Die Außenpolitik der DDR - Andreas Fraude - Landeszentrale für politische Bildung ...
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Die Außenpolitik der DDR Andreas Fraude
2 Andreas Fraude, geb. 1964, Diplom-Politologe, freier Publizist, wissenschaftlicher Mitarbeiter Veröffentlichungen: Zahlreiche selbstständige Beiträge, Rezensionen und Tagungs- berichte, vor allem in der Zeitschrift Deutschland Archiv, u. a. zu Aspekten der DDR- Geschichte und zum deutschen Einigungsprozess. Zuletzt: „Direkte Demokratie in Hamburg“, in: Andreas Kost (Hrsg.): Direkte Demokratie in den deutschen Ländern. Eine Einführung, Wiesbaden 2005, S. 113–123. Diese Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen dar. Für inhaltliche Aussagen trägt der Autor die Verantwortung. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen Regierungsstraße 73, 99084 Erfurt, www.lzt.thueringen.de 2006 ISBN 3-937967-03-6
3 Inhalt DDR-Außenpolitik: Ideologie und Interessenpolitik ....................5 Das „Sozialistische Weltsystem” ...................................................................6 „Friedliche Koexistenz” ...............................................................................9 Institutionen und Medien der DDR-Außenpolitik ..............................................12 Deutschlandpolitik als Bezugsrahmen für die DDR-Außenpolitik .........................13 1945–1949: Staatlichkeit als Voraussetzung für eine „eigenständige“ DDR-Außenpolitik .............................................17 Die Fünfzigerjahre: „Kalter Krieg” und staatliche Instabilität ...............................................................23 Die Sechzigerjahre: Bau der Mauer und staatliche Konsolidierung ......................................................29 Die Siebzigerjahre: Entspannungspolitik und internationale Anerkennung .................................................37 Die Achtzigerjahre: verschärfte Krise .........................................45 1990: Auf dem Weg in die deutsche Einheit .........................57 Zusammenfassung ..........................................................................61 Abkürzungsverzeichnis ..................................................................63 Verwendete und weiterführende Literatur ..................................65
DDR-Außenpolitik: Ideologie und Interessenpolitik (Bundesarchiv 183-11500-1342) Demonstration aus Anlass der III. Weltfestspiele 1951 in Berlin
6 Die Außenpolitik der DDR war kein ideologiefreier Bereich. Vielmehr folg- Das „Sozialistische te sie der herrschenden Ideologie des Marxismus-Leninismus, was auch Weltsystem“ den innerstaatlichen Grundsätzen der führenden „Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“ (SED) entsprach. Die Das Prinzip des „proletarischen Interna- DDR-Außenpolitik (wie die Außenpolitik tionalismus” geht auf Marx, Engels aller sozialistischen Staaten innerhalb und Lenin zurück und bestimmt die des sowjetischen Herrschaftsbereichs) Beziehungen zwischen marxistisch-leni- bedeutete „Kampf“ mit nichtmilitärischen nistischen Parteien. Zu seinen wichtigsten Mitteln bis zum „Sieg des Sozialismus“ Elementen gehört die Errichtung im Weltmaßstab. Andererseits musste der einer klassenlosen Gesellschaft des Staat der SED stets auch realpolitischen Kommunismus „im Weltmaßstab“, Einheit Erfordernissen Rechnung tragen. Daher des Handelns, – besonders im „Kampf ist bei der Betrachtung der Außenpolitik gegen eine international agierende nicht immer erkennbar, ob es sich um Bourgeoisie” – Solidarität sowie gegen- (reine) Interessenpolitik oder (vor allem) um seitige Hilfe und Unterstützung. Der eine ideologiegeleitete Politik gehandelt „proletarische Internationalismus” galt hat. War also die DDR-Außenpolitik im vor allem bis zum Ende des Zweiten Wesentlichen Interessenpolitik, dann kam Weltkrieges, also solange die Sowjet- ideologischen Elementen lediglich eine union der einzige kommunistische Staat Rechtfertigungsfunktion zu. Konkretisierte war. Andere kommunistische Parteien sich in der DDR-Außenpolitik hingegen sollten danach auf Solidarität zur marxistisch-leninistische Ideologie, hatte UdSSR, vor allem aber auf Unterord- diese eine weithin motivationsstiftende nung unter die Interessen der Kom- Funktion. munistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) verpflichtet werden. Nach Getreu ihren ideologischen Grundsätzen 1945 beschrieb der „proletarische Inter- unterschied die SED und damit auch nationalismus” das Verhältnis der SED die DDR als staatlicher Akteur in ihrer zu den “Bruderparteien” in nicht-kommu- Außenpolitik das Verhältnis zu anderen nistischen Staaten. Dazu gehörte auch Staaten des „realen Sozialismus“ (inner- die seit 1968 in der Bundesrepublik halb Europas im Warschauer Pakt or- existierende Deutsche Kommunistische ganisiert), zu Staaten mit „kapitalistischer“ Partei (DKP). Allerdings war das Ver- Gesellschaftsordnung (zumeist in der hältnis der SED zur DKP ein Sonderfall, NATO zusammengefasst) und zu nicht- weil letztere finanziell nahezu voll- paktgebundenen, „blockfreien“ Staaten. ständig von der SED abhängig war und für diese auch deutschlandpolitisch eine spezielle Funktion erfüllte. Zu den besonders in den 70er-Jahren auf dem Vormarsch befindlichen „eurokommu- nistischen“ Parteien in Westeuropa, die den sowjetischen Führungsanspruch ab-
7 (Bundesarchiv 183-1983-0116) Demonstration am 16. Januar 1983 zum Gedenken von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin tarischen Internationalismus“, nachdem – Verhältnis jenseits des “proletarischen auch auf anderen Kontinenten – Staaten Internationalismus”. Insgesamt blieb die entstanden, die dem marxistisch-leni- Außenpolitik der DDR aber auch immer nistischen Gesellschaftsmodell der So- von eigenen Interessen bestimmt. So wjetunion folgten. Der „sozialistische spielten die Beziehungen der SED zu Internationalismus” gehörte zum Verfas- nicht-regierenden sozialistischen oder sungsgrundsatz aller entsprechend re- kommunistischen Parteien eine größere gierten Länder und lag ihren Freund- Rolle in jener Zeit, als sie um internationale schafts- und Beistandsverträgen zugrun- diplomatische Anerkennung rang. In de. Ebenso bildete er die Grundlage dieser Zeit erfüllten die Beziehungen zu beim östlichen Militärbündnis War- den Bruderparteien eine wichtige Ersatz- schauer Pakt und beim Rat für Gegen- funktion. Sie sollten in ihren Ländern seitige Wirtschaftshilfe (RGW, auch möglichst für die DDR werben oder gar „Comecon“). Zu seinen Prinzipien Druck auf ihre Regierungen ausüben. gehörten auch die „Verteidigung“ und der „Schutz der sozialistischen Errungen- Der „sozialistische Internationalismus“ schaften”. So wurden beispielsweise war eine „Höherentwicklung“ des „prole- die Niederschlagung der ungarischen
8 Revolution 1956 oder der Einmarsch ten wie der Volksdemokratischen Repu- in die Tschechoslowakei 1968 und in blik Jemen und den afrikanischen Volks- Afghanistan 1979 gerechtfertigt. Dieses, republiken Mosambik, Äthiopien und die Souveränität der betreffenden Staaten Angola blieb – obwohl sozialistisch/ außer Kraft setzende Prinzip, wurde auch kommunistisch regiert – ihre Dazugehö- als „Breschnew-Doktrin” (nach Leonid rigkeit bis zum Zusammenbruch des Breschnew, von 1964 bis zu seinem Tod „sozialistischen Weltsystems“ offen. Der 1982 KPdSU-Generalsekretär) bekannt. ideologischen Verunsicherung der DDR Erst unter Michail Gorbatschow sollte kurz vor ihrem Zusammenbruch dürfte jeder Staat seinen eigenen Weg finden es geschuldet sein, dass das Stichwort können, wofür man im Westen die „Sozialistisches Weltsystem” im partei- ironisierende Bezeichnung „Sinatra- offiziellen „Kleinen Politischen Wörter- Doktrin” („I did it my way”) fand. Der buch“ in seiner Neuausgabe 1988 gar „proletarische Internationalismus” hatte für nicht mehr auftauchte. die DDR die wichtige Konsequenz, dass die staatlichen Organe die Beschlüsse Das Verhältnis der DDR zur UdSSR war der Partei vollziehen mussten. Die Partei wie die Parteibeziehungen SED – KPdSU bestimmte innen- wie außenpolitisch das von spezieller Natur. Dies ergibt sich aus staatliche Handeln. der Geschichte und der machtpolitischen Konstellation. Die DDR verdankte ihre Nach marxistisch-leninistischer Lesart Existenz dem Vordringen der Sowjetunion bezeichnete das „sozialistische Welt- bis in die Mitte Europas als Folge der system” die Gesamtheit aller kommu- Zerschlagung des nationalsozialistischen nistisch regierten Länder unter Führung Regimes 1945. Obwohl die SED darum der Sowjetunion. Dazu zählten Ende der bemüht war, sich ein eigenständiges Profil 80er-Jahre die Warschauer-Pakt-Staaten zu geben und sich in der Tradition der Sowjetunion, Polen, die DDR, die Tsche- deutschen Arbeiterbewegung wähnte, choslowakei, Ungarn, Bulgarien und Ru- blieb sie doch stets von der UdSSR mänien. Ebenso gehörten die Mongo- abhängig. Ohne die Existenzgarantie lische Volksrepublik, die Republik Kuba, der Sowjetunion war der ostdeutsche die Sozialistische Republik Vietnam, Staat, wie sich 1989/90 zeigte, nicht die Volksdemokratische Republik Laos, überlebensfähig. Sichtbar war dies vor die Volksrepublik Kambodscha und die allem durch die in der DDR stationierten Koreanische Demokratische Volksrepu- 400.000 sowjetischen Soldaten. Daraus blik (Nord-Korea) dazu. Trotz ideologi- resultierten auch die stark eingeschränkten scher Differenzen gehörten auch die Handlungsmöglichkeiten der DDR-Außen- Volksrepublik China und die Volksrepu- politik. Zudem schränkte der „sozia- blik Albanien zum sozialistischen Welt- listische Internationalismus“ die DDR im system. Die damalige Sozialistische Fö- Hinblick auf eine souveräne Außenpolitik derative Republik Jugoslawien wurde ein. von der SED/DDR ausdrücklich nicht dazugerechnet, was auch dem Selbst- verständnis der in Jugoslawien regieren- den Partei entsprach. Bei anderen Staa-
9 (Bundesarchiv 183-0601-041) 1. Juni 1984: Besuch des nordkoreanischen Präsidenten Kim Il Sung. Hier zusammen mit Erich Honecker im Palast der Republik in Ost-Berlin „Friedliche zwischen Staaten unterschiedlicher Ge- sellschaftsordnung, ihres friedlichen Ne- Koexistenz“ beneinanderbestehens, ihrer Zusammen- arbeit und Auseinandersetzung in der Epoche des Übergangs vom Kapita- lismus zum Sozialismus (...)”. In diesen Der Grundsatz der „friedlichen Koexis- Koexistenzvorstellungen akzeptierten die tenz” reicht bis in die Frühphase der kommunistischen Theoretiker zwar die Sowjetunion zurück. Er wurde aber Tatsache, dass es – jenseits des Ziels der erst mit Beginn der „Entstalinisierung“, Weltrevolution – für längere Zeit ein Ne- auf dem XX. Parteitag der KPdSU im beneinander zwischen kapitalistischen Februar 1956, zum Grundprinzip so- und sozialistischen Staaten geben wer- zialistischer Außenpolitik gegenüber de. Eine ideologische Koexistenz schloss „kapitalistischen” Ländern erhoben. Das dieses Prinzip aber explizit aus. Vielmehr hier schon erwähnte „Kleine Politische sollte der „ideologische Kampf” unver- mindert fortgesetzt und im Hinblick auf Koexistenz” als „objektiv notwendige, die weltrevolutionären Bestrebungen le- einzig vertretbare Form der Beziehungen diglich „strategisch und taktisch“ günsti-
10 gere Bedingungen geschaffen werden. Vordergrund. Ausdruck dafür war auch Da die „friedliche Koexistenz“ sowohl der „Grundlagenvertrag” zwischen den konfrontative als auch kooperative Ele- beiden deutschen Staaten sowie das mente enthielt, trat je nach außenpoli- „Viermächte-Abkommen” über Berlin. tischen Erfordernissen der eine oder andere Aspekt etwas mehr in den Bei der Außenpolitik nahmen unter ideo- Vordergrund. Davon ließ sich auch die logischen Vorzeichen die nicht-paktgebun- DDR in ihrer Außenpolitik leiten, sofern sie denen Staaten eine Sonderrolle ein. Zur überhaupt autonom darüber entscheiden „Bewegung der Nichtpaktgebundenen“ konnte. Grundsätzlich trat während der zählte die DDR 1988 101 Staaten: fünf allgemeinen Entspannungspolitik in den sozialistische, 92 Entwicklungsländer 70er-Jahren der kooperative Aspekt der Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, zwei „friedlichen Koexistenz“ stark in den kapitalistische Länder Europas sowie die (Bundesarchiv 183-0610-101) Die Partei- und Regierungsdelegation Grenadas unter Leitung des Vorsitzenden des Politbüros des ZK der Neuen Jewel Bewegung und Ministerpräsidenten der Revolutionären Volksregierung Grenadas, Maurice Bishop, unternahm am 9.6. mit dem Motorschiff “Köbis” eine Seerundfahrt auf den Berliner Gewässern. Der Gast wurde von Hermann Axen, Mitglied des Politbürosund Sekretär des ZK der SED [...] begleitet. (Zeitgenössische Bildlegende des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes der DDR,ADN)
11 Palästinensische Befreiungsorganisation handel (MAH) sowie das Ministerium für (PLO) und die South West Africa People’s Nationale Verteidigung (MfNV) wahr. Organization (SWAPO). Als außenpo- Der Staatsrat (das kollektive Staatsober- litische Hauptaufgabe gegenüber Staa- haupt) der DDR ratifizierte in den ten der „Dritten Welt” in Asien, Afrika 60er-Jahren mehr als 30 internationale und Lateinamerika sah die DDR die Verträge. Dessen außenpolitische Befug- solidarische Unterstützung dieser Völker nisse gingen dann aber mit der Verfas- im „Kampf gegen Imperialismus, Kolo- sungsrevision von 1974 fast vollständig nialismus und Neokolonialismus”. Dazu auf den Ministerrat (die Regierung) der sollte Hilfe bei der Festigung der poli- DDR über. Alle grundlegenden Entschei- tischen und Herstellung der ökonomi- dungen in diesem Bereich wurden aller- schen Unabhängigkeit geleistet werden. dings im Politbüro des Zentralkomitees Den Führungseliten dieser Länder sollte (ZK) der SED, also auf der Führungsebene ein „nichtkapitalistischer Entwicklungs- der herrschenden Partei, gefällt. Diese weg“ aufgezeigt, also das „sozialistische „Arbeitsteilung“ war in allen Staaten Weltsystem” möglichst auf Kosten des innerhalb des kommunistischen Macht- „kapitalistischen Lagers” ausgedehnt wer- bereichs üblich, wo die staatlichen Insti- den. Die intensive Kontaktpflege zu tutionen durchweg den Anweisungen der einigen Entwicklungsländern zielte auch marxistisch-leninistischen Partei Folge zu auf eine völkerrechtliche Anerkennung leisten hatten. Neben den „offiziellen“ der DDR ab. Nach der „Anerkennungs- außenpolitischen Beziehungen zu den welle” 1971/72 veränderte sich daher staatlichen Organen in anderen Ländern, teilweise auch die außenpolitische Ein- gab es immer auch Beziehungen der schätzung und die Zielrichtung gegen- SED zu der jeweiligen (regierenden oder über den Staaten der „Dritten Welt“ bzw. nichtregierenden) kommunistischen Par- den dortigen „Befreiungsbewegungen“. tei. Letzteres wurde von Beobachtern häufig als „Ersatzaußenpolitik” bezeich- net. Für die Beziehungen zu ausländi- schen kommunistischen Parteien zeichne- te die Abteilung für Internationale Ver- bindungen des Sekretariats des ZK der Institutionen und SED verantwortlich. Medien der DDR- Eine wichtige Rolle bei der Propagierung eines positiven DDR-Bildes im Ausland Außenpolitik spielten die sogenannten „Freundschafts- gesellschaften”, die seit 1961 in der Dachorganisation „Liga für Völkerfreund- Für die „Vorbereitung“ und „Durchführung“ schaft” zusammengeschlossen waren. außenpolitischer Entscheidungen war in Den 1989 rund 50 existierenden Freund- der DDR das Ministerium für Auswärtige schaftsgesellschaften (und -komitees) ob- Angelegenheiten (MfAA) zuständig. lag vornehmlich die Pflege der Kontakte Zwischenstaatliche Funktionen nahmen zu kapitalistischen Staaten und solchen außerdem das Ministerium für Außen- der “Dritten Welt”. Die Zusammenarbeit
12 mit den entsprechenden Gesellschaften Kongresse sowie fremdsprachige Radio- in den Partnerländern sollte vor allem sendungen. Nachdem die internatio- den außenpolitischen Zielen der DDR nale Anerkennung erreicht war, ver- dienlich sein. Solange die DDR noch änderten sich teilweise die Ziele der weltweit um diplomatische Anerkennung Auslandspropaganda. Nun sollte in ringen musste, spielten die Aktivitäten einem allgemeineren Sinne ein positives der Freundschaftsgesellschaften eine he- Image der „sozialistischen Staatenge- rausragende Rolle. meinschaft” nach außen vermittelt und gleichzeitig ein negatives Bild vom ka- Gerade in jener Zeit, als der DDR auf- pitalistischen System gezeichnet werden. grund ihrer Nichtanerkennung das Insbesondere die Bundesrepublik wurde klassische Mittel der Diplomatie fehlte, in einem äußerst schlechten Licht dar- nutzte sie in erheblichem Maße das gestellt. Instrument der Auslandspropaganda. Hierzu gehörten kulturelle Aktivitäten, Die verschiedenen Aktivitäten der Aus- Städtepartnerschaften, Beteiligung an landspropaganda wurden von der SED ausländischen Messen, internationale in den entsprechenden Gremien vorbe- Sportveranstaltungen, wissenschaftliche reitet und koordiniert. Dafür nutzte sie (Bundesarchiv 183-NO806-0204-008) Das DDR-Kulturzentrum in Kairo 1968
13 bestehende Beziehungen zu soziali- Folge, dass die Außenpolitik der DDR stischen/kommunistischen Organisationen – ob eigenständig oder nicht – immer sowie „Befreiungsbewegungen” oder all- auch als Deutschlandpolitik betrieben gemein als „fortschrittlich” angesehenen wurde. Das meint die Gestaltung des Kräften. Auf Seiten der Partei waren Verhältnisses der DDR zur Bundesrepublik hierfür vor allem die ZK-Abteilungen für und ihre Stellung zur „deutschen Frage”, Auslandsinformation, Propaganda und also zur Teilung und (Wieder-) Verei- Agitation zuständig. Auf der Ebene der nigung. Die Deutschlandpolitik der SED Regierung trug das MfAA die Haupt- war bis Mitte der 50er-Jahre auf die verantwortung für die Durchführung der Einheit Deutschlands gerichtet. Aller- Auslandspropaganda. Das (Schein-) dings strebte die DDR-Regierung diese Parlament der DDR, die Volkskammer, unter der Bedingung eines sozialisti- unterhielt zahlreiche Kontakte zu auslän- schen Gesamtdeutschlands an. Diese dischen Parlamentariern in Gestalt ihres Haltung zielte nicht zuletzt auf jene „Ausschusses für Auswärtige Angelegen- Deutschen in der Bundesrepublik, die heiten” sowie der „Interparlamentarischen der außenpolitischen Linie des Bundes- Gruppe der DDR”. Auch die Blockpar- kanzlers Adenauer skeptisch gegen- teien und die „Massenorganisationen” überstanden. Dieser befürwortete eine (u.a. Freier Deutscher Gewerkschafts- Integration der Bundesrepublik in die bund, Deutscher Turn- und Sportbund) politische Gemeinschaft des Westens. waren mit außenpolitischen Aufgaben Demgegenüber trat eine aktive Wieder- betraut. Der „Friedensrat der DDR” als vereinigungspolitik in den Hintergrund. Mitglied im „Weltfriedensrat” unterstützte Schon ab der zweiten Hälfte der 50er- Aktivitäten und Programm der kommu- Jahre kann jedoch lediglich noch von nistisch gelenkten „Weltfriedensbewe- einer „Wiedervereinigungspropaganda” gung”. seitens der DDR gesprochen werden. Ihr Bestreben war schon zu diesem Zeitpunkt auf eine völkerrechtliche Anerkennung ausgerichtet. Diese Anstrengungen setzte die DDR in den 60er-Jahren in noch mas- siverer Weise fort. Eine Reihe deutsch- Deutschlandpolitik landpolitischer Maßnahmen führten zu einer weiteren (gewollten) Abschottung als Bezugsrahmen und Vertiefung der Spaltung. Ausnahmen für die DDR- hiervon bildeten 1963 bis 1966 vier zwischen dem Berliner Senat und der DDR-Regierung ausgehandelte Passier- Außenpolitik scheinabkommen, welche Berliner Bür- gern aus den West-Sektoren einen kurz- fristigen Besuch in den Ostteil der Stadt Die Spaltung Deutschlands und die spe- ermöglichten. Ende 1964 wurden Rent- zifischen internationalen Rahmenbedin- nern aus der DDR auch erstmals Besuchs- gungen, speziell die Abhängigkeit der reisen in die Bundesrepublik gestattet. DDR von der Sowjetunion, hatten zur
14 (Bundesregierung/Lehnartz) Die Mauer am Brandenburger Tor 1989
15 (Bundesarchiv 183-NO625-347) Die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR 1974 Anfang der 70er-Jahre vollzog die DDR der Bundesrepublik eine „rückständige” – noch unter Staats- und Parteichef kapitalistische deutsche Nation fortbe- Walter Ulbricht – eine ideologische stehe. Damit war man in der DDR deutschlandpolitische Wende grundsätz- endgültig und sichtbar von einer wie licher Art. Auslöser war die neue sozial- auch immer gearteten „Wiedervereini- liberale Regierung in der Bundesrepublik gungspolitik” abgerückt. Der 1972 ab- unter Führung von Willy Brandt, der geschlossene Grundlagenvertrag bilde- im Rahmen seiner neuen Ostpolitik die te den Auftakt zu einem engen Ver- DDR als „zweiten Staat in Deutschland“ tragsnetz zwischen der DDR und der – allerdings ohne völkerrechtliche Bundesrepublik, das 1989 mehr als Folgewirkungen – akzeptierte. Während 30 Abkommen umfasste. Das Ziel einer man in Bonn an der einheitlichen völkerrechtlichen Anerkennung durch die deutschen Nation festhielt, wurde dies Bundesrepublik blieb der DDR verwehrt, nun von Ost-Berlin in Frage gestellt. auch wenn sie den Grundlagenvertrag Die SED-Führung verstieg sich zu der in dieser Richtung interpretierte. Dabei These, in der DDR habe sich eine hatte die Bundesregierung in dem zum eigenständige sozialistische deutsche Vertrag gehörenden „Brief zur deutschen Nation herausgebildet, während in Einheit” ausdrücklich das Wiederver-
16 einigungsgebot des Grundgesetzes her- zunächst die Eigenständigkeit der DDR vorgehoben. Ein wichtiger Schritt zur wahren und lediglich eine „Konfödera- Demonstration ihrer Eigenständigkeit war tion” mit dem westdeutschen Staat zu- für die DDR die Einrichtung von „Stän- lassen. digen Vertretungen“ am 2. Mai 1974 in Bonn und Ost-Berlin. Freilich hatten Die Verfassung der DDR, die keinen diese wegen der besonderen deutsch- übergeordneten Rahmen darstellte, deutschen Beziehungen nicht die Qua- sondern stetig die politischen Entwick- lität „richtiger“ Botschaften. lungen im Staat der SED nachvollzog, spiegelte auch grundsätzliche deutsch- An der Schwelle zu den 80er-Jahren landpolitische Veränderungen wider. So wurden die innerdeutschen Beziehungen enthielt die 1968 verabschiedete zweite kurzzeitig stark belastet. Dazu führte unter Verfassung in Artikel 1 Absatz 1 noch anderem die drastische Erhöhung des das Bekenntnis zur „Einheit der Nation“, Mindestumtausches für Besucher aus der während die Präambel schon vom „Volk Bundesrepublik. Zudem forderte Erich der Deutschen Demokratischen Republik“ Honecker in den sogenannten „Geraer sprach. Im Jahre 1974 wurden aus den Forderungen” die Anerkennung der Artikeln 1 und 8 die Hinweise auf den DDR-Staatsbürgerschaft, die Auflösung Bestand einer deutschen Nation in zwei der in Salzgitter ansässigen „Zentralen deutschen Staaten gestrichen. Auch Erfassungsstelle für Menschenrechtsver- von der Absicht einer „Vereinigung auf letzungen in der DDR” und die Umwand- der Grundlage von Demokratie und lung der Ständigen Vertretungen in Bot- Sozialismus“ durch eine „schrittweise schaften. Annäherung der beiden deutschen Staa- Doch im Kontrast zu dem äußerst ten“ war nun keine Rede mehr. angespannten internationalen Klima durch die Entscheidungen zur Stationierung atomarer Mittelsteckenwaffen in Ost und West forcierte die SED in ihrem letzten Jahrzehnt die innerdeutsche Dialogpolitik. Waren schon die Besuche zahlreicher hochrangiger westdeutscher Politiker aller Parteien in der DDR bemerkenswert, so stellte der „Arbeitsbesuch” Honeckers in Bonn im September 1987 einen Höhepunkt für die prestigebedürftige DDR dar. Nur zwei Jahre später begann dann allerdings ihr Zusammenbruch. Dem in der Bevölkerung zunehmend arti- kulierten Wunsch nach einer schnellen Vereinigung mit der Bundesrepublik ab Anfang 1990 hatte der letzte SED(-PDS)- Ministerpräsident Modrow nichts mehr entgegenzusetzen. Modrow selber wollte
1945–1949: Staatlichkeit als Voraussetzung für eine „eigenständige“ DDR-Außenpolitik (Foto: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Fotosammlung 2/14) Die Führungsspitzen der Sowjetischen Militäradministration in Thüringen 1949 in Weimar
18 Schon während des Zweiten Weltkrieges und auf die Behandlung als wirtschaft- gab es verschiedene Pläne der späteren liche Einheit. Der politische und gesell- Siegermächte USA, Großbritannien und schaftliche Neuanfang in den Besat- Sowjetunion, wie Deutschland nach zungszonen verlief unterschiedlich. Da- Beseitigung der nationalsozialistischen bei gab es zwischen der amerikanischen Gewaltherrschaft aussehen sollte. Aller- und britischen Zone die meisten Gemein- dings waren die verschiedenen Vorstel- samkeiten, insbesondere im Hinblick lungen zu unterschiedlich, als dass sie auf die Etablierung marktwirtschaftlich- sich zu einem konkreten Ergebnis ver- kapitalistischer Wirtschaftsstrukturen. Die dichten konnten. Insgesamt setzte sich Wiederbelebung des politischen Lebens aber kein Konzept durch, das eine in der französischen Zone verlief dage- Zerstückelung des Landes zum Ziel hatte. gen zunächst schleppend. Auf der Jalta-Konferenz vom 4. bis 11. Februar 1945 legten die Alliierten sich Josef Stalin formulierte schon im April auf die Grundsätze „Entnazifizierung, 1945, also wenige Wochen vor der Demontage, Demilitarisierung und De- Kapitulation des nationalsozialistischen Re- mokratisierung“ fest, was eine Besetzung gimes, folgendes deutschlandpolitisches Deutschlands und eine Kontrolle mittels Ziel: „Dieser Krieg ist nicht wie in der militärischer Präsenz bedeutete. Vergangenheit, wer immer ein Gebiet besetzt, erlegt ihm auch sein eigenes Diese Grundsätze verhinderten nicht, gesellschaftliches System auf. Jeder führt dass die „Großen Drei“ nach der Kapi- sein eigenes System ein, so weit seine tulation Deutschlands unterschiedliche Armee vordringen kann”. Damit war er Vorstellungen von der Zukunft des be- von seiner Maxime abgerückt, wonach siegten Staates hatten. Die USA befür- die Schwächung des Feindstaates worteten eine Einbindung in die Welt- oberste Priorität haben müsse. Russisch- wirtschaft. Großbritannien hingegen sah sowjetische Großmachtpolitik vermisch- in Deutschland eher eine Gefahr, sollte te sich mit dem Streben nach kommu- es wieder zu einer politischen und wirt- nistischer Weltherrschaft auf Grundlage schaftlichen Macht aufsteigen. Trotzdem der Ideologie des Marxismus-Leninismus. sollte es als stabiler ökonomischer Faktor Hinzu kam eine Projektion eigener ag- in der Nachkriegsordnung Europas eine gressiver Bestrebungen auf die (Außen-) wichtige Rolle spielen. Ganz anders die Politik des Westens. Das Maximalziel Pläne der Sowjetunion, die möglichst einer Übertragung ihres politischen hohe Reparationen anstrebte. Auf der Systems auf das gesamte Deutschland Potsdamer Konferenz vom 17. Juli bis hatte sich für die Sowjetunion zuneh- 2. August 1945 gab es ebenfalls keine mend als unrealistisch erwiesen. So deutschlandpolitischen Vorstellungen, die wollte Stalin wenigstens den von ihm einem einheitlichen Konzept folgten. Hier besetzten Teil nach „realsozialistischem“ zeichneten sich noch deutlicher massive Muster umgestalten. Bereits am 10. Interessengegensätze zwischen den West- Juni 1945 wurden in der sowjetischen mächten und der Sowjetunion ab. Die Besatzungszone „antifaschistische” und Sieger verpflichteten sich aber auf eine „demokratische“ Parteien zugelassen, demokratische Umgestaltung Deutschlands und eine Struktur aus Landes- und Pro-
19 vinzverwaltungen geschaffen. Darüber Großbritannien zum 1. Januar 1947 ih- hinaus wurde eine Bodenreform durch- re jeweiligen Besatzungszonen zusam- geführt und die agrarischen Großgrund- menführten. Nur kurze Zeit später, am besitzer entschädigungslos enteignet. 12. März 1947, verkündete der amerika- Auch durch die Demontage eines Drittels nische Präsident Truman eine Politik der von Fabriken und Anlagen bis zum Früh- Eindämmung („containment”) gegenüber jahr 1946 zeichneten sich tiefgreifende der Sowjetunion („Truman-Doktrin”). Da- ökonomische und politische Umwälzun- mit war ein gemeinsames politisches gen in diesem Teil Deutschlands ab. Handeln der vier Siegermächte gänzlich ausgeschlossen. Die Sowjetunion interpre- Am 9. Juni 1945 wurde die „Sowje- tierte den vom amerikanischen Außenmi- tische Militäradministration in Deutsch- nister Marshall am 5. Juni 1947 prokla- land“ (SMAD) gegründet. Dies stellte mierten Plan eines europäischen Wie- eine wichtige Voraussetzung für eine deraufbauprogramms („Marshall-Plan”) als entsprechende politische und gesell- Bedrohung ihres sozialistischen Modells. schaftliche Transformation dar. Die aus Moskau lehnte eine Teilnahme am US- der (Zwangs-) Vereinigung von KPD Wirtschaftsprogramm ab. Der Grad der und SPD am 21./22. April 1946 Konfrontation zeigte sich auch in der hervorgegangene SED unterstand der Aussage des sowjetischen Außenmi- Be-satzungsmacht und führte im wesent- nisters Molotow am Rande der geschei- lichen die „Empfehlungen” der Sowjet- terten Außenministerkonferenz vom 25. union aus. Dabei stellte die Berufung auf November bis 15. Dezember 1947. Die- einen „antifaschistischen Neuanfang” ei- ser sprach von einem „imperialistischen ne Besonderheit dar. Dies sprach be- Krieg gegen die Sowjetunion“. Die sonders die nach Deutschland zurück- Erweiterung der Bizone zur „Trizone” gekehrten Emigranten und KPD-Kader- durch einen Beitritt Frankreichs und der gruppen an, welche unter Führung von Beschluss der westlichen Mächte zur Walter Ulbricht an der Konstituierung Errichtung eines föderativen Regierungs- der neuen gesellschaftlichen Ordnung systems auf einer Konferenz in London im mitwirkten. Mit der Entstehung der SED Februar/März 1948, vertiefte die Ost- war ein wesentliches Fundament für einen West-Spaltung zusätzlich. Am 20. März eigenständigen Weg unter kommunisti- 1948 verließen die sowjetischen Vertre- schen Vorzeichen in der Sowjetischen ter den alliierten Kontrollrat. Dies war Besatzungszone (SBZ) gelegt. das formelle Ende einer gemeinsamen Deutschlandpolitik der vier Siegermäch- Nach den gescheiterten Außenminister- te. konferenzen im April und Juni 1946 in Paris, zeichnete sich zunehmend eine Die SED-Führung war zur Unterstützung konfrontative Politik ab, die über vier eines ostdeutschen Separatstaates auf Jahrzehnte lang als „Ost-West-Konflikt” sozialistischer Grundlage schon deshalb die Weltpolitik bestimmen sollte. Ihren bereit, weil sie sich bewusst darüber formalisierten Ausdruck fanden die zu- war, dass sie bei freien Wahlen in nehmenden Unterschiede in der Grün- ihrem Ursprungsgebiet scheitern würde dung der „Bizone“, mit der die USA und und auch in Gesamtdeutschland keine
20 Chance zur Machterringung hatte. und propagandistische Niederlage. Die Konsequenterweise verwies der SED- westlichen „Rosinenbomber” wurden zu Vorsitzende Otto Grotewohl schon im einem Identität stiftenden Moment in der Oktober 1946 vor dem Parteivorstand Westzone. An die Blockade knüpfte die auf die Stärkung des internationalen SED-Führung zunächst Hoffnungen, bald Gewichts seiner Partei. Im Vorfeld der in ganz Berlin regieren zu können. Sie Moskauer Außenministerkonferenz sollte beugte sich aber der Linie der Sowjet- die SBZ in internationale Vereinbarungen union zur Schaffung eines ostdeutschen eingebunden werden. Auf ihrem II. Teilstaates, nachdem sich die mit dieser Parteitag im September 1947 erhob Aktion verbundenen Ziele nicht reali- die Parteiführung der SED gar den sieren ließen. In der zweiten Jahreshälfte Anspruch auf eine eigenständige po- 1948 wurden in den Westzonen Struk- litische Orientierung. Die SED war turen und Gremien geschaffen, die mit darum bemüht, keine (offensichtlichen) der Annahme des Grundgesetzes am Gegensätze zu den Vorgaben der 23. Mai 1949 zur Gründung der Bun- sowjetischen Besatzungsmacht durch- desrepublik Deutsch-land führten. scheinen zu lassen. Das zeigte sich in der bereitwilligen Distanzierung von In der Ostzone waren die sozialistischen Jugoslawien im Sommer 1948, nachdem Verwaltungsstrukturen bereits weit aus- der dortige Staats- und Parteichef Tito von gebildet. Der Weisung Stalins an die Moskau als ideologischer „Abweichler” SED Ende 1948, bald einen eigenen gebrandmarkt worden war. Staat zu proklamieren, konnte somit problemlos Folge geleistet werden. Die Sowjetunion reagierte auf die sepa- Die Konstituierung einer provisorischen rate Währungsreform der Westmächte Volkskammer am 7. Oktober 1949 am 20. Juni 1948 nicht nur mit der und die Verkündung der Verfassung der Einführung einer eigenen Währung in Deutschen Demokratischen Republik ihrer Besatzungszone, sondern begann schufen nur wenige Monate später den die „Berlin-Blockade“: Die Zufahrtswe- zweiten deutschen Staat. ge nach West-Berlin wurden blockiert und die Stromversorgung in den Ber- Mit der Gründung der DDR endete liner Westsektoren unterbrochen. Da- die kurze Geschichte der SBZ, die mit sollte der Anspruch auf Berlin als trotz manch eigener Akzentsetzungen Ganzes zum Ausdruck gebracht und die durch die SED nahezu vollständig von Sowjetische Besatzungszone stabilisiert der sowjetischen Besatzungsmacht werden. Ziel war es, die Westmächte bestimmt wurde. Dazu trug vor allem die zur Aufgabe Berlins zu bewegen. Die Umwandlung der SED zu einer „Partei Blockade fand am 12. Mai 1949 ihr neuen Typs“ 1947/48 bei, die eine Ende, nachdem eine von den West- weitgehende „Stalinisierung“ bedeutete. mächten getragene Luftbrücke die Ver- Auch die Verwaltung der SBZ orientierte sorgung der Bevölkerung in West-Berlin sich schon recht früh an sowjetischen erfolgreich sicherstellen konnte. Mit Vorbildern. Die Folgen des Zweiten der vergeblichen Blockade erlitt die Weltkrieges führten aber nicht nur zu Sowjetunion eine schwere politische einer „Sowjetisierung“ des östlichen
21 Teils Deutschlands. Vielmehr bildeten die Staaten Mittelosteuropas insgesamt 40 Jahre lang einen festen Gürtel „realsozialistischer” Systeme unter Füh- rung der UdSSR.
Die Fünfzigerjahre: „Kalter Krieg” und staatliche Instabilität (Bundesarchiv 183-08242 – 0023) Vom 23. bis 25.9.1950 weilte eine Regierungsdelegation der DDR unter Leitung des Stellvertretenden Sie unterzeichneten am 25.9.1950 ein Kulturabkommen und ein Finanzabkommen und beschlossen die Vorbereitung eines langfristigen Handelvertrages. Sie gaben eine gemeinsame Deklaration heraus. Unterzeichnungen der gemeinsamen Deklaration durch den Stellvertretenden. Ministerpräsidenten der DDR Walter Ulbricht (links sitzend) und dem Vorsitzenden des Ministerrates der Volksrepublik Bulgarien Wylko Tscherwenkoff (rechts sitzend). (Zeitgenössische Bildlegende des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes der DDR,ADN)
24 Insgesamt war die DDR zu Beginn der Die so genannte Stalin-Note stellte 50er-Jahre vor allem um die Konsolidie- erstmals eine Herausforderung für die rung ihres Staatswesens bemüht. Ob- Außenpolitik der DDR dar. Am 10. März wohl ihre „Satelliten-Funktion“ und die 1952 begann von der Sowjetunion mangelnde außenpolitische Handlungs- ausgehend ein Notenwechsel über die fähigkeit überdeutlich waren, stellte sie Möglichkeiten und Bedingungen einer besonders gegenüber den Bruderländern deutschen Wiedervereinigung. Die DDR demonstrative Eigenständigkeit heraus. wurde an der Ausarbeitung dieser Initia- Noch in ihrem Gründungsjahr nahm tive nicht beteiligt, obwohl es zunächst im die DDR diplomatische Beziehungen zur Zusammenhang mit der 1951 gestarte- Vormacht Sowjetunion, dann zu Polen, der ten Kampagne „Deutsche an einen Tisch” Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, nach einer Mitwirkung an entsprechen- China und Nord-Korea auf; 1950 folg- den Plänen ausgesehen hatte. Nun te die Mongolische Volksrepublik. In je- wurde Ost-Berlin von Moskau instrumen- nem Jahr erklärten die DDR und Polen talisiert und über den Inhalt der Pläne auch die Oder und Lausitzer Neiße zur lediglich sehr kurzfristig informiert. Vor- gemeinsamen „unantastbaren Friedens- dergründig betrachtet, machte die So- und Freundschaftsgrenze“ (Görlitzer Ver- wjetunion mit ihrem Angebot eine Reihe trag), obwohl die Abtretung der deut- von Zugeständnissen an die Westmächte. schen Ostgebiete zunächst auch von Der „Entwurf für einen Friedensvertrag” der SED-Führung abgelehnt wurde. Ge- beinhaltete die Vision eines „unabhän- genüber der Tschechoslowakei legte sich gigen, demokratischen und friedlieben- die DDR fest: es gebe zwischen beiden den” Gesamtdeutschlands, welches frei- Staaten keine „offenen und strittigen“ lich „keinerlei Koalitionen oder Militär- Fragen und deswegen sei die „Umsied- bündnisse“ eingehen und aus dem die lung der Deutschen aus der Tschechos- Besatzungsmächte abrücken sollten. Da- lowakei unabänderlich, gerecht und mit stellte die Sowjetunion die Existenz endgültig”. Eine verstärkte ökonomische ihres deutschen Satellitenstaates aufs Ausrichtung auf die sowjetischen Nach- Spiel, was allerdings durch die Ablehnung barstaaten ergab sich durch den Beitritt freier Wahlen wieder eingeschränkt des ostdeutschen Staates zum RGW wurde. Denn eine solche Zusicherung am 29. September 1950. Schon vier hätte die Herrschaft der SED im Ostteil Jahre später wickelte die DDR inner- Deutschlands definitiv beendet. Folglich halb dieser Organisation drei Viertel reagierten die Westmächte ablehnend ihres Außenhandels ab. Institutionell war auf die sowjetische Initiative. Die DDR in dieser Zeit die Sowjetische Kontroll- begleitete die Kampagne trotz ihres für kommission (SKK) von Bedeutung. Sie sie bedrohlich erscheinenden Inhalts wurde am 5. November 1949 gebildet positiv, verfolgte sie doch das Ziel, die und besaß weitgehende Vollmachten voranschreitende Westintegration der über die Entwicklung in der DDR. Bereits Bundesrepublik zu behindern. Auf der am Tag der Staatsgründung wurde das anderen Seite beschloss die SED auf MfAA gebildet, das zunächst von Georg ihrer II. Parteikonferenz im Juli 1952 den Dertinger – damals Generalsekretär der „Aufbau der Grundlagen des Sozialismus CDU (Ost) – geleitet wurde. in der DDR”. Damit setzte sie sich vom
25 Inhalt der Stalin-Note deutlich ab. Dieses dern unter Führung Walter Ulbrichts be- Vorgehen deutete einerseits darauf hin, suchte Anfang Juni 1953 Moskau, ohne dass Ost-Berlin eine Ablehnung der allerdings Klarheit über die sowjetische Stalin-Note durch den Westen bereits Haltung zu ihrem Staat zu bekommen. ahnte. Andererseits hatte auch Stalin Eine von der SED beschlossene Nor- die SED-Führung im April 1952 dazu menerhöhung für die Industrieproduktion ermuntert, den Sozialismus in der DDR führte dann am 16. und 17. Juni 1953 aufzubauen. Neuere Quellen belegen, zu Protestaktionen der Arbeiterschaft. dass es sich bei der Stalin-Note um eine Diese begannen zunächst in Ost-Berlin, propagandistisch motivierte Initiative ge- breiteten sich jedoch schnell in ande- handelt hat. ren Städten der DDR aus. Die Unruhen nahmen den Charakter eines Volksauf- Die Jahre 1952/53 waren für die DDR standes an, der sich auch gegen das mit zunehmender Instabilität und Verun- politische System als Ganzes richtete. In sicherung über die sowjetische Deutsch- dieser Situation erwies sich die Patei- und landpolitik verbunden. Sichtbarstes Zei- Staatsführung als weitgehend handlungs- chen ihrer Schwäche und ihres Abgren- unfähig. Nur durch den Einsatz sowje- zungsbedürfnisses war die Errichtung tischer Truppen konnte die Existenz der eines fünf Kilometer breiten Sperrgebietes DDR gerettet werden. Nach Überwin- entlang der Zonengrenze im Mai 1952, dung der Krise gestand Moskau der die bereits als „Demarkationslinie“ be- DDR einen aktiveren Part innerhalb des zeichnet wurde. Dass der ostdeutsche östlichen Bündnisses zu. Fortan bemüh- Außenminister Dertinger wegen unbotmä- te sich die SED-Führung um eine Intensi- ßiger Vorschläge zur Neutralisierung vierung der wirtschaftlichen und kulturel- Deutschlands im Januar 1953 zu 15 len Bindungen zu Ländern Osteuropas Jahren Haft verurteilt wurde, zeigt, wie und des RGW, was auch die Unter- heikel das Thema eines eigenständigen stützung der Sowjetunion fand. Am 25. Staates „DDR” war. Dertinger ersetzte März 1954 veröffentlichte die sowje- der als linientreu geltende Lothar Bolz tische Regierung eine Erklärung über von der „Blockpartei” NDPD. Die zu- die Anerkennung der Souveränität der künftige Außenpolitik der Sowjetunion DDR, die nun „nach eigenem Ermes- war für die DDR-Führung nach dem Tod sen über ihre inneren und äußeren An- Stalins am 5. März 1953 nur schwer gelegenheiten” bestimmen können sollte. einschätzbar. Es gab aber Anzeichen für An der Abhängigkeit des ostdeutschen eine Kurskorrektur, weil die sowjetische Staates von seiner Schutzmacht änderte Regierung den „Aufbau des Sozialis- dies freilich nichts, auch wenn von nun mus” in der DDR nun als kontraproduktiv an ein Botschafter statt des „Hohen Kom- ansah. Am 28. Mai 1953 wurde die missars” in Ost-Berlin residierte. SKK aufgelöst, deren Aufgaben von einem „Hohen Kommissar der UdSSR Von großer Bedeutung für die außen- in Deutschland” übernommen wurden. politischen Bindungen der DDR war die Dieses änderte aber nichts an der Wei- Zugehörigkeit zum Warschauer Pakt sungsmacht der Sowjetunion. Eine hoch- (genaue Bezeichnung: „Vertrag über rangige Delegation von Politbüro-Mitglie- Freundschaft, Zusammenarbeit und ge-
26 (Bundesarchiv 183-09435-0004) Am 27. Januar 1951 unterzeichneten der Leiter des polnischen Außenministeriums Skrzeszewski und Außenminister Dertinger in Frankfurt/O. das Abschlussprotokoll der Grenzmarkierung der Oder-Neiße-Friedensgrenze. Damit ist die Friedensgrenze zwischen der Republik Polen un der DDR endgültig festgelegt. (Zeitgenössische Bildlegende des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes der DDR,ADN) genseitigen Beistand”). Dieser wurde am Austritts war im Vertrag nicht vorgesehen. 14. Mai 1955 zwischen der UdSSR, Der Pakt diente als Gegengewicht zur Albanien (bis 1968), Bulgarien, der unmittelbar vorher gegründeten NATO DDR, Polen, Rumänien, der Tschechos- in Europa. Am 20. September 1955 lowakei und Ungarn geschlossen. Der schlossen die UdSSR und die DDR zunächst für 20 Jahre geltende „Freund- noch einen zusätzlichen Vertrag ab, schaftsvertrag”, in dem sich die Teil- der die bilateralen Beziehungen bei nehmerstaaten gegenseitig Beistand zu- „völliger Gleichberechtigung, gegensei- sicherten, war ein Militärbündnis mit tiger Achtung der Souveränität und einem gemeinsamen Kommando der der Nichteinmischung in die inneren Streitkräfte unter Führung der Sowjetunion. Angelegenheiten” regelte. Trotzdem Durch Artikel 7 wurde die Souveränität galten weiterhin die ideologischen Prinzi- der Mitgliedsstaaten stark eingeschränkt: pien, und die Vorherrschaft der UdSSR So durften diese keinem anderen Bündnis dokumentierte vor allem die Präsenz angehören. Auch die Möglichkeit eines sowjetischer Truppen auf dem Gebiet
27 der DDR. Mit der Aufstellung einer konferenz im März 1956 zu festigen. eigenen „Nationalen Volksarmee” (NVA) Dort hob man hervor, die Entwicklung und der Bildung eines entsprechenden der DDR sei „jetzt nicht (…) mehr von der Ministeriums im Januar 1956 wurde die Entwicklung des ganzen sozialistischen Eigenstaatlichkeit der DDR jedoch deut- Lagers” zu trennen. Hier läge „die lich abgesichert. Die politische und mili- wichtigste Garantie für die weiteren tärische Integration in das östliche Bünd- Erfolge der Deutschen Demokratischen nissystem war damit gleichfalls abge- Republik”. schlossen. Von allen Staaten des War- schauer Paktes war die DDR am stärksten In außenpolitischer Hinsicht folgte die an der Geschlossenheit und militärischen DDR dem Kurs des sowjetischen KPdSU- Stärke des Bündnisses interessiert. Generalsekretärs Chruschtschow, der in seiner legendären Geheimrede auf Die „Hallstein-Doktrin” stellte die DDR- dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar Außenpolitik vor eine neue Herausforde- 1956 dem Land eine „Entstalinisierung” rung. Nach dem damaligen Staatssekre- verordnet und die These von der „fried- tär im Bonner Auswärtigen Amt Walter lichen Koexistenz” formuliert hatte. Seit Hallstein benannt, wurde sie erstmals im Mitte der 50er-Jahre war die SED zu dem Dezember 1955 auf einer Botschafter- darum bemüht, sowohl diplomatische konferenz in Bonn formuliert. Die Hall- als auch wirtschaftliche Beziehungen zu stein-Doktrin fixierte den „Alleinvertre- Entwicklungsländern herzustellen. Damit tungsanspruch” der Bundesrepublik. Das erzielte die DDR Erfolge in Ägypten, bedeutete, dass die Aufnahme diplo- Indien, dem Sudan und Syrien. Gleich- matischer Beziehungen anderer Länder zeitig propagierte sie in Bezug auf die zur DDR von der Bundesregierung als Bundesrepublik Konföderationspläne, an „unfreundlicher Akt” betrachtet und zum deren Ernsthaftigkeit allerdings gezwei- Abbruch ihrer Beziehungen zu diesen felt werden musste. Auch der 1957 Ländern führte. Von der DDR wurde vom polnischen Außenminister Rapacki diese Strategie als „Alleinvertretungsan- entwickelte Plan einer atomwaffenfreien maßung” angeprangert und versucht, Zone, die sich auf das Gebiet der Bun- die Hallstein-Doktrin zu unterlaufen. desrepublik, der DDR und Polen erstrek- Dieses gelang ihr einmalig im Oktober ken sollte, fand die propagandistische 1957. Die DDR nahm diplomatische Unterstützung der DDR und der Sowjet- Beziehungen zu Jugoslawien unter Tito union. Bezogen auf die „Bruderländer” auf, worauf die Bundesrepublik die im Osten verfocht die DDR-Führung eine Beziehungen zu Jugoslawien abbrach. harte ideologische Linie. Die SED war je- Dieser Schritt wurde seitens der DDR derzeit bereit, Interventionen in anderen wiederum als „völkerrechtswidriger Akt Ländern zu rechtfertigen, wenn sie das der unverhüllten Einmischung in Ange- kommunistische Lager in Gefahr sah. legenheiten dritter Staaten” und „Aus- Dies galt auch für die Unruhen in Polen druck der entspannungsfeindlichen, re- 1956, welche die SED schon deshalb vanchistischen Politik der Bonner Regie- argwöhnisch verfolgte, weil sie ein Über- rung” gebrandmarkt. Die SED versuchte greifen auf ihren Staat befürchtete. Noch ihre Außenpolitik auf der III. Partei- augenscheinlicher war diese Positionie-
28 rung im Zusammenhang mit dem Volks- gimes für die Stadt. Zudem sollten die aufstand in Ungarn im gleichen Jahr, Moskau unterstellten Zufahrtswege der der von der UdSSR militärisch niederge- DDR übertragen werden. Am 27. No- schlagen wurde. Dies fand die uneinge- vember wurde diese Ankündigung den schränkte politische Unterstützung der Westmächten offiziell zur Kenntnis gege- SED. Im November 1958 zeigte sich ben. Den Entwurf für einen separaten erneut, wie eingeschränkt gerade die Friedensvertrag mit der DDR legte die DDR-Außenpolitik aufgrund eigener Insta- Sowjetunion am 10. Januar 1959 vor, bilität war. Chruschtschow plante – noch ohne dass sich die westlichen Mächte in Abstimmung mit Ulbricht – einen Frie- zu Konzessionen bereit zeigten. Die densvertrag der Vier Mächte, die völker- DDR selbst hatte kaum Einfluss auf die rechtliche Anerkennung beider deutscher Verhandlungen und deren Ergebnis. Staaten und die Schaffung einer „Freien Wegen der schlechten wirtschaftlichen Stadt” Berlin. In seinem „Berlin-Ultima- Situation und der vielen Tausend Flücht- tum” vom 10. November 1958 forder- linge in die Bundesrepublik war ihr Anse- te er die Abschaffung des Besatzungsre- hen ohnehin stark geschwächt.
Die Sechzigerjahre: Bau der Mauer und staatliche Konsolidierung (Bundesregierung/Schütz) Mauerbau am Brandenburger Tor 1961
30 Mit Beginn des zweiten Jahrzehnts ihrer lichten Erklärung, der sich auch die Existenz verschärfte sich die Situation Warschauer-Pakt-Staaten anschlossen, für die DDR dramatisch. Der Westteil wurde der Mauerbau als ein „Akt der Berlins, „das Schaufenster des Westens”, Friedenssicherung” bezeichnet, der an- wirkte besonders auf Facharbeiter und gesichts der „beschleunigten Aufrüstung Akademiker aufgrund der freiheitlichen und Atombewaffnung der westdeutschen Möglichkeiten und der höheren Löhne Bundeswehr” und einer „systematische[n] anziehend. Im Jahre 1960 stieg der Bürgerkriegsvorbereitung” notwendig ge- Flüchtlingsstrom auf 199.000 Menschen wesen sei. In der DDR werde „eine an. Die „Abstimmung mit den Füßen” solche Kontrolle an den Grenzen” ein- zeigte, dass die DDR den Wettlauf um das geführt, „wie sie an den Grenzen jedes effektivste politische und wirtschaftliche souveränen Staates üblich” sei. System mit der Bundesrepublik schon zu diesem Zeitpunkt verloren hatte. In einem Die Folgen des Mauerbaus waren für Brief an Chruschtschow im Januar 1961 die DDR durchaus zweigeteilt: Einer- gestand Ulbricht zudem die zeitweise seits sicherte der abrupte Stopp der Zahlungsunfähigkeit im Jahr zuvor ein. Fluchtwelle ihr staatliches Überleben, Zwei Monate später plädierte er auf ei- andererseits war mit dieser Maßnahme ner Tagung der Staaten des Warschauer ein beträchtlicher – gerade auch außen- Paktes für eine sofortige Absperrung politischer – Ansehensverlust verbunden. West-Berlins, wobei in diesem Zusam- Zudem zeigten sich Unstimmigkeiten menhang auch bereits die Bezeichnung zwischen der DDR und der Sowjetunion „Grenzsicherung” fiel. Die DDR zeigte bei der Frage nach den politischen sich entschlossen, die für sie existenz- Folgewirkungen. Während Ulbricht nach gefährdende Lage durch Abschottung wie vor einen separaten Friedensvertrag zu beenden. Doch noch am 15. Juni mit der UdSSR und einen schrittweisen bekundete Ulbricht öffentlich, dass nie- Abbau der Rechte der Westalliierten in mand die „Absicht hat, eine Mauer Berlin anstrebte, kam der Sowjetunion zu errichten”. Der SED-Chef hatte es ein konfrontativer Kurs in Europa gerade jedenfalls geschafft, den „Bruderländern” nicht gelegen. So nahm Chruschtschow und insbesondere der Sowjetunion die im Oktober 1961 sein Berlin-Ultimatum Bedeutung „seiner” DDR für das gesam- zurück. Auf internationalem Gebiet te (real)sozialistische Lager zu vermitteln. war die Sowjetunion daran interessiert, Die Entscheidung für den Bau der Mauer den ideologischen Führungsanspruch fiel sehr wahrscheinlich auf einer Ver- in Konkurrenz zu China zu behaupten. sammlung der kommunistischen Partei- Blockpolitische Notwendigkeiten veran- führer der Warschauer-Pakt-Staaten vom lassten die SED im Januar 1963 daher 3. bis 5. August 1961 in Moskau. Am auch zum Bruch mit Peking. 13. August errichteten die DDR-Grenz- truppen die „Berliner Mauer”, die zu- Am 12. Juni 1964 schloss die DDR mit nächst noch aus Stacheldraht bestand, der Sowjetunion einen „Vertrag über im Laufe der Jahre aber immer mehr Freundschaft, gegenseitigen Beistand perfektioniert und damit undurchlässiger und Zusammenarbeit“, welcher in der wurde. In einer von der SED veröffent- Propaganda als „bis dahin wichtigste[s]
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