Der Sächsische Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen - Dialog zwischen Vergangenheit und Zukunft
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Der Sächsische Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Dialog zwischen Vergangenheit und Zukunft Bildungsangebote für Schüler und Lehrer Die Vergangenheit verstehen: Was war die DDR?
Vorwort Die Behörde des Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen hat neben ihrer Beratungsfunktion vor allem die Aufgabe, eine breite Öffentlichkeit über das Wirken der Staatssicherheit zu informieren. Heute kennen Kinder und Jugendliche die DDR nicht mehr aus ihren eigenen Erinnerungen, sondern nur noch aus Erzählungen anderer. Oft finden jedoch überhaupt keine Gespräche über diesen Zeitabschnitt statt. Deshalb ist es wichtig, der DDR- Vergangenheit im Unterricht ein größeres Gewicht zu geben. Um Lehrer dabei zu unterstützen, hält die Behörde ergänzende Angebote für den Unterricht in den Fächern Ethik, Geschichte und Deutsch bereit. Anhand von regionalen Beispielen werden Schüler zum selbstständigen historischen Arbeiten angeregt. Die Bildungsangebote des Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen ver- mitteln eine kritische Sicht auf die DDR. Sie fördern Einblicke in das politische System und betrachten Fragen des Lebensalltags in einer Diktatur. Neben der Tätigkeit des DDR- Staatssicherheitsdienstes spielen auch andere Formen der Herrschaftssicherung eine wichtige Rolle. Die Projekte und Vorträge zeigen, wie sich das Leben in der Diktatur von dem in der Demokratie unterschied. Zudem nehmen die Angebote Lebensbereiche und Menschen in den Blick, die sich bewusst dem staatlichen Zugriff entzogen oder widersetzten. Das gesellschaftliche Spektrum zwischen Zustimmung, Anpassung, Resignation und Widerstand, das sichtbar gemacht wird, ermöglicht so einen mehrschichtigen Blick auf die DDR-Gesellschaft. 2
Angebote für Schüler Der Landesbeauftragte bietet für Schüler, Berufsschüler und interessierte Jugend- gruppen verschiedene Projekte an, die in Absprache mit den Lehrern / Betreuern thematisch und methodisch verändert werden können. 1. Vorträge Alle angebotenen Vorträge können thematisch ergänzt, gekürzt oder vertieft werden. Alle Vorträge enthalten eine quellenkritische Analysetätigkeit durch die Schüler. Die Ein- beziehung verschiedener Medien (Film, O-Ton ) erfolgt in Absprache mit den Lehrern. Die Vorträge sind für zwei Unterrichtsstunden konzipiert. Sie sind in verschiedenen Vertiefungsebenen für die Klassenstufen 9 – 10 – 11 – 12 aller Schularten geeignet. Themenkomplexe: Staatssicherheit Dis Stasi im politischen System der DDR Struktur und Arbeitsweise der Staatssicherheit Widerstand in der DDR Der 17. Juni 1953 in Sachsen Kirchliche Basisgruppen in der DDR Sachsen im Herbst 1989 Repression Politische Strafverfolgung Verdeckte Verfolgungsmethoden der Staatssicherheit Politisches System und Alltag in der DDR Parteiensystem und Staatsaufbau Ideologisierung und Militarisierung in der Schule 3
2. Projektarbeit Um die eigenständige Arbeit der Schüler zu fördern und ihre quellenkritische Kompetenz zu stärken, bietet der Landesbeauftragte zwei Schülerprojekte an. 1. „Der „Fall“ in der Tasche. Beispiele aus dem Alltag Jugendlicher in der DDR“ Bei diesem Schülerprojekt erkun- den die Schüler den Alltag DDR- Jugendlicher in den 1980er Jah- ren. Sie arbeiten in Kleingruppen. Jede Gruppe erhält einen kleinen Koffer mit verschiedenen Mate- rialien und einem Arbeitsauftrag. Anhand von Fallbeispielen und mit Hilfe von Stasi-Dokumenten, Hin- tergrundinformationen, Photos und Originalgegenständen bear- beiten die Schüler folgende Themen: Die ideologische Beeinflussung und Gleichschaltung der Kinder und Jugendlichen in Schule und Freizeit Die Militarisierung der Jugend (Wehrunterricht, Rolle des Sports) Der staatliche Umgang mit jugendlichen Randgruppen (alternative Musikszene, Fußballfans) Die Junge Gemeinde als Kristallisationspunkt alternativer Bewegungen Die alternative Umweltbewegung Bei der eigenständigen Erforschung historischer Quellen lernen die Schüler den offiziellen Schulalltag zwischen Pioniergruppe und Wehrübung kennen und erfahren gleichzeitig etwas über oppositionelle Gruppen in der DDR. 4
Bei der Analyse innerhalb der Gruppe erarbeiten die Schüler eine Präsentation, die sie den anderen Schülern vorstellen. Ein Mitarbeiter der Behörde führt das Projekt an den Schulen durch. Er gibt eine inhaltliche und methodische Einführung, steht während des Projektes als Ansprech- partner zur Verfügung und nimmt eine Beurteilung der Präsentationen vor. Für die Durchführung des Schülerprojektes werden 3-4 Unterrichtsstunden benötigt. Das Projekt ist eine Ergänzung zum Lehrplan der Klasse 10/11/12. Es ist für alle Schularten geeignet. 5
2. Zwischen Wahrheit und Manipulation – ein deutsch-deutscher Zeitungsvergleich Bei diesem Schülerprojekt analysieren die Schüler Zeitungen aus der DDR und der Bun- desrepublik. Anhand zentraler Ereignisse der deutschen und europäischen Geschichte vergleichen sie die Berichterstattung in zwei unterschiedlichen politischen Systemen. Jeder Schüler erhält dafür eine Auswahl nachgedruckter Zeitungen: überregio- nale Tageszeitungen (Frankfurter Allge- meine Zeitung, Neues Deutschland) und regionale Blätter (Stuttgarter Zeitung, Sächsische Zeitung). Begleitend zu den Textquellen erhalten die Schüler Mate- rialien mit Hintergrundinformationen – sowohl zur Presse in der DDR und der Bundesrepublik als auch zu den einzel- nen Themen selbst. Ein Glossar, das un- bekannte Begriffe und Personen erklärt, hilft bei der Einordnung der Artikel. Folgende Themen werden angeboten: Der Volksaufstand am 17. Juni 1953 Der Mauerbau am 13. August 1961 Die Niederschlagung des Prager Frühlings am 21. August 1968 Die Volkskammer- und Bundestagswahlen 1981 / 1883 Die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl im Jahr 1986 Mai als „Kampftag der Arbeiterklasse“ und Feiertag (1986) Bei dem Projekt lernen die Schüler sowohl zeitgeschichtlich wichtige Daten als auch die Bedeutung der Medien in einer Gesellschaft kennen. Der Vergleich zeigt den Missbrauch von Zeitungen zu Propagandazwecken und den Unterschied zwischen freier und unfreier Presse. Die Analyse der Zeitungstexte veranschaulicht, wie Meinungsbildungen konkret beeinflusst werden. Das Zeitungsprojekt eröffnet Einblicke in die jüngste Zeitgeschichte und vermittelt gleichzeitig grundlegende methodische und quellen- kritische Fähigkeiten. Es schließt damit direkt an den Lehrplan im Fach Geschichte an, der als zentrale Aufgabe die Vermittlung von Medienkompetenz vorsieht. Die Schüler lernen im Projekt, wie Informa- tionen und Werturteile durch Medien be- einflusst und manipuliert werden können. Das Projekt ist für die Klassenstufe 10 – 11 – 12 geeignet. Es setzt eine gewisse Lesebereitschaft und Lesefreudigkeit bei den Schülern voraus. Für das Projekt soll- ten zwei Unterrichtsstunden eingeplant werden. Ein Mitarbeiter der Behörde führt das Projekt an den Schulen durch. Er gibt eine inhaltliche und methodische Einfüh- rung und steht während des Projektes als Ansprechpartner zur Verfügung. 6
3. Zeitzeugengespräche Insbesondere durch das Gespräch mit Zeitzeugen gelangen Schüler zu einem tieferen Geschichtsverständnis und lernen, Vergangenheit und Gegenwart in Beziehung zu setzen. Sie erhalten bei den Gesprächen mit Zeitzeugen Gelegenheit, den aus dem Lehrbuch gelernten Stoff aus einem anderen Blickwinkel zu erfahren und zu hinterfragen. Der Landesbeauftragte bietet Zeitzeugengespräche zu verschiedenen Themen an. Die Schüler werden im Vorfeld über die im Mittelpunkt stehenden Fragen informiert und gebeten, sich auf das Gespräch vorzubereiten. Ein Mitarbeiter der Behörde gibt eine allgemeine thematische Einführung und moderiert das Gespräch mit dem Zeitzeugen. Zu folgenden Themen können Zeitzeugen vermittelt werden: Nachkriegssituation (Speziallager, Deportationen in die Sowjetunion, politisch motivierte Willkürmaßnahmen) Früher Widerstand in der DDR Flucht und Ausreise Künstler in der DDR Politische Haft Jugend in der DDR Für die Zeitzeugengespräche sollten zwei Unterrichtsstunden zur Verfü- gung stehen. Die Schüler sich sollten im Vorfeld Fragen überlegen und das Gespräch aktiv mit gestalten. Zeitzeu- gengespräche beleben den Geschichtsunterricht und eignen sich für die Klassenstufe 9 – 10 – 11 – 12 in Mittelschulen, Gymnasien und Berufsschulen. 7
4. Filmgespräche In Verbindung zum Film „Das Leben der Anderen“ bieten wir vertiefende Filmgespräche oder ergänzende Vorträge an. Nach Absprache ist dies in Kooperation mit dem Schulkino oder in der jeweiligen Schule möglich. In Dresden ist es möglich, das Filmgespräch mit einer Führung in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt in der Bautzner Straße zu verbinden. Als Arbeitsmaterial zur Vor- bzw. Nachbereitung kann das entsprechende Filmheft der Bundeszentrale für politische Bildung genutzt werden. 8
5. Wanderausstellungen Der Landesbeauftragte hält zwei Wanderausstellungen bereit, die auch an Schulen entliehen werden. Zu beiden Ausstellungen können Begleitveranstaltungen durchge- führt werden. Für die Ausstellung zur Friedlichen Revolution stehen Ausstellungs- kataloge zur Verfügung, die als Klassensatz kostenfrei abgegeben werden können. „Der 17. Juni 1953 in den sächsischen Bezirken“ (25 Tafeln 100×150 cm) „Aufbruch '89 Die Friedliche Revolution in Sachsen“ (60 Tafeln 100×120 cm) 9
Angebote für Lehrer 1. Lehrerfortbildungen Die umfassende Vermittlung der DDR-Geschichte im gesamten Freistaat Sachsen kann nur durch eine Vielzahl von Multiplikatoren geleistet werden. In Gesprächen mit Pädagogen aus unterschiedlichen Schulen und verschiedenen Regionen kommt immer wieder ein Aspekt zum Tragen, der offenbar übergreifend wirkt. In überwiegender Zahl sind die Bildungsangebote zur DDR-Geschichte, die in außerschulischen Bildungsorten angeboten werden kaum bekannt. Dies trifft auch auf konkrete Projekte bzw. Projekt- materialien zu. Deshalb geht es in den angebotenen Fortbildungsseminaren vorrangig darum, bereits erfolgreiche Bildungsprojekte bekannter zu machen, neu entwickelte Lehrmaterialien vorzustellen, interessante methodische Ansätze zu diskutieren und bereits bekannte Themen zu vertiefen. Oft liefern externe Referenten den neuesten Wissenstand und bieten neue Anregungen und Tipps. Die Lehrerfortbildungen können in unterschiedlichem Rahmen stattfinden: als Lehrerfortbildung in der Behörde des Landesbeauftragten als schulinterne Fortbildung im Rahmen der dienstlichen Beartung der Fachzirkelleiter Termine für schulinterne Fortbildungen vor Ort oder Fachzirkeltreffen können flexibel vereinbart werden. Die Lehrerfortbildungen im kommenden Schuljahr decken im Wesentlichen drei Aspekte ab: 10
1. Vorstellung neuer Schülerprojekte und Lernmaterialien Vorstellung des Projektes „Zwischen Wahrheit und Manipulation – ein deutsch- deutscher Zeitungsvergleich“ (September 2008, Februar 2009) Vorstellung der Arbeit mit der neuen Ausstellung des Landesbeauftragten zur DDR-Geschichte anhand einzelner Ausstellungsmodule und zusätzlicher Arbeitsmaterialien (Dezember 2008) Vorstellung der Themenmappen zu verschiedenen Aspekten der DDR-Geschichte und deren Nutzung im Unterricht 2. Vermittlung inhaltlicher Grundbausteine und Detailkenntnisse: Allgemeine Themen: Alltag in der DDR – zwischen sozialer Fürsorge und politischer Bevormundung Die Staatssicherheit – ein ganz normaler Geheimdienst? Die DDR- Rechtsstaat oder Diktatur? Konkrete Themen mit besonderem Fokus auf die Friedliche Revolution: Die späten 1980er Jahre – die DDR in der Krise: Die DDR und der Umgang mit Glasnost: Zum Sputnikverbot im November 1988 Der Zusammenhang zwischen Ausreisebewegung und den ersten Massenprotesten (15.1.1989 in Leipzig, Botschaftsbesetzungen, Sonderzüge mit Botschaftsflüchtlingen) Rolle der Friedensgebete Der „Dresdner Weg“ – vom Dialog zu Reformen: die „Gruppe der 20“ 3. Vermittlung von Methodenkompetenz: Vermittlung von Hintergrundwissen zum Einsatz von Zeitzeugengesprächen im Geschichtsunterricht Der Einsatz von Filmen im Geschichtsunterricht – die Für und Wider 11
2. Materialien für den Unterricht Interessierten Lehrern steht die Bibliothek, die Mediensammlung und das Archiv mit der umfangreichen Dokumentensammlung zur Verfügung. Die Mitarbeiter des Landes- beauftragten sind gern bei der Vorbereitung von Unterrichtseinheiten behilflich und stellen nach Möglichkeit das nötige Quellenmaterial zur Verfügung. Einige Publikationen, die sich insbesondere für jüngere Leser eignen, können beim Landesbeauftragten als Klassensatz entliehen werden. Dies sind: Zudem verfügt der Landesbeauftragte über viele Unterrichtsmittel anderer Einrichtungen, die eingesehen oder entliehen werden können. Darüber hinaus informieren die Mitarbeiter über die Angebote anderer Einrichtungen und ist dabei behilflich, die entsprechenden Kontakte herzustellen. 12
Allgemeine Informationen zu den Angeboten Alle Angebote sind kostenfrei und werden je nach Anfrage in den jeweiligen Schulen vor Ort durchgeführt. Die Angebote sollten mit den Lehrern im Vorfeld konkret abgestimmt werden, um ein dem Leistungsniveau der Schüler angemessenes Projekt umzusetzen. Lehrerfortbildungen finden regelmäßig in der Behörde des Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen statt, sind aber auch als schulinterne Fortbildung oder als ein Bestand- teil der Fachzirkeltreffen denkbar. Die Anfragen für die Lehrerfortbildungen sollten nicht zu kurzfristig erfolgen, da zum Teil externe Referenten hinzugezogen werden. Bitte richten Sie Ihre Anfragen an: Der Sächsische Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Unterer Kreuzweg 1, 01097 Dresden Dr. Nancy Aris Referentin für Bildungsarbeit Tel: 0351-6568112, Fax: 0351-6568120 E-Mail: nancy.aris@lstu.smj.sachsen.de 13
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