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KOFA-STUDIE 3/2021 Lockdown am Ausbildungsmarkt Folgen für die Fachkräftesicherung
Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) Das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) ist ein Projekt des Instituts der deutschen Wirtschaft und wird gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Das KOFA unterstützt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dabei, Fachkräfte zu finden, zu binden und zu qualifizieren. Folgende Angebote bietet das KOFA: Studien: Analysen zur Fachkräftesituation Vorträge und Netzwerke: Austausch mit den in Deutschland Expertinnen und Experten vor Ort Handlungsempfehlungen und Checklisten: Webinare: Weiterbildung und Austausch vom Tipps für Ihre Personalarbeit Schreibtisch aus Praxisbeispiele: Best Practice zum Nachahmen Newsletter: regelmäßige Infos über aktuelle und Weiterdenken Trends im Themenfeld Trends: Zukunftsthemen wie digitale Bildung und Führung 4.0 Mehr Informationen auf www.kofa.de E-Mail: fachkraefte@iwkoeln.de Telefon: 0221-4981-543 twitter.com/KOFA_de facebook.com/Personalarbeit linkedin.com/company/kofa-kompetenzzentrum-fachkräftesicherung
LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT Inhalt Zentrale Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2 Begriffe und Methodik zur Bestimmung von Engpässen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 3 Trends am Ausbildungsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.1 Die langfristige Entwicklung von Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage. . . . . . . . . . . . . 7 3.2 Die Auswirkungen der Corona-Pandemie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3.3 Die Nachvermittlung nach Start des Ausbildungsjahrs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4 Angebot und Nachfrage finden immer seltener zusammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.1 Die Passung von Angebot und Nachfrage am Ausbildungsmarkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.2 Die Passung von Angebot und Nachfrage auf Berufsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 5 Der Zusammenhang von Ausbildungsmarkt und Fachkräftesicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 5.1 Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die einzelnen Ausbildungsberufe . . . . . . . . . 17 5.2 Das Ausbildungsplatzangebot in Berufen mit dem größten Fachkräftemangel . . . . . . . . . . 19 5.3 Die langfristige Entwicklung des Ausbildungsplatzangebots in Engpassberufen . . . . . . . . 20 6 Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 6.1 Empfehlungen an Betriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 6.2 Empfehlungen an die Politik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT Zentrale Ergebnisse Jugendliche fragen immer weniger Ausbildungs- den, in denen die Nachfrage vergleichsweise gering ist und plätze nach. andersherum. Damit die Jugendlichen Berufe und Betriebe kennenlernen und die Betriebe wiederum die Potenziale Am Ausbildungsmarkt gingen in den letzten Jahren sowohl der Bewerbenden entdecken können, bietet es sich an, im das Angebot an als auch die Nachfrage nach Ausbildungs- Rahmen der Berufsorientierung möglichst viele Einblicke plätzen zurück. Dabei sank die Nachfrage allerdings in die Praxis, zum Beispiel durch Praktika oder Betriebsbe- deutlich stärker als das Angebot. So ist das Ausbildungs- sichtigungen, zu ermöglichen. platzangebot von 2007 bis 2020 um 18,1 Prozent gesunken, während die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen im glei- chen Zeitraum um 24,6 Prozent gesunken ist. Damit fällt es Der Ausbildungsmarkt ist stark von der Corona- ausbildungsinteressierten Unternehmen immer schwerer, Pandemie betroffen. ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Die sich seit März 2020 ausbreitende Corona-Pandemie setzte den Ausbildungsmarkt zusätzlich unter Druck. Im Angebot und Nachfrage finden immer schwerer Jahr 2020 sind sowohl Angebot als auch Nachfrage so zusammen. stark gesunken wie noch nie. Vor allem im April und Mai 2020 haben sich sowohl weniger Betriebe als auch weniger Bei etwa gleichbleibender Zahl unversorgter Bewerberin- Bewerberinnen und Bewerber bei den Arbeitsagenturen ge- nen und Bewerber stieg die Zahl der unbesetzten Ausbil- meldet. Auch die Nachvermittlung ab Oktober 2020 konnte dungsplätze in den letzten Jahren stark. Zuletzt blieben mit keinen nennenswerten Nachholeffekt erzielen. Gerade bei fast 60.000 so viele Ausbildungsplätze unbesetzt wie noch Jugendlichen lag der Rückgang zum großen Teil an feh- nie. Dem gegenüber standen mehr als 78.000 Jugendliche, lenden Möglichkeiten zur Berufsorientierung. Vermutlich die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben. Darunter verlängerten viele Jugendliche in der aktuellen Situation befanden sich gut 29.000 unversorgte Bewerberinnen und zunächst einmal ihre Schullaufbahn, bevor sie sich für eine Bewerber; das sind die Jugendliche, die keine Alternative Ausbildung oder ein Studium entschieden. Auch im aktu- zur gewünschten Ausbildung gefunden haben. Darüber ellen Berichtsjahr setzt sich dieser Rückgang bislang fort: hinaus hatten knapp 49.000 Bewerberinnen und Bewerber Die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber hat zwar eine Alternative gefunden, wie Berufsvorbereitung, sich im Vergleich zum Vorjahr 2020 bis zum Mai 2021 sogar weiterer Schulbesuch, Studium oder sind in Erwerbstätig- noch einmal um rund acht Prozent, die der angebotenen keit eingemündet, wollten aber grundsätzlich lieber in eine Ausbildungsplätze um etwa drei Prozent reduziert. Ausbildung vermittelt werden. Auch diese Gruppe stellt ein ungenutztes Potenzial für den Ausbildungsmarkt dar. Viele unbesetzte Ausbildungsstellen in Engpass- berufen. Die Berufswünsche der Jugendlichen entsprechen häufig nicht dem Bedarf der Unternehmen. Der deutliche und sich in der Corona-Pandemie beschleu- nigende Bewerberrückgang wird in den kommenden Jahren Ein wichtiger Grund für die Passungsprobleme ist, dass massive Auswirkungen auf die Fachkräftesicherung haben. die Berufswünsche der Jugendlichen häufig nicht den Denn: Vor allem in Engpassberufen hatten die Unterneh- angebotenen Berufsausbildungsstellen entsprechen. So men Schwierigkeiten, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. gab es auf der einen Seite Berufe, in denen es verhältnis- Dort lag der Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze im mäßig viele unversorgte Bewerberinnen und Bewerber gab Jahr 2020 bei 14,6 Prozent. Bei Berufen, die im Jahr 2020 und auf der anderen Seite Berufe, bei denen die Zahl der keinen Fachkräftemangel aufwiesen, lag der Anteil un- unbesetzten Ausbildungsstellen sehr hoch war. Passungs- besetzter Ausbildungsstellen am Angebot bei 11,3 Prozent. probleme auf Berufsebene, also in einzelnen Berufen, bei In Bezug auf den Anteil der unversorgten Bewerber war der denen es sowohl viele unversorgte Bewerberinnen und Be- Unterschied zwischen Berufen mit und ohne Fachkräfte- werber als auch viele unbesetzte Ausbildungsplätze gab, mangel sogar noch größer. In Engpassberufen war der waren dagegen vergleichsweise eher selten. Trotz allem Anteil unversorgter Bewerberinnen und Bewerber mit 9,5 kam es auch vor, dass die Anforderungen der Betriebe Prozent eher gering. In Berufen ohne Fachkräfteengpässe und die Kompetenzen der Bewerberinnen und Bewerber lag dieser hingegen bei 17,0 Prozent. Dies zeigt, dass in nicht zusammenpassten. Eine entscheidende Rolle für die Berufen, die auf dem Arbeitsmarkt eng sind, die Potenziale Passungsprobleme spielten außerdem regionale Unter- auf dem Ausbildungsmarkt eher ausgeschöpft wurden. Im schiede, wenn Stellen in Regionen ausgeschrieben wer- Hinblick auf die künftige Fachkräftesicherung ist es also 4
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT wichtig, mehr junge Menschen für Ausbildungsberufe, die Das Ausbildungsplatzangebot stieg in Berufen auf dem Arbeitsmarkt eng sind, zu begeistern. mit Fachkräftemangel. Der Ausbildungsmarkt ist seit Jahren durch einen Rück- Allgemeiner Rückgang an neu abgeschlossenen gang bei den Bewerberinnen und Bewerbern geprägt. In Ausbildungsverträgen trotz einiger Ausnahmen. der Folge konnten viele Unternehmen, darunter vor allem kleine und mittlere Betriebe, ihre Ausbildungsplätze nicht Am stärksten ist die Zahl der neuen Verträge bei Touris- besetzen und schrieben diese unter Umständen erst gar muskaufleuten und in der spanlosen Metallbearbeitung nicht mehr aus. Folglich ist das Ausbildungsplatzangebot gesunken. Diese Berufe waren zwar im Jahr 2020 keine über alle Berufe hinweg von 2011 bis 2020 um insgesamt Engpassberufe mehr, wiesen allerdings in den Vorjahren 17,9 Prozent gesunken. Dabei gab es allerdings sehr unter- starke Engpässe auf. Langfristig kann der Rückgang an neu schiedliche Entwicklungen zwischen den Berufen, die auf abgeschlossenen Ausbildungsverträgen also wieder zu die unterschiedlichen Fachkräftesituationen zurückzufüh- Fachkräfteengpässen auf dem Arbeitsmarkt führen. Es gab ren sind: So stieg das Ausbildungsplatzangebot in jenen aber auch Berufe, in denen die Zahl der neuen Verträge ge- Berufen, die 2020 Fachkräfteengpässe auf dem Arbeits- stiegen ist. Dazu gehörten viele Bauberufe, wie technische markt aufwiesen, um 6,0 Prozent in den letzten neun Produktionsplanung, Rohrleitungsbau oder Kartografie. Jahren. Bei den Berufen ohne Fachkräfteengpässe sank es Damit weist der Ausbildungsmarkt ähnliche Entwicklun- hingegen um 23,5 Prozent. Hieran zeigt sich, dass Unter- gen auf wie der Arbeitsmarkt, denn die Baubranche hat nehmen auf den Fachkräftemangel reagierten, indem sie vergleichsweise wenig unter der Krise gelitten, während ihr Ausbildungsplatzangebot steigerten. Weiterhin war der Tourismus, Veranstaltungsgewerbe und Gastronomie be- Corona-bedingte Rückgang beim Ausbildungsplatzangebot sonders stark von den Lockdowns betroffen waren. bei den Engpassberufen auch bei weitem nicht so stark wie bei den Nicht-Engpassberufen. 5
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT 1. Einleitung Die duale und schulische Ausbildung ist das Rückgrat der zur akademischen Bildung führen dazu, dass sich immer Fachkräftesicherung in Deutschland. Knapp 70 Prozent weniger junge Leute für eine Ausbildungsstelle interessie- aller offenen Stellen für Qualifizierte waren im Jahres- ren. Die Corona-Pandemie hat den Trend der rückläufigen durchschnitt 2020 für Fachkräfte mit einer abgeschlosse- Zahl an abgeschlossenen Ausbildungsverträgen nochmal nen Berufsausbildung ausgeschrieben. Fast 20 Prozent verschärft; sowohl das Ausbildungsplatzangebot als auch entfielen auf Akademiker und mehr als zehn Prozent auf die Nachfrage sind zurückgegangen. Meister und Techniker. Damit sind beruflich qualifizierte Was der Rückgang der neu abgeschlossenen Ausbil- Fachkräfte elementar für die Innovationskraft und Wettbe- dungsverträge für den Arbeitsmarkt genau bedeutet und werbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Doch gerade von womit sie zu erklären sind, soll in dieser Engpassanalyse diesen Fachkräften fehlen auf dem Arbeitsmarkt besonders beschrieben werden. Dabei wird auch dargestellt, welche viele. Die Fachkräftelücke lag im Jahresdurchschnitt 2020 Unterschiede es zwischen einzelnen Berufen gibt. Zu- bei über 143.000. Insgesamt gab es knapp 614.000 offene nächst werden die langfristigen Entwicklungen auf dem Stellen für beruflich Qualifizierte. Von diesen können also Ausbildungsmarkt über die letzten 30 Jahre beschrieben knapp ein Viertel (23,4 Prozent) nicht besetzt werden. und die Effekte der Corona-Pandemie vorgestellt (Kapitel Das duale Ausbildungssystem gerät durch den demo- 3). Kapitel 4 beschreibt, wie Angebot und Nachfrage sich grafischen Wandel und eine gestiegene Studierneigung gegenüberstehen und Kapitel 5 stellt dar, was die Verände- zunehmend unter Druck, um seiner Kernaufgabe der rungen auf dem Ausbildungsmarkt für die Fachkräftesiche- Nachwuchssicherung von Fachkräften gerecht werden zu rung auf dem Arbeitsmarkt bedeuten. Kapitel 6 schließt mit können. Sinkende Schulabgängerzahlen und ein Trend Handlungsempfehlungen für Betriebe und Politik ab. 2. Begriffe und Methodik zur Bestimmung von Engpässen Für die Analyse des Arbeitsmarkts wird die von Burstedde et al. (2020) vorgestellte Methodik zur Hochrech- nung der offenen Stellen und der Bestimmung von Fachkräfteengpässen verwendet. „Ein Fachkräftemangel liegt dann vor, wenn das Angebot an passend qualifizierten Arbeitskräften in einem bestimmten Beruf in einer bestimmten Region kleiner ist als die Arbeitsnachfrage der Arbeitgeber“ (Burstedde et al., 2020, 6). Die passende Qualifikation umfasst dabei sowohl die Berufsfachlichkeit als auch das Anforderungsniveau der Stelle. Das Anforderungsniveau einer Stelle beschreibt die Qualifikation, die zur Ausübung der Tätigkeit typischerweise erforderlich ist (Tabelle 1). Tabelle 1: Anforderungsniveaus Anforderungsniveau Bezeichnung Typische Qualifikation 1 Helfer ohne formale Berufsqualifikation 2 Fachkräfte Berufsausbildung (mindestens zweijährig) Fortbildungsabschluss (z. B. Meister, Techniker, Fachwirt) 3 Spezialisten oder Bachelor 4 Experten Diplom, Master oder Promotion Quelle: KOFA-Darstellung auf Basis von BA (2011) 6
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT Da die (duale) Ausbildung wie beschrieben in der Regel für Die Engpassrelation (EPR) gibt an, wie viele passend Tätigkeiten auf Anforderungsniveau 2 auf dem Arbeitsmarkt qualifizierte Arbeitslose je 100 offenen Stellen gegenüber- vorbereitet, werden in der vorliegenden Analyse aus- stehen. Liegt die EPR unter 100, ist der Beruf ein Eng- schließlich Berufsgattungen des Niveaus 2 analysiert. passberuf. Die Fachkräftelücke gibt in absoluten Zahlen an, wie viele passend qualifizierte Arbeitslose in einem Die Analyse zur Fachkräftesituation beruht auf Daten zu ge- Beruf rechnerisch fehlen, um alle offenen Stellen besetzen meldeten offenen Stellen und registrierten Arbeitslosen der zu können. Sie ist die Differenz aus offenen Stellen und Bundesagentur für Arbeit (BA) auf der Ebene der Berufsgat- Arbeitslosen. Gibt es mehr Arbeitslose als Stellen, ist die tungen nach der Klassifikation der Berufe 2010 (BA, 2011). Fachkräftelücke Null. Wird die Fachkräftelücke in Relation Während bei den Arbeitslosen eine Vollerhebung vorliegt, zu den offenen Stellen gesetzt, erhält man die Stellenüber- werden nicht alle offenen Stellen bei der BA gemeldet. Zur hangsquote. Sie beschreibt damit den Anteil der offenen Berechnung der offenen Stellen werden deshalb Informa- Stellen, für die es keine passend qualifizierten Arbeitslo- tionen zu Meldequoten, das heißt, dem Anteil der gemel- sen gibt, an allen offenen Stellen. deten Stellen an allen offenen Stellen, aus der IAB-Stellen- erhebung einbezogen. Die Meldequote für Fachkräfte und Es sei zudem darauf hingewiesen, dass sich die Berufsgat- Spezialistinnen/Spezialisten liegt bei etwa 50 Prozent, die tungen der Klassifikation der Berufe aus mehreren Einzel- für Expertinnen/Experten bei etwa 30 Prozent. Gemeldete berufen und Tätigkeiten zusammensetzen, für die jedoch Zeitarbeitsstellen werden nur etwa zur Hälfte berücksich- keine differenzierten Informationen vorliegen. So umfasst tigt, da diesen nicht immer eine reale Arbeitskräftenach- beispielsweise der Beruf Fachkraft für Fleischverarbeitung frage gegenübersteht. Die so hochgerechneten offenen nach KldB 2010 die Einzelberufe Schlachter/-in, Metzger/- Stellen bilden die Grundlage für die folgenden Indikatoren. in, Fleischbearbeitung und Verkauf. 3. Trends am Ausbildungsmarkt Im folgenden Kapitel werden langfristige Trends am Ausbil- Auswirkungen der Corona-Krise in den Blick genommen. dungsmarkt in Hinblick auf Angebot an und Nachfrage nach Zuletzt wird die Nachvermittlung des sogenannten „fünften Ausbildungsplätzen analysiert. Anschließend werden die Quartals“ beschrieben. 3.1 Die langfristige Entwicklung von Ausbildungs platzangebot und -nachfrage Das Ausbildungssystem ist unter Druck. Durch die Coro- Ausbildungsmarkt erst im Jahr 2011 einen positiven Effekt. na-Krise vermehrten sich die Schwierigkeiten noch. Die In den darauffolgenden Jahren sank das Ausbildungsplatz- Relation zwischen Angebot und Nachfrage veränderte sich. angebot wieder. Trotz des hohen Wirtschaftswachstums Seit 2009 entfiel im Zeitverlauf auf jede angebotene Aus- verblieben Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplät- bildungsstelle eine geringere Nachfrage von Seiten der Ju- zen bis 2017 auf einem niedrigen Niveau. Die Richtungen gendlichen (Abbildung 1). Trotz der hohen Nachfrage nach der Entwicklungen blieben aber ähnlich. Dies gilt bis zum Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt fiel langfristig seit 2007 aktuellen Rand, als im Zuge der Corona-Krise die Wirtschaft im Trend sowohl das Angebot als auch die Nachfrage nach massiv eingebrochen ist. Im gleichen Jahr sanken auch An- Ausbildungsplätzen. Dabei gab es allerdings viele Schwan- gebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen so stark wie kungen. Die Abbildung zeigt außerdem, wie sich der Aus- seit 1992 nicht mehr. Gründe dafür sind neben demografi- bildungsmarkt lange Zeit sehr deutlich an der Konjunktur schen Entwicklungen insbesondere auch die gestiegene orientierte. Die Wirtschaftskrise im Jahr 2009 führte auch Studierneigung der jungen Bevölkerung. 2001 wurden die bei den Ausbildungsplätzen zu einem deutlichen Einbruch. neuartigen Bachelor- und Masterstudiengänge eingeführt. Das im Jahr 2010 folgende Wirtschaftswachstum hatte am 7
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT Abbildung 1: Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage im Zeitverlauf BIBB-Definition, jeweils zum Stichtag 30.09.; Wirtschaftswachstum auf der rechten Achse, in Prozent 10 800.000 8 6 700.000 4 2 0 600.000 -2 -4 -6 500.000 -8 -10 -12 400.000 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 Ausbildungsangebot Ausbildungsnachfrage Wirtschaftswachstum Hinweis: Die hier verwendete Definition der Ausbildungsnachfrage umfasst nur Bewerbende ohne Alternative (alte Definition) Hinzu kommen noch Bewerber mit Alternative zur Berufsausbildung (s. Kapitel 4). Diese werden erst seit 2007 in die Nachfragedefinition inkludiert. Quelle: KOFA-Berechnung auf Basis von Daten des BIBB und DESTATIS, 2021 Im Zuge der Corona-Krise war der Rückgang an Angebot Corona hatte große Auswirkungen auf die Ausbildung und und Nachfrage besonders stark. Die neu abgeschlossenen stellte diese vor wesentliche Herausforderungen. Prüfun- Ausbildungsverträge sind um 11,0 Prozent gesunken. Dies gen für Auszubildende wurden bei etwa der Hälfte der überstieg sogar den Rückgang der neuen Ausbildungs- Ausbildungsbetriebe verschoben; knapp ein Drittel gab an, verträge von 8,4 Prozent im Zuge der Wirtschafts- und dass die Ausbildungsinhalte nicht wie geplant vermittelt Finanzkrise im Jahr 2009. Die Aussichten für das laufende werden konnten. In jedem fünften ausbildenden Betrieb Berichtsjahr stehen nicht bedeutend besser. So gaben im konnten die Auszubildenden wegen Kurzarbeit nicht im Dezember 2020 rund zehn Prozent der ausbildenden Unter- gewohnten Umfang betreut werden oder tätig sein. In 13 nehmen an, dass sie im Ausbildungsjahr 2021/2022 auf- Prozent der ausbildenden Betriebe wurde die Ausbildung grund der Corona-Pandemie weniger oder gar keine Ausbil- durch Homeoffice beeinträchtigt. Darüber hinaus sind bei dungsplätze im dualen System besetzen wollen (Bellmann jedem zehnten Betrieb die Ausbilderinnen und Ausbilder et al., 2021). Dabei gaben 93 Prozent der betroffenen Unter- zeitweise ausgefallen (Bellmann et al., 2020). nehmen unsichere Geschäftserwartungen und 71 Prozent finanzielle Gründe als Ursachen an. Fehlende räumliche und personelle Kapazitäten nannten rund ein Drittel. 3.2 Die Auswirkungen der Corona-Pandemie Um die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Detail zu werden, dass die hier dargestellten Zahlen die Situation untersuchen und aktuelle mit vorherigen Entwicklungen auf dem Ausbildungsmarkt unterschätzen können, wenn zu vergleichen, wurde die Entwicklung der gemeldeten nicht alle Ausbildungsstellen sowie Bewerberinnen und Ausbildungsstellen und die Entwicklung der gemeldeten Bewerber bei der BA gemeldet werden. Dennoch können in Bewerbenden über die einzelnen Monate der letzten drei den Zahlen wichtige Strukturen erkannt werden. Berichtsjahre untersucht. Dabei muss berücksichtigt 8
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT Insgesamt zeigte sich im Berichtsjahr 2019/2020 ein Gut die Hälfte aller Ausbildungsstellen wird bereits zu Be- deutlicher negativer Effekt der Corona-Krise auf die Anzahl ginn eines jeweiligen Berichtsjahres im Oktober gemeldet. der gemeldeten Ausbildungsstellen. Im April und Mai des Bis Ende Januar waren in den letzten drei Berichtsjahren Jahres 2020 brach aufgrund des Corona-Schocks die Zahl jeweils bereits über 70 Prozent der Ausbildungsstellen der gemeldeten Ausbildungsstellen ein (Abbildung 2). registriert. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass in Allerdings lag die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen den Zahlen für Oktober auch die Vormonate enthalten sind, bereits vor Beginn der Krise, also von Oktober 2019 bis falls die Ausbildungsstellen/Bewerbungen schon vorher Februar 2020, unter jener des Vorjahres. Das Berichtsjahr gemeldet wurden, aber der gewünschte Ausbildungsbe- 2020/2021 startete im Oktober 2020 schon mit einem we- ginn der Stelle/Bewerbung im darauffolgenden Berichts- sentlich geringeren Niveau an Stellen. Auch der Zuwachs jahr liegt. In den Stellen/Bewerbenden, die für Oktober in den Folgemonaten war geringer als in den vorangegan- ausgewiesen sind, befinden sich also auch die Stellen, genen Jahren. Erst im März, April und Mai des Jahres 2021 die in den Vormonaten gemeldet worden sind, deren wurden wieder mehr Stellen gemeldet als im Vorjahr. Dies gewünschter Ausbildungsbeginn aber erst im folgenden ist aufgrund des Schocks, den die Corona-Pandemie zu Berichtsjahr ist (BA, 2019). Die restlichen Stellen werden Beginn des Jahres 2020 ausgelöst hatte, allerdings auch in der Regel abnehmend über das übrige Berichtsjahr ge- nicht verwunderlich. meldet. Abbildung 2: Zuwachs an gemeldeten Ausbildungsstellen zum Vormonat 300.000 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0 Oktober November Dezember Januar Februar März April Mai Juni Juli August September 2018/2019 2019/2020 2020/2021 Quelle: KOFA-Berechnung auf Basis von Sonderauswertungen der BA, 2021 Während der Stellenzuwachs im Februar 2020 noch auf dafür lagen die zusätzlich gemeldeten Stellen von März dem Niveau der Vorberichtsjahre lag, zeigte sich im März bis Mai 2021 über den, krisenbedingt niedrigen, Werten 2020 ein leichter und im April und Mai 2020 dann ein sehr des Vorjahres. Während im Februar 2021 noch 8,6 Prozent starker Effekt auf den Zuwachs der gemeldeten Stellen in weniger Stellen gemeldet waren als im Februar 2020, lag den jeweiligen Monaten. Im April 2020 wurden über 12.000 dieser Rückstand zum Vorjahr im Mai 2021 nur noch bei 3,2 Ausbildungsstellen weniger gemeldet als im April 2019. Prozent. Im Juni 2020 passte sich der Zuwachs wieder den Vorjah- Auch die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Be- ren an und leichte Aufholtendenzen waren zu erkennen. werber lag im Berichtsjahr 2019/2020 deutlich unter jener Trotz allem wurden im Berichtsjahr 2019/2020 insgesamt des Vorjahres. Insgesamt wurden gut 38.000 Bewerbende über 40.000 Ausbildungsstellen weniger gemeldet als weniger gemeldet als noch im Berichtsjahr 2018/2019. Bei 2018/2019. Auch das Berichtsjahr 2020/2021 startete Bewerberinnen und Bewerbern, die sich bei der BA wegen bereits mit weniger gemeldeten Stellen im Oktober 2020, einer Ausbildungsstelle melden, lässt sich hinsichtlich 9
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT des Meldeverhaltens ein ähnliches Muster erkennen wie Bewerber registriert. Der Zuwachs an gemeldeten Bewer- bei den Stellen. Die meisten Bewerbenden für einen Aus- benden im Vergleich zum Vormonat über die letzten drei bildungsbeginn zum kommenden September melden sich Berichtsjahre zeigt, dass auch von der Bewerberseite ein bereits im Oktober bei der BA (knapp 40 Prozent), bis Ende Effekt der Corona-Krise zu erkennen ist (Abbildung 3). Januar sind bereits über 60 Prozent der Bewerberinnen und Abbildung 3: Zuwachs an gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern zum Vormonat 300.000 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0 Oktober November Dezember Januar Februar März April Mai Juni Juli August September 2018/2019 2019/2020 2020/2021 Quelle: KOFA-Berechnung auf Basis von Sonderauswertungen der BA, 2021 Im April 2020 meldeten sich über 11.000 Bewerberinnen Seit April 2021 überstieg der Zuwachs an neu gemeldeten und Bewerber weniger als noch im Vorjahr 2019 wegen Bewerberinnen und Bewerbern den Wert von 2020. Es einer Ausbildungsstelle bei der BA. Auch im Mai und Juni bleibt zu hoffen, dass sich dieser Trend mit einer Entspan- 2020 war noch ein deutlicher Rückstand zu erkennen. In nung der Corona-Krise weiter fortsetzt. Wenn die gemelde- den letzten drei Monaten des Berichtsjahres überstiegen ten Ausbildungsstellen und Bewerbenden weiter zurück- die Bewerberzahlen leicht die Werte des Vorjahres. Der Be- gehen, kann dies in der Zukunft zu Fachkräfteengpässen ginn des Berichtsjahres 2020/2021 zeigt, dass die Zahl der auf dem Arbeitsmarkt führen. Letztlich sind allerdings die gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber noch deutlich realisierten Ausbildungsverträge entscheidend. Daher ist unter den Werten des Vorjahres lag. Bis Mai 2021 zeigte neben der Versorgung mit genügend Ausbildungsstellen sich ein Rückgang an gemeldeten Bewerbenden von 8,3 sowie Bewerberinnen und Bewerbern besonders auch Prozent im Vergleich zum Vorjahr. das Matching von Stellen und Bewerbenden wichtig. Im nächsten Kapitel wird daher näher auf die Problematik der Zuordnung von Stellen sowie Bewerberinnen und Bewer- bern eingegangen. METHODIK: Zur Zahl der gemeldeten Bewerberinnen res ausgewiesen. Das bedeutet, jede/-r Bewerber/-in und Bewerber sowie Ausbildungsstellen in einem Jahr. bzw. jede Berufsausbildungsstelle, die mindestens Das von der BA genannte Berichtsjahr bezieht sich auf einmal während des Berichtsjahres gemeldet war, den Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 30. September bleibt statistisch bis zum Ende des Berichtsjahres in des folgenden Jahres. Bewerberinnen und Bewerber der Grundgesamtheit enthalten (Prinzip der Anwesen- sowie Berufsausbildungsstellen werden von Seiten heitsgesamtheit), auch wenn der Vermittlungsauftrag der BA jeweils kumuliert seit Beginn des Berichtsjah- zwischendurch beendet wurde (BA, 2019). 10
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT 3.3 Die Nachvermittlung nach Start des Ausbildungsjahrs Die Monate Oktober, November und Dezember werden Allerdings werden von der BA in den Berichten zum fünften auch als „fünftes Quartal“ der Ausbildungsvermittlung im Quartal nur diejenigen Bewerberinnen und Bewerber Anschluss an das jeweilige Berichtsjahr von Oktober bis angegeben, die spätestens am 31.12. eines jeweiligen September bezeichnet. Bewerberinnen und Bewerber, die Jahres eine Ausbildung beginnen möchten bzw. diejenigen bis zum Stichtag 30.09. keinen Ausbildungsplatz gefunden Stellen, für die der Ausbildungsbeginn noch innerhalb des haben, können sich als noch ausbildungssuchend melden jeweiligen Jahres vorgesehen ist. Die letzten Zahlen zu und auf eine Stelle mit Ausbildungsbeginn bis zum Ende den Bewerberinnen und Bewerbern und Stellen im fünften des laufenden Kalenderjahres hoffen. Ebenso können sich Quartal werden im Januar herausgegeben. Auch Unterneh- Bewerbende melden, die zuvor noch keine Ausbildung men, die ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen konnten gesucht hatten. Die Nachvermittlung kann grundsätzlich oder kurzfristig neue Ausbildungsstellen ausschreiben auch über den Dezember hinaus gehen. So gibt es einige möchten, können die Nachvermittlung nutzen. Aufgrund Kammern, die einen Ausbildungsbeginn im laufenden der im Corona-Jahr 2020 niedrigeren Stellen- und Bewer- Ausbildungsjahr, das normalerweise im September startet, berzahlen wurde häufig auf einen Aufholeffekt während sogar im Februar zulassen. des sogenannten fünften Quartals 2020 gehofft. Abbildung 4: Gemeldete Ausbildungsstellen der Nachvermittlung Kumulierte Stichtagswerte im jeweiligen Monat 80.000 70.000 74.598 74.005 71.544 71.513 70.637 68.358 66.794 60.000 66.114 64.262 63.596 63.246 60.431 50.000 40.000 30.000 20.000 10.000 0 November Dezember Januar 2017 2018 2019 2020 Quelle: KOFA-Berechnung auf Basis von Sonderauswertungen der BA, 2021 Bei der Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen im Nach- lung knapp 14 Prozent aller Stellen mit Ausbildungsbeginn vermittlungszeitraum 2020 zeigt sich ein positiver Effekt im Jahr 2020 aus. In den Vorjahren belief sich dieser Anteil im Vergleich zum fünften Quartal 2019 von etwa 8.000 auf etwa 12 Prozent. Es kann also nicht von einer Kompen- zusätzlichen Stellen (11,7 Prozent). Bis September wurden sation der zuvor im Jahr 2020 nicht gemeldeten Stellen jedoch knapp 37.000 Stellen weniger als noch im Vorjahr gesprochen werden. gemeldet. Insgesamt machten die Stellen der Nachvermitt- 11
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT Die Bewerberzahlen im Nachvermittlungszeitraum 2020 43 Prozent der gemeldeten Bewerbenden der Nachvermitt- stiegen um etwa 12.000 im Vergleich zum Vorjahr (19,3 Pro- lung waren im Januar 2021 noch unversorgt, dieser Anteil zent). Insgesamt gab es allerdings knapp 40.000 Bewerbe- entspricht in etwa dem der beiden Vorjahre (BA, 2021). rinnen und Bewerber weniger als noch im Vorjahr. Die Be- Von allen gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern im werberinnen und Bewerber der Nachvermittlung machten Berichtsjahr 2019/2020 blieben dagegen lediglich 6,2 einen Anteil von knapp 16 Prozent aller Bewerberinnen und Prozent unversorgt. In den beiden Vorjahren zeigten sich Bewerber mit gewünschtem Ausbildungsbeginn im Jahr noch geringere Werte (4,8 Prozent und 4,6 Prozent). Damit 2020 aus. In den Vorjahren war dieser Anteil mit knapp 13 können während des Zeitraums der Nachvermittlung Be- Prozent etwas geringer. Genau wie im Vorjahr befand sich werberinnen und Bewerber grundsätzlich bei weitem nicht etwa jede fünfte Bewerberin bzw. jeder fünfte Bewerber der so effektiv untergebracht werden wie vor dem regulären Nachvermittlung anschließend in Ausbildung. Ausbildungsbeginn. Abbildung 5: Gemeldete Bewerberinnen und Bewerber der Nachvermittlung Kumulierte Stichtagswerte im jeweiligen Monat 80.000 70.000 76.560 72.789 68.718 66.717 60.000 64.853 64.198 63.589 61.112 60.358 50.000 53.960 53.609 50.456 40.000 30.000 20.000 10.000 0 November Dezember Januar 2017 2018 2019 2020 Quelle: KOFA-Berechnung auf Basis von Sonderauswertungen der BA, 2021 12
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT 4. Angebot und Nachfrage finden immer seltener zusammen Eine wichtige Bedingung für das Funktionieren des Ausbil- abgeleitet werden können, sollte analysiert werden, aus dungsmarktes ist, dass das Angebot an Ausbildungsstellen welchen Gründen, zum Beispiel berufliche oder qualifika- und die Nachfrage nach diesen sich in etwa entsprechen. torische Gründe, es zu Diskrepanzen zwischen Angebot Dies ist allerdings nicht immer der Fall. Um zu wissen, und Nachfrage kommt. welche Handlungsempfehlungen an Wirtschaft und Politik 4.1 Die Passung von Angebot und Nachfrage am Ausbildungsmarkt Betriebe, die ausbilden wollen, hatten in den letzten Jah- Der Anteil unversorgter Bewerbender ohne Alternative an ren immer mehr Schwierigkeiten, Auszubildende zu finden. allen unversorgten Bewerbenden ist seit 2010 von 14,5 Pro- Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen ist so hoch zent auf 37,5 Prozent im Jahr 2020 gestiegen. Im weiteren wie noch nie. Gleichzeitig ist aber auch die Zahl der unver- Verlauf des Textes werden unter der Bezeichnung „unver- sorgten Bewerberinnen und Bewerber sehr hoch (Abbil- sorgte Bewerberinnen und Bewerber“ sowohl die Bewer- dung 4). Zu den unversorgten Bewerbenden gehören alle, berinnen und Bewerber, die am 30.09. eine Alternative die am 30.09. noch einen offenen Vermittlungswunsch bei haben, als auch die Bewerberinnen und Bewerber ohne der BA haben, also zum Stichtag keinen Ausbildungsplatz Alternative subsummiert. gefunden haben und weiterhin in eine Ausbildung ver- Die Grafik zeigt, dass auf dem Ausbildungsmarkt im Aggre- mittelt werden möchten. Dabei lässt sich unterscheiden gat betrachtet immer mehr Passungsprobleme herrschen, zwischen unversorgten Bewerberinnen und Bewerbern da es zuletzt sowohl viele unversorgte Bewerber und Be- mit Alternative sowie Bewerberinnen und Bewerbern ohne werberinnen als auch unbesetzte Ausbildungsstellen gab. Alternative. Zu den Alternativen gehören Berufsvorberei- Der Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen am Angebot lag tungen, weiterer Schulbesuch, Studium oder die Erwerbs- 2020 bei 11,4 Prozent, 2019 waren es noch 9,2. Auch der tätigkeit. Anteil unversorgter Bewerberinnen und Bewerber an der Im Jahr 2020 gab es knapp 29.000 unversorgte Bewerben- Nachfrage ist mit 14,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr de ohne Alternative. Hinzu kamen knapp 49.000 Bewer- (12,7 Prozent) leicht gestiegen. Dies ist auch eine Folge der bende, die zwar eine Alternative wie ein Studium, einen Corona-Pandemie, die es für Jugendliche und Betriebe we- Schulbesuch oder eine berufsvorbereitende Maßnahme sentlich schwieriger gemacht hat, sich durch Praktika oder begannen, aber zum 30.09. ihren Vermittlungswunsch für Messen kennenzulernen. Es gab zwar einige Bestrebungen, eine Ausbildung immer noch aufrechterhielten. Demgegen- digitale Messen durchzuführen, in der Masse sind diese über standen fast 60.000 unbesetzte Ausbildungsplätze. aber noch nicht angekommen. 13
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT Abbildung 6: Unbesetzte Ausbildungsstellen und unversorgte Bewerberinnen und Bewerber (mit und ohne Alternative) im Zeitverlauf Jeweils zum Stichtag 30.09. 100.000 80.000 72.270 62.529 60.315 60.255 60.054 56.508 49.197 48.888 60.348 54.078 60.804 60.000 53.136 59.949 57.657 48.984 40.000 43.479 41.592 37.101 33.738 33.273 29.556 24.525 29.349 20.000 24.540 23.712 19.497 20.871 21.033 20.781 20.550 15.636 12.249 11.322 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Unbesetzte Ausbildungsstellen Unversorgte Bewerber ohne Alternative Unversorgte Bewerber mit Alternative Quelle: KOFA-Berechnung auf Basis von Sonderauswertungen des BIBB und der BA, 2021 Es kann verschiedene Gründe für unbesetzte Ausbildungs- kommen, wenn es beispielsweise in einer Region unbe- plätze oder unversorgte Bewerberinnen und Bewerber setzte Ausbildungsplätze in einem bestimmten Beruf gibt, geben. Dazu gehören regionale und berufliche Disparitä- die interessierten Bewerberinnen und Bewerber für diesen ten. In manchen Berufen fehlt es an Ausbildungsplätzen, Beruf aber in einer ganz anderen Region zu finden sind. andere finden nicht genügend Bewerberinnen und Be- Im folgenden Kapitel werden daher Passungsprobleme auf werber. Zudem kann es zu regionalen Passungsproblemen Berufsebene untersucht 4.2 Die Passung von Angebot und Nachfrage auf Berufsebene Um die zuvor angesprochenen Passungsprobleme auf auch auf Ebene der einzelnen Berufen zutrifft. Äquivalent Berufsebene näher zu betrachten, wurden im Folgenden zur Aggregatsebene liegt ein Passungsproblem auf Berufs- die Anzahl gemeldeter unbesetzter Ausbildungsstellen ebene dann vor, wenn ein Ausbildungsberuf sowohl von und gemeldeter unversorgter Bewerberinnen und Bewer- einem hohen Anteil an unbesetzten Ausbildungsstellen als ber in Relation zu Angebot und Nachfrage gesetzt, jeweils auch einen hohen Anteil unversorgter Bewerberinnen und zum Stichtag 30.09.2020 (Abbildung 7). Diese Abbildung Bewerber betroffen ist. basiert auf 170 Berufsgattungen der KldB 2010, in denen Berufe mit lediglich einem hohen Anteil an unversorgten 2020 mindestens 100 neue Ausbildungsverträge abge- Bewerberinnen und Bewerbern sind von einem Versor- schlossen wurden und die einem oder mehreren Ausbil- gungsproblem und Berufe mit einem hohen Anteil an dungsberufen zugeordnet sein können. Von diesen Berufen unbesetzten Ausbildungsplätzen von einem Besetzungs- waren 73 Berufe auf dem Arbeitsmarkt im Jahr 2020 Eng- problem betroffen. Die beiden letzten Fälle entstehen passberufe (in der Abbildung lila dargestellt). dann, wenn die Berufswünsche der Bewerber nicht den Im Aggregat ist der Ausbildungsmarkt von Passungsproble- angebotenen Ausbildungsberufen entsprechen. men, also von einem hohen Anteil sowohl unbesetzter Aus- Es stellt sich die Frage, ab wann von einem „hohen Anteil“ bildungsstellen als auch unversorgter Bewerber, gekenn- gesprochen werden kann. Ein Blick auf die Verteilung des zeichnet. Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass dies Anteils der unbesetzten Ausbildungsplätze zeigt, dass die 14
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT Hälfte aller Ausbildungsberufe einen Anteil unbesetzter zent. Ein gewisser Anteil an unbesetzten Ausbildungsstel- Ausbildungsstellen von bis zu zehn Prozent aufwies. Etwa len ist also nicht unbedingt ungewöhnlich. Dies bedeutet 70 Prozent der Berufe wiesen sogar einen Anteil unbesetz- aber nicht, dass ein Anteil von zehn Prozent nicht auch ter Ausbildungsstellen von bis zu 15 Prozent aus. Etwa 30 schon problematisch sein kann. Prozent der Betriebe hatten einen Anteil von über 15 Pro- Abbildung 7: Relation Anteil unversorgter Bewerberinnen und Bewerber an der Nachfrage und Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze am Angebot Ein Punkt steht für einen Beruf 70 % 60 % Holzbearbeitungs- Anteil unversorgter Bewerber an der Nachfrage mechaniker/-in 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % Verkauf von Fleischwaren 0% 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % Anteil unbesetzer Ausbildungsstellen am Angebot Kein Engpassberuf 2020 Engpassberuf 2020 Hinweis: Nur Berufe mit mindestens 100 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Quelle: KOFA-Berechnung auf Basis von Sonderauswertungen des BIBB und der BA, 2021 Die Abbildung zeigt, dass Berufe, die am Arbeitsmarkt von tatsächlich sogar mehr gemeldete Ausbildungsstellen, die Engpässen betroffen waren (lila eingefärbt) tendenziell unbesetzt geblieben sind (1.881), als neu abgeschlossene eher Besetzungsprobleme aufwiesen. Hier fehlten also Ausbildungsverträge (1.212). Ähnlich hoch waren diese häufig Bewerberinnen und Bewerber, um die von den Werte in der Fleischverarbeitung mit 46,5 Prozent bezie- Unternehmen angebotenen Stellen zu besetzen als in hungsweise 5,2 Prozent. Hier lagen also besonders starke Nicht-Engpassberufen. Bei den Engpassberufen lag der Besetzungsprobleme vor. durchschnittliche Anteil unversorgter Bewerbender bei 9,5 Weitere Berufe mit starken Besetzungsproblemen waren Prozent, bei den Nicht-Engpassberufen bei 17,0 Prozent. beispielsweise der/die Kanalbauer/-in, Klempner/-in, Der Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze lag bei den Fachverkäufer/-in für Back- und Konditoreiwaren oder Fach- Engpassberufen bei durchschnittlich 14,6 Prozent. Bei den kraft in der Baustoffherstellung. In diesen Berufen lagen Nicht-Engpassberufen lag er bei 11,3 Prozent. auch am Arbeitsmarkt Engpässe vor. Bei Fachkräften für Ka- Ein besonders hoher Anteil an unbesetzten Ausbildungs- nal- und Tunnelbau konnte am Arbeitsmarkt im Jahr 2020 stellen bei gleichzeitig kaum unversorgten Bewerberin- die Hälfte der offenen Stellen (50,1 Prozent) rein rechne- nen und Bewerbern lag beispielsweise beim Verkauf von risch nicht mit passend qualifizierten Arbeitslosen besetzt Fleischwaren vor. Hier lag der Anteil unbesetzter Ausbil- werden, auch in der Klempnerei waren es 46,7 Prozent. dungsstellen am Angebot bei 60,8 Prozent, während der Ein Versorgungsproblem lag beispielsweise in der Tierpfle- Anteil unversorgter Bewerberinnen und Bewerber nur 2,9 ge sowie der Bild- und Tontechnik vor. Hier gab es deutlich Prozent betrug. Es gab in absoluten Zahlen in diesem Beruf mehr unversorgte Bewerberinnen und Bewerber als unbe- 15
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT setzte Ausbildungsstellen. In der Tierpflege lag der Anteil der Anteil unversorgter Bewerbender bei 52,2 Prozent. unversorgter Bewerbender an der Nachfrage bei 53,8 Pro- Allerdings handelt es sich hierbei auch um einen etwas zent, der Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen bei nur 1,8 kleineren Beruf mit insgesamt 141 neu abgeschlossenen Prozent. In der Bild- und Tontechnik standen einem Anteil Ausbildungsverträgen bundesweit. Es könnte sich hierbei von 47,8 Prozent unversorgten Bewerberinnen und Bewer- also um regionale Passungsprobleme handeln. Ähnlich bern am Angebot nur ein Anteil von 1,9 Prozent unbesetzter sah es bei den Kaufleuten für Versicherungen und Invest- Ausbildungsstellen entgegen. Hier gab es insgesamt 610 mentfonds aus, hier standen einem Anteil von 21,9 Prozent gemeldete unversorgte Bewerberinnen und Bewerber und unbesetzter Ausbildungsstellen 22,8 Prozent unversorgte nur 13 gemeldete unbesetzte Ausbildungsstellen. Bewerberinnen und Bewerber entgegen. Berufe mit Passungsproblemen sind von sowohl vielen Obwohl der Ausbildungsmarkt im Aggregat betrachtet unbesetzten Ausbildungsstellen als auch unversorgten Passungsprobleme aufwies, da es sowohl hohe Zahlen Bewerberinnen und Bewerbern gekennzeichnet. Grund- an unbesetzten Ausbildungsstellen als auch unversorg- sätzlich zeigt die Grafik allerdings, dass nicht viele Berufe ten Bewerberinnen und Bewerbern gab, waren einzelne von starken Passungsproblemen gekennzeichnet waren. Berufe mit Passungsproblemen allerdings weniger häufig. Dies bedeutet, dass nur wenige Berufe gleichzeitig hohe Vielmehr schienen auf dem Ausbildungsmarkt Besetzungs- Werte unbesetzter Ausbildungsstellen und unversorgter sowie Versorgungsprobleme vorzuherrschen. Dies deutet Bewerberinnen und Bewerber aufwiesen. Ein Beispiel darauf hin, dass die Interessen der Bewerberinnen und für einen Beruf mit Passungsproblemen ist zum Beispiel Bewerber häufig nicht mit dem Bedarf des Arbeitsmarktes der/die Holzbearbeitungsmechaniker/-in. Hier lag der übereinstimmen. Anteil unbesetzter Stellen am Angebot bei 34,7 Prozent, 16
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT 5. Der Zusammenhang von Ausbil dungsmarkt und Fachkräftesicherung 5.1 Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die einzelnen Ausbildungsberufe Die Entwicklungen des Ausbildungsmarktes beeinflussen engpassberufen stärker gesunken als in Engpassberufen. unmittelbar die Fachkräftesituation auf dem Arbeitsmarkt Tendenziell ist der Rückgang der neu abgeschlossenen in näherer Zukunft. Nur wenn genügend Nachwuchs- Ausbildungsverträgen stärker, je geringer die Fachkräftelü- fachkräfte ausgebildet werden, können Fachkräfteeng- cke ist und je stärker der Rückgang der Fachkräftelücke ist. pässe verhindert oder verringert und eine Versorgung des Trotz eines allgemeinen Rückgangs von Angebot und Nach- Arbeitsmarktes mit Fachkräften sichergestellt werden. Eine frage am Ausbildungsmarkt im Zuge des „Corona-Jahrs“ sinkende Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsver- 2020, gibt es allerdings auch Berufe, in denen die Anzahl träge stellt daher vor allem in Engpassberufen ein Problem neu abgeschlossener Ausbildungsverträge trotz allem dar. Es ist wichtig, dass Bewerbende und Unternehmen sogar gestiegen ist (Abbildung 8). Die Engpassrelation zusammenfinden, insbesondere in den Berufen, in denen beschreibt, wie viele passend qualifizierte Arbeitslose auf bereits Fachkräfteengpässe auf dem Arbeitsmarkt herr- 100 offene Stellen in einem Beruf kommen. Liegt sie unter schen. Über alle Ausbildungsberufe hinweg ist die Zahl der 100, gilt ein Beruf als Engpassberuf; hier könnten also neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Vergleich schon allein rechnerisch nicht alle Stellen passend besetzt zum Vorjahr um 11,0 Prozent gesunken. Dabei gibt es große werden. Sieben der zehn Berufe mit dem größten Anstieg Unterschiede zwischen den Berufen, die im Jahr 2020 an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen von 2019 Engpässe aufwiesen und denen, die im Jahr 2020 keine nach 2020 waren im Jahr 2020 Engpassberufe am Arbeits- Engpässe aufwiesen. Bei den Engpassberufen sank die markt. Diese Berufe waren auch im Jahr davor bereits Eng- Zahl der neuen Verträge um 4,1 Prozent. Bei den Nicht-Eng- passberufe, wobei die Engpasssituation zuvor sogar noch passberufen sank die Zahl dagegen um ganze 14,6 Prozent. angespannter war. Auch die Zahl der Bewerbenden und Stellen ist in Nicht- Abbildung 8: Top-10-Berufe mit dem größten Anstieg an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Vergleich zum Vorjahr in Prozent, Stichtag 30.09. Engpass- Engpass- relation * relation * 2020 2019 85 57 Techn. Produktionsplanung 25,0 und -steuerung 40 27 Rohrleitungsbau 23,0 Servicefachkräfte im Straßen- 13,4 61 36 und Schienenverkehr 85 * Kartografie 12,3 * * Obst- und Gemüsebau 12,0 237 228 Friedhofsgärtnerei 10,9 50 35 Kanal- und Tunnelbau 10,3 140 137 Holzbe- und -verarbeitung 9,3 70 54 Baustoffherstellung 9,1 68 54 Zimmerei 9,0 0 5 10 15 20 25 Hinweis: Nur Berufe mit mindestens 100 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Die Engpassrelation bildet das Verhältnis aus Arbeitslosen und offenen Stellen ab. Ein Beruf gilt als Engpassberuf, wenn weniger als 100 passend qualifizierte Arbeitslose auf 100 offene Stellen kommen. Engpassberufe in Rot. Quelle: KOFA-Berechnung auf Basis von Sonderauswertungen des BIBB, der BA und des IAB, 2021 17
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT Die Berufe mit den größten Rückgängen an neu ab- Berufen besonders problematisch. Ausbildungsberufe der geschlossenen Ausbildungsverträgen hingegen zeigen Tourismus- oder Veranstaltungsbranche litten besonders ein anderes Bild (Abbildung 9). Keiner der zehn Berufe an den Auswirkungen der Corona-Krise. Zwar sank die Zahl verzeichnete im Jahr 2020 Engpässe am Arbeitsmarkt. Bei der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in einigen allen dargestellten Berufen war die Engpassrelation im dieser Berufe auch zuvor bereits leicht, der negative Effekt Jahr 2019 allerdings geringer, also war die Arbeitsmarkt- der Krise ist aber dennoch deutlich zu erkennen. Eine Aus- situation in allen Berufen angespannter. Bei den Touris- nahme bildet die Fachkraft für Veranstaltungstechnik, hier muskaufleuten, in der spanlosen Metallbearbeitung und war die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträ- in der industriellen Gießerei gab es sogar Engpässe. Daher ge in den letzten Jahren bis 2019 stetig gestiegen. ist ein Rückgang der neuen Ausbildungsverträge in diesen Abbildung 9: Top-10-Berufe mit dem größten Rückgang an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Vergleich zum Vorjahr in Prozent, Stichtag 30.09. Engpass- Engpass- relation * relation 2020 2019 -50,6 Tourismuskaufleute 269 81 -41,7 Spanlose 167 77 Metallbearbeitung -40,0 Modellbau * 148 -37,3 Veranstaltungs- und 436 162 Bühnentechnik Bekleidungs-, Hut- und 742 601 -36,9 Mützenherstellung Veranstaltungservice- 521 232 -36,2 und management -33,1 Fotografie 935 581 -32,6 Hotelkaufleute 297 117 -32,0 Personaldienstleitung 211 118 -31,1 Industrielle Gießerei 123 49 -50 -40 -30 -20 -10 0 Hinweis:Nur Berufe mit mindestens 100 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Die Engpassrelation bildet das Verhältnis aus Arbeitslosen und offenen Stellen ab. Ein Beruf gilt als Engpassberuf, wenn weniger als 100 passend qualifizierte Arbeitslose auf 100 offene Stellen kommen. Engpassberufe in Rot. Quelle: KOFA-Berechnung auf Basis von Sonderauswertungen des BIBB, der BA und des IAB, 2021 18
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT 5.2 Das Ausbildungsplatzangebot in Berufen mit dem größten Fachkräftemangel Veränderungen am Ausbildungsmarkt sind besonders bildungsmarkt betrachtet. Die Fachkräftelücke beschreibt schwerwiegend bei Berufen, die am Arbeitsmarkt bereits die Anzahl an offenen Stellen in einem Beruf, die rechne- Fachkräfteengpässe aufweisen. Im Folgenden werden risch nicht mit passend qualifizierten Arbeitslosen besetzt daher die zehn Berufe mit der größten Fachkräftelücke am werden können. Arbeitsmarkt mit Hinblick auf deren Entwicklung am Aus- Tabelle 2: Die Veränderung des Ausbildungsplatzangebots im Vergleich zum Vorjahr (Stichtag 30.09.) für die zehn Berufe mit der größten Fachkräftelücke am Arbeitsmarkt Nur Berufe auf Fachkraftniveau im dualen Ausbildungssystem; Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufe sind nicht enthalten, da außerhalb des dualen Systems Berufsgattung Fachkräfte- Veränderung neu abge- Engpass lücke des Angebots schlossene relation im Vergleich Ausbildungs- zum Vorjahr verträge im (in Prozent) Jahr 2020 Bauelektrik 13.877 -3,5 13.188 24 Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik 10.636 1,6 13.338 26 elektrische Betriebstechnik 6.795 -11,6 7.026 35 Kraftfahrzeugtechnik 6.239 -11,1 21.492 59 Steuerberatung 4.305 -8,4 6.273 33 Mechatronik 3.972 -10,0 7.659 31 zahnmedizinische Fachangestellte 3.499 -6,4 12.735 59 Verkauf von Fleischwaren 3.276 22,6 1.212 36 öffentliche Verwaltung 2.848 3,1 6.765 45 Holz-, Möbel- und Innenausbau 2.375 -1,6 8.838 77 Hinweis: Die Fachkräftelücke beschreibt die Anzahl an offenen Stellen in einer Berufsgattung, für die es in einer Region (hier bundesweit) keine passend qualifizierten Arbeitslosen gibt, um diese rechnerisch zu besetzen. Die Engpassrelation bildet das Verhältnis aus Arbeits- losen und offenen Stellen ab. Ein Beruf gilt als Engpassberuf, wenn weniger als 100 passend qualifizierte Arbeitslose auf 100 offene Stellen kommen. Quelle: KOFA-Berechnung auf Basis von Sonderauswertungen des BIBB, der BA und des IAB, 2021 In sieben der zehn dual ausgebildeten Berufen mit der gen im Jahr 2020. Aufgrund der besonderen Situation im größten Fachkräftelücke am Arbeitsmarkt ist das Ausbil- Corona-Jahr 2020 lassen sich durch den Vorjahresvergleich dungsplatzangebot im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr allein allerdings keine Rückschlüsse auf einen allgemeinen gesunken. Allerdings ist der Rückgang des Ausbildungs- Trend ziehen. So ist der Rückgang des Ausbildungsplatz- angebots in vielen Berufen mit Engpässen geringer als im angebots häufig erst im Jahr 2020 im Zuge der Corona-Pan- Durchschnitt über alle Berufe. Die Zahl der abgeschlos- demie zu beobachten. Langfristig verzeichnen viele der in senen Ausbildungsverträge blieb aber trotz allem auf ver- Tabelle 2 dargestellten Berufe einen Anstieg des Angebots, gleichsweise hohem Niveau. Mit Ausnahme des Verkaufs wenn man die Jahre 2011 bis 2019 vergleicht. Dies zeigt, von Fleischwaren und der Steuerberatung gehören alle hier dass die Betriebe tendenziell auf die Engpässe am Arbeits- dargestellten Berufsgattungen zu den 20 Berufsgattungen markt reagieren und lässt darauf hoffen, dass der Knick mit den meisten neu abgeschlossenen Ausbildungsverträ- beim Angebot im Jahr 2020 nur vorübergehend ist. 19
STUDIE 3/2021 LOCKDOWN AM AUSBILDUNGSM ARKT 5.3 Die langfristige Entwicklung des Ausbildungsplatzan gebots in Engpassberufen Obwohl das Ausbildungsplatzangebot in vielen der Berufe Der steigende Trend, der sich hier seit 2013 zeigt, wurde mit den zehn größten Fachkräftelücken am Arbeitsmarkt durch eine schwächelnde Konjunktur 2019 leicht gehemmt, im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist, zeigt sich, dass das dieser Effekt wurde 2020 durch die Corona-Krise dann noch Ausbildungsplatzangebot in Engpassberufen generell in verstärkt. Da nach dem Ende der Pandemie auch wieder den letzten zehn Jahren gestiegen ist (Abbildung 10, vgl. mit steigenden Fachkräfteengpässen auf dem Arbeitsmarkt Burstedde, 2019). Unternehmen scheinen also auf Fach- zu rechnen ist, bleibt zu hoffen, dass auch das Angebot in kräfteengpässe mit einer verstärkten Ausbildungsaktivi- betroffenen Berufen weiter steigt. Ebenso wichtig ist ein tät zu reagieren. Während das Ausbildungsplatzangebot frühes Erkennen weiterer Berufe, die Gefahr laufen, in den insgesamt in allen Berufen von 2011 bis 2020 um 17,9 nächsten Jahren Fachkräfteengpässe zu verzeichnen, damit Prozent sank, stieg es in jenen Berufen, die 2020 Fach- auch hier frühzeitig in die Nachwuchsrekrutierung inves- kräfteengpässe auf dem Arbeitsmarkt aufwiesen, um 6,0 tiert werden kann. Prozent. Bei den Berufen ohne Fachkräfteengpässe sank es sogar im 23,5 Prozent. Zwar ist in den meisten Berufen das Angebot durch die Corona-Pandemie gesunken, allerdings sieht man, dass in Engpassberufen der Rückgang schwä- cher war. Abbildung 10: Die Veränderung des Ausbildungsplatzangebots in Berufen, die im Jahresdurchschnitt 2020 Engpässe aufwiesen Veränderung zum Basisjahr 2011, in Prozent 15 10,9 11,3 10 5,9 6,0 5 1,8 0,0 -0,2 0,2 0 -1,7 -2,7 0,0 -5 -3,6 -10 -7,5 -9,5 -9,6 -12,8 -9,6 -10,8 -10,9 -15 -20 -23,5 -25 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Berufe mit Fachkräfteengpässen 2020 Berufe ohne Fachkräfteengpässe 2020 Quelle: KOFA-Berechnung auf Basis von Sonderauswertungen des BIBB, der BA und des IAB, 2021 20
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