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Landwirtschaftliche Ziegenhaltung Erwerbsmöglichkeiten und Tipps für den Einstieg in die Ziegenhaltung Anke Gebensleben, Annelie Reißner, Margareta Wittmann Entstanden aus dem Forschungsprojekt: „Landwirtschaftliche Ziegenhaltung in NRW“ (2015) gefördert durch 1
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung - Überblick zu bedeutenden Ziegenrassen in Deutschland 2 Nutzungsmöglichkeiten in der Ziegenhaltung Ziegen - Milchziegen- und Fleischziegenhaltung, Ziegen zur Landschaftspflege - Ziegengestützte therapeutische Arbeit und weitere Erwerbsmöglichkeiten mit Ziegen - Tipps und Anregungen für den Einstieg und Umstieg in die Erwerbs-Ziegenhaltung 3 Pflichten in der Ziegenhaltung und Weiterbildungsmöglichkeiten - Meldepflicht (HIT-Datenbank, Tierseuchenkasse), Kennzeichnungspflicht - Weiterbildung, Seminare, Kurse 4 Physiologie der Ziege und Pflegebedarf - Biologische Grunddaten - Hörner, Klauenpflege 5 Fütterung - Grundfutter, Kraftfutter, Mineralfutter 6 Haltungsansprüche von Ziegen - Der Ziegenstall - Die Ziegen-Weide 7 Ziegengesundheit - Parasiten - Impfungen - Wirtschaftlich bedeutende Infektionskrankheiten 2
8 Zucht 9 Förderungen des Landes NRW für Ziegenhalterinnen 10 Wichtige Adressen 11 Literaturverzeichnis In dieser Broschüre wird zur Vereinfachung der Lesbarkeit und, da es sich um die Ziege handelt, ausschließlich die weibliche Form verwendet. 3
1 Einleitung Die Ziege gewinnt immer mehr an Interesse und damit auch an wirtschaftlicher Bedeutung. Früher wurde die Ziege oft von armen Familien gehalten, da sie bei wenig Aufwand Milch und Fleisch zum Überleben der Familie lieferte. Heute verbindet der moderne Mensch die Ziege und ihre Produkte mit Natur und Ursprünglichkeit (Deix 2009). Der Absatz für Ziegenprodukte stieg in den letzten Jahren kontinuierlich. Die Ziege bietet zudem mit ihrer “handlichen Größe“ und geringem Investitions- und Flächenbedarf eine gute Möglichkeit, in den landwirtschaftlichen (Neben-) Erwerb einzusteigen. Außerdem gehen Schätzungen davon aus, dass über die Hälfte aller in Deutschland gehaltenen Ziegen in Hobby-Haltung stehen, die oftmals das Potential zum Umstieg in die Erwerbshaltung besitzen. Diese Broschüre ist entstanden aus einem Forschungsprojekt der Fachhochschule Südwestfalen zu dem Thema „Landwirtschaftliche Ziegenhaltung in NRW“ und wurde gefördert vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher- schutz des Landes Nordrhein-Westfalen. Diese Broschüre enthält kurzgefasste Informationen, Tipps zu Fütterung und Haltung sowie wichtige Kontakthinweise für alle, die Interesse an der Ziege haben und besonders für jene, die die Ziegenhaltung als eine Erwerbsmöglichkeit erwägen. Die Broschüre bezieht sich bevorzugt auf das Bundesland Nordrhein-Westfalen. 4
Einige der häufigsten Ziegenrassen in Deutschland Bunte Deutsche Edelziege Weiße Deutsche Edelziege Mittel bis großrahmige, Mittel bis großrahmige, hochproduktive Milchziege, hochproduktive Milchziege, genetisch hornlose und genetisch hornlose und gehörnte Tiere gehörnte Tiere Burenziege Afrikanische Zwergziege Mittel bis großrahmige Kleine Ziege; asaisonale Fleischziege; asaisonale Ablammung möglich; alle Ablammung möglich; Farbschläge vorhanden; gute gehörnt; gute Eignung für Eignung für Landschaftspflege Landschaftspflege 5
Thüringer Waldziege Toggenburgerziege Großrahmige Zweinutzungs- Mittelrahmige Milchziege, Milchziege, mittlere bis gute gute Milchleistung, Milchleistung mit hohen genetisch hornlose und Milchinhaltsstoffe; kurz- und gehörnte Tiere; gefährdete langhaarig; genetisch alte Haustierrasse; hornlose und gehörnte Tiere Walliser Schwarzhalsziege Kaschmirziege Mittelrahmige, kräftige Kleine bis mittelrahmige Gebirgsziege; gehörnt; Ziege; langhaarig und feine sehr genügsam und robust; dichte Unterwolle für Landschaftspflege (Faserlieferant); gehörnt; geeignet (Bilder mit freundlicher Genehmigung vom Landesverband Bayerischer Ziegenzüchter e.V.) 6
2 Nutzungsmöglichkeiten in der Ziegenhaltung Die Ziegenhaltung kann unterschiedliche Zwecke verfolgen. Bislang sind über die Hälfte aller in Deutschland gehaltenen Ziegen Hobbyhaltungen. Im Folgenden sollen einige Nutzungs- möglichkeiten zu Erwerbszwecken vorgestellt werden. Milchziegenhaltung Den größten Anteil an erwerbsmäßiger Ziegenhaltung in Deutschland machen die Milchziegenhaltungen aus. Hier finden sich auch oft Betriebe, die im Haupterwerb geführt werden. Eine angeschlossene, eigene Milchverarbeitung ist nicht zwingend erforderlich, teilweise aber aufgrund fehlender Strukturen zur Anlieferung von Ziegenmilch notwendig. Der Einstieg in die Milchziegenhaltung bietet einige Vorteile: geringe Investition in Stallbau, Nutzung von umgebauten Altbauten möglich Steigende Inlands-Nachfrage nach Ziegenprodukten Im Vergleich zur Kuhmilch erzielt Ziegenmilch höhere Flächen- produktionsleistung: bereinigter Gewinn je ha Landwirtschaftlicher Nutzfläche in der Ziegenmilcherzeugung 15.045 € (Milchkuh 908 €) (Herold et al. 2014) 7
Erzielbarer DB 1 pro Mutterziege: 878 € bei eigener Milchverarbeitung bzw. 323 € bei Lieferung an Molkerei (Herold et al. 2014, Basis 700 kg Milchleistung pro Mutterziege und Jahr); 1,09 € / kg Milch (KTBL 2007, Annahme: eigene Milch- verarbeitung) Nach Berechnungen von Herold et al. (2014) werden Erlöse durch viele Faktoren beeinflusst und weisen deutliche Unterschiede zwischen den Betrieben auf. In allen Berechnungen zeigten sich als Hauptkosten die Arbeit und das Futter. Was beachtet werden muss: Molkereien, die Ziegenmilch annehmen, sind bisher nur punktuell verteilt Oft ist daher die eigene Milchverarbeitung notwendig. Dies erfordert Fachkenntnisse, eventuell zusätzliche Arbeitskraft und Investitionen sowie den Aufbau einer eigenen Vermarktung Neben den Investitionskosten und dem zusätzlichem Arbeitsaufwand bei eigener Milchverarbeitung, spielt die Vermarktung eine ausschlaggebende Rolle, ob sich diese Erwerbsform trägt 1 Der Deckungsbeitrag (DB) ist ein Begriff aus der Kostenrechnung und das Kernstück der Produktionsverfahrensrechnung. Man ermittelt den DB aus der Differenz zwischen den Marktleistungen eines Produktionsverfahrens (= Summe der marktfähigen Haupt- und Nebenleistungen, bewertet mit Erzeugerpreisen) und den tatsächlichen zuteilbaren Kosten (spezifische variable Kosten) (nach BLE 2003) 8
Tabelle 1: Vergleichende Deckungsbeitragsrechnung: Eigene Milchverarbeitung mit Vermarktung und Lieferung an Molkerei, Annahmen: Milchleistung 750 kg; 5 Jahre Nutzungsdauer; 1,7 Kitze; biologische Erzeugung; Szenario 1: 60 Milchziegen mit eigener Verarbeitung und Direktvermarkung; Szenario 2: 300 Milchziegen mit Lieferung an Molkerei (aus: Milchziegenhaltung im Biobetrieb, Merkblatt FibL) Menge Euro/EinheitSzenario 1 Szenario 2 Marktleistung Frischkäse (450 kg Milch/7,5) 60 kg 18 1080,00 Schnittkäse (300 kg Milch/10) 30 kg 25 750,00 Milchverkauf an Molkerei 750 kg 0,7 525,00 1,7 Kitze, 14 kg Lebendgewicht 28,8 kg 3,5 83,30 83,30 0,2 Altziegen 0,2 kg 15 3,00 3,00 Umsatzerlöse 1916,30 611,30 Umsatzerlöse je kg erzeugter Milch 2,56 0,82 Variable Kosten Eigene Tiere für Bestandsergänzung (20 %) 0,2 160 32,00 32,00 Futter: Grundfutter 4.500 MJ ME 0,02 90,00 90,00 Kraftfutter 2 dt 45 90,00 90,00 Mineralfutter 0,002 kg/Tag 7,3 85 6,21 6,21 Vollmilchpulver Kitzaufzucht 10 kg 6 102,00 102,00 Kraftfutter Kitze (6 Wochen) 7 kg 45 5,36 5,36 Stroh 1,5 dt 10 25,50 25,50 Tierarzt 10,00 10,00 Bockhaltung: 1 Bock auf 50 Ziegen 4,50 4,50 Beiträge/ Beratung 12,50 4,00 Milchleistungskontrolle 20,00 20,00 Strom, Wasser 47,50 10,00 Var. Kosten Milchverarbeitung und Vermarktung 183,00 Var. Kosten Maschinen 50,00 10,00 Zinsansatz für Kaptital 5I% 100 5,00 5,00 Summe variable Kosten 683,56 414,56 Summe variable Kosten je kg erzeugte Milch 0,91 0,55 Deckungsbeitrag je Milchziege und Jahr 1232,74 196,74 9
Fleischziegenhaltung Die Haltung von Ziegen zur Fleischerzeugung stellt einen eher arbeitsextensiven Betriebszweig dar. Diese Art von Betriebsausrichtung ist derzeit überwiegend im Nebenerwerb zu finden, da für den Haupterwerb über 400 Tiere gehalten werden müssen. Diese Vermarktungsgröße aufzubauen ist bei dem geringen Nachfrageverhalten für Ziegenfleisch in Deutschland äußerst schwer. Daher wird die Fleischziegenhaltung vor allem als Nebenerwerb mit kleineren Herden betrieben. Eine gute Kombinationsmöglichkeit der Fleischziegenhaltung besteht mit der Beweidung von Landschafts- und Naturschutzflächen. Hier können die zu beweidenden Flächen als günstige Futtergrundlage Verwendung finden. Gleichzeitig wird die Fläche von Verbuschung frei gehalten bzw. befreit. Allerdings führt die meist energie- und nährstoffarme Futtergrundlage solcher Naturschutzflächen zu Einbußen in der Mastleistung und sollte dementsprechend finanziell ausgeglichen werden. Die typische Fleischziegenrasse ist die Burenziege, die auch für Zwecke der Landschaftspflege gut geeignet ist. Durch ihr Unterhautfett ist diese Rasse gegen äußere Witterungseinflüsse geschützt. Um wirtschaftlich in der Fleischziegenhaltung zu sein, sollte ein DB zwischen 100 – 160 € pro Mutterziege erzielt werden (von Korn et al. 2014). Die Wirtschaftlichkeit in der Fleischziegenhaltung steht und fällt mit der Vermarktung. 2013 lag der durchschnittliche pro Kopfverzehr 10
von Schaf- und Ziegenfleisch nur bei 0,9 kg, wobei anzunehmen ist, dass ein Großteil davon Schaffleisch ist (Stat. Bundesamt 2014). Daher ist eine intensive und stark kundenorientierte Vermarktung in der Fleischziegenhaltung notwendig. Ziegen zur Landschaftspflege Wenn die Umstände es zulassen, frisst die Ziege mit Vorliebe Gehölze, Blätter und krautige Pflanzen. Besonders beliebt sind die Laubblätter und junge Pflanzentriebe. Das eigentliche „Grasen“, das Fressen von Gras, zeigt die Ziege nur, wenn keine Alternative in Form von Gehölzen und/oder Kräutern vorhanden ist. Die Ziege hat gegenüber dem Schaf in der Landschaftspflege einige Vorteile: • sie ist auch für sehr schwer zugängliche Lagen geeignet; aufgrund ihrer Kletterfreudigkeit nutzt sie auch steile Hanglagen • ihr Verbiss bei Büschen und Bäumen ist wesentlich effektiver; sie vermag, Verbuschungen bis 60 % stark zu reduzieren (Rahmann 2000) Ziegengestützte therapeutische Arbeit Dass Tiere dem Menschen, neben wirtschaftlichen, auch in sozialen Belangen eine große Hilfe und Stütze sein können, ist mittlerweile unumstritten. Immer häufiger gibt es Formen der tiergestützten Therapie, zum Beispiel in klassischer Form von Reittherapie oder Therapiehunden. Auch die Wissenschaft bestätigt der tiergestützten Therapie einen vielfältigen positiven Einfluss auf die menschliche Psyche. So konnte u.a. eine verbesserte Lernbereitschaft, eine Verringerung von Hyperaktivität und eine Abnahme von 11
stressbedingter Angst durch die Anwesenheit eines Hundes festgestellt werden (Beetz 2011). Dass auch die Ziege ein gut geeignetes Therapeutisches Arbeitstier ist, ist bisher weniger bekannt. Diejenigen, welche bereits mit Ziegen in diesem Bereich arbeiten, können von vielen Positivbeispielen erzählen. Der Vorteil von Ziegen in therapeutischen Bereichen liegt in ihrem freundlichen, dem Menschen zugewandten und neugierigem Wesen. Dennoch ist eine Ziege sehr wohl in der Lage, sich gegen unerwünschtes Verhalten zu wehren. Dadurch können Grenzen aufgezeigt werden, welche einen therapeutischen Nutzen haben. Ein weiterer Vorteil der Ziege ist, dass Arbeiten mit ihr in der Herde, als auch mit dem Einzeltier durchgeführt werden können, je nach Therapieziel (Schütte 2015). Weitere Erwerbsmöglichkeiten mit Ziegen Weitere Einkommensalternativen durch Ziegenhaltung können die Herstellung von Seifen und Kosmetika; Verkauf von Fellen, Leder oder Wolle; geführte Wanderungen mit Ziegen als Begleit- und Tragtiere; Kutschfahrten mit Ziegen als Zugtiere; Kindergeburtstage etc. sein. Diese Sammlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Pfiffige Ideen sollten auf ihre Umsetzbarkeit zu Ende gedacht werden. 12
Tipps und Anregungen für den Einstieg und Umstieg in die Erwerbs-Ziegenhaltung Einstieg 1. Auf welchen Schwerpunkt will und kann ich meinen Betrieb ausrichten? Will ich in den Haupt- oder Nebenerwerb? Möchte ich Milch- oder Fleischziegen halten? Besteht die Möglichkeit, Landschaftspflege zu betreiben? Habe ich Interesse an weiteren Erwerbsmöglichkeiten? 2. Was für Gebäude und Flächen stehen mir zur Verfügung? Besitze ich geeignete Stallungen oder muss ich Umbauen? falls ja, frühzeitig mit zuständigen Stellen in Kontakt treten! Stehen mir ausreichend Wiesen- und/oder Weideflächen vorhanden, kann ich evtl. welche zukaufen oder pachten? Flächenbedarf einer Mutterziege plus Nachzucht ca. 0,1 ha (entspricht 10-12 Ziegen pro ha) (KTBL 2007) 3. Welchen Weg der Vermarktung strebe ich an? Will ich in die Direktvermarktung einsteigen? arbeitsintensiv und Termin gebunden; Kundenakquise notwendig; anfangs z.T. hoher Investitionsbedarf für Einrichtung Molkerei, Schlachthaus und Verkaufsort; Knowhow der Verarbeitung etc. wichtig; hoher Grad an Selbstständigkeit; über eigene Preisbildung und gute Absatzmärkte hohe Deckungsbeiträge zu erzielen Will ich an den LEH oder Großhandel liefern? 13
es werden regelmäßige Lieferungen in gleichbleibender Qualität erwartet; Aufbau eigener Kundenstamm entfällt; gewisse Abhängigkeit von Abnahmebedingungen; Investitions- und Verarbeitungsknowhow der Ausgangsrohstoffe weiterhin erforderlich Will ich an eine Molkerei meine Milch liefern? volle Spezialisierung; aber starke Preis-Bindung an die Molkerei ; im Vorfeld klären, ob überhaupt eine Molkerei vorhanden ist, die Ziegenmilch annimmt; um wirtschaftlich zu sein, wird eine deutlich größere Herde an Ziegen benötigt als bei eigener Verarbeitung; auf ausreichend Stall- und Flächenkapazitäten achten 4. Welches voraussichtliche Einkommen strebe ich an, mit welchen Kosten und Investitionsschritten muss ich rechnen? Anhand einer detaillierten betriebswirtschaftlichen Kalkulation muss ich unbedingt vorher prüfen, ob das Konzept sich als dauerhaft wirtschaftlich zeigt und der erwünschte Gewinn erzielt werden kann 5. Welche eigenen Fähigkeiten und Qualifikationen besitze ich und bin ich bereit, mir solche durch Seminare, Lehrgänge etc. anzueignen? Je nachdem, welche Art von Erwerb angestrebt wird, werden evtl. diverse Qualifikationen in Form von Sachkunde- Nachweisen erforderlich oder sind dringend anzuraten 14
Umstieg 1. Wie viele Ziegen umfasst mein Bestand? Will und kann ich aufstocken? Je nachdem, wie viele Tiere ich halte, entscheidet dies auch über die Möglichkeiten meines Erwerbs. Als Ziegenmilch liefernder Betrieb ist eine Bestandsgröße ab etwa 150 milchgebender Tiere erforderlich. Bei eigener Milchverarbeitung ist bereits mit kleineren Herden ab 30 – 40 Milchziegen eine wirtschaftliche Haltung möglich Wenn ich aber nur wenige Ziegen halten möchte, könnte ich zum Beispiel Seifen oder Kosmetika herstellen. Ebenso reichen für therapeutische Zwecke und Event-Angebote einige wenige Tiere meist aus 2. Welche Rasse halte ich und möchte ich dabei bleiben? Wer „seine Rasse“ bereits gefunden hat, sollte überlegen, was mit dieser Rasse möglich ist und ob sich diese Rasse zur Erwerbsziegenhaltung eignet 15
3 Pflichten in der Ziegenhaltung und Weiterbildungsmöglichkeiten Wie jedes Tier in Deutschland unterliegt auch die Ziege dem Schutz des deutschen Tierschutzgesetzes (Novellierung 2013). Außerdem müssen Halterinnen von Ziegen im Sinne des Tierseuchenschutzes sich an die Viehverkehrsverordnung (2007) halten. Folgende Pflichten hat eine Ziegenhalterin in NRW zu erfüllen: Meldepflicht Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HIT) Seit Juli 2005 ist in dem neuen EU-Recht eine Einrichtung einer nationalen zentralen Datenbank für Schafe und Ziegen vorgeschrieben (HIT). Die Meldung kann entweder über das Internet erfolgen unter www.hi-tier.de oder schriftlich über die TSK. Die Anmeldung erfolgt mit der Registriernummer des Betriebes und einer sechststelligen PIN. Diese kann über den Landeskontrollverband NRW (LKV NRW) beantragt werden. Tierseuchenkasse NRW Jede Ziegenhalterin hat, unabhängig von der Erwerbsform und Bestandsgröße (auch Hobbyhaltungen!) die Ziegen der TSK zu melden. Hinzu kommt die Pflicht, ein Bestandsregister zu führen. Das Formblatt „Bestandsregister“ hierzu kann auf der Internetseite des LKV NRW heruntergeladen werden. Alle aktuellen Änderungen sollen zeitnah registriert werden. Wenn Tiere aus dem Betrieb 16
gebracht werden, ist ein Begleitdokument hinzuzufügen. Auch hier kann das Formblatt „Begleitdokument“ beim LKV heruntergeladen werden. Kennzeichnungspflicht Für die Ziegen besteht eine Kennzeichnungspflicht. Diese hat grundsätzlich spätestens 9 Monate nach der Geburt bzw. vor Verlassen des Betriebes zu erfolgen. Unterschiede in der Kennzeichnungspflicht der Tiere ergeben sich aus deren Geburtsdatum. Alle Tiere, die nach dem 31.12.2009 geboren sind, müssen grundsätzlich mit einem elektronischen Kennzeichen (Ohrmarken- Transponder, Bolus-Transponder oder Fußfessel) und einem nicht- elektronischen Kennzeichen (weitere Ohrmarke, Fußfessel oder Tätowierung) gekennzeichnet werden. Lediglich für Tiere, welche vor dem Erreichen des 1ten Lebensjahres geschlachtet und nicht aus Deutschland ausgeführt werden, reicht eine Betriebsohrmarke. Die Ohrmarken sind, ab 01.01.2016 kostenpflichtig, über den LKV NRW zu beziehen. Abbildung 1: Ohrmarkenkennzeichnung einer Burenziege (Quelle: Burenziegenzucht Brill) 17
Weiterbildung, Seminare, Kurse Grundsätzlich setzt jede Haltung von Tieren Sachkenntnis voraus. Diese muss im Bedarfsfall nachgewiesen werden durch: den Besuch eines Sachkundelehrganges zur Haltung von Ziegen (wird von der Landwirtschaftskammer NRW auf Haus Riswick durchgeführt) eine abgeschlossene Ausbildung als Landwirtin oder Schäferin dem Nachweis über die langjährige Haltung von Ziegen ohne besondere Vorkommnisse Falls die Ziegen geschlachtet werden sollen, muss die entsprechende Befähigung nachgewiesen werden. Für den Transport der Tiere zu Schlachtzwecken, Verkauf und Auktionen muss ein entsprechender Sachkunde-Nachweis vorliegen. Auch hier bietet die Landwirtschaftskammer NRW entsprechende Fortbildungsmöglichkeiten an. Eine weitere sinnvolle Ergänzung kann z.B. der Besuch eines Kurses zur Milchweiterverarbeitung sein, z.B. angeboten vom Verband für handwerkliche Milchverarbeitung (VHM). Die Durchführung der einzelnen Vorgaben ist in Deutschland länderspezifisch geregelt. Dies gilt es insbesondere bei Sachkundenachweispflichten zu beachten. 18
4 Biologische Eckdaten und daraus abgeleitete Pflegeansprüche In Tabelle 2 sind die wichtigsten biologischen Eckdaten zur Ziege zusammengefasst: Tabelle 2: Biologische Eckdaten der Ziege Biologische Eckdaten Größe(Widerrist) rasseabhängig, etwa 65 - 85 cm Gewicht (Alttier) rasseabhängig, etwa 50 - 75 kg Puls (in Schläge 75 - 100 (Lamm/Jungtier) pro Minute) 70 - 90 (Alttier) Atmung (in Züge 15 - 35 (Lamm/Jungtier/Alttier) pro Minute) Körpertemperatur 38,5 - 40,0 (Jungtier/Lamm) (in °C ) 38,2 - 39,5 (Alttier) Geschlechtsreife 5 - 8 Monate Zuchtreife 6 -10 Monate Hauptdeckzeit September-November Trächtigkeitsdauer 146 - 152 Tage Brunstzyklus 21 Tage Brunstdauer 24 Stunden Lämmer pro Wurf Ø 1,5 lebend geborene Nachkommen, rasseabhängig Milchleistung rasseabhängig, Milchleistungsrassen ca 650 - 900 kg pro Laktation 19
Hörnertragende Ziegen Das Thema „Hörner“ wird unter Ziegenhalterinnen kontrovers diskutiert. Fakt ist: Das Enthornen der Ziege stellt einen sehr starken Eingriff am Tier dar. Bei Ziegen ist die Schädeldecke wesentlich dünner als beim Rind und dadurch ist das Enthornen ein diffiziler Vorgang. Nach dem Tierschutzgesetz (Anlage 4, 2.11.2.) ist das Enthornen nur im Einzelfall erlaubt und wenn eine tierärztlicher Indikation vorliegt. Der Vorgang muss durch den Tierarzt unter Betäubung durchgeführt werden. Eine genetisch hornlose Züchtung ähnlich wie beim Rind stellt sich bei Ziegen als schwierig dar. Genetische Hornlosigkeit steht in genetischem Zusammenhang mit Zwittrigkeit bei der Ziege (Lühken 2013). Behornte Ziegen sind nicht aggressiver. In einer Verhaltensuntersuchung wurde lediglich eine Veränderung in der Art der Auseinandersetzung zwischen behornten und hornlosen Ziegen festgestellt (Keil & Aschwanden 2008). So zeigten behornte Ziegen deutlich mehr Auseinandersetzungen nur in Form von Drohgebärden. Bei hornlosen Ziegen traten häufiger Auseinander- setzungen mit Kopfstößen auf. Auch zeigten hornlose Ziegen häufiger Rangkämpfe, da die Rangordnung weniger strikt eingehalten wurde als bei behornten Ziegen. Die meisten hornbedingten Verletzungen traten immer dann auf, wenn die Tiere eingeengt waren (z.B. im Warteraum vor dem Melken, beim Impfen). 20
Die Haltung behornter Ziegen bedingt eine gut durchdachte Haltungsumgebung mit ausreichend Individualdistanz für jede Ziege sowie einen sorgsamen Umgang mit ihr. Im Rahmen von Fachexkursionen können durch Besuche der Praxisbetriebe gute Beispiele kennen gelernt werden und es kann von den dortigen Erfahrungen profitiert werden. Klauenpflege Ziegen sind mit ihren Klauen ursprünglich an harte, trockene und steinige Böden angepasst. Die harte, relativ dünne Klauenaußenwand gibt im rauhen Felsgestein sowie in schneebedeckter Lage guten Halt. An der steinigen Felswand nutzt sich die Klaue stetig ab und erfordert daher ein konstantes Nachwachsen. Die von uns gehaltene Hausziege hat oft deutlich weniger Möglichkeiten, ihre Klauen auf natürlichem Weg abzunutzen. Die regelmäßige, mindesten 2-mal jährliche Überprüfung der Klauen sollte daher ein fester Bestandteil der Ziegenhaltung sein. Zur Aneignung des notwendigen Fachwissens bietet die Landwirtschaftskammer NRW regelmäßig Lehrgänge zur Klauenpflege und -behandlung bei Schaf und Ziege an. 21
5 Fütterung Die Ziege ist ein Wiederkäuer. Daher heißt Ziegenfütterung immer auch Fütterung der Pansenmikroben. Anders als das Schaf oder das Rind selektiert die Ziege wesentlich stärker. Sie besitzt die Fähigkeit, sich aus dem Grundfutter nur diejenigen Anteile heraus zu suchen, dass der Nährwert des Grundfutters annähernd dem des Kraftfutters gleichkommt (Aschenbach & Rahmann 2010). Dies bedingt jedoch die Inkaufnahme hoher Futterverluste. Bei der Fütterung ist unbedingt auf die jeweilige Bedarfssituation der Ziege zu achten. Es sei hier auf geeignete Fachliteratur verwiesen. Grundfutter Zu Grundfutter zählt vor allem Heu, Gras, Silage, Weide und Saftfutter (Rüben). Grundfutter sollte immer in hygienisch guter Qualität und ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Weide ist eine kostengünstige Möglichkeit, Ziegen mit Grundfutter zu versorgen. Für einen störungsfreien Ablauf der Mikrobentätigkeit im Pansen sollte bei einem hohen Anteil an jungem Weidegras auf eine ausreichende Rohfaserversorgung geachtet werden, z.B. durch Heufütterung. Kraftfutter Als Kraftfutter werden Getreidekörner, Leguminosen, Extraktionsschrote und Fertigfuttermischungen bezeichnet. Das Kraftfutter sollte nur als Ergänzung eingesetzt werden, um dem phasenweise erhöhtem Leistungsbedarf von (Milch-)Ziegen auszugleichen. Böcke brauchen nur während der Deckzeit Kraftfutter. Es besteht die Möglichkeit, sich eine eigene Mischung 22
aus verschiedenen Getreiden und Leguminosen wie Erbsen, Ackerbohnen oder Lupinen herzustellen oder eine handelsübliche Fertigfuttermischung zuzukaufen. Der Vorteil hier liegt in der gleichbleibenden Qualität des Futters in ausgewogener Zusammenstellung. Es gibt einige auf dem Markt befindliche Ziegenfuttermischungen. Eine Übersicht ist unter dem Internetauftritt der Fachhochschule Südwestfalen (FH SWF), Fachbereich Agrarwirtschaft unter Forschungsprojekte zu finden. Mineralfutter Die Zugabe von Mineralfutter zur Futterration ist angebracht. Beim Kauf von Mineralfuttermitteln für Ziegen muss unbedingt darauf geachtet werden, dass das Produkt auch für den Einsatz in der Ziegenfütterung geeignet ist. Zu oft werden fälschlicherweise auch Schafmineralfutter angeboten. Da Schafe sehr empfindlich auf Kupfer (Cu) reagieren, ist der Cu-Gehalt in solchen Produkten sehr gering. Ziegen haben einen deutlichen höheren Cu-Bedarf als Schafe, daher ist Schafmineralfutter für Ziegen nicht geeignet. Zusätzlich sollte beim Mineralfutterkauf auf die jeweiligen Futterstandorte geachtet werden, da Norddeutschland oft Selenmangelgebiet ist und Süddeutschland als Jodmangelgebiet gilt. 23
6 Haltungsansprüche von Ziegen Ziegen sind neugierige und bewegungsaktive Herden-Tiere. Mit ihren beweglichen Lippen knabbern sie ausdauernd an allen erreichbaren Gegenständen. Sie besitzen ein hohes Springvermögen, das bis zu mehr als 1,5 m aus dem Stand betragen kann. Etablierte Ziegenherden zeigen eine stabile und klare Rangordnung. Deshalb ist auf ausreichend Ausweichmöglichkeiten für die Rangniederen zu achten. Von Einzel- sowie Anbindehaltung ist aus Tierwohlgründen abzuraten. Bewährt haben sich Laufställe, die mit zusätzlichen Laufhof und/oder Zugang zu Weideflächen optimale Haltungsbedingungen darstellen können. Der Ziegenstall Die Hausziege stammt von der Wildziege aus trockenen Gebirgsregionen ab. In Anpassung an ihre ursprüngliche Herkunft ist sie kletterfreudig. Ihr Fell schützt sie jedoch nicht gut gegen Nässe und Kälte. Sie besitzt kaum Unterhautfett und ist daher empfindlich bei Regen und nasskalter Witterung. Folgende Ansprüche sollte ein Stall für Ziegen erfüllen: • Platzbedarf - Mind. 1,5 m², bei hörnertragenden Ziegen besser 2,0 m² Platz pro Tier - Fressplatzverhältnis mind. 1:1 betragen (daher mind. 1 Fressplatz für jede Ziege) - Fressplatzbreite mind. 0,4 m pro Tier • Stallklima - Ziegen mögen gut durchlüftete, aber keinesfalls zugige Ställe 24
- Es sollte auf ausreichend Fensteröffnungen für Tageslicht geachtet werden - Optimaler Temperaturbereich für erwachsene Ziegen liegt bei 10-15°C - Relative Luftfeuchte 65 - 75 %, zu feuchte Ställe sind schlimmer als zu trockene • Stalleinrichtung - Der Ziegenbereich sollte mit Stroh eingestreut sein (optimale Bedingungen für Ziegen) - Es ist auf ausreichend Ausweichmöglichkeiten zu achten, keine Sackgassen! - Gerne werden „Stallmöbel“ angenommen, z.B. erhöhte Liegenischen, gleichzeitig bieten diese auch Strukturierungen und Ausweichmöglichkeiten - Auf Trennungsmöglichkeiten achten, z.B. für kranke und verletzte Tiere - Bei Milchziegenhaltung: auf guten Zugang und Ausgang in den Melkstand achten - Bei Futtervorlage und Entmistung Mechanisierung einplanen - Geeignetes Tränkewasser muss ständig verfügbar sein Die Ziegen-Weide Neben der artgerechten Aufnahme von Grünfutter, bietet die Weide den Ziegen eine sehr gute Möglichkeit, ihren Bewegungsdrang auszuleben. Soziale Auseinandersetzungen verlaufen aufgrund der deutlich größeren Ausweichmöglichkeit gegenüber im Stall wesentlich glimpflicher. Die Aussenklimareize wie Sonnenlicht und Frischluft wirken gesundheitsfördernd. 25
Eine gute Vegetationszusammensetzung hat 10-30 % Kräuter, eine Anteil von max. 20 % Klee und den Rest Gräser. Auf Giftpflanzen sowohl in der eigentlichen Futterfläche (z.B. Jakobskreuzkraut) als auch im Randbereich (z.B. Eibe) sollte geachtet werden. Hilfreiche Tipps zum guten Weidemanagement gegen Endoparasiten sind im Kapitel 7 Ziegengesundheit zusammengefasst. - 2,5m² Weidefläche pro Ziege sollten mindestens vorhanden sein - (Obst)Bäume sollten ausgezäunt werden - Auch auf der Weide müssen gut zugängliche Tränke- möglichkeiten in ausreichender Anzahl vorhanden sein - Ziegen sind sehr regenempfindlich: unbedingt auf eine Unterstellmöglichkeit oder freien Stallzugang achten! - jede Weide- und Auslauffläche ist sicher einzuzäunen Einzäunung Ziegen sind im Freien nur mit einer guten Einzäunung zu halten, denn Ziegen können sehr gut klettern und sind sehr „unternehmungslustig“. Auf die Hinterbeine gestellt, erreicht eine Ziege Höhen bis ca. 1,8 m. In der Nähe des Zaunes sollten keine Erhöhungen sein, da diese von den Ziegen als „Sprungbrett“ genutzt werden können. Sehr gut eignen sich elektrifizierbare Hütenetze, die mindestens 1,1 m hoch sind und aus kleinmaschigen Knotengeflecht bestehen. Eine Einzäunung mit stromführenden Litzen ist möglich, sollte dann aus mind. 4 Litzen, besser aus 5 bestehen. Die Verwendung von Wildgatterzäunen ist nur bedingt geeignet. Besonders hörnertragende Ziegen können sich hier verfangen. Als sehr gut für 26
Ziegen geeignet zeigen sich die neuerdings auf dem Markt vermehrt angebotenen Wolfabwehrnetze. Vor allem für die Ziegen, die zur Landschaftspflege in Gebieten sind, wo Wölfe bereits aufgetaucht oder erwartet werden, sollten spezielle Wolfabwehrzäune zum Einsatz kommen. Eine wolfsichere Einzäunung besteht aus verzinktem Drahtknotengeflecht mit mind. 1,2 m Höhe und ist 30 cm in den Boden eingelassen. Es sollten eine vorgelagerte elektrische Einzäunung auf etwa 20 cm Höhe und flatternde Elemente vorhanden sein (Schafzuchtverband Berlin-Brandenburg 2013). Abbildung 2: Beispiel für eine Ziegeneinzäunung (Quelle: Verein für Tier- und Naturschutz Österreich) 27
7 Ziegengesundheit Endoparasiten Magen-Darm-Parasiten stellen oft Probleme für viele ziegenhaltendende Betriebe dar. Vor allem die Weidehaltung trägt zu deren vermehrten Auftreten erheblich bei. Ein Befall mit Endoparasiten erfolgt ausschließlich durch die Aufnahme von infektionsfähigen Larven bzw. Eiern, die heranwachsen und geschlechtsreif werden. Infizierte Wirtstiere scheiden Parasiteneier mit dem Kot aus und stellen somit eine Infektionsgefahr für die gesunden Tiere dar. Grundsätzlich sollten niemals alle Tiere einer Herde zur Vorsorge entwurmt werden. Dies fördert lediglich die Resistenz der Parasiten. Nur offensichtlich kranke Tiere, die äußerlich sichtbar oder durch Kotprobenanalyse auffallen, werden gezielt entwurmt. Ein Verdacht auf Parasiten besteht bei folgenden Symptomen, die einzeln oder in Kombination auftreten können: Die Ziegen magern stark ab und sehen struppig aus Die Milchleistung geht ohne erkennbaren Grund massiv herunter Die Tiere haben Durchfall Der Kotprobenbefund weist >300 Eier pro Gramm Kot auf Die Tiere zeigen Blutarmut (FAMACHA-Methode: Bewertung der Farbe des Bindehautgewebes anhand Farbskala) Ein gutes Weidemanagement ist eine sinnvolle Prophylaxe, denn auf dem Markt sind kaum für Ziegen zugelassene Anthelminthika 28
erhältlich, aber Ziegen reagieren relativ empfindlich mit Leistungseinbrüchen auf Parasitenbelastungen. Werden Anthelminthika für Schafe bei Ziegen eingesetzt, muss die Dosierung verdoppelt werden, da der Stoffwechsel bei Ziegen sich stark von dem der Schafe unterscheidet. Tipps für ein gutes Weidemanagement: Möglichst Portionsweiden anbieten. Nach 2-3 Wochen Weide wechseln und mindestens 12 Wochen Ruhe gönnen. Am besten eine Schnittnutzung zwischendurch durchführen. Die Herde erst nach Abtrocknen des Morgentaus auf die Weide lassen. Wenn möglich, Weiden nutzen, welche im Vorjahr ausschließlich der Schnittnutzung unterlagen Monitoring der Ziegen: Sammelkotproben in regelmäßigen Abständen untersuchen lassen und bei Bedarf zügig und richtig handeln Vorlage von frischem Grünfutter nur von nicht-kontaminierten Flächen Bei Mischbeweidung mit anderen Tierarten auf Parasitenempfänglichkeit achten. Schafe sind die gleichen Wirtstiere wie Ziegen Die Weideflächen nicht mit Schaf- oder Ziegenmist düngen Milchziegen am besten 2 Wochen vor der Ablammung während der Trockenstehzeit entwurmen Das Thünen-Institut bietet unter www.weide-parasiten.de eine Hilfe zum angepassten Weidemanagement, um Parasitenbefall vorzubeugen und/oder zu beseitigen. So findet sich dort, neben vielen Informationen über Endo-Parasiten, richtiges 29
Weidemanagement und geeignete Anthelminthika (Wurmmittel), ein Entscheidungsbaum. Dieser hilft, den geeigneten Zeitpunkt für die Entwurmung zu finden und Resistenzen zu vermeiden. Kokzidien Kokzidien sind ein Problem des Stallmanagements. Infizierte Tiere scheiden Oozyten aus, die wiederum von anderen Tieren aufgenommen werden. Oozyten sind sehr resistent und mit gewöhnlichen Desinfektionsmitteln kaum zu bekämpfen. Eine abtötende Wirkung hat UV-Licht, daher ist eine Kokzidieninfektion meist auf den Stall beschränkt. Erkrankungen mit Kokzidien können zu heftigen Durchfallerkrankungen mit Todesfolge führen. In Untersuchungen zeigte sich, dass mit kürzeren Entmistungsintervallen (alle 2 Wochen) der Erkrankung durch Kokzidien wirksam vorgebeugt werden konnte. Ektoparasiten Die gängisten Ektoparasiten sind Flöhe, Haarlinge, Zecken, Milben und Läuse. Sobald ein Befall erkannt wurde (zum Beispiel durch übermäßiges Schuppern der Tiere und/oder räudeartige Hautstellen) muss eine Behandlung erfolgen. Auch hier ist wie bei den Endoparasiten auf eine bedarfsorientierte Behandlung zu achten, um Resistenzen bei den Parasiten zu vermeiden. Eine Stärkung der Immunabwehr sollte zur Vorbeugung angestrebt werden. Impfungen Impfungen sind sinnvoll im Sinne der Krankheitsvorbeuge. Auch wenn das Impfen einen erhöhten finanziellen und wirtschaftlichen 30
Aufwand mit sich bringt, teilweise auch das betroffene Tier Impfschäden zeigt, sollten dennoch einige (Grund-)Impfungen durchgeführt werden. Welche genau im Bestand erforderlich sind, ist mit der zuständigen Tierärztin abzuklären. U. a. sind folgende Impfungen möglich: - Pasteurellose (Schafrotz) - Clostridienerkrankungen - Chlamydienabort (seuchenhaftes Verlammen) - Para-Tuberkulose - Brucellose - Tollwut - Q- Fieber Wirtschaftlich bedeutende Infektionskrankheiten Caprine -Arthritis-Enzephalitis (CAE) Die CAE ist eine entzündliche Gelenks-und Gehirnerkrankung bei Ziegen und wird durch einen Lenti-Virus infiziert. Die CAE hat eine große weltweite Bedeutung und kommt in nahezu allen Ländern mit Abbildung 3: Typische CAE- Ziegenhaltung vor. Teilweise Gelenksentzündungserscheinungen einer sind über 80 % der Tiere Ziege (Quelle LWK NRW) eines Bestandes betroffen. Die erkrankten Tiere zeigen stark geschwollene Gelenke und deutliche Schmerzen und es kommt zu drastischen 31
Leistungseinbußen. Eine Behandlung ist bisher nicht möglich. Übertragen wird das Virus vor allem über das Kolostrum und die Milch. Eine CAE-Sanierung der Herde ist möglich, aber sehr aufwändig. Neue Ziegen sollten nur aus CAE-unverdächtigen Beständen zugekauft werden, wenn der eigene Bestand CAE- unverdächtig ist. Pseudo-Tuberkulose Die Pseudo-Tuberkulose ist eine durch Bakterien verursachte, ansteckende Erkrankung. Sie ist weltweit sehr häufig in Ziegenbeständen vertreten und kann zu hohen wirtschaftlichen Verlusten führen. Die Erkrankung verläuft sehr schleichend, infizierte Tiere werden erst sehr spät entdeckt. Eine Behandlung ist derzeit nicht möglich, betroffenen Tiere müssen gemerzt werden. Neu zugekaufte Tiere sollten aus unverdächtigen Beständen kommen. Abbildung 5: Aufgeplatzte Eiterbeule Abbildung 4: Typische Eiterbeulen einer einer Burenziege mit Pseudo-TB- Pseudo-TB erkrankten Ziegen (Quelle Erkrankung (Quelle LWK NRW) Bayer. Ziegenzuchtverband e.V.) 32
8 Zucht Wer Ziegen züchten möchte, muss sich einem Ziegenzuchtverband anschließen. In der Zuchtverbandsordnung sind Art und Durchführungsweise der Leistungsprüfungen festgelegt. Der Zuchtverband stellt die Zuchtpapiere aus, in denen die Abstammung und züchterischen Leistungen dokumentiert sind. Der Zuchtverband bietet gerade zu Beginn der Ziegenhaltung eine fruchtbare Basis für Erfahrungsaustausch und Kontakte zu Zuchtbetrieben. Auf Tierschauen, die der Zuchtverband organisiert, werden Tiere, die das Zuchtziel am besten verkörpern, präsentiert und prämiert. 9 Förderungen des Landes NRW für Ziegen- halterinnen Ziegenhalterinnen des Landes Nordrhein-Westfalen können folgende Fördergelder für die Ziegenhaltung beziehen: Förderungen für bedrohte Haustierrassen (Erzgebirgsziege, BDE, WDE, Thüringer Waldziege, Harzer Ziege) Förderungen der Tierseuchenkasse Förderungen für Vertragsnaturschutz/ Landschaftspflege (Ziegen als Zusatzmaßnahme erhalten zusätzlich 70 €/ha bei Naturschutzbeweidung) 33
10 Wichtige und hilfreiche Adressen Landeskontrollverband NRW e.V. Bischofstr. 85 47809 Krefeld Tel. 02151/4111200 Fax: 02151/4111249 Internet: www.lkv-nrw.de E-Mail: tkz@lkv-nrw.de Landesverband der Ziegenzüchter für Westfalen-Lippe e.V. Nevinghoff 40 48147 Münster Tel. 0251/2376864 Fax: 0251/2376521 E-Mail: ingrid.simon@lwk.nrw.de Landesverband Rheinischer Ziegenzüchter e.V. Endeicher Allee 60 53115 Bonn Tel. 0228/7031303 Fax 0228/7038318 E-Mail: vrhs-bonn@web.de Tierseuchenkasse NRW Nevinghoff 6 48147 Münster Tel.: 0251 28982-0 Fax 0251/2898230 E-Mail: tierseuchenkasse@lwk.nrw.de 34
Verband für handwerkliche Milchverarbeitung im ökologischen Landbau e.V. Alte Poststraße 87 85356 Freising Tel. 08161 / 787 36 03 Fax 08161 / 787 36 81 E-Mail: info@milchhandwerk.info Zentralen der Landwirtschaftskammer NRW Nevinghoff 40 48147 Münster Tel. 0251/2376-0 Fax 0251/2376521 E-Mail: poststelle-muenster@lwk.nrw.de Siebengebirgsstraße 200 53229 Bonn Tel. 0228/703-0 Fax 0228/7038498 E-Mail: poststelle-bonn@lwk.nrw.de 11 Literaturverzeichnis Aschenbach, F., Rahmann, G. 2010: Bedeutung der Raufutterselektion von Ziegen für ihre Ernährung, Johann-Heinrich von Thünen-Institut, Institut für Ökologischen Landbau 35
Beetz, A. 2012: Stressreduktion durch Hund und ihre Bedeutung für tiergestützte Intervention, Institut für sonderpädagogische Entwicklungsförderung und Rehabilitation, Vortrag Wissenschaftstagung „Tiergestützte Intervention im Fokus der Wissenschaft“, Dresden 7.-8.Dezember 2012 Deix, C. 2009: Konsumentenwahrnehmung von Schaf- und Ziegenmilch – Eine Means-End Analyse mit Hilfe der Laddering Technik, Masterarbeit betreut von Prof. Dr. Haas und Prof. Dr. Pöchtrager, Universität für Bodenkultur Wien Herold, P., Over, R., Kern, A., Schmid-Boy, S. 2014: Milchziegenreport Baden-Württemberg, Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume Schwäbisch Gmünd (LEL) Keil, N., Aschwanden, J., 2008: Enthornen von Ziegen – muss das sein? Bundesamt für Veterinärwesen, Zentrum für tiergerechte Haltung: Wiederkäuer und Schweine, aus: Neues aus der Ökologischen Tierhaltung 2008 Korn von, S., Jaudas, U., Trautwein, T. 2014: Landwirtschaftliche Ziegenhaltung, 2te Auflage 2015, Ulmer Verlag KTBL-Datensammlung: Milchziegenhaltung – Produktionsverfahren planen und kalkulieren, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V., Darmstadt 2008 36
Lühken, G. 2013: Zucht auf hornlose Ziegen: Wo liegt das Problem? Vortrag BÖLW-Fachgespräch „Haltung hörnertragender Ziegen“ 20. Juni 2013, Bonn-Röttgen Rahmann, G., Tawfik, E. 2010: Landschaftserhaltung mit Nutztieren im sozio-ökonomischen Kontext - Dargestellt am Beispiel ausgewählter Dörfer im Biosphärenreservat Rhön, Deutscher Endbericht des EU-Projektes EQULFA (1996 bis 2000), Universität Kassel, Fachgebiet Internationale Nutztiertierzucht- und Haltung Schafzuchtverband Berlin- Brandenburg , 2013: Wie kann sich die Klein- und Nebenwerbs Schaf- und Ziegenhaltung gegen Wolfsübergriffe besser schützen http://schafzuchtverband-berlin-brandenburg.de/category/wolf/ (Zugriff: 22.12.2015) Schütte, A. 2015: Alternative Einkommensmöglichkeiten mit Ziegen, Vortrag Abschlusstagung „Landwirtschaftliche Ziegenhaltung in NRW“, 16. März 2015, Soest 37
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