MITTEILUNGEN AUS DEM SCHLESISCHEN MUSEUM ZU GÖRLITZ - Schlesisches Museum zu Görlitz
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M ITTEILUNGEN AUS DEM S CHLESISCHEN M USEUM ZU G ÖRLITZ Nummer 32 Herausgegeben vom Verein der Freunde und Förderer des Schlesischen Museums zu Görlitz 12/2019 Liebe Mitglieder, Neue Sonderausstellung 7.4. – 2.8. 2020 sehr geehrte Damen und Herren, Glas der Firma Fritz Heckert, Petersdorf- Piechowice, 1863-1923 der Vater des Schlesischen Museums, Dr. Herbert Hupka, hat gerne davon gesprochen, das Museum Demnächst wird es bunt im SMG: In der neuen zeige eine Leistungsschau der Schlesier. Man denke Sonderausstellung sind ca. 200 Gläser der Firma Fritz Heckert aus Petersdorf/Piechowice zu se- an die Präsentation von schlesischem Glas, schlesi- hen, die sich durch ihre Vielfalt und vor allem schem Porzellan, Bunzlauer Keramik oder Silber- ihre farbenfrohen Dekore auszeichnen. Dabei waren aus Breslau in der Dauerausstellung und ge- sind die Stile sehr unterschiedlich. Großen Er- rade auch bei Sonderausstellungen, das ist Lei- folg hatte die Fa. Heckert mit ihren Gläsern im stungsschau wie auf einer Messe. Stil des Historismus – teils Repliken originaler Für die Mitglieder des Vereins der Freunde und Gläser, teils frei empfundene Nachschöpfungen. Förderer ist es immer etwas Besonderes, wenn im Enormen Absatz fanden im Deutschland der Rahmen der Treffen zur Mitgliederversammlung eine Gründerzeit, aber auch international Gläser im Führung durch eine gerade laufende Sonderausstel- altdeutschen Stil. lung stattfinden kann. In diesem Jahr lud uns im Besonders farbenfroh sind die ab ca. 1880 her- Oktober wieder einmal Frau Dr. Johanna Brade zu gestellten orientalisch geprägten Gläser (Serie „Jodpur“), irisierende Gläser („Cypern-Glas“) einer Führung durch eine Sonderausstellung ein: oder Überfang-Gläser. Aber auch im Jugendstil „Avantgarde in Breslau“. In dieser Ausstellung geht hatte man den Mut zur Farbe und wurde dabei es, im Sinne von Leistungsschau, natürlich auch um von bedeutenden Entwerfern wie z.B. Max Rade Kunstwerke, die in Schlesien und von schlesischen in Dresden oder Ludwig Sütterlin unterstützt. Künstlern, wie Otto Müller und Oskar Moll ge- schaffen wurden. Darüber hinaus wird in dieser Ausstellung die Stadt Breslau gleichsam zum zent- ralen Ausstellungsobjekt gemacht, indem die ausge- wählten Exponate die Stellung Breslaus als attrak- tiver Kunstmetropole in der Zeit zwischen 1919 und 1933 deutlich werden lassen. Oskar Schlemmer ver- ließ das Bauhaus in Dessau, um in Breslau zu leh- ren, die Architekten der klassischen Moderne wie Hans Scharoun, Erich Mendelsohn, Hans Poelzig und Max Berg verwirklichten in Breslau ihre neuen Ideen, Erich Kästner schrieb Texte für den Breslau- Links: Henkelvase nach einem Entwurf von O. Thamm 1890 (Form) und Max Rade 1899 (Dekor), Sammlung E. Gelfort, Köln; er Rundfunksender, um nur einige Namen zu nen- Foto Arkadiusz Podstawka. Rechts: Kanne im Jodpur-Stil nach nen. einem Entwurf von Max Rade um 1898, hergestellt 1898-1925; Muzeum Karkonoskie w Jeleniej Górze, Foto: Arkadiusz Pod- Was mich persönlich besonders freut: Der Katalog stawka. zu dieser Ausstellung ist sehr gelungen, und, wie Gegründet wurde die Firma 1863 von dem aus schon die Kataloge von Frau Dr. Brade zu den Halle (Saale) stammenden Friedrich Wilhelm Ausstellungen Bilder und Texte von Ivo und Heckert (1837-1887). In seiner „Glasraffinerie“ Gerhart Hauptmann sowie Karl Schmidt-Rottluff veredelte er zunächst nur die Gläser, die er bei in Kreisau, ist er vom Umfang und vom Preis her anderen Glashütten wie der Josephinenhütte in sehr geeignet als kleines Geschenk für alle möglichen Ober-Schreiberhau/Szklarska Poręba kaufte o- der nach seinen Vorgaben herstellen ließ. 1889 Gelegenheiten. ging – nun unter der Leitung seiner Familienan- Ihr K. Schneider gehörigen – die bisherige Geschäftsbeziehung
mit der Josephinenhütte zu Ende und das Glas unsere Geldgeber – die Bundesrepublik wurde in einer neu erbauten Hütte selbst herge- Deutschland und der Freistaat Sachsen – die stellt. Bis 1918 galt die Firma als einer der füh- Übernahme der Kosten in Aussicht gestellt ha- renden deutschen Hersteller von Kunst- und ben. Einen bedeutenden Beitrag leistet die Stadt Zierglas und konnte sich gegen die internationale Görlitz, die ja auch zu den Stiftern des Museums Konkurrenz behaupten. 1918 wurde sie schließ- gehört, indem ihre Ämter die Maßnahmen bau- lich von der Josephinenhütte übernommen und fachlich begleiten und uns bei Ausschreibungen die Produktion fortgesetzt. und Auftragsvergabe unterstützen. Bis das Mu- Basierend auf einer Privatsammlung von fast 200 seum wieder auf dem neuesten technischen Produktionsbeispielen und ergänzt um Leihga- Stand ist, werden sicher zwei Jahre vergehen. ben aus dem Muzeum Karkonoskie wird die Auf dem Weg dorthin werden gelegentliche Stö- Ausstellung das breite Spektrum des Kunst- und rungen im Museumsbetrieb nicht ganz zu ver- Zierglases der Fa. Heckert zeigen. meiden sein. Wir hoffen aber, ohne eine (allen- Die Ausstellung wird zusammen mit dem Muze- falls kurzzeitige) Schließung auszukommen. um Karkonoskie erarbeitet und nach der Präsen- Die technische Erneuerung soll einhergehen mit tation in Görlitz übernommen. Es erscheint ein der Durchführung kleinerer Reparaturen und Katalog. Weiterer Partner ist die Glasfabrik Ergänzungen in der ständigen Ausstellung. An „Huta Julia“ in Piechowice, die am alten Stand- einigen Stellen im Ausstellungsrundgang sollen ort der Fa. Heckert aktuell Glas produziert und interaktive Stationen vor allem Kinder und Ju- sich intensiv dafür engagiert, Besuchern der Re- gendliche ansprechen. Sie sollen komplizierte gion die Geschichte der jahrhundertelangen Sachverhalte einfach erklären, zu spielerischem Glasherstellung im Raum Hirschberg zu vermit- Umgang und zu eigener aktiver Auseinanderset- teln. Hier kann man bei einem Rundgang durch zung mit den Themen der Ausstellung anregen. den Betrieb die Glasherstellung erleben, die sich Nicht nur für Kinder soll das Schlesische Muse- seit Fritz Heckerts Zeiten technologisch kaum um attraktiver werden. verändert hat – ein lohnendes Ziel nicht nur für Die Aufgabe „Inklusion“ nimmt inzwischen Exkursionen im Rahmen der Ausstellung. auch bei uns einen hohen Stellenwert ein, was nicht ohne Auswirkungen auf das berufliche Die Ausstellung wird anschließend, vom 2.10. Selbstverständnis der Mitarbeiterinnen und Mit- 2020 bis 31.1. 2021 im Muzeum Karkonoskie w arbeiter des Museums geblieben ist. Wir haben Jeleniej Górze/Riesengebirgsmuseum Hirsch- Führungen in einfacher Sprache entwickelt und berg gezeigt. Martin Kügler durchgeführt und Angebote für Demenzkranke ausprobiert. Ein kleiner Führer in leichter Spra- Wort des Museumsdirektors che ist entstanden. Museumsbesucher mit kör- perlichen Beeinträchtigungen haben uns auf Bar- Liebe Freunde des Schlesischen Museums, rieren und Fallen im Museumsrundgang auf- merksam gemacht, die wir nun – soweit es im im Jahr 2006 hat das Schlesische Museum im denkmalgeschützten Haus möglich ist – nach Schönhof eröffnet, und gut 15 bis 20 Jahre ist es und nach beseitigen wollen. In den nächsten her, dass das alte Gemäuer eine blitzblank-neue Wochen werden Vorrichtungen zur automati- technische Ausstattung bekommen hat. Ich hatte schen Öffnung von Türen eingerichtet, ein wirklich geglaubt: mit dem Thema „Bau und Treppenlift zum oberen Ausstellungsraum im Technik im Schönhof“ muss ich mich in meiner Mittelhaus eingebaut und der Zugang zum Mu- Dienstzeit nicht mehr befassen, aber Pusteku- seum von der Brüderstraße für Gehbehinderte chen! Die technischen Anlagen sind inzwischen und Rollstuhlfahrer erleichtert. Im nächsten Jahr in großen Teilen veraltet. Sie sind „abgekün- stehen eine Verbesserung des Leitsystems durch digt“, wie der Fachterminus lautet, den ich zuvor die Ausstellungsräume und die Erstellung zu- noch nie gehört hatte: d.h. die Firmen überneh- sätzlicher, den Gehör- und Tastsinn anspre- men keine Gewähr für das reibungslose Funkti- chender Angebote in der ständigen Ausstellung onieren mehr, und häufig fehlen die Ersatzteile auf dem Programm. für künftig anstehende Reparaturen. Noch läuft Am Ende steht ein gastfreundliches und offenes alles reibungslos, aber wir müssen uns darauf Haus, ohne Barrieren und mit Angeboten, die vorbereiten, die Apparaturen nach und nach zu sich an alle richten – ein lohnenswertes Ziel, wie ersetzen. Dazu bedarf es langfristiger Planung, ich finde. und natürlich stehen die Mittel für umfangreiche Mit besten Grüßen und guten Wünschen für einen Investitionen nicht vom einen auf den anderen friedlichen Jahresausklang Tag zur Verfügung. Wir sind sehr dankbar, dass Ihr Markus Bauer 2
Große Ereignisse auf kleinen Medaillen Seine Medaille zeigt auf einer Seite den Kometen mit seinem Schweif am Himmel über einer kar- In der Ausstellung „Kopf und Zahl. Geschichte gen Landschaft, auf der anderen Seite ein Bi- des Geldes in Schlesien“ (deren Laufzeit bis zum belzitat: „Wer hat des Herrn Sinn erkannt? (Röm 1. Juni 2020 verlängert wurde) sind neben Hun- XI 34)“. Das Schlesische Museum besitzt diese derten Münzen auch zahlreiche Medaillen zu se- Medaille in Silber, wobei sie auch als Dukat her- hen. Sie sind meist ebenso rund und aus Metall, gestellt worden war. doch gelten sie nicht als Zahlungsmittel, sondern Würde heutzutage ein Großer Komet erschei- besitzen vor allem künstlerischen und ideellen nen, so wären die Menschen ganz bestimmt Wert. Seit der Renaissance wurden auf den klei- stark beeindruckt - trotz umfassender wissen- nen, robusten Kunstwerken bedeutende Persön- schaftlicher Erklärungen und automatischer lichkeiten, wichtige Ereignisse und imposante Himmelsdurchmusterungen, die bis zu 20 Ko- Bauwerke abgebildet oder große Botschaften meten pro Jahr feststellen. Möglicherweise wür- durch Symbole, Wahlsprüche, Heiligen- und My- den neue Medaillen entstehen. Allerdings ist für thendarstellungen vermittelt. das kommende Jahr 2020 kein Großer Komet Nur 22 Millimeter beträgt der Durchmesser ei- angekündigt. Martina Pietsch ner Silbermedaille, die an eine großartige Him- melserscheinung der Jahre 1743/44 erinnert: der „Kopf und Zahl“- Die Sonderausstel- Große Komet, der über 110 Tage lang mit blo- lung ist ein Magnet für Kinder ßem Auge sichtbar war. Seine Helligkeit und sei- ne gewaltigen Schweifstrahlen machten ihn zu Seit der Eröffnung der Sonderausstellung „Kopf einem Weltereignis, das von Zeitgenossen viel- und Zahl - Geschichte des Geldes in Schlesien“ fach beschrieben und dargestellt wurde. Bis heu- kann die Museumsbildung hinsichtlich der Re- te rangiert der „Komet Klinkenberg“ oder sonanz auf ihre Angebote rund um das Thema auch „Komet de Chéseaux“ – benannt nach sei- Geld eine erfreuliche Zwischenbilanz ziehen. nen offiziellen Entdeckern Dirk Klinkenberg Knapp 380 Kinder und Jugendliche wurden von und Jean-Philippe de Chéseaux – auf Platz 5 un- Ausstellungsbeginn im Mai bis Ende Oktober ter den Top Ten der Kometen. mit zwei verschiedenen Programmen zur The- matik Münzen und Medaillen erreicht. Ob im Klassenverband, als Feriengruppe oder zusam- men mit Eltern oder Großeltern bei einem Feri- enangebot, die Kinder kamen und merkten oft nicht, wie schnell die Zeit überschritten war. Das erste Programm läuft unter dem Titel „Euro mit Kopf und Zahl“ und schlägt von alten Mün- zen, die in Schlesien gefunden wurden und in der Ausstellung präsentiert werden, einen Bogen zu unserer aktuellen Währung, dem Euro. Der Bezug zur Lebensrealität ist damit bestens gege- Foto: Medaille auf den Großen Kometen, 1744, Silber ge- prägt, Medailleur: Georg Wilhelm Kittel, SMG 2002/1365, ben und so fesselt das Thema Numismatik Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland (Sammlung Ba- schnell die Gäste. schinski), Foto: René Pech Die Besucher können nicht nur eine „Euro- Reise“ erleben, in der Münzen auf einer Europa- Selbst am Taghimmel war der Komet sichtbar. karte den verschiedenen Ländern zugeordnet Bis zu zwölf sich fächerartig ausdehnende werden, sondern gleichzeitig Kenntnisse aus den Schweifstrahlen ragten lange Zeit über den Ho- Bereichen Geographie, Geschichte und Fremd- rizont, versetzten die Menschen in großes Stau- sprachen testen. Die vielen verschiedenen Mün- nen und Schrecken. Über die Natur dieses Phä- zen aus Deutschland sind die Grundlage für ein nomens wurde noch lange gerätselt und Kome- Quiz, in dem die Motive der Bundesländermün- ten galten seit der Antike als Vorboten von be- zen zu passenden Postkarten zugeordnet wer- deutenden Ereignissen und Katastrophen. Im den. Eine Aufgabe, die nicht nur die jüngeren Mittelalter deutete man sie als Zeichen oder Stra- Besucher ins Schwitzen bringt. fe Gottes. Das Geld wird bei diesem Programm im Für den Medailleur Georg Wilhelm Kittel (in wahrsten Sinne des Wortes in die Hand genom- Breslau 1684 geboren und 1769 gestorben) war men. Hier wird auch das „Geheimnis“ gelüftet, der Große Komet eine Erscheinung, welche auf wie blinde Menschen Münzgeld erkennen, sich die Größe und das Geheimnis Gottes verwies. nicht verzählen und korrekt bezahlen ohne hin- 3
zuschauen. Ein zweites Programm läuft unter für eine neue, eigenständige Entwicklung frei? dem Motto „Der schöne Schein“. Auch hier Die Schriftstellerin Olga Tokarczuk verfasste ei- werden Kinder angesprochen über den schönen nen Essay unter dem Titel „Die namenlose „Schein“ des Geldes nachzudenken und die äs- Landschaft“ und beschreibt darin die Chancen, thetische Erscheinung von Banknoten genauer die sie für die Schaffung einer neuen Erzählung zu betrachten. Unterstützung bekommt das Mu- über die Region Niederschlesien sieht: „Als seum von einer freien Mitarbeiterin, die als Schriftstellerin empfinde ich das als großes „Zauberkathrin“ auf magische Weise Geld ver- Glück, bedingt durch die Mühlen der Geschichte mehren kann und mit ihren Kunststücken Groß an so einem Ort wie Niederschlesien leben zu und Klein in ihren Bann zieht. dürfen. Das ist ein Geschenk, ein Land zum Le- ben zu bekommen, das in der Sprache und Kul- tur, zu der ich gehöre, nicht ausreichend erzählt wurde. Alles will neu erzählt werden. Man muss die Feder spitzen, damit sie im Stande ist, diese unheimlich große Welt zu beschreiben und alle leeren Räume in der Landschaft und im Ge- dächtnis zu füllen.“ Ihr Essay wird zusammen mit anderen Beiträgen namhafter polnischer Au- toren im Foto-Essay-Buch „Nieswojość“ („Un- heimisch“) veröffentlicht, das Anfang Dezember 2019 von der Kunstakademie Krakau (Akademia Sztuk Pięknych w Krakowie) und dem Verlag Wydawnictwo Warstwy am Breslauer Literatur- Foto: SMG © 2019 haus (Wrocławski Dom Literatury) gemeinsam herausgegeben und gleich bei der 28. Breslauer Das Interesse an beiden Programmangeboten ist Buchmesse in der Jahrhunderthalle präsentiert ungebrochen. Es ist schön zu erleben, wie krea- wird. tiv Kinder bei diesem Thema denken, argumen- Die von Agata Pankiewicz und Michał tieren und selbst Ideen entwickeln. Höhepunkte Przybyłko initiierte und redigierte Publikation ist sind nicht nur über 60 „exotische“ Geldscheine ein interdisziplinäres Projekt, das die Bereiche aus aller Welt, die aktuell im Umlauf sind, son- Fotographie und Literatur verbindet. Die Auto- dern die Präsentation von der kleinsten bis zur rinnen und Autoren reflektieren in ihren Fotos größten Eurobanknote mit Überraschungen. und Texten die mentale Landschaft der Polen in Beiden Programmen ist gemein, dass Objekte Niederschlesien. Der Foto-Essay der beiden Ini- nicht nur in Augenschein genommen werden, tiatoren des Projektes wird ergänzt durch litera- sondern auch zwischen den eigenen Findern rische und publizistische Texte wie auch durch klingen oder knistern. Diese Nähe kommt an Reportagen und populärwissenschaftliche Analy- und fesselt die Besucher immer wieder. Bis zum sen. Die stilistische und thematische Vielfalt der Ende der Sonderausstellung sind beide Pro- Ansätze hilft dabei, das Phänomen der Region gramme weiterhin buchbar und als Ferienange- Polens zu verstehen, in der es einen beinahe bot für junge Museumsbegeisterte und Neugieri- vollständigen Bevölkerungswechsel gab, und er- ge zu erleben. Zum Großeltern-Enkel Tag am neut über seine kulturellen Folgen nachzuden- 19. Januar 2020 wird „Zauberkathin“ im Muse- ken. Die neuere Geschichte hat ihre Spuren in um mit einem eigenen Programm auftreten. der Architektur und Landschaft Niederschlesiens Matthias Voigt hinterlassen. Ausgewählte Fotos werden ab dem 6. Februar Nieswojość/Unheimisch – Buch und 2020 in einer Ausstellung unter demselben Titel Fotoausstellung über Niederschlesien „Unheimisch“ in der Galerie Brüderstraße in Görlitz präsentiert. Die Fotografien sind kein Wie manifestieren sich die kulturellen Folgen des einfaches Abbild der Landschaft, sondern eine Bevölkerungsaustausches nach 1945 in der geis- Erzählung. Sie lassen Gefühle des Unbehagens, tigen und sichtbaren Landschaft Niederschlesi- der Verwunderung und auch des Mitleids mit ens? Wie äußert sich der Cultural Clash nach der alten Bausubstanz entstehen. Wie unhei- dem Zusammenprall des Vorgefundenen und misch sich die neuen Bewohner Niederschlesi- des Mitgebrachten? Entstanden aus dieser er- ens in der neuen Heimat fühlen mussten, wo sie zwungenen Begegnung nur Chaos und eine Ka- den Propagandaparolen von den „wiedergewon- kophonie der Kulturen oder wurde auch Raum nenen Gebieten“ folgten, aber mit dem Vorge- 4
fundenen wenig anfangen konnten, wo sie den mälde, Fotografien, Gebrauchsgrafik und Plasti- Boden als ihr Terrain, aber die Bauten nicht als ken zeigen, welche aus Schlesien stammenden Zuhause empfanden – das alles findet sich in Künstler in Breslau Teil der internationalen Mo- den Bildern von Agata Pankiewicz und Michał derne waren. Unsere Gespräche setzen wir be- Przybyłko wieder. reits auf dem Weg vom Schönhof in die Peter- Die Ausstellung in der Galerie Brüderstraße straße zum Restaurant Filetto fort und intensi- (Brüderstraße 9 in Görlitz) wird vom Kulturrefe- vierten sie bei unserem gemeinsamen Abendes- rat am Schlesischen Museum zu Görlitz in Ko- sen. Am Samstag trafen wir uns alle wieder im operation mit der Görlitzer Kulturservicegesell- Museum zur jährlichen Mitgliederversammlung. schaft mbH organisiert und in Anwesenheit der Herr Dr. Schneider als Vorsitzender stellte die beiden Fotografen am Donnerstag, den 6. Feb- Situation des Vereins dar. Der Verein ist hat in ruar 2020 um 17 Uhr eröffnet. Sie ist bis Ende den letzten Jahren mit fast 60.000 Euro den An- April 2020 von Montag bis Freitag von 11 bis 18 kauf von Objekten und die pädagogische Muse- Uhr und samstags von 13 und 18 Uhr zu sehen. umarbeit unterstützt. Dr. Markus Bauer, Direk- Der Eintritt ist frei. tor des Museum, dankte allen Mitgliedern. Er betonte, wie wichtig die Förderung für die An- stoßfinanzierung von Projekten sei. Zuletzt hat der Verein den Erwerb zweier Miniaturporträts und eines Werkes des Malers Alfred Nickisch (1872-1948) ermöglicht, die den Bestand des Museums bereichern. Der Verein hat gut gewirt- schaftet. Die Finanzen und die Förderung sind wichtig, ebenso auch die Menschen, die den Verein ausmachen. Um sich noch besser ken- nenzulernen und sich auszutauschen, diskutieren wir den Vorschlag, die jährliche Mitgliederver- sammlung um eine Exkursion zu ergänzen. Ein thematischer Ausflug oder der Besuch eines mit Liegnitz/Legnica, Foto Pankiewicz Przybyłko dem Museum kooperierenden polnischen Muse- ums würden das Mitgliederwochenende noch at- Das Projekt „Nieswojość/Unheimisch“ wird traktiver machen, und zwar für Mitglieder aus von der Stiftung für deutsch-polnische Zusam- der Region und aus der Ferne gleichermaßen. menarbeit gefördert. Projektpartner sind Daher wird bereits die nächste Mitgliederver- Schlesisches Museum zu Görlitz (Kulturreferat), sammlung im Jahr 2020 um diesen besonderen Akademia Sztuk Pięknych w Krakowie und Programmpunkt ergänzt werden, ein Konzept Wydawnictwo Warstwy (Wrocławski Dom dazu wird erarbeitet. Ich bin gespannt! Diskussi- Literatury). Agnieszka Bormann onen wie diese zeigen, wie wichtig der Austausch der Mitglieder auf der Mitgliederversammlung Mitgliederversammlung des Vereins der ist, nur so können neue Impulse entstehen, die Freunde und Förderer 2019 in Görlitz auch für die hauptamtlich im Museum Tätigen interessant und spannend sein können. Ich habe Fast 700 km mit dem Zug war ich unterwegs den Eindruck dass das Museum sehr lebendig von meinem Wohnort Düsseldorf nach Görlitz ist! Auf meiner Rückreise traf ich leider kein wei- zur diesjährigen Mitgliederversammlung am 12. teres Vereinsmitglied, aber meine Düsseldorfer Oktober. Von Cottbus aus saß ich mit einem Nachbarin sagte zu, mich nächstes Jahr zu be- Herrn im offenen Abteil, wir tauschten uns über gleiten nach Görlitz zur Mitgliederversammlung. unser Reiseziel aus: Görlitz. Weshalb ich dorthin Vielleich kann ich sie bis dahin als Mitglied für reisen würde? Zur Mitgliederversammlung mei- unseren Verein gewinnen? nes Vereins, dem Verein der Freunde und För- Monika Stobrawe derer des Schlesischen Museum, so meine Ant- Herausgeber: wort. Und: Das war auch sein Ziel! So ein Zufall, Verein der Freunde und Förderer des Schlesischen Museums zu ein Vereinskamerad! Wir trafen und am Vor- Görlitz - Landesmuseum Schlesien e.V. in Zusammenarbeit mit abend der Mitgliederversammlung mit insgesamt dem Schlesischen Museum zu Görlitz Untermarkt 4, 02826 Görlitz, Tel. 03581 / 8791-124, foerderver- 26 Mitgliedern im Schlesischen Museum zu einer ein@schlesisches-museum.de Führung von Frau Dr. Johanna Brade durch die Vorsitzender: Dr. Klaus Schneider, Stuttgart Stellvertretender Vorsitzender: Hartmut Biele, Särichen kleine, aber feine und sehr sehenswerte Ausstel- Bankverbindung: Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien; lung „Avantgarde in Breslau 1919-1933.“ Ge- IBAN: DE64 8505 0100 0000 0460 00, BIC: WELADED1GRL 5
Alfred Nickisch (1872 Bischdorff – 1948 Bamberg) Am Zacken, undatiert, Öl/Malpappe, signiert u. r., auf der Rückseite betitelt, 58 x 73 cm, ungerahmt Alfred Nickisch wurde am 22. Dezember 1872 diesem Kreis von zentraler Bedeutung, da er in Bischdorff bei Breslau geboren und zählt zu auch junge Künstler wie Willi Oltmanns mit sei- den wichtigsten Vertretern der Künstlerkolonie ner bereits expressiv anmutenden Malweise be- Schreiberhau im Riesengebirge. Nickisch studier- einflusste. Nach der Vertreibung wirkte Nickisch te um 1890 bis 1898 an der Karlsruher Kunstak- noch wenige Jahre in Bamberg. ademie sowie an der Kgl. Kunst- und Kunstge- Das aus Privatbesitz stammende Gemälde zeigt werbeschule zu Breslau. Bereits früh gehörte er den durch Schreiberhau fließenden Zacken, ein zu einem Kreis Karlsruher Studenten, die 1895 beliebtes Motiv. Die dynamische Bewegung des in Cuxhaven-Duhnen eine Künstlerkolonie be- Wassers und der umrahmenden Landschaft wer- gründeten. Durch seinen Breslauer Professor den von Nickischs lockerer, pastoser Malweise Carl Ernst Morgenstern dürfte er später das eindrucksvoll wiedergegeben. Das Schlesische Freilichtmalen im Riesengebirge kennengelernt Museum besitzt bereits einige Gemälde von Ni- haben. ckisch, ein vergleichbares Motiv fehlt jedoch Von 1898 bis 1909 hielt sich Nickisch regelmä- noch in der Gemäldesammlung. Der Erwerb des ßig im Riesengebirge auf, begleitet von den Bildes ist vor allem im Hinblick auf die 2021 ge- Künstlerkollegen Heinrich Tüpke und Otto Fi- plante Ausstellung über Künstler im Riesenge- scher. 1908 wurde Nickisch Mitbegründer des birge wünschenswert. Johanna Brade Künstlerbundes Schlesien und war um 1910 in der Gegend von Trebnitz ansässig. 1917 zog er ganz nach Schreiberhau, wo er 1922 die Vereini- Wir bitten um Spenden, die dem Schlesischen gung bildender Künstler St. Lukas in Schreiber- Museum den Erwerb dieses Gemäldes ermögli- hau mitbegründete. Nickisch war als Maler in chen. Der Preis ist 900 Euro. KS 6
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