Leitung Wandern an Suonen - Deutscher Alpenverein
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Entlang Leitung der Wandern an Suonen Wie kommt das Wasser auf die Felder – wenn Niederschläge doch großteils an hohen Gipfelketten hängen bleiben? Bereits im 15. Jahrhundert D wussten die Menschen sich mit as Wallis – wer denkt da nicht an Suonen zu helfen. Bernd Jung Seit Jahrhunderten haben Menschen das von Viertausendern gespick- (Text und Fotos) wandert im vielerorts auf der Welt künstliche Bewäs- te Hochgebirge, an Skiorte wie Wallis an den geschichtsträch- serungssysteme gebaut. So spektakulär Zermatt oder Saas-Fee. Suonen tigen Bewässerungskanälen wie im Wallis sind die Wasserläufe jedoch würden jedoch wohl kaum jemandem in und ist immer wieder beein- selten angelegt. Umso erstaunlicher die den Sinn kommen. druckt von den über 500 Jahre Tatsache, dass die Geschichte der Walliser Sie sind zwar kaum über die Landes- alten Konstruktionen. Suonen rund tausend Jahre in die Ver- grenze hinaus bekannt, gehören aber zum gangenheit reicht. Besonders eindrück- Wallis wie der Gruyère oder Vacherin in lich erfahren wir das schon auf der Bege- das Käsefondue. Suonen – im Französischen hung der Bisse de Savièse. Infotafeln am „Bisses“ genannt – sind Wasserleitungen Wegesrand klären uns auf, dass der ent- oberhalb des Rhonetals, die in erster Linie ren Seite, ohne dass dabei das Hochgebir- lang von Felswänden schwindelerregend der Bewässerung landwirtschaftlich ge- ge betreten werden muss. Diese Seite wol- angelegte Wasserweg bereits zwischen nutzter Flächen dienen. Benötigt werden len wir drei Tage lang erkunden und eini- 1430 und 1448 errichtet wurde. In einigen die Suonen, da das Rhonetal schon seit je- ge der Wasserkanäle bewandern. Unsere Abschnitten fließt das Wasser in einem her als niederschlagsarme Region gilt. Es erste Suone ist die Ancien Bisse de Savièse. kleinen Graben parallel zum Weg. Wo ist im Norden von den Berner Alpen und „Ancien“ heißt so viel wie früher oder ehe- praktisch nur noch eine steile Felswand im Süden von den Walliser Alpen um- malig, diese Suone hat also heute keine übrig bleibt, wird das Wasser durch einen schlossen, deshalb bleibt ein großer Teil Bewässerungsfunktion mehr. Einige die- aus Holzbrettern zusammengesetzten Ka- der Niederschläge an den hohen Gipfel- ser ehemaligen, teilweise zerstörten Was- nal transportiert. Dieser ist zusammen ketten hängen. serläufe wurden in den vergangenen Jahr- mit einem Laufsteg über Balken, die in Mit den Suonen überrascht der Kanton zehnten rekonstruiert und parallel dazu großen Löchern verankert sind, an der Wanderbegeisterte mit einer ganz ande- verlaufende Wanderwege der Öffentlich- Felswand aufgehängt. Eine ziemlich lufti- keit zugänglich gemacht. 92 DAV 5/2021
Walliser Suonen Imposant: Die tosenden Wassermassen des Was- serfalls im Tal La Tièche laden zum Staunen und Verweilen ein.
Vom gemütlich plätschernden Bächlein der Bisse de Tsittoret (o.l.) ge Angelegenheit, bei der man sich fragt, über Holzbohlen (o.r.) und Hängebrücke (u.M.) der Bisse du Ro bis zu den Wegen der Bisse d’Ayent in senkrechten Felswänden (u.r.) – wie um alles in der Welt das mit den die Schweizer Suonen bieten ordentlich Abwechslung. technischen Möglichkeiten des 15. Jahr- hunderts bewerkstelligt wurde. Die stillgelegte Bisse de Savièse wird von der noch genutzten Bisse du Torrent-Neuf abgelöst. Statt eines ausgesetzten Weges durch steile Felsflanken windet sich nun ten Morgen setzen wir unsere Wanderung ein sanftes Bächlein durch einen herr entlang der Bisse d’Ayent fort. Urplötzlich lichen Wald. Das sanfte Wandern entlang verschwindet die Suone im Berg, der Weg der Suone mit dem begleitenden Plät- folgt ihr durch einen beleuchteten Tun- schern am Wegesrand hat einen regel- nel. Nach Verlassen des Tunnels fällt der recht meditativen Charakter. Weil die fla- chen Wege entlang der Berg- und Felsflan- Urplötzlich verschwindet die Suone im Berg ken immer wieder die Richtung wechseln, ändert sich stets auch das Landschafts- bild. Je nach Laufrichtung dominiert auf der anderen Seite des breiten Rhonetals das weiß leuchtende Mont-Blanc-Massiv Blick automatisch auf die senkrechten oder auch die Walliser Eisriesen um Gip- Felswände, die wir soeben durchquert ha- fel wie Dent Blanche und Weisshorn. ben. Hier wurde ein Stück der histori- Über die kleine, aber reizvolle Bisse de schen Wasserleitung rekonstruiert, die Déjour erreichen wir den Ort Arbaz und das Wasser ehemals durch einen Holzka- abschließend, einem kurzen Stück der nal transportierte. Ein Loch in der Mitte Bisse d’Ayent folgend, Anzère. Am nächs- des Tunnels, das zu einer schwindelerre- genden Plattform führt, lässt besonders 94 DAV 5/2021
mehr: alpenverein.de/ panorama-5-2021 ÖV-Anreise: › Ausgangspunkt: Bushaltestelle Tripon, Bisse du Torrent-Neuf; Postbus vom Bahnhof Sion über Savièse (morgens nur eine Verbindung). › Endpunkt: Crans-Montana; Bahn- oder Busverbindung zum Bahnhof Sierre im Rhonetal. Infos: › Touristeninformation: crans-montana.ch › Suoneninformation: suone.ch Karte: Swisstopo Blatt 1286 St-Léonard & 1287 Sierre (1:25.000), oder map.geo.admin.ch Sprache: In der Region um Crans-Montana sprechen die meisten Leute Französisch und Deutsch. Literatur: › Ralf Gantzhorn, Stephan Hagenbusch, Bernd Jung: Hüttentrekking Band 2: Schweiz, Bergverlag Rother, 6. Auflage 2021. › Johannes Gerber: Wandern an sagenhaften Suonen, Rotten Edition, 7. Auflage 2021. › Johannes Gerber, Jean-Henri Papilloud: Walliser Suonen, Editions Monographic, 1. Auflage 2015. Das Standardwerk zu den Suonen im Wallis mit geschichtlichem Teil und Porträtierung von über 400 Suonen im ganzen Wallis. Anforderungen: Stets begleitet uns Bachgeplätscher entlang der Bisse d’Ayent. Die Wanderschwierigkeiten sind zwar recht gering, doch sollte man nicht außer Acht lassen, dass die Begehung der Bisse de Savièse, Ancien Bisse d’Ayent und Bisse du Ro – trotz zahlreicher Geländer zwischen dem Weg und den steilen Abgründen – eine gewisse Toleranz gegenüber Höhe erfordert. Touren: Jede Tagesetappe kann auch als eigenständige Wanderung unternommen werden, da am gut erahnen, welcher Gefahr die Suonen- Ausgangs- bzw. Endpunkt jeder Etappe eine ÖV-Verbindung besteht. bauer im 15. Jahrhundert ausgesetzt wa- Die drei Etappen im Einzelnen: ren. Seit 2019 ist der Holzkanal auf der 1. Tripon, 999 m – Anzère, 1518 m Rückseite der neuen 100-Franken-Note zu › 5 ¼ Std., 16 km, o 810 m, a 290 m, gelb markiert, T1. › Route: Tripon – Buvette de Brac – Ancien Bisse de Savièse – Bistro/Kapelle sehen und hat damit nochmals an Be- St. Marguerite – Bisse du Torrent-Neuf – Prafirmin – Bisse de Déjour – Arbaz – kanntheit gewonnen! Bisse d’Ayent – Anzère. Die Bedeutung der Suonen vor dem Hin- › Unterkunft: Pension Les Audannes, Anzère, Rue des Audannes 36, Tel.: 0041/(0)79/260 70 47, pensionlesaudannes.com. BnB Le Havre, Savièse Prafirmin, tergrund der durch den Klimawandel be- Route du Réservoir 28, Tel.: 0041/(0)27/395 45 05, bnb.ch/en/bnb/85. dingten wärmeren und trockeneren Som- Diverse Hotels in Anzère. mer zeigt sich am Beispiel der Bisse d’Ay- 2. Anzère, 1518 m – Crans-Montana, 1500 m ent, welche die Felder und Rebberge zweier › 6 Std., 20 km, o 730 m, a 750 m, rot-weiß-rot markiert, T2. großer Gemeinden versorgt. So wurden in › Route: Anzère – Le Partset – Bisse d’Ayent – Ancien Bisse d’Ayent – Lac de Tseuzier – Mondralèche – Ancien Bisse du Ro – Crans-Montana. jüngerer Zeit Wasserreservoirs und unter- › Unterkunft: Diverse Hotels in Crans-Montana. irdische Leitungen erschlossen und mit 3. Crans-Montana, 1500 m – Cabane des Violettes, 2208 m den Suonen verbunden, um besser mit › 4 ¾ Std., 13 km, o 1030 m, a 320 m, gelb markiert, T1. Wasserknappheit umgehen zu können. An › Route: Mit dem Ortsbus nach Montana, Violettes – Les Barzettes – Bisse de Tsittoret – der Stelle, wo solch eine Leitung die Bisse La Tièche – Les Granzettes – Cabane des Violettes – Seilbahn nach Crans-Montana. › Unterkunft: Cabane des Violettes, SAC, Tel.: 0041/(0)27/481 39 19, d’Ayent mit Wasser füllt, wird diese von cabanedesviolettes.ch. Cabane de la Tièche, Tel.: 0041/(0)79/221 00 68, cabanetieche.ch. 96 DAV 5/2021
Walliser Suonen der Ancien Bisse d’Ayent abgelöst. Wasser der über 500 Jahre alten und bis heute bemerken wir die Stille um uns. Keine führt diese ehemalige Suone nicht mehr, ihrer Funktion treu gebliebenen Bisse de Suonen mehr. Aber nicht, dass die Stille aber vielleicht ist man ganz froh, dass Tsittoret. Fast sieben Kilometer windet erleichternd wirken würde. Im Gegenteil, man den schmalen, in senkrechten Fels- sich der Wasserlauf durch eine bezau- fast vermissen wir das beruhigende Plät- wänden angelegten Pfad nicht noch mit bernde Landschaft, gesäumt von Lärchen schern des Wassers am Wegesrand, das einem Wasserlauf teilen muss. oder grünen, mit unzähligen Blüten gar- uns die letzten Tage begleitet hat. Einen landschaftlichen Szenenwechsel nierten Hängen. Den Abschluss bilden Dafür empfängt uns auf der Cabane des bildet der türkisfarbene Stausee Lac de Gräben entlang von Felswänden, bis die Violettes noch mal eine großartige Aussicht Tseuzier, bevor es wei- Suone im Tal La Tièche auf das Rhonetal. Entspannt genießen wir ter zur Ancien Bisse ihren Ursprung findet. diese auf der Sonnenterrasse der Hütte, be- Ein landschaftlicher Szenen- du Ro geht. Nach der Einen prächtigen Was- vor uns die Gondelbahn wieder hinab nach Überquerung der 120 serfall sichten wir Crans-Montana bringt. Dunkle Wolken zie- wechsel Meter langen Hänge- noch im Talschluss hen das Rhonetal herauf, bald fallen erste brücke Passerelle du von La Tièche und ent- Regentropfen. Der Regen wird die Suonen Noir startet der spek- schließen uns, diesen wieder füllen und neben dem angenehmen takuläre und äußerst Abstecher dorthin zu Plätschern am Wegesrand das ersehnte luftige Gang entlang von Felswänden. Und unternehmen. Eine lohnende Entschei- Nass auf die Felder bringen. wieder einmal verschlägt es uns die Spra- dung, wie wir feststellen, als wir uns auf che, als Infotafeln über den Bau der Bisse den flachen Grasflächen im Angesicht Bernd Jung, Physiker und Buch du Ro im 14. Jahrhundert berichten. des tosenden Wassers niederlassen. autor, lebt in Thun im Kanton Bern. Nach einer Nacht im mondänen Crans- Nach Verlassen der Bisse de Tsitto- Ein besonderes Erlebnis waren die Wanderungen an den Suonen im Montana folgen wir am nächsten Morgen ret begeben wir uns auf den Weg, der Rahmen seiner Recherche für den zur Cabane des Violettes führt. Schnell Hüttentrekking-Führer Schweiz. … weil sich der DAV um ICH BIN MITGLIED Wegebau, Markierung und … weil man Menschen trifft, Hütten kümmert. mit denen man Spaß hat. … wegen des Versicherungsschutzes. … weil man nur gemeinsam die Natürlichkeit … weil ich in meiner Familiengruppe Kindern und und Natur der Berge erhalten kann. Eltern die Schönheit unserer Berge zeigen kann. … weil es für die Jugend soooo viele … weil wir auf den Bergen dem Himmel nah schöne Gruppenangebote gibt. und alle Sorgen, Zweifel und Ängste weniger sind. Schön, dass du dabei bist! Gemeinsam für Bergsport, Natur & Klima. Wir lieben die Berge.
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