Menschen-rechte wählen! - FORDERUNGEN DES FORUM MENSCHENRECHTE ANLÄSSLICH DER
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FORDERUNGEN DES FORUM MENSCHENRECHTE ANLÄSSLICH DER 1 Menschen- BUNDESTAGSWAHL 2021 rechte wählen!
„Die Würde des 2 Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 Gewalt.“
MENSCHENRECHTE WÄHLEN! 3 Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 — In den letzten Monaten und Jahren wurde uns fordern konsequentes politisches und juristisches einmal mehr vor Augen geführt, wie gefährdet Handeln. Der Schutz vor Diskriminierung und Gewalt Menschenwürde und Solidarität in unserer Gesell ist ein Menschenrecht und der Staat verpflichtet, schaft sind. Wir mussten erkennen, dass längst diesen Schutz uneingeschränkt zu gewährleisten. anerkannt geglaubte Menschenrechte alles ande re als selbstverständlich sind. Und wir durften Auch international sind über Jahrzehnte erkämpfte sehen, dass zivilgesellschaftliches Engagement Institutionen zum Schutz der Menschenrechte unter nicht nur in Krisenzeiten unerlässlich ist für eine Druck geraten. Die Covid-19-Pandemie in Verbin- solidarische Gesellschaft, in der Menschenrechte dung mit der Finanzmisere der Vereinten Nationen gelten und gelebt werden sollen. haben das ohnehin unterfinanzierte VN Menschen- rechtsschutzsystem in eine existentielle Krise ge- Die Covid-19-Pandemie und deren Bekämpfung haben bracht. Weltweit werden die Handlungsspielräume Folgen für alle Menschen in unserem Land. Doch die der Zivilgesellschaft immer stärker beschränkt und Situation ohnehin schon benachteiligter oder beson müssen Menschenrechtsverteidiger*innen um ihr ders verletzlicher Menschen hat sich zusätzlich ver- L eben fürchten. schärft. Fehlender Zugang zu Bildung für Kinder aus Familien in prekären Lebenssituationen, häusliche Die neue Bundesregierung wird frühzeitig und nach- Gewalt, erhöhte Infektionsgefahr in beengten Unter haltig die Weichen stellen müssen, um ein solidari- Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 künften für Geflüchtete oder die gefährdete physi- sches, respektvolles und gleichberechtigtes Mitein- sche und psychische Gesundheit vor allem älterer und ander aller Menschen (wieder)herzustellen, um behinderter Menschen in Folge der Kontaktbeschrän Diskriminierung und Gewalt den Boden zu entziehen kungen sind nur einige Aspekte der menschenrecht und um das internationale Menschenrechtssystem lich höchst problematischen Folgen der Pandemie vor folgenreichem Schaden zu bewahren. bekämpfung. Hinzu kommen faktische Rückschritte bei der ohnehin unzureichenden Geschlechtergleich Dabei sind Deutschlands internationale Menschen- stellung und sich verschärfende soziale Ungleichheit rechtsverpflichtungen für alle Politikbereiche hand- und ungerechte Ressourcenverteilung in unserem lungsleitend und dürfen nicht der politischen Kon- Land wie weltweit. Die Pandemie hat menschenrecht junktur unterworfen werden. Die unverhohlene liche Risiken in globalen Wertschöpfungsketten Aufweichung oder Umgehung internationalen Rechts noch offensichtlicher gemacht und bietet zugleich wie in der Asyl- und Flüchtlingspolitik gefährdet Chancen, Klima- und Menschenrechtsschutz endlich Menschenleben ebenso wie die menschenrechtspo- zusammen zu implementieren. litische Glaubwürdigkeit Deutschlands. Zu einer lange unterschätzten, fundamentalen Gefahr Das FORUM MENSCHENRECHTE und seine Mitglieds- für unsere rechtsstaatliche Demokratie und Gesell- organisationen sind mit Bundesregierung und Bun- schaft sind Rassismus, Hasskriminalität, Rechtsex destag im stetigen Austausch zu einem breiten tremismus, Homo- und Transsexuellenfeindlichkeit, Spektrum menschenrechtlicher Anliegen. Während Antisemitismus, Antifeminismus und Diskriminierung es auf einigen Gebieten erfreuliche Fortschritte gab, von Menschen geworden. Terroristische Anschläge, verlangen andere Forderungen seit Jahren unser be- rassistische Gewalttaten und deren ungenügende ständiges und beharrliches Drängen. Manche men- Strafver folgung, die Aufdeckung rechtsextremer schenrechtlichen Herausforderungen sind nun akuter Netzwerke in Polizei und Bundeswehr sowie die denn je und verlangen nach Wort, Tat und Entschei- Stimmenzuwächse für demokratiefeindliche Parteien dung in der nächsten Legislaturperiode. und wachsende antifeministische Einstellungen er-
4 Deshalb ermutigen wir jede Wählerin und jeden WIR FORDERN: Wähler, sich bei der Bundestagswahl für die Men- → den absoluten und eindeutigen Schutz der schenrechte zu entscheiden. unantastbaren Würde aller Menschen → die nachhaltige Förderung von zivilgesell- Deshalb erinnern wir alle politisch Verantwortlichen schaftlichem Engagement und Initiativen für an Art. 1 des Grundgesetzes als oberstes Gebot allen Demokratie und gegen Rassismus politischen Handelns. → die Stärkung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der Antidiskriminierungs Deshalb fordern wir die Kandidatinnen und Kandi- gesetze daten auf, ihrer politischen und persönlichen Ver- → Menschenrechte im digitalen Zeitalter zu antwortung für die Einhaltung der Menschenrechte schützen und zu stärken gerecht zu werden. → rassistischer Gewalt entgegen zu wirken und Racial Profiling zu unterbinden Deshalb fordern wir die zukünftigen Mitglieder des → Schutz vor Gewalt Bundestages und die nächste Bundesregierung → Zugang zu Gesundheit und sexuellen und dazu auf, sich mit aller Konsequenz für eine men- reproduktiven Rechten schenrechtsgeleitete Politik einzusetzen. Die fol- → besonderen Schutz für besonders verletzliche genden Forderungen sind dafür unser Maßstab.* Geflüchtete → Schutz der Rechte von geflüchteten Minder- jährigen → Rücknahme der Asyl- und Aufenthaltsrechts- verschärfungen Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 → Stopp von Abschiebungen in Kriegs- und Krisenstaaten → Zugang zu fairen Asylverfahren in allen EU-Staaten → eine menschenrechtsbasierte Entwicklungs- zusammenarbeit → Menschenrechtsschutz in der globalen Wirt- schaft und Rechtszugang für Betroffene → menschenrechtliche Verantwortung der Inter- nationalen Finanzinstitutionen → Aus- und Aufbau des Monitoring und der Sanktionierung von Menschenrechtsverlet- zungen → die sichtbare Vernetzung von Menschen- rechtsschutz mit Krisenprävention, Konflikt- bewältigung und Friedensförderung → die konsequente Stärkung und den Ausbau internationaler wie nationaler Instrumente zum Schutz der Menschenrechte *D as FORUM MENSCHENRECHTE (FMR) ist ein Netzwerk von 53 in Deutschland menschenrechtspolitisch aktiven Nichtregierungsorganisationen. Die hier formulierten Forderungen werden von den Mitgliedsorganisationen des FMR im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabengebiets, ih- rer Zielsetzung, ihres Mandats und ihrer Grundüberzeu- gung getragen.
WIR F ORDERN! 5 Nachhaltige Förderung von zivilgesell- schaftlichem Engagement Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 und Initiativen für Demokratie und gegen Rassismus
6 Die Würde aller Men- Arbeit als gemeinnützig. Die Demokratieprojekte schen ist u nantastbar des Bundes bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, um dem dringenden Bedarf für eine nachhaltige — Das Menschenwürdegebot des Grundgesetzes Strukturförderung von zivilgesellschaftlichen Initia- ist das Fundament unseres gesellschaftlichen Zu- tiven für Demokratie und gegen Rassismus zu ent- sammenlebens und muss im Alltag immer wieder be- sprechen. hauptet und verteidigt werden. Elementare Normen des Miteinanders wie das Gleichheitsgebot müssen WIR FORDERN in der Verfassung sichtbar, zeitgemäß verständlich → die Verabschiedung des lange diskutierten und eindeutig sein. Träger*innen von Grundrechten „Demokratiefördergesetzes“ und damit eine müssen ausdrücklich genannt sein. Verstetigung der Unterstützung des Bundes von unabhängiger zivilgesellschaftlicher Ar- WIR FORDERN beit für Demokratie und gegen Rassismus; → den veralteten und irreführenden Begriff → in Ermangelung eines „Demokratieförder „Rasse“ aus dem Diskriminierungsverbot in gesetzes“ eine Aufstockung der Mittel des Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes zu Bundesprogramms „Demokratie leben!“ auf streichen und ihn durch das Verbot „rassis mindestens 200 Millionen Euro mit einem tischer Diskriminierung“ zu ersetzen; besonderen Stellenwert für das Engagement → die sexuelle Identität in die Diskriminierungs- von Selbstorganisationen und das Empower- gründe aufzunehmen. ment der Gruppen, die von rassistischer Diskriminierung in ihren unterschiedlichen Obwohl das Bundesverfassungsgericht Kinder als Ausprägungen wie Antisemitismus, LSBTI- Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 Träger*innen von Grundrechten anerkannt hat, wer- Feindlichkeit, Muslimfeindlichkeit und anderen den Kinder im Grundgesetz nicht ausdrücklich als Formen gruppenbezogener Menschenfeind- Rechtssubjekte genannt, sondern lediglich als Ge- lichkeit betroffen sind. genstand elterlicher Verantwortung. Die rechtssichere Anerkennung des Beitrags zivil- WIR FORDERN gesellschaftlicher Organisationen zu politischer → Kinderrechte explizit ins Grundgesetz aufzu- Willensbildung erfordert eine Reform des Gemein- nehmen und dabei den Vorgaben aus der Kin- nützigkeitsrechts. derrechtskonvention der Vereinten Nationen und der EU-Grundrechtecharta zu folgen: das WIR FORDERN Kindeswohl muss vorrangig berücksichtigt → eine Reform der Abgabenordnung, die klar- werden. stellt, dass gemeinnützige Organisationen ihre eigenen Satzungszwecke auch politisch verfolgen dürfen; Nachhaltige Förderung → die ebenfalls klarstellt, dass zu den Mitteln von zivilgesellschaftli- zur Verfolgung der Satzungszwecke im Rah- chem Engagement und men allgemeiner Gesetze auch die Einwirkung Initiativen für Demokra- auf die politische Willensbildung, auf die öffent- tie und gegen Rassismus liche Meinung, auf politische Parteien und staatliche Entscheidungen gehören. — Zivilgesellschaftlichen Initiativen, die unsere Demokratie verteidigen, sich gegen menschenfeind- liche Ideologien engagieren und die Akzeptanz von vielfältigen Lebensweisen und Identitäten fördern, brauchen eine nachhaltige Unterstützung und lang- fristige Absicherung sowie eine Anerkennung ihrer
WIR F ORDERN! 7 Digital ler- nen, leben und arbeiten Menschen- rechte auch im digitalen Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 Zeitalter stärken
8 Stärkung der Antidiskri- cen, Risiken und Herausforderungen für die Rechte minierungsstelle des des Kindes im digitalen Umfeld zu gewährleisten. Bundes und der Antidis- kriminierungsgesetze WIR FORDERN → die Bekanntmachung und Berücksichtigung — Die personelle und finanzielle Ausstattung der des General Comment zu den Rechten des Antidiskriminierungsstelle liegt im EU-Vergleich deut Kindes in der digitalen Welt. lich unter dem Durchschnitt. Nicht nur die Europäi- sche Kommission gegen Rassismus und Intoleranz Kinder und Jugendliche in Deutschland nutzen das empfiehlt, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes Internet wie nie zuvor. Kindheit als eigenständige und die Antidiskriminierungsgesetze in Kompeten- Lebensphase anzusehen, bedeutet auch bei Internet- zen und Ausstattung zu stärken. angeboten den kindlichen Bedürfnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten gerecht zu werden. Da Kindern viel- WIR FORDERN fach noch eine ausgeprägte kritische Urteilsfähig- → die Verbesserung der personellen und finan keit und die Fähigkeit zur Orientierung innerhalb der ziellen Ausstattung der Antidiskriminierungs- Informationsgesellschaft fehlen, müssen sie beim stelle des Bundes; Umgang mit dem Netz unterstützt, beraten und be- → den Ausbau des Allgemeinen Gleichbehand- gleitet werden. Neben kompetenter Nutzung ist es lungsgesetzes (AGG) und die Schließung von wichtig, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Schutzlücken. Notwendig ist u.a. ein echtes eine chancengleiche Nutzung des Internets zu ge- Verbandsklagerecht, das Antidiskriminierungs währen. verbänden erlaubt, Prozesse für Betroffene Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 zu führen. WIR FORDERN → Medienkompetenzangebote für Kinder und Eltern dauerhaft zu fördern sowie die Erar- Digital lernen, leben und beitung und Pflege kindgerechter Internet arbeiten – Menschen- angebote verstärkt zu unterstützen; rechte auch im digitalen → Sensibilisierungs- und Präventionsangebote Zeitalter stärken zu sexualisierter Gewalt und Cybergrooming im Internet und in sozialen Medien unter Ein- — In der Corona-Krise ist mehr als deutlich ge- beziehung von Eltern, Schulen und Bildungs- worden, wie elementar der Zugang zum Internet ist, einrichtungen auszubauen; um für Kinder und Jugendliche das Recht auf Bildung → alle Wohnorte und Schulen an schnelles Inter- und für alle Menschen die digitale Teilhabe an Ar- net anzuschließen sowie die Kosten für einen beitsleben und Gesellschaft zu gewährleisten. Die Internetanschluss und die Beschaffungskosten Ausbildung von Medienkompetenz ist für Bildung für notwendige Endgeräte in die Regelsatz- und Partizipationsrechte von grundlegender Bedeu- berechnung des ALG II realitätsnah aufzuneh- tung, aber auch im Hinblick auf die Sensibilisierung men. Solange dies nicht gewährleistet ist, für Diskriminierung, Hass, sexuelle Ausbeutung und sollten digitale Endgeräte kurzfristig über sexualisierte Gewalt im Netz. Sonderbedarfe finanziert werden; → dass Mittel aus dem Digitalpakt unbürokra- Kinderrechte gelten on- und offline. Der VN Aus- tisch in Schulen ankommen; schuss für die Rechte des Kindes erarbeitet derzeit → die digitale Teilhabe aller Menschen sicher einen neuen Kommentar („Allgemeine Bemerkung“) zustellen durch ausreichend barrierefreie mit geeigneten Maßnahmen, um die vollständige Ein- Angebote und durch Alternativangebote für haltung der Verpflichtungen aus der Konvention und Menschen ohne digitalen Zugang. ihren Fakultativprotokollen im Hinblick auf die Chan-
Künstliche Intelligenz (KI), Big Data und Überwa- Rassistischer Gewalt ent- 9 chungstechnologien sowie auf Datensammlung ba- gegen wirken und Racial sierende Geschäftsmodelle von Internet-Plattformen Profiling unterbinden sind in unserem Alltag inzwischen omnipräsent, wenn auch häufig nicht sichtbar. Digitale Technolo- — Die politischen Entwicklungen mit terroristi- gien müssen Menschenrechte stärken und nicht ver- schen Anschlägen, einem Anstieg von rassistischen letzen. Dafür ist gesetzliche Regulierung eine not- Gewalttaten und ihrer ungenügenden Strafverfol- wendige Grundlage, die technischer Entwicklung gung und der Aufdeckung rechtsextremer Netzwerke und praktischem Einsatz nicht länger mit Verzöge- in Polizei und Bundeswehr sowie die Stimmenzuwäch- rung folgen darf. se für demokratiefeindliche Parteien und wachsen- de antifeministische Einstellungen als Türöffner für WIR FORDERN rechte Radikalisierung machen engagiertes Handeln → KI-Technologien zu regulieren, Transparenz dringlicher denn je. Ein positiver Schritt war die Ein- über ihren Einsatz und das Recht auf Gleich- richtung eines Kabinettsausschusses gegen Rechts- heit und Nicht-Diskriminierung beim Einsatz extremismus und Rassismus in der zu Ende gehenden von KI trotz „Algorithmic Bias“ sicherzustellen Legislaturperiode. Unabdingbar sind Veränderungen und KI-Anwendungen zu verbieten, die ein un- in der Arbeit der Ermittlungsbehörden und der vertretbares Risiko für die Menschenrechte Strafverfolgung bei rassistischen Tatmotiven. aufweisen, wie etwa die Gesichtserkennung zur Identifizierung im öffentlichen Raum; WIR FORDERN → sicherzustellen, dass Überwachung nur statt- → ein Ende der Praxis des Racial Profilings, findet, wenn ein konkreter Verdacht vorliegt indem anlasslose Personenkontrollen der Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 und die Überwachungsmaßnahme gezielt, ver- Polizei ausgeschlossen und zu Personenkon hältnismäßig, durch eine unabhängige Instanz trollen Standards für konkrete Verdachts kontrolliert und notwendig zum Erreichen eines momente geschaffen werden; legitimen Ziels ist; → die unabhängige und systematische Untersu- → Verschlüsselungs- und Anonymisierungswerk- chung vermuteter Vorurteilsstrukturen in der zeuge zu fördern und dem entgegen wirkende Polizei in Bund und Ländern; unbewusste ras- Vorhaben – auch innerhalb der EU – zu wider- sistische Handlungs- und Ermittlungsmuster sprechen; müssen identifiziert und überwunden sowie → eine unabhängige Untersuchung der Menschen- rassismusförderliche Ermittlungsvorgaben rechtsrisiken durch das auf Datensammlung abgeschafft werden; basierende Geschäftsmodell von Internet- → institutionell und weisungsunabhängige Be- Plattformen zu initiieren und menschenrecht- schwerdemechanismen wie Polizeibeauftrag- lichen Schutzpflichten durch ihre Regulierung te mit eigenen Ermittlungsbefugnissen bzw. gerecht zu werden. Transparenz, darunter Clearingstellen bei Bund und Ländern, zu er- über die Verwendung algorithmischer Systeme, gänzen durch ein niedrigschwellig nutzbares den Einsatz von Profilbildung und gezielter Netz von Ansprechpersonen bei der Polizei Werbung und die Moderation von Inhalten, ist für diskriminierungsbetroffene Gruppen von gesetzlich sicherzustellen. People of Color, Sinti und Roma, jüdische, muslimische, Schwarze und LGBTI-Menschen.
10 Schutz vor Gewalt und traumatisierter Geflüchteter in der Poli- zeiausbildung und -weiterbildung. — In der Corona-Krise zeigt sich die prekäre Lage des Gewaltschutzsystems wie unter einem Brennglas. Die Konvention des Europarats zur Verhütung und Die ohnehin schon unzureichende Finanzierung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher die lückenhafte digitale Infrastruktur werden umso Gewalt (Istanbul-Konvention) ist geltendes Recht deutlicher und die Mitarbeiter*innen von Fachbera- und muss konsequent umgesetzt werden. Entschei- tungsstellen für Frauen, Psychosozialen Zentren für dend sind dabei eine Harmonisierung von Gewalt- Flüchtlinge und Folteropfer und Frauenhäusern wer- schutz und Ausländerrecht sowie die Rücknahme der den auf eine erhebliche Belastungsprobe gestellt. Vorbehalte zu Artikel 59. WIR FORDERN WIR FORDERN → ein Ende der prekären und uneinheitlichen → die Rücknahme der Vorbehalte zur Istanbul- Finanzierungssituation des Gewaltschutz Konvention in Bezug auf humanitäre Aufent- systems durch eine bundesweite gesetzliche haltstitel (Artikel 59 Abs.2) und Aufenthalts Regelung, die dem Flickenteppich an Finanzie- titel für Gewaltbetroffene (Artikel 59 Abs.3); rungsgrundlagen ein Ende bereitet; → gesetzlich verbindliche Regelungen, die sich an → eine nachhaltige Unterstützung bei der digi- den Vorgaben der Istanbul-Konvention orien- talen Infrastruktur der Einrichtungen des tieren und damit Schutz und Hilfe für von Gewaltschutzsystems und entsprechende Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder Schulungen; konkret, nachhaltig und entsprechend der → die unbedingte Gewährleistung des niedrig- Konvention absichern; Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 schwelligen Zugangs zu Frauenhäusern, Frauen- → eine mit klarem Mandat und politischen Kom- beratungsstellen und Psychosozialen Zentren petenzen ausgestattete Monitoringstelle. für Flüchtlinge und Folteropfer – erreichbar für alle gewaltbetroffenen Frauen und deren Gewalt nimmt zu, Hasskriminalität steigt weiterhin Kinder, unabhängig von sozialer oder ethni- an. Menschen werden verbal und physisch angegrif- scher Herkunft, dem Aufenthaltsstatus, Alter, fen, weil sie aus einer anderen Kultur kommen, weil Religion oder Weltanschauung, sexueller und sie Schwarz sind, weil sie lesbisch, schwul und/oder geschlechtlicher Identität, materieller Situati- trans sind, oder aufgrund ihres Geschlechts, einer on, Behinderung, Beeinträchtigung, Pflege Behinderung oder ihrer Religion. bedürftigkeit oder Krankheit; → die Sicherstellung des Zugangs zu online-Be- WIR FORDERN ratungen oder Psychotherapie unter Gewähr- → dass alle von Gewalt betroffenen und be- leistung des Schutzes der Privatsphäre und drohten Gruppen ihrer Lage entsprechend Vertraulichkeit – einschließlich der Möglichkeit Zugang zu Unterstützung und Schutz bekom- zur Einhaltung von Schweigepflicht in Ge- men und dabei besonders vulnerable Gruppen meinschaftsunterkünften für Geflüchtete; wie geflüchtete Mädchen und Frauen, weibliche → dass alle Formen von Gewalt berücksichtigt BPoCs, Frauen und Mädchen mit Behinderung werden und die Betroffenen Zugang zu Schutz und LSBTI* besondere Aufmerksamkeit erfahren; und Unterstützung erhalten – dies gilt auch → die unverzügliche Einsetzung einer unabhän- für weniger sichtbare und speziellere Gewalt- gigen Expert*innen-Kommission, die eine sys- formen wie etwa Menschenhandel und Ausbeu tematische Bestandsaufnahme aller Erschei- tung inkl. von Bettelei und strafbaren Hand- nungsformen von LSBTI*-Feindlichkeit und lungen, Arbeitsausbeutung in Privathaushalten damit verbundener Hasskriminalität erarbeitet und Pflege, digitale Gewalt und rituelle Gewalt; und der Bundesregierung sowie dem Bundes- → die Steigerung der Sensibilität für das Thema tag einen Lagebericht mit Handlungsempfeh- und für die Situation der betroffenen Frauen lungen vorlegt.
F WIR besonders Schutz für verletzliche Besonderer Geflüchtete ORDERN! 11 Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021
12 Zugang zu Gesundheit → einen verlässlichen rechtlichen Rahmen für und sexuellen und Mehreltern-Regenbogenfamilien, damit den reproduktiven Rechten jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen ent- sprechend bis zu vier Menschen einvernehm- — Die Gewährleistung der sexuellen und repro- lich rechtliche Elternteile und/oder Sorgebe- duktiven Rechte hat sich in der Corona-Krise als be- rechtigte sein können. sonders fragil erwiesen. Viele Einrichtungen konnten ihrer Aufgabe nur sehr eingeschränkt nachkommen und waren für die betroffenen Frauen nur schlecht Besonderer Schutz für zu erreichen. Daraus ergeben sich Handlungsbedar- besonders verletzliche fe auch über die Pandemie hinaus. Geflüchtete WIR FORDERN — Geflüchtete Frauen, Minderjährige, Menschen mit → die Überarbeitung von Pandemieplänen da- Behinderungen, Betroffene von Menschenhandel oder hingehend, dass ohne die Gesundheit aller Folter und LSBTI* gehören zu den besonders vulne- beteiligten Personen zu gefährden keine rablen Gruppen unter den Geflüchteten. Sie sind noch Gruppe von unverhältnismäßigen Einschrän- häufiger als andere Menschen Diskriminierung, Aus- kungen betroffen ist wie etwa Frauen, die im grenzung und Gewalt ausgesetzt und brauchen be- Kreißsaal von einer Person ihrer Wahl beglei- sondere Schutzmaßnahmen, denn für sie ist es auf- tet werden wollen; grund von mangelnden Sprachkenntnissen, fehlenden → ausreichende Finanzmittel für sexuelle Bil- finanziellen Ressourcen sowie alternativen Wohnmög dung und die konsequente Gewährleistung lichkeiten schwieriger, Schutz vor Gewalt zu f inden. Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 von rechtebasierter Sexualpädagogik als Zwar gibt es mittlerweile für Aufnahmeeinrichtungen schulnahe Maßnahme; in allen Bundesländern Gewaltschutzvorgaben ent- → einen kostenlosen Zugang zu Menstruations- sprechend § 44 Abs. 2a AsylG, doch unterscheiden produkten nach schottischem Vorbild; sich diese deutlich in ihrer Konkretisierung, ihrem → ein stärkeres Engagement gegen die Genital- Geltungsbereich und ihrer Verbindlichkeit. Auch ist beschneidung von Frauen und Mädchen, deren der Gewaltschutz in kommunalen Gemeinschaftsun Zahl auch in Deutschland in letzter Zeit weiter terkünften bisher nur in wenigen Bundesländern ver gestiegen ist; bindlich geregelt. Darüber hinaus fehlt es den Unter- → den sicheren und diskreten Zugang zur gesetz künften an finanziellen und personellen Ressourcen, lich vorgeschriebenen Schwangerschafts um überhaupt wirksamen Gewaltschutz sicherstellen konfliktberatung auch unter Pandemiebedin- zu können. gungen, sowie leicht und niedrigschwellig zugängliche Informationen zu allen Fragen WIR FORDERN der sexuellen und reproduktiven Gesundheit; → die schnelle kommunale Verteilung und dezen- → die Verbesserung der Aus- und Weiterbildung trale Unterbringung geflüchteter Menschen von Ärzt*innen in Bezug auf Fragen der sexu- und dabei die frühestmögliche Identifizierung ellen und reproduktiven Gesundheit; besonders vulnerabler Gruppen und ihres → sicherzustellen, dass allen ein Zugang zu siche- Schutzbedarfes. Dazu gehört auch die sofor- ren, wirksamen, erschwinglichen und akzep- tige separate Unterbringung von Angehörigen tablen Methoden der Familienplanung und für einer COVID-19-Risikogruppe; den Schutz vor sexuell übertragenen Krank- → die bessere Bearbeitung und Umsetzung von heiten gewährt wird. Dabei sollen die Empfeh- Gewaltschutzkonzepten in den Unterkünften lungen der Studie „frauen leben 3“ und aus dem mit Fokus auf Gruppen mit erhöhtem Diskrimi- Modellprojekt „biko – Beratung, Information nierungsrisiko sowie erhöhtem Risiko, Gewalt und Kostenübernahme bei Verhütung“ berück- ausgesetzt zu sein, wie LSBTI*, Frauen, trau- sichtigt werden;
matisierte Menschen, Opfer von Folter oder → Haft oder haftähnliche Unterbringungsbedin- 13 Betroffene von Menschenhandel; gungen auszuschließen. → die verbindliche Regelung der in § 53 Abs. 3 AsylG verankerten Pflicht zur Gewährleistung Die Lebenssituation von geflüchteten Kindern, Ju- des Gewaltschutzes in kommunalen Gemein gendlichen und ihren Familien in den Aufnahmeein- schaftsunterkünften und die Bereitstellung richtungen steht oftmals nicht in Einklang mit den der notwendigen finanziellen und personellen bestehenden Rechten. Die Einrichtung der AnkER- Ressourcen, um überhaupt wirksamen Gewalt Zentren hat dies nochmal verstärkt. Der Zugang zu schutz sicherstellen zu können; Kita, Schule, psychosozialer Betreuung oder Unter- → für Betroffene von Menschenhandel, ge stützung durch die Kinder- und Jugendhilfe wird oft- schlechtsspezifischer Verfolgung und Gewalt mals nicht hergestellt. Die betroffenen Kinder und oder sexualisierter Gewalt einen effektiven Jugendlichen erleben Abschiebungen und Gewalt, sie Rechtsschutz gegen eine Rücküberstellung haben keinen Schutzraum. Im Gegenteil, oftmals nach Dublin III Verordnung in einen Drittstaat, müssen die Familien bis zu sechs Monate weitgehend wo häufig eine große Gefahr der Reviktimisie- isoliert und unter nicht kindergerechten Lebensbe- rung besteht. dingungen ausharren. WIR FORDERN Rechte von geflüchteten → die Unterbringungssituation von geflüchteten Minderjährigen Minderjährigen so zu gestalten, dass sie ihre Rechte tatsächlich wahrnehmen können; — Der Vorschlag der EU-Kommission für einen → die Begrenzung des Aufenthalts von Minder- Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 Neuen Migrations- und Asylpakt sieht eine massive jährigen und ihren Familien in Aufnahmeein- Beschränkung beim Zugang zum Recht auf Asyl vor. richtungen auf maximal einen Monat. Auch Minderjährige und ihre Familien werden von Schnellverfahren und einer massiven Einschränkung gerichtlichen Rechtsschutzes betroffen sein. Die Rücknahme der Asyl- bisher vorgesehenen Garantien für Kinder und Ju- und Aufenthaltsrechts- gendliche sind nicht ausreichend und stehen in kei- verschärfungen nem Verhältnis zu den vorgeschlagenen Restriktionen. Nach dem Willen der EU-Kommission sollen die von — In beispiellosem Aktionismus wurde im Asyl- und ihr vorgeschlagenen Grenzverfahren ausgeschlos- Aufenthaltsrecht seit 2015 eine Gesetzesverschär- sen sein nur für unbegleitete Minderjährige und Kin- fung nach der anderen im Eiltempo beschlossen. der unter 12 Jahren und ihre Familien. Kinder zwischen Hierzu gehört die Einschränkung des Familiennach- 12 und 18 Jahren wären also den Grenzverfahren zugs für subsidiär Schutzberechtigte mit intranspa- unterworfen, die mit haftähnlichen Bedingungen renten, monatelagen Verfahren, geringen Kapazitäten einhergehen und keinesfalls kindgerecht ausgestal- in den Visastellen der deutschen Auslandsvertre- tet werden können. tungen und hohen Anforderungen an die vorzule- genden Dokumente. Dazu gehört die Verlängerung WIR FORDERN der Verpflichtung zum Wohnen in Erstaufnahme → die Rechte von Kindern und Jugendlichen bei einrichtungen, wie den AnkER-Zentren, durch die der Neugestaltung der europäischen Asyl Menschen isoliert werden und der Zugang zu unab- politik zu berücksichtigen und zu stärken und hängiger Asylverfahrensberatung sowie zu Rechts- dabei die UN-Kinderrechtskonvention anzu- anwält*innen stark erschwert wird. Während der wenden; Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie gesund- → alle Kinder bis zum 18. Lebensjahr als Minder- heitsgefährdend die Unterbringung in Sammelunter- jährige zu behandeln; künften sein kann.
14 WIR FORDERN schiebungsstopps müssen nach Art.3 EMRK → die Aufhebung der Asyl- und Aufenthalts- für alle Menschen gelten. rechtsverschärfungen der vergangenen Jahre: → die Gleichstellung von subsidiär Schutzberech- tigten mit GFK-Flüchtlingen, um die aktuelle Zugang zu fairen nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung Asylverfahren in allen beim Familiennachzug zu beenden; EU-Staaten → mehr Ressourcen bei Auslandsvertretungen, um die Visabearbeitung und -vergabe zu be- — Der von der Europäischen Kommission vorge- schleunigen und Familien nicht auf Jahre zu schlagene Neue Migrations- und Asylpakt wird den trennen; Zugang zu einem fairen Asylverfahren in der EU → Rücknahme der Leistungsausschlüsse und massiv beschränken und stattdessen zu Massenver- -kürzungen im Asylbewerberleistungsgesetz; fahren unter Haftbedingungen an den EU-Außen- → Rücknahme der Wohnsitzregelung für Flücht- grenzen führen. Die geplanten Grenzverfahren sind linge, mit welcher die Bewegungsfreiheit der mit Schnellverfahren und einer massiven Einschrän- Betroffenen extrem beeinträchtigt wird; kung gerichtlichen Rechtsschutzes verbunden. Der → Rücknahme der „Duldung light“ für Personen Pakt sieht zudem eine Absenkung der Anforderungen mit ungeklärter Identität sowie der erhöhten an „sichere Drittstaaten“ vor, in die dann Asylsu- Anforderungen für die Erlangung einer Nieder- chende ohne Prüfung ihrer Fluchtgründe abgescho- lassungserlaubnis für GFK-Flüchtlinge; ben werden könnten. Ohnehin stellt das Konzept der → eine bundesweite behördenunabhängige Asyl- „sicheren Drittstaaten“ eine grundsätzliche Gefahr verfahrensberatung; für das Recht auf Asyl in Europa dar. Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 → wirksame Bleiberechtsregelungen, z. B. gene- rell nach fünf Jahren Aufenthalt, für Familien WIR FORDERN nach drei Jahren sowie für Opfer von rassisti- → den Zugang zu einem fairen Asylverfahren in scher Gewalt sofort, und wirksame Partizi allen EU-Staaten zu gewährleisten; pation; → den Schutz von Menschen und die Einhaltung → die Streichung der gesetzlichen Vermutung der Menschenrechte im Mittelpunkt der euro- nicht bestehender gesundheitsbedingter päische Flüchtlingspolitik; Abschiebungshindernisse und der erhöhten → die Einrichtung einer zivilen europäischen Anforderungen an Atteste in § 60 a) Abs. 2 c) Seenotrettung und legale Zugangswege in die und d) sowie § 60 Abs. 7 S. 2 Aufenthalts EU, um das Sterben an den EU-Außengrenzen gesetz. zu beenden. Abschiebestopp Menschenrechtsbasierte Entwicklungszusammen- — Aus Deutschland werden Menschen trotz der arbeit katastrophalen Sicherheitslage in Länder abgescho ben, wo sie Krieg oder gewaltsame Konflikte und — Nach dem Menschenrechtskonzept von 2011 somit lebensgefährliche Zustände erwarten. und dem damit verbundenen Bekenntnis zu einer menschenrechtsbasierten Entwicklungspolitik er- WIR FORDERN fährtdie deutsche Entwicklungszusammenarbeit → die unverzügliche Erneuerung des Abschiebe- mit dem Reformkonzept „BMZ 2030“ eine Neuaus- stopps nach Syrien sowie den Stopp von richtung. Dies bietet die Chance für eine noch konse- Abschiebungen in Kriegs- und Krisenstaaten, quentere Ausrichtung des künftigen entwicklungs- z.B. nach Afghanistan oder Somalia. Diese Ab- politischen Handelns der Bundesregierung an den Menschenrechten.
WIR FORDERN → von Deutschland als wirtschaftsstärkstem 15 → menschenrechtliche Vorgaben, die für alle EU-Land das Engagement für ein wirksames Akteure staatlicher Entwicklungszusammen- europäisches Lieferkettengesetz; arbeit (EZ) verbindlich sind und vollständig → konstruktives Engagement im Prozess zur gelten; Erarbeitung eines VN Vertrages zu Wirtschaft → den Aufbau eines Monitoring-Systems, das die und Menschenrechten und innerhalb der EU regelmäßige, systematische und einheitliche das Hinwirken auf eine positives Verhand- Überprüfung der Umsetzung menschenrecht lungsmandat; licher Vorgaben in der staatlichen EZ ermöglicht; → Menschenrechtskriterien und -prüfungen in → ein Höchstmaß an Transparenz, das den Zu- der Außenwirtschaftsförderung, stärkere gang zu Informationen über Vorhaben der EZ Transparenz und Beschwerdemöglichkeiten grundsätzlich ermöglicht und sich dabei an bei Projekten der Außenwirtschaftsförderung guten internationalen Standards orientiert, sowie den Ausschluss von Unternehmen von denn nur so kann menschenrechtliche Re- diesen Förderinstrumenten bei Verstößen ge- chenschaftspflicht gewährleistet werden; gen die menschenrechtliche und umweltbezo- → die Einrichtung eines einheitlichen und nied- gene Sorgfalt gemäß Lieferkettengesetz. rigschwelligen Beschwerdemechanismus für die deutsche EZ, der Betroffenen von Men- Handels- und Investitionsabkommen schränken viel- schenrechtsverletzungen offensteht; fach staatliche Spielräume zur Umsetzung von Men- → die effektive und vollumfängliche Prüfung schenrechten ein. menschenrechtlicher Risiken bei EZ-Projekten durch staatliche Durchführungsorganisationen; WIR FORDERN Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 → das ausdrückliche Bekenntnis zu menschen- → das vorliegende Handelsabkommen mit dem rechtlicher Kohärenz in den Bereichen der MERCOSUR nicht zu unterzeichnen und rati Wirtschafts-, Handels-, Finanz-, Agrar-, Klima-, fizieren, sondern eine Neuverhandlung unter Fischerei- und Migrationspolitik; sowie die menschenrechtlichen und ökologischen Ge- explizite Anerkennung extraterritorialer Men- sichtspunkten; schenrechtsverpflichtungen im Kontext der → die Investor-Staats-Schiedsgerichte in künf- internationalen Entwicklungszusammenarbeit. tigen Handels- und Investitionsschutzabkom- men abzulehnen und die Forderung nach einem Multilateralen Investitionsgerichtshof aufzu- Menschenrechtsschutz geben; in der globalen → Nachhaltigkeitsfolgenabschätzungen von Wirtschaft und Rechts- Handelsabkommen künftig vor Verhandlungs- zugang für Betroffene beginn als Diskussionsgrundlage für Verhand- lungsmandate einzufordern; — Noch mehr als schon zuvor ist in der Corona- → Menschenrechte in Nachhaltigkeitskapiteln zu Pandemie deutlich geworden, welche menschen- stärken und diese dem sanktionsbewehrten rechtlichen Risiken es in globalen Wertschöpfungs- Streitschlichtungsmechanismus zu unterwerfen. ketten gibt. Insbesondere Menschen im Globalen Süden sind davon betroffen. WIR FORDERN → eine ambitionierte Durchsetzung eines wirk- samen Lieferkettengesetzes in Deutschland und zwei Jahre nach Inkrafttreten eine Evalu- ation der Wirksamkeit und Anpassung wo erforderlich;
16 Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 F WIR räume schützen Zivilgesell- schaftliche Handlungs- ORDERN!
Menschenrechtliche oder indirekte Finanzierung von fossilen Ener- 17 Verantwortung der gieträgern und der dazugehörigen Infrastruktur; Internationalen Finanz- → die Einrichtung eines umfangreichen Abhilfe- institutionen fonds (Remedy Fund) für Hilfeleistungen und Kompensationszahlungen an Menschen und — Mit deutschen Steuergeldern dürfen keine Pro- Gemeinschaften, die durch IFI-finanzierte Ent- jekte der Internationalen Finanzinstitutionen (IFI) fi- wicklungsprojekte zu Schaden gekommen sind. nanziert werden, in deren Folge Menschenrechte verletzt, Umwelt- und Sozialstandards herab- oder sogar ausgesetzt werden. Jährlich werden schät- Aus- und Aufbau des zungsweise ca. 20 Millionen Menschen durch von Fi- Monitoring und der nanzierungshilfen ermöglichten Projekte zwangsver Sanktionierung von trieben. Mehr Transparenz und mehr Einfluss der Menschenrechts Zivilgesellschaft muss sichergestellt werden. verletzungen Menschenrechts- und Klimaschutz muss zusammen — Menschenrechte werden weltweit massiv ver- gedacht und implementiert werden. Internationale letzt und Täter*innen müssen in vielen Fällen keiner- Finanzinstitutionen spielen eine wichtige Rolle für lei Folgen befürchten. Dies hat sich durch die Covid- die angestrebte Transformation hin zu einer CO₂- 19-Pandemie noch einmal verstärkt. Unter dem neutralen Wirtschaft, da sie Regierungen beraten, Deckmantel der Pandemiebekämpfung wurden in Investitionsrisiken absichern oder als direkte und vielen Ländern Grundrechte weiter massiv einge- indirekte Finanzierer auftreten. All ihre Unterstüt- schränkt und Menschenrechte missachtet. Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 zungsleistungen müssen im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen erfolgen. Alte und neue Formen von Autoritarismus, Populis- mus und Nationalismus führen Regierungen dazu, in- WIR FORDERN ternationale Verpflichtungen und Instrumente des → die Weichenstellung hin zu einer kohlenstoff- Menschenrechtsschutzes nicht anzuerkennen, die freien Wirtschaft, welche die Menschenrechte Herrschaft des Rechtes zu unterminieren, die Hand- achtet und schützt - eine menschenrechts lungsspielräume von Zivilgesellschaft einzuschränken basierte Dekarbonisierung; und das Leben von Menschenrechtsverteidiger*innen → eine umfassende Verpflichtung auf die Einhal- massiv zu gefährden. tung der Menschenrechte bei allen Vergaben der IFI und Überprüfung der Einhaltung; WIR FORDERN → die systematische Erfassung der Auswirkungen → ein systematisches Monitoring der Situation von IFI-Finanzierungen auf die Menschen- von zivilgesellschaftlichen Handlungsräumen rechtslage (im positiven wie im negativen und der Situation von Menschenrechtsvertei- Sinne), daraus resultierende Handlungsver- diger*innen und die Stärkung der dafür not- pflichtungen und die regelmäßige unabhängige wendigen Ressourcen und Infrastruktur ins- Evaluierung dieser Maßnahmen; besondere im Auswärtigen Amt und seinen → die Einführung verpflichtender Ad-hoc-Prüfun- Botschaften, aber auch im BMZ, BMVg, BMI, gen durch unabhängige Beschwerdemecha- BMJV, im Kanzleramt sowie allen weiteren nismen auch in den deutschen Durchführungs Ministerien, die außenpolitische Verantwor- organisationen; tung wahrnehmen; → keine Zustimmung von deutschen Regierungs- → die Stärkung und systematische Umsetzung vertreter*innen in den Verwaltungsräten der von Maßnahmen zum Schutz von Menschen- IFI für Projekte und Programme, die einer men rechtsverteidiger*innen wie die EU-Leitlinien schenrechtlichen Überprüfung nicht standhal- für Menschenrechtsverteidiger*innen und den ten, sowie keine Zustimmung für eine direkte Ausbau der Elisabeth-Selbert-Initiative;
18 → die konsequente und kohärente Nutzung be- WIR FORDERN stehender und die Entwicklung neuer men- → die stärkere Vernetzung von Menschenrechts- schenrechtlicher Instrumente auf nationaler arbeit, ziviler Konfliktbearbeitung und Frie- und europäischer Ebene zur Adressierung denskonsolidierung in der deutschen Außen-, massiver Menschenrechtsverletzungen. Dazu Außenwirtschafts- und Entwicklungspolitik gehören wirkungsvolle Menschenrechtsdialo- sowie die konsequente Stärkung ziviler Krisen- ge, die EU-Handelspräferenzprogramme (EBA/ prävention und dafür notwendiger Instrumente; APS/APS+) sowie die Entwicklung eines men- → ein gesetzliches Verbot des Exports von Rüs- schenrechtsorientierten Sanktionsinstrumen- tungsgütern sowie Dual Use Gütern, darunter tariums; etwa Überwachungstechnologie, wenn ein → die Fortsetzung des Engagements gegen Straf Risiko besteht, dass der Export zu Menschen- losigkeit von Kriegsverbrechen und Mensch- rechtsverletzungen beiträgt, einschließlich rechtsverletzungen und die politische und einer verbindlichen und systematischen End- finanzielle Stärkung des Internationalen verbleibskontrolle; Strafgerichtshofs; → eine umfassende nationale Ächtung der Ent- → ein konsequentes Eintreten für Menschen- wicklung, der Herstellung und des Einsatzes rechte innerhalb der EU (insbesondere in den von autonomen Waffensystemen sowie den Bereichen der Meinungsfreiheit, der Unabhän- Einsatz innerhalb der EU und multilateral für gigkeit der Justiz und des Flüchtlingsschutzes) einen entsprechenden verbindlichen Vertrag. und die Sanktionierung von Staaten innerhalb der EU, die Grund- und Menschenrechte ver- letzen; Konsequente Stärkung und Ausbau internatio- Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 → den Einsatz dafür, dass Entscheidungen im Menschenrechtsbereich durch den Europäi- naler wie nationaler schen Rat zukünftig mit qualifizierter Mehr- Instrumente zum Schutz heit statt einstimmig getroffen werden können. der Menschenrechte — Der Schutz der Menschenrechte braucht wirk- Sichtbare Vernetzung same Institutionen. Die Covid-19-Pandemie in Ver- von Menschenrechts- bindung mit der Finanzmisere der Vereinten Nationen schutz mit Krisen hat das ohnehin unterfinanzierte VN Menschen- prävention, Konflikt rechtsschutzsystem in eine existentielle Krise ge- bewältigung und bracht. Dies kommt Staaten entgegen, die das Sys- Friedensförderung tem eher schwächen wollen und die internationale Menschenrechtspolitik als eine der Säulen der Zu- — Aktiver Menschenrechtsschutz ist ein elemen- sammenarbeit in den VN in Frage stellen. Zivilgesell- tarer Bestandteil von Krisenprävention und Konflikt schaftliche Akteure, die mit Menschenrechtsinstitutio bewältigung. Angesichts der weltweiten Herausfor- nen der VN zusammenarbeiten wollen, sind weltweit derungen durch Kriege und Gewalt braucht es eine Repressionen ausgesetzt. Politik, die Krisenprävention, zivile Konfliktbearbei- tung und Friedenskonsolidierung kohärent ins Zen- WIR FORDERN trum stellt. Dies beinhaltet auch ein Bewusstsein für → den Einsatz für die finanzielle und politische die neuen Risiken für Menschenrechte und humani- Stärkung internationaler Instrumente und täres Völkerrecht in Kriegs- und Krisensituationen Mechanismen zum Schutz der Menschenrech- in Folge der digitalen Transformation. te wie u. a. des VN-Menschenrechtsrates und seiner Sondermechanismen, der VN-Vertrags- organe und des Büros des Hochkommissariats für M enschenrechte;
→ allen Narrativen und Initiativen, die interna 19 tionale Menschenrechtspolitik als eine der Säulen der Zusammenarbeit in den Vereinten Nationen in Frage stellen, entschieden und strategisch entgegenzuwirken; → den Einsatz für die bewährte Partizipation von zivilgesellschaftlichen Akteur*innen im VN-Menschenrechtssystem, ohne dass diese deswegen Repressalien fürchten müssen; → die Ratifizierung von Kernabkommen des in- ternationalen Menschenrechtsschutzes wie u. a. das Zusatzprotokoll zum Sozialpakt und die VN Konvention zum Schutz von Wander arbeiter*innen; sowie die Umsetzung von Empfehlungen der Vertragsausschüsse; → die Etablierung eines ressortübergreifenden Mechanismus für die systematisch Weiterver- folgung von Leitlinien, Empfehlungen, Resolu- tionen und Konventionen aller UN Menschen- rechtsgremien, statt dies wie bisher der Herausgeber Initiative der Zivilgesellschaft zu überlassen; Forum Menschenrechte → die Position des/der aktuell beim Auswärtigen Greifswalder Straße 4 Forderungen des FORUM MENSCHENRECHTE anlässlich der Bundestagswahl 2021 Amt angesiedelten Beauftragte*n für Men 10405 Berlin schenrechte und Humanitäre Hilfe durch den www.forum-menschenrechte.de Status einer/s Staatsministers*in mit Perso- nal und Ausstattung entsprechend aufzuwer- Geschäftsstelle Beate Ziegler ten und dieses Amt mit einer koordinierenden Redaktion Dr. Silke Voß-Kyeck Funktion gegenüber in allen Ressorts einzu- setzenden Menschenrechtsbeauftragten aus- Koordinationskreis zustatten; Dr. Ilona Auer-Frege (MISEREOR) → die Wiedereinführung eine*r Beauftragten für Elise Bittenbinder (BafF) Cyber-Außenpolitik, um über diese Funktion Günter Burkhardt (PRO ASYL) das Thema Internetfreiheit und den Schutz Dr. Julia Duchrow (Amnesty International) von Menschenrechten im digitalen Raum als Dr. Lisa Heemann (DGVN) Querschnittsthema in der Außenpolitik zu ver- Dr. Jochen Motte (Vereinte Evangelische Mission) ankern. Silke Pfeiffer (EWDE – Brot für die Welt) Jonas Schubert (terre des hommes) Gestaltung WEBERSUPIRAN.berlin Druck trigger.medien.berlin Januar 2021
MITGLIEDSORGANISATIONEN DES FORUM MENSCHENRECHTE → Aktion der Christen für die Abschaffung der → Internationales Katholisches Missionswerk Folter (ACAT) missio e.V. → Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden → Internationale Ärzte für die Verhütung des (AGDF) Atomkriegs – Ärzte in sozialer Verantwortung → Amnesty International Deutschland e.V. e.V. (IPPNW) → BAfF e.V. (Bundesweite AG der psychosozia- → JUMEN e.V. – Juristische Menschenrechts len Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer) arbeit in Deutschland → Bahá’í-Gemeinde in Deutschland K.d.ö.R. → Kindernothilfe e.V. → Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR → Kommission für Menschenrechte des Vereins → Bundesfachverband Unbegleitete der Richter und Staatsanwälte und des Minderjährige Flüchtlinge e.V. Freiburger Anwaltvereins → Bundesweiter Koordinierungskreis gegen → Konrad Adenauer Stiftung e.V. Menschenhandel e.V. (KOK) → Lesben- und Schwulenverband in → Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Deutschland e.V. (LSVD) Nationen e.V. (DGVN) → medica mondiale e.V. → Deutsche Kommission Justitia et Pax → missio München → Deutsche UNESCO-Kommission e.V. → National Coalition Deutschland – → Deutscher Frauenrat Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinder- → Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) rechtskonvention e.V. → European Center for Constitutional and → Nürnberger Menschenrechtszentrum Human Rights e.V. (ECCHR) → Der Paritätische Gesamtverband → Evangelisches Werk für Diakonie und Ent- → pax christi wicklung e.V. mit den Teilwerken Brot für → PRO ASYL die Welt und Diakonie Deutschland → pro familia Bundesverband e.V. → FIAN Deutschland e.V. FoodFirst → Reporter ohne Grenzen e.V. Informations- & Aktions-Netzwerk → TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für → Friedrich-Ebert-Stiftung die Frau e.V. → Friedrich-Naumann-Stiftung → terre des hommes e.V. – Hilfe für Kinder in Not → Germanwatch e.V. → urgewald e.V. – Anwalt für Umwelt und → Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. Menschenrechte → Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) → Verband binationaler Familien und → Heinrich-Böll-Stiftung Partnerschaften, iaf e.V. → Human Rights Watch e.V. → Vereinte Evangelische Mission (VEM) → Humanistische Union e.V. → Werkstatt Ökonomie e.V. → Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben → Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft in Deutschland e.V. (ISL) „Asyl in der Kirche“ e.V. www.forum-menschenrechte.de → Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF) Gäste: → Internationale Gesellschaft für Menschen- → Deutsches Kinderhilfswerk e.V. (DKHW) rechte Deutsche Sektion e.V. → Deutsches Rotes Kreuz e.V. (DRK) → Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)
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