Liebe zu den drei Orangen
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SINFONIEKONZERT Liebe zu den drei Orangen FR 13. JAN 2023 | 19.30 UHR, SA 14. JAN 2023 | 19.30 UHR KULTURPALAST
DRESDNER GEDENKTAG MO 13. FEB 2023 | 19.30 Uhr KULTURPALAST HANS WERNER HENZE Sinfonia N. 9 für gemischten Chor und Orchester Dichtung auf Anna Seghers‘ Roman ›Das siebte Kreuz‹ von Hans-Ulrich Treichel ›Den Helden und Märtyrern des deutschen Antifaschismus gewidmet‹ MAREK JANOWSKI | Dirigent MDR-RUNDFUNKCHOR JAMES WOOD | Einstudierung MDR-Rundfunkchor DRESDNER PHILHARMONIE © Markenfotografie dresdnerphilharmonie.de
PROGRAMM Sergei Prokofjew (1891 – 1953) Suite aus der Oper ›Die Liebe zu den drei Orangen‹ (1924) Die Lächerlichen Der Zauberer Tschelio und Fata Morgana spielen Karten Marsch Scherzo Der Prinz und die Prinzessin Die Flucht Max Bruch (1838 – 1920) Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 g-Moll op. 26 (1868) Vorspiel. Allegro moderato Adagio Finale. Allegro energico PAUSE Gabriel Fauré (1845 – 1924) ›Pelléas et Mélisande‹ Orchestersuite aus der Schauspielmusik (1898) Prélude. Quasi adagio La Fileuse (Die Spinnerin). Andantino quasi allegretto Sicilienne. Allegro molto moderato La mort de Mélisande (Mélisandes Tod). Molto adagio Albert Roussel (1869 – 1937) Suite Nr. 2 aus dem Ballett ›Bacchus et Ariane‹ (1930/31) Andante – Reveil d’Ariane (Erwachen der Ariadne) – Bacchus danse seul (Solotanz des Bacchus) – Le baiser (Der Kuss) – Le Thiase défile (Der Abzug von Theseus) – Danse d’Ariane (Ariadnes Tanz) – Danse d’Ariane et de Bacchus (Tanz von Ariadne und Bacchus) – Bacchanale. Le Couronnement d’Ariane (Bacchanal. Krönung der Ariadne) Stéphane Denève | Dirigent Nikolaj Szeps-Znaider | Violine Dresdner Philharmonie
JÜRGEN OSTMANN Bilder, Märchen und Geschichten Folgt Instrumentalmusik als autonome Sergei Prokofjew verarbeitete in seiner Kunst besser nur ihren eigenen Regeln Oper »Die Liebe zu den drei Orangen« und Formen, oder kann sie sich auch mit einen phantastischen Märchenstoff, der Außermusikalischem verbinden und in auf eine Stegreif-Komödie von Carlo unserer Vorstellung Geschichten und Gozzi (1720-1806) zurückgeht. Mit un- Bilder wachrufen? Unter dem Schlagwort erschöpflichem Einfallsreichtum folgte »Programmmusik« wurde diese Frage im er den vielen bizarren Wendungen der 19. Jahrhundert viel diskutiert. Auf den Geschichte, und die Charaktere von ersten Blick scheinen Opern, Ballette und Zauberer und Hexe, Prinz und Prinzessin Schauspiele einem ganz anderen Genre zeichnete er mit wenigen geschickten anzugehören, denn ihre Handlungen Strichen fast karikaturhaft scharf. lassen sich anhand der Gesangstexte, Einfallsreich zeigte sich auch Max Bruch Aktionen und Bühnenbilder verfolgen – in seinem Violinkonzert in g-Moll. Zwar was die Musik ein wenig von darstellen- griff er auf traditionelle Formschemata den Aufgaben entlastet. Wie aber, wenn zurück, wandelte diese aber durchaus instrumentale Auszüge solcher Bühnen- originell um. In seinem tief romantischen werke, so wie im heutigen Konzert, ohne Gestus wurde das Werk so beliebt, das der szenische Elemente wiedergegeben Komponist bald selbst genug davon hatte: werden? Dann kann man sie doch wieder »Ich kann dieses Concert nicht mehr hö- als Programmmusik hören. ren – habe ich vielleicht nur dieses eine Concert geschrieben?!!« 2
In den Schauspielproduktionen des Insel Naxos zurückgelassen wird, sich 19. Jahrhunderts waren eingestreute dann aber schnell mit Bacchus, dem Musikstücke, die die Wirkung gespro- Gott des Weines und der Ekstase, tröstet, chener Texte unterstützen sollten, viel inspirierte Roussel zu einer rauschhaft verbreiteter als heute. Den Auftrag für farbigen Musik. eine solche Bühnenmusik erhielt Gabriel Fauré von der großen britischen Schau- spielerin Stella Patrick Campbell. Zum Ehebruchdrama »Pelléas et Mélisande« des belgischen Symbolisten Maurice Maeterlinck schuf Fauré daraufhin 19 stimmungsvolle Musiknummern, die er später zu einer Konzertsuite verdichtete. Albert Roussel begeisterte sich in seinen späten Jahren für Stoffe aus der griechi- schen Antike, und so stimmte er sofort zu, als ihm der Tänzer und Choreograph Sergei Lifar ein Stück über Bacchus und Ariadne vorschlug. Die Geschichte von der kretischen Königstochter, die von ihrem Geliebten Theseus auf der öden 3
Zwischen Märchen und absurdem Theater Sergei Prokofjews Oper »Die Liebe zu den drei Orangen« kann: Der Held ist ein melancholischer Prinz, der trotz aller Bemühungen seines Hofstaats nicht in der Lage ist zu lachen. Das gelingt ihm erst, als er sieht, wie die böse Zauberin Fata Morgana stolpert und fällt. Für seine Respektlosigkeit hat er allerdings zu büßen, denn die verärgerte Fata Morgana spricht einen Fluch aus: Der Prinz verliebt sich auf der Stelle in drei Orangen, die er auf der ganzen Welt suchen muss. Er findet sie schließlich im Schloss von Kreonta und kann sie ent- führen, obwohl sie von einer grausamen Köchin bewacht werden. Auf der Flucht durch die Wüste zeigt sich, dass in jeder Orange eine Prinzessin steckt. Zwei von ›Die Liebe zu den drei Orangen‹, Zeichnung von ihnen verdursten sofort, nur die dritte Alexandr Golovin, 1915 überlebt, weil »Die Lächerlichen« einen Die Handlung von Sergei Prokofjews Eimer Wasser bringen. Nach vielen Oper »Die Liebe zu den drei Orangen« ist weiteren Verwicklungen heiraten Prinz so absurd und kompliziert, dass sie hier und Prinzessin und leben glücklich bis nur in ihren Grundzügen erzählt werden an ihr Lebensende. 4
Prokofjew schrieb seine Oper 1919, kurz dritten Aktes, und das turbulente Finale, nachdem er Russland verlassen hatte »Die Flucht«, spielt am Ende des vierten und in die USA gereist war. Den phantas- Aktes; verschiedene Bösewichter retten tischen Märchenstoff, der auf ein »Com- sich hier in die Unterwelt. media dell’arte«-Stück zurückgeht, hatte er noch in seiner Heimat kennen gelernt. Die Uraufführung der Oper am 30. Dezem- SERGEI PROKOFJEW ber 1921 in Chicago verlief einigermaßen * 23. April 1891 Gouvernement Jekaterinoslaw erfolgreich, doch wirklich bekannt wurde (Russisches Kaiserreich) † 5. März 1953 in Moskau sie erst durch die Orchestersuite, die Prokofjew 1924 erstellte. Der erste ihrer Sinfonische Suite aus der sechs Sätze, »Die Lächerlichen«, enthält Oper »Die Liebe zu den drei Material aus dem Opernprolog, in dem die Anhänger verschiedener Theaterrich- Orangen« op. 33a tungen miteinander debattieren. Prokof- ENTSTEHUNG jews Musik dazu vereint kaleidoskopartig 1919 (Oper) / 1924 (Suite) die unterschiedlichsten Stimmungen URAUFFÜHRUNG und Bewegungsmuster. Im unheimlichen 30. Dezember 1921 in Chicago, zweiten Satz messen der Zauberer Tschelio Dirigent: Sergei Prokofjew (Oper) und die Hexe Fata Morgana ihre Kräfte 29. November 1925 in Paris, Dirigent: Philippe Gaubert (Suite) beim Kartenspiel; Tschelio verliert in ERSTMALS VON DER DRESDNER dieser Szene aus dem ersten Akt. Der PHILHARMONIE GESPIELT »Marsch« ist zweifellos das bekannteste 6. März 1970, Dirigent: Kurt Masur Stück aus der Oper. Er taucht darin mehr- ZULETZT fach auf; für seine Suite kombinierte 26. Dezember 2011, Dirigent: Michail Jurowski Prokofjew verschiedene Versionen mit- BESETZUNG einander. Das Scherzo ist ein Zwischen- Piccoloflöte, 2 Flöten, 2 Oboen, Englischhorn, 2 Klarinetten, Bassklarinette, 3 Fagotte, spiel aus dem dritten Akt; der Prinz wird Kontrafagott, 6 Hörner, 3 Trompeten, währenddessen von einem starken Wind 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagwerk, zum Schloss getragen. Der lyrische fünfte 2 Harfen, Streicher Satz, »Der Prinz und die Prinzessin«, DAUER enthält Musik aus der Wüstenszene des ca. 15 Minuten 5
KLARA SCHNEIDER Einsamer Triumph Max Bruchs Erstes Violinkonzert könnte man meinen. Doch für Max Bruch wurde die Beliebtheit des Konzerts schnell zur Last. Er sah sein rest- liches Werk vernachläs- sigt. An seinen Verleger schrieb er bissig: »Nichts gleicht der Trägheit, Dummheit, Dumpfheit vieler deutsche Gei- ger. Alle vierzehn Tage kommt einer und will Max Bruch (links) und Joseph Joachim auf einer 1907 veröffentlichten Fotografie mir das erste Concert vorspielen: ich bin schon Eine »verflucht schwere Sache« nannte grob geworden und habe zu Ihnen gesagt: Max Bruch die Arbeit an seinem Ersten ›Ich kann dieses Concert nicht mehr Violinkonzert, seinem ersten großen hören – habe ich vielleicht nur dieses eine Orchesterwerk überhaupt. »Ich habe von Concert geschrieben?!‹« 1864-68 mein Concert gewiß einhalb Ausgewogene Klangschönheit, ein- Dutzendmal wieder umgeworfen […], prägsame Melodien, kompositorischer bevor es endlich die Form gewonnen hat, Erfindungsreichtum … die Popularität in der es nun allgemein bekannt ist und des Werks kommt nicht von ungefähr. Es überall gespielt wird.« Bekannt wurde das ist deutlich kürzer gehalten als andere Konzert tatsächlich – bis heute zählt es zu Violinkonzerte des 19. Jahrhunderts und den Standardwerken der Violinliteratur. gibt dem Solisten doch ausreichend Raum Ein großer Triumph für den Komponisten, zur Virtuosität. Dass es so »violinmäßig« 6
wurde, war sicher dem Geiger Joseph Joachim zu verdanken, der Bruch be- ratend zur Seite stand. Auf ihn geht auch MAX BRUCH * 6. Januar 1838 in Köln der Vorschlag zurück, die ersten beiden † 2. Oktober 1920 in Berlin Sätze zu verbinden – wohl nach dem Vorbild des Violinkonzerts von Felix Konzert für Violine und Mendelssohn Bartholdy, mit dem das Orchester Nr. 1 g-Moll op. 26 Werk auch anderweitig Ähnlichkeit zeigt. Mit einem geheimnisvollen Paukenwirbel ENTSTEHUNG im Pianissimo eröffnet der Erste Satz. 1864-68 (1867/68 überarbeitet) Vor allem der Beginn ist rhapsodisch an- URAUFFÜHRUNG gelegt, folgt keinem festen Formschema. 24. April 1866 in Koblenz, Dirigent: Max Bruch, Violine: Otto von Königslow (erste Fassung) Orchester und Solovioline wechseln sich 5. Januar 1868 in Bremen, Dirigent: Karl ab und führen gemeinsam zum Haupt- Martin Reinthaler, Violine: Joseph Joachim thema hin. Eine formale Besonderheit, (überarbeitete Fassung) weshalb sich Bruch gar fragte, ob das ERSTMALS VON DER DRESDNER Werk überhaupt den Titel »Konzert« tragen PHILHARMONIE GESPIELT 30. September 1900, Dirigent: Friedrich dürfe. Ohne Pause leitet der Kopfsatz zum August Trenkler, Violine: Hoffmann, Vorname Adagio über, das mit romantischem Gestus unbekannt und elegischen Melodien fraglos das ZULETZT Herzstück des Konzerts bildet. Die innige 27. Juni 2021, Dirigent: Markus Poschner, Ruhe mündet im Sturm: Das Finale zeigt Violine: Emmanuel Tjeknavorian sich tänzerisch und voller Energie. Dieses BESETZUNG 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, ungarisch gefärbte Allegro hat Ohrwurm- 4 Hörner, 2 Trompeten, Pauken, Streicher, qualität – selbst wer das Violinkonzert Solovioline nicht kennt, hat das Finalthema gehört. DAUER ca. 25 Minuten 7
JÜRGEN OSTMANN Verbotene Liebe Gabriel Faurés Suite aus »Pelléas et Mélisande« Debussy, der 1893 die Pariser Uraufführung miterlebte, be- gann gleich darauf eine Oper, die allerdings erst 1902 auf die Bühne kam. Arnold Schönberg schrieb 1902/03 eine Sinfoni- sche Dichtung über den Stoff, und Jean Sibelius folgte 1905 mit Orchestereinlagen für eine Produktion in Helsinki. Vor ih- nen allen hatte jedoch Gabriel Fauré seine Bühnenmusik für eine Londoner Inszenierung des Schauspiels vorgelegt. Den Auftrag erhielt er im Frühjahr 1898 von der Schauspielerin Stella Patrick Campbell, die sich später erinnerte: »Ich hatte seit meinem Besuch in Paris Gabriel Fauré, Porträt von John Singer Sargent, 1889 vor 17 Jahren kein Französisch mehr gesprochen, aber ich Mit seinem mystischen, psychologisch schlug mich irgendwie durch, als ich vieldeutigen Ehebruchdrama »Pelléas et Herrn Fauré die Stellen des Stückes vorlas, Mélisande« traf der belgische Symbolist die mir am meisten nach Musik zu ver- Maurice Maeterlinck (1862 –1949) offen- langen schienen. Der liebe Herr Fauré, bar den Nerv der Zeit. Zahlreiche Musiker wie verständnisvoll hörte er zu und mit interessierten sich für das Stück: Claude welcher Bescheidenheit sagte er, dass er 8
sein Bestes geben würde!« Bis zum Mai schen dargestellt ist. Die dritte Nummer, 1898 vollendete Fauré 19 Musiknummern, die berühmte »Sicilienne«, hatte Fauré doch ihre Instrumentierung musste er bereits 1893 für Violoncello und Klavier aus Zeitmangel seinem ehemaligen Schü- komponiert. In »Pelléas et Mélisande« ler Charles Koechlin überlassen – für den illustriert sie eine Szene am Brunnen, 21. Juni war nämlich bereits die Premiere in der sich die beiden Hauptfiguren ihre angesetzt. Fauré übernahm bei diesem Liebe gestehen. Den Abschluss bildet das Anlass selbst die musikalische Leitung. Zwischenspiel vor dem fünften Akt – die Da das wahre Drama des Schauspiels Musik zu Mélisandes Tod. im Inneren der Akteure stattfindet, ist die äußere Handlung schnell zusammen- gefasst: König Golo findet im Wald die GABRIEL FAURÉ * 12. Mai 1845 in Pamiers (Frankreich) scheue, geheimnisvolle Mélisande, † 4. November 1924 in Paris nimmt sie mit auf sein Schloss und hei- ratet sie. Mélisande trifft dort auf Golos Orchestersuite aus der Stiefbruder Pelléas; die beiden verlieben Schauspielmusik »Pelléas sich. Am Ende erschlägt Golo Pelléas aus et Mélisande« op. 80 Eifersucht, und wenig später stirbt auch Mélisande. Fauré stellte einige Jahre ENTSTEHUNG nach der Londoner Produktion eine 1898 Konzertsuite aus den Hauptnummern URAUFFÜHRUNG seiner Bühnenmusik zusammen, wobei 21. Juni 1898 in London, Dirigent: Gabriel Fauré er Koechlins Instrumentierung noch ein- ERSTMALS VON DER DRESDNER mal überarbeitete. Die Suite beginnt mit PHILHARMONIE GESPIELT einem Prélude, dem Vorspiel des ersten 9. November 1990, Dirigent: Alain Pâris Aktes, das den traumhaft-entrückten ZULETZT 5. Juli 2020, Dirigent: Vasily Petrenko Seelenzustand der Hauptfiguren schil- dert. Der nächste Satz, »La Fileuse« (Die BESETZUNG 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, Spinnerin) erklingt zu Beginn des dritten 4 Hörner, 2 Trompeten, Pauken, 2 Harfen, Akts – Mélisande sitzt in einem Gemach Streicher des Schlosses am Spinnrad, dessen krei- DAUER selnde Bewegung in den Geigen und Brat- ca. 17 Minuten 9
Rhythmische Urgewalt, raffinierte Klangkunst Albert Roussels Suite Nr. 2 aus »Bacchus et Ariane« In der Musikliteratur wird Albert Rous- tiques« bezeichnete Liederzyklen, 1930 sel sowohl mit dem Impressionismus und 1935 die Ballette »Bacchus et Ariane« als auch dem Neoklassizismus in Ver- sowie »Aenéas« und 1937 die Radiomusik bindung gebracht. Man hat ihm eine »Elpénor ou La flûte de Circe«. besondere Affinität zu alten kontrapunk- Die Musik zu »Bacchus et Ariane« weckt tischen Techniken, aber auch zu außer- gewiss nicht zufällig Assoziationen europäischen Klängen und Tonsystemen sowohl an die rhythmische Urgewalt von nachgesagt. Tatsächlich entwickelte er Igor Strawinskis »Sacre du printemps« aber aus all diesen Einflüssen eine ganz wie auch die raffiniert-üppige Klangkunst eigenständige Tonsprache – sein Schaffen von Maurice Ravels »Daphnis et Chloë«. lässt sich kaum einer bestimmten ästhe- Beide Ballette hatte Sergei Diaghilew in tischen Strömung zuordnen. Nachdem Auftrag gegeben, der ab 1909 mit seinen Roussel sich zunächst für eine Karriere »Ballets Russes« das Tanztheater revo- bei der französischen Marine entschieden lutionierte. Nach dem Tod des großen hatte, begann er erst 1894, im Alter von Impresarios 1929 wurde seine Compagnie 25 Jahren, eine gründliche musikalische zwar aufgelöst, doch einer der Tänzer, Ausbildung. Er studierte zuerst privat bei Sergei Lifar, blieb auch danach noch als dem Organisten Eugène Gigout, dann bei Choreograph für das Nationalballett und Vincent d’Indy an der neugegründeten die Pariser Oper aktiv. Für ihn – und ganz Schola Cantorum in Paris. In den 1920er im Geist der »Ballets Russes« – schrieb Jahren begann Roussel, sich für Stoffe aus Roussel sein Stück. dem klassischen Griechenland zu inter- Veröffentlicht wurde die Partitur ver- essieren. So entstanden unter anderem mutlich aus Marketing-Gründen in Form 1922/23 der Opern-Einakter »La naissance zweier Suiten. Die erste entspricht genau de la lyre«, 1926 zwei als »Odes anacréon- dem ersten Akt des Balletts, die zweite 10
Tanz an. Dann tanzen beide gemeinsam, und schließlich finden alle zu einem wilden Bacchanal zusammen, an dessen Ende Bacchus Ariadne mit Sternen krönt. ALBERT ROUSSEL * 5. April 1869 in Tourcoing (Frankreich) † 23. August 1937 in Royan (Frankreich) Suite Nr. 2 aus dem Ballett ›Bacchus und Ariadne‹, Gemälde von Guido Reni, ca. 1620 »Bacchus et Ariane« op. 43 dem zweiten Akt. Schauplatz der Hand- ENTSTEHUNG 1930–31 lung ist die Insel Naxos, auf die Theseus URAUFFÜHRUNG und Ariadne sich nach dem Sieg über den 22. Mai 1931 in Paris, Minotaurus geflüchtet haben. Im ersten Dirigent: Pierre Gaubert (Oper) Akt feiern Theseus und seine Begleiter, 2. Februar 1934, Dirigent: Pierre Monteux (Suite Nr. 2) werden dann aber vom Gott Bacchus, der Ariadne für sich reklamiert, in die ERSTMALS VON DER DRESDNER PHILHARMONIE GESPIELT Flucht geschlagen. Der zweite Akt, und 17. November 1989, Dirigent: Roberto Benzi damit die Suite Nr. 2, malt zunächst ein ZULETZT Bild der schlafenden Ariadne. Sie erwacht 8. Februar 1998, Dirigent: Michel Plasson schließlich, erkennt, dass sie verlassen BESETZUNG wurde, und will sich verzweifelt ins Meer Piccoloflöte, 2 Flöten, 2 Oboen, Englischhorn, stürzen. Stattdessen fällt sie Bacchus 2 Klarinetten, Bassklarinette, 2 Fagotte, Kontrafagott, 4 Hörner, 4 Trompeten, in die Arme. Er küsst sie und macht sie 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagwerk, dadurch unsterblich. Sein Gefolge aus Celesta, 2 Harfen, Streicher Faunen und Mänaden erscheint, und DAUER Ariadne setzt zu einem verführerischen ca. 18 Minuten 11
DIRIGENT STÉPHANE DENÈVE großen Konzerthäusern mit den besten Orchestern und Solisten der Welt auf. Er hat eine besondere Vorliebe für die Musik seiner Heimat Frankreich und ist ein Verfechter der Musik des 21. Jahr- hunderts. Als begeisterter Kommunikator Stéphane Denève ist Musikdirektor und Pädagoge setzt sich Denève des St. Louis Symphony Orchestra dafür ein, die nächste Generation und der Brüsseler Philharmoniker von Musikern und Zuhörern zu und beendete vor kurzem seine inspirieren, und arbeitet regelmä- sechsjährige Amtszeit als Erster ßig mit jungen Menschen in Pro- Gastdirigent des Philadelphia Or- grammen wie denen des Tangle- chestra. Außerdem ist er Direktor wood Music Center, des New World des Centre for Future Orchestral Symphony, der Colburn School, Repertoire (CffOR) der Brüsseler des European Union Youth Orches- Philharmoniker. Zuvor war er tra und der Music Academy of the Chefdirigent des Radio-Sinfonie- West. orchesters Stuttgart (SWR) und Musikdirektor des Royal Scottish BIOGRAFIE National Orchestra. ONLINE Er ist international für die Qualität seiner Auftritte und Programme anerkannt und tritt regelmäßig in 12
VIOLINE NIKOLAJ SZEPS-ZNAIDER Nikolaj Szeps-Znaider vertritt seinen Ruf als einer der welt- weit führenden Vertreter seines Instruments durch eine rege Konzert- und Rezital-Tätigkeit. Als Solist trat er in den letzten Spielzeiten u. a. mit den Wiener Symphonikern, dem Orchestre National de France und dem Konzerthausorchester Berlin auf. Gemeinsam nahmen sie kürzlich Daneben verfolgt Nikolaj Szeps- die gesamten Violinkonzerte Mo- Znaider eine erfolgreiche Karriere zarts auf, die Szeps-Znaider von als Dirigent. 2021 eröffnete er seine der Violine aus dirigierte. Er spielt erste Saison als Musikdirektor eine Kreisler Guarnerius del Gesu des Orchestre national de Lyon. (1741), die ihm das Königlich Dä- Szeps-Znaider ist regelmäßiger nische Theater mit Unterstützung Gastdirigent bei den weltweit füh- der Velux Stiftung, der Villum renden Orchestern, darunter das Fonden und der Knud Højgaard Chicago Symphony, das Cleveland Stiftung zur Verfügung stellt. Orchestra, das Orchestre Sympho- nique de Montréal, die Bamberger BIOGRAFIE Symphoniker und das Royal Stock- ONLINE holm Philharmonic Orchestra. Er unterhält eine enge Beziehung zum London Symphony Orchestra. 13
ORCHESTER DRESDNER PHILHARMONIE Musik für alle – Die Dresdner Phil- Seit der Konzertsaison 2019/2020 harmonie steht für Konzerte auf ist Marek Janowski zum zweiten höchstem künstlerischen Niveau, Mal Chefdirigent und künstleri- musikalische Bildung für jedes scher Leiter der Dresdner Philhar- Alter und den Blick über den monie. musikalischen Tellerrand hinaus. Gastspiele auf fast allen Kontinen- BIOGRAFIE ten und die Zusammenarbeit mit ONLINE Gästen aus aller Welt haben den Ruf des Orchesters in der inter- nationalen Klassikwelt verankert. 14
KONZERT- EINFÜHRUNG DIGITAL Zu ausgewählten Konzerten können Sie unsere Einführungen in Ruhe sowohl vor dem Konzert als auch noch lange danach hören unter dresdnerphilharmonie.de/konzerteinfuehrung-digital
ORCHESTERBESETZUNG DIE DRESDNER PHILHARMONIE IM HEUTIGEN KONZERT 1. VIOLINEN KONTRABÄSSE Marta Kowalczyk* Razvan Popescu Dalia Richter KV Tobias Glöckler KV Julia Suslov-Wegelin Olaf Kindel KM Marcus Gottwald KV Thilo Ermold KV BRATSCHEN Antje Becker KV Matthias Bohrig KV Annegret Teichmann KV Hanno Felthaus KV Caroline Renn** Juliane Kettschau KM Beate Müller KV Thomas Otto KM Steffen Seifert KV Xianbo Wen Steffen Neumann KV Yeeun Choi Heiko Mürbe KV FLÖTEN Akiyo Fujiwara Tilman Baubkus KM Marianna Julia Zolnacz* Iris Günther Sonsoles Jouve del Castillo Claudia Rose KM Solomon Markman Harald Hufnagel Friederike Herfurth-Bäz Sawako Kosuge** Hyelin Yun** Marie Schutrak*** OBOEN 2. VIOLINEN VIOLONCELLI Johannes Pfeiffer KV Markus Gundermann KM Prof. Guido Titze KV Cordula Fest KV Prof. Matthias Bräutigam KV Michael Goldammer* Denise Nittel Victor Meister KV Andreas Hoene KV Karl-Bernhard von Stumpff KV Andrea Dittrich KV Daniel Thiele KV Constanze Sandmann KV Alexander Will KM KLARINETTEN Jörn Hettfleisch Dorothea Plans Casal Christiane Liskowsky KM Eduardo Martínez Daniel Hochstöger Teresa Novák Soobin An** Prof. Henry Philipp KV Pablo Aznarez Maeztu Klaus Jopp KV Annekatrin Tharan Aleksandra Varaksina** 16
TUBA Prof. Jörg Wachsmuth KV FAGOTTE Daniel Bäz KM PAUKE | SCHLAGWERK Robert-Christian Schuster KV Oliver Mills KV Prof. Mario Hendel KV Gido Maier KV Alexej Bröse Simon Etzold* Sven Forker* HÖRNER Claudius Lopez-Diaz* Michael Schneider KV Jürgen May* Torsten Gottschalk KM Johannes Max KV Carsten Gießmann KV HARFE Nora Koch KV Aline Khouri* TROMPETEN Andreas Jainz KV Csaba Kelemen Nikolaus von Tippelskirch KM CELESTA Philipp Hennigs** Mirella Petrova* POSAUNEN István Kovácz* Dietmar Pester KV Patrick Adam* KM --› Kammermusiker | KV --› Kammervirtuos | * --› Gast | ** --› Akademie | *** --› Substitut 17
KONZERTVORSCHAU DO 19. JAN 2023 | 19.30 Uhr KULTURPALAST KAMMERKONZERT QUATUOR ÉBÈNE Purcell: ›Fantasien‹ (Auswahl) Ligeti (100. Geburtstag 2023): Streichquartett Nr. 1 ›Métamorphoses nocturnes‹ Schumann: Streichquartett a-Moll Quatuor Ébène Auf Einladung der Dresdner Philharmonie SA 21. JAN 2023 | 19.30 Uhr SO 22. JAN 2023 | 11.00 Uhr KULTURPALAST SINFONIEKONZERT ENIGMA-VARIATIONEN Escaich: ›La barque solaire‹ für Orchester mit solistischer Orgel Copland: Sinfonie für Orgel und Orchester Elgar: ›Enigma‹-Variationen Stanislav Kochanovsky | Dirigent Thierry Escaich | Orgel (Palastorganist und Composer in Residence) Dresdner Philharmonie SA 28. JAN 2023 | 19.30 Uhr SO 29. JAN 2023 | 11.00 Uhr KULTURPALAST SINFONIEKONZERT SCHOSTAKOWITSCH 1 Chatschaturjan: ›Maskerade‹ Suite aus der Schauspielmusik; Violinkonzert d-Moll Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 1 f-Moll Cristian Măcelaru | Dirigent Sergey Khachatryan | Violine Dresdner Philharmonie 18
SERGEI PROKOFIEFF – SUITE AUS „DIE LIEBE ZU DEN DREI ORANGEN“/ WALZER-SUITE OP. 110 Neeme Järvi, Scottisch National Orchestra, Chandos, 2008 Das spätromantische Werk entstand unter dem musikalischem Einfluss Strawinskis und historisch durch den gerade erst zu Ende gegangenen 1. Weltkrieg. Diese Un- ruhe sowie die Suche nach musikalischem Neuland prägen dieses melodisch durch- brochene Werk. Järvi arbeitet diese inneren Spannungen hervorragend heraus. NICOLAJ ZNAIDER – MENDELSSOHN, BEETHOVEN, BACH: KONZERTE FÜR VIOLINE UND ORCHESTER, DVD N. Znaider, R. Chailly, Gewandhausorchester Leipzig, Accentus, 2012 Diese Veröffentlichung zeigt einen der bedeutendsten Geiger unserer Zeit mit Meilensteinen der Violinliteratur, begleitet von einem der erlesensten Klangkörper Europas. Szeps-Znaider interpretiert die Violinkonzerte mit musikalischer Intelli- genz, Sensibilität und dynamischer Gestaltungskraft und verleiht seiner Interpreta- tion eine große Intensität. ALBERT ROUSSEL – BACCHUS ET ARIANE SUITEN 1&2 Orchestre de la Suisse Romande, Kauzuki Yamada, Pentatone, 2015 Von den 2 Suiten zu „Bacchus und Ariane“ ist die 2. Im Konzertsaal am häufigsten zu hören. Die ungemein farbige und opulent instrumentierte Zusammenstellung der Suite, hat den 2. Handlungsteil Roussels Balletts zum Inhalt. Ein Werk, welches dem Publikum nachhaltigen Hörgenuss bereitet.
IMPRESSUM HERAUSGEBER TEXT BILDNACHWEISE Intendanz Jürgen Ostmann, Wikimedia commons: der Dresdner Philharmonie Klara Schneider (Bruch) S. 4, 8, 11 Schloßstraße 2, 01067 Dresden josephjoachim.com: S. 6 Der Text ist ein Original- T +49 351 4866-282 SWR: S. 12 beitrag für dieses Heft; Lars Gundersen: S. 13 dresdnerphilharmonie.de Abdruck nur mit ausdrücklicher Björn Kadenbach: S. 14 Genehmigung der Autor:innen. CHEFDIRIGENT UND KÜNSTLERISCHER LEITER MUSIKBIBLIOTHEK REDAKTION Marek Janowski Die Musikabteilung der Klara Schneider Zentralbibliothek (2. OG) hält zu den aktuellen Programmen der Philharmonie für Sie in INTENDANTIN einem speziellen Regal am Frauke Roth (V.i.S.d.P.) Durchgang zum Lesesaal Partituren, Bücher und CDs bereit. Preis 2,50€ Änderungen vorbehalten. Gefördert durch das Sächsische Staatsministerium für Wissen- schaft, Kultur und Tourismus. Die Dresdner Philharmonie als Kultureinrichtung der Landeshauptstadt Dresden (Kulturraum) wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
SA 21. JAN 2023 | 19.30 Uhr SO 22. JAN 2023 | 11.00 Uhr Orgel und Orchester ENIGMA-VARIATIONEN STANISLAW KOCHANOVSKY | Dirigent THIERRY ESCAICH | Orgel (Palastorganist und Composer in Residence) IM KULTURPALAST DRESDNER PHILHARMONIE MI 1. FEB 2023 | 20.00 Uhr Orgel und Schlagzeug THIRTEEN DRUMS CHRISTIAN SCHMITT | Orgel CHRISTOPH SIETZEN | Multipercussion SO 19. FEB 2023 | 18.00 Uhr Stummfilm und Orgel SUNRISE THIERRY ESCAICH | Orgelimprovisation (Palastorganist und Composer in Residence) MI 5. APR 2023 | 20.00 Uhr ORGEL Wagner auf der Orgel OLIVIER LATRY OLIVIER LATRY | Orgel ticket@dresdnerphilharmonie.de dresdnerphilharmonie.de © Markenfotografie
TICKETSERVICE Bleiben Sie informiert: Schloßstraße 2 | 01067 Dresden T +49 351 4 866 866 MO – SA 10 – 19 Uhr ticket@dresdnerphilharmonie.de dresdnerphilharmonie.de kulturpalast-dresden.de
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