Mitteilung - zur Kenntnisnahme-Drucksache 18/1567 13.12.2018 - Abgeordnetenhaus von Berlin

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Drucksache 18/1567
                                                                           13.12.2018
18. Wahlperiode

Mitteilung – zur Kenntnisnahme –

Rehabilitierung und Ausgleich für in der DDR erlittene Verfolgung und Benachteiligung
Drucksachen 18/0248 Neu und 18/0693 – Schlussbericht –
Abgeordnetenhaus von Berlin   Seite 2   Drucksache 18/1567
18. Wahlperiode
Der Senat von Berlin
SenIAS – III A 3 RR 1
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An das
Abgeordnetenhaus von Berlin

über Senatskanzlei - G Sen -

Mitteilung

- zur Kenntnisnahme -

über

Rehabilitierung und Ausgleich für in der DDR erlittene Verfolgung und Benachteiligung

- Drucksachen Nrn. 18/0248 Neu und 18/0693 - Schlussbericht

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Der Senat legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:

Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 14. Dezember 2017 Folgendes beschlos-
sen:

„Der Senat wird aufgefordert, eine oder mehrere Bundesratsinitiativen zur Novellierung der
SED-Unrechtsbereinigungsgesetze und des Bundesversorgungsgesetzes auf den Weg zu
bringen.

Dabei geht es konkret um folgende Ziele:

    •    Anpassung der Opferrente und der Ausgleichsleistungen nach § 8 BerRehaG an die
         Inflation,
    •    Erweiterung der Ausgleichsleistungen für verfolgte Schüler nach § 8 BerRehaG,
    •    Ausweitung der Ausgleichsleistungen für Opfer von Zersetzungsmaßnahmen des
         MfS analog dem § 8 BerRehaG,
    •    Beweiserleichterung bei der Anerkennung gesundheitlicher Folgeschäden von politi-
         scher Verfolgung,
    •    Streichung der Frist für das Auslaufen der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze.

Dem Abgeordnetenhaus ist bis Ende Dezember 2017 zu berichten.“

Hierzu wird folgender Schlussbericht vorgelegt:

In Ergänzung zu dem ersten Zwischenbericht vom 3. Januar 2018 und dem zweiten Zwi-
schenbericht vom 17. Mai 2018 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zu
den Drucksachen Nrn. 18/0248 Neu und 18/0693 wird berichtet, dass die Bundesratsverfah-
ren zur Umsetzung des Beschlusses des Abgeordnetenhauses vom 6. April 2017 (Drucksa-
chen 18/0248 Neu und 18/0693) und des Beschlusses des Landtages Brandenburg vom 16.
November 2017 (Drucksache 6/7585) zum Abschluss gebracht werden konnten.
2
Das Abgeordnetenhaus hatte in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2017 fünf Ziele formu-
liert. Das Land Berlin hat zur Umsetzung dieses Beschlusses zwei Bundesratsinitiativen er-
griffen, die abgeschlossen wurden (Bundesrats-Drucksache 743/17 (Beschluss) vom 2. Feb-
ruar 2018; Bundesrats-Drucksache 316/18 (Beschluss) vom 19. Oktober 2018).

Zur Verwirklichung der ersten vier vom Abgeordnetenhaus formulierten Ziele haben die Län-
der Berlin und Brandenburg gemeinsam mit dem Bundesland Thüringen einen Entschlie-
ßungsantrag zur Verbesserung der sozialen Lage anerkannter politisch Verfolgter durch No-
vellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze in den Bundesrat eingebracht (Bundesrat
Drucksache 316/18 vom 28. Juni 2018).

Dem Antrag sind die anderen neuen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und
Sachsen-Anhalt nach geringfügigen Änderungen in den Ausschussberatungen beigetreten.
Im Bundesratsplenum am 19. Oktober 2018 wurde die „Entschließung des Bundesrates zur
Verbesserung der sozialen Lage anerkannter politisch Verfolgter durch Novellierung der
SED-Unrechtsbereinigungsgesetze“ sodann einstimmig mit den Stimmen aller Bundesländer
gefasst (Bundesrats-Drucksache 316/18 (Beschluss)).

Das erste Ziel des Abgeordnetenhauses, eine „Anpassung der Opferrente und der Aus-
gleichsleistungen nach § 8 BerRehaG an die Inflation“ auf den Weg zu bringen, ist durch
Punkt f der Entschließung des Bundesrats vom 19. Oktober 2019 erreicht, die lautet: „eine
Dynamisierung der Ausgleichsleistungen nach § 8 BerRehaG und § 17a StrRehaG vorzuse-
hen“. Hierbei ist anstelle des der Begrifflichkeit „Anpassung an die Inflation“ das Wort „Dy-
namisierung“ gewählt worden, um weitere Möglichkeiten der Anpassung zu ermöglichen,
beispielsweise ein Anknüpfen an die Rechengrößen der Sozialversicherung.

Das zweite Ziel des Abgeordnetenhauses, eine „Erweiterung der Ausgleichsleistungen für
verfolgte Schüler nach § 8 BerRehaG“, auf den Weg zu bringen, ist durch Punkt b der Ent-
schließung des Bundesrats vom 19. Oktober 2019 erreicht, die lautet: „den gemäß § 3 Ber-
RehaG anerkannten verfolgten Schülerinnen und Schülern den Zugang zu Leistungen des §
8 BerRehaG zu eröffnen“.

Das dritte Ziel des Abgeordnetenhauses, eine „Ausweitung der Ausgleichsleistungen für Op-
fer von Zersetzungsmaßnahmen des MfS analog dem § 8 BerRehaG“ auf den Weg zu brin-
gen, ist durch Punkt a der Entschließung des Bundesrats vom 19. Oktober 2019 erreicht,
„Opfern von Zersetzungsmaßnahmen den Zugang zu Ausgleichsleistungen zu eröffnen“.

Das vierte Ziel des Abgeordnetenhauses, eine „Beweiserleichterung bei der Anerkennung
gesundheitlicher Folgeschäden von politischer Verfolgung“ auf den Weg zu bringen, ist durch
Punkt g der Entschließung des Bundesrats vom 19. Oktober 2019 erreicht, „die „komplexen
Traumafolgestörungen“ auf Grund von politischer Verfolgung in der DDR bei der Feststellung
und Bewertung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden angemessener zu berück-
sichtigen“. Ursache hierfür ist, dass im Bereich der SED-Unrechtsbereinigung Probleme bei
der Beweisführung auftreten können, spezifisch bezüglich der „komplexen Traumafolge-
schäden“. Deshalb soll hier eine Erleichterung der Beweisführung erreicht werden.

Das fünfte Ziel des Abgeordnetenhauses, ein Bundesratsverfahren zur Streichung der Frist
für das Auslaufen der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze auf den Weg zu bringen, wurde
bereits durch den gemeinsamen Antrag der Länder Thüringen, Berlin, Brandenburg, Meck-
lenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt zur „Entschließung des Bundesrates
zur Entfristung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze“ erreicht, die der Bundesrat am 2.
Februar 2018 beschlossen hat (Bundesrats-Drucksache 743/17 (Beschluss)).
3

Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:

Bisher ist noch nicht sicher, ob die Bundesratsinitiativen tatsächlich in Gesetzgebungsverfah-
ren des Bundes münden und inwiefern diese dann in ihrer konkreten Ausgestaltung zu kos-
tenmäßigen Auswirkungen für das Land Berlin führen würden.

Wir bitten, den Beschluss damit als erledigt anzusehen.

Berlin, den 11. Dezember 2018

                                    Der Senat von Berlin

Michale M ü l l e r                            Elke B r e i t e n b a c h
Regierender Bürgermeister                      Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales
Bundesrat                                                             Drucksache                    743/17 (Beschluss)
                                                                      02.02.18

Beschluss
des Bundesrates

Entschließung des Bundesrates zur Entfristung der SED-
Unrechtsbereinigungsgesetze

Der Bundesrat hat in seiner 964. Sitzung am 2. Februar 2018 die aus der Anlage
ersichtliche Entschließung gefasst.

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                                                  ISSN 0720-2946
Drucksache    743/17 (Beschluss)

                                                   Anlage

Entschließung des Bundesrates zur Entfristung der SED-
Unrechtsbereinigungsgesetze

1. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die rechtlichen Voraussetzungen für
   eine Aufhebung der Antragsfristen in den Gesetzen zur Rehabilitierung von Op-
   fern politischer Verfolgung in der DDR zu schaffen.

2.   Zusätzlich soll die Überprüfung des in § 20 Absatz 1 Nummer 6 und § 21 Ab-
     satz 1 Nummer 6 Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) genannten Personenkreises
     auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für den Staatssicherheits-
     dienst der DDR dauerhaft ermöglicht werden.

3.   Die zur Durchführung der Rehabilitierungsverfahren benötigten und gemäß
     § 64a Absatz 1 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) gespeicherten Eintragun-
     gen und Eintragungsunterlagen aus dem ehemaligen Strafregister der DDR
     sollen durch Aufhebung der Frist in § 64b Absatz 1 Satz 1 BZRG erhalten
     werden.

          Begründung:
          Zu Nummer 1
          Zur Rehabilitierung von Opfern politischer Verfolgung in der DDR hat der
          Bundesgesetzgeber ein umfängliches - zweistufiges - System von Maßnahmen
          geschaffen: Die Feststellung und damit zugleich Aufhebung einer rechtsstaatli-
          chen Grundsätzen widersprechenden staatlichen Verfolgung sowie nachfolgend
          die Gewährung von letztlich sozialstaatlichen Aspekten geschuldeten Aus-
          gleichsleistungen.
Drucksache 743/17 (Beschluss)           -2-

         Die Antragstellung nach den drei Gesetzen zur Rehabilitierung von SED-
         Unrecht - Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), Verwaltungs-
         rechtliches Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) und Berufliches Rehabilitie-
         rungsgesetz (BerRehaG) ist nur bis zum 31. Dezember 2019 beziehungsweise
         bis zum 31. Dezember 2020 für Leistungen nach dem Zweiten und Dritten Ab-
         schnitt des BerRehaG möglich. Die Bundesregierung hatte die Fristenregelung
         seinerzeit als ausgewogenen Kompromiss zwischen dem Bedürfnis der Ver-
         waltungen der Länder nach Planungssicherheit einerseits und dem Anspruch
         der Betroffenen auf materielle Gerechtigkeit andererseits befürwortet.
         Die derzeit geregelten Fristen lassen sich mit drei Aspekten begründen, zum
         einen mit der von der Bundesregierung vertretenen Position, zum anderen mit
         der Annahme, dass nach den geltenden Zeitpunkten aus tatsächlichen Gründen
         gar keine Anträge mehr erwartet werden könnten. Schließlich können die An-
         tragsfristen mit dem allgemeinen Interesse an der Schaffung eines Rechtsfrie-
         dens gerechtfertigt werden, wie es in vielen Rechtsgebieten in Gestalt von Ver-
         jährungs- beziehungsweise Verwirkungstatbeständen oder auch Antragsfristen
         zur Geltung kommt.
         Dem gegenüber steht hier jedoch das Interesse des berechtigten Personenkrei-
         ses an einem Ausgleich staatlich verschuldeten Unrechts. Die letzten Jahre ha-
         ben gezeigt, dass viele Opfer und Betroffene erst langsam die Fähigkeit erlan-
         gen, über das vor 1990 in der DDR erlittene Unrecht zu sprechen und sich mit
         Fragen der Rehabilitierung und ihnen möglicherweise zustehenden Leistungen
         auseinanderzusetzen. Dem steht entgegen, dass die Antragstellung auf straf-
         rechtliche, verwaltungsrechtliche und berufliche Rehabilitierung derzeit befris-
         tet ist. Hierfür gibt es aus Sicht des Bundesrates keinen Grund.
         Die Abwägung und der Ausgleich der sich gegenüberstehenden Interessen ist
         sicher nicht rechnerisch zu ermitteln, sondern letztlich Gegenstand einer
         Wertentscheidung. Der Bundesrat vertritt diesbezüglich folgende Position:
         Die Fristenregelung dient in erster Linie einem administrativen, gegebenenfalls
         auch fiskalischen Zweck.
         Es ist zu befürchten, dass durch den rein formal begründeten Ausschluss an
         sich berechtigter Ansprüche der Eindruck entsteht, dass hier ein gesellschafts-
         politisch in hohem Maße relevantes Problem vor dem vollständigen Abschluss
         der Aufarbeitung - wenn man davon überhaupt sprechen kann - legislativ ge-
         wissermaßen „unter den Teppich“ gekehrt wird. Denn die gesellschaftliche Be-
         deutung der Aufarbeitung des politisch motivierten staatlich verübten Unrechts
         in der DDR ist erheblich. Gerade in den Ländern, die auf dem Gebiet der DDR
         als Bestandteil der rechtsstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland
         entstanden sind, stellt die einvernehmliche Überzeugung von der Bedeutung
         diesbezüglicher Vergangenheitsbewältigung einen gesellschaftlichen Grund-
         konsens dar, der in seiner konstitutiven Bedeutung für die Wertschätzung von
         Demokratie und Rechtsstaat nicht unterschätzt werden darf.
-3-          Drucksache 743/17 (Beschluss)

Auch die Antragszahlen der vergangenen zehn Jahre lassen nicht erkennen,
dass der Prozess der Aufarbeitung und des Ausgleichs von Unrecht am
31. Dezember 2019 abgeschlossen sein wird. Zwar ist hier in der Tat ein signi-
fikanter Rückgang der Antrags- und Bewilligungszahlen erkennbar, der den
tatsächlichen Verhältnissen (Zeitablauf, Einführung eines letzten zahlenmäßig
bedeutsamen Entschädigungstatbestandes nach § 17a StrRehaG im Jahr 2007)
geschuldet ist. Gleichwohl lässt sich feststellen, dass beispielsweise allein in
Thüringen, das mit rund 2,2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern nur
einen kleinen Anteil an der Gesamtbevölkerung hat, noch im Jahr 2016 in allen
Bereichen der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze (Anträge auf strafrechtliche,
berufliche und verwaltungsrechtliche Rehabilitierung) insgesamt 485 Anträge
gestellt wurden, davon allein 167 Anträge auf strafrechtliche Rehabilitierung
nach § 1 StrRehaG. Hiernach ist durchaus damit zu rechnen, dass - sofern die
Antragsfrist aufgehoben wird - auch im und nach dem Jahr 2020 noch Be-
troffene, die bislang nicht tätig geworden sind, Anträge stellen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch das eingangs beschriebene Phäno-
men, dessen Bedeutung durch die Erfahrungen der letzten Jahre und auch die
wissenschaftliche Beschäftigung (siehe nur „Verborgene Wunden: Spätfolgen
politischer Traumatisierung in der DDR und ihre transgenerationale Weiterga-
be“, 2015, Herausgeber Stefan Trobisch-Lütge und Karl-Heinz Bomberg) mit
der Problematik deutlich geworden ist:
Die Auswirkungen der erlittenen Unrechtsmaßnahmen in Haft und anderen
Lebensbereichen haben oft zu psychischen Traumatisierungen geführt, deren
Auswirkungen sich teilweise erst lange nach den auslösenden Ereignissen zei-
gen, teilweise auch die Betroffenen lange Zeit daran hindern, ihre Ansprüche
geltend zu machen. Denn die Wiederbeschäftigung mit den Ereignissen im
Rahmen administrativer Verfahren, Begutachtungen und Ähnlichem birgt die
Gefahr einer Retraumatisierung, so dass Betroffene erst spät den Mut finden,
sich auf diese Weise erneut mit ihrer Geschichte zu befassen. Derartige Fälle
können nicht quantifiziert werden; es kann allerdings festgehalten werden, dass
die praktischen Erfahrungen beachtliche Indizien für dieses Problem ergeben
haben.
Vor diesem Hintergrund hält es der Bundesrat nicht für angebracht, administra-
tiven Interessen - Planungssicherheit - oder dem Interesse an einem durchaus
fragwürdigen, eher vordergründig und formal begründeten Rechtsfrieden den
Vorrang gegenüber dem möglichen Interesse Betroffener staatlichen (SED-)
Unrechts an einer Rehabilitierung einzuräumen.

Zu Nummer 2
Auch die in § 20 Absatz 3 Satz 1 und § 21 Absatz 3 Satz 1 StUG festgelegte
Frist für die Verwendung von Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der
DDR zur Überprüfung der in § 20 Absatz 1 Nummer 6 und § 21 Absatz 1
Nummer 6 StUG genannten Personen endet am 31. Dezember 2019. Das Inte-
resse an der Aufklärung von Stasi-Verstrickungen wichtiger Funktionsträger ist
jedoch nach wie vor ungebrochen und wird auch weiterhin andauern. Bis heute
leiden zahlreiche Menschen an den Folgen von Repressionen des Staatssicher-
heitsdienstes. Zur Stärkung des Vertrauens in öffentliche Institutionen und po-
Drucksache 743/17 (Beschluss)           -4-

         litische Gremien, ist größtmögliche Transparenz erforderlich. Dazu muss die
         Überprüfung der in diesem Bereich tätigen Personen weiterhin und dauerhaft
         ermöglicht werden. Dies gebietet auch der Respekt vor den Opfern staatlichen
         Unrechts in der DDR. Die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Aufarbei-
         tung des staatlich verübten Unrechts in der DDR ist erheblich, sie ist gleicher-
         maßen Bestandteil des bereits unter Nummer 1 dargelegten gesellschaftlichen
         Grundkonsenses. Diese Bedeutung und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die
         persönliche Integrität von Beschäftigten in leitenden Positionen sind höher zu
         bewerten, als die Individualinteressen der von den Auskünften nach § 20 Ab-
         satz 1 Nummer 6 und § 21 Absatz 1 Nummer 6 StUG Betroffenen.

         Zu Nummer 3
         Die Regelung des § 64b Absatz 1 Satz 1 BZRG sieht vor, dass die gemäß
         § 64a Absatz 1 BZRG gespeicherten Eintragungen und Eintragungsunterlagen
         aus dem ehemaligen Strafregister der DDR nach dem 31. Dezember 2020 ver-
         nichtet werden. Die genannten Eintragungen und Eintragungsunterlagen wer-
         den jedoch für die Durchführung der Rehabilitierungsverfahren benötigt, so
         dass die Aufhebung auch dieser Frist erforderlich ist, um weiterhin zu Gunsten
         der Betroffenen auf die Informationen aus dem Strafregister der DDR zurück-
         greifen zu können.
Bun d esrat                                                       Drucksache 316/18 (Beschluss)

                                                                  19.10.18

Beschluss
des Bundesrates

Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der sozialen
Lage anerkannter politisch Verfolgter durch Novellierung der
SED-Unrechtsbereinigungsgesetze

Der Bundesrat hat in seiner 971. Sitzung am 19. Oktober 2018 die aus der Anlage
ersichtliche Entschließung gefasst.

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                                                  ISSN 0720-2946
Drucksache 316/18 (Beschluss)

                                           Anlage

Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der sozialen
Lage anerkannter politisch Verfolgter durch Novellierung der
SED-Unrechtsbereinigungsgesetze

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, unter besonderer Berücksichtigung der
sozialen Lage von in der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der
Deutschen Demokratischen Republik (DDR) politisch Verfolgten zu prüfen, wel-
cher gesetzgeberische Handlungsbedarf in Folge möglicher Gerechtigkeitslücken
besteht. Dabei soll insbesondere nach Möglichkeiten gesucht werden,
a) Opfern von Zersetzungsmaßnahmen den Zugang zu Ausgleichsleistungen zu
   eröffnen,
b) den gemäß § 3 BerRehaG anerkannten verfolgten Schülerinnen und Schülern
   den Zugang zu Leistungen des § 8 BerRehaG zu eröffnen,
c) die Opfer von Zwangsaussiedlungsmaßnahmen in einer Weise zu berücksichti-
   gen, die deren spezifischem Verfolgungsschicksal und den damit verbundenen
   Schwierigkeiten, einen angemessenen Ausgleich für das erlittene Unrecht zu
   erhalten, gerecht wird,
d) die Mindestdauer der Verfolgung für die Ausgleichsleistungen in § 8 Ab-
   satz 2 Satz 1 BerRehaG und in § 17a Absatz 1 Satz 1 StrRehaG einander anzu-
   gleichen,
e) auf eine Minderung der Ausgleichsleistung bei Bezug einer Rente aus der ge-
   setzlichen Rentenversicherung aus eigener Versicherung gemäß § 8 Ab-
   satz 1 Satz 2 BerRehaG zu verzichten,
Drucksache 316/18 (Beschluss)           -2-

f) eine Dynamisierung der Ausgleichsleistungen nach § 8 BerRehaG und
   § 17a StrRehaG vorzusehen,
g) die „komplexen Traumafolgestörungen“ auf Grund von politischer Verfolgung
   in der DDR bei der Feststellung und Bewertung von verfolgungsbedingten Ge-
   sundheitsschäden angemessener zu berücksichtigen und
h) Haftopfern, die weniger als 180 Tage in Haft waren, regelmäßige Ausgleichs-
   leistungen zu gewähren.

          Begründung:
          Der Bundesgesetzgeber hat mit den drei Gesetzen zur Rehabilitierung von
          SED-Unrecht – Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), Berufli-
          ches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) und Verwaltungsrechtliches Rehabili-
          tierungsgesetz (VwRehaG) – in den 1990er Jahren ein umfangreiches System
          von Ausgleichsmaßnahmen entwickelt, um Opfern politischer Verfolgung in
          der SBZ/DDR durch eine Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts zu hel-
          fen, auch wenn eine vollständige Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts
          nicht erreichbar ist.
          Jahrzehnte nach der deutschen Wiedervereinigung zeigt sich, dass nicht alle
          von politischer Verfolgung in der DDR Betroffenen gleichermaßen und in aus-
          reichendem Umfang von den sozialen und finanziellen Ausgleichsleistungen in
          Folge ihrer Rehabilitierung profitieren. Politisch Verfolgte klagen oftmals als
          unmittelbare Auswirkungen aus der Verfolgung über zu geringe Einkünfte und
          über ein Leben in unserer Gesellschaft an der Armutsgefährdungsgrenze.
          Viele haben durch die politischen Verfolgungsmaßnahmen in der DDR blei-
          bende Gesundheitsschäden mit wirtschaftlichen Folgewirkungen erlitten. Die
          Rehabilitierungsgesetze bedürfen daher nach Auffassung des Bundesrates einer
          Anpassung und Weiterentwicklung unter Berücksichtigung der im Laufe der
          Jahre bekannt gewordenen tatsächlichen Verhältnisse. Die vorzunehmenden
          Veränderungen sollen angesichts der sozial prekären Lage einer beträchtlichen
          Anzahl der in der DDR politisch Verfolgten die gesetzlichen Voraussetzungen
          dafür schaffen, auch Verfolgtengruppen, die bisher nicht oder nur unzu-
          reichend unterstützt werden, besser in das Leistungsspektrum der Rehabilitie-
          rungsgesetze einzubinden. Insbesondere sollen künftig diejenigen Rehabilitier-
          ten eine effektivere Unterstützung durch die staatliche Gemeinschaft erfahren,
          die sich verfolgungsbedingt andauernd in einer besonders schwierigen wirt-
          schaftlichen Situation befinden.
          Zu Buchstabe a
          Der Bundesrat ist der Auffassung, dass auch Opfern von Zersetzungsmaßnah-
          men in der SBZ/DDR ein Anspruch auf soziale Leistung im Sinne monatlicher
          Unterstützungsleistungen zustehen sollte.
-3-          Drucksache 316/18 (Beschluss)

Zu Buchstabe b
Der Bundesrat ist der Ansicht, dass auch die Gruppe der anerkannten verfolg-
ten Schülerinnen und Schüler in das Ausgleichsleistungssystem des Berufli-
chen Rehabilitierungsgesetzes einbezogen werden sollte. Da der Betroffenen-
kreis der verfolgten Schülerinnen und Schüler aufgrund seiner gesetzlichen
Sonderstellung derzeit nicht dem Anwendungsbereich des § 1 BerRehaG unter-
fällt, erhält dieser keinen rentenrechtlichen Nachteilsausgleich. Diese Regelung
wurde seinerzeit damit begründet, dass im Rahmen des § 1 BerRehaG kein
Raum für rein hypothetische Ausbildungs- und Berufsverläufe ist. Dadurch ist
diesem Personenkreis aber auch ein Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen
nach § 8 BerRehaG verwehrt. Dieser Ausschluss führt bei den Betroffenen zu
Härten und stellt für sie eine zunehmend nicht mehr nachvollziehbare Un-
gleichbehandlung dar.
Zu Buchstabe c
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Prüfung etwaiger Gerechtigkeitslü-
cken auch auf die von Zwangsaussiedlungsmaßnahmen Betroffenen auszudeh-
nen ist. Dies gilt mit Blick auf die bis heute verstrichenen Zeiträume, die einen
Nachweis von Kausalzusammenhängen zwischen Zwangsaussiedlungen und
psychischen Traumata kaum noch zulassen und insoweit die Prüfung von ge-
setzlichen Einmalleistungen als geboten erscheinen lassen. Zudem kann mit ei-
ner Überprüfung abschließend geklärt werden, ob bestehende Entschädigungs-
regelungen dort zu kurz greifen, wo den von Zwangsaussiedelung betroffenen
ehemaligen Bürgerinnen und Bürgern der DDR, der Zugang in das geltende
Anerkennungs- und Entschädigungssystem erst ab 1994 eröffnet wurde.
Zu Buchstabe d
Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass eine Angleichung der Ausgleichsleis-
tungen nach § 8 BerRehaG an diejenigen nach § 17a StrRehaG erreicht werden
sollte.
Zu Buchstabe e
Eine Schlechterbehandlung von Rentnerinnen und Rentnern ist nach Ansicht
des Bundesrates rational nicht nachvollziehbar. Rentnerinnen und Rentner ha-
ben die gleichen Lebenshaltungskosten wie Berufstätige (Miete), haben in der
Regel aber ein geringeres Einkommen (Rente), dem höhere Ausgaben (Krank-
heit, Pflege, medizinische Hilfsmittel) gegenüberstehen.
Zu Buchstabe f
Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass eine Dynamisierung der Ausgleichs-
leistungen nach § 8 BerRehaG und § 17a StrRehaG erreicht werden müsste.
Dies erscheint angesichts der wirtschaftlichen Lage vieler Betroffener gerecht.
Eine Dynamisierung der Ausgleichsleistungen würde dem den Rehabilitie-
rungsgesetzen innewohnenden Grundgedanken des Befriedungsfaktors und den
wirtschaftlichen Gegebenheiten und Interessen der Betroffenen nachhaltig ge-
recht werden. Zudem hätte es den Vorteil, dass perspektivisch für eine Anpas-
sung keine neuerliche Gesetzesnovellierung notwendig wäre.
Drucksache 316/18 (Beschluss)          -4-

         Zu Buchstabe g
         Der Bundesrat ist der Auffassung, dass eine angemessenere Bewertung der bei
         Betroffenen von politischer Verfolgung in der SBZ/DDR häufig bestehenden
         „komplexen Traumafolgestörungen“ im Rahmen der Anerkennung verfol-
         gungsbedingter Gesundheitsschäden angezeigt ist. Die Verlaufsformen von
         posttraumatischen Belastungsstörungen aufgrund politischer Verfolgung in der
         SBZ/DDR werden bei der bisherigen Begutachtung der Betroffenen im Rah-
         men der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) nur unvollständig be-
         rücksichtigt. Verschiedene wissenschaftliche Studien legen nahe, dass eine
         Überarbeitung der maßgeblichen versorgungsmedizinischen Begutachtungs-
         grundlagen angezeigt sein könnte. Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass
         sich der Ärztliche Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin gemäß
         § 3 VersMedV mit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und
         versorgungsmedizinischer Erfordernisse zur Bewertung komplexer posttrauma-
         tischer Belastungsstörungen aufgrund politischer Verfolgung befasst.
         Zu Buchstabe h
         Der Bundesrat ist der Auffassung, dass auch Haftopfer, die weniger als 180
         Tage in Haft waren, regelmäßige Ausgleichsleistungen erhalten sollten. Sie ha-
         ben zwar Anspruch auf Kapitalentschädigung und können von der Stiftung für
         ehemalige politische Häftlinge in Bonn bei nachgewiesener sozialer Bedürftig-
         keit jährlich eine Unterstützungsleistung erhalten, von regelmäßigen Aus-
         gleichszahlungen sind sie jedoch ausgenommen.
Bun d esrat                                                         Drucksache                            316/18

                                                                    28.06.18

Antrag
der Länder Brandenburg, Berlin, Thüringen

Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der sozialen
Lage anerkannter politisch Verfolgter durch Novellierung der
SED-Unrechtsbereinigungsgesetze

Der Ministerpräsident                                                                         Potsdam, 27. Juni 2018
des Landes Brandenburg

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,

die Regierungen der Länder Brandenburg, Berlin und des Freistaats Thüringen ha-
ben beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte

      Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der sozialen
      Lage anerkannter politisch Verfolgter durch Novellierung der
      SED-Unrechtsbereinigungsgesetze

zuzuleiten.

Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates
auf die Tagesordnung der 969. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2018 zu setzen
und sodann den Ausschüssen zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dietmar Woidke

                        Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln
                     Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
                                                   ISSN 0720-2946
Drucksache 316/18

Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der sozialen Lage anerkannter politisch Ver-
folgter durch Novellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die gesetzlichen und verwaltungsseitigen Voraussetzungen
für eine Verbesserung der sozialen Lage von als politisch Verfolgte anerkannten Personen in der ehe-
maligen sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zu
schaffen mit dem Ziel,

1. Zersetzungsopfern den Zugang zu den monatlichen Ausgleichsleistungen zu eröffnen,
2. den gemäß § 3 BerRehaG anerkannten verfolgten Schülern den Zugang zu Leistungen nach dem
   Dritten Abschnitt des BerRehaG zu eröffnen,
3. die Mindestdauer der Verfolgung für die monatlichen Ausgleichsleistungen in § 8 Absatz 2 Satz 1
   BerRehaG und in § 17a Absatz 1 Satz 1 StrRehaG einander anzugleichen,
4. auf eine Minderung der monatlichen Ausgleichsleistung bei Bezug einer Rente aus der gesetzlichen
   Rentenversicherung aus eigener Versicherung gemäß § 8 Absatz 1 Satz 2 BerRehaG zu verzich-
   ten,
5. eine regelmäßige Dynamisierung der monatlichen Ausgleichsleistungen nach § 8 BerRehaG und
   § 17a StrRehaG vorzusehen und
6. die „komplexen Traumafolgestörungen“ auf Grund von politischer Verfolgung in der ehemaligen
   DDR bei der Feststellung und Bewertung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden im Rah-
   men der Leitlinien zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen angemes-
   sener zu berücksichtigen.

Begründung:

Der Bundesgesetzgeber hat mit den drei Gesetzen zur Rehabilitierung von SED-Unrecht – Strafrechtli-
ches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) und Verwal-
tungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) – in den 1990er Jahren ein umfangreiches System
von Maßnahmen entwickelt, um Opfern politischer Verfolgung in der SBZ/DDR durch eine Wiedergut-
machung des erlittenen Unrechts zu helfen.

Jahrzehnte nach der deutschen Wiedervereinigung zeigt sich, dass nicht alle von politischer Verfolgung
in der ehemaligen DDR Betroffenen gleichermaßen und in ausreichendem Umfang von den sozialen
und finanziellen Ausgleichsleistungen in Folge ihrer Rehabilitierung profitieren. Politisch Verfolgte kla-
gen oftmals als unmittelbare Auswirkungen aus der Verfolgung über zu geringe Einkünfte und über ein
Leben in unserer Gesellschaft an der Armutsgefährdungsgrenze. Viele haben durch die politischen
Verfolgungsmaßnahmen in der ehemaligen DDR bleibende Gesundheitsschäden mit wirtschaftlichen
Folgewirkungen erlitten. Die Rehabilitierungsgesetze bedürfen daher nach Auffassung des Bundesrates
einer Anpassung und Weiterentwicklung an die im Laufe der Jahre bekannt gewordenen tatsächlichen
Verhältnisse. Die vorzunehmenden Veränderungen sollen angesichts der sozial prekären Lage einer
beträchtlichen Anzahl der in der ehemaligen DDR politisch Verfolgten die gesetzlichen Voraussetzun-
gen dafür schaffen, auch Verfolgtengruppen, die bisher nicht oder nur unzureichend unterstützt werden,
besser in das Leistungsspektrum der Rehabilitierungsgesetze einzubinden. Insbesondere sollen künftig
diejenigen Rehabilitierten eine effektivere Unterstützung durch die staatliche Gemeinschaft erfahren, die
sich verfolgungsbedingt andauernd in einer besonders schwierigen wirtschaftlichen Situation befinden.
Drucksache 316/18                                -2-

zu 1.
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass auch Opfern von Zersetzungsmaßnahmen des Staatssicher-
heitsdienstes der ehemaligen DDR ein Anspruch auf soziale Leistung im Sinne monatlicher Unterstüt-
zungsleistungen zusteht. Die Betroffenen waren nach einer Einstufung als politische Gegner des SED-
Systems geheimen politisch-operativen Maßnahmen der Staatssicherheit ausgesetzt, die bis in die
höchst persönlichen Lebensbereiche reichten. Durch gezielte psychische Beeinträchtigung oder Schä-
digung versuchte die Staatssicherheit, die Lebensgrundlage der als Gegner oder Feinde wahrgenom-
menen Oppositionellen zu vernichten. Diese repressive Verfolgungspraxis griff als Unterdrückungs-
instrument tief in das Erleben und das Selbstwertgefühl der Opfer ein. Diese massive geheimpolizeiliche
Überwachung rechtfertigt nach Ansicht des Bundesrates eine Gewährung besonderer sozialer Leistun-
gen, zumal konkrete Vermögensschäden oder gesundheitliche Schäden im Rahmen des VwRehaG
nicht immer nachweisbar auf die Verfolgung zurückzuführen sind. So wäre es auch ein Stück weit mehr
möglich, die Lebensleistung der Betroffenen im Hinblick auf ihren gezeigten Widerstand gegen die Poli-
tik der DDR und ihr Aufbegehren zu würdigen.

Durch die Staatssicherheit wurden in gleicher Weise durch gezielte Diffamierungen und Benachteiligun-
gen berufliche Misserfolge der Bespitzelten organisiert. Der Nachweis beruflicher Benachteiligung im
Sinne des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes als Folge einer Zersetzungsmaßnahme ist durch die
Betroffenen oft nur schwer zu führen.

Der Anspruch auf soziale Entschädigungsleistungen besteht gegenwärtig nur dann, wenn nachweisbar
kausal durch eine Zersetzungsmaßnahme Gesundheitsschäden verursacht worden sind. Ist dies nicht
nachweisbar, sieht das bestehende Regelungsgefüge der Rehabilitierungsmaßnahmen keinerlei Leis-
tungsansprüche für Opfer von Zersetzungsmaßnahmen des MfS vor. Dieser Nachteil darf aber nicht
weiterhin zu Lasten derjenigen gehen, die diesen staatlich organisieren Unterdrückungsmaßnahmen
ausgesetzt waren.

zu 2.
Der Bundesrat ist der Ansicht, dass nunmehr auch die Einbeziehung der Gruppe der anerkannten ver-
folgten Schüler in das Ausgleichsleistungssystem des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes geboten ist.
Bisher wird strikt getrennt zwischen Eingriffen in den seinerzeit konkret ausgeübten Beruf bzw. in die
berufliche Ausbildung einerseits sowie politischen Verfolgungsmaßnahmen in die vorberufliche schuli-
sche Ausbildung oder auch ein Studium andererseits. Da der Betroffenenkreis der verfolgten Schüler
aufgrund seiner gesetzlichen Sonderstellung derzeit nicht nach § 1 BerRehaG dem Anwendungsbe-
reich des § 1 BerRehaG unterfällt, erhält er keinen rentenrechtlichen Nachteilsausgleich. Diese Rege-
lung wurde seinerzeit damit begründet, dass im Rahmen des § 1 BerRehaG kein Raum für rein hypo-
thetische Ausbildungs- und Berufsverläufe ist. Damit ist diesem Betroffenenkreis vor allem aber auch
ein Anspruch auf soziale Ausgleichsleistung nach § 8 BerRehaG verwehrt. Dieser Ausschluss führt bei
den Betroffenen zu Härten und stellt für sie eine zunehmend nicht mehr nachvollziehbare Ungleichbe-
handlung dar. Schließlich werden in der schulischen Laufbahn die Grundlagen für die spätere weitere
berufliche Entwicklung und das Fortkommen gelegt.
Sollte die Bundesregierung bei ihrer Auffassung von einer Trennung der Betroffenengruppen bleiben,
sollte zumindest eine finanzielle Einmalleistung als Kompensation in die Erwägungen einbezogen wer-
den.

zu 3.,4. und 5.
Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass eine Angleichung der Ausgleichsleistungen nach dem Ber-
RehaG an den § 17a StrRehaG unter gleichzeitiger Festschreibung einer Dynamisierung erreicht wer-
den muss.
-3-                          Drucksache 316/18

§ 17a StrRehaG regelt die besondere monatliche Zuwendung für Haftopfer (sogenannte SED-
Opferrente). Seit dem 1. September 2007 erhalten Opfer der politischen Verfolgung, sofern diese in
ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind und eine mit den wesentlichen Grundsätzen
der freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung in der DDR von mindes-
tens 180 Tagen erlitten haben, eine monatliche Zuwendung von maximal 300 Euro. Der Anspruch wird
unabhängig von einem Rentenbezug berechnet und gewährt.
Der Bundesrat ist der Meinung, dass der Regelungsgehalt des § 17a StrRehaG in modifizierter Form in
§ 8 BerRehaG zu übernehmen ist, um damit eine Gleichbehandlung aller ehemals politisch Verfolgten
zu erreichen, unabhängig davon, welcher politischen Verfolgungsmaßnahme sie ausgesetzt waren.

Zwar wurden mit Gesetz vom 22. Dezember 2014 (Fünftes Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungs-
rechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR; Bundestagsdruck-
sache 18/3120) zum 1. Januar 2015 die Opferrente um 50 Euro und die Ausgleichsleistungen um 30
Euro erhöht.

Dies ist angesichts der wirtschaftlichen Lage vieler Betroffener jedoch nicht ausreichend. Eine regelmä-
ßige Dynamisierung der monatlichen Ausgleichsleistungen an die Entwicklung der Wirtschaft, Einkom-
men und Preise – wie bei anderen monatlichen Sozialleistungen üblich – würde dem den Rehabilitie-
rungsgesetzen inne wohnenden Grundgedanken des Befriedungsfaktors und den wirtschaftlichen Ge-
gebenheiten und Interessen der Betroffenen nachhaltig gerecht werden.

In diesem Rahmen wäre nach einer Evaluierung gegebenenfalls noch in die Überlegungen einzubezie-
hen, ob eine Herabsetzung der Mindesthaftdauer gem. § 17a StrRehaG von derzeit 180 Tagen einen
signifikant erweiterten Zugang von weiteren berechtigten Leistungsempfängern schaffen würde.

zu.6.
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass eine angemessenere Bewertung der bei Betroffenen von politi-
scher Verfolgung in der ehemaligen DDR häufig bestehenden „komplexen Traumafolgestörungen“ im
Rahmen der Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden angezeigt ist. Viele Betroffene
empfinden die Begutachtungspraxis als belastend und im Hinblick auf das von ihnen als politisch Ver-
folgte erlittene und widerfahrende Unrecht als ungenügend. Seit vielen Jahren fordern die Betroffenen
und die sie vertretenden Opferverbände von der Politik, dem Gesetzgeber und den Verantwortlichen in
den Verwaltungen entsprechende Nachsteuerungen.
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