Marktcheck und Situation zu steigenden Lebensmittelpreisen - Hintergrundinformationen März 2023

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Marktcheck und Situation zu steigenden Lebensmittelpreisen - Hintergrundinformationen März 2023
Marktcheck und Situation
zu steigenden Lebensmittelpreisen
           Hintergrundinformationen
                   März 2023

               Frank Waskow, Silvia Monetti
    Gruppe Markt und Konsum, Verbraucherzentrale NRW
         essen.fuer.alle@verbraucherzentrale.nrw
                    Stand: 13.04.2023
Marktcheck und Situation zu steigenden Lebensmittelpreisen - Hintergrundinformationen März 2023
Wie sind wir vorgegangen im Marktcheck?

• Preise von 20 Lebensmittel des täglichen Bedarfs bei verschiedenen Einzelhändler
   (Edeka, Rewe, Lidl, Aldi Süd / Nord) am 21. März 2023 erhoben

• Fünf Kommunen in NRW: Düsseldorf, Bergisch Gladbach, Münster,
   Greven/Emsdetten, Kerpen

• Für jedes Lebensmittel wurden die Preise des teuersten und des günstigsten
   Produkts unter Einbeziehung aktueller Sonderangebote in den jeweiligen Geschäften
   dokumentiert  Somit konnten zwei Warenkörbe ermittelt werden: einen mit den
   günstigsten und einen mit den teuersten Produkte über alle Einzelhändler und Filialen

• Lebensmittel mit besonderen Qualitätsmerkmalen, bspw. Bio oder Fairtrade, wurden
   nicht berücksichtigt. Fleischprodukte stammten aus der Tierhaltungsstufe 1 oder 2,
   Eier stammten aus Bodenhaltung. Alle Lebensmittel der Stichprobe waren lose oder
   verpackt in Selbstbedienung, in den Supermärkten wurden keine Produkte von
   Bedienungstheken berücksichtigt
Marktcheck und Situation zu steigenden Lebensmittelpreisen - Hintergrundinformationen März 2023
Ergebnisse des Marktchecks

  Erhebliche Preisunterschiede über alle untersuchten Filialen

  • Bei 15 von 20 Lebensmitteln gab es Preisunterschiede bei vergleichbaren
        Produkten von über 100 % – ein Lebensmittel lag sogar über 400 %
  • Die Preise vergleichbarer Eigenmarken des Handels weichen meist nur wenig oder
        gar nicht voneinander ab und sind überall günstiger als Markenprodukte,
        dabei ist die Qualität meist ähnlich (Stiftung Warentest1)
  • Preise gleicher Markenprodukte sind teils sehr unterschiedlich, teils gleich
  • Der Gang zum Discounter ist nicht bei jedem Lebensmittel die günstigste Wahl;
        dort finden sich aber meist geringere Preisspannen im Vergleich zu Supermärkten
  • Obst und Gemüse (saisonale Lagerware) entgegen Behauptungen günstiger als
        Fleisch

Quellen: Eigene Datenerhebung
1 Stiftung Warentest (2023): Handelsmarke gegen Marke – Die Sparstars. In: test-Magazin Nr. 2/2023
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Wirsing
                                         Lauch
                                         Möhren
                                         Äpfel
                                         Bananen
                                         Kartoffeln
                                         Weizentoastbrot
                                         Frische Weizenbrötchen
                                         Weizenmehl Typ 405
                                         Spaghetti
                                         Reis
                                         Frische Milch
                                         Joghurt
                                         Gouda
                                         Eier
  Über alle Einkaufsstätten:             Hackfleisch

  Günstigster Warenkorb: 31,98 €         Hühnerbrust
                                         Kidneybohnen
  Teuerster Warenkorb: 62,93 €
                                         Sonnenblumenöl
  Differenz: 30,95 €, entspricht 97 %    Butter

Quelle: Eigene Datenerhebung März 2023
Marktcheck und Situation zu steigenden Lebensmittelpreisen - Hintergrundinformationen März 2023
Preisspannen zwischen dem günstigsten und
              dem teuersten, vergleichbaren Lebensmittel

                Möhren                              0,95 - 3,55 €/kg               Preise vergleichen lohnt sich.
                                                                                   Discounter sind nicht bei jedem
                    Äpfel                            0,86 - 3,99 €/kg              Lebensmittel die günstigste Wahl –
                                                                                   Eigenmarken-Produkte aber schon!
             Kartoffeln                        1,78 - 5,98 €/kg

   Weizentoastbrot                                               0,99 - 4,98 €/kg

      Parboiled Reis                                     0,99 - 4,98 €/kg

                Joghurt                                  1,70 - 3,98 €/kg

  Sonnenblumenöl                                                      2,49 - 6,12 €/l

                 Butter                                                                                5,96 - 13,96 €/kg

Quelle: Eigene Darstellung aufgrund von eigener Datenerhebung am 21.03.2023
Hintergrund
   zu steigenden
Lebensmittelpreisen
Entwicklung der Verbraucherpreise 2021-2023
    • 2000-2019: durchschnittlich ca. +1,5 %
    • 2020-2021: durchschnittlich ca. +3 %
    • 2021-2022: durchschnittlich +13 %
    • März 2022 - März 2023: +22,3 %, Lebensmittel sind Inflationstreiber geworden
    • Große Unterschiede in den Produktgruppe (durchschnittliche Teuerung 2022):
                 o    Weizenmehl +34 %, Nudeln +28 %
                 o    Sonnenblumen- und Rapsöl +65 %, Butter +40 %
                 o    Frische Milch +20-22 % (je nach Fettstufe), Joghurt +16 %,
                      Schnittkäse +20 %, Quark +35 %
                 o    Rinderhackfleisch +30%, Geflügelfleisch +23 %
                 o    Tomaten +17 %, Gurken +27 %, Gemüsekonserven +23 %,
                      Kartoffeln +15 %
                 o    Frischer Fisch +15 %

Quelle: Statistisches Bundesamt (10.03.2023), Verbraucherpreisindex Nahrungsmittel, Beträge jeweils auf- und abgerundet
Verbraucherpreise im März 2023

• Allgemeine Inflationsrate mit +7,4 % leicht rückläufig
• Teuerung von Nahrungsmittel auf +22,3 % gestiegen (Feb. 2023: +21,8 %)
  inzwischen höher als die von Energiepreisen (März 2023: +3,5 %, Feb. 2023: +19,1 %)

Nicht alle Preissteigerungen basieren auf höheren Energie- und Herstellungskosten.
Diese werden erheblich verstärkt durch:
•    Mitnahmeeffekte in der Lebensmittelwertschöpfungskette
      Aktuelle Analyse zeigt: die vier führenden Lebensmittelhändler haben in den
        letzten zwanzig Jahren die Inflation nicht gedämpft, sondern erhöht1
•    Spekulation an Warenterminbörsen (Rohstoffe, Düngemittel, Grundnahrungsmittel)
•    „Horten“ von Vorräten durch Unternehmen, Verbraucher:innen,
     Staaten (bspw. China bei Weizen und Mais)

→ Die Preisbildung von Lebensmitteln ist in hohem Maße intransparent und spekulativ!

1 Lademann, R., Kleczka, M. (2023). Marktbeherrschung im Lebensmitteleinzelhandel? Eine wettbewerbsökonomische Analyse der Handelsentwicklung und
ihrer Folgen für Lieferanten und Verbraucher. Dfv Mediengruppe, R&W.
Allgemeine Inflation und Lebensmittelteuerung
                                                                            Veränderung je Monat im Vorjahresvergleich in Prozent
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                                                                                                                                                                                                                                                                22,3 %

      20

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                                                                                                                                              die Ukraine                                                                                                               Nahrungsmittel
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                                                                      Steigende
                                                                      Energiepreise                                                                                                                                                                                     Inflationsrate
                                                                      nach Ende der                                                                                                                                                                                     gesamt
      10                                                              Pandemie

                                                                                                                                                                                                                                                                7,4 %
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                                                                                                                                                                                                                            Dez 22
                                                                            Aug 21
                                                                                     Sep 21

                                                                                                                                                                                        Aug 22
                                                                                                                                                                                                 Sep 22

Quelle: Eigene Darstellung. Daten: Statistisches Bundesamt , Pressemitteilung Nr. 127 vom 30. März 2023, und Verbraucherpreisindex Nahrungsmittel
Ergebnisse vorläufig (Stand: 11.04.2023)
Wie sind statistische Verbraucherpreise einzuordnen?
• Die Verbraucherpreisdaten vom Statistischen Bundesamt beruhen auf Monats-und
     Vorjahresvergleichen und bilden Durchschnittsdaten ab. Konkrete Produkte und
     Marken werden nicht abgebildet.
• Durchschnittsdaten allein verschleiern „Auswüchse“ des Marktes
     und geben nicht die Einkaufsrealität der Verbraucher:innen wider
     → extrem hohe Preise werden durch die Durchschnittsberechnung egalisiert.
•    Der statistische Jahresvergleich zeigt nicht das ganze Bild
     Lebensmittelpreise steigen seit Juni 2021 besonders stark an → wenn man den
     Zeitraum Feb. 2023 zu Juni 2021 vergleicht, sind die tatsächlichen
     Preiserhöhungen deutlich größer als es die statistischen Daten wiedergeben.
•    Die meisten Verbraucher:innen haben seit Juni 2021 keinen
     Inflationsausgleich für Lebensmittel erhalten. Für Lohnerhöhungen wird seit
     Feb. 2023 Jahres gestreikt.
Was Vorjahresvergleiche nicht zeigen!

                  Zunahme Verbraucherpreis im Februar 2023, Veränderung gegenüber Vorjahresmonat in %
                  Zunahme Verbraucherpreis im Februar 2023, Veränderung gegenüber Juni 2021 in %

                                                                                                                          88

                                                                                                  76
             69
                                                                                             64
        58                                                                                                           60             59

                           44            42                           42            42                                         43
                                                                               36
                                                                 29                                             27
                      26                                24
                                    17             17                                                      16

Quelle: Eigene Berechnung aufgrund von: Statistisches Bundesamt (10.03.2023), Verbraucherpreisindex Nahrungsmittel
Beträge jeweils auf- und abgerundet
Was Durchschnittsdaten nicht zeigen!
                          Der Alltag der Verbraucher:innen:
        Extrem unterschiedliche Preise für gleiche bzw. vergleichbare Produkte

Quelle: Eigene Bilder
Erhebung von Butter- und Sonnenblumenölpreisen in Edeka-, REWE-, Lidl- und Aldi Süd-Filialen am 24.05.2022
Erhebung von Gurkenpreisen in Edeka-, REWE-, Lidl- und Aldi Süd-Filialen am 21.03.2022
Was wir beobachten

• Lebensmittelpreise steigen in Deutschland stärker als in anderen EU-Ländern:
     Veränderung im Vergleich zum Vorjahresmonat (2015 = 100 - Feb. 2023)1:
     Deutschland +43 %, Niederlande +34 %, Belgien +33 %, Österreich +32 %,
     Spanien +34 %, Frankreich +28 %, Italien +26 %, EU +38 %

• Preise von Handelsmarken wie Ja! (Rewe), Gut & Günstig (Edeka), Milsani (Aldi
     Süd), Milbona (Lidl) sind prozentual stärker gestiegen als Markenprodukte –
     trotzdem in der Regel günstiger

• Preissteigerungen zum Teil nicht nachvollziehbar
     → Verdacht: Mitnahmeeffekte (z.B. Butter, Zucker, Rapsöl)
           Wegen intransparenter Preisbildung kaum nachzuweisen

• Neues Preisniveau auf dem Markt: Preise bleiben weiter auf hohem Niveau
     Aber Ausnahmen: Gemüse, Milchprodukte, Pflanzenöle sinken derzeit

1 Eurostat (März 2023), Harmonisierte Verbraucherpreisindizes Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke
(2015=100, Beträge jeweils auf- und abgerundet)
Was wir beobachten

 Versteckte Preiserhöhungen:

 • Downsizing (Shrinkflation): reduzierte Füllmengen bei gleichen Preis
      (aber auch: Menge reduziert und Preis erhöht)
      • Sanella: 400 statt 500 Gramm für 2,19 €: +25 %
      • Naturgut Bio Holzofen-Pizza: 410 statt 460 Gramm, von 2,99 auf 2,49 €: +35 %
      • Lammsteaks Jack´s Farm: 300 statt 400 Gramm für 6,99 €: +33 %
      • Haribo Goldbären: 175 statt 200 Gramm für 0,99 €: +14 %

 • Downgrading (Skimpflation): Austausch von hochwertigen, teuren Rohstoffen
      gegen günstigere, bei gleichem Preis
      • Rama Dreiviertelfettmargarine 60%: 36 % statt 46 % Rapsöl, dafür mehr Wasser
      • Milka Nussini Waffelschnitte: 9,5 % statt 14 % Haselnüsse → daher keine
        Haselnusscreme mehr, sondern Creme mit Haselnussgeschmack

Quelle: Eigene Datenerhebung (VZ NRW / VZ Hamburg)
Energiepreise und Ukraine-Krieg: Folgen für
        die Preisen ausgewählter Lebensmittelgruppen
     Verbraucherpreisindex Nahrungsmittel, Veränderung im Vorjahresvergleich in %
55

50                                                                   Krieg gegen                                    Brot,
                                                                     die Ukraine                                    Getreideerzeugnisse
45
                                                                                                                    Fleisch, Fleischwaren
40

35                                                                                                                  Molkereiprodukte, Eier

30
                                Steigende                                                                           Gemüse
25
                                Energiepreise
20                              nach Ende der
                                                                                                                    Obst
                                Pandemie
15
                                                                                                                    Speisefette, Speiseöle
10

 5

 0
     Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb
     21 21 21 21 21 21 21 21 21 21 21 21 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 23 23

Quelle: Eigene Darstellung aufgrund von: Statistisches Bundesamt (März 2023),Verbraucherpreisindex Nahrungsmittel
Hintergrund: Gemüse- und Obstpreise

• Deutschland kann sich mit Obst und Gemüse1 nicht selbst versorgen.

• Die Preise von Gemüse und Obst bewegen sich trotz Pandemie und Krieg in
  der Ukraine größtenteils im Preiszyklus der Jahreszeiten. Sie sind prozentual
  weniger gestiegen als tierische Lebensmittel und Pflanzenöle –
  einige Lebensmittel bewegen sich noch auf dem Niveau des Jahres 2020.
• Nach Beginn des Ukrainekriegs sind die Kartoffelpreise fünf Monate lang
  angestiegen, um dann wieder auf das übliche Niveau zurückzukehren. Ein Teil der
  Preiserhöhungen geht zudem auf die schlechte Ernte im Herbst 2022 zurück.
• Der Preis von Wirsing ist seit der Jahreswende 2022/23 sehr stark angestiegen,
  unter anderem weil die Saison sich dem Ende nähert.

• Auch Import und Treibhausware wie Salate, Tomaten, Paprika und Gurken sind in
  den letzten Monaten stark angestiegen. Hier spielen u.a. Missernten durch Frost /
  Unwetter in den Mittelmeerländern eine Rolle.

1   Der Selbstversorgungsgrad 2021/2022 betrug bei Obst 14 % und bei Gemüse 37 % (AMI, BLE, BMEL 2022)
Verbraucherpreisindex ausgewählter Gemüse,
                               Kartoffeln und Obst
225,0
             Januar 2020 - Februar 2023 (2020 = 100 %)
200,0

175,0

150,0

125,0

100,0

 75,0
                                                                                                                                                                                                                         Krieg gegen
                                                                                                                                                          Steigende
                                                                                                                                                                                                                         die Ukraine
 50,0                                                                                                                                                     Energiepreise
                                                                                                                                                          nach Ende der
 25,0                                                                                                                                                     Pandemie

  0,0
        Jan 20

                                   Mai 20
                                            Jun 20

                                                                                                           Jan 21

                                                                                                                                      Mai 21
                                                                                                                                               Jun 21

                                                                                                                                                                                                              Jan 22

                                                                                                                                                                                                                                         Mai 22
                                                                                                                                                                                                                                                  Jun 22

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Jan 23
                 Feb 20

                                                                                                                    Feb 21

                                                                                                                                                                                                                       Feb 22

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Feb 23
                 Mrz 20

                                                                                Okt 20

                                                                                                                    Mrz 21

                                                                                                                                                                                   Okt 21

                                                                                                                                                                                                                       Mrz 22

                                                                                                                                                                                                                                                                                      Okt 22
                          Apr 20

                                                     Jul 20

                                                                                         Nov 20
                                                                                                  Dez 20

                                                                                                                             Apr 21

                                                                                                                                                        Jul 21

                                                                                                                                                                                            Nov 21
                                                                                                                                                                                                     Dez 21

                                                                                                                                                                                                                                Apr 22

                                                                                                                                                                                                                                                           Jul 22

                                                                                                                                                                                                                                                                                               Nov 22
                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Dez 22
                                                              Aug 20
                                                                       Sep 20

                                                                                                                                                                 Aug 21
                                                                                                                                                                          Sep 21

                                                                                                                                                                                                                                                                    Aug 22
                                                                                                                                                                                                                                                                             Sep 22
      Lauch                                                       Wirsing                                                      Kartoffeln                                                            Möhren                                                         Kopfsalat/Eisbergsalat
      Tomaten                                                     Paprika                                                      Gurken                                                                Äpfel                                                          Bananen

Quelle: Eigene Darstellung aufgrund von: Statistisches Bundesamt (März 2023),Verbraucherpreisindex Nahrungsmittel
Hintergrund: Getreidepreise

• Deutschland kann sich mit den meisten Getreidearten selbst versorgen
  (Ausnahmen: Mais, Hartweizen).

• Nach Beginn des Ukrainekriegs sind die internationalen Getreidepreise explodiert,
  weil Ukraine und Russland bis dahin die Hauptexporteure waren.
• Die Getreidepreise orientieren sich an den Weltmärkten und Börsen, an
  denen mit Weizen und Mais gehandelt bzw. spekuliert wird.

• Juli 2022: Abkommen zur Ausfuhr von Getreide und anderer landwirtschaftlicher
  Güter aus der Ukraine. Das Abkommens war und ist jedoch immer wieder
  gefährdet. Mitte März 2023 wurde es für vier Monate verlängert.

• Die Getreidepreise sind inzwischen auf den Weltmärkten gesunken sind, aber
  immer noch deutlich höher als vor dem Krieg.

• Eine Rolle spielen zudem Missernten in Erzeugerländern (bspw. Kanada und
  Indien, Hitzewellen in der EU im Sommer 2022).
Verbraucherpreisindex ausgewählter Getreideprodukte
          Januar 2020 - Februar 2023 (2020 = 100 %)
225,0

200,0

175,0

150,0
                                                                                                                      Krieg gegen
125,0
                                                                                                                      die Ukraine                                                                                         Nudeln
                                                                                                                                                                                                                          Reis
100,0                                                                                                                                                                    Getreide-                                        Weizenmehl
                                                                                                                                                                         Abkommen                                         frische Brötchen
                                                                                                        Steigende
 75,0                                                                                                   Energiepreise                                                                                                     Toastbrot
                                                                                                        nach Ende der
 50,0                                                                                                   Pandemie

 25,0

  0,0
                                                                                                                               Nov 21
                                             Aug 20

                                                               Nov 20
                                                               Dez 20

                                                                                                                               Dez 21

                                                                                                                                                                                      Sep 22

                                                                                                                                                                                               Nov 22
                                                                                                                                                                                               Dez 22
                 Mrz 20

                                                                                 Mrz 21

                                                                                                                                                 Mrz 22
                 Feb 20

                          Mai 20

                                                      Sep 20

                                                                                 Feb 21

                                                                                                             Aug 21
                                                                                                                      Sep 21

                                                                                                                                                 Feb 22

                                                                                                                                                                             Aug 22

                                                                                                                                                                                                                 Feb 23
                                                                                          Apr 21
                                                                                          Mai 21

                                                                                                                                                          Mai 22
        Jan 20

                                   Jun 20
                                    Jul 20

                                                      Okt 20
                          Apr 20

                                                                        Jan 21

                                                                                                   Jun 21
                                                                                                    Jul 21

                                                                                                                      Okt 21

                                                                                                                                        Jan 22

                                                                                                                                                                   Jun 22
                                                                                                                                                                    Jul 22

                                                                                                                                                                                      Okt 22
                                                                                                                                                          Apr 22

                                                                                                                                                                                                        Jan 23
Quelle: Eigene Darstellung aufgrund von: Statistisches Bundesamt (März 2023),Verbraucherpreisindex Nahrungsmittel
Hintergrund: Sonnenblumenölpreise

•   Mit dem Beginn des Kriegs gegen die Ukraine ist Sonnenblumenöl extrem
    teuer geworden. Ukraine und Russland waren weltweit größten Exporteuren von
    Sonnenblumensaaten. Die Preisbildung bei Ölen wird zudem von den
    internationalen Märkten und Börsen beeinflusst.
•   Noch im Februar 2023 war Sonnenblumenöl über 60 % teurer als im Vorjahr.
    Inzwischen werden wieder Sonnenblumensaaten aus der Ukraine exportiert, und
    die Preise bei den Ölmühlen sinken.
•   Einige Einzelhändler haben die Preise für Sonnenblumenöle inzwischen
    gesenkt. Damit werden die Preise für Rapsöl wahrscheinlich bald nachgeben.
•   Ein Preisniveau wie vor dem Ukraine-Krieg wird jedoch nicht mehr erreicht.
    Energiepreise (vor allem Treibstoffe) sind immer noch hoch und für Transporte
    fallen deutlich höhere Kosten an.
Verbraucherpreisindex pflanzliche Fette und Öle
          Januar 2020 - Februar 2023 (2020 = 100 %)
   225

   200

   175

                                                                                                                    Margarine
   150

                                                                                                                    Olivenöl
   125

                                                                                                                    Sonnenblumen-
   100
                                                                                                                    und Rapsöl
                                                                                              Krieg gegen
     75
                                                                   Steigende                  die Ukraine
                                                                   Energiepreise
                                                                   nach Ende der
     50                                                            Pandemie

     25

      0
          Aug 20
          Sep 20

          Aug 21
          Sep 21

          Aug 22
          Sep 22
           Jul 20

          Nov 20
          Dez 20

          Apr 21

           Jul 21

          Nov 21
          Dez 21

           Jul 22

          Nov 22
          Dez 22
          Mai 20

          Okt 20

          Okt 21

          Okt 22
          Mrz 21

          Mai 21

          Mai 22
          Jan 20

          Mrz 20
          Apr 20

          Jun 20

          Jan 21

          Jun 21

          Jan 22

          Mrz 22
          Apr 22

          Jun 22

          Jan 23
          Feb 20

          Feb 21

          Feb 22

          Feb 23
Quelle: Eigene Darstellung aufgrund von: Statistisches Bundesamt (März 2023),Verbraucherpreisindex Nahrungsmittel
Hintergrund: Milch- und Butterpreise

•    Deutschland kann sich mit Milch selbst versorgen, obwohl viele Milchbetriebe
     aufgegeben haben. Doch das Milchangebot ist weitgehend gleich geblieben,
     obwohl der Konsum leicht sinkt.
•    Die Erzeugerpreise für Milch haben im Dezember 2002 einen Höhepunkt mit
     bis zu 60 ct/Liter erreicht. Die Verbraucher:innen haben auf die Preissteige-
     rungen reagiert und weniger Milch und Milchprodukte gekauft. Inzwischen
     sinken die Milchpreise und liegen bei ca. 52,40 ct/Liter (Feb. 2023).1
•    Die Butterpreise steigen bereits seit 2021,mit dem Beginn des Ukraine-Krieges
     sind sie explodiert. Preissteigerungen nicht nachvollziehbar. Verdacht bei teuren
     Butterangeboten: Mitnahmeeffekte zum Nachteil der Verbraucher:innen. Auch
     die nun stark fallenden Butterpreise seit Anfang 2023 sind ein weiteres Indiz.

1Erzeugerpreise Milch, Bundesgebiet: Auszahlungspreise der Molkereien für konventionell erzeugte Milch mit 4,0 % Fett und 3,4 % Eiweiß
ab Hof, Durchschnitt aller Güteklassen, ohne Nach- und Abschlusszahlungen, nach Erzeugerstandort, ohne Anlieferung von Lieferanten aus
EU-Mitgliedstaaten, in EUR/100 kg ohne MwSt. (Quelle: AMI)
Verbraucherpreisindex Vollmilch
                                 und ausgewählte Milchprodukte
          Januar 2020 - Februar 2023 (2020 = 100 %)
 225,0

 200,0

 175,0

 150,0

                                                                                                                    Vollmlch
 125,0
                                                                                                                    Joghurt
                                                                                                                    Gouda
 100,0
                                                                                                                    Butter
                                                                                                   Krieg gegen
                                                                       Steigende                   die Ukraine
   75,0
                                                                       Energiepreise
                                                                       nach Ende der
   50,0                                                                Pandemie

   25,0

    0,0
          Aug 20
          Sep 20

          Aug 21
          Sep 21

          Aug 22
          Sep 22
           Jul 20

          Nov 20
          Dez 20

           Jul 21

          Nov 21
          Dez 21

           Jul 22

          Nov 22
          Dez 22
          Okt 20

          Okt 21

          Okt 22
          Jun 21
          Jan 20

          Mrz 20
          Apr 20
          Mai 20
          Jun 20

          Jan 21

          Mrz 21
          Apr 21
          Mai 21

          Jan 22

          Mrz 22
          Apr 22
          Mai 22

          Jan 23
          Jun 22
          Feb 20

          Feb 21

          Feb 22

          Feb 23
Quelle: Eigene Darstellung aufgrund von: Statistisches Bundesamt (März 2023),Verbraucherpreisindex Nahrungsmittel
Hintergrund: Fleischpreise
•     Die Verbraucherpreise für Fleischprodukte blieben in der Pandemie relativ stabil.
      Erst als das Ende der Pandemie absehbar war und die Energiepreise wegen der
      weltweit zunehmenden Nachfrage Anfang 2022 stiegen, bildete sich dies auch in
      moderat steigenden Fleischpreisen ab. Mit dem Beginn des Krieges gegen die
      Ukraine stiegen dann die Fleischpreise um ca. 25 % ggü. dem Vorkriegsniveau.
•     März 2023 im Vorjahresvergleich: Frisches Geflügelfleisch +42,5 % gemischtes
      Hackfleisch +36,2 %, Rinderhackfleisch +45,1 %.
•     Einen Teil der steigenden Erzeugerpreise konnten die Betriebe weitergeben. Es
      bleibt jedoch unklar, wie viel von den Mehreinnahmen tatsächlich bei den
      Herstellern / Erzeugern ankommt: laut Studie der Managementberatung Ebner
      Stolz hat der Lebensmittelhandel von den Preissteigerungen profitiert.
•     Die stark gestiegenen Energiepreise sind jedoch in den Verbraucherpreisen noch
      nicht komplett abgebildet. Daher ist es auch in 2023 mit weiteren
      Preiserhöhungen bei Fleisch- und Wurstwaren zu rechnen.

    Quelle: Statistisches Bundesamt (März 2023),Verbraucherpreisindex Nahrungsmittel / AMI 2023 / Handelsblatt 31.03.2023, Link
Verbraucherpreisindex ausgewählter Fleischprodukte
        Januar 2020 - Februar 2023 (2020 = 100 %)
 225

 200

 175
                                                                                                                        Schweinehackfleisch,
                                                                                                                        auch gemischt
 150

                                                                                                                        Rinderhackfleisch
 125

 100                                                                                                                    Frisches
                                                                                    Krieg gegen                         Geflügelfleisch
                                                             Steigende              die Ukraine
  75                                                         Energiepreise
                                                             nach Ende der                                              Roher Schinken,
                                                             Pandemie                                                   Schinkenspeck oder
  50
                                                                                                                        Bauchspeck

  25

   0
         Februar

         Oktober

         Februar

         Oktober

         Februar

         Oktober

         Februar
          Januar

          August
            April

             Juni

          Januar

          August

          August
            April

             Juni

          Januar

            April

             Juni

          Januar
            März

       September

            März

       September

            März

       September
             Mai

             Mai

             Mai
              Juli

              Juli

              Juli
       November
       Dezember

       November
       Dezember

       November
       Dezember
                      2020                               2021                               2022                 2023

 Quelle: Eigene Darstellung aufgrund von: Statistisches Bundesamt (März 2023),Verbraucherpreisindex Nahrungsmittel
Was bedeutet das für Verbraucher:innen?

  • Haushalte mit geringem Einkommen sind besonders stark belastet1
  • Gesunde Lebensmittel teurer als ernährungsphysiologisch ungünstige
        (Quellen am Ende)

  • Armut steigt: 16,9% der Bevölkerung (14 Mio. Menschen)
        armutsgefährdet 20212, darunter 20 % Kinder und Jugendliche,
        25 % junge Erwachsene3

  → Immer mehr Menschen können sich eine gesunde Ernährung
    nicht (mehr) leisten. Rund drei Mio. Menschen (3,5% der Bevölkerung)
    sind von Ernährungsarmut betroffen 4

1 Statistisches Bundesamt (2022), Struktur Konsumausgaben privater Haushalte nach dem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen 2021
2 Der Paritätische Gesamtverband (2023). Armutsbericht 2022 (aktualisiert)
3 Bertelsmann Stiftung (2023). Kinder- und Jugendarmut in Deutschland

4 FAO, IFAD, UNICEF, WFP, & WHO (2022). The State of Food Security and Nutrition in the World / WBAE beim BMEL (2023). Ernährungsarmut

unter Pandemiebedingungen. Stellungnahme
Was wir fordern

•   Viele Preiserhöhungen liegen weit über den offiziellen Werten. Wir fordern die
    Politik auf, die Preisentwicklung im Handel und bei Herstellern sowie
    versteckte Preissteigerungen zu untersuchen.

•   In Krisenzeiten braucht der Lebensmittelmarkt dringend Leitplanken.
    Das gilt umso mehr, wenn es um Grundnahrungsmittel und Preiserhöhungen
    über das gesamte Sortiment geht.

•   Positionspapier der Verbraucherzentrale NRW (März 2023)
    Gutes Essen für alle in NRW. Positionen und Forderungen bei erheblich
    gestiegenen Lebensmittelpreisen
    www.verbraucherzentrale.nrw/sites/default/files/2023-03/pospap-lm-preise_vznrw.pdf
Was wir fordern

•   Einrichtung einer Markttransparenzstelle für Lebensmittelpreise

•   Einführung eines Preismonitors, der stichprobenweise die Marktpreise von
    konkreten Lebensmitteln abbildet. Damit würde auch der Einkaufsalltag von
    Verbraucher:innen in den Blick genommen werden

•   Kennzeichnung von Preiserhöhungen am Regal
    zur Offenlegung von versteckten Preiserhöhungen

•   Kompetenzen für das Kartellamt zur Überprüfung von Lebensmittelpreisen
Weitere Informationen

•   Monatliches Lebensmittelpreise-Monitoring der Verbraucherzentrale NRW
    www.verbraucherzentrale.nrw/lebensmittelpreise

•   Monetti, S. (2023). Ernährungsarmut in Deutschland Privatisierung des Hungers
    statt vorsorgender Sozialpolitik. In Der kritische Agrarbericht 2023. Schwerpunkt
    „Landwirtschaft & Ernährung für eine Welt im Umbruch“. ABL Verlag
    https://kritischer-agrarbericht.de/fileadmin/Daten-KAB/KAB-
    2023/KAB_2023_331_337_Monetti.pdf
Weitere Quellen
(Mehr)kosten einer gesunder Ernährung in Deutschland:
•   Kersting, M., & Claussen, K. (2007). Wie teuer ist eine gesunde Ernährung für Kinder und
    Jugendliche? Ernährungsumschau, 54(9), 508.
•   Thiele, S. (2014). Neuer Ansatz zur Ermittlung eines ALG-II-Mehrbedarfs für eine vollwertige
    Ernährung. Ernährungsumschau international, 2, 88-93.
•   Kuntz, B., Waldhauer, J., Zeiher, J., Finger, J. D., & Lampert, T. (2018). Soziale Unterschiede im
    Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Querschnittergebnisse aus
    KiGGS Welle 2.
•   WBAE beim BMEL (2020). Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte
    Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsbedingungen gestalten. Gutachten.
•   Biesalski, H. K. (2021). Ernährungsarmut bei Kindern – Ursachen, Folgen, COVID-19. Aktuelle
    Ernährungsmedizin, 46(05), 317-332.
•   Kabisch, S., Wenschuh, S., Buccellato, et al. (2021). Affordability of different isocaloric healthy diets
    in Germany – An assessment of food prices for seven distinct food patterns. Nutrients, 13(9), 3037.
•   Hohoff, E., Zahn, H., Weder, S., et al. (2022). Food costs for vegetarian, vegan and omni-vore child
    nutrition: is a sustainable diet feasible with Hartz IV. Ernährungsumschau, 69(9), 136-40.
•   Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste (2022). Kosten einer Ernährung nach den
    Empfehlungen der DGE. WD 5 - 3000 - 143/22
•   WBAE beim BMEL (2023). Ernährungsarmut unter Pandemiebedingungen. Stellungnahme.
Weitere Quellen

Mitnahmeeffekte in der Lebensmittelwertschöpfungskette:

•   Ragnitz, J. (2022). Gewinninflation und Inflationsgewinner. ifo Dresden berichtet, 29(05), 24-28.

•   Lademann, R., Kleczka, M. (2023). Marktbeherrschung im Lebensmitteleinzelhandel? Eine
    wettbewerbsökonomische Analyse der Handelsentwicklung und ihrer Folgen für Lieferanten und
    Verbraucher. DfV Mediengruppe, R&W.
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