MARKTKOMMENTAR Juni 2021 - Select Investment

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MARKTKOMMENTAR Juni 2021 - Select Investment
MARKTKOMMENTAR
Juni 2021

Bubbles… bubbles everywhere?
In unseren täglichen Kundengesprächen werden wir           mung der Corona-Pandemie kam es 2020 zu starken
vor allem mit zwei Themen konfrontiert:                    Rückgängen der Wirtschaftsleistung in praktisch allen
Der Angst vor einer Überbewertung der Aktienmärkte         Ländern, welche sich auch entsprechend auf die Ent-
und den daraus resultierenden Wertrückgängen von           wicklung der Aktienkurse auswirkte. Aber genauso
Depotwerten einerseits, die Sorge vor einer stark anzie-   schnell und dramatisch wie diese nach unten korrigier-
henden Inflation und einer schleichenden Entwertung        ten setzte eine ebenso rasante Erholung der Börsen ein.
von Ersparnissen andererseits. Es ist leicht, darüber      Faktum ist, dass der Weltaktienindex MSCI World
eine Meinung zu haben, aber schon etwas aufwendiger,       heute ca. 25% höher notiert als vor seinem historischen
sich mit Fakten auseinanderzusetzen. Die Fakten aller-     Höchststand Mitte Februar 2020, also kurz vor Ausbruch
dings sind komplex und sie lassen sich auf die eine wie    der globalen Pandemie! Eine Analyse aller Kurskorrek-
die andere Weise interpretieren. Einigen dieser Fakten     turen von mindestens minus 25% von den Höchstständen
wollen wir uns im Folgenden widmen.                        seit 1950 anhand des US-Aktienindex S&P500 und der
                                                           nachfolgenden Entwicklung zeigt auch an diesem Bei-
Zur Ausgangslage: Nach den erfolgten Lockdowns im          spiel, wie einzigartig dieser Rebound war:
Zuge der Bekämpfung und dem Bemühen zur Eindäm-            Quelle: Charles Schwab, Bloomberg, Daten zum 18.6.2021
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Ein Blick unter die Oberfläche dieser Kursentwicklungen     bewertungen am Höhepunkt der Technologieblase im
zeigt eine durchaus nuancierte Beziehung der Börsen         März 2000 im Minus mit -2,3%-Punkten, vor allem
mit der Covid-19 Wirtschaft. In den ersten 9 Monaten        aufgrund eines damals viel höheren Zinsniveaus. An-
des Jahres 2020 wurde diese fulminante Marktentwick-        ders ausgedrückt: Die Aktienkurse sind vis-a-vis den
lung teilweise von einer geringen Anzahl an Aktien ge-      Bewertungen vor 20 Jahren heute weit weniger hoch
tragen. So erreichten etwa im amerikanischen S&P 500        bewertet. Auf einer globalen Ebene liegt die aktuelle
die fünf größten Titel (Apple, Microsoft, Amazon, Al-       Aktienrisikoprämie für den MSCI World mit den
phabet und Facebook) im September 2020 eine 25%-ige         Gewinnschätzungen für 2022 bei 4%-Punkten und
Gewichtung. Im Durchschnitt legten diese fünf Aktien        damit sogar deutlich über dem langfristigen Durch-
bis dorthin rund 65% zu. Im Vergleich dazu verzeich-        schnitt von 2,74%-Punkten, was für eine eher niedrige
neten die restlichen 495 Aktien im Index nur 3% an          Kursbewertung spricht, wie einer Analyse der UBS
Zugewinnen. 40% der Aktien im Index waren zum               entnommen werden kann.
damaligen Zeitpunkt sogar mehr als 20% tiefer im
Vergleich zu ihrem 52-Wochen Höchstkurs. Die großen         Das Thema der Inflation hingegen ist schwieriger zu
5 prägten im S&P 500 also die erste Erholungsphase.         durchleuchten. Die aktuellen Zahlen liegen für die
Diese starke Outperformance kam seither nicht zufällig      USA bei +5,0% (Mai 2021), was dem stärksten Anstieg
zu einem Stillstand. Aufgrund der ersten positiven          seit 2008 entspricht, für Deutschland bei +2,3% und
Nachrichten über Impfstoffe holten die Nachzügler im        Österreich +2,7% (jeweils Juni 2021). Natürlich ent-
Index auf. Die Entwicklung der Aktienkurse war daher        sprechen diese Daten des Verbraucherpreisindex der
nicht ganz so abgekoppelt von fundamentalen Daten           Preisentwicklung des zugrundeliegenden Warenkorbes,
wie auf den ersten Blick vermutet.                          der wahrscheinlich für nicht alle Konsumenten reprä-
                                                            sentativ ist. Wichtig ist natürlich auch der Hinweis auf
Natürlich kann man nun einwenden, dass die Bewer-           einen starken Basiseffekt aufgrund des tiefen Preisni-
tungen anhand des Kurs-Gewinnverhältnisses (KGV)            veaus vor einem Jahr, insbesondere bei Energie- und
auf – historisch gesehen – hohen Niveaus verharren.         Nahrungsmittelpreisen.
In absoluten Zahlen stimmt dies auch, wobei auch hier
der Hinweis gemacht werden muss, dass dies durch die
hoch gewichteten Titel überproportional erfolgt. Aller-
dings sollte dies immer in Relation zu den Zinsen gesehen
werden. Howard Marks von Oaktree Capital hat zu den
Sorgen einer solchen „Kursblase“ in einem seiner weithin
respektierten „Memos“ im März dieses Jahres dazu
Stellung bezogen. Er ging dabei von einem geschätzten
KGV für den S&P500 von 22 aus, was einer Gewinn-
rendite von 4,5% entspricht (also der inversen Zahl des
KGV) und setzte dies in Relation zum Kapitalmarkt-
zins der US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10
Jahren von 1,4%, was auch dem heutigen Stand ent-
spricht. Dieser als „Aktien-Risikoprämie“ bekannte
Maßstab von 3,1%-Punkten liegt damit im historischen
Schnitt von 3%-Punkten während der letzten 20 Jahre!
Im Vergleich dazu war diese Risikoprämie auf Aktien-
(Abb. 1)
Besonders drastisch zeigt sich die Entwicklung z.B. bei
Stahl und Holz, wo es zu Preissteigerungen von 30% -
100% kam. Sicher hat dies auch mit den Lockdowns
während der letzten 15 Monate zu erklären, dass es
einerseits zu Verzögerungen aufgrund der Unterbre-
chung globaler Lieferketten, andererseits zu Nachzieh-
effekten bei noch nicht vollen Produktionskapazitäten
sowie einer hohen Nachfrage kam, welche durch staat-
liche Hilfsprogramme (in Österreich z.B. im Zusammen­
hang mit der Investitionsprämie) angefeuert wurde.
Die Statistik Austria beziffert die Steigerung der Kosten
der Errichtung eines Wohnhauses in Österreich im
Vergleich zum vergangenen Jahr mit ca. +7,5%, eine
nicht unwesentliche Verteuerung. Die amerikanische
FED versucht zu beruhigen und bezeichnet diese Preis-                                                           (Abb. 2)
steigerungen als „vorübergehend“ und beharrt auf der
Aussicht erster zu erwartender Zinserhöhungen in 2023.
Ähnliche Signale kamen von der EZB, die ebenso an
ihrem weiteren Ankauf von Anleihen festhalten wird.
Einer der Gründe dürfte sein, dass stark preis­treibende
Rohstoffe eben auch sehr volatil sind und bereits wieder
stark korrigiert haben, wie am interna­tionalen Holzpreis
auszumachen ist, welcher alleine im Juni um -40%
nachgab. (Abb. 1)
Ebenso kann auch vor der Gefahr einer möglichen
Beschleunigung der Geldumlaufgeschwindigkeit noch
Entwarnung gegeben werden, welche nach wie vor auf
tiefen Niveaus verharrt. (Abb 2)

Nachdem der Zins auch sensibel auf Inflationsdaten          Gleichung aus: Wenn das nominelle Wachstum höher
reagieren sollte – so die Lehrbuchmeinung - und ein         ist als die Kosten für die Schulden dann kann ein Land
entscheidender Faktor in der Bewertung von Vermö-           seine Schuldenlast tragen. Diese Kosten, sprich Zinsen,
genswerten im weitesten Sinne ist – wie oben bereits        sind allerdings künstlich niedrig gehalten und entsprechen
ausgeführt – ist dieser weiteren Entwicklung natürlich      daher nicht normalen Marktfaktoren. Die Zentral­banken
unsere besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Dies be-          sitzen in Wirklichkeit in der Falle. Der Versuch, die Wirt­
trifft vor allem auch das ungebremste fiskalische Füll-     schaft durch Zinsmanipulationen und quantitative Locke­
horn, welches von den Regierungen für ihre nationalen       rungen (Aufkäufe von Staatsanleihen) zu stimulieren, ist
Wirtschaften und Konsumenten geöffnet wurde. Die            in Wahrheit gescheitert. Im Gegenteil, sie haben damit den
stark angestiegenen Budgetdefizite und damit Schul-         Regierungen die Möglichkeit gegeben, notwendige Refor­men
denstände aller wesentlichen Länder müssten an und          aufzuschieben und sich zu immer günstigeren Konditionen
für sich zu höheren Zinsen geführt haben, was aber          (Negativzins!) weiter zu verschulden. Eine Zins­erhöhung
durch die Interventionen der Notenbanken bisher nur         auf ein markt­übliches Maß, welches sich an historischen
un­wesentlich der Fall war. Man kommt also mit der          Sätzen orientieren würde, scheint nicht mehr möglich.
Fazit

Angesichts der nach wie vor tiefen bis negativen Zinsen                                     gebundene Anleihen hiervon ausgenommen. Höhere
ist ein ausgewogener Veranlagungsbedarf abseits von                                         Renditen, aufgrund der Einengung der Margen ohne-
Sparbuch und ähnlichen liquiden Anlagen nach wie                                            hin Mangelware, zulasten der Bonität des Emittenten
vor unumgänglich. Die kritische Hinterfragung der                                           lehnen wir jedoch ab. Für die Aktieninvestments gilt
Aktualität des Anlagerprofiles und die Abstimmung                                           mehr denn je „Qualität zu vernünftigen Preisen“. Wir
von Renditeziel zu Risikotoleranz ist mehr denn je mit                                      finden diese nach wie vor in sehr ausgesuchten Unter-
den Kundenerwartungen in Einklang zu bringen. Vor                                           nehmen aus dem Technologiesektor sowie vermehrt in
allem sollte „Diversifikation“ unter dem Aspekt gesehen,                                    „Value“-Titeln in USA und Asien, wobei die Stabilität
dass die einzelnen Anlagekategorien im Sinne einer                                          des Geschäftsmodells, die Erwirtschaftung nachhaltig
wirklichen Risikostreuung zueinander passen. Wir                                            steigender freier Cashflows sowie eine grundsolide Fi-
vergleichen dies gerne mit einem Uhrwerk, indem                                             nanzierungsstruktur für uns vorrangig beurteilt werden.
unterschiedlichste Räder dennoch präzise ineinander-                                        Der Bereich der Nachhaltigkeit im Sinne der ESG-Kri-
greifen müssen, damit es in Summe den gewünschten                                           terien fließt mittlerweile auf der gesamten Portfolio­
Effekt erzielt. Im früher oftmals wesentlichen Segment                                      ebene in unsere Überlegungen mit ein. Last but not
der Anleihen nehmen wir eine sehr defensive Haltung                                         least, bilden strukturierte Anlagen mit im Vorhinein
ein und haben dieses Segment nur mehr aus Volatilitäts­                                     fix eingebauten Auszahlungsprofilen sowie ausgesuchte
überlegungen im Portfolio. Allerdings sind inflations-                                      alternative Anlagen eine nicht unwesentliche Rolle.

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