenbank für Schafe und Ziegen
vorgeschrieben (HIT). Die Meldung kann entweder über das Internet
erfolgen unter www.hi-tier.de oder schriftlich über die TSK. Die
Anmeldung erfolgt mit der Registriernummer des Betriebes und
einer     sechststelligen  PIN.    Diese     kann   über     den
Landeskontrollverband NRW (LKV NRW) beantragt werden.

Tierseuchenkasse NRW

Jede Ziegenhalterin hat, unabhängig von der Erwerbsform und
Bestandsgröße (auch Hobbyhaltungen!) die Ziegen der TSK zu
melden. Hinzu kommt die Pflicht, ein Bestandsregister zu führen.
Das Formblatt „Bestandsregister“ hierzu kann auf der Internetseite
des LKV NRW heruntergeladen werden. Alle aktuellen Änderungen
sollen zeitnah registriert werden. Wenn Tiere aus dem Betrieb

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gebracht werden, ist ein Begleitdokument hinzuzufügen. Auch hier
kann das Formblatt „Begleitdokument“ beim LKV heruntergeladen
werden.

Kennzeichnungspflicht

Für die Ziegen besteht eine Kennzeichnungspflicht. Diese hat
grundsätzlich spätestens 9 Monate nach der Geburt bzw. vor
Verlassen des Betriebes zu erfolgen. Unterschiede in der
Kennzeichnungspflicht der Tiere ergeben sich aus deren
Geburtsdatum.

Alle Tiere, die nach dem 31.12.2009 geboren sind, müssen
grundsätzlich mit einem elektronischen Kennzeichen (Ohrmarken-
Transponder, Bolus-Transponder oder Fußfessel) und einem nicht-
elektronischen Kennzeichen (weitere Ohrmarke, Fußfessel oder
Tätowierung) gekennzeichnet werden. Lediglich für Tiere, welche
vor dem Erreichen des 1ten Lebensjahres geschlachtet und nicht aus
Deutschland ausgeführt werden, reicht eine Betriebsohrmarke. Die
Ohrmarken sind, ab 01.01.2016 kostenpflichtig, über den LKV NRW
zu beziehen.

                                      Abbildung 1:
                                      Ohrmarkenkennzeichnung einer
                                      Burenziege (Quelle:
                                      Burenziegenzucht Brill)

                               17
Weiterbildung, Seminare, Kurse

Grundsätzlich setzt jede Haltung von Tieren Sachkenntnis voraus.
Diese muss im Bedarfsfall nachgewiesen werden durch:

   den Besuch eines Sachkundelehrganges zur Haltung von Ziegen
    (wird von der Landwirtschaftskammer NRW auf Haus Riswick
    durchgeführt)
   eine abgeschlossene Ausbildung als Landwirtin oder Schäferin
   dem Nachweis über die langjährige Haltung von Ziegen ohne
    besondere Vorkommnisse

Falls die Ziegen geschlachtet werden sollen, muss die
entsprechende Befähigung nachgewiesen werden. Für den
Transport der Tiere zu Schlachtzwecken, Verkauf und Auktionen
muss ein entsprechender Sachkunde-Nachweis vorliegen. Auch hier
bietet    die   Landwirtschaftskammer      NRW      entsprechende
Fortbildungsmöglichkeiten an. Eine weitere sinnvolle Ergänzung
kann z.B. der Besuch eines Kurses zur Milchweiterverarbeitung sein,
z.B. angeboten vom Verband für handwerkliche Milchverarbeitung
(VHM).

Die Durchführung der einzelnen Vorgaben ist in Deutschland
länderspezifisch geregelt. Dies gilt es insbesondere bei
Sachkundenachweispflichten zu beachten.

                                 18
4 Biologische Eckdaten und daraus abgeleitete
  Pflegeansprüche
In Tabelle 2 sind die wichtigsten biologischen Eckdaten zur Ziege
zusammengefasst:

Tabelle 2: Biologische Eckdaten der Ziege

Biologische Eckdaten
Größe(Widerrist)         rasseabhängig, etwa 65 - 85 cm

Gewicht (Alttier)        rasseabhängig, etwa 50 - 75 kg
Puls (in Schläge 75 - 100 (Lamm/Jungtier)
pro Minute)      70 - 90 (Alttier)

Atmung (in Züge 15 - 35 (Lamm/Jungtier/Alttier)
pro Minute)
Körpertemperatur          38,5 - 40,0 (Jungtier/Lamm)
(in °C )                  38,2 - 39,5 (Alttier)
Geschlechtsreife          5 - 8 Monate
Zuchtreife                6 -10 Monate
Hauptdeckzeit             September-November
Trächtigkeitsdauer        146 - 152 Tage

Brunstzyklus              21 Tage

Brunstdauer               24 Stunden
Lämmer pro Wurf          Ø 1,5 lebend geborene Nachkommen,
                         rasseabhängig
Milchleistung             rasseabhängig, Milchleistungsrassen ca
                          650 - 900 kg pro Laktation

                                       19
Hörnertragende Ziegen

Das Thema „Hörner“ wird unter Ziegenhalterinnen kontrovers
diskutiert. Fakt ist:

Das Enthornen der Ziege stellt einen sehr starken Eingriff am Tier
dar. Bei Ziegen ist die Schädeldecke wesentlich dünner als beim
Rind und dadurch ist das Enthornen ein diffiziler Vorgang. Nach dem
Tierschutzgesetz (Anlage 4, 2.11.2.) ist das Enthornen nur im
Einzelfall erlaubt und wenn eine tierärztlicher Indikation vorliegt.
Der Vorgang muss durch den Tierarzt unter Betäubung durchgeführt
werden.

Eine genetisch hornlose Züchtung ähnlich wie beim Rind stellt sich
bei Ziegen als schwierig dar. Genetische Hornlosigkeit steht in
genetischem Zusammenhang mit Zwittrigkeit bei der Ziege (Lühken
2013).

Behornte     Ziegen      sind   nicht   aggressiver.   In   einer
Verhaltensuntersuchung wurde lediglich eine Veränderung in der
Art der Auseinandersetzung zwischen behornten und hornlosen
Ziegen festgestellt (Keil & Aschwanden 2008). So zeigten behornte
Ziegen deutlich mehr Auseinandersetzungen nur in Form von
Drohgebärden. Bei hornlosen Ziegen traten häufiger Auseinander-
setzungen mit Kopfstößen auf. Auch zeigten hornlose Ziegen
häufiger    Rangkämpfe, da die Rangordnung weniger strikt
eingehalten wurde als bei behornten Ziegen. Die meisten
hornbedingten Verletzungen traten immer dann auf, wenn die Tiere
eingeengt waren (z.B. im Warteraum vor dem Melken, beim
Impfen).

                                20
Die Haltung behornter Ziegen bedingt eine gut durchdachte
Haltungsumgebung mit ausreichend Individualdistanz für jede Ziege
sowie einen sorgsamen Umgang mit ihr. Im Rahmen von
Fachexkursionen können durch Besuche der Praxisbetriebe gute
Beispiele kennen gelernt werden und es kann von den dortigen
Erfahrungen profitiert werden.

Klauenpflege

Ziegen sind mit ihren Klauen ursprünglich an harte, trockene und
steinige Böden angepasst. Die harte, relativ dünne
Klauenaußenwand gibt im rauhen Felsgestein sowie               in
schneebedeckter Lage guten Halt. An der steinigen Felswand nutzt
sich die Klaue stetig ab und erfordert daher ein konstantes
Nachwachsen. Die von uns gehaltene Hausziege hat oft deutlich
weniger Möglichkeiten, ihre Klauen auf natürlichem Weg
abzunutzen. Die regelmäßige, mindesten 2-mal jährliche
Überprüfung der Klauen sollte daher ein fester Bestandteil der
Ziegenhaltung sein.

Zur Aneignung des notwendigen Fachwissens bietet              die
Landwirtschaftskammer NRW regelmäßig Lehrgänge                zur
Klauenpflege und -behandlung bei Schaf und Ziege an.

                               21
5 Fütterung
Die Ziege ist ein Wiederkäuer. Daher heißt Ziegenfütterung immer
auch Fütterung der Pansenmikroben. Anders als das Schaf oder das
Rind selektiert die Ziege wesentlich stärker. Sie besitzt die Fähigkeit,
sich aus dem Grundfutter nur diejenigen Anteile heraus zu suchen,
dass der Nährwert des Grundfutters annähernd dem des
Kraftfutters gleichkommt (Aschenbach & Rahmann 2010). Dies
bedingt jedoch die Inkaufnahme hoher Futterverluste. Bei der
Fütterung ist unbedingt auf die jeweilige Bedarfssituation der Ziege
zu achten. Es sei hier auf geeignete Fachliteratur verwiesen.

Grundfutter

Zu Grundfutter zählt vor allem Heu, Gras, Silage, Weide und
Saftfutter (Rüben). Grundfutter sollte immer in hygienisch guter
Qualität und ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Weide ist
eine kostengünstige Möglichkeit, Ziegen mit Grundfutter zu
versorgen. Für einen störungsfreien Ablauf der Mikrobentätigkeit im
Pansen sollte bei einem hohen Anteil an jungem Weidegras auf
eine ausreichende Rohfaserversorgung geachtet werden, z.B. durch
Heufütterung.

Kraftfutter

Als    Kraftfutter    werden      Getreidekörner,     Leguminosen,
Extraktionsschrote und Fertigfuttermischungen bezeichnet. Das
Kraftfutter sollte nur als Ergänzung eingesetzt werden, um dem
phasenweise erhöhtem Leistungsbedarf von (Milch-)Ziegen
auszugleichen. Böcke brauchen nur während der Deckzeit
Kraftfutter. Es besteht die Möglichkeit, sich eine eigene Mischung
                                  22
aus verschiedenen Getreiden und Leguminosen wie Erbsen,
Ackerbohnen oder Lupinen herzustellen oder eine handelsübliche
Fertigfuttermischung zuzukaufen. Der Vorteil hier liegt in der
gleichbleibenden Qualität des Futters in ausgewogener
Zusammenstellung. Es gibt einige auf dem Markt befindliche
Ziegenfuttermischungen. Eine Übersicht ist unter dem
Internetauftritt der Fachhochschule Südwestfalen (FH SWF),
Fachbereich Agrarwirtschaft unter Forschungsprojekte zu finden.

Mineralfutter

Die Zugabe von Mineralfutter zur Futterration ist angebracht. Beim
Kauf von Mineralfuttermitteln für Ziegen muss unbedingt darauf
geachtet werden, dass das Produkt auch für den Einsatz in der
Ziegenfütterung geeignet ist. Zu oft werden fälschlicherweise auch
Schafmineralfutter angeboten. Da Schafe sehr empfindlich auf
Kupfer (Cu) reagieren, ist der Cu-Gehalt in solchen Produkten sehr
gering. Ziegen haben einen deutlichen höheren Cu-Bedarf als
Schafe, daher ist Schafmineralfutter für Ziegen nicht geeignet.

Zusätzlich sollte beim Mineralfutterkauf auf die jeweiligen
Futterstandorte geachtet werden, da Norddeutschland oft
Selenmangelgebiet ist und Süddeutschland als Jodmangelgebiet gilt.

                               23
6 Haltungsansprüche von Ziegen
Ziegen sind neugierige und bewegungsaktive Herden-Tiere. Mit
ihren beweglichen Lippen knabbern sie ausdauernd an allen
erreichbaren     Gegenständen.    Sie    besitzen   ein    hohes
Springvermögen, das bis zu mehr als 1,5 m aus dem Stand betragen
kann. Etablierte Ziegenherden zeigen eine stabile und klare
Rangordnung. Deshalb ist auf ausreichend Ausweichmöglichkeiten
für die Rangniederen zu achten. Von Einzel- sowie Anbindehaltung
ist aus Tierwohlgründen abzuraten. Bewährt haben sich Laufställe,
die mit zusätzlichen Laufhof und/oder Zugang zu Weideflächen
optimale Haltungsbedingungen darstellen können.

Der Ziegenstall

Die Hausziege stammt von der Wildziege aus trockenen
Gebirgsregionen ab. In Anpassung an ihre ursprüngliche Herkunft ist
sie kletterfreudig. Ihr Fell schützt sie jedoch nicht gut gegen Nässe
und Kälte. Sie besitzt kaum Unterhautfett und ist daher empfindlich
bei Regen und nasskalter Witterung.

Folgende Ansprüche sollte ein Stall für Ziegen erfüllen:

 •   Platzbedarf
 -   Mind. 1,5 m², bei hörnertragenden Ziegen besser 2,0 m² Platz
     pro Tier
 -   Fressplatzverhältnis mind. 1:1 betragen (daher mind. 1
     Fressplatz für jede Ziege)
 -   Fressplatzbreite mind. 0,4 m pro Tier
 •   Stallklima
 -   Ziegen mögen gut durchlüftete, aber keinesfalls zugige Ställe
                                 24
-   Es sollte auf ausreichend Fensteröffnungen für Tageslicht
     geachtet werden
 -   Optimaler Temperaturbereich für erwachsene Ziegen liegt bei
     10-15°C
 -   Relative Luftfeuchte 65 - 75 %, zu feuchte Ställe sind
     schlimmer als zu trockene
 •   Stalleinrichtung
 -   Der Ziegenbereich sollte mit Stroh eingestreut sein (optimale
     Bedingungen für Ziegen)
 -   Es ist auf ausreichend Ausweichmöglichkeiten zu achten, keine
     Sackgassen!
 -   Gerne werden „Stallmöbel“ angenommen, z.B. erhöhte
     Liegenischen, gleichzeitig bieten diese auch Strukturierungen
     und Ausweichmöglichkeiten
 -   Auf Trennungsmöglichkeiten achten, z.B. für kranke und
     verletzte Tiere
 -   Bei Milchziegenhaltung: auf guten Zugang und Ausgang in den
     Melkstand achten
 -   Bei Futtervorlage und Entmistung Mechanisierung einplanen
 -   Geeignetes Tränkewasser muss ständig verfügbar sein

Die Ziegen-Weide

Neben der artgerechten Aufnahme von Grünfutter, bietet die
Weide den Ziegen eine sehr gute Möglichkeit, ihren
Bewegungsdrang auszuleben.          Soziale Auseinandersetzungen
verlaufen aufgrund der deutlich größeren Ausweichmöglichkeit
gegenüber im Stall wesentlich glimpflicher. Die Aussenklimareize
wie Sonnenlicht und Frischluft wirken gesundheitsfördernd.

                               25
Eine gute Vegetationszusammensetzung hat 10-30 % Kräuter, eine
Anteil von max. 20 % Klee und den Rest Gräser. Auf Giftpflanzen
sowohl in der eigentlichen Futterfläche (z.B. Jakobskreuzkraut) als
auch im Randbereich (z.B. Eibe) sollte geachtet werden. Hilfreiche
Tipps zum guten Weidemanagement gegen Endoparasiten sind im
Kapitel 7 Ziegengesundheit zusammengefasst.

 -   2,5m² Weidefläche pro Ziege sollten mindestens vorhanden
     sein
 -    (Obst)Bäume sollten ausgezäunt werden
 -   Auch auf der Weide müssen gut zugängliche Tränke-
     möglichkeiten in ausreichender Anzahl vorhanden sein
 -   Ziegen sind sehr regenempfindlich: unbedingt auf eine
     Unterstellmöglichkeit oder freien Stallzugang achten!
 -   jede Weide- und Auslauffläche ist sicher einzuzäunen

Einzäunung

Ziegen sind im Freien nur mit einer guten Einzäunung zu halten,
denn Ziegen können sehr gut klettern und sind sehr
„unternehmungslustig“. Auf die Hinterbeine gestellt, erreicht eine
Ziege Höhen bis ca. 1,8 m. In der Nähe des Zaunes sollten keine
Erhöhungen sein, da diese von den Ziegen als „Sprungbrett“ genutzt
werden können.

Sehr gut eignen sich elektrifizierbare Hütenetze, die mindestens 1,1
m hoch sind und aus kleinmaschigen Knotengeflecht bestehen. Eine
Einzäunung mit stromführenden Litzen ist möglich, sollte dann aus
mind. 4 Litzen, besser aus 5 bestehen. Die Verwendung von
Wildgatterzäunen ist nur bedingt geeignet. Besonders
hörnertragende Ziegen können sich hier verfangen. Als sehr gut für
                                26
Ziegen geeignet zeigen sich die neuerdings auf dem Markt vermehrt
angebotenen Wolfabwehrnetze. Vor allem für die Ziegen, die zur
Landschaftspflege in Gebieten sind, wo Wölfe bereits aufgetaucht
oder erwartet werden, sollten spezielle Wolfabwehrzäune zum
Einsatz kommen. Eine wolfsichere Einzäunung besteht aus
verzinktem Drahtknotengeflecht mit mind. 1,2 m Höhe und ist 30
cm in den Boden eingelassen. Es sollten eine vorgelagerte
elektrische Einzäunung auf etwa 20 cm Höhe und flatternde
Elemente vorhanden sein (Schafzuchtverband Berlin-Brandenburg
2013).

Abbildung 2: Beispiel für eine Ziegeneinzäunung (Quelle: Verein für Tier- und
Naturschutz Österreich)

                                     27
7 Ziegengesundheit
Endoparasiten

Magen-Darm-Parasiten stellen oft Probleme für viele
ziegenhaltendende Betriebe dar. Vor allem die Weidehaltung trägt
zu deren vermehrten Auftreten erheblich bei.

Ein Befall mit Endoparasiten erfolgt ausschließlich durch die
Aufnahme von infektionsfähigen Larven bzw. Eiern, die
heranwachsen und geschlechtsreif werden. Infizierte Wirtstiere
scheiden Parasiteneier mit dem Kot aus und stellen somit eine
Infektionsgefahr für die gesunden Tiere dar.

Grundsätzlich sollten niemals alle Tiere einer Herde zur Vorsorge
entwurmt werden. Dies fördert lediglich die Resistenz der Parasiten.
Nur offensichtlich kranke Tiere, die äußerlich sichtbar oder durch
Kotprobenanalyse auffallen,      werden gezielt entwurmt. Ein
Verdacht auf Parasiten besteht bei folgenden Symptomen, die
einzeln oder in Kombination auftreten können:

 Die Ziegen magern stark ab und sehen struppig aus
 Die Milchleistung geht ohne erkennbaren Grund massiv
  herunter
 Die Tiere haben Durchfall
 Der Kotprobenbefund weist >300 Eier pro Gramm Kot auf
 Die Tiere zeigen Blutarmut (FAMACHA-Methode: Bewertung der
  Farbe des Bindehautgewebes anhand Farbskala)

Ein gutes Weidemanagement ist eine sinnvolle Prophylaxe, denn auf
dem Markt sind kaum für Ziegen zugelassene Anthelminthika

                                28
erhältlich, aber Ziegen reagieren relativ empfindlich mit
Leistungseinbrüchen     auf      Parasitenbelastungen.     Werden
Anthelminthika für Schafe bei Ziegen eingesetzt, muss die Dosierung
verdoppelt werden, da der Stoffwechsel bei Ziegen sich stark von
dem der Schafe unterscheidet.

Tipps für ein gutes Weidemanagement:

   Möglichst Portionsweiden anbieten. Nach 2-3 Wochen Weide
    wechseln und mindestens 12 Wochen Ruhe gönnen. Am besten
    eine Schnittnutzung zwischendurch durchführen.
   Die Herde erst nach Abtrocknen des Morgentaus auf die Weide
    lassen.
   Wenn möglich, Weiden nutzen, welche im Vorjahr
    ausschließlich der Schnittnutzung unterlagen
   Monitoring der Ziegen: Sammelkotproben in regelmäßigen
    Abständen untersuchen lassen und bei Bedarf zügig und richtig
    handeln
   Vorlage von frischem Grünfutter nur von nicht-kontaminierten
    Flächen
   Bei Mischbeweidung mit anderen Tierarten auf
    Parasitenempfänglichkeit achten. Schafe sind die gleichen
    Wirtstiere wie Ziegen
   Die Weideflächen nicht mit Schaf- oder Ziegenmist düngen
   Milchziegen am besten 2 Wochen vor der Ablammung während
    der Trockenstehzeit entwurmen

Das Thünen-Institut bietet unter www.weide-parasiten.de eine
Hilfe zum angepassten Weidemanagement, um Parasitenbefall
vorzubeugen und/oder zu beseitigen. So findet sich dort, neben
vielen   Informationen      über   Endo-Parasiten,    richtiges
                              29
Weidemanagement und geeignete Anthelminthika (Wurmmittel),
ein Entscheidungsbaum. Dieser hilft, den geeigneten Zeitpunkt für
die Entwurmung zu finden und Resistenzen zu vermeiden.

Kokzidien

Kokzidien sind ein Problem des Stallmanagements. Infizierte Tiere
scheiden Oozyten aus, die wiederum von anderen Tieren
aufgenommen werden. Oozyten sind sehr resistent und mit
gewöhnlichen Desinfektionsmitteln kaum zu bekämpfen. Eine
abtötende Wirkung hat UV-Licht, daher ist eine Kokzidieninfektion
meist auf den Stall beschränkt. Erkrankungen mit Kokzidien können
zu heftigen Durchfallerkrankungen mit Todesfolge führen. In
Untersuchungen        zeigte    sich,    dass     mit    kürzeren
Entmistungsintervallen (alle 2 Wochen) der Erkrankung durch
Kokzidien wirksam vorgebeugt werden konnte.

Ektoparasiten

Die gängisten Ektoparasiten sind Flöhe, Haarlinge, Zecken, Milben
und Läuse. Sobald ein Befall erkannt wurde (zum Beispiel durch
übermäßiges Schuppern der Tiere und/oder räudeartige
Hautstellen) muss eine Behandlung erfolgen. Auch hier ist wie bei
den Endoparasiten auf eine bedarfsorientierte Behandlung zu
achten, um Resistenzen bei den Parasiten zu vermeiden. Eine
Stärkung der Immunabwehr sollte zur Vorbeugung angestrebt
werden.

Impfungen

Impfungen sind sinnvoll im Sinne der Krankheitsvorbeuge. Auch
wenn das Impfen einen erhöhten finanziellen und wirtschaftlichen
                              30
Aufwand mit sich bringt, teilweise auch das betroffene Tier
Impfschäden zeigt, sollten dennoch einige (Grund-)Impfungen
durchgeführt werden. Welche genau im Bestand erforderlich sind,
ist mit der zuständigen Tierärztin abzuklären. U. a. sind folgende
Impfungen möglich:

    -   Pasteurellose (Schafrotz)
    -   Clostridienerkrankungen
    -   Chlamydienabort (seuchenhaftes Verlammen)
    -   Para-Tuberkulose
    -   Brucellose
    -   Tollwut
    -   Q- Fieber

Wirtschaftlich bedeutende Infektionskrankheiten

Caprine -Arthritis-Enzephalitis (CAE)

                                      Die      CAE       ist     eine
                                      entzündliche Gelenks-und
                                      Gehirnerkrankung            bei
                                      Ziegen und wird durch einen
                                      Lenti-Virus infiziert. Die CAE
                                      hat eine große weltweite
                                      Bedeutung und kommt in
                                      nahezu allen Ländern mit
Abbildung 3: Typische CAE-
                                      Ziegenhaltung vor. Teilweise
Gelenksentzündungserscheinungen einer sind über 80 % der Tiere
Ziege (Quelle LWK NRW)                eines Bestandes betroffen.
Die erkrankten Tiere zeigen stark geschwollene Gelenke und
deutliche Schmerzen und es kommt zu drastischen
                                 31
Leistungseinbußen. Eine Behandlung ist bisher nicht möglich.
Übertragen wird das Virus vor allem über das Kolostrum und die
Milch. Eine CAE-Sanierung der Herde ist möglich, aber sehr
aufwändig. Neue Ziegen sollten nur aus CAE-unverdächtigen
Beständen zugekauft werden, wenn der eigene Bestand CAE-
unverdächtig ist.

Pseudo-Tuberkulose

Die Pseudo-Tuberkulose ist eine durch Bakterien verursachte,
ansteckende Erkrankung. Sie ist weltweit sehr häufig in
Ziegenbeständen vertreten und kann zu hohen wirtschaftlichen
Verlusten führen. Die Erkrankung verläuft sehr schleichend,
infizierte Tiere werden erst sehr spät entdeckt. Eine Behandlung ist
derzeit nicht möglich, betroffenen Tiere müssen gemerzt werden.
Neu zugekaufte Tiere sollten aus unverdächtigen Beständen
kommen.

 Abbildung 5: Aufgeplatzte Eiterbeule        Abbildung 4: Typische Eiterbeulen einer
 einer Burenziege mit Pseudo-TB-             Pseudo-TB erkrankten Ziegen (Quelle
 Erkrankung (Quelle LWK NRW)                 Bayer. Ziegenzuchtverband e.V.)

                                        32
8 Zucht
Wer Ziegen züchten möchte, muss sich einem Ziegenzuchtverband
anschließen. In der Zuchtverbandsordnung sind Art und
Durchführungsweise der Leistungsprüfungen festgelegt. Der
Zuchtverband stellt die Zuchtpapiere aus, in denen die Abstammung
und züchterischen Leistungen dokumentiert sind. Der Zuchtverband
bietet gerade zu Beginn der Ziegenhaltung eine fruchtbare Basis für
Erfahrungsaustausch und Kontakte zu Zuchtbetrieben.

Auf Tierschauen, die der Zuchtverband organisiert, werden Tiere,
die das Zuchtziel am besten verkörpern, präsentiert und prämiert.

9 Förderungen des Landes NRW für Ziegen-
  halterinnen
Ziegenhalterinnen des Landes Nordrhein-Westfalen           können
folgende Fördergelder für die Ziegenhaltung beziehen:

   Förderungen für bedrohte Haustierrassen (Erzgebirgsziege, BDE,
    WDE, Thüringer Waldziege, Harzer Ziege)
   Förderungen der Tierseuchenkasse
   Förderungen für Vertragsnaturschutz/ Landschaftspflege
    (Ziegen als Zusatzmaßnahme erhalten zusätzlich 70 €/ha bei
    Naturschutzbeweidung)

                                33
10 Wichtige und hilfreiche Adressen
Landeskontrollverband NRW e.V.
Bischofstr. 85
47809 Krefeld
Tel. 02151/4111200
Fax: 02151/4111249
Internet: www.lkv-nrw.de
E-Mail: tkz@lkv-nrw.de

Landesverband der Ziegenzüchter für Westfalen-Lippe e.V.
Nevinghoff 40
48147 Münster
Tel. 0251/2376864
Fax: 0251/2376521
E-Mail: ingrid.simon@lwk.nrw.de

Landesverband Rheinischer Ziegenzüchter e.V.
Endeicher Allee 60
53115 Bonn
Tel. 0228/7031303
Fax 0228/7038318
E-Mail: vrhs-bonn@web.de

Tierseuchenkasse NRW
Nevinghoff 6
48147 Münster
Tel.: 0251 28982-0
Fax 0251/2898230
E-Mail: tierseuchenkasse@lwk.nrw.de
                               34
Verband für handwerkliche Milchverarbeitung im ökologischen
Landbau e.V.
Alte Poststraße 87
85356 Freising
Tel. 08161 / 787 36 03
Fax 08161 / 787 36 81
E-Mail: info@milchhandwerk.info

Zentralen der Landwirtschaftskammer NRW
Nevinghoff 40
48147 Münster
Tel. 0251/2376-0
Fax 0251/2376521
E-Mail: poststelle-muenster@lwk.nrw.de

Siebengebirgsstraße 200
53229 Bonn
Tel. 0228/703-0
Fax 0228/7038498
E-Mail: poststelle-bonn@lwk.nrw.de

11 Literaturverzeichnis

Aschenbach, F., Rahmann, G. 2010: Bedeutung der
Raufutterselektion von Ziegen für ihre Ernährung, Johann-Heinrich
von Thünen-Institut, Institut für Ökologischen Landbau

                                35
Beetz, A. 2012: Stressreduktion durch Hund und ihre Bedeutung für
tiergestützte Intervention, Institut für sonderpädagogische
Entwicklungsförderung und Rehabilitation, Vortrag
Wissenschaftstagung „Tiergestützte Intervention im Fokus der
Wissenschaft“, Dresden 7.-8.Dezember 2012

Deix, C. 2009: Konsumentenwahrnehmung von Schaf- und
Ziegenmilch – Eine Means-End Analyse mit Hilfe der Laddering
Technik, Masterarbeit betreut von Prof. Dr. Haas und Prof. Dr.
Pöchtrager, Universität für Bodenkultur Wien

Herold, P., Over, R., Kern, A., Schmid-Boy, S. 2014:
Milchziegenreport Baden-Württemberg, Landesanstalt für
Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume
Schwäbisch Gmünd (LEL)

Keil, N., Aschwanden, J., 2008: Enthornen von Ziegen – muss das
sein?
Bundesamt für Veterinärwesen, Zentrum für tiergerechte Haltung:
Wiederkäuer und Schweine, aus: Neues aus der Ökologischen
Tierhaltung 2008

Korn von, S., Jaudas, U., Trautwein, T. 2014: Landwirtschaftliche
Ziegenhaltung, 2te Auflage 2015, Ulmer Verlag

KTBL-Datensammlung: Milchziegenhaltung – Produktionsverfahren
planen und kalkulieren, Kuratorium für Technik und Bauwesen in
der Landwirtschaft e.V., Darmstadt 2008

                                 36
Lühken, G. 2013: Zucht auf hornlose Ziegen: Wo liegt das Problem?
Vortrag BÖLW-Fachgespräch „Haltung hörnertragender Ziegen“ 20.
Juni 2013, Bonn-Röttgen

Rahmann, G., Tawfik, E. 2010: Landschaftserhaltung mit Nutztieren
im sozio-ökonomischen Kontext - Dargestellt am Beispiel
ausgewählter Dörfer im Biosphärenreservat Rhön, Deutscher
Endbericht des EU-Projektes EQULFA (1996 bis 2000), Universität
Kassel, Fachgebiet Internationale Nutztiertierzucht- und Haltung

Schafzuchtverband Berlin- Brandenburg , 2013: Wie kann sich die
Klein- und Nebenwerbs Schaf- und Ziegenhaltung gegen
Wolfsübergriffe besser schützen
http://schafzuchtverband-berlin-brandenburg.de/category/wolf/
(Zugriff: 22.12.2015)

Schütte, A. 2015: Alternative Einkommensmöglichkeiten mit Ziegen,
Vortrag Abschlusstagung „Landwirtschaftliche Ziegenhaltung in
NRW“, 16. März 2015, Soest

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