Kompetenzen Jugendlicher stärKen - Vorbereitung auf die Arbeitswelt - Weltbericht Bildung für alle - Deutsche UNESCO ...

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Kompetenzen Jugendlicher stärKen - Vorbereitung auf die Arbeitswelt - Weltbericht Bildung für alle - Deutsche UNESCO ...
Weltbericht
Bildung für alle                   2   0   1    2

                                                E FA G l o b a l M o n i t o r i n g R e p o r t
Kompetenzen
Jugendlicher stärken
Vorbereitung auf die Arbeitswelt

                                               Kurzfassung
Kompetenzen Jugendlicher stärKen - Vorbereitung auf die Arbeitswelt - Weltbericht Bildung für alle - Deutsche UNESCO ...
Kompetenzen Jugendlicher stärKen - Vorbereitung auf die Arbeitswelt - Weltbericht Bildung für alle - Deutsche UNESCO ...
Kurzfassung

 Deutsche UNESCO-Kommission, Bonn 2012
Kompetenzen Jugendlicher stärKen - Vorbereitung auf die Arbeitswelt - Weltbericht Bildung für alle - Deutsche UNESCO ...
Ku r z fa ss u n g   W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2

                     EFA Global Monitoring Report 2012. Summary                   Weitere Informationen zum EFA Global
                     Deutsche Kurzfassung                                         Monitoring Report 2012 erhalten Sie über:

                     herausgegeben von                                            EFA Global Monitoring Report team
                                                                                  c/o UNESCO,
                     Deutsche UNESCO-Kommission e.V. (DUK)                        7, place de Fontenoy
                     Colmantstraße 15                                             75352 Paris 07 SP, France
                     53115 Bonn                                                   Email: efareport@unesco.org,
                                                                                  Tel.: +33 1 45 68 07 41
                     und
                                                                                  Der vollständige Report und die englischsprachige
                     Bundesministerium für wirtschaftliche                        Kurzfassung sind online zugänglich unter:
                     Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)                         www.efareport.unesco.org
                     Referat Bildung
                     Dahlmannstraße 4                                             Der Global Monitoring Report kann online
                     53113 Bonn                                                   bestellt werden auf:
                                                                                  www.unesco.org/publishing
                     Redaktion
                     Dr. Barbara Malina (DUK)                                     Die deutsche Kurzfassung ist online
                                                                                  zugänglich unter:
                     Auswahl und Übersetzung                                      www.unesco.de/bildung.html
                     Frauke Schröder (DUK)
                                                                                  Bibliografische Information
                     Redaktionelle Mitarbeit                                      der Deutschen Nationalbibliothek
                     Rebekka Hannes (DUK)                                         Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese
                                                                                  Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
                     Die Fotos sind entnommen aus:                                detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
                     Youth and skills: putting education to work                  über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
                     Education for all Gobal Monitoring Report 2012.
                     Summary

                     Der EFA Global Monitoring Report ist eine von der UNESCO im Namen der internationalen
                     Gemeinschaft in Auftrag gegebene unabhängige Publikation. Daran mitgewirkt haben das
                     Redaktionsteam sowie zahlreiche weitere Personen, Organisationen, Institutionen und Regierungen.

                     ISBN 978-3-940785-46-6

                     Die in dieser Kurzfassung sowie im Bericht selbst enthaltenen Analysen und Politikempfehlun­gen
                     entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Herausgeber oder der UNESCO. Die verwendeten
                     Bezeichnungen und die Präsentation der Inhalte in Kurzfassung und Bericht stellen keinerlei
                     Meinungsäußerungen der Herausgeber oder der UNESCO hinsichtlich des Rechtsstatus eines
                     Landes, eines Territoriums, einer Stadt oder eines Gebiets oder deren Behörden oder hinsichtlich
                     von Grenzverläufen dar. Die Verantwortung für den Bericht trägt das EFA Global Monitoring
                     Report Team. Die Gesamtverantwortung für Ansichten und Meinungen in dem Bericht liegt bei der
                     Direktorin des Teams.

                                              Das EFA Global Monitoring Report Team:
                                                              Direktorin: Pauline Rose
                        Team: Kwame Akyeampong, Manos Antoninis, Madeleine Barry, Nicole Bella, Stuart Cameron,
                        Erin Chemery, Diederick de Jongh, Marcos Delprato, Hans Botnen Eide, Joanna Härmä,
                        Andrew Johnston, Léna Krichewsky, François Leclercq, Elise Legault, Leila Loupis, Alasdair
                        McWilliam, Patrick Montjourides, Karen Moore, Claudine Mukizwa, Judith Randrianatoavina,
                        Kate Redman, Maria Rojnov-Petit, Marisol Sanjines, Martina Simeti, Asma Zubairi

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Kompetenzen Jugendlicher stärKen - Vorbereitung auf die Arbeitswelt - Weltbericht Bildung für alle - Deutsche UNESCO ...
Bildung für alle –
die Fortschritte verlangsamen sich

I
   m Jahr 2000 hat die internationale Gemeinschaft
   auf dem Weltbildungsforum in Dakar, Senegal,                  Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs)
   den Aktionsplan „Bildung für alle“ (Education
   for all, EFA) verabschiedet. Seine Ziele sollen bis           Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat
   2015 erreicht werden. Die Ziele 2 und 5 sind auch             sich im Jahr 2000 auf 8 Millenniums-Ziele verpflichtet,
in die Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten               darunter die Bekämpfung von extremer Armut und
Nationen eingegangen.                                            Hunger, die Reduzierung der Kindersterblichkeit und die
                                                                 Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Müttern.

 Überblick über die sechs EFA-Ziele
                                                                 Millenniums-Entwicklungsziele mit
 Ziel 1: Frühkindliche Förderung und Erziehung soll              Bildungsbezug
         ausgebaut und verbessert werden, insbesondere
         für benachteiligte Kinder.                              Ziel 2: Grundschulbildung für alle erreichen.
                                                                 Unterziel 3: Alle Kinder, Jungen wie Mädchen, sollen
 Ziel 2: Bis 2015 sollen alle Kinder – insbesondere              eine Grundschulausbildung erhalten.
         Mädchen, Kinder in schwierigen Lebens­
                                                                 Ziel 3: Die Gleichstellung der Geschlechter und die
         umständen und Kinder, die zu ethnischen
                                                                 politische, wirtschaftliche und soziale Beteiligung von
         Minderheiten gehören – Zugang zu unentgelt­
                                                                 Frauen fördern.
         licher, obligatorischer und qualitativ hochwertiger
                                                                 Unterziel 4: Die Abschaffung von Geschlechter­
         Grundschulbildung erhalten und diese auch
                                                                 disparitäten in Primar- und Sekundarbildung
         abschließen.
                                                                 möglichst bis 2005 und spätestens 2015 auf allen
                                                                 Bildungsstufen.
 Ziel 3: Die Lernbedürfnisse von Jugendlichen
         und Erwachsenen sollen durch Zugang zu
         Lernangeboten und Training von Basis­
         qualifikationen (life skills) abgesichert werden.     Drei Jahre vor Ablauf der Frist für die EFA-Ziele
                                                               wird leider deutlich, dass sich die Fortschritte
 Ziel 4: Die Analphabetenrate unter Erwachsenen,               bei vielen Zielen verlangsamen und die meisten
         besonders unter Frauen, soll bis 2015 um 50%          Ziele voraussichtlich nicht erreicht werden. Trotz
         reduziert werden. Der Zugang von Erwachsenen zu       dieser eher düsteren Gesamtprognose zeigen die
         Grund- und Weiterbildung soll gesichert werden.       Fortschritte mancher der ärmsten Länder der Welt,
                                                               dass durch Engagement von nationalen Regierungen
 Ziel 5: Bis 2005 soll das Geschlechtergefälle in der          und Gebern viel erreicht werden kann, z.B. dass
         Primar- und Sekundarbildung überwunden                mehr Kinder vorschulische Einrichtungen besuchen,
         werden. Bis 2015 soll Gleichberechtigung der          die Grundschule abschließen und den Übergang zur
         Geschlechter im gesamten Bildungsbereich              Sekundarschule schaffen.
         erreicht werden, wobei ein Schwerpunkt auf der
         Verbesserung der Lernchancen für Mädchen              Der Schwerpunkt des diesjährigen Weltbildungs­
         liegen muss.                                          berichts liegt auf dem EFA-Ziel 3 und widmet sich der
                                                               Kompetenzentwicklung von Jugendlichen und
 Ziel 6: Die Qualität von Bildung muss verbessert werden.      jungen Erwachsenen als Vorbereitung auf die
                                                               Arbeitswelt.

                                                                                                                           3
Kompetenzen Jugendlicher stärKen - Vorbereitung auf die Arbeitswelt - Weltbericht Bildung für alle - Deutsche UNESCO ...
Ku r z fa ss u n g   W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2

                     Die sechs EFA-Ziele –
                     wo stehen wir?
                                                                                Mangelernährung ist einer der Hauptgründe für
                       Ziel 1                                                   hohe Kindersterblichkeitsraten sowie Wachstums-
                                                                                und Entwicklungsstörungen. Nach aktuellen
                     Frühkindliche Förderung und Erziehung                      Entwicklungen werden im Jahr 2015 immer noch 157
                                                                                Millionen Kinder, d.h. eines von vier Kindern unter
                     In der frühen Kindheit wird der Grundstein für spätere     fünf Jahren, wegen Mangelernährung eine zu geringe
                     Lernerfolge gelegt. Um die Bedingungen für kleine          Körpergröße aufweisen.
                     Kinder zu verbessern, sind ausgewogene Maßnahmen
                     in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und                 Qualitativ hochwertige vorschulische
                     Bildung notwendig. Es muss in ganzheitliche Ansätze        Bildungsprogramme sind essenziell, um Kinder
                     investiert werden, um alle Aspekte der frühkindlichen      auf die Schule vorzubereiten. Beispiele aus so
                     Entwicklung in gleichem Maße zu berücksichtigen.           unterschiedlichen Ländern wie Australien, Indien,
                                                                                Mosambik, der Türkei und Uruguay zeigen die
                     Kinder, die hungrig, unterernährt oder krank               kurz- und langfristigen Erfolge von frühkindlicher
                     sind, sind nicht in der Lage, sich die Fertigkeiten        Förderung. Diese reichen von einem Vorsprung
                     anzueignen, die sie für weiteres Lernen und das            bei Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeiten bis zu
                     spätere Berufsleben brauchen. Es gibt zwar                 stärkerer Aufmerksamkeit, höherer Motivation
                     Anzeichen, dass sich die frühkindliche Gesundheit          und größerer Eigeninitiative, was zu höheren
                     insgesamt verbessert. In einigen Ländern finden die        Bildungsabschlüssen und besseren Chancen auf dem
                     Veränderungen jedoch auf einem niedrigen Niveau            Arbeitsmarkt führt.
                     statt und nicht schnell genug, um internationale
                     Entwicklungsziele zu erreichen. Die jährliche              Seit 1999 ist die Zahl der Kinder in vorschulischen
                     Rate, die den Rückgang der Kindersterblichkeit             Einrichtungen um fast die Hälfte gestiegen. Immer
                     beziffert, ist beispielsweise zwar angestiegen, aber       noch besucht aber mehr als die Hälfte aller Kinder
                     nur von 1,9% (1990-2000) auf 2,5% (2000-2010).             weltweit solche Einrichtungen nicht, in den ärmsten

                                                                                                                                  © Giacomo Pirozzi / Panos
                        Eine Zweitklässlerin
                        in Honiara, Salomonen

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Kompetenzen Jugendlicher stärKen - Vorbereitung auf die Arbeitswelt - Weltbericht Bildung für alle - Deutsche UNESCO ...
W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2                      Ku r z fa ss u n g

Ländern sind es sogar fünf von sechs Kindern. Die
                                                                                          Abb. 1: In den ersten Jahren nach Dakar ist die Zahl der Kinder, die
Kinder, die am meisten von frühkindlicher Förderung
                                                                                          keine Schule besuchen, zurückgegangen, seit 2008 stagniert sie aber
profitieren würden, nehmen am seltensten daran teil.
Unzureichende Finanzierung seitens der Regierungen                                       Anzahl der Kinder im Grundschulalter, die keine Schule besuchen; 1999–2010
ist ein Hauptgrund für die geringe Partizipation an                                                                                                                                                                                                 45
                                                                                                                                                   120

                                                                                     Anzahl der Kinder, die keine Schule besuchen (in Millionen)
vorschulischen Bildungseinrichtungen.                                                                                                                      108 Millionen
                                                                                                                                                                                                                                                    40
                                                                                                                                                   100
Um sicherzustellen, dass alle Kinder von den                                                                                                               Andere Regionen                                                                          35

                                                                                                                                                                                                                       Out-of-school children (%)
Vorteilen frühkindlicher Förderung profitieren                                                                                                             25 Millionen
                                                                                                                                                    80                             74                                                               30
können, sind Reformen notwendig. Dazu gehören der
Ausbau von erschwinglichen Fördereinrichtungen,                                                                                                                                                        61      61                                   25
                                                                                                                                                           Süd- und Westasien      19
                                                                                                                                                    60
die Gestaltung von Übergängen zwischen                                                                                                                     40 Millionen                                                                             20
                                                                                                                                                                                                       18      17
Vorschuleinrichtungen und Grundschulen sowie                                                                                                                                       19
                                                                                                                                                                                                                                                    15
die Abstimmung von vorschulischen Aktivitäten mit                                                                                                   40
                                                                                                                                                                                                       14      13
breiter gefassten frühkindlichen Fördermaßnahmen.                                                                                                                                                                                                   10
                                                                                                                                                           Subsahara-Afrika
                                                                                                                                                    20
                                                                                                                                                           42 Millionen            35                  29      31                                    5

  Ziel 2                                                                                                                                             0                                                                                               0
                                                                                                                                                         1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010                                 1999 2000 2001 2002 2003 20

Universelle Grundschulbildung                                                             Quelle: Statistischer Anhang des EFA Global Monitoring Report, Tabelle 5, UIS Datenbestand.

Geht man vom derzeitigen Trend aus, wird das
Ziel der universellen Grundschulbildung bis 2015                                           Schule besucht, und führt damit die Liste an. Im Jahr
deutlich verfehlt werden. Der Schwung durch das                                            2010 gab es dort 3,6 Millionen nicht eingeschulte
Weltbildungsforum im Jahr 2000, mehr Kindern                                               Kinder mehr als im Jahr 2000. Im Gegensatz dazu
die Grundschulbildung zu ermöglichen, ist ins                                              konnten Äthiopien und Indien die Anzahl der Kinder,
Stocken geraten. Zwar ist die Zahl der Kinder im                                           die keine Schule besuchen, drastisch reduzieren.                                                                             61 Millionen
Grundschulalter, die keine Schule besuchen, seit                                           Im Jahr 2008 gab es in Indien 18 Millionen weniger                                                                           Kinder
1999 von 108 Millionen auf 61 Millionen gesunken.                                          Kinder, die keine Schule besuchen, als im Jahr                                                                               besuchen
Drei Viertel dieses Rückgangs wurde allerdings                                             2001. In vielen Ländern sind finanzielle Gründe                                                                              keine
bereits zwischen 1999 und 2004 erreicht. Zwischen                                          ausschlaggebend dafür, dass Eltern ihre Kinder                                                                               Grundschule.
2008 und 2010 ist der Fortschritt vollkommen zum                                           nicht einschulen oder aus der Schule nehmen. In
Stillstand gekommen.                                                                       den Slums von Lagos, Nigeria, zum Beispiel, müssen
                                                                                           Eltern etwa 46% des Mindesteinkommens aufbringen,
Süd- und Westasien1 sowie Subsahara-Afrika sind im                                         um drei Kinder zur Schule zu schicken.
Jahr 1999 von ähnlichem Niveau gestartet, da jeweils
etwa 40 Millionen Kinder im Grundschulalter keine                                          Um die Hindernisse für benachteiligte Kinder zu
Schule besuchten. Seitdem haben sich die Regionen                                          beseitigen, rechtzeitig eine Schule zu besuchen und
jedoch mit sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit                                          ihre Schullaufbahn fortzusetzen, sind neben der
weiterentwickelt. Zwischen 1999 und 2008 sank                                              elementaren Abschaffung offizieller Schulgebühren
die Zahl der Kinder, die keine Schule besuchen, in                                         systemweite Reformen notwendig. So müssen
Süd- und Westasien um 29 Millionen, während sie in                                         Regierungen zusätzliche Maßnahmen ergreifen
Subsahara-Afrika nur um 11 Millionen zurückging.                                           (z.B. Zuschüsse für Schulen), damit Schulen ihre
Zwischen 2008 und 2010 stieg die Zahl in Subsahara-                                        Kosten besser decken können und den Eltern keine
Afrika sogar wieder um 1,6 Millionen an, während sie                                       versteckten Gebühren auferlegen. Maßnahmen
in Süd- und Westasien um weitere 0,6 Millionen sank.                                       zur sozialen Sicherung können sicherstellen, dass
                                                                                           arme Haushalte alle Mittel für die Schulbildung
In zwölf der Länder, für die Daten vorliegen, lebt                                         aufbringen können, ohne an anderen grundlegenden
die Hälfte aller Kinder, die weltweit keine Schule                                         Bedürfnissen zu sparen. Die Möglichkeit reicherer
besuchen. Nigeria beheimatet mit 10,5 Millionen                                            Haushalte, mehr Geld für private Schulbildung
Kindern jedes sechste Kind auf der Welt, das keine                                         auszugeben, darf nicht zu noch größerer Ungleichheit
                                                                                           führen.

1 Unter Süd- und Westasien werden im Bericht folgende Länder gefasst: Afghanistan,
  Bangladesch, Bhutan, Indien, Iran, Malediven, Nepal, Pakistan und Sri Lanka.

                                                                                                                                                                                                                                                         5
Kompetenzen Jugendlicher stärKen - Vorbereitung auf die Arbeitswelt - Weltbericht Bildung für alle - Deutsche UNESCO ...
Ku r z fa ss u n g   W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2

                                                                                                                                                            © Chris Stowers / Panos
                          Muslimische
                          Schülerinnen
                          auf dem Weg
                          zur Schule, Siwa
                          Stadt, Ägypten

                        Ziel 3                                                                            Im Jahr 2010 besuchten weltweit 71 Millionen
                                                                                                          Jugendliche im dem Sekundarbereich I entsprech­
                     Lernchancen für                                                                      enden Alter keine Schule − eine Zahl, die seit 2007
                     Jugendliche und Erwachsene                                                           stagniert. Drei Viertel dieser Jugendlichen leben
                                                                                                          in Süd- und Westasien und Subsahara-Afrika.
71 Millionen         Die sozialen und ökonomischen Herausforderungen                                      Dennoch besuchen heute 25% mehr Jugendliche
Jugendliche          der letzten Jahre haben eine größere Aufmerk­                                        weltweit eine Sekundarschule als im Jahr 1999.
besuchen             samkeit auf die Verfügbarkeit von Bildungs- und                                      In Subsahara-Afrika hat sich die Anzahl der
keine Schule.        Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen                                          eingeschulten Jugendlichen verdoppelt; dennoch
                     gelenkt. Formale Sekundarbildung ist der effektivste                                 wies die Region im Jahr 2010 mit 40% die
                     Weg, sich die Kompetenzen anzueignen, die für Beruf                                  weltweit niedrigste Gesamteinschulungsrate im
                     und Alltag notwendig sind. Trotz eines weltweiten                                    Sekundarbereich auf.
                     Anstiegs der Zahl von Kindern und Jugendlichen,
                     die eine Sekundarschule besuchen, betrug die                                         Kompetenzen werden nicht nur in der Schule
                     Bruttoeinschulungsrate2 im Sekundarbereich I3 in                                     erworben. International gibt es zwar eine Reihe von
                     Ländern mit niedrigem Einkommen im Jahr 2010                                         Systemen zur Kategorisierung von Kompetenzen
                     gerade einmal 52%. Millionen junger Leute müssen                                     und Qualifizierungsprogrammen. Die internationale
                     somit ihr Leben ohne die grundlegenden Fertigkeiten                                  Gemeinschaft ist sich jedoch noch immer nicht einig,
                     bestreiten, die sie brauchen, um für einen                                           wie Fortschritte beim Zugang zu Lernangeboten und
                     ausreichenden Lebensunterhalt zu sorgen.                                             beim Training von Basisqualifikationen gemessen
                                                                                                          und verglichen werden können. Trotz einiger viel
                                                                                                          versprechender Signale werden bis 2015 vermutlich
                     2 Bruttobeteiligungsraten oder Bruttoeinschulungsraten (gross enrolment ratios)      keine hinreichenden Daten für das EFA-Ziel 3
                       ­ergeben sich aus dem Verhältnis aller in einer bestimmten Bildungsstufe ein­
                        geschulten Kinder (egal welchen Alters) zur Größe der für diese Stufe offiziell
                                                                                                          erhoben werden können. Entwicklungsziele für die
                        vorgesehenen Altersgruppe.                                                        Zeit nach 2015 in diesem Bereich müssen genauer
                     3 „Sekundarbereich I“ und „untere Sekundarstufe“ werden in dieser Kurzfassung        definiert sein und eindeutig festlegen, wie Erfolge
                       synonym verwendet und bezeichnen das Level 2 (lower secondary education) der
                       Internationalen Standard-Klassifikation des Bildungswesens ISCED.                  gemessen werden können.

        6
Kompetenzen Jugendlicher stärKen - Vorbereitung auf die Arbeitswelt - Weltbericht Bildung für alle - Deutsche UNESCO ...
W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2                                                                                                                                                                         Ku r z fa ss u n g

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Insgesamt ist die Alphabetisierungsrate bei
  Ziel 4                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Erwachsenen in den letzten zwei Jahrzehnten
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                gestiegen: von 76% (zwischen 1985 und 1994) auf
Alphabetisierung Erwachsener                                                                                                                                                                                                                                                                                                    84% (zwischen 2005 und 2010). Von 43 Ländern mit
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                einer Erwachsenen-Alphabetisierungsrate unter
Lesen und schreiben zu können ist essenziell für                                                                                                                                                                                                                                                                                90% (zwischen 1998 und 2001) werden allerdings
das soziale und ökonomische Wohlergehen von                                                                                                                                                                                                                                                                                     nur drei das EFA-Ziel 4 erreichen; einige werden                                                                                                                                                                                               775 Millionen
Erwachsenen – und dem ihrer Kinder. Trotzdem ist                                                                                                                                                                                                                                                                                es vermutlich sogar mit großem Abstand verfehlen.                                                                                                                                                                                              Erwachsene
der Erfolg bei der Verwirklichung des Ziels, die An­                                                                                                                                                                                                                                                                            Während manche Länder aus der letztgenannten                                                                                                                                                                                                   sind
alpha­betenrate weltweit um 50% zu senken, bis­lang                                                                                                                                                                                                                                                                             Gruppe dennoch bedeutende Fortschritte gemacht                                                                                                                                                                                                 Analphabeten.
begrenzt. Dies ist hauptsächlich auf eine gewisse                                                                                                                                                                                                                                                                               haben – so wie Mali, das seine Alphabetisierungsrate
Gleichgültigkeit von Regierungen und Gebern zurück­                                                                                                                                                                                                                                                                             verdoppelt hat –, hat sich die Situation in anderen
zuführen. Im Jahr 2010 konnten weltweit immer noch                                                                                                                                                                                                                                                                              Ländern, zum Beispiel Madagaskar, im letzten
775 Millionen Erwachsene nicht lesen und schreiben.                                                                                                                                                                                                                                                                             Jahrzehnt verschlechtert. Fast drei Viertel der
Die Hälfte davon lebte in Süd- und Westasien und mehr                                                                                                                                                                                                                                                                           erwachsenen Analphabeten leben in nur zehn
als ein Fünftel in Subsahara-Afrika.                                                                                                                                                                                                                                                                                            Ländern. Indien allein beheimatet 37% aller

Abb. 2: Die meisten Länder werden das Ziel verfehlen, die Analphabetenrate unter Erwachsenen zu halbieren – einige sogar mit großem Abstand
Analphabetenrate unter Erwachsenen, 1998—2001 bis 2015 (Prognose)

                                                        100

                                                                                                                                                                                                                                                                                         Analphabetebrate unter Erwachsenen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        1998–2001
                                                                              Im Tschad lag die Analphabeten-                                                                                                                                                                                                           2015 (Prognose)
                                                                              rate unter Erwachsenen bei 74%
                                                                              im Jahr 2000...
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Ziel (Halbierung)

                                                         80

                                                                                           ...und dürfte bis 2015
      Analphabetenrate unter Erwachsenen (in Prozent)

                                                                                           auf 61% sinken, ...

                                                         60

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               In Madagaskar wird die Analphabetenrate unter Erwachsenen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Prognosen zufolge bis 2015 von 29% auf 35% ansteigen;
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               in der Demokratischen Repubik Kongo von 33% auf 34%.

                                                         40

                                                                     ...ein Wert, der
                                                         20          deutlich über dem
                                                                     Ziel von 37% liegt.

                                                          0
                                                                                                                                                                                                      Mauretanien

                                                                                                                                                                                                                                                                                Ruanda

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Kambodscha

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Komoren

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Brasilien
                                                              Mali
                                                                     Tschad
                                                                               Gambia
                                                                                        Timor-Leste
                                                                                                      Guinea-Bissau
                                                                                                                      Pakistan
                                                                                                                                 Bangladesch
                                                                                                                                               Nepal
                                                                                                                                                       Côte d'Ivoire
                                                                                                                                                                       Zentralafrikanische Republik

                                                                                                                                                                                                                    Togo
                                                                                                                                                                                                                           Papua-Neuguinea
                                                                                                                                                                                                                                             Ghana
                                                                                                                                                                                                                                                     Burundi
                                                                                                                                                                                                                                                               Sudan
                                                                                                                                                                                                                                                                       Malawi

                                                                                                                                                                                                                                                                                         Demokratische Republik Kongo

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Angola
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Sambia

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Madagaskar
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Irak
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Saudi-Arabien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Jamaika
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Honduras
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Swasiland
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Kenia
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Mauritius
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          São Tomé und Principe
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Namibia
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Lesotho

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Bahrain
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Bolivien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Äquatorialguinea
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Malaysia
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Myanmar

Anmerkung: Für die Darstellung auf dem Schaubild wurden diejenigen Länder ausgesucht, die zwischen 1998 und 2001 eine Analphabetenrate von über 10% unter Erwachsenen
aufwiesen und für die Prognosen bis in das Jahr 2015 möglich waren.
Quelle: Statistischer Anhang des EFA Global Monitoring Report, Tabelle 2, UIS Datenbestand.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       7
Ku r z fa ss u n g   W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2

                     erwachsenen Analphabeten weltweit. In Nigeria ist                                   Gefahr, das Ziel der Geschlechterparität in der
                     die Zahl in den letzten zwei Jahrzehnten um                                         Grund- und Sekundarschulbildung bis zum Jahr 2015
                     10 Millionen auf inzwischen 35 Millionen ange-                                      zu verfehlen.
                     stiegen.
                                                                                                         In 68 Ländern herrscht immer noch keine
                     Allgemein wird angenommen, dass Kinder vier oder                                    Geschlechterparität in der Grundschulbildung, in
                     fünf Jahre die Schule besuchen müssen, um mühelos                                   60 von ihnen zum Nachteil der Mädchen. Während
                     lesen, schreiben und rechnen zu können. Jüngste                                     Länder wie Äthiopien und Senegal gewaltige
                     Haushaltserhebungen zeigen allerdings, dass in                                      Fortschritte erzielt haben, haben andere, etwa Angola
                     Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen                                       und Eritrea, Rückschritte gemacht. Die Anzahl der
                     (unterer Bereich) wesentlich mehr Kinder die                                        Länder, in denen der Geschlechterparitätsindex
                     Grundschule abschließen, ohne lesen und schreiben                                   (GPI)4 unter 0,70 liegt, Mädchen also extreme
                     zu können, als erwartet. In Ghana beispielsweise                                    Benachteiligung erfahren, ist von 16 im Jahr
                     konnte im Jahr 2008 über die Hälfte der Frauen und                                  1990 auf 11 im Jahr 2000 gefallen. Im Jahr 2010
                     mehr als ein Drittel der Männer zwischen 15 und 29                                  gab es nur noch ein Land mit einem so geringen
                     Jahren, die sechs Jahre lang eine Schule besucht                                    Geschlechterparitätsindex: Afghanistan. Trotz seines
                     hatten, keinen ganzen Satz lesen. Weitere 28% der                                   letzten Platzes unter den Ländern hat Afghanistan in
                     Frauen und 33% der Männer konnten nur einzelne                                      den letzten Jahren große Fortschritte gemacht.
                     Satzteile bewältigen.
                                                                                                         Auch die Zahl der Länder, die einen GPI unter 0,90
                                                                                                         haben, Mädchen also unter schweren Benachteili­
                                                                                                         gungen zu leiden haben, ist in den letzten zehn Jahren
                       Ziel 5                                                                            zurückgegangen. Von 167 Ländern, für die Daten
                                                                                                         aus den Jahren 1999 und 2010 vorliegen, hatten 33
                     Geschlechterparität und                                                             im Jahr 1999 einen GPI unter 0,90. Im Jahr 2010
                     Gleichberechtigung                                                                  waren es nur noch 17 Länder. Länder wie Burundi,
                                                                                                         Indien und Uganda, die heute Geschlechterparität
                     Geschlechterparität und Gleichberechtigung in der                                   erreicht haben, zeigen den Erfolg von Strategien,
                     Bildung sind ein grundlegendes Menschenrecht und                                    die die Beteiligung von Mädchen in der Schule
                     ein wichtiges Mittel zur Verbesserung sozialer und                                  verbessern. Solche Strategien sind zum Beispiel
                     ökonomischer Verhältnisse. Die Verringerung der                                     Mobilisierung von Gemeinden, gezielte finanzielle
                     Geschlechterkluft beim Grundschulbesuch ist einer                                   Unterstützung von Mädchen, Verwendung ge­schlech­
                     der größten Erfolge des EFA-Prozesses seit dem                                      tersensibler Lehrmethoden und Lernmaterialien
                     Jahr 2000. Trotzdem laufen weiterhin viele Länder                                   sowie Gewährleistung von sicheren und gesunden
                                                                                                         Lernumgebungen. In mehr als der Hälfte der 97
                                                                                                         Länder mit Geschlechterdisparität in der Sekun­dar­
                                                                                                         bildung besuchen weniger Jungen als Mädchen die
                                                        Ein Mädchen in einer                             Schule. Der Hauptgrund ist Armut, die Jungen zu
                                                        berufsbildenden                                  einem frühen Einstieg in den Arbeitsmarkt zwingt.
                                                        Schule in Dhaka,
                                                        Bangladesch

                                                                                                            Ziel 6
                                                                                                         Bildungsqualität

                                                                                                         Bei einer Zahl von weltweit 650 Millionen Kindern
                                                                                                         im Grundschulalter sollte die Aufmerksamkeit nicht
                                                                                                         nur auf die 120 Millionen gerichtet werden, die das
                                                                                                         vierte Schuljahr nicht erreichen, sondern auch auf
                                                                                                         die zusätzlichen 130 Millionen Kinder, die in der
                                                                                © G.M.B. Akash / Panos

                                                                                                         4 Der Geschlechterparitätsindex (GPI) gibt das Verhältnis von männlichen zu weib­
                                                                                                           lichen Schülern an. Parität wird erreicht, wenn auf die Einschulung von 100 Jungen
                                                                                                           zwischen 97 und 103 Mädchen fallen, also bei einem Wert zwischen 0,97 und 1,03.

        8
W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2                     Ku r z fa ss u n g

                                                                                                               © Stefan Erber/UNESCO
   Mechaniker-Training an einer
   Technischen Universität, Vietnam

Schule kein Basiswissen erwerben. Die Analyse von      In 33 von 100 Ländern mit verfügbaren Daten
Unterschieden im Lernerfolg und den Ursachen kann      zur Grundschulbildung werden darüber hinaus
dazu beitragen, politische Strategien zu entwickeln,   weniger als 75% der Lehrer nationalen Standards
die die Chancen von armen Kindern verbessern.          entsprechend ausgebildet. Oftmals werden in der
In den 74 Ländern und Volkswirtschaften, die an        Ausbildung außerdem didaktische Fähigkeiten
der PISA-Studie 2009 teilgenommen haben, war es        zugunsten von fachlichem Basiswissen vernach­
grundsätzlich so, dass die Leistungen eines Schülers   lässigt. Sind die Lehrer erst einmal in den Schul­-
umso besser waren, je höher das Quartil des            dienst eingetreten, scheint kaum noch Weiterent-
sozio-ökonomischen Index war, dem er angehörte.        wicklung stattzufinden. Das führt zu erschreckenden
Nennenswerte Geschlechterunterschiede gab es           Ergebnissen, wie Untersuchungen gezeigt haben: In                               2 Millionen
hier nicht.                                            einigen der ärmsten Länder können Kinder mehrere                                Stellen für
                                                       Jahre in der Schule verbringen, ohne ein einziges                               Grundschul­
Lehrer sind die wichtigste Ressource zur               Wort lesen zu können.                                                           lehrer
Verbesserung der Bildungsqualität. In vielen                                                                                           müssen neu
Regionen stellen der Lehrermangel und besonders        Der Unterricht in den unteren Klassen sollte                                    geschaffen
das Fehlen von gut ausgebildeten Lehrern ein           verstärkt werden. Vorbereitende Trainingsmaß­
                                                                                                                                       werden.
wesentliches Hindernis für das Erreichen der EFA-      nahmen sollten einen besonderen Schwerpunkt
Ziele dar. Neuesten Schätzungen zufolge müssen         auf Lehrmethoden legen. Praxisbezogene Weiter­
bis 2015 in 112 Ländern insgesamt 5,4 Millionen        bildungsmaßnahmen für Lehrer sollten diese
Grundschullehrer eingestellt werden. 3,4 Millionen     interaktiv einbeziehen. Außerdem müssen ver­
Lehrer müssen eingestellt werden, um diejenigen        besserte Lehr- und Lern­materialien zur Verfügung
zu ersetzen, die aus dem Beruf ausscheiden.            gestellt werden.
Zusätzlich sind 2 Millionen neue Stellen notwendig,
um das Ziel der universellen Grundschulbildung zu
erreichen.

                                                                                                                                               9
Ku r z fa ss u n g   W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2

                     Finanzierung von
                     „Bildung für alle“ –
                     Defizite und Chancen

                     D
                                ie Erfahrungen des letzten Jahrzehnts                                    effektiver zu verwenden. Entwicklungshilfe von neuen
                                zeigen, dass die Steigerung von                                          Geberländern wie Brasilien, China oder Indien stellt
                                Bildungsausgaben viel dazu beitragen                                     eine mögliche Quelle dar, aber bisher werden diese
                                kann, die EFA-Ziele zu erreichen. Doch                                   Gelder nicht ausreichend den Ländern zugeführt, die
                                ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem                                  sie am dringendsten brauchen, daher müssen weitere
                     die Zahl der Kinder, die keine Schule besuchen,                                     Finanzierungsquellen gefunden werden. Die Erträge
                     stagniert, gibt es beunruhigende Anzeichen dafür,                                   aus natürlichen Rohstoffen und Gelder aus der
                     dass auch die Geberbeiträge ins Stocken geraten.                                    Privatwirtschaft sind Optionen; hier müsste aber ein
                     Mehr Geld allein ist zwar keine Garantie, dass die                                  verstärkter Fokus auf Transparenz und Orientierung
                     EFA-Ziele erreicht werden. Weniger Geld wird aber                                   an den EFA-Zielen gelegt werden.
                     auf jeden Fall von Nachteil sein. Eine erneute und
                     konzertierte Anstrengung der Geber ist dringend
                     notwendig. Wichtig ist außerdem, das Potenzial                                      Steigende nationale Bildungsausgaben
                     neuer Finanzierungsquellen zu erschließen, um
                     Finanzierungslücken zu schließen, und Gelder                                        Seit der Verabschiedung des EFA-Aktionsplans im
                                                                                                         Jahr 2000 sind die weltweiten Staatsausgaben für
                                                                                                         Bildung kontinuierlich gestiegen. In Ländern mit
Die Staats-                                                                                              geringem Einkommen sind die Bildungsausgaben
                                                                                © Sven Torfinn / Panos

                                                                                                         mit durchschnittlich jährlich 7,2% seit 1999 am
ausgaben für            Nähunterricht in
                        Musoma, Tansania                                                                 stärksten gewachsen. In Subsahara-Afrika betrug die
Bildung sind                                                                                             jährliche Zunahme 5%. Im letzten Jahrzehnt haben
gestiegen.                                                                                               63% derjenigen Länder mit geringem und mittlerem
                                                                                                         Einkommen, für die Daten vorliegen, den Anteil des
                                                                                                         Volkseinkommens, der für Bildung ausgegeben wird,
                                                                                                         erhöht. Die meisten Länder, die ihren Fortschritt in
                                                                                                         Richtung von „Bildung für alle“ im letzten Jahrzehnt
                                                                                                         beschleunigen konnten, waren dazu in der Lage,
                                                                                                         weil sie ihre Ausgaben für Bildung wesentlich erhöht
                                                                                                         oder ein vorher erreichtes hohes Niveau beibehalten
                                                                                                         haben. Tansania zum Beispiel hat den Anteil des
                                                                                                         Volkseinkommens, der für Bildung ausgegeben wird,
                                                                                                         mehr als verdreifacht und die Nettoeinschulungsrate5
                                                                                                         in der Grundschule verdoppelt. Befürchtungen, dass
                                                                                                         die jüngsten Ernährungs- und Finanzkrisen den
                                                                                                         generell positiven Entwicklungen im Bereich der
                                                                                                         nationalen Bildungsfinanzierung entgegenwirken
                                                                                                         könnten, scheinen sich bisher nicht zu bestätigen.
                                                                                                         Allerdings müssen die langfristigen Auswirkungen
                                                                                                         der Krise beobachtet werden.

                                                                                                         5 Nettobeteiligungsraten oder Nettoeinschulungsraten (net enrolment ratios) ergeben
                                                                                                           sich aus dem Verhältnis aller in einer bestimmten Bildungsstufe eingeschulten
                                                                                                           Kinder, die im dafür vorgesehenen Alter sind, zur Gesamtzahl der Kinder in der für
                                                                                                           diese Stufe offiziell vorgesehenen Altersgruppe.

       10
W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2   Ku r z fa ss u n g

Entgegen diesem viel versprechenden globalen                                                      Trotz des Anstiegs der Gesamt-Entwicklungshilfe
Trend haben manche Länder, die noch weit davon                                                    im letzten Jahrzehnt haben die Geberländer ihr
entfernt sind, die EFA-Ziele zu erreichen, zum                                                    Versprechen vom G8-Gipfel in Gleneagles 2005
Beispiel die Zentralafrikanische Republik, Guinea und                                             nicht gehalten, die Entwicklungshilfe bis 2010
Pakistan, ein niedriges Niveau an Bildungsausgaben                                                insgesamt um 50 Milliarden US-Dollar anzuheben.
beibehalten und stellen weniger als 3% des Brutto­                                                Subsahara-Afrika erhielt nur etwa die Hälfte der
sozialprodukts für Bildung zur Verfügung. Neue                                                    Erhöhung, die der Region versprochen worden
Untersuchungen für den Weltbildungsbericht zeigen,                                                war. Die Aussichten für die Jahre bis 2015 sind                  Die Entwick­
in welchem Ausmaß manche der ärmsten Länder                                                       noch besorgniserregender: Im Jahr 2011 sank die                  lungshilfe
bislang von Entwicklungshilfe profitiert haben. In                                                gesamte Entwicklungshilfe real um 3% – es ist                    für Bildung
neun Ländern, alle in Subsahara-Afrika, finanzieren                                               das erste Mal seit 1997, dass die Entwicklungshilfe              stagniert
Geber mehr als ein Viertel der öffentlichen Ausgaben                                              insgesamt gekürzt wurde. Hauptsächlich als                       seit 2010.
für Bildung. In Mosambik beispielsweise ging die                                                  Folge des andauernden Konjunkturabschwungs
Zahl der Kinder, die keine Schule besuchen, von                                                   in reichen Ländern wurden Entwicklungshilfe-
1,6 Millionen im Jahr 1999 auf weniger als 0,5 Millio­                                            Etats als Teile von Sparpaketen gekürzt. In 14 von
nen im Jahr 2010 zurück. Während der meisten Zeit                                                 23 Ländern des OECD-Entwicklungsausschusses
wurden bis zu 42% des gesamten Bildungsbudgets                                                    (OECD-DAC) ist der Anteil des Volkseinkommens,
von Gebern finanziert.                                                                            der für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben
                                                                                                  wird, zwischen 2010 und 2011 gesunken. Einige der
                                                                                                  wichtigsten Geberländer reduzieren nicht nur ihre
Ist das Maximum an internationaler                                                                gesamten Entwicklungshilfebudgets, sondern planen,
Unterstützung erreicht?                                                                           Bildung auch weniger Priorität einzuräumen, zum
                                                                                                  Beispiel die Niederlande.
Im Jahr 2010 stagnierte die internationale
Entwicklungshilfe für Bildung bei 13,5 Milliarden                                                 Es zählt aber nicht allein der Umfang der Entwick­
US-Dollar. Von dieser Summe wurden 5,8 Milliarden                                                 lungshilfe. Ebenso wichtig ist, dass das Geld effektiv
US-Dollar für Grundbildung verwendet. Das ist                                                     investiert wird. Von den 13 Zielen, die vom OECD-
zwar fast doppelt so viel wie noch 2002/2003,                                                     Entwicklungsausschuss im Jahr 2005 festgehalten
aber nur 1,9 Milliarden US-Dollar wurden für                                                      wurden – in der Erklärung von Paris über die
Grundbildung in Ländern mit geringem Einkommen                                                    Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit –,
zur Verfügung gestellt. Das reicht nicht aus, um die                                              konnte nur eines bis zur vereinbarten Frist im Jahr
Finanzierungslücke von 16 Milliarden US-Dollar zu                                                 2010 erreicht werden. Es besteht immer noch großer
schließen, mit der sich diese Länder konfrontiert                                                 Bedarf an mehr und besser verteilten Mitteln für viele
sehen. Die finanzielle Hilfe für die Grundbildung in                                              der ärmsten Länder.
Ländern mit geringem Einkommen wurde im Jahr
2012 nur um 14 Millionen US-Dollar erhöht.

Abb. 3: Die Entwicklungshilfe für Bildung stagniert seit 2010
Gesamte Entwicklungshilfe für Bildung, 2002 bis 2010

                                                        14                                                           13,4     13,5       Gesamte
                                                                                                                                         Entwicklungshilfe für
                                                        12
                                                         12                                      11,6       11,5                         Postsekundarbildung
               Milliarden US-Dollar (Preise von 2010)

                                                                                          10,6
                                                                                   9,6                                                   Gesamte
                                                        10
                                                                                                                                         Entwicklungshilfe für
                                                                            8,6
                                                                     8,3                                             5,3      5,3        Sekundarbildung
                                                         8
                                                              6,9                                5,0        4,7                          Gesamte
                                                         66                               4,8                        2,4      2,3        Entwicklungshilfe für
                                                                                   4,4                      1,9
                                                                            4,0                  1,8                                     Grundbildung
                                                                     4,1           1,2    1,6
                                                         4    3,1
                                                                     1,1    1,3
                                                              1,0
                                                         2

                                                         00   2,8    3,1    3,4    4,0    4,3    4,8        4,9      5,8      5,8
                                                              2002   2003   2004   2005   2006   2007       2008     2009     2010

Quelle: OECD-DAC, zitiert in: EFA Global Monitoring Report 2012, Abb. 2.3, S. 148.

                                                                                                                                                                          11
Ku r z fa ss u n g   W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2

                     Den „Ressourcenfluch“ in einen                             Schätzung zufolge lag der Beitrag privater Gelder
                     Segen für Bildung verwandeln                               in Entwicklungsländern zwischen 2008 und 2010
                                                                                durchschnittlich bei mehr als 50 Milliarden US-Dollar
                     Eine der frappierendsten Paradoxien in der Entwick­        – dem stehen 120 Milliarden US-Dollar öffentlicher
                     lung von Ländern ist der „Ressourcenfluch“: Länder         Entwicklungshilfe gegenüber. Der Großteil der
                     mit großen Vorkommen an nicht-erneuer­baren                privaten Gelder fließt in den Gesundheitssektor. Für
                     Ressourcen wie Öl und Mineralien haben häufig ein          den Bildungsbereich, so das Ergebnis einer neuen
                     geringeres Wirtschaftswachstum als ressourcenarme          Analyse des Weltbildungsberichts, werden jährlich
                     Länder. Viele von ihnen sind weit davon entfernt,          nur etwa 683 Millionen US-Dollar an privaten Geldern
                     die EFA-Ziele oder andere Entwicklungsziele zu             eingesetzt. Das entspricht lediglich 5% der Mittel, die
                     erreichen. Oft entstehen bewaffnete Konflikte um die       die Mitglieder des OECD-Entwicklungsausschusses
                     Bodenschätze, wie in Liberia und Sierra Leone, oder        OECD-DAC für Bildung bereitstellen.
                     die Erträge werden, wie im Tschad, für militärische
                     Zwecke verwendet. Dabei könnten die Erträge aus            Mehrere Stiftungen und Unternehmen haben
                     Bodenschätzen vielen Ländern helfen, die EFA-Ziele         erfolgreiche und oft innovative Bildungsmaßnahmen
                     zu erreichen, wenn sie dem Staatshaushalt zugeführt        durchgeführt, zum Beispiel in der frühkindlichen
                     und effektiv verwendet würden. Botswana beispiels­         Förderung, der Grundschul- und der Berufsbildung.
                     weise hat dank Einnahmen aus Diamantenvorkommen            Allerdings ist der Erfolg solcher Programme oft
                     in den letzten Jahrzehnten nicht nur universelle           nicht leicht zu messen, da häufig nicht genügend
                     Grundschulbildung, sondern auch im Sekundarbereich         Informationen oder Evaluierungsergebnisse bereit­
                     eine Einschulungsrate von 82% erreicht.                    gestellt werden. Das Engagement für EFA-Aktivitäten
                                                                                gibt Unternehmen die Möglichkeit, politische
                                                                                Entscheidungen in ihrem Geschäftsinteresse zu
                     Das Potenzial des Privatsektors nutzen                     beeinflussen. Private Initiativen sollten genauso
                                                                                gründlich geprüft werden wie die von öffentlichen
                     Zusätzlich rückt der Privatsektor als alternative          Gebern, um zu verhindern, dass wirtschaftliche
                     Finanzquelle immer mehr in den Fokus. Einer                Interessen über Bildungsziele gestellt werden.

                        Ernte von Kaffeekirschen,
                        Bukayu, Demokratische
                        Republik Kongo

                                                                                                                                     © Tim Dirven / Panos

       12
Kompetenzen Jugendlicher stärken –
Vorbereitung auf die Arbeitswelt

J
      unge Menschen brauchen Kompetenzen,                   den arabischen Staaten sowie in Süd- und Westasien
      die sie für das Berufsleben befähigen.                ist etwa die Hälfte der Bevölkerung jünger als 25.
      Der Weltbildungsbericht unterscheidet                 Allein in Entwicklungsländern lebten 2010 mehr als
      drei Arten von Kompetenzen:                           1 Milliarde junger Menschen zwischen 15 und 24
                                                            Jahren. Es gibt allerdings bei weitem nicht genug
                                                            Arbeitsplätze für sie – einer von acht Menschen in der   Es gibt heute
 Basisfertigkeiten:                                         genannten Altersgruppe ist arbeitslos.                   mehr junge
                                                                                                                     Menschen
 Grundlegende Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeiten,
                                                            Allein um zu verhindern, dass die Arbeitslosigkeit in    als je zuvor.
 die notwendig sind, um eine Existenz sichernde Arbeit zu
                                                            den arabischen Staaten, in Süd- und Westasien sowie
 finden. Sie sind Voraussetzung für weitere Bildung sowie
                                                            in Subsahara-Afrika steigt, müssen 57 Millionen zu­
 den Erwerb von Schlüsselkompetenzen und beruflichen
                                                            sätzliche Arbeitsplätze bis zum Jahr 2020 geschaffen
 Kompetenzen, die die Aussichten auf einen guten
                                                            werden. Das allein wird das Problem jedoch nicht
 Arbeitsplatz erhöhen.
                                                            lösen: Zuerst müssen die Regierungen die enormen
                                                            Kompetenzdefizite bei jungen Menschen angehen.
 Schlüsselkompetenzen:

 Diese übertragbaren Kompetenzen beinhalten die             Vielen jungen Menschen fehlen
 Fähigkeiten, Probleme zu lösen, Ideen und Informationen    notwendige Basisfertigkeiten
 zu kommunizieren, kreativ zu sein und gewissenhaft
 zu arbeiten. Außerdem werden Führungsqualitäten            Um auf das Berufsleben vorbereitet zu sein, brauchen
 und unternehmerische Fähigkeiten darunter gefasst.         junge Menschen Basisfertigkeiten, die sie durch eine
 Diese Kompetenzen sind notwendig, um sich an
                                                            Schulausbildung mindestens des Sekundarbereichs
 unterschiedliche Arbeitsumgebungen anpassen zu
                                                            I erwerben können. Aber in 30 von 59 Ländern, für
 können und somit die Chancen auf ein langfristiges,
                                                            die der Weltbildungsbericht in entsprechenden
 einträgliches Arbeitsverhältnis zu verbessern.
                                                            Analysen Daten erhoben hat, verfügt mindestens die
                                                            Hälfte aller 15- bis 19-Jährigen nicht über solche
 Berufliche Kompetenzen:                                    Basisfertigkeiten. Die Gründe dafür sind vielfältig:
                                                            Die Jugendlichen haben entweder noch nie eine
 Viele Berufe verlangen spezifische Kenntnisse, von         Schule besucht, brechen die Schule vor dem Ab­
 Techniken des Gemüseanbaus über das Bedienen einer         schluss der Primarstufe ab oder besuchen im Alter
 Nähmaschine bis zur Nutzung eines Computers.               von 15 bis 19 Jahren immer noch die Grundschule.

                                                            Armut ist eines der Hindernisse für Bildung. Viele
Es gibt heute mehr junge Menschen als je zuvor              Kinder und Jugendliche besuchen keine Schule, weil
und in manchen Teilen der Welt steigt ihre                  sie stattdessen arbeiten müssen. Nach Schätzungen
Zahl besonders rasch an. Etwa einer von sechs               übten 115 Millionen 5- bis 17-Jährige im Jahr 2008
Menschen weltweit ist zwischen 15 und 24 Jahre alt.         eine als gefährlich eingestufte Beschäftigung aus.
Überproportional vertreten ist diese Altersgruppe           In den meisten armen Ländern ist es für Mädchen
in einigen der ärmsten Länder der Welt. Etwa zwei           unwahrscheinlicher, sich Basisfertigkeiten aneignen
Drittel der Afrikaner sind unter 25. Im Jahr 2030           zu können als für Jungen. Wo junge Menschen leben,
werden dreieinhalb Mal so viele junge Menschen in           hat ebenfalls Einfluss auf ihre Bildungschancen; dies
Subsahara-Afrika leben wie im Jahr 1980. Auch in            wird durch Geschlechterdisparität verschärft. Junge

                                                                                                                           13
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                                                                                                        aber durch qualitativ hochwertige Bildung vermittelt
                        Kursthema                                                                       werden. Arbeitgeber beklagen jedoch häufig, dass
                        Reparatur                                                                       Berufsanfängern diese Fähigkeiten fehlen.
                        elektrischer
                        Geräte, Badulla,
                        Sri Lanka                                                                       Viele junge Leute sind mit einem schwierigen
                                                                                                        Übergang von der Schule ins Arbeitsleben konfron­
                                                                                                        tiert. Besonders in reichen Ländern sehen manche
                                                                                                        Jugendliche nach der Schule einer langen Zeit der
                                                                                                        Arbeitslosigkeit entgegen. Etwa 13% der jugend­
                                                                                                        lichen Weltbevölkerung waren 2011 arbeitslos,
                                                                                                        das sind 75 Millionen junge Menschen und damit
                                                                                                        fast 4 Millionen mehr als vor dem Beginn der
                                                                                                        Wirtschaftskrise im Jahr 2007. Im Durchschnitt sind
                                                                                                        die Arbeitslosenquoten bei Jugendlichen zwei- bis
                                                                                                        dreimal so hoch wie bei Erwachsenen.

                                                                                                        Arbeitslosenzahlen allein beschreiben aber nicht
                                                                                                        das ganze Problem. Viele junge Menschen haben
                                                                                                        aufgehört, nach Arbeit zu suchen, weil sie nicht
                                                                                                        daran glauben, eine Tätigkeit zu finden. Die Mehrheit

                                                                                ©Sven Torfinn / Panos
                                                                                                        von ihnen sind Frauen. Bezöge man die Menschen,
                                                                                                        die entmutigt sind, in die Statistiken ein, würden
                                                                                                        die Arbeitslosenquoten bei Jugendlichen deutlich
                                                                                                        ansteigen. In Kamerun beispielsweise wäre die Quote
                                                                                                        doppelt so hoch wie bisher.

                     Frauen in ländlichen Gebieten haben die geringsten                                 Viele junge Leute sind außerdem gezwungen,
                     Chancen, sich Basisfertigkeiten aneignen zu können.                                unsichere und schlecht bezahlte Jobs mit langen
                                                                                                        Arbeitszeiten anzunehmen. Weltweit verdienen
                     Die Notwendigkeit, denjenigen jungen Menschen,                                     geschätzt 152 Millionen junge Menschen – das
                     denen Basisfertigkeiten fehlen, eine zweite Chance                                 sind 28% aller jungen Arbeitenden – weniger als
                     zu geben, sich diese anzueignen, ist größer als viele                              1,25 US-Dollar am Tag. In Ländern wie Burkina
                     Regierungen erkennen: In 123 Ländern mit niedrigem                                 Faso, Kambodscha, Äthiopien und Uganda kommt
                     und mittlerem Einkommen haben etwa 200 Millionen                                   es wesentlich häufiger vor, dass junge Menschen
                     junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren keine                                     arbeiten und trotzdem unterhalb der Armutsgrenze
                     abgeschlossene Grundschulbildung. Das entspricht                                   leben, als dass sie gar nicht arbeiten.
                     etwa einem von fünf jungen Menschen; 58% davon
                     sind Frauen. Der Großteil der Jugendlichen, die über
                     keine Basisfertigkeiten verfügen, lebt in Süd- und                                 Investition in Kompetenzen
                     Westasien (91 Millionen) und Subsahara-Afrika                                      als Schlüssel zum Wohlstand
                     (57 Millionen). Vor allem Nichtregierungsorganisa­
                     tionen bieten weltweit innovative Programme an, die                                Kompetenzentwicklung ist nötig, um Arbeitslosigkeit,
                     Jugendlichen eine zweite Chance auf den Erwerb                                     Ungleichheit und Armut zu reduzieren und Wachstum
                     von Basisfertigkeiten bieten. Doch sind diese nur                                  zu fördern. Darüber hinaus ist dies eine kluge
                     ein Tropfen auf den heißen Stein, da sie zu wenige                                 Investition – aus jedem US-Dollar, der für Bildung
                     Jugendliche erreichen.                                                             ausgegeben wird, kann ein Wirtschaftswachstum von
                                                                                                        10 bis 15 US-Dollar generiert werden. Wenn in 46
                                                                                                        der ärmsten Länder der Welt 75% mehr 15-Jährige
                     Schlüsselkompetenzen und Übergang                                                  auch nur die unterste OECD-Kompetenzstufe in
                     von der Schule zur Arbeitswelt                                                     Mathematik erreichen würden, könnte die Wirt­schaft
                                                                                                        um 2,1% wachsen und es könnten damit 104 Millionen
                     Arbeitgeber wollen sicher sein, dass Bewerber gute                                 Menschen aus extremer Armut befreit werden.
                     Basisfertigkeiten haben und ihr Wissen lösungs­
                     orientiert einsetzen, dass sie teamfähig und kommuni­                              Obwohl erwiesen ist, wie wichtig Investitionen in
                     kativ sind – kurzum, Schlüsselkompetenzen besitzen,                                Kompetenzentwicklung sind, haben diese immer noch
                     die man aus keinem Lehrbuch lernen kann, die                                       nicht genug Priorität. Zu wenige arme Länder, vor

       14
W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2   Ku r z fa ss u n g

Wege der Kompetenzentwicklung

 berufliche Kompetenzen

 Schlüsselkompetenzen

 Basisfertigkeiten

                                                         BE
                                                     -     RU
                                                  AR         FSP
                                              U ND II            R
                                           SEK EICH           TRA AKTI
                                                                 INI SCH
                                            BER                     NG ES

                                       -
                                     AR
                                 U ND I
                              SEK EICH
                               BER
                                                                                  ZW
                                                                                    EIT
                                                                                       EC
                                                                                         HA
                                                                                           NC
                        UFE                                                                  E
                    ARST
                  IM
                PR

                                                                                                                           15
Ku r z fa ss u n g                                                       W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2

                                                                         allem solche, in denen viele junge Menschen leben,                                               würde allein 8 Milliarden US-Dollar im Jahr
                                                                         haben bislang politische Strategien zur Förderung                                                kosten – zusätzlich zu den 16 Milliarden US-Dollar,
                                                                         von Kompetenzen entwickelt. Sind entsprechende                                                   die benötigt werden, um bis 2015 universelle
                                                                         Strategien vorhanden, sind sie häufig bruchstückhaft,                                            Grundschulbildung zu erreichen.
                                                                         schlecht koordiniert und nicht ausreichend auf den
                                                                         Bedarf des Arbeitsmarkts ausgerichtet.                                                           Ungefähr 3 Milliarden US-Dollar wurden von
                                                                                                                                                                          Gebern im letzten Jahr für Kompetenzentwicklung
                                                                         Der Bereich der Kompetenzentwicklung muss auch                                                   ausgegeben, davon wurden 40% für die formale
Allen                                                                    von Gebern mehr bedacht werden:                                                                  Sekundarbildung und die Berufsbildung aufgewendet.
Jugendlichen                                                                                                                                                              Manche Geber räumen diesem Bereich eine
eine Bildung                                                             n Nationale Programme, die sicherstellen, dass                                                   besondere Priorität ein. Deutschland steht hier an
                                                                               alle Jugendlichen mindestens bis zum Ende der                                              der Spitze, gefolgt von der Weltbank, Frankreich und
der unteren
                                                                               unteren Sekundarstufe eine Schule besuchen                                                 Japan.
Sekundarstufe
                                                                               können, müssen unterstützt werden;
zu ermög­                                                                                                                                                                 Auch die Unterstützung von Hochschulbildung
lichen, würde                                                            n Programme sollten gefördert werden,                                                            kann unter bestimmten Umständen eine wichtige
8 Milliarden                                                                   die denjenigen Jugendlichen eine zweite                                                    Rolle beim Aufbau von Kapazitäten spielen, doch
US-Dollar im                                                                   Chance bieten, die nicht die Möglichkeit                                                   erreicht sie die Entwicklungsländer nur selten.
Jahr kosten.                                                                   hatten, grundlegende Schreib-, Lese- und                                                   2012 sollten die Länder des OECD-DAC erstmals
                                                                               Rechenfertigkeiten zu erwerben;                                                            denjenigen Anteil der direkten Entwicklungshilfe
                                                                                                                                                                          für Postsekundarbildung ausweisen, der aus
                                                                         n Trainingsprogramme speziell für benachteiligte                                                 Stipendien und berechneten Studienplatzkosten6
                                                                               Jugendliche müssen geschaffen werden, um                                                   bestand. Etwa drei Viertel der Entwicklungshilfe
                                                                               deren Chancen auf ein angemessenes Einkommen                                               fiel in diese Kategorie, ca. 3,1 Milliarden US-
                                                                               zu erhöhen.                                                                                Dollar. In Japan gingen im Jahr 2010 fast 40%
                                                                                                                                                                          der direkten Entwicklungshilfe für Bildung in
                                                                         Diese Ansätze erfordern jedoch mehr und gezielter                                                Stipendien für ausländische Studierende in Japan
                                                                         eingesetzte Gelder. Allen Jugendlichen eine                                                      selbst. Das Geld, das nötig ist, um einem einzigen
                                                                         Bildung der unteren Sekundarstufe zu ermöglichen,                                                nepalesischen Studenten ein stipendienfinanziertes
                                                                                                                                                                          Studium in Japan zu ermöglichen, würde reichen,
                                                                                                                                                                          um in Nepal 229 jungen Menschen Zugang zu
            Abb. 4: Im Falle mancher Geberländer verlässt ein großer Teil der Entwicklungshilfe                                                                           Sekundarschulbildung zu verschaffen. Deutschlands
            niemals das Land                                                                                                                                              Aufwendungen für Stipendien und berechnete
            Die Top 4 derjenigen Geberländer, welche in der direkten Entwicklungshilfe für Bildung die höchsten                                                           Studienplatzkosten waren im Jahr 2010 fast elfmal
            Summen für Stipendien und berechnete Studienplatzkosten aufwenden, 2010                                                                                       so hoch wie die direkte Entwicklungshilfe für
                                                                                                                                                                          allgemeine Sekundarschulbildung und Berufsbildung
                                                            100                                                                                                           in Entwicklungsländern. In Frankreich lagen die
                                                                  1,071 Mrd.            172 Mio.           79 Mio. US-Dollar
                                                                  US-Dollar             US-Dollar                                                                         Aufwendungen für Stipendien und berechnete
      Anteil an den Aufwendungen für Bildung (in Prozent)

                                                            90                                                                                           103 Mio.
                                                                  2,039 Mrd.
                                                                                                                                   392 Mio.
                                                                                                                                                         US-Dollar        Studienplatzkosten im selben Jahr viermal höher
                                                            80    US-Dollar
                                                                                                                                   US-Dollar                              als die für allgemeine Sekundarschulbildung und
                                                            70                                                 923 Mio.
                                                                                        887 Mio.               US-Dollar                                                  Berufsbildung.
                                                            60                          US-Dollar
                                                            50                                                                                                            Auch neue Geberländer wie Brasilien, China
                                                            40                                                                                                            und Indien sowie die Privatwirtschaft müssten
                                                            30                                                                                                            mehr in die Entwicklung von Kompetenzen
                                                            20                                                                                                            investieren. Denn sie profitieren besonders von
                                                            10
                                                                                                                                                                          gut ausgebildeten Arbeitnehmern, die Produktivität
                                                                                                                                                                          und Wettbewerbsfähigkeit steigern können.
                                                             0
                                                                   Gesamt              Deutschland             Frankreich           Japan                Kanada           Dies zeigen Industrien in Deutschland und der
                                                                                                                                                                          Schweiz, die Ausbildungsplätze für Jugendliche
                                                                  Grundbildung           Sekundarbildung           Postsekundarbildung         Nicht näher spezifiziert
                                                                                                                                                                          bereitstellen.
                                                                  berechnete Studienplatzkosten für ausländische Studierende    Stipendien für ausländische Studierende

            Anmerkung: Diese Darstellung bildet nur die direkte Entwicklungshilfe für Bildung ab. Sie berücksichtigt nicht
            Entwicklungshilfe für Bildung aus Budgethilfe.
            Quelle: OECD-DAC, zitiert in: EFA Global Monitoring Report 2012, Abb. 4.5, S. 219.                                                                            6 Es handelt sich um berechnete Kosten im Inland für Studienplätze von Studierenden
                                                                                                                                                                            aus Entwicklungsländern, die als Entwicklungshilfe für die Herkunftsländer der
                                                                                                                                                                            Studierenden gezählt werden.

                                             16
W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2                     Ku r z fa ss u n g

Sekundarbildung ebnet den Weg                                                    Sekundarbildung besser an die
ins Berufsleben                                                                  Erfordernisse der Arbeitswelt anpassen

Qualitativ hochwertige Sekundarbildung, die eine                                 Sekundarbildung sollte auf Basisfertigkeiten auf­
größtmögliche Spanne an Fähigkeiten, Interessen                                  bauen und allen Jugendlichen die gleichen Möglich­
und Hintergründen anspricht, ist nicht nur                                       keiten bieten, sich Schlüsselkompetenzen und
unabdingbar, um jungen Menschen den Einstieg                                     berufliche Kompetenzen anzueignen. Ein abge­
in die Arbeitswelt zu erleichtern. Sie ist ebenfalls                             stimmter Lehrplan im Sekundarbereich I trägt dazu
unerlässlich für Volkswirtschaften, die nur mit                                  bei, allen Kindern die gleichen Chancen zu bieten,
einer gut ausgebildeten Arbeitnehmerschaft in der                                ihre Basisfertigkeiten zu festigen. Im Sekundar­
heutigen technologiegetriebenen Welt mithalten                                   bereich II8 müssen Jugendliche Schlüssel­kompeten­
können.                                                                          zen und spezifische berufsrelevante Kenntnisse
                                                                                 erwerben, damit der Übergang von der Schule zum
Weltweit besuchen aber 71 Millionen Jugendliche                                  Beruf vereinfacht wird. Die Bedürfnisse des lokalen
keine Schule. Sogar in Ländern, in denen die                                     Arbeitsmarktes müssen dabei berücksichtigt werden.
Einschulungsraten insgesamt hoch sind, verlässt
eine signifikante Anzahl der Schüler die Schule                                  Leistungsschwache Schüler in Berufsbildung zu drän­
ohne Abschluss. In Spanien bricht einer von drei                                 gen, kann dazu führen, dass soziale Ungleichheiten
Jugendlichen die Sekundarschule ab, was angesichts                               zementiert werden und das Ansehen der Berufsbildung
des Ausmaßes der Wirtschaftskrise und einer                                      bei Arbeitsgebern sinkt. Die PISA-Studie aus dem
Jugendarbeitslosenquote von 51% (März 2012) Grund                                Jahr 2009 zeigt, dass in 18 von 22 Ländern Schüler
zur Sorge bietet. Alle Länder müssen der Relevanz                                in berufsbildenden Schulen im Durchschnitt einen
von Sekundarbildung für die Arbeitswelt größere                                  niedrigeren sozio-ökonomischen Status hatten als ihre
Aufmerksamkeit widmen.                                                           Altersgenossen in allgemeinbildenden Schulen.

Regierungen weltweit müssen Reformen durch-                                      Erfahrungen aus OECD-Ländern lassen darauf
führen, um die Hindernisse für den Besuch einer                                  schließen, dass Einschulungs- und Abschlussquoten
Sekundar­schule aus dem Weg zu räumen:                                           steigen können, wenn berufsbildende Fächer zu­
                                                                                 sammen mit allgemeinbildenden Fächern gelehrt
n Der Besuch einer Sekundarschule darf keine                                     werden und besser auf den Arbeitsmarkt zuge­
    Frage des Geldes sein; Schulgebühren, seien sie                              schnitten sind. Es kann außerdem zum Vorteil aller
    direkt                                                                       Schüler sein, wenn das Curriculum im Sekundar­
    oder indirekt, treffen Jugendliche aus armen                                 bereich II in Bezug auf die Fächerwahl flexibler
    Haushalten besonders hart und halten sie vom                                 gestaltet wird und wenn es möglich bleibt, doch noch
    Schulbesuch ab.                                                              einen anderen Bildungsweg weiterzuverfolgen.

n Häufig liegen Sekundarschulen in städtischen
    Räumen, was den Schulweg für Jugendliche                                     Verbindung zwischen Schule
    aus ärmeren, ländlich gelegenen Haushalten                                   und Arbeitswelt stärken
    unbezahlbar machen kann.
                                                                                 Schulabgänger hören häufig, sie seien für eine
n Soziale, kulturelle und wirtschaftliche Hindernisse,                           Arbeitsstelle nicht geeignet, weil ihnen die Berufs­
    wie etwa eine frühe Heirat, können Mädchen vom                               erfahrung fehle. Die Verbindung von Schulunterricht
    weiteren Schulbesuch abhalten. Mutterschaft                                  mit berufspraktischen Programmen durch Praktika
    verkürzt die Schulbildung vieler junger Frauen und                           oder Ausbildungen kann jungen Menschen helfen,
    stellt ein großes Hindernis für den Wiedereintritt                           praktische Problemlösungsfähigkeiten zu erwerben
    in die Schullaufbahn dar. In Subsahara-Afrika,                               und wichtige Fertigkeiten für den Arbeitsalltag ein­
    Lateinamerika und Südasien7 ist mehr als eines                               zuüben. Ausbildungsmodelle haben sich in manchen
    von zehn Mädchen zwischen 15 und 19 schwanger                                Kontexten als besonders erfolgreich erwiesen. Das
    oder bereits Mutter. In einzelnen Ländern wie                                deutsche duale Ausbildungsmodell kombiniert
    Bangladesch, Liberia oder Mosambik sind es bis                               beispielsweise eine strukturierte Ausbildung in einem
    zu 30% der Mädchen.                                                          Betrieb mit Teilzeitunterricht an einer Berufsschule.

7 Folgende Länder fallen unter den Begriff Südasien: Afghanistan, Bangladesch,   8 Der Sekundarbereich II entspricht dem Level 3 (upper secondary education) der
  Bhutan, Indien, Malediven, Nepal, Pakistan, Sri Lanka.                           Internationalen Standard-Klassifikation des Bildungswesens ISCED.

                                                                                                                                                                          17
Ku r z fa ss u n g   W e lt b e r i c h t B i l d u n g f ü r A l l e 2 0 1 2

                                                                                                              und Community Training Centres, müssen

                                                                                © Mikkel Ostergaard / Panos
                        Computerkurs in                                                                       sorgfältig an die Anforderungen des lokalen
                        Kampala, Uganda                                                                       Arbeitsmarkts angepasst und durch langfristige
                                                                                                              Finanzierungszusagen abgesichert werden. Überdies
                                                                                                              müssen die erworbenen Kompetenzen auch formal
                                                                                                              von Arbeitsgebern anerkannt werden. Nationale
                                                                                                              Qualifikationsrahmen können Arbeitgeber über den
                                                                                                              Bildungsstand derjenigen Jugendlichen informieren,
                                                                                                              die alternative Bildungswege eingeschlagen
                                                                                                              haben.

                                                                                                              Vielen armen Stadtbewohnern
                                                                                                              fehlen Basisfertigkeiten

                                                                                                              Die rasante Urbanisierung hat zu einer beträcht-
                                                                                                              lichen Armut in den Städten geführt, die sich in der
                                                                                                              Ausbreitung von Slums und illegalen Siedlungen
                                                                                                              manifestiert. Einer von drei Stadtbewohnern weltweit
                                                                                                              lebt inzwischen in einem Slum, in Subsahara-Afrika
                     In Deutschland funktioniert dieses System aufgrund                                       sind es sogar zwei von drei Städtern. Das Ausmaß
                     strenger Regulierung und enger Zusammenarbeit                                            der Armut und der Bildungsmangel in Städten
                     zwischen Regierung, Arbeitgebern und Arbeitnehmern                                       werden häufig unterschätzt: Slumbewohner leben
                     sehr gut. Da Ausbildungen oft zu einer Anstellung                                        nicht zwangsläufig besser als die arme ländliche
                     führen, können sie junge Menschen auch dazu                                              Bevölkerung. Zwar sind Bildungsmöglichkeiten
                     motivieren, einen Schulabschluss zu erwerben.                                            in vielen Entwicklungsländern in städtischen
                                                                                                              Gegenden zahlreicher als auf dem Land, aber der
                     In ärmeren Ländern sind formale Ausbildungssysteme                                       Unterschied zwischen armen Städtern und der armen
                     schwerer umzusetzen. Solche Systeme basieren auf                                         Landbevölkerung hinsichtlich der Aneignung von
                     einem großen Maß an Vertrauen zwischen Regie­run­                                        Basisfertigkeiten ist nicht groß.
                     gen und Arbeitgebern, was in vielen Ländern mit
                     gerin­gem Einkommen und einem großen informellen                                         Der Mangel an Bildung und Kompetenzen innerhalb
                     Sektor nicht leicht zu finden ist. Dass es trotzdem                                      der armen städtischen Bevölkerung sorgt dafür,
Programme,
                     funktionieren kann, zeigt das Beispiel Ägyptens: Das                                     dass die Mehrheit informell in Klein- und Kleinst­
die eine zweite      Land hat das deutsche duale Modell an die eigenen                                        unternehmen ohne Geschäftsbücher, Rechtsstatus
Chance zum           Bedingungen angepasst, so spielen Wirtschaftsverbän­                                     und Regulierung arbeitet. Diese informelle Arbeit
Kompetenz-           de in Ägypten eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung                                 umfasst Tätigkeiten wie Müllsammeln, Straßen­
erwerb bieten,       von Ausbildungsplätzen. Ein Drittel der Absolventen                                      verkauf, Nähen, Autoreparaturen, landwirtschaftliche
sind dringend        fand direkt nach Abschluss ihrer Ausbildung eine                                         Tätigkeiten, Arbeit auf Baustellen und Kunsthand­
notwendig.           Stelle, und 40% führten ihren Bildungsweg fort.                                          werk. Häufig sind diese Tätigkeiten schlecht be­zahlt
                                                                                                              und unsicher. Oft werden sie unter schlechten
                                                                                                              Arbeitsbedingungen ausgeführt. Die Zahl der
                     Schulabbrechern Alternativen bieten                                                      Menschen, die weltweit in unsicheren und unge­
                                                                                                              regelten Arbeitsverhältnissen stehen, ist schwer zu
                     Viele Jugendliche brechen die Schule vor dem                                             messen. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO)
                     Abschluss der Sekundarschule ab, sogar in Ländern                                        schätzt, dass es etwa 1,53 Milliarden sind.
                     mit mittlerem und hohem Einkommen. Sie stammen
                     überproportional aus armen und benachteiligten                                           Programme, die der armen städtischen Bevölkerung
                     Haushalten. Gezielte Unterstützung ist notwendig,                                        eine zweite Chance geben, sich auf alternativen
                     damit diese Jugendlichen ihren Bildungsweg                                               Bildungswegen Basisfertigkeiten wie Lesen, Schrei­
                     fortsetzen können und so die notwendigen Qualifika­                                      ben und Rechnen anzueignen, sind dringend not­
                     tionen und Fertigkeiten erwerben, die sie für den                                        wendig. Eine potenziell effektive Methode, um die
                     Arbeitsmarkt benötigen.                                                                  Kompetenzentwicklung zu fördern, ist die Kombina­
                                                                                                              tion mit Mikrofinanzierung oder Sozialschutz­pro­
                     Alternative Ansätze, um Kompetenzen außerhalb der                                        grammen, mit denen die Teilnehmer kurzzeitig die
                     Sekundarschule zu erwerben, wie Fernunterricht                                           Einschränkungen der Armut überwinden können.

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