Lebensqualität ist das Ziel - Wohnungswirtschaft-heute

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Lebensqualität ist das Ziel - Wohnungswirtschaft-heute
SYMPOSIUM

            Lebensqualität ist das Ziel
     Das Coronavirus wirbelte
     Arbeits-, Wohn- und Lebens-
     konzepte ordentlich durchei-
     nander. Die Wohnungs-
     wirtschaft ist gefordert, mit
     Voraussicht zu planen, auf
     veränderte Lebenssituationen
     eingestellt zu sein und flexible
     Rahmenbedingungen für
     Bewohner zu schaffen. Beim
     69. Wohnsymposium zeigte
     sich eine Aufbruchstimmung
     mit einer Vielzahl von
     spannenden Visionen.

     GISELA GARY
                                                             Foto: Buwog/Stephan Huger

     E
          ineinhalb Jahre nach einem Leben
          mit dem Coronavirus mit zahlrei-
          chen Beschränkungen und mehr als
     200 Covid-19-Verordnungen war bei den                                               Das 69. Symposium der Reihe „Die Zukunft des Wohnens“ fand in der neuen Buwog-Zentrale statt.
     rund 70 Teilnehmern des 69. Wohnsym-
     posiums – unter strikter Einhaltung der                                             stand – unter dem Thema „Wohnen in
     Drei-G-Regeln und in dem großzügigen                                                der neuen Arbeitswelt – zu Hause oder
     Veranstaltungssaal mit ausreichend Ab-                                              im Büro“ in der neuen Zentrale der Bu-
                                                                                         wog Erleichterung wie auch eine leichte
                                                                                         Aufbruchstimmung ins „normale“ (Ar-
                                                                                         beits-)Leben spürbar. Doch wie geht es
                                                                                         weiter? Welche Rahmenbedingungen
                                                                                         wünschen Bewohner, welche Vorgaben
                                                                                         macht die Politik, und was bedeutet die
                                                                                         Neubetrachtung von Wohnen und arbei-
                                                                                         ten für Bauträger? Das Thema Lebens-
                                                                                         qualität rückte aufgrund von Covid-19
                                                                                                                                                                                                      Fotos: Robert Newald

                                                                                         ins Zentrum – eine Herausforderung für
                                                                                         die Zukunft des Wohnens.
                                                                                            Andreas Holler, Geschäftsführer der
                                                                                         Buwog Group, freute sich, dass Veran-                             Architekt Andreas Gerner
                                                                                         staltungen „nun endlich wieder mög-
                                                                                         lich sind“. Er begrüßte die Teilnehmer in                         Büro gearbeitet. Doch Holler kennt na-
                                                                                         dem gelungenen Neubau, der vor allem                              türlich auch die Bewohnerseite und da
                                                                                         in puncto Recycling als Vorzeigeprojekt                           gab es viel zu tun, neu zu organisieren,
                                                                                         gilt. Rund 80 Prozent des alten Glaspa-                           Arbeitsplätze in Wohnanlagen zur Verfü-
                                                                                         lastes konnten wiederverwertet werden.                            gung zu stellen – neben der Bewältigung
                                               Fotos: Robert Newald

                                                                                         Das Thema des Symposiums gilt auch                                der gesteigerten Nachfrage nach Woh-
                                                                                         für die rund 300 Mitarbeiter der Buwog –                          nungen mit Freiräumen.
                                                                                         noch gibt es sogenannten Schichtbetrieb,                            Sophie Karmasin, Geschäftsführerin
     Buwog-Geschäftsführer Andreas Holler                                                in Abwechslung wird zu Hause und im                               Karmasin Research&Identity, kennt die

26    W O H N E N P LU S . 2|2021
Lebensqualität ist das Ziel - Wohnungswirtschaft-heute
SYMPOSIUM

                                                                     nungsgröße brauche ich und welchen
                                                                     Grundriss? Das sind für uns die entschei-
                                                                     denden Themen. Die Wohnungen wer-
                                                                     den immer kleiner – im Schnitt sind wir
                                                                     jetzt bei 75 Quadratmeter – reicht das,
                                                                     wenn die Familie im Homeoffice arbei-
                                                                     tet?“ Bei aktuellen Projekten probiert Ger-
                                                                     ner aktuell mit der WBV-GPA verschie-
                                                                     dene Wohnungskonzepte aus, die von der
                                                                     WG bis zu Wohnbauten mit zahlreichen
                                                                     unterschiedlichen anmietbaren Flächen

                                                                                                                                Fotos: Robert Newald
                                                                     reichen. Bei dem Projekt „Rote Emma“,
                                                                     mit Migra und BWS, sind einige sehr
                                                                     kleine Wohnungen geplant, „doch dafür
                                                                     müssen die Freiflächen großzügig sein“.
                                                                                                                                                       Politik ist gefordert
                                              Fotos: Robert Newald

                                                                     Arbeiten mit Kindern
                                                                                                                                                       Ingrid Reischl, leitende Sekretä-
                                                                     Familiensoziologin Ulrike Zartler, Uni-                                           rin des ÖGB und Sophie Karmasin,
Marktforscherin Sophie Karmasin                                      versität Wien, beschrieb als die größte                                           Karmasin Research&Identity, teilen
                                                                     Herausforderung, Homeoffice und Home-                                             nicht alle Ansichten, wie das Woh-
Befindlichkeiten, die sich durch das Co-                             schooling innerhalb einer Wohnung. Sie                                            nen und Arbeiten in Zukunft unter
ronavirus ergaben, sie befragte 500 Per-                             befragt seit März 2020 regelmäßig Fa-                                             einen Hut gebracht werden kann,
sonen nach ihren Wohnwünschen und                                    milien, ihr Fazit: „Räume müssen neu                                              Einigkeit fanden die beiden den-
stellte klar fest, Homeoffice ist gekom-                                                                                                               noch: Das mobile Arbeiten ist die
men, um zu bleiben: „Über 60 Prozent der                                                                                                               Zukunft.
Unternehmen werden zukünftig Home-                                                                                                                        Ingrid Reischl: „Wenn es auch
office anbieten – aber natürlich, Mitarbei-                                                                                                            jetzt ein Homeoffice-Gesetz gibt –
ter wollen wesentlich stärker im Home-                                                                                                                 da fehlen noch einige Punkte, wie
office und vor allem flexibel arbeiten.                                                                                                                z. B. die Regelung, wenn ich in ei-
Es ist ein Graubereich, den Unterneh-                                                                                                                  nem anderen EU-Land arbeite. Wir
men fehlt die Kontrolle, und es geht auch                                                                                                              müssen vom Homeoffice in Rich-
um Sicherheitsthemen und natürlich                                                                                                                     tung mobiles Arbeiten kommen.
auch um Gleichberechtigung.“ Dabei ist                                                                                                                 Und natürlich muss auch die Kos-
                                                                                                                                                       tenfrage geklärt werden, die Un-
                                                                                                                                                       ternehmen sparen sich durch die
                                                                                                                   Fotos: Robert Newald

                                                                                                                                                       neuen Arbeitsformen ja einiges und
                                                                                                                                                       die Arbeitnehmer können nicht alle
                                                                                                                                                       Kosten übernehmen.“
                                                                     Michael Gehbauer, Geschäftsführer WBV-GPA                                            Sophie Karmasin: „Ja natürlich,
                                                                                                                                                       das mobile Arbeiten ist die Zukunft
                                                                     definiert werden, es geht um Lebensqua-                                           – aber warum ist diese Arbeitsform
                                                                     lität und Arbeiten auf der Couch ist keine                                        nicht bereits im Homeoffice-Ge-
                                                                     Qualität. Und es brauchen alle Familien-                                          setz untergebracht worden? Bezüg-
                                                                     mitglieder die Chance auf einen Rück-                                             lich Kostenersparnis, das sehe ich
                                                                     zugsraum. Das sind gewaltige Herausfor-                                           nicht so, denn die Mitarbeiter er-
                                                                     derungen für die Bauträger – da ist viel                                          sparen sich ja wieder auch einiges,
                                              Fotos: Robert Newald

                                                                     Kreativität und Flexibilität gefragt.“                                            wenn sie zu Hause oder wo auch
                                                                        Michael Gehbauer, Geschäftsführer                                              immer arbeiten – Stichwort Fahrt
                                                                     WBV-GPA und Obmann des Vereins für                                                ins Büro etc. Ein wichtiges Thema
Familiensoziologin Ulrike Zartler                                    Wohnbauförderung, bestätigt, dass im                                              dabei ist jedoch die Arbeitszeitrege-
                                                                     Zentrum der Homeoffice-Überlegun-                                                 lung, denn zurzeit ist es ja eigent-
natürlich der räumliche Kontext ent-                                 gen Familien stehen: „Ich bin überzeugt,                                          lich nicht erlaubt, dass z. B. noch
scheidend, wie auch Architekt Andreas                                dass nicht alle zu Hause arbeiten wollen.                                         um 21 Uhr gearbeitet wird.“
Gerner, Gerner Gerner Plus, betonte.                                 Wir sind als Bauträger Dienstleister und                                             Reischl stellte jedoch eine wei-
Das Architekturbüro hat 40 Mitarbeiter                               müssen vorausschauend planen, doch wie                                            tere Frage: „Was kommt nach
aus 13 Nationen – unterschiedliche Ar-                               sieht es mit dem Bestand aus? Da bin ich                                          dem mobilen Arbeiten? Die Tools
beitsplatzwünsche kennt Andreas Ger-                                 dann als Bauträger gleich weniger flexibel.                                       der künstlichen Intelligenz wer-
ner also im Unternehmen wie auch auf                                 Grundrisse sind ein wichtiges Thema, und                                          den einige Arbeitsplätze killen und
Bewohnerseite. Den von der Immobi-                                   wir sehen steigenden Bedarf nach tem-                                             dann?“ Diese Sorge teilte Sophie
lienbranche gern propagierten Slogan,                                porären Arbeitsplätzen. Deshalb sehe ich                                          Karmasin nicht – „gut ausgebildete
dass es nur um Lage, Lage, Lage geht,                                auch eine starke Zukunft in Mix-Use-Ge-                                           Leute werden immer Jobs finden“,
ersetzt Gerner mit Frage, Frage, Frage:                              bäuden – aber ebenso müssen Büros auf                                             so ihr Fazit.
„Welches Budget habe ich, welche Woh-                                jegliche Nutzung hin geplant werden.“

                                                                                                                                                                      W O H N E N P LU S . 2|2021   27
Lebensqualität ist das Ziel - Wohnungswirtschaft-heute
SYMPOSIUM

                                                                                       deren Bundesländern. Dabei stehen weni-
                                                                                       ger bautechnische Qualitäten im Vorder-
                                                                                       grund als Freiräume und die Umgebung
                                                                                       – aber natürlich ebenso die Wohnungs-
                                                                                       größen. Am meisten gefragt sind Vier-
                                                                                       bis Fünf-Zimmerwohnungen, denn jeder
                                                                                       will einen eignen Raum zum Arbeiten.“
                                                                                       Auch die Alpenland setzt auf gemischte
                                                                                       Bauten wie bei der Entwicklung des
                                                                                       ehemaligen Bene-Areals in St. Pölten,
                                                                                       dort gibt es neben 75 Wohnungen
                                                                                       ebenso Büros.
                                                                                          Michael Pisecky, Geschäftsführer der
                                                                Fotos: Robert Newald

                                                                                                                                                                                                            Fotos: Robert Newald
                                                                                       s Real Immobilienvermittlung und Fach-
                                                                                       gruppenobmann Immobilientreuhän-
                                                                                       der der Wirtschaftskammer Wien, berich-
     Isabella Stickler, Alpenland                                                      tete von dem unglaublichen Boom, der                   Michael Pisecky, Geschäftsführer der s Real Immobilienver-
                                                                                       die Menschen durch die Pandemie raus                   mittlung und Fachgruppenobmann Immobilientreuhänder der
        Isabella Stickler, Obmann-Stellvertre-                                         aufs Land brachte: „Es geht um Lebens-                 Wirtschaftskammer Wien
     terin und geschäftsführender Vorstand                                             qualität – dabei gibt es natürlich auch ei-
     Alpenland, hingegen meinte, hybride                                               nen negativen Effekt, dass die Menschen                vergessen werden, in Wien sind das rund
     Wohnformen werden die Zukunft sein:                                               bereit sind, weitere Distanzen auf sich                45 Prozent – diese benötigen kleine
     „Wohnen, arbeiten – Freiräume, unsere                                             zu nehmen, ist umwelt- und ressour-                    Wohnungen.“ Pisecky betonte vor allem
     Kunden wollen ein Rundumpaket. Inte-                                              cenmäßig natürlich wiederum nicht gut.                 einen wesentlichen Punkt: „Wir ha-
     ressant ist auch, dass durch das Homeof-                                          Aber die Kostenentwicklung trägt das                   ben genug umbauten Raum – jetzt müs-
     fice die Bereitschaft, etwas länger in die                                        Ihre dazu bei: Die Wohnkosten stei-                    sen wir lernen, mit den Räumen flexibel
     Arbeit zu fahren, gestiegen ist. Wir haben                                        gen, die Einkommen sinken. Zudem                       umzugehen und dabei auch Mehrfachnut-
     eine starke Zunahme bei Kunden aus an-                                            darf nicht auf die Einpersonenhaushalte                zungen zuzulassen.“

     Viele Ideen – viele Positionen                                                                           Tisch 4 / 6 Punkte                                              Tisch 3 / 4 Punkte
                                                                                                              3. Platz                                                        Slogan:
     Bei den traditionellen Tischgesprächen                                                                   Slogan: Gute Verbindung                                         Work everywhere
     diskutierten die Teilnehmer die Frage                                                                    ist mehr als schnelles                                          Präsentation: Roman Raab,
     „Was brauchen wir, damit Homeoffice                                                                      Internet                                                        AK Oberösterreich
                                                                                                              Präsentation: Martina
     zum Erfolgskonzept wird?“. Dass es nicht
                                                                                                              Kalteis, Projektentwicklung
     die eine Antwort auf zukünftige Lebens-                                                                  Rhomberg
     und Arbeitswelten gibt, zeigt die Vielfalt
     der Slogans und Überlegungen.

                                    Tisch 7 / 9 Punkte                                                        Tisch 6 / 6 Punkte                                              Tisch 2 / 2 Punkte
                                    1. Platz                                                                  3. Platz                                                        Slogan:
                                    Siegerslogan:                                                             Slogan:                                                         Fit and proper
                                    Das dezentrale,                                                           Wohnst Du noch oder                                             Präsentation: Doris Molnar,
                                    digitale Dorf                                                             arbeitest Du schon?                                             Rechtsexpertin für
                                    Präsentation:                                                             Präsentation: Carina                                            Gemeinnützigkeit
                                    Eveline Susanne Ernst-                                                    Schunker, Geschäftsführerin
                                    Kirchmayr, Die Ernst –                                                    EHL Wohnen
                                    Immobilienentwicklung-
                                    Marktforschung

                                    Tisch 5 / 8 Punkte                                                        Tisch 1 / 5 Punkte                                              Tisch 8 / 3 Punkte
                                    2. Platz                                                                  Slogan:                                                         Slogan:
                                    Slogan: Die Zukunft liegt                                                 Auf Vertrauen bauen,                                            Viel Fitness for
                                    im mobilen Arbeiten!                                                      Vertrauen aufbauen                                              homeoffice
                                    Präsentation: Gerald                                                      Präsentation: Thomas Belazzi,                                   Präsentation: Michael
                                    Aichhorn, Geschäftsführer                                                 bauXund                                                         Neubauer, NÖ Immobilien-
                                    WAG Linz                                                                                                                                  Development

28    W O H N E N P LU S . 2|2021
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