Die MPN Therapie 2018 - Quid Novi? - Universitätsklinikum Halle

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Die MPN Therapie 2018 - Quid Novi? - Universitätsklinikum Halle
4 SKG MIT TEILUNGSB LAT T                                                                                           W I S S E N S C H A F T LI CH E BE ITR Ä G E

                  Die MPN Therapie 2018 – Quid Novi?
                  Haifa Kathrin Al-Ali

                  Zu den Philadelphia-Chro­mo­som ne­               Daher sind die Reduktion des Risikos von     Aderlasstherapie und/oder einer pro-
                  ga­ti­ven my­e­lo­pro­li­fe­ra­ti­ven Er­krank­   throm­bo­embo­lischen Ereignissen und        gredienten Myeloproliferation (Sple-
                  ungen gehören die Essentielle Throm­              der Erhalt der Lebens­qua­lität die obers-   nomegalie, Leukozytose, Thrombozy-
                  bo­zy­thämie        (ET), Poly­cy­thae­mia        ten Therapieziele.                           tose) und/or Symptome wie Mikrozirku-
                  Vera (PV) und My­elo­fi­bro­se (MF). Ba-                                                       lationsstörung trotz ASS sind die oben
                  sis der Störung ist eine Über­aktivität des       A) Niedrigrisiko-Patienten                   genannten Therapien nicht ausreichend
                  JAK-STAT-Signalwegs. Die JAK2 V617F               Neben eine effektive Behandlung von          und eine zytoreduktion zusätzlich indi-
                  Mutation ist bei ca. 95 % der Patienten           kar­dio­vas­kulären Risikofaktoren (ar-      ziert. Die standard Erstlinientherapie ist
                  mit PV und etwa 50 % der Patienten mit            terielle Hy­per­tonie, Diabetes mellitus,    Hydroxyurea (HU) 20 – 40 ­mg/kg/Tag.
                  ET und MF nachweisbar. Weitere geneti-            Hyper­cho­les­ter­in­ämie und Ni­ko­tin­         Das unter HU nicht völlig ausge-
                  sche Veränderungen wie Mu­ta­tionen im            abusus) sind bei der PV eine Ader­lass­      schlossene Risiko einer sekundären Leu­
                  Throm­bo­po­ie­tin-Rezeptor-Gen (MPL)             therapie (Häma­to­krit Zielwert gleich-      kä­mie bzw. anderer Neo­plasien (z. B.
                  oder Cal­re­ti­cu­lin-Gen (CALR) sind bei         mäßig unter 45 % halten) und die Hem-        Haut­tumoren) führt zur Diskussion ob
                  Patienten mit ET und MF zu finden.                mung der Throm­bo­zyten­aggregation          die Gabe nichtleukämogener Substan-
                                                                    durch Acetylsalicylsäure (ASS) 100mg/        zen wie Interferon-alpha bzw. pegylier-
                  Therapie der ET und PV                            Tag wichtige Bestandteile der Thera-         tes Interferon bei jüngeren Patienten ei-
                  Bei der ET und PV ist die Über­lebens­            pie. Der eintretende Eisenmangel sollte      ne Alternative zu HU darstellen kann.
                  prog­nose günstig. Allerdings ist der             nicht substituiert werden.                       Cave: Interferon ist für die Therapie
                  Krankheitsverlauf durch ein deutlich                  Bei der ET konnte in einer retrospek-    der ET und PV nicht zugelassen. Ggf. ist
                  gesteigertes Risiko für eventuell lebens­         tiven Analyse für Niedrigrisiko-Patien-      eine vorherige Zusage der Krankenkas­
                  bedrohliche arterielle und venöse                 ten kein Vorteil für ASS gefunden wer-       se einzuholen.
                  throm­bo­em­bo­lische Komplikationen              den. Mikro­zir­ku­lations­störungen sind         Trotz HU erleidet heute fast jeder
                  gekennzeichnet. Ferner, liegen bei vie-           allerdings eine Indikation für ASS.          vierte Patient eine Thrombose. Grün-
                  len Patienten Symptome wie Fatigue,                   Cave: bei einer Thrombozytenzahl         de hierfür sind mutifaktoriell [ein Hä-
                  Juckreiz und Zeichen einer Mikro­zir­ku­          > 1 Mio./µl besteht ein erhöhtes Blu­        matokrit über 45 % trotz HU (ist so der
                  la­tions­störung [im Bereich der Finger           tungsrisikos bedingt durch ein häu­          Fall bei jedem dritten Patienten mit PV),
                  und Zehen (Erythromelalgie) oder des              fig beobachteter Verlust hoch­mo­le­ku­      das Vorliegen einer HU-Resistenz oder
                  Gehirns (Seh- bzw. Sprachstörungen,               larer von-Willebrand-Faktor-Multime­         HU-Unverträglichkeit]. In 2016 publi-
                  Schwindel, Migräne)] vor.                         re! ASS erst dann verabreichen wenn          zierte das European LeukemiaNet (ELN)
                                                                    die Thrombozyten durch eine Zyto­            modifizierte Kriterien zur Identifikati-
                  Hauptrisikofaktoren für Throm­bo­                 reduktion unter 600.000/µl abgesenkt         on von Patienten mit HU-Resistenz bzw.
                  sen sind ein höheres Lebens­alter                 worden sind.                                 Intoleranz (Abbildung 2). Diese Krite-
                  (> 60 Jahre) und eine bereits statt­                                                           rien sind in der alltäglichen Arbeit sehr
                  gehabte Throm­bose. Eine erhöhte                  B) Hochrisiko-Patienten                      hilfreich.
                  Throm­bo­zy­tenzahl hingegen ist                  Bei Patienten mit einem hohen Throm-             Interferon-alpha bzw. pegyliertes
                  kein Risikofaktor für Throm­bosen                 boserisiko, aber auch bei Patienten mit      Interferon (insbesondere bei jüngeren
                  (Abbildung 1).                                    einer schlechten Compliance unter            Patienten) kann eine Zweitlinienthera-

                  Abbildung 1                                                             Abbildung 2
Die MPN Therapie 2018 - Quid Novi? - Universitätsklinikum Halle
WISSENSC HAF TLIC HE B E I TRÄ G E                                                                                      S KG M I T T E I LU N G SBLAT T 5

pie bei der PV und ET darstellen. Ana-
grelid kann bei durch andere zytore-
duktive Therapien nicht einstellbarer
hoher Thrombozytenzahl auch einge-
setzt werden.
   Mit der Beschreibung der JAK2-Mu-
tation in 2005 wurde die Grundlage
für eine zielgerichtete Therapie bei der
PV mit dem JAK1/2-Inhibitor Ruxoli-
tinb geschaffen. In der Zulassungsstu-
die (RESPONSE) konnte gezeigt wer-
den, dass bei Patienten mit HU-Resis-
tenz oder Unverträglichkeit Ruxolitinib
in Hinblick auf die Kontrolle des Häma-
tokrits sowie der Krankheitsbedingten-
symptome wie der oft quälende Juck-
reiz und Fatigue den herkömmlichen
Therapien überlegen war.

Zusammenfassung
Aufgrund der Heterogenität der Krank-
heitsverläufe, sollte die Behandlung
der ET und PV auf den individuellen
Profil jedes einzelnen Patienten abge-
                                           QbD ist ein wissenschaftsbasierter Ansatz
stimmt erfolgen und ein Kompromiss         für die Herstellung von Immunglobulinen.                                 Immunglobulin (10 %),
zwischen der Reduktion des Throm-          Das Verfahren wird von der FDA und der

boserisikos und der Symptome einer-
                                           EMA seit 2011 empfohlen.                                                 gebrauchsfertig
seits und dem Auftreten medikamen-
tös bedingter Nebenwirkungen ande-
rerseits darstellen.

Therapie der MF
Bei der MF liegen im Krankheitsverlauf
häufig Zeichen einer ineffektiven Hä-
matopoese mit Anämie, Thrombozy-
topenie und Leukozytopenie, Symp-
tome (Fatigue, Fieber, Nachtschweiß,
Gewichtsverlust) sowie Beeinträchti-        IQYMUNE® 100 mg/ml Infusionslösung.
                                            ▼ Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Wirkstoff: Normales Immunglobulin
gungen durch die Milzvergrößerung           vom Menschen (IVIg). Zus.setz.: 1 ml enthält 100 mg norm. Immunglobulin vom Menschen (Reinheitsgr. von mind.
                                            95 % IgG). Verteil. der IgG-Subklassen: IgG1 60 – 70 %; IgG2 30 – 35 %; IgG3 2 %; IgG4 1 – 2 %. Max. IgA-Gehalt 28
vor. Der klinische Verlauf ist heterogen    µg/ml. Sonst. Bestandteile: Glycin, Polysorbat 80, H2O für Injekt.zw. Anw.: Substitutionstherapie bei Erw. sowie
mit einer mittleren Lebenserwartung         Kdr. und Jugdl. (0 – 18 J.) bei: Primären Immunmangelsyndromen (PID) mit beeinträchtigter Antikörperprod.;
                                            Hypogammaglobulinämie (HGGÄ) und rezidivierenden bakt. Infekt. b. Pat. mit chronischer lymphatischer Leukämie;
von 3,5 bis 5,5 Jahre.                      bei d. prophylaktisch verabreichte Antibiotika nicht angeschlagen haben; HGGÄ und rezidivier. bakt. Infekt. b. Pat. mit
                                            in der Plateauphase befindl. multiplen Myelom, die nicht auf eine Immunisierung gegen Pneumokokken angesprochen
                                            haben; HGGÄ b. Pat. nach einer allogenen, hämatopoetischen Stammzellentransplant. (HSZT); kongenitales AIDS mit
Eine Prognoseabschätzung mit­               rezidivier. bakt. Infekt. Immunmodulation bei Erw. sowie Kdr. und Jugdl. (0 – 18 J.) bei: Prim. Immunthrombozytopenie
                                            (ITP) bei Pat. mit hohem Blutungsrisiko oder vor Operationen zur Korrektur der Thrombozytenzahl; Guillain-Barré-
tels Prognose-Scores [IPSS zum
                                            Syndr.; Kawasaki-Syndr. Gegenanz.: Überempf. gegen den Wirkstoff oder sonst. Bestandt. des Produkts, insbes.
Zeitpunkt der Diagnose und DIPSS            b. Pat. mit Antikörpern gegen IgA. Nebenw.: Häufig: Neutropenie, Kopfschm., Hypertonie, Fieber, Schüttelfrost,
                                            Ermüd.. Gelegentlich: Leuko-, Lympho-, Monozytopenie, Anaphylaktoide Reaktion, Asept. Meningitis, Schwindelgefühl,
beim Verlauf (Abbildung 3)] ist             Vertigo, Periphere Gefäßerkrankung, Übelk., Erbr., Abdominalschmerz, Ausschlag, Schwitzen, Haut-, Rücken-,
sinnvoll zur Abschätzung der in­            Knochenschmerzen, Arthralgie, Schmerz in einer Extremität, Brustschmerzen die Skelettmuskulatur betreffend,
                                            Unwohlsein, Grippeähnl. Erkrank., Kältegefühl, Schmerzen an der Katheterstelle, Periph. Ödem, Kreatininclearance
dividuellen Prognose anhand von             vermind., Kreatinin im Blut u./o. Körpertemperatur erhöht, Infusionsbedingte Reak. Warnh.: Arzneimittel
Risikofaktoren und dient als Hilfe          hergestellt aus dem menschlichen Plasma. Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Verkaufsabgr.: Ver-
                                            schreibungspflichtig. Inhaber der Zul.: Laboratoire Français du Fractionnement et des Biotechnologies, 3 Avenue
für eine individuelle Therapieent­          des Tropiques, ZA de Courtaboeuf, 91940 Les Ulis, Frankreich.
scheidung.                                  Stand: 03/2017
                                            Inhaber der Zulassung u. Vertrieb: LFB Biomedicaments – 3, avenue des Tropiques, 91958 Courtaboeuf Cedex,
Die therapeutischen Möglichkeiten rei-      Frankreich.

chen von einer alleinigen Verlaufsbe-
obachtung (bei asymptomatischen Pa-
tienten im initialen Stadium) bis hin

                                                                                       www.lfb-pharma.de
Die MPN Therapie 2018 - Quid Novi? - Universitätsklinikum Halle
6 SKG MIT TEILU NGSB LAT T                                                                                W I S S E N S C H A F T LI CH E BE ITR Ä G E

                  Abbildung 3

                  zur allogenen Stammzelltransplanta-        chere Therapie unerlässlich. Auch auf      Kombinationstherapien werden aktu-
                  tion, die die einzige kurative Therapie-   virale und bakterielle Infektionen muss    ell in Studien getestet mit dem Ziel die
                  form darstellt. Ob diese Therapiemaß-      geachtet werden.                           Behandlung dieser Erkrankungen wei-
                  nahme angebracht ist, muss allerdings                                                 ter zu optimieren.
                  streng abgewogen werden (nicht un-         Weitere Therapien bei MF
                  erhebliche Morbidität und einer trans-     Zur Kontrolle einer Hyperproliferation     Literatur bei der Verfasserin
                  plantationsassoziierte Mortalität von      (Thrombozytose, Leukozytose) kann
                  20 – 30 %). Zielgruppe sind jüngere Pa-    HU eingesetzt werden.
                  tienten in körperlich guter Verfassung        Zur Behandlung einer therapiebe-
                  mit Intermediär-Risiko-2 und Hochri-       dürftigen Anämie können, insbeson-
                  siko im IPSS oder DIPSS Score.             dere bei Hämolysezeichen (niedriges
                      Neu ist die gezielte orale Therapie    Haptoglobin und evtl. positiver Co-
                  mit den JAK-Inhibitoren unabhängig         ombs-Test) Kortikosteroide eingesetzt
                  vom JAK2V617F Mutationsstatus. Mit         werden (0,5 mg/kg über 3 Wochen,
                  Ruxolitinib ist erstmals ein oral wirk-    dann Reduktion). Auch Erythropoetin
                  sames Medikament zur Behandlung            (3x 10.000 I. E./Woche) bzw. pegylier-
                  der krankheitsbedingten Splenome-          tes Erythropoetin kann bei der MF-be-
                  galie und der Symptome bei Patien-         dingten Anämie bei ca. der Hälfte der
                  ten mit MF zugelassen. Die klinische       Patienten wirksam sein. Ein Serumery-
                  Wirksamkeit und Sicherheit von Ruxo-       thropoetin-Spiegel
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