Makro, Meso, Rahmenbedingungen und Politikberatung - ein Diskussionsbeitrag zur Begriffsklärung

 
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Makro, Meso, Rahmenbedingungen und Politikberatung –
                  ein Diskussionsbeitrag zur Begriffsklärung
                                              Ricardo Gómez
                                            Eschborn, Juni 2001

I. Makroebene

Akteure auf der Makroebene haben eine gesamtgesellschaftliche Steuerungsfunktion; d.h.,
sie setzen politische Rahmenbedingungen1, die für alle gesellschaftlichen Akteure (in Gestalt
von Organisationen oder einzelnen Bürgern) und Sektoren (im Sinne von Tätigkeitsberei-
chen wie Industriesektor, Bildungssektor, Transportsektor, etc.) handlungsleitend und bin-
dend sind. Die Makroebene (bzw. die durch diese generierten politischen Rahmenbedingun-
gen) übt somit Druck auf das Verhalten gesellschaftlicher Akteure und Sektoren aus, um die
von der politischen Regelsetzung auf der Makroebene intendierten Ergebnisse zu erreichen
(sog. Performance-Druck). Die Ergebniserreichung wird an der Veränderung aggregierter
(Durchschnitts-)Größen wie Wirtschaftswachstum, Inflationsrate, Arbeitslosenquote, Krimina-
litätsrate, etc. gemessen.

Unbestritten ist in der Literatur, dass jene Politikfelder, die unmittelbar das Verhalten der
makroökonomischen Aggregate Wirtschaftswachstum, Inflationsrate, Arbeitslosenquote und
Zahlungsbilanzsgleichgewicht unmittelbar beeinflussen, zu der Makroebene gezählt werden.
Dazu gehören die Haushaltspolitik, die Steuerpolitik, die Geldpolitik, die Währungspolitik, die
Wettbewerbspolitik und die Zahlungsbilanzpolitik sowie die gesamtwirtschaftliche Planung
dort, wo sie praktiziert wird. Ferner zählen dazu im obigen Sinne die Rechts- und Justizpoli-
tik, die Sozialpolitik und Teile der Sicherheitspolitik.

Zu den Organisationen der Makroebene können gemäß obiger Definition nur staatliche Or-
ganisationen gezählt werden, da nur diese das Mandat zur politischen Regelsetzung und die
Durchsetzungsgewalt dafür haben. Nicht-staatliche Organisation können diesbezüglich we-
der Mandat noch Durchsetzungsgewalt beanspruchen (dies ist vor allem im Demokratieprin-
zip und im staatlichen Gewaltmonopol begründet). Ferner können nur solche staatliche Or-
ganisationen dazu gezählt werden, die die politische Aufgabe innehaben, allgemein gültige –
also nicht sektorspezifische – Regeln zu setzen. Dazu gehören das Parlament, die Zentral-
bank, die Institutionen der nationalen Regierung mit „Querschnittscharakter“: Präsidialamt,
Finanzministerium, Planungsministerium, teilweise das Wirtschaftsministerium (wenn dieses
die Zuständigkeit für die Ordnungspolitik hat), die Organe der Rechtspflege und die staatli-
chen Instanzen der Kontrolle und Überwachung staatlichen Handelns.

II. Mesoebene

Die Mesoebene bezeichnet das Umfeld (also Institutionen und Politikmuster) von Mikroak-
teuren (Unternehmen, NRO, Advocacy Groups, Individuen). Es entsteht durch formelle und
informelle Kooperationsbeziehungen und Netzwerkbildung zwischen den Mikroakteuren (ho-
rizontale Integration) sowie durch Kooperationsbeziehungen zwischen nicht-staatlichen Ak-
teuren der Mesoebene und staatlichen Akteuren der Makro- und Sektorebene (vertikale In-
tegration). Durch die Gestaltung solcher horizontalen und vertikalen Integration wird eine
Institutionenlandschaft geschaffen, die durch die Realisierung von Lerneffekten und Innova-
tionen die Politikkompetenz von Mikroakteuren erhöht (kollektive Effizienzgewinne).

1
    „Politische Rahmenbedingungen“ steht für „politische, wirtschaftliche und soziale Rahmenbedingungen“.
In dem Maße, in dem sich Mikroakteure in den Politikprozess einbringen wollen, und in dem
Maße, in dem der Staat gewillt ist, Steuerungskompetenz zu teilen, wachsen die Anforde-
rungen an das kommunale, regionale und nationale Umfeld; d.h., neue Organisationsformen
mit politischer Steuerungskompetenz sind im gesellschaftlichen Raum erforderlich, um poli-
tische Entscheidungsprozesse organisieren zu können, die der Komplexität gegenwärtiger
Gesellschaftsformationen gerecht werden. Die Gestaltung der Mesoebene ist mithin in erster
Linie eine Organisationsentwicklungs- und Steuerungsaufgabe. Es geht um den Aufbau
eines leistungsfähigen Institutionengefüges und einer engen Interaktionsfähigkeit der priva-
ten und öffentlichen Akteure in einem Politikfeld zwecks Entwicklung und Umsetzung von
Förderpolitiken (d.h., selektiven Politiken in Ergänzung der Makropolitiken).

Im Bereich der Mesopolitiken – so die Ausgangshypothese – sind „die Handlungspotenziale,
das notwendige Know-how zur Formulierung langfristig orientierter Politiken und die Imple-
mentierungskapazitäten auf eine Vielzahl von staatlichen, privaten und intermediären Trä-
gerschaften verteilt“2. Gegenseitige Abhängigkeiten sind dann die Folgen: Einerseits ist
staatliche Mesopolitik auf die Know-how-Ressourcen von Unternehmen, Wissenschaft, NRO
und anderer strategischer Akteure angewiesen. Andererseits sind private und zivilgesell-
schaftliche Akteure auf den politischen Willen und die Handlungskompetenz öffentlicher Ak-
teure hinsichtlich der Schaffung entwicklungsfördernder Rahmenbedingungen, der Entwick-
lung gezielter Förderpolitiken und der raschen Verfügbarmachung strategischer Informatio-
nen angewiesen. Solche gemeinschaftlichen Aufgaben zu organisieren, erfordert den Aufbau
gesellschaftlicher Organisationsmuster auf der Mesoebene, die durch offene Informationska-
näle, vernetzte Kooperations- und Kommunikationsstrukturen und Interessensintegration
gekennzeichnet sind. Diese Strukturen tragen maßgeblich zur Verbesserung der Qualität des
Politikprozesses und somit zur Erhöhung der Handlungskompetenz staatlicher und nicht-
staatlicher Akteure bei. Im Gegensatz zur Makroebene wird die Strukturbildung auf der Me-
soebene nicht nur durch public policy vorangetrieben – auch Unternehmen, intermediäre
Institutionen, Verbände (als Einzelorganisationen oder im Verbund) können und müssen
Beiträge zu deren Ausgestaltung leisten (z.B. durch Fortbildungsangebote, Aufbau von In-
formationssystemen, Beschleunigung des Informationsflusses, Netzwerkmanagement, Ges-
taltung von Konsensbildungsprozessen).

„Politiken zur Gestaltung der Mesoebene haben eine nationale und eine regionale/lokale Di-
mension.“3: Auf der nationalen Ebene zielen Mesopolitiken darauf ab, auf die Sektoren zuge-
schnittene materielle und inmaterielle Infrastruktur zu entwickeln, selektive Förderpolitiken
sowie eine aktive Interessensvertretung auf der internationalen Ebene zu organisieren. Auf
der regionalen/lokalen Ebene geht es um die Ausweitung der Kompetenz und der Finanzie-
rungsspielräume der regionalen und kommunalen Verwaltungen sowie um den Aufbau von
Meso-Institutionen auf regionaler und lokaler Ebene. Das Erstere impliziert, dass die Dezen-
tralisierung ein wichtiges Politikfeld zur Unterstützung von Mesopolitiken ist.

Zusammenfassend läßt sich folgendes festhalten:4 „Die Mesoebene ist die Welt der
Netzwerkstrukturen, der horizontalen Selbstkoordinierung und des Zusammenspiels von hie-
rarchischer und netzwerkförmiger Steuerung (selfcoordination in the shadow of hirarchy).
Der Grund für die Dominanz netzwerkbasierter Steuerungsmechanismen auf der Mesoebene
besteht in der breiten Streuung der Steuerungsressourcen (Fähigkeit zur Problemwahrneh-
mung, Wissen über steuerungsrelevante Wirkungszusammenhänge, Implementationskom-
petenz) in diesem Politikfeld. Die Mesoebene ist charakterisiert durch das Phänomen der
‚geteilten Souveranität‘, von dem staatliche Institutionen, Unternehmen und intermediäre
Organisationen gleichermaßen betroffen sind. Auf der Mesoebene wirken Akteure aus der

2
   Zitiert aus Hurtienne, Thomas/Messner, Dirk: Neue Konzepte internationaler Wettbewerbesfähigkeit in
Industrie- und Entwicklungsländern; in: DIE (Hrsg.): Globaler Wettbewerb und nationaler Handlungsspielraum,
Köln, 1996.
3
  Ebenda.
4
  Ebenda.

                                                    2
staatlichen Administration (von der lokalen bis zur nationalen Ebene) sowie öffentliche und
private intermediäre Organisationen zusammen. Im Prozess der Interaktion entstehen ku-
mulative Lernprozesse, die die Leistungsfähigkeit aller Beteiligten sowie der gesamten Me-
soebene potenzieren“. Somit „(ist) die Strukturierung der Mesoebene eine Daueraufgabe des
öffentlichen und privaten Sektors; die Mesopolitik muss als Querschnittsaufgabe von öffentli-
chen und privaten Akteuren verstanden werden“, die auf eine kontinuierliche Verbesserung
des institutionellen Settings von Mesopolitiken bzw. selektiven Förderpolitiken abzielt.

Zu den Politikfeldern bzw. Tätigkeitsbereichen, die der Mesoebene zugerechnet werden,
gehören die Infrastrukturpolitik, die Bildungspolitik (einschließlich Aus- und Fortbildung), die
Gesundheitspolitik, die Technologiepolitik, die Umweltpolitik, der Finanz- und Bankensektor,
die Regionalpolitik sowie Import- und Exportpolitik.

III. Sektoren und sektorpolitische Rahmenbedingungen

Sektoren stellen die Zusammenfassung von Akteuren in mehr oder weniger genau abge-
grenzten Tätigkeitsbereichen dar, deren interne Steuerung keine oder wenige Spillover-Ef-
fekte auslöst. Die Steuerung eines Sektors beeinflusst also in geringem Maße die
Performance anderer Sektoren und der Makropolitiken. Nach gängigem Verständnis und
unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Makro- und Mesoebene können zu den Sekto-
ren u.a. folgende Tätigkeitsbereiche gezählt werden: der Industriesektor, die Land- und
Forstwirtschaft (Agrarsektor), der Verkehrssektor (ohne Infrastruktur, da diese der Meso-
ebene zugerechnet wurde), der Wohnungsbausektor; der (private) Dienstleistungssektor, der
Energiesektor.

Im Einklang mit den bisherigen Überlegungen muss man davon ausgehen, dass Sektoren
sowohl in der Makro- als auch der Mesoebene eingebettet sind. Das bedeutet, dass die In-
stitutionen und Politikmuster auf der Makro- und auf der Mesoebene den Charakter von
Rahmenbedingungen für einen Sektor haben. Sie stellen also sektorpolitische Rahmenbe-
dingungen dar. Umgekehrt bedeutet dies, dass man genau präzisieren muss, ob die sektor-
politischen Rahmenbedingungen auf der Makro- oder die auf der Mesoebene gemeint sind,
wenn von den Rahmenbedingungen eines Sektors (bzw. von den sektorpolitischen Rah-
menbedingungen) die Rede ist.

III. Rahmenbedingungen

Politische Rahmenbedingungen – ob auf der Makro- oder Mesoebene – werden durch Insti-
tutionen und Politikmuster definiert. Um die unterschiedlichen Dimensionen von Rahmenbe-
dingungen zu erfassen, kann man sich der in der angelsächsischen politikwissenschaftlichen
Tradition gängigen Unterscheidung zwischen polity, politics und policy bedienen. Während
mit dem Begriff polity politische Strukturen und Institutionen (Werte, Normen, Regelungen,
Organisationen) umschrieben werden, zielt die Bezeichnung politcs auf das Wie der Regel-
setzung und bezieht sich auf Aspekte wie Macht, Herrschaft, Interessensaushandlung, Kon-
fliktaustragung und Konsensfindung. Schließlich verweist die policy-Dimension auf die In-
halte und Ergebnisse dieser Prozesse im Sinne eines verbindlichen Maßnahmenpakets in
einem bestimmten Politikfeld (z.B. Wirtschaftspolitik, Gleichstellungspolitik, Umweltpolitik).
Politische, wirtschaftliche und soziale Rahmenbedingungen umfassen also formelle und in-
formelle politische Strukturen und Institutionen, politische Prozesse sowie Politikinhalte und -
ergebnisse, die das Leben einer Gemeinschaft regieren.

Die 5 „BMZ-Kriterien“ fokussieren das Konzept der Rahmenbedingungen auf einige, für die
deutsche EZ prioritären Aspekte einer Gesellschaftsordnung und des staatlichen Handelns.
Ordnet man die „BMZ-Kriterien“ und ihre Indikatoren den oben eingeführten Dimensionen
von Rahmenbedingungen zu, dann kann man Rahmenbedingungen wie folgt beschreiben:

                                               3
•= Institutionen und Strukturen (polity): Die 5 „BMZ-Kriterien“ betonen hierbei die Existenz
   oder den Aufbau und die Funktionsfähigkeit jener Institutionen (Werte, Normen, Rege-
   lungen, Organisationen), die für eine demokratische, rechtsstaatliche und marktwirt-
   schaftlich- und sozial-orientierte Gesellschaftsordnung unerlässlich sind. Dazu gehören
   vor allem (a) politische Institutionen wie das Parlament, politische Parteien und Gewerk-
   schaften; (b) eine für alle Bürger gleichermaßen geltende Rechtsordnung; (c) ein unab-
   hängiges Justizwesen, welches die Beziehungen zwischen Individuen bzw. Gruppen so-
   wie zwischen Bürgern und Staat auf der Grundlage einer für alle Bürger in gleicherma-
   ßen geltender Rechtsordnung regelt und die institutionelle Durchsetzbarkeit von Rechts-
   ansprüchen sicherstellt; (d) ein transparentes und demokratisches Wahlsystem; (e) ein
   unabhängiger und effektiver Rechnungshof als Ergänzung der Rechenschaftspflichtigkeit
   staatlicher Bediensteter; (f) jene Institutionen, die im Mittelpunkt wirtschaftlicher Moderni-
   sierungsprogramme stehen, wie die Steuerverwaltung, eine unabhängige Zentralbank,
   eine unabhängige Bankenaufsicht; (g) die Institutionen für strategische Planung und
   makroökonomische Analyse; und (c) die Institutionen zur Förderung der Kommunikation
   und des Dialogs mit dem Privatsektor, den Gewerkschaften und anderen Interessens-
   gruppen.
•= Politikinhalte und -ergebnisse (policy): Bei den 5 „BMZ-Kriterien“ geht es hier um die Ent-
   wicklungsorientierung staatlichen Handelns in dem Sinne, dass staatliches Handeln dar-
   auf ausgerichtet sein soll, die Menschenrechte zu schützen, Rechtssicherheit und glei-
   ches Recht für alle zu gewährleisten, umweltbezogene Maßnahmen zu begünstigen, be-
   völkerungspolitische Maßnahmen zu begünstigen, die wirtschaftliche und soziale Lage
   der ärmeren Bevölkerungsteile zu verbessern, die Gleichstellung der Geschlechter zu
   fördern, ein effizientes und sozial ausgewogenes Steuersystem aufzubauen, eine markt-
   wirtschaftlich orientierte Wirtschaftspolitik (stabilitätsorientierte Geld- und Zinspolitik, rea-
   listische Wechselkurse, Preisfindung vorrangig durch den Markt, Wettbewerbspolitik) zu
   betreiben, die Korruption zu bekämpfen, die Effizienz des öffentlichen Dienstes zu erhö-
   hen (Verwaltungsmodernisierung, Dezentralisierung) und niedrige Militärausgaben zu
   gewährleisten.
•= Politikprozess (politics): Im Zusammenhang mit den 5 „BMZ-Kriterien geht es hierbei um
   die Beteiligung der Bevölkerung an politischen Entscheidungen (Partizipation) und an der
   Kontrolle staatlichen Handelns (Accountability) sowie um die Stärkung der Zivilgesell-
   schaft (NRO, Advocacy Groups, Verbände) und um die transparente und berechenbare
   Gestaltung des Politikprozesses (Transparenz und Berechenbarkeit). Es geht also um
   die Sicherstellung wesentlicher Qualitätsmerkmale von „Good Governance“.

Sektoren, Organisationen (bspw. TZ-Projekte) und Individuen sehen sich je nach Situation
und Fragestellung mit einem unterschiedlichen Set von Rahmenbedingungen konfrontiert, so
dass diese für jede Situation und Fragestellung neu analysiert und bestimmt werden müs-
sen. Dafür stehen einige Methoden wie die Umfeldanalyse oder die Arenaanalyse zur Verfü-
gung. Auch ThinkTools eignet sich sehr gut dafür, Rahmenbedingungen zu erfassen und
deren Einfluss auf Sektoren oder Prozesse zu analysieren.

IV. Politikberatung

Die obigen Ausführungen zu den Rahmenbedingungen erlauben, genauer zu definieren, was
Politikberatung im Rahmen der deutschen TZ sein kann. Darauf aufbauend kann man unter
Politikberatung den Versuch verstehen, organisierte Hilfe für politische Entscheidungsfin-
dung durch zielgerichtete Kommunikation zwischen Berater- und Klientensystem zur Verfü-
gung zu stellen. Ziel der Beratung ist die Gestaltung politisch-institutioneller Rahmenbedin-
gungen und die Beratung besteht darin, am Politikprozess beteiligte Akteure bei der Wahr-
nehmung ihrer Aufgaben im Politikprozess zu unterstützen, also bei der:

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•=   Politikanalyse und -formulierung,
•=   Politikumsetzung,
•=   Politiksteuerung, -evaluierung und –anpassung,
•=   Vertikalen und horizontalen Politikkoordinierung und -konzertierung,
•=   Institutionalisierung von Übereinkünften und Vereinbarungen.

Im Sinne von „capacity development“ geht es auch darum, die gesamtgesellschaftliche
Steuerungsfähigkeit einerseits und die Politikfähigkeit politischer Akteure andererseits zu
stärken. Der Politikprozess spielt sich nicht nur auf staatlicher Ebene ab, sondern findet in
einem politischen System statt, das sich aus der Gesellschaft und ihren Organisationen so-
wie dem Staat und seinen Institutionen zusammensetzt, die mit einander agieren. Politikbe-
ratung im Rahmen der TZ findet daher in diesem von Machtkämpfen und -interessen ge-
formten gesellschaftlichen Umfeld und politischen System statt. Sie muss daher zwangsläu-
fig auf allen Interventionsebenen (National-, Regional- und Lokalebene bzw. Makro-, Meso-
und Mikroebene) die Macht- und Interessenskonstellationen sowie die systemischen Zu-
sammenhänge berücksichtige.

In Anlehnung an die Unterscheidung zwischen policy, politics und polity kann man ebenfalls
drei Dimensionen von Politikberatung unterscheiden, wie dies in nachstehender Grafik ge-
zeigt wird:

                            Dimensionen von Politikberatung

                               Fachlich-                         Politikprozess-
                               inhaltliche                       beratung
                                                     A
                               Beratung                          (Politics)
                               (Policy)
                                                     D
                                             B               C

                                                 Institutionen-
                                                 beratung
                                                 (Polity)

Das führt zu folgender Typologie der Beratung nach steigender Komplexität:
Beratungsansatz Typ A: Fachlich-inhaltliche Beratung cum Politikprozessberatung
Beratungsansatz Typ B: Fachlich-inhaltliche Beratung cum Institutionenberatung
Beratungsansatz Typ C: Politikprozessberatung cum Institutionenberatung
Beratungsansatz Typ D: Fachlich-inhaltliche Beratung cum Politikprozessberatung cum
   Institutionenberatung.

Politikberatung kann sich auf eine einzelne Dimension oder auf eine Mixtur von zwei oder
allen drei Dimensionen (Typ A bis D) beziehen. Wichtig ist es aber, sich bewusst zu sein,
dass eine nicht ganzheitliche Politikberatung entwicklungspolitische Qualitätseinbußen in
Kauf nimmt. Bspw. führt eine Politikberatung von Typ A zur Entstehung einer Nachhaltig-
keitslücke, da Inhalte und Prozesse von Politik nicht institutionalisiert werden – durch die
Schaffung geeigneter Regelungen, Gesetze und Organisationen. Eine Politikberatung von
Typ B führt zu einer Legitimationslücke, da Politikinhalte und Institutionen im Politikprozess
nicht legitimiert sind – wegen fehlender Partizipation und Konsensbildungsprozesse.
Schließlich führt eine Politikberatung von Typ C zu einer Wertorientierungslücke, da der
Politik klare Ziele und Inhalte fehlen.

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Selbstverständlich kann nicht jede TZ-Beratung Politikberatung sein. Ein mehr oder weniger
großer Teil der TZ-Beratung wird auch zukünftig dieser Kategorie nicht zuzuordnen sein;
d.h., sie wird außerhalb des Politikprozesses liegen. Das sollte nicht zu einer Geringschät-
zung dieses Beratungstyps führen, da die deutsche TZ in vielen Bereichen ihre komparativen
Vorteile außerhalb der Politikberatung hat.

Blendet man den Politikprozess aus, kann man folgende Typologie der Beratung aufstellen:

                            Dimensionen von TZ-Beratung

                             Fach-                         Prozess-
                             beratung                      beratung
                                               A

                                               D
                                        B              C

                                            Organisations-
                                            beratung

Unter fachlich-technischer Beratung (oder einfach Fachberatung) versteht man jene Be-
ratung, die sich als Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere in ihren quan-
titativen Varianten versteht. Der Berater versteht sich primär als "Fachspezialist", dessen
Funktion vor allem in der Erfüllung technischer Aufgaben (Problemidentifizierung, Aufga-
benformulierung, Lösung von Optimierungsproblemen, etc.) bei exogen vorgegebenen orga-
nisatorischen und politischen Vorgaben besteht. Die Fachberatung stellt technische Aspekte
in den Vordergrund, während sie zum einen Fragen der Organisation und des Managements
der Aufgabenwahrnehmung und zum anderen die gesellschaftspolitischen Aspekte der For-
mulierung politischer Ziele und Strategien sowie der Akzeptanz von "optimalen" Lösungen
und deren politische Umsetzungsproblematik weitgehend ausklammert. Hauptadressat der
Fachberatung ist – obwohl nicht ausschließlich – die Arbeitsebene staatlicher und nicht-
staatlicher Trägerinstitutionen oder -gruppen. Deren Zielsetzung ist die Erhöhung des fach-
lich-technischen Leistungspotentials der Counterparts.

Bei der Organisationsberatung geht es darum, Organisationen durch geplante, systemi-
sche und dauerhafte Interventionen so zu verbessern, dass sie in die Lage versetzt werden,
ihre (administrativen, fachlich-technischen und prozedualen) Kernaufgaben wirksamer wahr-
zunehmen und die Ziele der ganzen Organisation als auch ihrer Mitglieder zu erreichen. Da
Organisationen als soziale Systeme verstanden werden, beziehen sich die Interventionen
auf die Auf- und Ablauforganisation, auf die Kultur der Organisation mit ihren menschlichen
und sozialen Prozessen sowie auf ihre systemische Interaktion in einer eingegrenzten Orga-
nisationenlandschaft. Ziel von Organisationsberatung ist also die Steigerung des organisato-
rischen Leistungspotentials.

Bei der Prozessberatung handelt es sich um den Versuch, Hilfe für den Umgang mit kom-
plexen Zusammenhängen und Systemen zur Verfügung zu stellen und dadurch den Umgang
mit Verfahrensfragen, Kooperationsbeziehungen und Schnittstellenmanagement zu erleich-
tern.

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