Lernorte und Lernortkooperation - Erweiterungen und Entgrenzungen nicht nur in digitalen Zeiten - Prof. Dr ...
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BWP 4/2020 THEMA 11 Lernorte und Lernortkooperation – Erweiterungen und Entgrenzungen nicht nur in digitalen Zeiten Lernorte und Lernortkooperation sind für die Berufsbildung von grundlegen- PE T ER D EHNBOSTEL Prof. Dr., Technische der Bedeutung und im Berufsbildungsgesetz verankert. Sie sind als Einheit Universität Dortmund peter.dehnbostel@ zu sehen und stehen in einem wechselseitigen Bezug zueinander. Seit ihrer tu-dortmund.de Einführung als Fachbegriffe werden sie allerdings kontrovers diskutiert, in der Praxis unterschiedlich umgesetzt und theoretisch unterschiedlich einge- ordnet. Mit restrukturierten Organisationen, der Digitalisierung und der Ex- pansion informeller Weiterbildung tritt zudem ein elementarer Wandel ein: Lernorte pluralisieren, differenzieren und entgrenzen sich; damit einherge- hend erweitern sich herkömmliche Lernortkooperationen. Der Beitrag zeich- net diese Entwicklungen nach und verweist abschließend auf die Bedeutung des Lernortkonzepts für ein durchlässiges Bildungssystem. Pluralität der Lernorte gewinnt »aus den ihm eigenen Funktionen im Lernprozeß« eine »Eigenart« (ebd.). Der Lernort wird mit dieser umfas- Die grundlegende Bedeutung der Begriffe »Lernorte« und senden Festlegung institutionell, räumlich, pädagogisch »Lernortkooperation« zeigt sich in ihrer gesetzlichen Ver- und situationsbezogen gekennzeichnet, auch wenn seine ankerung in der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes Bindung an das öffentliche Bildungswesen und das formale von 2005 (§ 2 BBiG). Dabei beschränken sich die Begriffe Lernen schnell obsolet werden sollte. nicht auf die Berufsausbildung, sondern beziehen sich auf Die Ausführungen des Deutschen Bildungsrats stießen auf die gesamte Berufsbildung einschließlich der höherqualifi- ein starkes Echo (vgl. Dehnbostel 2015, S. 53 ff.). Kriti- zierenden Berufsbildung, die in das neu novellierte Berufs- ker griffen bestehende Unstimmigkeiten des Lernortkon- bildungsgesetz vom 1. Januar 2020 aufgenommen worden zepts auf, sie bezeichneten die Aufwertung des Lernorts als ist. Gleichwohl werden die Begriffe unterschiedlich defi- Ausdruck eines instrumentellen und funktionalistischen niert, sind in ihrer Bedeutung umstritten und werden häu- Bildungsverständnisses und plädierten für die Zurückwei- fig, wie in den Hochzeiten der modellhaften Entwicklung sung des Konzepts. Andere Positionen unterschieden aus der Lernortkooperation, getrennt voneinander und nicht einer eher institutionstheoretischen Perspektive zwischen als Einheit betrachtet. Vor allem aber unterliegen sie mit Institutionen und Lernorten, aus didaktischer Sicht wurden der Restrukturierung von Organisationen, der zunehmen- »Lernarrangements« mit der Kombination unterschiedli- den Digitalisierung der Arbeitswelt und der Expansion der cher Lernumgebungen favorisiert. Andererseits wurde das informellen Weiterbildung seit den 1980er-Jahren elemen- Lernortkonzept fundiert, eine vorrangig auf den Betrieb taren Veränderungen. bezogene Lernortforschung setzte ein, es entstanden An- Die klassischen Lernorte des dualen Systems der Berufs- sätze zu einer Theorie der Lernorte. Vor allem der Lernort ausbildung, Betrieb und Berufsschule, wurden in den Arbeitsplatz kam wieder in den Blick. 1970er-Jahren im Rahmen der damaligen Bildungs- und Berufsbildungsreform vom Deutschen Bildungsrat durch Fokus Lernort Arbeitsplatz das Konzept »Pluralität der Lernorte« erweitert: Lernort wird demnach definiert als eine Einrichtung im öffentlichen Einhergehend mit der Renaissance des Lernens in der Arbeit Bildungswesen, »die Lernangebote organisiert« (Deutscher erschien eine Reihe von Abhandlungen und empirischen Bildungsrat 1974, S. 69). Lernorte sind somit institutionell Studien zum Lernort Arbeitsplatz und zum betrieblichen und räumlich zu differenzieren, sie zeichnet eine »päda- sowie dezentralen Lernen, die sich vorrangig auf die be- gogisch-didaktische Eigenständigkeit« aus, jeder Lernort triebliche Ausbildung bezogen und das Lernortkonzept dif- urn:nbn:de:0035-bwp-20411-6
12 THEMA BWP 4/2020 ferenzierten und ausbauten. Hier sei nur auf die wegweisen- Die räumliche Dimension öffnet das Lernortverständnis de BIBB-Studie von Franke/Kleinschmidt (1987) zum strukturell im Hinblick auf das selbstgesteuerte Lernen von »Lernort Arbeitsplatz« und auf die umfangreichen, bereits Einzelnen und von Gruppen. Raumtheoretische und raum- in den 1970er-Jahren einsetzenden theoretischen und em- didaktische Konzepte zielen stark auf individuell oder grup- pirischen Arbeiten von Münch und anderen hingewiesen penspezifisch ausgerichtete Lernprozesse und -ansprüche, (vgl. Münch 2007). In ihren Studien wurde der Lernort die ausstattungsmäßige und architektonische Gestaltungen Arbeitsplatz vom Lernort Betrieb unterschieden und den nach sich ziehen. Die Raumdiskussion geht davon aus, dass empirischen Arbeiten wurde eine »Typologie des Lernortes Lehr-Lern-Prozesse wesentlich durch Regeln und Ressour- Arbeitsplatz« zugrunde gelegt. cen der räumlichen und örtlichen Ordnung beeinflusst wer- Mit der vielfach beschriebenen informations- und kom- den oder anders betrachtet, dass von Seiten der Lernenden munikationstechnologischen Durchdringung der Arbeit die Potenziale von Lernräumen genutzt werden und diese verändert sich der Lernort Arbeitsplatz zunehmend. Ler- dann auf den Raum zurückwirken. nen wird – vorrangig als informelles Lernen – weitgehend In der Arbeit erweitern und vertiefen Lernräume die Lernor- in den Prozess der Arbeit integriert. In der digitalisierten te auf der Basis arbeitsintegrierten Lernens und über die An- Arbeit findet eine Arbeitsanreicherung und -erweiterung reicherungen des informellen Lernens mit nicht formalem statt, deren Grundstruktur in der die digitalen Arbeitspro- und formalem Lernen. Sie erweitern die Arbeit strukturell zesse kennzeichnenden Verbindung von physischer Realität um eine Lerninfrastruktur, schaffen einen räumlich-orga- und Virtualität besteht. Es setzt sich die Erkenntnis durch, nisatorischen Zusammenhang und verfolgen z. T. gezielt dass aus restrukturierter, digitaler Arbeit Lernpotenziale, Lernkonzepte wie E-Learning, situatives Lernen oder orga- Lerngelegenheiten und Lernnotwendigkeiten erwachsen, nisationales Lernen. Es handelt sich dabei nicht um pädago- die Teil der Arbeit sind und dieser neue Entfaltungs- und gische Räume, sondern um lern- und kompetenzförderlich Gestaltungsmöglichkeiten geben. zu gestaltende Räume, die unter dem Primat betrieblich Das Konzept des lernenden Unternehmens ist als Antwort gesteuerter Arbeits- und Handlungserfordernisse Arbeiten auf diese Restrukturierung von Organisationen und den Ein- und Lernen zusammenführen. satz neuer Technologien in der Arbeit zu verstehen. Die Fra- Die wechselseitige Beziehung von lernhaltigen Arbeits- ge, ob damit einzelne Lernorte aufgehoben und das Lernort- handlungen und Arbeitsumgebungen, anders gesagt die konzept überholt sei, beantwortet Münch (2007, S. 104 ff.) Wechselbeziehungen von Kompetenzentwicklung und mit Ausführungen zu deren Modifizierung und mit der Struktur, prägen Arbeitsprozesse und -bedingungen in der zusammenfassenden Kennzeichnung des »lernenden Un- digitalen Arbeitswelt immer stärker und generieren ar- ternehmens als Lernortträger und Metalernort«, womit ge- beitsgebundene Lernräume. Diese Lernräume ermöglichen meint ist, dass mehrere Lernorte in einem übergreifenden, das für digitale Arbeitsprozesse zunehmend erforderliche eben einem Metalernort, zusammengefasst sind. Auch das selbstgesteuerte und selbstbestimmte Arbeiten und Lernen. Lernen am Arbeitsplatz mit digitalen Medien und digitalen Moderne Arbeitskonzepte wie teilautonome Gruppenarbeit, Technologien ist in dieser Perspektive als Metalernort anzu- agile Teamarbeit, Online-Communities und kollaboratives sehen. Es finden eine Pluralisierung und Entgrenzung des Arbeiten und Lernen eröffnen solcherart Lernräume. Sie Lernorts Arbeitsplatz statt, die sich im Ausbau von arbeits- prägen die Arbeitsstruktur wesentlich, werden umgekehrt gebundenen Lernorten, der Schaffung von physischen und aber auch durch diese geprägt. virtuellen Lernräumen zeigen. Virtuelle und hybride Lernräume Lernorte und Lernräume Im Betrieb gehen die Pluralisierung und Erweiterung der Die räumliche Dimension und damit Lernräume waren von Lernorte mit der zunehmenden Digitalisierung und der Beginn an Bestandteil des Lernortkonzepts, wie die zitier- Stärkung der Weiterbildung einher. Zu den herkömmlichen te Begriffsbestimmung des Deutschen Bildungsrats zeigt. Lernorten treten neue Lernräume und Lernarchitekturen Während räumliche Entwicklungen in der Berufsbildung hinzu (vgl. Dehnbostel 2019). Der Lernort Arbeitsplatz kaum aufgegriffen wurden, spielten sie in anderen Diszi- wird durch Einzellernorte wie Qualitätszirkel, Lernstätten, plinen eine wichtige Rolle, so in der »Raumsoziologie« und Lerninseln und virtuelle Lernräume wie Lernmanagement- unter weiterbildungsbezogenen Gesichtspunkten vor allem systeme und Online-Communities erweitert. Übergreifend in der Erwachsenenbildung. Museen, Bibliotheken, Botani- besteht der Cyber Space als virtueller Raum, das wachsen- sche Gärten, Internetcafés und Coworking Spaces werden de Cloud Computing findet über das Internet im virtuellen hier als Lernräume betrachtet, unter raumtheoretischen Ge- Raum statt. Die Unterscheidung von Ort und virtuellem sichtspunkten werden Besonderheiten und Lernpotenziale Raum als Unterscheidung zwischen physischem Ort und genauer erfasst. nicht gegenständlichem Raum wird dabei in der Arbeit hin-
BWP 4/2020 THEMA 13 fällig, da beide am Metalernort Arbeitsplatz real bestehen personelle Zusammenarbeit verschiedener Lernorte mit und zusammengehören. dem Ziel der Qualifizierung und Kompetenzentwicklung Dem entsprechen hybride Lernräume in der digitalen Ar- verstanden. Das Spektrum der möglichen Kooperations- beitswelt, die sich im Sinne des Augmented Learning durch aktivitäten erstreckt sich vom gegenseitigen Informieren die Integration von physischen und virtuellen Räumen über organisatorische und didaktisch-methodische Abstim- auszeichnen (vgl. Abb.). Im Gegensatz zu dem häufig an- mungen bis hin zum gemeinsamen Erarbeiten von Konzep- zutreffenden beziehungslosen Nebeneinander von physi- ten und Materialien. schen und virtuellen Räumen werden hybride Lernräume Die Kooperation von Lernorten war ein Schwerpunkt in geschaffen, die in starkem Maß durch die bereits genannte der Modellversuchsförderung der 1990er-Jahre und hat- Wechselbeziehung zwischen Kompetenzentwicklung und te vorrangig die Kooperation zwischen Berufsschule und Arbeitsstrukturen im Arbeitshandeln geprägt werden. Ausbildungsbetrieben unter Einbeziehung von über- und Mit den über das öffentliche Bildungswesen hinausgehen- außerbetrieblichen Bildungsstätten zum Gegenstand. Stell- den Erweiterungen des Lernortkonzepts sind Lernorte vertretend für die Vielzahl von Studien und Abhandlungen neu zu definieren: Lernorte sind örtlich und räumlich zu- sei hier auf das von Euler (2003/2004) herausgegebene sammenhängende Einheiten, in denen in formalen, nicht Handbuch der Lernortkooperation verwiesen. formalen und informellen Lernkontexten gelernt wird. Zu Synchron zur Entwicklung der Lernorte haben sich die unterscheiden sind Lernorte nach ihren örtlichen, räum- Kooperationsbeziehungen zwischen ihnen entwickelt. lichen, zeitlichen und strukturellen Gegebenheiten sowie Systemisch betrachtet, geht die Ausdifferenzierung, Plu- nach ihren qualifizierenden und auf das Lernen bezogenen ralisierung und digitale Erweiterung von Lernorten mit Funktionen. Dabei beziehen sich die örtlichen und räumli- einem gleichlaufenden Prozess der Reorganisation der chen Gegebenheiten sowohl auf physische als auch auf vir- Kooperation zwischen ihnen einher. Verbünde, Netzwerke tuelle Umgebungen. Wie bereits angesprochen, sind Lern- und neuerdings konnektivitätsbezogene digitale Koopera- orte und Lernortkooperation als Einheit zu sehen, womit tionen (vgl. Dehnbostel 2019, S. 6) sind Ausdruck dieser die Kooperation der Lernorte seit den Zeiten des Deutschen Reorganisation. Sie sind dann als weiterentwickelte Formen Bildungsrats in den Blick zu nehmen ist. oder Varianten der Lernortkooperation anzusehen, wenn sie in ihrer Zielsetzung auf die Kompetenzentwicklung und Kooperation der Lernorte Berufsbildung gerichtet sind und mit den Grundelementen des institutionellen, organisatorischen und qualifizierungs- Unter Lernortkooperation wird die institutionelle, orga- bezogenen Zusammenwirkens in der Kooperation von Lern- nisatorische, pädagogische, didaktisch-methodische und orten übereinstimmen.
14 THEMA BWP 4/2020 Lernortkooperation als Verbund Lernortkooperation als Netzwerk Steht in der Ursprungsform der Lernortkooperation zwi- Es hat sich gezeigt, dass Aus- und vor allem Weiterbildungs- schen Schule und Ausbildungsbetrieb das pädagogische verbünde z. T. in Netzwerke übergehen, die – anders als Ver- und didaktisch-methodische Zusammenwirken im Vor- bünde – durch eine hohe Selbststeuerung und Flexibilität dergrund, so geht es bei der Verbundform an erster Stelle charakterisiert sind (vgl. Dehnbostel 2015, S. 66 ff.). In um das institutionelle, organisatorische und rechtliche Zu- diesen Netzwerken finden Kooperationen zwischen ver- sammenwirken von Lernorten verschiedener Betriebe und schiedenen Lernorten und unterschiedlichen Beteiligten Einrichtungen mit dem Ziel einer gemeinsam zu betreiben- mit dem Ziel der Abstimmung und Optimierung der Quali- den Ausbildung. Ausbildungsverbünde wurden ab Mitte fizierung von Individuen und Gruppen statt. Es geht um die der 1980er-Jahre aus bildungspolitischen Gründen massiv Förderung von zusammenhängenden Kompetenzentwick- gefördert, um angesichts geburtenstarker Jahrgänge das lungsprozessen, um die Planung, Gestaltung, Durchfüh- Ausbildungsangebot auszuweiten (vgl. Dehnbostel 2015, rung, Bewertung und Evaluation von Qualifizierungs- und S. 60 ff.). Es hatte sich gezeigt, dass der Verbreiterung der Berufsbildungsmaßnahmen. Diese Netzwerke entsprechen Berufsfelder eine wachsende Spezialisierung der Betriebe netzwerktypischen Merkmalen und sind von anderen Netz- gegenüberstand und die Berufsbilder von Ausbildungsberu- werktypen abzugrenzen; es handelt sich um Qualifizie- fen einzelbetrieblich häufig nicht mehr abgedeckt werden rungsnetzwerke, die auch als Berufsbildungs- oder Kompe- konnten. Verbünde mit anderen Betrieben und Einrich- tenzentwicklungsnetzwerke bezeichnet werden. tungen boten hier die Möglichkeit, der geforderten Ausbil- Generell setzen sich Qualifizierungsnetzwerke aus ver- dungsbreite zu entsprechen. Aber auch qualitative Gründe schiedenen Lernorten bzw. Einrichtungen zusammen, so der Einhaltung oder Verbesserung von Ausbildungsstan- z. B. regionale Qualifizierungsnetzwerke aus Betrieben, dards und Kooperationsbeziehungen begründeten die Aus- außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen, Kammern, der bildungsverbünde. Arbeitsagentur, allgemeinbildenden und berufsbildenden Verbünde sind von Beginn an in verschiedenen Modellen Schulen sowie Hochschulen. Qualifizierungsnetzwerke organisiert worden, um den unterschiedlichen Situationen umfassen prinzipiell privatwirtschaftlich, öffentlich-recht- und Bedarfslagen der Verbundpartner gerecht zu werden. lich und gemeinnützig verantwortete Lernorte, in denen Bereits in den 1980-Jahren bestanden die folgenden vier formale, nicht formale und informelle Lernprozesse erfol- Grundformen des Ausbildungsverbunds, die seitdem in gen. Zwischen den Lernorten wird über Kooperationen ein Theorie und Praxis der Verbunddiskussion im Mittelpunkt zusammenhängender und abgestimmter Lernkontext her- stehen und in vielfältiger Weise weiterentwickelt worden gestellt. sind: Qualifizierungsnetzwerke sind im Vergleich zu Verbünden • Ausbildungsverbund mit Leitbetrieb, der Aus- und Weiterbildung flexibel und offen angelegt. Die • Ausbildungsverbund als Konsortium, Tabelle enthält die wichtigsten Merkmale beider Formen • Ausbildungsverein und der Lernortkooperation. • Auftragsausbildung. Zusätzlich zu Ausbildungsverbünden bestehen Weiterbil- dungsverbünde, die allerdings nicht annähernd so stark Tabelle verbreitet sind wie Erstere. Ihre wachsende Relevanz und Merkmale von Verbünden und Qualifizierungsnetzwerken Aktualität zeigt sich in einer Förderrichtlinie des BMAS vom im Vergleich Juni 2020 zum »Aufbau von Weiterbildungsverbünden«, die im Zusammenhang mit der Nationalen Weiterbildungs- Aus- und Qualifizierungsnetzwerke strategie ausgeschrieben worden ist. Als Anspruch wird for- Weiterbildungsverbünde muliert, dass »das Förderprogramm dazu beitragen (soll), Hohe, regulierte Flexible, prozessbezogene Weiterbildungsverbünde als gängiges Konzept der Weiter- Verbindlichkeit Strukturen bildungsorganisation in Deutschland zu etablieren« (BMAS 2020, S. 2). Weiterbildungsverbünde stimmen in ihren auf Bildungsgang-, lehrplanbezogene Lehr-/ Offene Lehr-/Lernmaterialien die Kooperation der Lernorte bezogenen Zielen und Inhal- Lernmaterialien ten in hohem Maß mit Ausbildungsverbünden überein. Hierarchie Heterarchie Traditionelle Angebots- Vorrangige Nachfragestruktur struktur
BWP 4/2020 THEMA 15 Qualifizierungsnetzwerke erfahren einen starken Ausbau. Gleichwertigkeit sowie im Hinblick auf die Kompetenz- und Im Vergleich dazu sind Verbünde durch ihre relativ hohe Bildungsanforderungen in digitalen Zeiten grundlegend zu Verbindlichkeit, ihren hohen administrativen Aufwand erweitern sind, ist das Lernortkonzept als ein tragendes Sys- und die Bindung an ordnungsbezogene Vorgaben zumin- temelement in einem durchlässigen Bildungssystem in den dest in der beruflichen Weiterbildung nachgeordnet. Auch umrissenen Formaten zu sichern und auszubauen. s entsprechen Verbünde in ihrem Grundanliegen einem ty- pisch angebotsorientierten Organisationstyp. In Qualifizie- rungsnetzwerken wird hingegen die Nachfrageseite betont, womit dem Lernort Arbeitsplatz, zumal in seiner digitalen LITER ATUR Transformation, von vornherein eine maßgebliche Bedeu- tung zukommt. Arnold, P. u.a.: Handbuch E-Learning. Lehren und Lernen mit digitalen Medien. 4. Aufl. Bielefeld 2015 BMAS: Bekanntmachung der Förderrichtlinie »Aufbau von Weiterbil- Lernortkonzept als Systemelement eines durch- dungsverbünden« vom 17. Juni 2020 – URL: www.bmas.de/SharedDocs/ lässigen Bildungssystems ausbauen Downloads/DE/PDF-Pressemitteilungen/2020/foerderrichtlinie-bundes programm-weiterbildungsverbuende.pdf?__blob=publicationFile&v=3 Ein abschließender Blick auf die Lernortentwicklung zeigt (Stand: 03.09.2020) die prinzipielle Öffnung des Lernortkonzepts für Orte au- Dehnbostel, P.: Betriebliche Bildungsarbeit. Kompetenzbasierte ßerhalb des öffentlichen Bildungswesens und die Erweite- Aus- und Weiterbildung im Betrieb. 2. Aufl. Baltmannsweiler 2015 rung um physische und virtuelle Lernorte und Lernräume Dehnbostel, P.: Betriebliche Lernorte, Lernräume und Selbstlernarchi- sowie um neue Formen der Lernortkooperation. Die hier tekturen in der digitalisierten Arbeitswelt. In: Magazin erwachsenenbil- dung.at. Ausgabe 35/36. Wien 2019 vorrangig betrachtete Lernortentwicklung aus betriebli- cher Sicht ist sicherlich als Treiber der Entwicklung anzuse- Deutscher Bildungsrat: Zur Neuordnung der Sekundarstufe II. Konzept für eine Verbindung von allgemeinem und beruflichem Lernen. Bonn hen, gleichwohl expandieren ebenso die mit betrieblichen 1974 Lernorten in Kooperation stehenden außerbetrieblichen, Euler, D. (Hrsg.): Handbuch der Lernortkooperation (Bd. 1: theoretische schulischen und hochschulischen Lernorte. Mit der Wei- Fundierungen, Bd. 2: praktische Erfahrungen). Bielefeld 2004, 2003 terentwicklung des Lernortkonzepts einschließlich der Franke, G.; Kleinschmitt, M.: Der Lernort Arbeitsplatz. Eine Untersu- Kooperation von Lernorten wird eine zentrale Grundkon- chung der arbeitsplatzgebundenen Ausbildung in ausgewählten struktion des dualen Systems in ein durchlässiges und elektrotechnischen Berufen der Industrie und des Handwerks. Berlin, gleichwertiges Berufsbildungssystem transformiert. Eben- Köln 1987 so wie das herkömmliche Berufskonzept und das Prinzip der Münch, J.: Berufsbildung und Personalentwicklung. Baltmannsweiler Dualität unter den Gesichtspunkten der Durchlässigkeit und 2007
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