Menschheit als einen Leib verstehen - COVID -19 - PANDEMIE 3 ECOJESUIT - Jesuiten weltweit

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Menschheit als einen Leib verstehen - COVID -19 - PANDEMIE 3 ECOJESUIT - Jesuiten weltweit
H E R B S T 2021

COV I D -19 - PA N D E M I E
Menschheit als einen Leib verstehen

                   3 ECOJESUI T          4 C O V I D -19   8 GESCHICHTE
                   Ein internationales   Jesuiten helfen   Globale Solidarität
                   Netzwerk              weltweit weiter   im Wandel der Zeit
Menschheit als einen Leib verstehen - COVID -19 - PANDEMIE 3 ECOJESUIT - Jesuiten weltweit
J E S U I T E N W E LT W E I T A K T U E L L

                                                    Soll ich Lebewohl sagen?
       «ICH BIN KEIN STILLER
       ZUSCHAUER»                                   «Leben und Tod sind eins, so wie der Fluss         ihren Körper mit Nahrung nähren, damit sie
                                                    und das Meer eins sind.» Kahlil Gibran             ein gesundes Leben führen und für das Wohl
                           Pater Stan Swamy            In den indigenen Adivasi-Gesellschaften         der Familie und der Gemeinschaft.
                           SJ starb am 5. Juli      herrscht der feste Glaube, dass, wenn jemand          Dieser Gedanke findet sich auch in ande-
                           2021. Das Indian         stirbt, er/sie im Geiste zu seinen/ihren Lieben    ren Traditionen wieder. Märtyrer werden
                           Social Institute         zurückkehrt, zu den Menschen, mit denen er/        amar (über den Tod hinaus) bezeichnet. Ei-
                           in Bangalore, In-        sie das Leben geteilt hat, zu den Gemeinschaf-     nige religiöse Texte interpretieren den Tod als
                           dien, hat nun            ten, mit denen er/sie sich gegen Ungerechtig-      «das Leben wird verändert, nicht beendet».
                           Memoiren von             keit gewehrt hat. Zur Feier dieser Rückkehr        Der Ausspruch des Dichters Kahlil Gibran
                           Stan Swamy SJ mit        versammelt sich einige Tage nach dem Tod           «Der Fluss und das Meer sind eins» bedeutet,
                           dem Titel «I am not      die gesamte Dorfgemeinschaft vor dem Haus          dass das frische Wasser des Flusses, wenn es
       a silent spectator» heraus­gebracht.         des Verstorbenen, und der Dorfpriester ruft        ins Meer fliesst, zu Salzwasser wird, aber Was-
       Diese Erinnerungen und Reflexionen           den Geist des Verstorbenen an und lädt ihn         ser bleibt Wasser. Die Form mag sich ändern,
       entstanden 2019 vor seiner Verhaf-           ein, zurückzukommen und in ihren Häusern           aber die Substanz bleibt dieselbe.
       tung am 8. Oktober 2020. Der Heraus-         zu wohnen, um Zeuge von allem zu sein, was            Ich habe mich von solchen Gedanken und
       geber und Direktor Dr. Joseph Xavier         mit den Lieben geschieht und sie auf ihrem         Einstellungen inspirieren lassen. Ich denke
       SJ hat die Zeit im Gefängnis bis zum         Lebensweg zu leiten und zu begleiten.              oft an diejenigen, die in meinem Leben eine
       seinem Tod ins Buch integriert. Er              Dann verkündet der Priester, in welcher         wichtige Rolle gespielt haben und die Mutter
       schreibt im Vorwort: «Diese Memoiren         Form der Geist ins Haus zurückgekehrt ist. Es      Erde nun in ihren Schoss aufgenommen hat.
       sind Stans letztes Geschenk an uns           kann eine Pflanze, ein Baum oder ein Tier sein,    Sie sind mir auf Schritt und Tritt nahe, führen
02     alle. Möge er in unseren Herzen wei-         dem er/sie während seines/ihres Lebens na-         mich, stärken mich in einer nie versiegenden
       terleben, und mögen sein Leben,              hestand oder mit dem er/sie verbunden war.         Solidarität.
       seine Mission und sein Tod uns inspi-        Der Priester führt den Geist dann zum Adig            So möchte ich in Erinnerung bleiben, bei
       rieren!» Wir publizieren den Epilog          (dem Ort, an dem das Essen für die Familie         nahen und lieben Kollegen und Kameraden
       zum Abschied von Stan Swamy SJ.              zubereitet wird). Wenn sich nun die Familien-      sowie denjenigen, die ich nach besten Kräf-
       Gerne senden wir Ihnen, liebe Freun-         mitglieder zum Essen zusammensetzen,               ten in ihrem Kampf für Wahrheit, Gerechtig-
       de von Pater Stan, das Buch als PDF-         nimmt das älteste männliche Familienmit-           keit und Menschlichkeit begleitet habe. Aber
       Datei zu.                                    glied ein paar Körner von seinem Teller und        das Leben ist immer noch da, um zu leben.
                                  Dana Zumr         legt sie ausserhalb seines Tellers ab. Er betet,   Mögen wir alle unser Leben in vollen Zügen
                                                    der Geist möge mit ihnen sein, während sie         geniessen!                     Stan Swamy SJ

     Editorial
                         Liebe Freundinnen          allem um das Wohlergehen der 15 ande-              nern und grossherzigen Menschen in der
                         und Freunde                ren Mitgefangenen, die nach wie vor unter          Schweiz wie Ihnen. Dieses wollen wir
                         unserer Partner            dem umstrittenen Antiterror-Gesetz in              durch unser Koordinieren gerne ermög-
                         weltweit                   Haft sind.                                         lichen.
                                                    Auch die Geschichte der Stiftung Jesui-            So wollen wir auch in Covid-19-Zeiten die
                          Die Nachricht von der     ten weltweit Schweiz gibt Einblick in              betroffenen Menschen vor Ort nicht im
                          Übernahme Kabuls          viele bewegende historische Heraus-                Stich lassen. Wir danken Ihnen für Ihre
                          durch die Taliban geht    forderungen. Wenn wir ein Resümee                  Unterstützung beim Stärken der Jesuiten
                          mir beim Schreiben        ziehen: Immer haben wir versucht, uns              vor Ort, ihren Mitarbeitenden und freiwil-
                          dieser Zeilen nahe. Ge-   an der Not der betroffenen Menschen                ligen Helferinnen und Helfern.
     nauso ging es uns mit der Nachricht vom        vor Ort zu orientieren. Ihnen ein Leben
     5. Juli 2021. Der indische Menschenrechts-     in Menschenwürde zu ermöglichen,                                        Ihr P. Toni Kurmann SJ
     aktivist P. Stan Swamy SJ ist 84-jährig in     bleibt eine Umschreibung unserer vom
     Haft gestorben. Sein Tod offenbart Miss-       christlichen Glauben getragenen Mis-
     stände in der indischen Justiz. Darum          sion. Um sie auf ihrem Weg zu begleiten,
     bleibt das weitere Engagement in unseren       braucht es auch weiterhin ein gutes Zu-
     Netzwerken wesentlich. Es geht nun vor         sammenwirken von lokalen Projektpart-
Menschheit als einen Leib verstehen - COVID -19 - PANDEMIE 3 ECOJESUIT - Jesuiten weltweit
ECOJESUIT

Unsere unterdrückte und verwüstete Erde
Ecojesuit, ein internationales Netzwerk der ignatianischen Familie

Anlässlich der Priesterweihe vom              liegen und die erlebten Ereignisse aus            Im November 2021 treffen sich über
17. Oktober 2020 haben Moritz                 den verschiedenen Regionen der Welt             150 Länder in Glasgow zur UN-Klima­
Kuhlmann SJ und ich, Martin Föhn SJ,          zusammen.                                       konferenz (COP26). Ecojesuit hat für dieses
                                                 Die Reichweite der globalen Vernet-          Treffen eine Selbstverpflichtung verfasst,
für Ecojesuit gesammelt. Unsere               zung wird genutzt, um lokale und kon­           die bereits von vielen jesuitischen Organi-
Wahl fiel auf dieses Projekt, da es die       krete Anliegen weltweit zu teilen und           sationen unterschrieben wurde. Es geht
Aufmerksamkeit auf die Erde richtet,          darüber zu berichten. Ergriffene Massnah-       darum, die Ziele des Pariser Abkommens
so wie sie Papst Franziskus sieht.            men und Aktionen werden gesammelt               von 2015 umzusetzen. Die Beteiligung der
                                              und gleichzeitig die wissenschaft-              Entwicklungsländer am COP26-Prozess zu

I
    n der Enzyklika Laudato si schreibt er:   lichen Erkenntnisse aufgezeigt, die diese       ermöglichen. Eine dienende Führung zu
    Es «befindet sich unter den am meis-      Massnahmen und Reaktionen unter­                praktizieren. Die Marginalisierten der Welt
    ten verwahrlosten und misshandelten       mauern.                                         zu begleiten, ihnen zu zuhören und von
Armen diese unsere unterdrückte und              Es werden konkrete Projekte an stark         ihnen zu lernen. Die Beiträge indigener
verwüstete Erde, die seufzt und in Ge-        betroffenen Orten, wie zum Beispiel den         Völker bei der Erarbeitung naturbasier-
burtswehen liegt» (Röm 8,22). (Absatz 2)     Philippinen, unterstützt. Durch diese Pro-      ter Lösungen zu fördern, da sie Wälder,
                                              jekte wird lokal gehandelt und global sen-      Ozeane, Ökosysteme, Biodiversität und
Was genau ist nun Ecojesuit?                  sibilisiert. Diese konkreten Geschichten        Biome schützen.
Ecojesuit ist primär ein internationales      aus der ganzen Welt sollen Menschen               Es gibt die Website ecojesuit.com, einen
Netzwerk der ignatianischen Familie. Es       motivieren, sich für eine nachhaltigere         YouTube-Kanal und einen monatlich er-
wurde am 12. November 2010 vom euro-          und versöhntere Welt einzusetzen, da die        scheinenden Online-Newsletter, der abon-
päischen Sozialzentrum der Jesuiten           Wirkungen gesehen und erlebt werden.            niert werden kann.                            03
(JESC) und der Jesuitenkonferenz Asien-       Oft wird der Mensch erst aufgerüttelt,            Werden auch Sie Teil einer wachsen-
Pazifik (JCAP) initiiert. Der Klimawandel     wenn er selbst mit der Gefahr des Wandels       den globalen Gemeinschaft von mehr als
und der Verlust von Biodiversität sind in     konfrontiert ist.                               2000 Einzelpersonen und Organisationen,
aller Munde. Doch sehr oft bleibt die            Ecojesuit richtet sich nicht nur an Jesui-   die Aktualisierungen, Informationen,
Diskussion sehr theoretisch oder diffus.      ten, sondern ermutigt zur Teilnahme und         Werkzeuge für die Entscheidungsfindung,
In unseren Breitengraden sind die Aus­        Kommunikation über diese Gemeinschaft           Veröffentlichungen und gute Praktiken zu
wirkungen noch nicht in grossem Aus-          hinaus und fördert eine globale Zusam-          ökologischen und sozialen Themen aus-
mass spürbar. In anderen Gegenden der         menarbeit und Vernetzung im Bereich der         tauschen und beisteuern.
Welt umso mehr. Ecojesuit bringt die An-      Ökologie.                                                                    Martin Föhn SJ

                                                                                                                    L I N K S: Christus
                                                                                                                    Salvator von Georg
                                                                                                                    Petel (1632), Moritz-
                                                                                                                    kirche Augsburg.
                                                                                                                    Bild: Franz Lechner

                                                                                                                    R ECH T S: Moment der
                                                                                                                    mitbrüderlichen
                                                                                                                    Segnungsgeste
                                                                                                                    durch Handauf-
                                                                                                                    legung an der
                                                                                                                    Priesterweihe von
                                                                                                                    Martin Föhn SJ
                                                                                                                    (kniend, links) und
                                                                                                                    Moritz Kuhlmann SJ
                                                                                                                    (kniend, rechts).
                                                                                                                    Bild: Christian Ender
Menschheit als einen Leib verstehen - COVID -19 - PANDEMIE 3 ECOJESUIT - Jesuiten weltweit
CO V I D -19- H I L F E

04   Die Jesuiten reagierten weltweit sehr schnell auf die Covid-19-Pandemie und verteilten Essenspakete und Hygienekits. Eine Empfänge-
     rin in Yangon, Myanmar, freut sich über diese Soforthilfe. Bild: Jesuiten Myanmar

     Leben und uns als einen Leib verstehen
     Die Covid-19-Hilfe der Jesuiten geht weltweit weiter

     Die Covid-19-Arbeit der Jesuiten ist          es, zu Hause langsam an Atemnot zu ster-      sprochen. Menschen erhielten Unterstüt-
     weltweit von der Vision getragen,             ben. Lange, unsichere Tage warten auf         zung in Form von Erwerbsersatz, Darlehen,
     die Menschheit als einen Leib zu              Mallava und ihre Pflegepersonen. Trotz        Mieterlassen, Kurzarbeitsentschädigun-
                                                   begrenzten Möglichkeiten und nur wenig        gen. Diese staatliche soziale Sicherheit
     verstehen. Überall, wo Jesuiten               Sauerstoff kann sie nach zwölf Tagen          gibt es in Ländern des globalen Südens
     präsent sind, leisten sie vielfältige         Behandlung glücklicherweise genesen           nicht. Die Folgen sind für Menschen im
     Gemeinwohlarbeit. Sie brauchen                wieder entlassen werden. Dies ist nur eine    globalen Süden katastrophal. Denn in
     unsere Unterstützung.                         von vielen Geschichten, die zeigen,           Entwicklungsländern ist der Anteil an
                                                   wie sich die Jesuiten für die arme und        Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter

     M
                allava kann plötzlich nicht mehr   ausgeschlossene Bevölkerung weltweit          unter den Erwerbstätigen gross. Viele
                richtig atmen. Sie weiss, das      engagieren.                                   Menschen sind in der Landwirtschaft tätig.
                Coronavirus greift die Lungen                                                    Millionen verloren ihre Arbeitsstellen. Um
     an. Sie weiss, sie braucht medizinische       Ein Virus lähmt die Welt                      in ihre Heimat zurückzukehren, mussten
     Hilfe, aber sie weiss auch, dass sie nicht    Als sich das Coronavirus im Frühling 2020     sie tausende Kilometer zu Fuss gehen.
     ins Spital kann. Kein öffentliches Spital     auf der ganzen Welt ausbreitete, wurden       Dort hatten sie aber keine Verdienstmög-
     würde sie aufnehmen und behandeln,            die Regierungen und die Menschen un-          lichkeiten und konnten ihre Familien nicht
     denn sie ist sehr arm und verwitwet. Sie      vorbereitet getroffen. Grenzen wurden         mehr ernähren. Für die Menschen stellte
     wendet sich an ein Covid-Care-Center der      abgeriegelt, Lockdowns verhängt, Restau-      sich die Frage: Sterbe ich an Corona oder
     Jesuiten in Goa. Das Center ist eigentlich    rants und Schulen geschlossen, die            verhungere ich?
     nicht ausgestattet, um eine junge Frau mit    Menschen vermieden unnötige Kontakte             Es waren zivile und kirchliche Organi-
     einem so tiefen Sauerstoffgehalt zu be-       untereinander. Als Ausgleich für ausfallen-   sationen, die den Menschen als Erste
     handeln. Aber sie wird trotzdem aufge-        de Einnahmen und Löhne wurde in der           Unterstützung boten. Die Jesuiten
     nommen, denn ihre einzige Alternative ist     Schweiz sehr schnell sehr viel Geld ge­       reagierten sehr schnell und verteilten
Menschheit als einen Leib verstehen - COVID -19 - PANDEMIE 3 ECOJESUIT - Jesuiten weltweit
CO V I D -19- H I L F E

Essenspakete mit Reis, Öl, Salz, Zucker,      wurde das Radio auch benutzt, um die               In Chennai, an der Südostküste Indiens,
Bohnen und anderen Grundnahrungs-             Menschen über das Coronavirus aufzuklä-         wurde eine Beratungsstelle eingerichtet.
mitteln an besonders betroffene Men-          ren. Wissenwertes zum Virus, besonders          Per Telefon oder Videoanruf wurden die
schen. Auch Hygieneartikel wurden ver-        zu seiner Gefährlichkeit, und später auch       Menschen psychisch beraten, konnten
teilt. Die schnelle Reaktion der Jesuiten     Informationen zur Impfung erreichten vie-       Fragen stellen, wurden über das Virus auf-
war dank eines breitgefächerten Netz-         le Menschen in ganz Lateinamerika.              geklärt und erhielten Hilfe, wo es nötig
werkes von Freiwilligen möglich: Schüle-                                                      war.
rinnen und Schüler aus ihren Schulen,         Der Staat versagt, die Jesuiten                    In Delhi, Indien, erhielten Flüchtlinge
Alumni, Angehörige von Pfarreien. Sie         springen ein                                    aus Afghanistan und Myanmar persön­
alle halfen, die Hilfspakete zu verteilen,    In der ersten Welle im Frühling 2020 in         liche psychosoziale Unterstützung. Die
die Menschen in den Dörfern und Stadt-        Europa erkundigten sich unsere Projekt-         Frauen wurden sehr schnell animiert und
gebieten zu besuchen, sie zu unterstüt-       partner sorgenvoll nach uns in der Schweiz      unterstützt, Kleidung für andere Flüchtlin-
zen und zu beraten.                           und sicherten uns ihre moralische Unter-        ge zu nähen. Dies ermöglichte ihnen einen
   Weltweit wurden Schulen geschlossen,       stützung zu. Sehr schnell kehrte sich die-      kleinen Verdienst.
um das Virus an der Verbreitung zu hin-       ses Blatt aber, als zuerst Indien und später       In ganz Indien, wie in den Provinzen
dern und die Kinder zu schützen. Das stell-   weitere Länder in Asien von einer kata­         Goa, Karnataka, Chennai, Darjeeling, Dum-
te die Jesuiten vor neue Herausforderun-      strophalen zweiten Welle getroffen wur-         ka-Raiganj eröffneten die Jesuiten Covid-
gen: Ihre Bildungsangebote richten sich       den. Trotz Vorzeichen war Indien genauso        Care-Center. Die Center sind ausgestattet
an arme, marginalisierte Bevölkerungs-        unvorbereitet wie bei der ersten Welle. Der     mit ausgebildetem medizinischem Per­
gruppen. Und diese haben oftmals keinen       Staat versagte. Das Gesundheitssystem           sonal, Sauerstoff, Medikamenten und
Zugang zu Online-Materialien, denn ihnen      brach in Indien komplett zusammen.              Schutzausrüstung. Die Patientinnen und          05
fehlen die Hardware, Elektrizität und ein     Überfüllte Spitäler, kein Sauerstoff, fehlen-   Patienten bekommen täglich gesunde
Internetzugang. Es brauchte Kreativität       de Schutzmasken, kein Testen, kein Con-         Mahlzeiten, werden medizinisch und psy-
und eine enge Begleitung, um die Schul-       tact-Tracing, keine Restriktionen; kurzum,      chisch betreut und erhalten Gymnastik-
bildung der Kinder wenigstens im kleinen      es fehlte an allem. Wieder reagierten die       und Yoga-Unterricht für die physische
Rahmen aufrechtzuerhalten. In Latein-         Jesuiten umgehend. Diesmal wurden kei-          Stärkung. In Darjeeling wurde ein in der
amerika nutzte die jesuitische Organisa-      ne Essenpakete verteilt. Aufklärungskam-        Region einzigartiges Center exklusiv für
tion Fe y Alegría das Radio, um den Kin-      pagnen, Beratung und Covid-Care-Center          Frauen und Kinder errichtet.
dern eine kontinuierliche Schulbildung zu     und Contact-Tracing waren die Arbeits-             Das landesweite Netzwerk Lok Manch
ermöglichen. Neben Unterrichtseinheiten       schwerpunkte.                                   baute im Frühling 2021 in sechs indischen

                                                                                                                    L I N K S: Dank vielen
                                                                                                                    Freiwilligen konnte
                                                                                                                    schnell gehandelt
                                                                                                                    werden. Im Bild ein
                                                                                                                    Vorbereitungstrai-
                                                                                                                    ning der Provinz
                                                                                                                    Karnataka, Indien.
                                                                                                                    Bild: Provinz Karnataka

                                                                                                                    R ECH T S: Fe y Alegria
                                                                                                                    bietet Radiounter-
                                                                                                                    richt und Online-
                                                                                                                    Material in Guate-
                                                                                                                    mala an. Die kleine
                                                                                                                    Schwester ist zu
                                                                                                                    Hause auch dabei.
                                                                                                                    Bild: Fe y Alegría
                                                                                                                    Guatemala
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     Bundesstaaten ein Contact-Tracing auf.       erschwert oder gar verweigert. Die Jesui-    Eine andere Person erhielt Unterstützung,
     Freiwillige besuchen Familien in den ar-     ten haben auf eigene Initiative Impfstoff    einen kleinen Gemüsestand aufzubauen.
     men Stadtvierteln und in abgelegenen         organisiert und verabreichen diesen an       Oder es wurde für ein paar Stunden am
     Dörfern, Teeplantagen, Fabrikgeländen.       die ausgeschlossenen Bevölkerungs­           Tag eine Nähmaschine bereitgestellt, so
     Personen mit Symptomen werden erfasst        gruppen.                                     dass Frauen Kleider nähen und verkaufen
     und medizinisch betreut. Nur wer eine          Die Jesuiten leisten damit ihren Beitrag   können. Durch den Militärputsch im Feb-
     intensivere Betreuung benötigt, wird in      zu einer Unterbrechung von Infektions-       ruar 2021 und die zweite Welle im Frühling
     ein eigenes Covid-Care-Center gebracht       ketten. Sie entlasten, stützen und erwei-    2021 wurde das Land gleich mit zwei
     oder bei schweren Symptomen in ein Spi-      tern das zusammengebrochene Gesund-          katastrophalen Situationen konfrontiert.
     tal. Menschen, die Kontakt zu diesen Per-    heitssystem in Indien und leisten ihren      Der Fokus der Jesuiten musste kurzfristig
     sonen hatten, werden benachrichtigt und      Beitrag, das Virus unter Kontrolle zu        wieder auf Soforthilfe in Form von Essen-
     über die Isolation und Quarantäne infor-     bringen.                                     paketen und Hygienekits angepasst wer-
     miert. Freiwillige koordinieren auch die                                                  den. Aber es wird weiter versucht, unter
     Anzahl freier Betten in Spitälern, den Be-   Perspektiven für die Zukunft                 schwierigen Umständen den Menschen
     stand an Sauerstoff, Medikamenten und        Um den Menschen, die alles verloren          weiterhin ein Leben nach der Krise zu er-
     Schutzausrüstungen. Sie können schnell       haben, langfristige Alternativen zu bie-     möglichen und ihnen zur Selbsthilfe zu
     reagieren, wenn eine Ressource knapp         ten, braucht es mehr als Essenspakete        verhelfen.
     wird.                                        und medizinische Versorgung. Die               In Madurai, Indien, hat die Dr. Ambed-
       Seit Juli 2021 hat sich die Situation in   Menschen brauchen Perspektiven. Die          kar Cultural Academy (DACA) die Selbst-
     Indien vorläufig entspannt. In Darjeeling,   Jesuiten unterstützen die Menschen mit       versorgung seines Schulwohnheimes für
06   wo drei Center aufgebaut wurden, wurde       einer Palette von lokal angepassten Ini-     Mädchen zum neuen Ziel. Die Lockdowns
     eines wieder geschlossen. Das Center für     tiativen.                                    führten zu einer unsicheren Ernährungs-
     Frauen und Kinder bleibt vorerst offen und      In Myanmar haben die Jesuiten bereits     lage im ganzen Land. Auf einem Stück
     das dritte Center wird als Impfzentrum       im Sommer 2020 die Menschen dabei un-        Land legte DACA einen grossen Garten
     genutzt. Die indische Regierung stellt nur   terstützt, eigene kleine Unternehmen auf-    mit vielen saisonalen, organischen Le-
     sehr wenig Impfstoff zur Verfügung. Den      zubauen. Kleine Darlehen und einfache        bensmitteln an. Die Schülerinnen des
     armen Menschen aus den unteren Kasten        Berufsbildung ermöglichen eine neue          Wohnheims kümmern sich um den Gar-
     in den Armenvierteln von Städten, auf        Unabhängigkeit. Es wurde zum Beispiel        ten. Sie lernen, wie man die Lebensmittel
     Teeplantagen, in abgelegenen Dörfern         ein kleiner Wagen gekauft, um Abfall ein-    organisch anpflanzt und sichern sich
     wird der Zugang zur Impfung bewusst          sammeln und weiterverkaufen zu können.       gleichzeitig eine gesunde und abwechs-

       LI N K S: Im St. Luke’s
     Hospital, Jharkhand
        im Nordosten In-
      diens, betreuen die
     Teresianischen Kar-
       melitinnen Covid-
       Erkrankte. Die Je-
      suiten unterstützen
         sie mit Material.
         Bild: Provinz Dumka-
                      Raiganj

           R ECH T S: In ganz
       Indien überwachen
           Freiwillige die
        Verfügbarkeit von
         Sauerstoff in den
      Spitälern und koor-
      dinieren die Vertei-
     lung von Nachschub.
       Bild: Provinz Karnataka
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                                             EINSATZ FÜR IMPFGLEICHHEIT
                                             Die Impfung nährt die Hoffnung, dass        sich der Jesuitenorden dieser Forderung
                                             ein Ende der Pandemie möglich ist. Eine     an.
                                             flächendeckende Immunisierung der              Die Apostolischen Universalpräferen-
lungsreiche Ernährung. Der Garten wird       ganzen Weltbevölkerung soll das Virus       zen des Ordens rufen uns dazu auf, mit
auch als Modell genutzt, um den umlie-       unter Kontrolle bringen. Während rei-       den Ausgeschlossenen in eine Mission
genden Bauern eine nachhaltige Bepflan-      che Länder sehr schnell viele Impf­         der Gerechtigkeit und Versöhnung zu
zung des Bodens näherzubringen. Die          dosen für ihre eigene Bevölkerung           gehen. Die Gesellschaft Jesu hat sich
Bauern werden finanziell und professio-      sichern konnten, gingen Länder im           verpflichtet, mit gleichgesinnten Orga-
nell dabei unterstützt, ihre Selbstversor-   globalen Süden leer aus. Auch heute         nisationen auf lokaler, nationaler und
gung zu stärken.                             ist der Zugang zu Impfungen sehr            internationaler Ebene zusammenzu­
   Und auch in Afrika werden Programme       ungleich verteilt. Trotz der COVAX-Ini-     arbeiten. Sie will sicherstellen, dass alle
geplant, die den Menschen wieder eine        tiative der UNO, mit der sich reiche Län-   Menschen, egal wo sie leben, Zugang
Zukunft nach der Krise ermöglichen. So       der verpflichten, Impfstoffe und Geld       zu Impfstoff gegen Covid-19 haben.
bereiten sich die Jesuiten in Flüchtlings-   zu spenden. Der Jesuitenorden setzt         Niemand ist vor dem Virus sicher, solan-
siedlungen in Uganda darauf vor, neben       sich für die Wahrung der Würde aller        ge nicht alle sicher sind.
der Soforthilfe vermehrt auch wieder         Menschen, insbesondere der margina-            Der Generalobere P. Arturo Sosa SJ
Bildung, Berufsbildung und Projekte zur      lisierten und gefährdeten Gemein-           betont: «Covid-19 zeigt uns, dass wir
Sicherung des Lebensunterhaltes durch-       schaften in der ganzen Welt, ein. Die-      eine Menschheit sind und dass die Über-
zuführen.                                    sem Grundsatz folgend setzt er sich für     windung der Krise möglich ist, wenn wir
                      Janina Emmenegger      Gleichheit und Gerechtigkeit bei der        uns bewusst machen, wie wichtig es ist,
                                             Herstellung und Verteilung von Impf-        sich um das Gemeinwohl zu kümmern
                                             stoffen ein.                                und unsere eigene individuelle Verant-
                                                Indien und Südafrika haben die           wortung ernst zu nehmen. Wir können               07
                                             Welthandelsorganisation WHO dazu            nur leben, wenn wir uns als einen Leib
                                             aufgerufen, den Patentschutz für Co-        verstehen.»
                                             vid-19-Impfstoffe und Medikamente
                                             temporär aufzuheben. Dadurch sollen
                                             ärmere Länder die Möglichkeit erhal-
                                             ten, die Impfstoffe und Medikamente
                                             selbst herzustellen. In einer Stellung-
                                             nahme vom 10. Mai 2021 schliesst

                                                                                                                 L I N K S: Flüchtlings­
                                                                                                                 familien in Uganda
                                                                                                                 erhielten Essenspa-
                                                                                                                 kete. Diese sichern
                                                                                                                 das Überleben.
                                                                                                                 Bild: JRS Uganda

                                                                                                                 R ECH T S: Junge
                                                                                                                 Flüchtlingsfrauen
                                                                                                                 nähen Masken in
                                                                                                                 Uganda. Fähigkei-
                                                                                                                 ten werden erlernt,
                                                                                                                 ein kleines Einkom-
                                                                                                                 men erwirtschaftet.
                                                                                                                 So besteht die Hoff-
                                                                                                                 nung, sich selbst
                                                                                                                 auch in Zukunft
                                                                                                                 den Lebensunterhalt
                                                                                                                 zu sichern.
                                                                                                                 Bild: JRS Uganda
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08   Vor dem Geburtsort von Bischof Anastasius Hartmann, einem Kapuziner, in Altwis, Hitzkirch. Pater Saju George SJ mit seiner
     ­Tanzgruppe im Mai 2016 anlässlich des 150. Todestag des Indienmissionars, der 1843 auf brach. Bild: Toni Kurmann SJ

     Globale Solidarität im Wandel der Zeit
     Teil 2: Vom Vatikanum II bis heute

     Bis zum Zweiten Vatikanischen               Gentes». Diese prägen unsere Arbeitswei-      zu den Menschen engagiert sich die
     Konzil (1962−1965) unterstützte die         se weiterhin. Im Dekret «Ad Gentes» aus       katholische Kirche zusammen mit den
     Missionsprokura Zürich vor allem die        dem Jahr 1965 wird die Missionstätigkeit      anderen Konfessionen, um «vor allem die
                                                 der Kirche umschrieben. Das neu errunge-      Ausreifung des ansatzhaft im Menschen
     Missionsgebiete Indien und Indone-          ne Verständnis des Christentums ist, sich     anzutreffenden Heils hin auf seine christ-
     sien. Dieser geografische Fokus löst        in der globalen Wirklichkeit für das Wohl     liche Vollgestalt» zu ermöglichen. (Zuleh-
     sich im Laufe der Jahre auf. Eine           aller Menschen zu engagieren. Grundlage       ner: Kirche umbauen, nicht totsparen,
     weltweite Projektzusammenarbeit             und Orientierungspunkt sind die Verheis-      2009, S. 70).
     mit den Jesuiten im globalen Süden          sungen Gottes. «Nostra aetate» beschreibt
                                                 die Haltung zu den nicht christlichen         Neue Leitlinien der Gesellschaft Jesu
     entwickelt sich. Aus der Missions-          Religionen und verabschiedet sich vom         Auch die Gesellschaft Jesu suchte nach
     prokura Zürich wird die Stiftung            exklusiven Wahrheitsanspruch der rö-          Wegen, Menschen auf allen Kontinenten
     Jesuiten weltweit Schweiz.                  misch-katholischen Kirche. Sie bildet die     und in jeder sozialen Schicht bei der Ent-
                                                 Grundlage für den Dialog mit anderen          faltung ihrer Charismen, Lebensmöglich-

     D
             er erste Teil der Geschichte der    Religionen und ihren Wahrheiten.              keiten und auch in der entsprechenden
             Missionsprokura Zürich (Maga-          Vereinfacht ausgedrückt: Über Jahrhun-     Übernahme von sozialer Verantwortung
             zin 2/2021) endete mit der Fest­    derte war ein Heilspessimismus die Haupt-     für die Nächsten zu unterstützen. Pedro
     stellung, dass der Vatikanische Konzil      motivation für die Missionstätigkeit der      Arrupe SJ, Generalobere der Jesuiten von
     (1962−1965) neue kirchliche Perspektiven    katholischen Kirche. Danach gab es aus-       1965 bis 1981, engagierte sich für Umset-
     geschaffen hat. Es war die Antwort der      serhalb ihrer sichtbaren Grenzen kein Heil.   zung der Konzilsbeschlüsse. Unter seiner
     katholischen Kirche auf die gesellschaft­   Nach dem Vatikanum II prägt ein Heils­        Leitung wird die Option für die Armen zu
     lichen Entwicklungen. Wesentliche Doku-     optimismus ihre Sendung. Inspiriert von       einem wichtigen Orientierungspunkt. Sie
     mente sind dabei «Nostra aetate» und «Ad    der Liebe Gottes zu seiner Schöpfung und      prägte die Generalkongregationen, das
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oberste Gremium innerhalb des Ordens,          innen her zu verstehen. Es ist die Grund-    len. Sie werden über Jahre im staatlichen
seit den 1970er Jahren stark. So formulier-    lage für einen konstruktiven Dialog. Um      Fernsehen ausgestrahlt. 2002, im Jahr der
te die 32. Generalkongregation (1974/75):      diesen weiterführen zu können, hat sich      Unabhängigkeit von Osttimor, geht Pater
«Der Auftrag der Gesellschaft Jesu heute       der nächste Missionsprokurator (seit         Ruedi Hofmann SJ nach Dili und gründet
besteht im Dienst am Glauben, zu dem die       2004), Pater Toni Kurmann SJ, mit einem      die Casa de Produção Audiovisual, ein
Förderung der Gerechtigkeit notwendig          Studium der Entwicklungssoziologie in        weiteres Medienzentrum. Die Sendungen
dazugehört.» Weitere Schlüsselbegriffe         Manila auf die Aufgabe vorbereitet.          werden wiederum im staatlichen Fern-
wurden formuliert: Inkulturation, Dialog                                                    sehen ausgestrahlt. Sie thematisieren
mit den Religionen und Kulturen wie auch       Engagement für Bildung und soziale           die gemeinsamen kulturellen und his-
der Dienst an der Versöhnung. 2019 be-         Gerechtigkeit                                torischen Werte und wollen ebenfalls
stimmte der derzeitige Generalobere, Ar-       Im Zentrum der missionarischen Tätigkeit     das Zusammenleben im jungen Land
turo Sosa SJ, vier Apostolische Präferenzen    steht die Förderung der Menschenwürde,       fördern.
der Sendung (siehe Rückseite unseres           die Gottes Verheissung entspricht. Die         In Indien fördert Pater Henry Volken SJ
Magazins).                                     Missionare orientieren sich nun verstärkt    mit dem Indian Social Center in Bangalore
                                               an den Nöten der Menschen. Die Projekte      den Aufbau zivilgesellschaftlicher Grup-
Missionsprokuratoren                           sollen den marginalisierten und sozial be-   pen. Pater Hermann Bacher SJ entwickelt
Pater Hubert Hänggi SJ, Missionsprokura-       nachteiligten Menschen dienen. Bildung       sein Watershed-Konzept, das später auch
tor von 1974 bis 2004, bereitete sich in der   ist die Antwort der Jesuiten für eine        von der indischen Regierung übernom-
Folge des Konzils nicht, wie zu erwarten       menschliche und gerechtere Welt.             men wird. In Zusammenarbeit mit der
gewesen wäre, durch ein Studium in Mis-           In Indonesien werden die bereits beste-   Dorfbevölkerung wird durch Terrassierung
sionswissenschaften auf seine Aufgabe          henden Berufsschulen verstärkt gefördert.    der Felder das Regenwasser gesammelt.           09
vor. Der aus Vorarlberg stammende Pater        Pater Johann Casutt SJ baut die Technische   So erhöht sich der Grundwasserspiegel.
Josef Neuner SJ, einer der bedeutenden         Berufsschule ATMI aus, Bruder Paul Wie-      Innerhalb von wenigen Jahren entsteht
Theologen in Indien seiner Zeit und ein-       derkehr SJ die Möbelschreinerschule. Bru-    aus Wüste wieder fruchtbares Land. Pater
flussreicher Konzilsberater, riet ihm, sich    der Gebhard Sutter SJ wirkt in verschiede-   Hans Belser SJ verlässt Anfang der 1980er
mit den Sprachen und Kulturen sowie der        nen Landwirtschaftsprojekten mit. Pater      Jahre Indien und engagiert sich in den
Geschichte des indischen Kulturraumes zu       Ruedi Hofmann SJ startet mit dem inno-       folgenden Jahrzehnten in Simbabwe, das
beschäftigen. So wird Pater Hänggi Indo-       vativen Medienzentrum Puskat. Er produ-      1980 unabhängig wurde.
loge. Diese Kenntnisse halfen ihm, andere      ziert Sendungen, die das interreligiöse        Pater Pierre Guérig SJ versucht ab 1972
kulturelle und religiöse Traditionen von       Lernen und Zusammenleben fördern wol-        mit dem Ansatz der Befreiungstheologie,

                                                                                                                  L I N K S: Der Indologe
                                                                                                                  Pater Hubert Häng-
                                                                                                                  gi SJ mit Sadhus
                                                                                                                  1986 in Haridwar
                                                                                                                  in Nordindien am
                                                                                                                  Ganges während
                                                                                                                  einer Kumbh Mela
                                                                                                                  (Fest des Kruges,
                                                                                                                  welches alle 12
                                                                                                                  Jahre stattfindet).
                                                                                                                  Bild: Jesuiten weltweit
                                                                                                                  Schweiz

                                                                                                                  R ECH T S: Bruder
                                                                                                                  Gebhard Sutter SJ
                                                                                                                  2007 auf einer
                                                                                                                  Reise nach Papua.
                                                                                                                  Bild: Toni Kurmann SJ
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     den Armen in Peru, dem Amazonasgebiet          ediert und auch heute weltweit aufge-         dungsreisen in die Philippinen, nach China
     und Mittelamerika eine Stimme zu geben.        führt.                                        und nach Bolivien und Paraguay durch.
     Er analysiert mit der Bibel die Gesellschaft      Inspiriert von der damaligen Begeg-        Diese Aktivitäten lassen Brücken entste-
     und sucht Wege, marginalisierten Men-          nung zwischen den Indios und den Je-          hen und ermöglichen ein tieferes Verste-
     schen bessere Lebensbedingungen zu             suiten gründet Luis Szarán das Kultur-        hen der anderen.
     ermöglichen. Es ist ihm ein grosses Anlie-     und Sozialprojekt «Sonidos de la Tierra»,
     gen, dieses Suchen nach Befreiung von          eine Musikschule für Jugendliche auf          Neue Herausforderungen und
     Ausbeutung, Entrechtung und Unterdrü-          Rädern. «Sonidos de la Tierra» widmet         neue Werke
     ckung mit der ignatianischen Exerzitien-       sich der Barockmusik aus dem Urwald           Neue Herausforderungen in den vergan-
     spiritualität zu verbinden. Seine Erfahrung    und trat in den vergangenen Jahren an         genen Jahrzehnten verlangten nach
     teilt er auch mit einem Freundeskreis in       vielen Orten in der Schweiz auf. Bereits in   neuen Werken. Als Antwort auf die huma-
     der Schweiz.                                   den 1970er Jahren gab ein Gamelan-            nitäre Katastrophe der vietnamesischen
       China öffnet sich unter Deng Xiaoping        Orchester mit traditioneller Musik aus        Boatpeople Anfang der 1980er Jahre wird
     Ende der 1970er Jahre. Seit mehr als           Java, Indonesien, Konzerte in der Schweiz.    der Jesuit Refugee Service (JRS) gegrün-
     20 Jahren wirkt Pater Stephan Rothlin SJ       Auch Pater Saju George SJ war in den          det. Die erzwungene Migration gehört
     dort im Bereich der Wirtschaftsethik.          vergangenen Jahren mit Bharatanatyam-         heute zu den grössten globalen Heraus-
                                                    Tanz zu Gast bei Pfarreien und Kultur­        forderungen. Das African Jesuit Aids Net-
     Kulturbegegnungen                              veranstaltungen.                              work (AJAN) wird 2002 in Nairobi, Kenia,
     Anfang der 1970er Jahre geht Hans Roth,           Lernfelder in der konkreten Begegnung      gegründet. Es unterstützt die afrikani-
     damals noch Jesuit und Architekt, nach         anzubieten, war auch das Anliegen von         schen Jesuitenprovinzen bei der Beglei-
10   Bolivien. Er beginnt mit der Restaurierung     Fritz Frei und seinem Team in den 1980er      tung der HIV-Infizierten und der Bevölke-
     der vom Verfall bedrohten Kirchen der          Jahren rund um die Alte Villa in Bad Schön-   rung. Jesuit Worldwide Learning (JWL)
     Reduktionen. Sie gelten heute als UNESCO-      brunn. Gut vorbereitet erlebten junge         wird 2016 in Genf gegründet. Über eine
     Weltkulturerbe. Per Zufall entdeckte er die    Menschen bereichernde Begegnungen             Internetplattform werden Universitäts­
     als verschollen geglaubte Barockmusik der      auf ihren Reisen nach Brasilien. Gegenwär-    bildung und berufliche Kenntnisse für
     Reduktionen. Der mit mehreren Oscars           tig ermöglichen wir Einsätze in den Frei-     Flüchtlinge und Menschen an den
     ausgezeichnete Film «Mission» (1986) för-      willigenprogrammen Jesuit Volunteers          Rändern der Gesellschaft ermöglicht.
     dert das Interesse an der Barockmusik aus      und Voyage-Partage.                           Auch die Herausforderungen durch den
     dem Urwald. Sie wird von Piotr Nawrot             Ab 2007 führt Toni Kurmann SJ in Zu-       Klimawandel verlangen nach neuen
     (Bolivien) und Luis Szarán (Paraguay) neu      sammenarbeit mit dem Lassalle-Haus Bil-       Antworten.

              Pater Ruedi
        LI N K S:
             Hofmann SJ,
      ca. 2007, bei Dreh-
       arbeiten von Fern-
       sehsendungen zur
          Kultur und Ge-
     schichte in Osttimor.
       Bild: Jesuiten weltweit
                     Schweiz

           R ECH T S: Patres
      Toni Kurmann SJ,
     Christian Rutishau-
     ser SJ und Stephan
            Rothlin SJ in
          Peking bei der
       Statue von Mateo
         Ricci SJ, 2016.
       Bild: Jesuiten weltweit
                     Schweiz
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Die Geschichte der Missionsprokur im Überblick
                     Felix A. Plattner SJ, 1941−1974           Hubert Hänggi SJ, 1974−2004                 Toni Kurmann SJ, 2004−

Perspektive und       Missionsgeschichte,                      Indologie,                                  Entwicklungssoziologie,
­Themen der Mis­     ­Reduktionen                              Hinduismus und Buddhismus                   Kulturbegegnung
 sionsprokuratoren

Kontext der ­         Aufbruch/Aufbau                          Blüte/Hochzeit                              Auflösung (Missionsstrukturen lösen sich
Mission              ­(Missionsausstellungen, Missionsjahre,   (selbstverständliche Missions-              in der Kirche Schweiz auf. Sie ringt um ihre
                      Gründung Fastenopfer)                    strukturen in der Schweiz)                  Position zur Mission. Orden sind auch
                                                                                                           herausgefordert.)

Ziel der Mission     Klassische Mission                        Glaube und Gerechtigkeit                    Glaube und Gerechtigkeit verstärkt zusam-
                     (Kirche einpflanzen, ­                                                                mendenken (humanitäres Engagement
                     Mitglieder gewinnen)                                                                  auf der Basis einer Glaubensperspektive)

Arbeitsweise         Bilateral mit den Missionaren             Bilateral mit Missionaren und neu           Bilateral vor allem mit J­ esuiten vor Ort.
                     (Engagement für Missionare vor Ort)       lokalen Jesuiten vor Ort. Beginn            Ende der Missionarsepoche. M    ­ itglied in
                                                               informeller Netzwerke SJ.                   formalisierten Netzwerken SJ.

 Akteure und         Spezialisierte Kirchenleute wie           Nebst spezialisierten Kirchenleuten über-   Vor Ort wie in der Schweiz suchen Ordens-
­Akteurinnen         Ordensmänner und O   ­ rdensfrauen        nehmen freiwillige Laien Funktionen.        leute und mitarbeitende Fachkräfte eine
                                                               Personalentwicklungszusammenarbeit.         neue Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

Grundverständnis                                                  Den Menschen vor Ort dienen
                                                                                                                                                              11
                                                                                                                                Dana Zumr / Toni Kurmann SJ

Netzwerke der Solidarität und                     ten weltweit Mitglied des Xavier Network             Auch in Zukunft wird die wichtigste Res-
Brückenbau                                        (Gründung 2004), in dem 13 Hilfswerke              source zur Erfüllung unserer Mission in den
Netzwerke wurden auch für unsere Arbeit           der Gesellschaft Jesu miteinander koope-           direkten Beziehungen zu unseren weltwei-
bedeutsamer. Sie ergänzen die gewohn-             rieren. Der Ursprung dieses Netzwerks              ten Partnerorganisationen liegen. Die per-
ten bilateralen persönlichen Partnerkon-          liegt in informellen freundschaftlichen            sönlichen Begegnungen, seien es Besucher
takte. Brücken bauen und im Dialog mit            Beziehungen der Missionsprokuratoren               in Zürich, seien es Projektreisen, fehlen in
anderen Solidarität leben: Darum geht es          von Amsterdam, London, Nürnberg, Wien              der gegenwärtigen Pandemiezeit.
insgesamt. Seit 2013 ist die Stiftung Jesui­      und Zürich.                                                                   Toni Kurmann SJ

                                                                                                                                  LI N K S: Jesuit Refugee
                                                                                                                                  Service (JRS) Zen-
                                                                                                                                  tralafrikanische
                                                                                                                                  Republik: Bildungs-
                                                                                                                                  programm für
                                                                                                                                  Katecheten in der
                                                                                                                                  Gemeinde nach der
                                                                                                                                  Heimkehr aus dem
                                                                                                                                  Flüchtlingslager.
                                                                                                                                  Bild: Toni Kurmann SJ

                                                                                                                                  R ECH T S: Koordina-
                                                                                                                                  tionstreffen der
                                                                                                                                  13 Organisationen
                                                                                                                                  des Xaver Network
                                                                                                                                  in El Escorial,
                                                                                                                                  Spanien, Ende
                                                                                                                                  September 2017.
                                                                                                                                  Bild: Jesuiten weltweit
                                                                                                                                  Schweiz
CH-8001 Zürich
                                                                                                                                                     PP/Journal

                                                                                                                                                        AZBResponse Zentral
                                                                                                                                                              Post CH AG
+++ Zum Tod von Stan Swamy SJ +++ Ecojesuit, ein internationales Netzwerk
+++ Covid-19-Hilfe der Jesuiten geht weltweit weiter +++ Jesuiten weltweit –
Globale Solidarität im Wandel der Zeit – Vom Vatikanum II bis heute +++

Ihr Beitrag ist von unschätzbarem Wert                                                                                Impressum

                                                         Auch künftig sind die weltweit tätigen Werke der Je-         Herausgeberin:
                                                                                                                      Stiftung Jesuiten weltweit Schweiz
                                                         suiten auf Ihr Mitwirken angewiesen. So können Sie
                                                                                                                      Hirschengraben 74
                                                         uns weiter unterstützen:
                                                                                                                      CH-8001 Zürich
                                                         Neue Leserinnen und Leser gewinnen: Kennen Sie               Telefon: 044 266 21 30
                                                         Menschen, die an unserem vierteljährlichen Magazin           Mail: magazin@jesuiten-weltweit.ch
                                                         Jesuiten weltweit interessiert sind? Die Genannten er-       Website: www.jesuiten-weltweit.ch
                                                         halten eine Probenummer von uns. Das Magazin kann
                                                                                                                      IBAN: CH51 0900 0000 8922 2200 9
                                                         jederzeit wieder abbestellt werden.
                                                         Spenden statt schenken: Haben Sie auch schon                 Das Magazin erscheint viermal im
                                                         daran gedacht, bei einer Feier in Ihrem Leben statt
                                                                                                                      Jahr. Das Jahresabonnement kostet
                                                                                                                      8 Franken. Bezüglich Adress­
Das Engagement der Jesuiten basiert seit 2019 auf        Geschenke zu erhalten, Menschen in Not ein grosses
                                                                                                                      änderungen, Abonnementen und
vier Apostolischen Präferenzen, auch für unsere Stif-    Geschenk zu machen?
                                                                                                                      Leserbriefen wenden Sie sich bitte
tung sind sie leitend.                                   Sammeln an einem Anlass: «Spenden statt schen-               an obige Adresse.
Einen Weg zu Gott finden helfen, durch spirituelle       ken» könnte auch die Losung sein an Ihrem Anlass in
                                                                                                                      Redaktion: Dana Zumr
Übungen und Glaubensvermittlung, durch Reflexion         Firma, Verein, Pfarrei oder Kirchgemeinde.
                                                                                                                      Bildredaktion: Christian Ender, Berlin
und Unterscheidung der Geister.                          Trauerspende: Hinterbliebene setzen ein Zeichen
                                                                                                                      Grafik: Othmar Wirth (lichtermeer),
An der Seite der Benachteiligten stehen, der Ver-        der Hoffnung und ermöglichen hilfsbedürftigen                Herisau
worfenen der Welt, der in ihrer Würde Verletzten,        Menschen einen Weg aus Misere und gesellschaftli-            Lektorat: Kathrin Graffe (Text perfekt),
gesandt zu Versöhnung und Gerechtigkeit.                 cher Ächtung.                                                Zug
Mit jungen Menschen unterwegs sein, Jugendliche          Legat: Ihr humanitäres Engagement geht mit einem             Druck und Versand: Cavelti AG, Gossau
und junge Erwachsene bei der Gestaltung einer hoff-      Legat über den Tod hinaus. Wir setzen uns anver-             Papier: aus verantwortungsvollen
nungsvollen Zukunft begleiten.                           traute Gelder mit grossem Respekt in Ihrem Sinne             Quellen, FSC C021085
Für und mit der Schöpfung leben, in der Sorge für        ein.                                                         Autorinnen und Autoren dieser
das gemeinsame Haus mit allen Menschen guten Wil-                                                                     Ausgabe: Janina Emmenegger, Martin
lens zusammenarbeiten.                                   Weitergehende Fragen beantworten P. Toni Kurmann             Föhn SJ, Toni Kurmann SJ, Stan Swamy
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