Mitten drin Das Lindenhof Magazin - Auf Augenhöhe - das BTHG und seine Entwicklungen

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Mitten drin Das Lindenhof Magazin - Auf Augenhöhe - das BTHG und seine Entwicklungen
Das Lindenhof Magazin
Nr. 30 / Dezember 2022

Mitten
drin
Auf Augenhöhe – das BTHG
und seine Entwicklungen
Mitten drin Das Lindenhof Magazin - Auf Augenhöhe - das BTHG und seine Entwicklungen
Editorial
                       Prof. Dr. Wolfgang Wasel, Vorstand

„Chancengleichheit     Ein Paradigmenwechsel für Menschen mit Behinderung
besteht nicht darin,
dass jeder einen
Apfel pflücken darf,   Wir schreiben das Jahr 2016.                    Das BTHG ebnet den Weg für eine
                       Es ist der 23. Dezember, ein Tag           Welt voller Teilhabemöglichkeiten. Eine
sondern dass der       vor Weihnachten.                           Welt, in der die individuellen Belange
Zwerg eine Leiter                                                 von Menschen mit Behinderung gleich-
                       Bundespräsident Joachim Gauck unter-       zusetzen sind mit denen der Menschen
bekommt.“              zeichnet ein Gesetz, das das Leben von     ohne Behinderung. Es geht den notwen-
                       Menschen mit Behinderung neu denkt,        digen Schritt hin zu mehr gleichberech-
- Reinhard Turre       ja revolutioniert.                         tigter Teilhabe am Leben: Menschen mit
                                                                  Behinderung sollen auf Augenhöhe mit
                            Das Bundesteilhabegesetz (BTHG),      anderen leben.
                       wie sich die neu verabschiedete recht-
                       liche Basis nennt, fußt auf der UN-             Für uns als Stiftung Haus Lindenhof,
                       Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)       als sog. Leistungserbringer, bedeutet
                       und läutet einen radikalen Paradigmen-     das immense Umstrukturierungen, neue
                       wechsel in der Eingliederungshilfe ein.    Angebote, viel Verwaltungsarbeit und
                                                                  Neuverhandlungen. Vor allem aber: Wir
                            In der UN-BRK werden Menschen-        können Wegbegleiter und Wegbereiter
                       rechte speziell für Menschen mit Behin-    für Menschen mit Behinderung sein.
                       derung formuliert, rechtlich konstitutiv
                       fixiert und dienen damit als Grundlage          Wir versuchen diese neue Lebens-
                       für das BTHG. Dieses bildet eine eigen-    welt von Menschen mit Behinderung
                       ständige deutsche Rechtssystematik,        auf Basis des BTHG mitzugestalten. In
                       die nicht mehr im Sinne des Fürsorge-      dieser Ausgabe des Mittendrin wollen
                       systems agiert.                            wir Ihnen dies anhand unserer Wohn-
                                                                  gemeinschaft „In der Vorstadt“ näher
                           Vielmehr steht die angemessene         vorstellen. Die Wohngemeinschaft ist
                       Unterstützung im Fokus. Wünsche und        die erste Einrichtung innerhalb unserer
                       Bedarfe der Menschen mit Behinderung       Stiftung, deren Leistungsportfolio und
                       werden nachhaltig erfasst, gleichbe-       Kostenrahmen ausgehandelt wurden.
                       rechtigte und vollumfängliche Teilhabe
                       am gesellschaftlichen Leben wird sicher-
                       gestellt.

                            Diese Neuausrichtung betrifft das
                       ganze Leben von Menschen mit Behin-
                       derung: Wohnen, Arbeiten, Freizeit,
                       Mit-/ und Selbstbestimmung, Gesund-
                       heit, Pflege und viele weitere.

                                                                                                              1
Mitten drin Das Lindenhof Magazin - Auf Augenhöhe - das BTHG und seine Entwicklungen
12 Von mehr Personalbedarf
    Das BTHG und seine Entwick-                                               und Blasmusik
                                                                                                                                   Seite 20

    lungen – in dieser Ausgabe des                                            Das meinen die
    MITTENDRIN wollen wir Ihnen,                                              Angehörigenvertreter/-innen
    liebe Leser/-innen, Einblicke in
                                                                              14 Das BTHG –
    die neue Gesetzesgrundlage                                                ein Verwaltungs-Koloss?
    der Behindertenhilfe geben.                                               Wie sich Teilhabe am
                                                                              Schreibtisch auswirkt
                                                                 Seite 10
                                                                              16 „xit-Garagen“
                                                                              Innovationsschmieden im
                                                                              BTHG-Prozess

                                                                              17 Eingliederungshilfe im
                                                                              Wandel
                                            1 Editorial                       Die gute Nachricht: es ist nur
                                            Ein Paradigmenwechsel für         kompliziert, nicht komplex!
                                            Menschen mit Behinderung
                                                                              18 Stimmen von der Basis
                                            4 Kommt und seht:                 „Wenn wir diesem Anspruch
                                            Neues beginnt                     gerecht werden wollen,
                                            Impuls                            brauchen wir Unterstützung.“
                                  Seite 8
                                            5 Es gibt ein neues Gesetz        20 Vom Teilhabe-Prozess
                                            Leichte Sprache                   Möglichst passgenaue
                                                                              Leistungen schaffen                         Leben,
                                 Seite 14   6 Die UN-Behinderten-                                                         so wie ich
                                            rechtskonvention                  22 selbst.bestimmt.leben.                   es mag.
                                            Paukenschlag für Menschen-        mit Assistenz
                                            rechte                            Wie gelingt eine personen-
                                                                              zentrierte Hilfe für Menschen,
                                                                                                               Seite 20
                                            7 Glossar                         die durch die Stiftung Haus
                                            Wichtige Begriffe kurz erklärt    Lindenhof begleitet werden?

                                            8 Die Wohngemeinschaft            26 Was spricht für die
                                            „In der Vorstadt“                 selmA-Systematik?
                                            Mit gutem Beispiel geht’s voran   Stimmen von außen

                                            10 Ein Buch mit vielen Kapiteln   28 In eigener Sache
                                            Aus dem Leben eines
                                            Heilerziehungspflegers            29 Impressum

2                                                                                                                                             3
Mitten drin Das Lindenhof Magazin - Auf Augenhöhe - das BTHG und seine Entwicklungen
Kommt und seht:
    Neues beginnt
    Kommt und seht: Neues beginnt.
    Macht euch auf den Weg.
    Ihr braucht die Nacht nicht zu fürchten,
    ihr könnt dem Stern trauen und                                                                              Leichte
    der Botschaft der Träume.
                                                                                                                Sprache
    Sucht nicht bei denen,
    die Macht üben, Grenzen ziehen,

                                                    Es gibt ein
    Mauern brauchen, Menschen jagen
    Waffen schmieden, Krieg führen,
    den Büchern verschworen, das Leben versäumen,

                                                    neues Gesetz
    dem Alten verbündet, das Neu nicht wagen.

    Kommt und seht:
    Neues beginnt.
    ein Kind – aller Menschen Heil!
                                                    Das Gesetz heißt Bundes-Teilhabe-Gesetz, das BTHG.
    Franz-Josef Ortkemper                           Das BTHG ist für Menschen mit Behinderung.
                                                    Es stärkt soziale Teilhabe und mehr Mitbestimmung
                                                    Menschen mit Behinderung sollen mit dem neuen Gesetz:
                                                    · mehr selbst bestimmen können
                                                    · mehr selber entscheiden können
                                                    · selbstständiger leben können.
                                                    Und sie sollen das Arbeits-Leben besser bestimmen können.
                                                    Mit dem BTHG gibt es verschiedene Änderungen.

                                                    Mit dem BTHG steht der einzelne Mensch im Mittelpunkt.
                                                    Er soll sein Leben selbst gestalten können.
                                                    Und bekommt dabei Unterstützung.

                                                                                                                      Autorin: Katharina Stumpf
                                                    Es wird geprüft:
                                                    Welche besonderen Hilfen braucht er wegen seiner Behinderung?
                                                    Jeder Mensch bekommt dann genau die Hilfen, die er braucht.
                                                    Es gibt auch mehr Angebote für Menschen mit Behinderung.
                                                    Im Wohnen. Im Arbeiten. In der Freizeit. In der Bildung.

4                                                                                                                                                 5
Mitten drin Das Lindenhof Magazin - Auf Augenhöhe - das BTHG und seine Entwicklungen
Die UN-Behinderten-                                                                                                                               Glossar                                                            Wichtige Begriffe kurz erklärt

    rechtskonvention

                                                                                                                      UNTERSTÜTZUNG
                                                                                                                                                       Kostenträger/Leistungsträger                                       ICF

                                                                                                                      INTENSIVE
                                                            ZUGÄNGLICHKEIT
                                          CHANCENGLEICHHEIT                                                                                           Der Kostenträger im Sozialrecht bezeichnet die Behörde, Körper-    Die International Classification of Functioning,

                                                                                                           TEILHABE
                                                                                                                                                      schaft oder Anstalt, die eine Sozialleistung trägt bzw. diese      Disability and Health klassifiziert Komponenten von
     GLEICHBERECHTIGUNG                                                   Paukenschlag für
                                                                                                                                                      erbringt und wird deshalb auch oft Leistungsträger genannt.
                                                                                                                                                      Die sieben Rehabilitationsträger sind die Leistungsträger für
                                                                                                                                                                                                                         Gesundheit: Körperfunktionen, Körperstrukturen,
                                                                                                                                                                                                                         Aktivitäten und Partizipation (Teilhabe) sowie Umwelt-
                                                        Menschenrechte AUTONOMIE                                                                      die Leistungen zur Teilhabe; diese umfassen die Leistungen zur
                                                                                                                                                      medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben und
                                                                                                                                                                                                                         faktoren.

                                                          RECHTE UND FREIHEITEN                                                                       an Bildung und zur sozialen Teilhabe. Leistungs-/Kostenträger
                                                            ANERKENNUNG
                                               VOLLER
                                               GENUSS

                                                                                                                                                      können sein: die Bundesagentur für Arbeit, die gesetzlichen         ICHI
                                                                                                                                                      Krankenkassen, die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung,
                                                                               UNABHÄNGIGKEIT                                                         die Berufsgenossenschaften, die Träger der Kriegsopferfürsorge,    Die Internationale Klassifikation von Gesundheits-
                                                                                                                                                      die Jugendämter und Sozialämter als Träger der Eingliederungs-     interventionen ist ein gemeinsames Instrument zur
                                                                                                NICHTDISKRIMINIERUNG                                  hilfe, die Krankenkasse.                                           Berichterstattung und Analyse von Gesundheitsinter-
                                                                                                                                                                                                                         ventionen für klinische und statistische Zwecke.

                                                                                                                                                       BEI-BW
    Schätzungsweise 650 Millionen Menschen                                                                                                                                                                                Landesrahmenvertrag
    leben weltweit mit einer Behinderung.                                                                                                             ist ein BedarfsErmittlungsInstrument in Baden-Württemberg. Bei
    Nur in etwa 45 Staaten, zumeist Industrie-                                                                                                        der Bedarfsermittlung schaut man sich genau an, was der einzelne   Er regelt die Umsetzung des BTHG auf Landesebene.
    nationen, gibt es Vorschriften, die ihre                                                                                                          Mensch an Unterstützungsleistung benötigt um gleichberech-
    Rechte besonders schützen.                                                                                            Autorin: Katharina Stumpf   tigt an der Gemeinschaft teilhaben zu können. Um so leben zu
                                                                                                                                                      können, wie Menschen ohne Behinderung auch. Im BEI-BW kann          POS
    Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat deshalb                  freiheiten durch Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu             der Mensch mit Behinderung nicht nur sagen, was er oder sie
    2001 beschlossen, dass Vorschläge für ein umfassendes in-                  schützen und zu gewährleisten. Damit bezieht sich das Über-            braucht oder sich wünscht, sondern auch, was gut gelingt und       Die Personal Outcomes Scale (POS) ist ein wissen-
    ternationales Übereinkommen zur Förderung und zum Schutz                   einkommen auf die universellen Menschenrechte, wie sie in              was schon mal gelungen ist. Nicht nur der Mensch mit Behin-        schaftlich fundiertes Messinstrument, das zur
    der Rechte von Menschen mit Behinderungen entwickelt                       anderen Übereinkommen der Vereinten Nationen anerkannt                 derung kann etwas dazu sagen, auch die Menschen, die bisher        Erfassung der individuellen Qualität des Lebens von
    werden sollen – das „Übereinkommen der Vereinten Nationen                  sind und steht im engen Zusammenhang mit diesen.                       schon geholfen haben oder zukünftig unterstützen möchten.          Menschen dient. Sie basiert auf den acht Domänen
    über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“. Am 13.                                                                                                                                                              der Qualität des Lebens und umfasst 48 Aspekte von
    Dezember 2006 hat die Generalversammlung dieses Überein-                       Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist ein                                                                                     Qualität des Lebens, die im Interview mit Menschen
    kommen verabschiedet. In Deutschland ist die UN-Behinder-                  Menschenrecht, kein Akt der Fürsorge oder Gnade. Die UN-                Fachleistungen                                                    mit und ohne Assistenzbedarf erhoben werden können.
    tenrechtskonvention (UN-BRK) seit 2009 in Kraft.                           BRK schafft damit keine Sonderrechte, sondern konkretisiert
                                                                               grundlegende Menschenrechte für die Lebenssituation von                Menschen mit Behinderung können „fachliche Leistungen“ der
         Es ist damit das erste universelle Rechtsinstrument, das              Menschen mit Behinderung. Dazu greift sie auf die Allgemeine           Eingliederungshilfe bekommen, wenn sie bestimmte Tätigkeiten        selmA
    bestehende Menschenrechte, bezogen auf die Lebenssituation                 Erklärung der Menschenrechte sowie auf die wichtigsten                 nicht selbst können und dabei Hilfe benötigen oder das erst
    von Menschen mit Behinderung, konkretisiert. Es würdigt                    Menschenrechtsverträge der Vereinten Nationen zurück und               noch lernen müssen. Dann brauchen sie Betreuung oder Assistenz.    selbst.bestimmt.leben. mit Assistenz. Ein von der
    Behinderung als Teil der Vielfalt menschlichen Lebens und                  formuliert zentrale Bestimmungen dieser Dokumente für die                                                                                 Stiftung Haus Lindenhof entwickeltes Management-
    überwindet damit das noch in vielen Ländern vorherrschende                 Lebenssituation von Menschen mit Behinderung.                                                                                             system zur Leistungserbringung und Leistungsab-
    defizitorientierte Verständnis. Dem Großteil der behinderten                                                                                       Besondere Wohnform                                                rechnung. selmA beschreibt Teilhabeleistungen auf
    Menschen soll das Übereinkommen erstmalig einen Zugang                           Sie erfasst Lebensbereiche wie Barrierefreiheit, persön-                                                                            Basis von ICF und ICHI.
    zu universell verbrieften Rechten verschaffen. Während das                 liche Mobilität, Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Rehabi-           Den Begriff „vollstationäre Einrichtung“ (in der Umgangssprache
    Weltaktionsprogramm für Menschen mit Behinderungen und                     litation, Teilhabe am politischen Leben, Gleichberechtigung            Heim) hat das BTHG abgeschafft. Nach dem neuen Recht soll
    die Rahmenbestimmungen für die Herstellung der Chancen-                    und Nichtdiskriminierung. Grundlegend für die UN-BRK und               jeder Mensch mit Behinderung seinen Wohnort frei wählen kön-        Alltagsassistenz
    gleichheit von Menschen mit Behinderungen einen lediglich                  die von ihr erfassten Lebensbereiche ist der Gedanke der               nen. Die Leistungen, die ein Mensch wegen einer Behinderung
    empfehlenden Charakter haben, wird das Übereinkommen                       Teilhabe: Menschen mit Behinderung gehören von Anfang an               benötigt, werden personenzentriert ermittelt und bewilligt. Die    auch bekannt als Teilhabeassistenz bzw. Begleiter/-in
    für alle Staaten, die es ratifizieren, verbindlich. Ziel ist es, den       mitten in die Gesellschaft und gestalten diese aktiv mit.              örtlichen Sozialämter sind für die existenzsichernden Leistungen   oder Helfer/-in im Alltag.
    gleichberechtigten Genuss der Menschenrechte und Grund-                                                                                           zuständig.

6                                                                                                                                                                                                                                                                                 7
Mitten drin Das Lindenhof Magazin - Auf Augenhöhe - das BTHG und seine Entwicklungen
Autor: Clemens Beil
                                                                                                     Steckbrief                                           „Alle Unterstützungsangebote
                                                                                                                                                          der Stiftung dienen dem Ziel,

     Die Wohngemeinschaft                                                                            Eröffnung/Einzug
                                                                                                     August 2020
                                                                                                                                                          das Maß an selbstbestimmter
                                                                                                                                                          Teilhabe zu erhöhen.“

     „In der Vorstadt“
                                                                                                     Anzahl Bewohner/-innen
                                                                                                     5 Frauen, 12 Männer                                       Steffen Müller ist vor allem auch die gute Lage
                                                                                                                                                          sehr wichtig ist. Es bestehen gute Busverbindungen
                                                                                                     Anzahl Mitarbeitende                                 ins Stadtzentrum aber auch in umliegende Gemeinden
                                                                                                     14 Mitarbeitende (inkl. FSJ’ler und Auszubildende)   wie Bargau oder Heubach. Der Ortskern von Bett-
     Mit gutem Beispiel geht’s voran                                                                 7 Fachkräfte, 4 Mitarbeitende ohne Ausbildung        ringen ist gerade einmal zehn Gehminuten entfernt,
                                                                                                                                                          einen Supermarkt erreichen die Bewohner/-innen in
                                                                                                     Anzahl Ehrenamtliche                                 fünf Minuten zu Fuß und auch Ärzte, eine Apotheke
                                                                                                     12 (Aufwandsentschädigung)                           und die Kirchen sind nicht weit entfernt.

                                                                                                     Zimmeranzahl                                              Direkt neben der Pädagogischen Hochschule
                                                                                                     2 Wohngemeinschaften:                                gelegen, hat die Stiftung Haus Lindenhof das Gebäude
                                                                                                     8 Einzelzimmer im Erdgeschoss                        mit zwei Wohneinheiten erstellt, mit acht Einzel-
                                                                                                     7 Einzelzimmer im Obergeschoss                       zimmern im Erdgeschoss und sieben Einzelzimmern
     Seit August 2020 wohnen im Stadtteil                                                            2 große Wohn- und Essbereiche                        sowie einem Ein-Zimmer-Appartement und einem
     Bettringen 16 Männer und Frauen mit                                                             2 Küchen                                             Gästezimmer für die Kurzzeitbetreuung im Oberge-
     einer Behinderung in ihrem neuen                                                                3 Duschen mit WC                                     schoss. Beide Wohngruppen sind mit einem groß-
     Haus „In der Vorstadt“.                                                                         2 Pflegebäder                                        en Wohn-Ess-Bereich und großzügiger Küche, drei
                                                                                                     1 Ein-Zimmer-Appartment                              Duschen mit WC und einem Pflegebad ausgestattet.
                                                                                                     1 Gästezimmer für Kurzzeitbetreuung                  Das Appartement soll einer Person mit Behinderung
                                                                                                     im Obergeschoss                                      ermöglichen, ein höheres Maß an Selbstständigkeit zu
                                                                                                                                                          erproben oder sich auf ein selbstständiges Wohnen
                                                                                                     Haustiere                                            in eigenen vier Wänden vorzubereiten. „Alle Unter-
                                                                                                     Fische, weitere Haustierwünsche vorhanden            stützungsangebote der Stiftung dienen dem Ziel, das
                                                                                                     (Schildkröten, Katzen evtl. auch Hühner)             Maß an selbstbestimmter Teilhabe zu erhöhen“, sagt
     „Es ist schön zu                       Julian Zubler (29)                                                                                            Müller.
     sehen, wie alle                        „Ich würde gerne mal alleine in einer eigenen            Besonderes
                                                                                                     Stadtnähe, guter ÖPNV, großer Garten
     zusammengefunden                       Wohnung wohnen. Im Moment geht das halt noch
                                            nicht. Aber ich hoffe, dass das mal möglich wird.“
     haben und so
     schnell zu einer
                                            Kevin Maier (32)
     vertrauten Gemein-                     „Ich bin immer gerne beim Thaiboxen. Mein Hobby ist
     schaft geworden                        aber auch Fußball. Ich würde sehr gerne mal wieder
                                            in einer Mannschaft spielen. Auch im Gelände mit
     sind.“                                 dem Quad-Fahrrad fahren würde ich gerne.“                Einige Bewohner/-innen sind aus
                                                                                                     anderen Wohngemeinschaften
                                                                                                     hierher umgezogen, andere kamen
                                            Sabrina Himmelspach (27)                                 ganz neu dazu. Elona Müller und
                                            „Ich liebe Tiere! Ich würde gerne Reiten oder in die     Sebastian Mödinger kamen aus
                                            Reittherapie. Ich mag es auch, einen Zoo oder einen      der inzwischen aufgelösten WG in
     Sie wissen, was sie wollen             Streichelzoo zu besuchen. Und ich hätte gerne eine       Durlangen, Sebastian Mayer aus der
                                            Schildkröte.“                                            Bettringer Egaustraße oder Sabrina
     Die Bewohner/-innen der beiden                                                                  Himmelspach aus einer Wohnein-
     Wohngemeinschaften „In der                                                                      richtung in Lorch. Allen gefällt es
     Vorstadt“ haben ganz konkrete          Ilona Müller (67)                                        gut im neuen Haus. „Es ist schön zu
     Vorstellungen was sie gerne            „Ich würde gerne mit dem Zug verreisen, zum Beispiel     sehen, wie alle zusammengefunden
     machen, wie sie leben wollen oder      in die Berge nach Österreich. Alleine kann ich das       haben und so schnell zu einer
     teilhaben am Leben in der Stadt        nicht, da brauche ich aber jemand, der mich begleitet.   vertrauten Gemeinschaft geworden
     oder in ihrem Stadtteil Bettringen.    Auch Ausflüge machen wäre schön. Zum Beispiel            sind“, freut sich Organisationsleiter
                                            nach Wasseralfingen, von da komme ich her.“              Steffen Müller.

68                                                                                                                                                                                                               9
Mitten drin Das Lindenhof Magazin - Auf Augenhöhe - das BTHG und seine Entwicklungen
Kapitel 2
                                                                                                                                                           Autorin: Katharina Stumpf
     Unabhängig davon, welche                                                                                                                                                                                                 Dezentrale WGs und mehr Verantwortung

                                                                                                                                                           Ein Buch
     Reformen, Gesetzesände-                                                                                                                                                                                                  Anfang der 2000er Jahre dann eine Weiterentwicklung. Gestärkt durch         „Der Heilerziehungspfleger
     rungen oder Umstrukturie-                                                                                                                                                                                                das Projekt „Zukunft – Aufbruch – Chance“ (ZAC), bei dem die Wünsche        bildet nicht mehr die Mehrheit
     rungen realisiert werden                                                                                                                                                                                                 und Bedarfe der Bewohner/-innen analysiert wurden, gründete die Stif-       im Team vor Ort. Er muss koor-
     sollen – nichts funktioniert                                                                                                                                                                                             tung dezentrale WGs, in denen es keine Gruppenleiter/-innen mehr gab.       dinieren, moderieren, managen

                                                                                                                                                           mit vielen
     ohne Personal. Im Bereich                                                                                                                                                                                                Eine Teamleitung war für mehrere WGs zuständig, der Heilerziehungs-         und die Hilfskräfte anleiten“,
     der Eingliederungshilfe sind                                                                                                                                                                                             pfleger nun damit beauftragt, Begleitung, Haushalt und das Leben in den     so Hahn. Der Beruf entwickelte
     viele wertvolle Hände                                                                                                                                                                                                    WGs mit rund sechs Bewohner/-innen zu organisieren. Das bedeutete:          sich über die Jahre und durch

                                                                                                                                                           Kapiteln
     am Werk, u.a. viele                                                                                                                                                                                                      mehr Verantwortung. Von der Pflege, dem Erstellen der Dienstpläne,          das BTHG zu einem vielfäl-
     Heilerziehungspfleger*.                                                                                                                                                                                                  dem Organisieren des Mittagessens bis zum Bestellen des Heizöls. „Das       tigeren und attraktiven, ganz-
                                                                                                                                                                                                                              Team musste sich selbst organisieren“, sagt Hahn. Auch fachlich musste      heitlichen Aufgabengebiet, das
                                                                                                                                                                                                                              der Heilerziehungspfleger nun mehr leisten, denn die Fachdienste waren      mehr als „nur Pflege“ oder „nur
                                                                                                                                                                                                                              am Zentralstandort Bettringen angesiedelt und zuvor war die heilpäda-       Freizeit“ betrifft: Der Heilerzie-
                                                                                                                                                                                                                              gogisch-fachliche Arbeit außerdem bei der Leitungskraft angesiedelt.        hungspfleger ist mittlerweile
                                                                                                                                                           Aus dem Leben eines Heilerziehungspflegers                         Das hat sich nun geändert. Dieser Schritt bedeutete im Umkehrschluss        ein Teilhabemanager, der auch
                                                                                                                                                                                                                              aber auch den ersten Schritt hin zur Personenzentrierung: Die Ermittlung    die Wirtschaftlichkeit, Planung,
                                                                                                                                                                                                                              von Bedürfnissen und Wünschen der Menschen standen im Fokus, sie            Dokumentation, Personal und
                                                                                                                                                                                                                              wurden sprachfähig gemacht und versucht umzusetzen.                         Umsetzbarkeit von individuell
                                                                                                                                                                                                                                                                                                          zugeschnittenen Angeboten
                                                                                                                                                                                                                               Kapitel 3                                                                  im Auge behalten muss. Damit
                                                                                                                                                                             Wie hat sich dieses Berufsbild im Laufe                                                                                      einher geht, dass „sich die
                                                                                                                                                                             der Zeit verändert und welche neuen              Die UN-Behindertenrechtskonvention                                          Heilerziehungspfleger mittler-
                                                                                                                                                                             Herausforderungen bringt das BTHG                Individuelle Rechte stärken, Angebote anpassen, Teilhabe leben durch        weile viel häufiger spezialisieren
                                                                                                                                                                             für den Heilerziehungspfleger mit sich?          vollen Genuss von Rechten und Freiheiten – mit diesem Paukenschlag          (müssen), z.B. auf heilpädago-
                                                                                                                                                                             Ein Gespräch mit einem echten                    wurde ein neues Zeitalter in der Behindertenhilfe eingeläutet, das den      gische Felder oder Prader-Willi-
                                                                                                                                                                             „Lindenhof-Urgestein“: Martin Hahn.              Heilerziehungspfleger als Mitarbeitenden weg vom „Pfleger“ hin zum          Syndrom“, so Hahn.
                                                                                                                                                                                                                              „Assistenten“ führte. Der Trend ging hin zur Ambulantisierung, ausdiffe-
                                                                                                                                                                                                                              renzierten und bedarfsbezogenen (Wohn-) Angeboten. Empowerment
                                                                                                                                                                                                                              und Individualisierung standen im Vordergrund. Für den Heilerziehungs-
                                                                                                                                                                                                                              pfleger bedeutete dies einen weiteren Schritt: Er ermittelt nun gemein-
                                                                                                                                                                                                                              sam mit den Angehörigen/gesetzl. Betreuern, plant, welche Hilfelei-         Wie wird das Buch wohl
                                                                                                                                                                                                                              stungen Menschen mit Behinderung brauchen und macht dies beim               weitergeschrieben?
                                                                                                                                                           Steigen wir also ins Buch ein.                                     Kostenträger geltend: über den „Assistenz-Teilhabe-Pflege-Plan“. Der
                                                                                                                                                                                                                              Heilerziehungspfleger ist also nun für die Organisation in den WGs, aber    Wie müssen Organisationen ihre
                                                                                                                                                                                                                              auch für die Administration in der Hilfeplanung verantwortlich.             Heilerziehungspfleger in deren
     Martin Hahn                                                                                                                                            Kapitel 1                                                                                                                                     Qualifikation unterstützen, so-
                                         Wir verwenden in diesem Beitrag aus rhetorischem Grund die männliche Form des Begriffs „Heilerziehungspfleger“.

     ist Wohnverbundsleiter im                                                                                                                                                                                                 Kapitel 4                                                                  dass sie den neuen Strukturen,
     Raum Schwäbisch Gmünd und                                                                                                                             Die Gruppe als Gemeinschaft                                                                                                                    Führungsqualitäten und Ver-
     Göppingen. Seit 1985 arbeitet er                                                                                                                      Lange bevor es den Begriff BTHG gab, arbeitete der Heiler-         BTHG                                                                        antwortungsbereichen gerecht
     in der Stiftung Haus Lindenhof.                                                                                                                       ziehungspfleger in einem Haus. Er war zuständig für die            Das ganze Leben der Bewohner/-innen steht nun für den Heilerziehungs-       werden können? Wie kann die
     Begonnen hat er wie viele seiner                                                                                                                      Bewohner/-innen eine Gruppe. Eine feste Gemeinschaft               pfleger im Blick, aber auch in der Verantwortung. Teilhabe und Selbst-      Balance zwischen Organisation
     Kollegen mit einem Freiwilligen                                                                                                                       mit starkem Gruppengefühl. „Der Heilerziehungspfleger              bestimmung anhand der persönlichen Wünsche der Menschen mit                 und „Nähe am den Bewohner/-
     Sozialen Jahr, danach folgten                                                                                                                         war damals sehr nahe am Menschen tätig und wirkte sehr             Behinderung zu stärken: Das ist die Grundidee des BTHG. Der Heilerzie-      innen“ gehalten werden? Wird
     die Ausbildung zum Heilerzie-                                                                                                                         intensiv mit den Bewohner/-innen zusammen. Er war für die          hungspfleger hat die Aufgabe, Wünsche zur Lebensplanung zu ermitteln        sich auch bzgl. der Bezahlung
     hungspfleger im Haus Michael,                                                                                                                         Menschen da, nicht für die Verwaltung oder Organisation von        und in eine Hilfeplanung zu überführen. Durch das Älterwerden der           etwas verändern?
     ein Studium der Betriebswirt-                                                                                                                         Abläufen. Dies managte der/die Gruppenleiter/-in“, so Hahn.        Menschen mit Behinderung bekommt aber auch das Thema Pflege einen
     schaft, Gruppenleiter, Teamleiter                                                                                                                     Damals war Teilhabe als Wort nicht so stark etabliert wie heute,   ganz neuen Stellenwert. Sie wird intensiver und komplexer als früher.       Das Buch des Heilerziehungs-
     und Einrichtungsleiter sowie                                                                                                                          man sprach eher von Inklusion. Schon Anfang der 1980er             Und gleichzeitig trägt der Heilerziehungspfleger maßgeblich dazu bei,       pflegers ist nun zu Ende.
     viele Fort- und Weiterbildungen.                                                                                                                      Jahre war die Stiftung Haus Lindenhof hier innovativ unter-        neue Formen der Teilhabe, ein neues Verständnis von gemeinsamen             Vorerst.
     Er hat hautnah miterlebt, wie                                                                                                                         wegs: Kleine Einheiten statt große Schlafsäle. Die Menschen        Leben zu gestalten. Das Buch neigt sich langsam dem Ende zu, der
     sich nicht nur die Rahmenbe-                                                                                                                          lebten meist in 8er WGs. Diese Kleingliedrigkeit ermöglichte       gleichsam den Anfang eines neuen Mehrteilers beschreibt. Die Hilfskräfte,
     dingungen der Eingliederungs-                                                                                                                         ein familienähnliches Leben. „Wir hatten damals mehr die           die Helfer im Alltag, wie wir sie in der Stiftung nennen, werden maßgeb-
     hilfe, sondern auch die Aufgaben                                                                                                                      Gruppe als Ganzes im Blick, weniger den Einzelnen. Wenn            liche Säulen im Alltag vor Ort und bekommen einen neuen Stellenwert.         To be continued.
     und Herausforderungen für den                                                                                                                         die Gruppe zum Gottesdienst gehen wollte, dann gingen wir          Multiprofessionelle Teams werden für Teilhabe sorgen. Neben dem Heil-
     Heilerziehungspfleger vor Ort                                                                                                                         – und alle gingen mit. Die Differenziertheit lag damals mehr       erziehungspfleger sind auch Alten-/Kranken- und Gesundheitspfleger,
     verändert haben.                                                                                                                                      in der Unterscheidung zwischen Kinder-, Erwachsenen-, und          Hauswirtschafter, Hilfskräfte und Freiwillige in den WGs tätig, was hohe
                                                                                                                                                           Seniorengruppen“, erzählt Hahn.                                    Anforderungen an deren Selbstorganisation stellt.

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Mitten drin Das Lindenhof Magazin - Auf Augenhöhe - das BTHG und seine Entwicklungen
Von mehr Personal-                                                                                                                                                                                             Ursula Heilig

     bedarf und Blasmusik
                                                                                                                                                                                                                    Mehr Eins-zu-eins-
                                                                                                                                                                                                                    Begleitung, auch am
                                                                                                                                                                                                                    Wochenende

     Das meinen die Angehörigenvertreter/-innen                                                                                                                                       Die Einführung des BTHG und die ersten Schritte hätten zu-
                                                                                                                                                                                      erst einmal einen „riesen Aufruhr verursacht‘“, sagt Angehö-
                                                                                                                                                                                      rigenvertreterin Ursula Heilig rückblickend. „Niemand wusste
     Autor: Clemens Beil                                                                                                                                                              so recht Bescheid und wir Angehörigen mussten erst einmal
                                                                                                                                                                                      jede Menge Unterlagen für das Landratsamt ausfüllen. Viele
                                                                                                                                                                                      Angehörige waren damit völlig überfordert und baten uns um
                                                                                                                                                                                      Unterstützung.“ In dieser Zeit seien auch viele Fehler passiert.
     Sie sind näher dran als manch                                              Günter Barth                                                                                          Dann habe es hilfreiche Informationsveranstaltungen beim
     einer – nicht nur emotional: die                                                                                                                                                 Diözesan-Caritasverband gegeben. „Danach waren auch wir
     Angehörigenvertreter/-innen. Ihre                                          Niemand kann drei                                                                                     in der Lage, Informationsveranstaltungen für die Angehörigen
     Kinder, Geschwister oder Verwand-                                          Rollstühle auf einmal                                                                                 anzubieten“, erzählt sie. Die Bürokratie habe mit der Einführung
     ten leben in unseren Einrichtungen.                                        schieben.                                                                                             des BTHG erst einmal stark zugenommen, bedauert Heilig.
     Was treibt Angehörige um, wenn es                                                                                                                                                Ob das Ganze Sinn macht, kann sie zum jetzigen Zeitpunkt
     um das BTHG geht? Wir haben uns                                                                                                                                                  noch nicht so recht beurteilen, doch sie erwartet, dass sich
     mit ihnen unterhalten.                       Günther Barth ist Angehörigenvertreter von Beginn an. Seit                                                                          etwas ändert, denn „wir gehen grausigen Zeiten entgegen“,
                                                  2018 befasst er sich mit dem BTHG. Er ist überzeugt, dass das                                                                       fürchtet sie, „ganz einfach, weil es das Personal nicht gibt“.
                                                  BTHG „was werden kann“, doch das sei abhängig vom Personal.                                                                         Die Bewohner/-innen bauen zu den Mitarbeitenden Bezie-
                                                  Niemand könne drei Rollstühle auf einmal schieben. „Eine                                                                            hungen auf, deshalb sei Kontinuität so wichtig und häufiger
                                                  spannende Frage wird es nicht nur sein, ob ausreichend Per-                                                                         Personalwechsel ein Problem. Für ihre Tochter Nicole hat sie
                                                  sonal gefunden wird, sondern auch, ob es für die jeweiligen       Die Bewohner/-innen                                               schon ganz konkrete Wünsche an das BTHG: „Mehr Eins-zu-
                                                  Leistungsanforderungen ausreichend qualifiziert ist“, sagt                                                                          eins-Begleitung, auch am Wochenende, das wäre für mich
                                                  Barth. In den Einrichtungen der Stiftung Haus Lindenhof habe      bauen zu den Mitarbei-                                            eine große Entlastung!“. Nicole malt gerne und liebt es,
                                                  es eine Altersentwicklung der Bewohner/-innen gegeben, die        tenden Beziehungen auf,                                           spazieren zu gehen. Dabei sei es ihr egal, wer sie begleitet:
                                                  immer mehr Pflegeleistungen erfordere. „Ganz viel wird davon                                                                        „Hauptsache sie kommt raus!“.
                                                  abhängen, ob es gelingt, das Personal zu finden und es dann
                                                                                                                    deshalb sei Kontinuität
                                                  auch zu halten“, ist er überzeugt. Das sei nicht nur eine Frage   so wichtig.
                                                  der Bezahlung, sondern auch eine Frage der Wertschätzung.

                                                       „Unsere Rechte als Angehörige sind gestärkt, wir können
                                                  Wünsche äußern“, sagt Barth und „wir werden in Zukunft                                                                              abbauen“, sagt die Mutter. Das Wetter spiele für ihre Tochter
                                                  auch kontrollieren, ob die geplanten und bewilligten Leis-                                                                          dabei keine Rolle. Ein Handicap: Brigitte kann nicht sprechen,
                                                  tungen erbracht werden.“ Das brauche im Miteinander ein                                                                             so habe sie ihre eigene Art zu kommunizieren entwickelt und
                                                  gutes Vertrauensverhältnis und eine gute Kommunikation                                          Kreszentia Meisinger                könne schon mitteilen, ob sie die kleine oder die große Runde
                                                  über die jeweiligen Bedarfe. „Doch was ist, wenn das notwen-                                                                        unterwegs sein will.
                                                  dige Personal gar nicht zur Verfügung steht?“ Es werde einen                                    Zügige Spaziergänge
                                                  Konkurrenzkampf ums Personal geben, prognostiziert sein                                         und Blasmusik                       Und einen zweiten Wunsch hat sie: „Brigitte liebt live gespielte
                                                  Stellvertreter Martin Scheel. Wenn es um das BTHG geht,                                                                             Blasmusik über alles“, erzählt Kreszentia Meisinger. So ist es
                                                  ziehen die beiden immer an einem Strang. Befristete Arbeits-                                                                        auch ein großer Wunsch der Mutter, dass Brigitte, vor allem
                                                  verhältnisse und Schichtdienste auch an Wochenenden seien         Brigitte Meisinger ist 57 Jahre alt und wohnt seit 2020 in der    in den Sommermonaten, über das BTHG eine Begleitung zu
                                                  für viele nicht so attraktiv. Sorgen machen sich die beiden       Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung „In der             Festen mit Blasmusik ermöglicht wird. Kürzlich seien sie mit
                                                  auch darum, dass die Umsetzung des BTHG durch die aktu-           Vorstadt“ in Oberbettringen. Zuvor lebte sie in der inzwischen    ihr auf einem Fest im Aalener Stadtteil Hofen gewesen, „drei-
                                                  ellen Krisen beeinträchtigt werden könnte.                        aufgelösten WG in Durlangen. „Brigitte liebt es, spazieren zu     einhalb Stunden Blasmusik hat sie dort sichtlich sehr genos-
                                                                                                                    gehen“, erzählt ihre Mutter Kreszentia Meisinger. Beim Spa-       sen!“, freut sich die Mutter. Entsprechende Anträge hat sie an
                                                      Eine besondere Aufgabe sei es sicher noch, die Einzellei-     zierengehen sei Brigitte gerne sehr zügig unterwegs. Früher       das Landratsamt bereits gestellt, auf eine Antwort wartet sie
                                                  stungen mit Preisen zu versehen, sie zu dokumentieren und         waren sie und ihr Mann regelmäßig mit ihrer Tochter on Tour.      aber noch. „Für solche zeitaufwändigen Einzelbetreuungen
                                                  abzurechnen. „Dankbar sind wir, dass die Stiftung Haus Lin-       Aber altersbedingt geht das jetzt nicht mehr. Deshalb ist es      haben wir nicht das Personal“, bedauert Organisationsleiter
                                                  denhof das Thema mit dem Landratsamt Ostalbkreis so gut           ihr großer Wunsch, dass es über das BTHG möglich wird,            Steffen Müller. Dafür seien auch nicht immer voll ausgebildete
                                                  vorangetrieben hat“, sagt Barth und Scheel fügt hinzu: „Das       eine Assistenz zu finanzieren, die sich mit Brigitte wenigstens   Fachkräfte nötig. Für solche Tätigkeiten sehe das BTHG künftig
                                                  BTHG ist in der Theorie sehr gut, aber in der Praxis noch eine    zweimal wöchentlich eine Stunde auf den Weg macht. „Das           sogenannte Alltagsassistenten vor, die wir bei uns „Helfer im
                                                  Herausforderung!“                                                 ist auch wichtig für ihre Gesundheit, dabei kann sie gut Stress   Alltag“ nennen.

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                                                                                                                                                                                                                                                                                Leitung Sozialmarketing

                                                                                                                                                                                                                                                                                Lindenhofstraße 127
                                                                                                                                                                                                                                                                                73529 Schwäbisch Gmünd
                                                                                                                                                                                                                                                                                Telefon 07171 802-393
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                                                                                                                                                                             Liebe Leserinnen, liebe Leser,

                      Lassen Sie uns gemeinsam den Alltag                                                                                                                    Einsamkeit kennt Ursula K. nicht mehr. Seit drei Jahren darf ich Ursula bei ihrem Alltag in unserem
                                                                                                                                                                             Pflegeheim der Stiftung Haus Lindenhof begleiten. An ihrem 82. Geburtstag vor ein paar Tagen flüster-
                 von hilfsbedürftigen Menschen schöner machen.                                                                                                               te sie mir am Kaffeetisch ins Ohr: „Das war die beste Entscheidung seit meinem 75. Geburtstag.“ Da-
                                                                                                                                                                             mit meinte sie ihren Einzug in unsere Altenpflegeeinrichtung vor drei Jahren. Denn schon damals war
                                                                                                                                                                             ihr klar, sie möchte im Alter nicht einsam sein und selbst bestimmen können, wie sie leben möchte.

           38 Euro                                       84 Euro                         170 Euro                              280 Euro                                      In unserem Haus und vielen anderen Einrichtungen und Häusern betreuen und pflegen wir von der
                                                                                                                                                                             Stiftung Haus Lindenhof Kinder und Erwachsene mit Behinderungen sowie Menschen im Alter. Wir
      Beitrag für Ausflüge unseres                    Beitrag zur Ausstattung für         Beitrag zur Ausstattung              Beitrag für einen Fitness-                     begleiten die Menschen nach individuellen Bedürfnissen und Wünschen durch ihren Alltag. Für mich
        Hauses. Menschen mit                        individuelle Bedürfnisse. Ein       unserer inklusiven Band.                 parcours für Ältere.                        fühlt es sich einfach richtig an, hier als Mitarbeiterin dabei zu sein.
      Einschränkungen können in                       Smartphone mit entspre-          Zur Anschaffung und Repa-             Der Parcours ist senioren-
       professioneller Begleitung                      chenden Apps zum Bei-           ratur von Musikinstrumen-               gerecht konzipiert und                        Ihren Tag startet Ursula mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern des Hauses auf dem Fitness-Par-
         einen schönen Tag in                       spiel. Damit Menschen mit           ten und für Besuche von               gesichert. Draußen unter                       cours im Garten. Seitdem sind die Schmerzen in der rechten Hüfte weniger geworden und sie kommt
       Gemeinschaft verbringen                        starken körperlichen und            Konzerten und Musik-               freiem Himmel können in
                                                                                                                                                                             morgens besser aus dem Bett. Wenn ich den Ausflugsnachmittag gestalte, ist sie mit ihren drei Freun-
       und tolle Erlebnisse teilen.                  geistigen Einschränkungen           festivals für die Teilneh-           Gemeinschaft Muskeln,
                                                      mit Familie und Freunden         merinnen und Teilnehmer.               Gleichgewichtssinn und                         dinnen immer dabei. Die Damen lieben es, spazieren zu gehen und Klavierkonzerte zu hören.
                                                      kommunizieren können.                                                    motorische Fähigkeiten
                                                                                                                                  trainiert werden.                          Es tut so gut zu sehen wie Menschen, die zu uns kommen, regelrecht aufblühen.

                                                                                                                                                                             So sollte jeder Mensch alt werden dürfen, Frau Mustermann. Es ist schön, Sie an unserer Seite
                                                                                                                                                                             zu haben, um diese Teilhabe zu ermöglichen. Helfen Sie mit Ihrer Spende, ich kann versichern,
Ich unterstütze die Arbeit der Stiftung Haus Lindenhof als Förderer mit:                                                                                                     es lohnt sich!
Bitte Gewünschtes ankreuzen:
                                                                                                               Ich ermächtige die Stiftung Haus Lindenhof, Zahlungen         Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen von Herzen ein wundervolles Weihnachtsfest!
        10 Euro                           20 Euro              50 Euro                              Euro       von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich
                                                                                                               weise ich mein Kreditinstitut an, die von der Stiftung Haus
        monatlich                         1/4-jährlich         1/2-jährlich            jährlich                Lindenhof auf mein Konto gezogenen Lastschriften ein-                           Ihre
                                                                                                               zulösen. Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend
 Kontoinhaber:                                                 Telefon:                                        mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten
                                                                                                               Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kredit-
                                                                                                               institut vereinbarten Bedingungen. Stiftung Haus Lindenhof
                                                                                                               Gläubiger-Identifikationsnummer: DE24SHL00000089262,
                                                               Geburtsdatum (T/M/J):                           meine Mandatsreferenz wird mir separat mitgeteilt.                              Regina Rein, Sozialer Dienst

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                                                                                                               Haus Lindenhof wünschen, können Sie der Verwendung
 Kreditinstitut:                                                                                               Ihrer hierzu genutzten Adresse jederzeit widersprechen.

                                                                                                               Stiftung Haus Lindenhof
                                                                                                               Lindenhofstr. 127, 73529 Schwäbisch Gmünd                     Stiftung Haus Lindenhof   Vorstand                            Spendenkonten                                                  Mitglied im Caritas-
 Datum / Unterschrift:
                                                                                                                                                                             Lindenhofstraße 127       Direktor Hermann Staiber            Kreissparkasse Ostalb IBAN: DE62 6145 0050 1000 2748 97        verband der Diözese
                                                                                                               Bitte wenden Sie sich bei allen Fragen an
                                                                                                                                                                             73529 Schwäbisch Gmünd    Direktor Prof. Dr. Wolfgang Wasel   VR-Bank Ostalb eG     IBAN: DE92 6149 0150 1110 0100 01        Rottenburg-Stuttgart e.V.
                                                                                                               spenderservice@haus-lindenhof.de
Mitten drin Das Lindenhof Magazin - Auf Augenhöhe - das BTHG und seine Entwicklungen
Zuwendungsbescheinigung
                                                                                                                                                                                                                                                                     für Spenden bis zu 300,– Euro
                                                                                                                                                                                                                                                                     zur Vorlage beim Finanzamt

Paul hat einen Weihnachtswunsch:                                                                                                                                                                                                                                     (Gilt nur in Verbindung mit Ihrem
                                                                                                                                                                                                                                                                     Kontoauszug oder mit dem Kassen-
                                                                                                                                                                                                                                                                     stempel der Bank.)

Er möchte endlich mit Miri kommunizieren können.                                                                                                              Spraitbach                                                                                             Wir sind wegen der Förderung mildtätiger
                                                                                                                                                                                                                                                                     Zwecke und des Wohlfahrtswesens nach
                                                                                                                                                                                         Abtsgmünd                                                                   dem Freistellungsbescheid bzw. der
Hallo liebe Menschen,                                                                                                                                           Durlangen                                                                                            Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid
                                                                                                                                                                                                       Westhausen                                                    des Finanzamts Schwäbisch Gmünd,
                                                                                                                                                                                                                                                                     St.-Nr. 83085/02227 vom 23.03.2021
ich bin Paul und das ist mein Freund Tom. Tom ist super. Er hilft                                                                                               Mutlangen                              Aalen-Wasseralfingen                                          für den letzten Veranlagungszeitraum
mir in der Werkstatt und wir haben echt viel Spaß. Seit ich im                                                                                                                                                                                                       2019 nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des
                                                                                                                                                                                                                                                                     Körperschaftsteuergesetzes von der
Haus Lindenhof wohne, habe ich ganz viele Freunde und eine                                                                                                                                                                                                           Körperschaftsteuer befreit.
Arbeit. Das ist einfach nur toll!                                                                                                               Mehr Freude am Leben.   Heubach                                                                                      Wir versichern, dass wir den zugewendeten

Ich habe hier auch eine Freundin, die Miri. Sie kennt das noch                                                                                  Gemeinsam
                                                                                                                                                Wäschenbeuren
                                                                                                                                                              selbst. bestimmt. leben.
                                                                                                                                                              Waldstetten                                                                                            Betrag nur für die satzungsgemäßen
                                                                                                                                                                                                                                                                     Zwecke verwenden werden. Dies ist eine
                                                                                                                                                                                                                                                                     Spendenbitte der Stiftung Haus Lindenhof.
nicht so lange, dass man etwas nicht so gut kann und Hilfe von                                                                                                                                                                                                       Sie können der Verwendung Ihrer hierzu
                                                                                                 Paul (rechts) mit seinem Freund Tom (links).                                                                                                                        genutzten Adresse jederzeit widersprechen.
anderen braucht. Sie hatte einen schlimmen Unfall. Jetzt kann                                                                                                    Salach
                                                                                                                                                                                                      Steinheim                                                      Stiftung Haus Lindenhof Lindenhofstr. 127,
sie sich kaum noch bewegen. Und sprechen gar nicht. Oh Mann!                                                                                    Aufrichtigen Dank für Ihre Spende!                                                                                   73529 Schwäbisch Gmünd.

Tom hat mir beigebracht, wie ich mit einer Maschine mit Miri                                                                                                                                                                                                         Bitte wenden Sie sich bei allen Fragen
                                                                                                                                                                                                                                                                     an spenderservice@haus-lindenhof.de
sprechen kann. Das klappt noch nicht so gut. Ich wünsche mir
zu Weihnachten, dass ich endlich mit Miri reden kann. Sie ist die                                                                                                                                                   Standorte
tollste Freundin der Welt!                                                                                                                                                                                          Einrichtungen und Dienste
                                                                                                                                                                                                                    der Stiftung Haus Lindenhof

Mit einem Smartphone und entsprechenden Apps können Sie                                                                                         Konkrete Hilfe vor Ort
den beiden helfen! Vielen Dank für Ihre Unterstützung.                                           Paul's Freundin Miri.                          Einrichtungen und Dienste
                                                                                                                                                der Stiftung Haus Lindenhof
                                                                                                                                                                                                                                            Spraitbach
                                                                                                                                                                                                                                                                 Abtsgmünd
                                                                                                                                                                                                                                              Durlangen
                                                                                                                                                                                                                                                                           Westhausen

                                                            Was heißt selbstbestimmt leben?                                                        Wohnen und Pflege im Alter                                                                     Mutlangen                Aalen-Wasseralfingen
                                Foto: © TVNOW-Frank-Dicks

                                                                                                                                                   Wohnen für Menschen mit Behinderung
                                                                                                                                                   Mobile Dienste Gepflegt leben – zu Hause
                                                                                                                                                                                                                                                                 Heubach
                                                            Selbstbestimmt leben heißt für mich ein Leben zu leben, das es einem                   Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum                                                  Waldstetten
                                                                                                                                                                                                                            Wäschenbeuren
                                                            ermöglicht, seinen Alltag den Umständen entsprechend zu gestalten.                     Arbeit und Integration (Werkstatt und Arbeitsplätze für
                                                                                                                                                                                                                                                                           Steinheim
                                                            Möglichst eigenständig und von eigener Kraft getrieben. Idealerweise                   Menschen mit Behinderung, Förder- und Betreuungsbereich,                                       Salach

                                                            glücklich und zufrieden und mit dem entsprechenden Ein-/Auskommen.                     Kompetenzzentrum Arbeit)
                                                            Für die Menschen, denen das in dieser Form nicht gegeben ist und die                   Beratungsstelle (BAD)
                                                            auf Hilfe angewiesen sind, ist es gut, dass es Einrichtungen wie das Haus              Teilhabetreff – Begegnung · Kultur · Café
                                                                                                                                                   Hospiz Barbara
                                                            Lindenhof gibt. Meine aufrichtige Bewunderung für all jene, die mithelfen
                                                                                                                                                   Senioren-WG
                                                            diese Institution am Leben zu halten.         Heiner Lauterbach, Schauspieler

                                                                                                                                                                                                                               Wohnen und Pflege im Alter
                                                                                                                                                                                                                               Wohnen für Menschen mit Behinderung
                                                                                                                                                                                                                               Mobile Dienste Gepflegt leben – zu Hause
                                                                                                                                                              Hinweis: Bitte Einzugsermächtigung ausfüllen,                    Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum
                                                                                                                                                              unterschreiben und im Briefumschlag an uns                       Arbeit und Integration (Werkstatt und Arbeitsplätze für
                                                                                                                                                              zurücksenden – vielen Dank.                                      Menschen mit Behinderung, Förder- und Betreuungsbereich,
                                                                                                                                                                                                                               Kompetenzzentrum Arbeit)
                                                                                                                                                                                                                               Beratungsstelle (BAD)
                                                                                                                                                                                                                               Teilhabetreff – Begegnung · Kultur · Café
                                                                                                                                                                                                                               Hospiz Barbara
                                                                                                                                                                                                                               Senioren-WG

                                                                                                                                                         Stiftung Haus Lindenhof                                                          Wir freuen uns über Ihre Weiterempfehlung in
                                                                                                                                                                                                                                          Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis. Je mehr
                                                                                                                                                         Spenderservice
                                                                                                                                                                                                                                          uns kennen und unsere Arbeit fördern, desto
                                                                                 WIR ALLE VON DER                                                        Frau Heidrun Drendel                                                             besser können wir helfen.
                                                                        STIFTUNG HAUS LINDENHOF                                                          Lindenhofstraße 127
                                                              DANKEN IHNEN UND WÜNSCHEN IHNEN                                                            73529 Schwäbisch Gmünd
                                                                      EIN FROHES WEIHNACHTSFEST!
Autor: Clemens Beil                           Wie stark werden sich Verwaltungs-
                                                                                                abläufe ändern?

     Das BTHG –                                                                                 Die Verwaltungsabläufe als solche
                                                                                                bleiben in ihren Grundzügen erhalten.
                                                                                                Jedoch kommen teilweise neue Anfor-
                                                                                                                                                  „Unser Leistungs-

     ein Verwaltungs-
                                                                                                derungen hinzu, die bisher in der Form
                                                                                                so nicht erforderlich waren. So werden            angebot orientiert
                                                                                                wir künftig auch in der Eingliederungs-           sich am jeweiligen

     Koloss?
                                                                                                hilfe viel stärker als bisher das Thema
                                                                                                Leistungsnachweise in den Blick neh-              Bedarf des einzel-
                                                                                                men oder uns mit Personalabgleichen               nen Menschen.“
                                                                                                beschäftigen. Denn wir brauchen natür-
                                                                                                lich auch das Personal, das die verein-
                                                   Die Umstellung auf die                       barten Leistungen erbringen kann. Wir
     Wie sich Teilhabe am Schreibtisch auswirkt    Erfordernisse des BTHG                       haben künftig auch in der Verwaltung
                                                   stellt auch die Verwaltung                   deutlich mehr Leistungsbestandteile,
                                                   vor neue Herausforde-                        die es zu handhaben gilt, angefangen
                                                   rungen. Wir haben bei                        von der korrekten Abrechnung bis hin         Was sind ganz aktuell die Themen,
                                                   Florian Dengler, dem Leiter                  zur Nachkalkulation.                         mit denen sich die Verwaltung mit
                                                   des Ressorts Controlling,                                                                 Blick auf das BTHG befasst?
                                                   nachgefragt.
                                                                                                Was hat die Verwaltung getan,                Aktuell bereiten wir konkret den Start
                                                                                                um sich auf die Anforderungen des            der ersten Einrichtung, der Wohnge-
                                                                                                BTHG vorzubereiten?                          meinschaft ‚In der Vorstadt‘ in Bettrin-
                                                                                                                                             gen, nach der neuen Leistungslogik vor.
                                                   Vor welche Herausforderungen                 Wir waren von Anfang an ganz nah dran        Die WG wird also quasi zum Pilotprojekt.
                                                   stellt das BTHG die Verwaltung?              an den Themen, die das BTHG mit sich         Dazu müssen wir jetzt unser Software-
                                                                                                bringt. Die Verwaltung war außerdem          system entsprechend anpassen. Aber
                                                   Kernelement des BTHG ist der Fokus           maßgeblich an der Verhandlung der            unsere Erfahrung zeigt, dass immer
                                                   auf die Personenzentrierung: Unser           neuen Leistungssystematik selmA mit          noch ein paar Überraschungen und
                                                   Leistungsangebot orientiert sich am          dem Ostalbkreis beteiligt. selmA ist         Fragestellungen um die Ecke kommen,
                                                   jeweiligen Bedarf des einzelnen Men-         ein personenzentriertes Teilhabe-Ma-         die wir dann kurzfristig lösen müssen.
                                                   schen. Das bedeutet, die Wünsche der         nagement-System, das von der Stiftung        Außerdem laufen derzeit parallel die
                                                   Menschen, die wir begleiten, werden          Haus Lindenhof entwickelt worden ist.        Pflegesatzverhandlungen auf Hochtou-
                                                   künftig noch viel detaillierter ermit-       Es beschreibt Teilhabeleistungen auf         ren.
                                                   telt werden. Dafür brauchen wir eine         der Grundlage von der Internationalen
                                                   Systematik, die in der Lage ist, so eine     Classification of Functioning, Disability
                                                   deutlich differenzierte und kleinteiligere   and Health (ICF), einer Klassifikation der   Was sind die Aufgaben,
                                                   Leistungswelt genau abzubilden. Das          Weltgesundheitsorganisation (WHO)            die noch anstehen?
                                                   fängt bei der Bedarfsermittlung an,          und der International Classifications of
                                                   geht über die Leistungsplanung hin           Health Interventions (ICHI). Daneben         Bis Ende Juni 2023 müssen wir alle
                                                   zur Dokumentation und schließlich bis        hat die Verwaltung mit der Umstellung        bestehenden Angebote in der besonde-
                                                   zur Abrechnung. Das System dahinter,         auf CGM (CompuGroup Medical), einer          ren Wohnform, im ambulanten Bereich,
                                                   insbesondere in der besonderen Wohn-         speziellen Software für das Gesund-          in den Werkstätten, Tagesbetreuungen
                                                   form (früher vollstationäres Wohnen),        heitswesen, auch die Voraussetzungen         und Förder- und Betreuungsbereich
                                                   wird also sehr viel komplexer sein als       in der IT geschaffen, um die komplexe        sowie der Martinus Schule verhandeln.
                                                   das jetzt noch der Fall ist.                 Leistungswelt entsprechend abzubilden.       Da gibt es für uns noch einiges zu tun.

                                                          Bedarfsermittlung                Leistungsplanung                  Dokumentation                    Abrechnung

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„xit-Garagen“                                                                                           Eingliederungshilfe

                                                                                                                                                                                                                                         Autor: Stefan Löwenhaupt
             Innovationsschmieden im BTHG-Prozess
                                                                                                               im Wandel
                                                                                                               Die gute Nachricht: es ist nur kompliziert, nicht komplex!

                                                                                                                                                                      Für Menschen mit Behinderung bedeutet das BTHG eine Stärkung
                                                                                                                                                                 ihrer Rolle im gesamten Hilfe- und Assistenzprozess, weil ihre Wünsche
                                                                                                               Mit dem BTHG wurde eine weitrei-                  und Ziele zum Ausgangspunkt der Leistungserbringung werden. Voraus-
                                                                                                               chende Sozialrechtsreform umgesetzt,              setzung dafür ist aber deren Empowerment, damit sie ihre Wünsche und
                                                                                                               die einen fachlichen Paradigmenwech-              Ziele zum Ausdruck bringen und selbstbewusst in den Assistenzprozess
                                                                                                               sel in der Eingliederungshilfe zur Folge          einbringen können. Weil es dabei immer auch um knappe Ressourcen
                                                                                                               hat.                                              geht, sind zudem Lobbyisten erforderlich, die Menschen mit Behinderung
                                                                                                                                                                 dabei unterstützen, ihre Wünsche und Ziele gegenüber den Leistungs-
                                                               Unter Berücksichtigung der Digitalisie-                                                           trägern durchzusetzen. Beides sind wesentliche Aufgaben der Leistungs-
     Autorin: Katharina Stumpf                                 rungs- und Kooperationskomponente wur-          Im Mittelpunkt der fachlichen Neuausrichtung      erbringer wie der Stiftung Haus Lindenhof.
                                                               den fünf Garagen identifiziert:                 steht eine konsequent personenzentrierte
                                                                                                               und wirkungsorientierte Leistungserbringung.
     Autorin: Katharina Stumpf                                 1. Die Zukunft der Arbeit 2030:                 Dabei sind die Wünsche des Menschen mit           Für Menschen mit Behinderung bedeutet
                                                               Wie müssen bisherige Angebote weiter- bzw.      Behinderung und die daraus abgeleiteten Ziele     das BTHG eine Stärkung ihrer Rolle im
                                                               andere Angebote neu entwickelt werden, um       handlungsleitend für das Unterstützungssetting.
                                                               für Menschen mit und ohne Behinderung Un-       Gleichzeitig werden in Baden-Württemberg
                                                                                                                                                                 gesamten Hilfe- und Assistenzprozess.
                                                               terstützung, Begleitung, Bildung und Beschäf-   neue Leistungs- und Finanzierungssystema-
     Das BTHG erfordert Prozesse der Umstrukturie-             tigung zu realisieren?                          tiken (SHL: selmA) implementiert, die neue             Die Leistungsträger haben mit dem BTHG in Teilen ihre Rolle ge-
     rung, des Neudenkens, der kreativen Entwick-                                                              Formen und Spielregeln der Leistungserbrin-       stärkt, weil sie den Prozess der Bedarfsermittlung stärker an sich gezogen
     lung und Umsetzung. Hierfür machte sich der               2. Neue Formen der Pflege 2030:                 gung nach sich ziehen.                            haben. Leistungserbringer wie die Stiftung Haus Lindenhof sind jetzt nur
     Bereich Wohnen und Arbeiten für Menschen mit              Wie können Assistenzbedarfe (Pflege, Tages-                                                       noch auf Wunsch der Menschen mit Behinderung in die Prozesse der
     Behinderung 2021 auf den Weg, die Gesamt-                 struktur etc.) für Menschen mit Behinderung          Nimmt man diesen fachlichen Paradig-         Teilhabe- und Gesamtplanung eingebunden. Darüber hinaus ist der Lei-
     strategie „Teilhabe 2030“ zu entwickeln.                  sichergestellt werden, wenn diese immer älter   menwechsel ernst, dann löst er bei Leistungs-     stungserbringer zukünftig auch für die Messung der Wirkung und Wirk-
                                                               und pflege-, und hilfebedürftiger werden?       erbringern in der Eingliederungshilfe, wie dies   samkeit der Leistungen zuständig. Letztlich steuert der Leistungsträger
     Mit Unterstützung der Unternehmensberatung xit                                                            gerade bei der Stiftung Haus Lindenhof der        so über die Teilhabe-/ Gesamtplanung die Inputgrößen (Leistungsmen-
     GmbH wird die bisherige Strategie unter der Prämisse      3. Sozialräume gestalten 2030:                  Fall ist, einen umfassenden Transformations-      ge) und über die Wirksamkeits- bzw. Wirkungsmessung die Ergebnisse
     der Veränderungen aufgrund der gesetzlichen Um-           Wie können Teilhaberäume gemeinsam mit          prozess aus, der alle Unternehmensebenen          des Leistungsprozesses. In welchem Maße die Leistungsträger dieser
     strukturierung nachgeschärft, neue Entwicklungslinien     Angehörigen, Organisationen, Unterstützern      und -bereiche tangiert: die fachliche Neuaus-     Rolle fachlich gerecht werden, muss sich noch zeigen. Abgesehen von
     skizziert und modellhaft entwickelt. Auch hierbei         in der Region entstehen?                        richtung muss in der Unternehmensstrategie        den personellen Ressourcen, die hierfür benötigt werden, zeigt sich in
     steht die Personenzentrierung im Fokus mit der Mission,                                                   verankert und in den internen Organisations-      der Praxis, dass z.T. auch noch Know-how aufgebaut werden muss oder
     ein Maximum an Teilhabe und Lebensqualität für            4. Teilhabemanagement 2030:                     strukturen sowie Prozessen abgebildet werden.     ganz praktische Dinge wie etwa entsprechende Formulare und Verfahren,
     Menschen mit Behinderung zu ermöglichen. Pass-            Wie gelingt Teilhabemanagement im Rahmen        Zudem müssen die betriebswirtschaftlichen         erst in Ansätzen vorhanden sind.
     genaue Produktlinien, geeignete Servicemarken und         der Personenzentrierung und Umsetzung des       Planungs- und Steuerungsinstrumente, z.B.
     hohe Servicequalität sind hierfür erforderlich.           Leistungs- und Finanzierungssystems selmA?      im Rechnungswesen, im Controlling, bei der             Der Paradigmenwechsel bringt also Herausforderungen mit sich, er
                                                                                                               Wirtschafts- und der Dienstplanung angepasst      eröffnet aber auch neue Perspektiven und Chancen. Die Chance besteht
          Der Organisations- und Angebotsentwicklungs-         5. Zielgruppen und Kompetenzen 2030:            werden, dazu gehört auch die Implementation       vor allem darin, dass Leistungserbringer und Leistungsträger den fach-
     prozess wird durch sog. „Garagen“ abgesichert. Sie        Welche spezialisierten Angebote können          von Instrumenten und Verfahren zur Wir-           lichen Neustart nutzen, um gemeinsam das System der Eingliederungs-
     sollen Innovationsräume schaffen und dazu beitragen,      aufgrund neu entstehender Zielgruppen und       kungsmessung. Darüber hinaus muss das neue        hilfe in Richtung von mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderung in
     zukunftsfähige Lösungen mit der Chance auf Pionier-       Kompetenzen entstehen?                          fachliche Paradigma von den Mitarbeitenden        allen gesellschaftlichen Bereichen weiterzuentwickeln. Die Stiftung Haus
     gewinne zu generieren.                                                                                    verinnerlicht werden, so dass auch Fragen der     Lindenhof ist hier auf einem guten Weg und hat auch in der Vergangen-
                                                                                                               Personalentwicklung, der interdisziplinären       heit schon einiges bewegt, z.B. durch dezentrale, ambulante Wohnan-
          Die fünf Garagen dienen als kreative Experi-         Aufgeteilt in drei Phasen soll damit im Zeit-   Zusammenarbeit und Führung sowie der              gebote, die Organisation von Außenarbeitsplätzen oder die Kooperation
     mentierfelder mit klaren Aufgaben und Zielformu-          raum von Juni 2021 bis Dezember 2030 das        Unternehmenskultur auf der Agenda stehen.         mit Vereinen. Diese Beispiele verdeutlichen: Teilhabe gelingt nur, wenn
     lierungen. Als Orte der Innovation arbeiten hier          Strategiekonzept „Teilhabe 2030“ umge-          Letztlich löst das BTHG einen Organisations-      viele Akteure mitwirken. Gefragt sind deshalb nicht nur Leistungserbringer
     heterogene Gruppen aus Mitarbeitenden, externen           staltet werden.                                 entwicklungsprozess auf allen Unternehmens-       und -träger, auch die Politik, Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft
     Kooperationspartnern und Experten für einen be-                                                           ebenen aus, mit Folgen auch für die Unterneh-     müssen ihren Beitrag für mehr Teilhabe einbringen. Das macht die Sache
     stimmten Zeitraum zusammen.                                                                               menskultur.                                       kompliziert, aber nicht komplex!

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Autor: Clemens Beil

                                                                                            „Wir brauchen                                                                        „Es muss uns
                                                                                            Netzwerker im                                                                        gelingen, den
                                                   Stephanie Lakner, Kristina Aniol und     Gemeinwesen, die                                                                     Beruf attraktiver
                                                   Melanie Aupperle arbeiten in den bei-    uns unterstützen.“                                                                   zu machen!“
                                                   den Wohngemeinschaften im Stadtteil
                                                   Bettringen „In der Vorstadt“.                                                   Stephanie Lakner

                                                   Welche Erwartungen an das BTHG haben                                            Ziel des BTHG ist es, die Möglichkeiten einer, den persönlichen Wünschen
                                                   sie und welche Herausforderungen sehen                                          entsprechenden Lebensplanung und Lebensgestaltung im Sinne von
                                                   sie auf sich zukommen?                                                          mehr Teilhabe und mehr Selbstbestimmung, zu stärken. Wenn wir diesem
                                                                                                                                   Anspruch gerecht werden wollen, brauchen wir Unterstützung. Wir wollen
                                                                                                                                   und müssen dann noch genauer herausfinden, was sich unsere Bewohner/-
                                                                                                                                   innen wünschen, um, trotz ihrer Behinderung, ein möglichst selbstbe-
                                                                                                                                   stimmtes Leben führen zu können. Um das aber verwirklichen zu können,
                                                                                                                                   brauchen wir ergänzende Hilfe, wie beispielsweise ehrenamtliche und/oder
                                                                                                                                   hauptberufliche Helfer im Alltag, die die Zeit haben, unsere Bewohner/-innen
                                                                                            Kristina Aniol                         zu ihren Freizeitaktivitäten zu begleiten. Auch eine intensivere Vernetzung
                                                                                                                                   in unser Umfeld, den Stadtteil Bettringen wäre uns wichtig, um hier die Teil-
                                                                                            Damit unsere Bewohner/-innen ver-      habe unserer Bewohner/-innen am Gemeinschaftsleben zu stärken. In den
                                                                                            lässlich die Leistungen bekommen,      letzten beiden Corona-Jahren war da nicht so viel möglich. Erste Gespräche
                                                                                            die ihnen nach dem BTHG zustehen,      mit der Stadtteilkoordinatorin aber gab es bereits. Wir freuen uns, dass wir
                                                                                            brauchen wir Zeit und Personal!        in Zukunft mehr Geld für Personal bekommen sollen. Doch wir fragen uns:
                                                                                            In den letzten Jahren sind einige      Woher soll das Personal kommen? Es gibt mittlerweile viel zu wenig junge
                                                                                            Maßnahmen, die Teilhabe und ein        Menschen, die sich für den Beruf des Heilerziehungspflegers entscheiden.
                                                                                            selbstbestimmtes Leben gefördert       Es muss gelingen, unseren Beruf attraktiver zu machen!
                                                                                            haben, einer wachsenden Bürokratie
                                                                                            zum Opfer gefallen. Das Schreiben
                                                                                            von Teilhabe- und Entwicklungs-
                                                                                            berichten kostet Zeit, die fehlt uns
                                                                                            dann, um mit unseren Bewohner/-
                                                                                            innen zum Einkaufen zu gehen oder
                                                                                            mit ihnen die Wäscheversorgung zu
                                                                                            erledigen. Also bestellen wir unsere
                                                                                            Lebensmittel wieder und lassen sie
                                                                                            anliefern und die Wäscheversorgung     „Mich besorgt in diesem
                                                                                            haben wir teilweise wieder fremd       Zusammenhang, dass
                                                                                            vergeben. Wir brauchen Entlastung,
                                                                                            damit unser Fokus wieder stärker       wir jetzt schon zu wenig
                                                                                                                                   Personal haben.“

                Stimmen
                                                                                            auf unseren Menschen mit Behinde-
                                                                                            rung liegt. Wir brauchen Netzwerker
                                                                                            im Gemeinwesen, die uns unterstüt-                                                    Melanie Aupperle
                                                                                            zen beim Knüpfen von Kontakten

                von der Basis
                                                                                            z.B. zu den Vereinen. Wir denken,      Mich besorgt in diesem Zusammenhang, dass wir jetzt schon zu wenig
                                                                                            dass sich auch unsere Tätigkeit ver-   Personal haben. Es gibt zu wenig Fachkräfte. Wir haben den Eindruck, dass
                                                                                            ändern wird: weniger machen, mehr      immer weniger Menschen Interesse am Beruf des Heilerziehungspflegers
                                                                                            managen. Dazu sind fachlicher Aus-     haben. Möglicherweise ist es der Schichtdienst und die Bezahlung, die sie
                                                                                            tausch und Unterstützung im Sinne      abschreckt. Aber auch die Helfer im Alltag müssen erst einmal gefunden
                                                                                            von Fortbildungen nötig, denn die      werden. Sie brauchen zwar keine komplexe Fachausbildung, es können
                „Wenn wir diesem Anspruch gerecht werden wollen,                            Umsetzung des BTHG ist bei allen       auch Quereinsteiger sein und ihre Arbeitseinsätze wären sehr flexibel
                brauchen wir Unterstützung.“                                                Beteiligten noch mit sehr vielen Un-   gestaltbar. Das BTHG wird die Behindertenhilfe grundlegend verändern,
                                                                                            sicherheiten verbunden. Doch wir       doch im Moment wissen wir auch noch nicht so recht, wo genau es hingeht.
                                                                                            freuen uns auch, dass das BTHG für     Wie gesagt, die Verunsicherung ist noch groß. Eine große Herausforderung
                                                                                            uns und unsere Bewohner/-innen         wird es noch werden, alle Beteiligten, insbesondere Mitarbeitende und
                                                                                            neue Perspektiven eröffnet.            Bewohner/-innen und ihre Angehörigen oder Betreuer/-innen, was das
                                                                                                                                   BTHG betrifft, entsprechend zu schulen.

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Autor: Clemens Beil                                             „POS (Personal Out-                      persönliche Assistenzbedarf, aber auch
                                                                                                                                                          die Fähigkeiten festgehalten, um die
                                                                                                                 come Scale) ist ein                      konkreten Assistenzleistungen festlegen

     Vom Teilhabe-Prozess
                                                                                                                 Messinstrument zur                       zu können.“ Die Leistungserbringung          Bedarfsermittlung
                                                                                                                                                          muss dann sehr genau dokumentiert
                                                                                                                 Erfassung der indivi-                    werden. Das schaffe Transparenz und
                                                                                                                                                                                                           BEI-BW
                                                                                                                 duellen Qualität des                     Überprüfbarkeit und sei natürlich auch
                                                                                                                 Lebens von Menschen,                     die Grundlage für die Leistungsab-
                                                                                                                                                          rechnung. Dazu ist in der Stiftung die      Gesamtplanverfahren
                             Möglichst passgenaue Leistungen schaffen
                                                                                                                 das mittlererweile in-                   Software CGM (CompuGroup Medical)
                                                                                                                 ternationale Beachtung                   eingeführt worden.

                                                                                                                 gefunden hat.“                                Die Leistungserbringung werde in            Bescheid
                                                                                                                                                          regelmäßigen Abständen überprüft.
                                                                                                                      Dazu steht in Baden-Württemberg     Dabei kommt in der Stiftung ein be-
                                                                                                                 am Anfang des Prozesses das Bedarfs-     sonderes Instrument zum Einsatz, das
                                                                                                                 ermittlungsinstrument „BEI-BW“. Dieses   POS-Interview: „POS ist ein Messinstru-     Leistungserbringung
                                                                                                                 orientiert sich an der Internationalen   ment zur Erfassung der individuellen
                                                                                                                 Klassifikation der Funktionsfähigkeit,   Qualität des Lebens von Menschen, das
                                                                                                                 Behinderung und Gesundheit (ICF) der     mittlerweile internationale Beachtung
                                                                                                                 Weltgesundheitsorganisation (WHO).       gefunden hat“, erläutert Bretzler-Nagel.      Zielüberprüfung
                                                                                                                 Der so ermittelte persönliche Bedarf     „Es handelt sich um ein wissenschaftlich
                                            Materielles       Persönliche                                        einer Person mit Behinderung fließt      fundiertes, konsequent personenzen-
                                                Wohl-         Entwicklung                                        dann in ein sogenanntes Gesamtplan-      triertes Befragungsinstrument, das in
                                             befinden                                                            verfahren ein, an dessen Ende der Be-    Belgien, an der Hochschule Gent entwi-        Teilhabebericht
                                                                                                                 willigungsbescheid des jeweils zustän-   ckelt worden ist.“ Mit der Ermittlung der
                                                                                                                 digen Landratsamts steht. Mit diesem     individuellen Qualität des Lebens, haben
                                                                                                                 Bescheid kann sich die Person an einen   die Klient/-innen beim Interview die
                             Physisches                                          Selbst-
                             Wohlbefinden                                   bestimmung                           Leistungserbringer ihrer Wahl wenden.    Möglichkeit, ihre Wünsche zu äußern.
                                                                                                                 Dieser entwickelt für die Umsetzung
                                                                                                                 aller Maßnahmen einen Teilhabeplan.           Am Ende des Teilhabe-Prozesses              erneutes
                                                                                                                                                          steht alle zwei Jahre ein vom Leistungs-    Gesamtplanverfahren
                             Emotionales                                         Soziale                              „In der Stiftung gibt es dazu ein   erbringer zu erstellender Teilhabebe-          nach 2 Jahren
                             Wohlbefinden                                   Beziehungen                          bereits bewährtes Instrument, den        richt, der dann die Grundlage für ein
                                                                                                                 sogenannten Assistenz-, Teilhabe-        erneutes Gesamtplanverfahren bildet.
                                                                                                                 und Pflegeplan (ATP-Plan)“, berichtet    In diesem finden sich dann auch die
                                                                                                                 Bretzler-Nagel, der aber ggf. noch       Wünsche und die Perspektiven wieder,
                                                               Soziale                                           etwas angepasst werden müsse. „Hier      die die Klient/-innen im POS-Interview
                                             Rechte            Inklusion                                         werden für jeden ganz individuell die    geäußert haben.
                                                                                                                 Ziele, Maßnahmen und Leistungen, der

        Persönliche Bedarfe zu ermitteln gelingt nur, wenn ein strukturiertes Instrument behilflich ist.

       „Jetzt zeigt es sich so langsam, wie es gehen kann“, sagt Sigrid Bretzler-Nagel mit Blick auf den neuen
       Teilhabe-Prozess im BTHG. Im Fachreferat Pädagogik und Projektmanagement des Bereiches Wohnen
     und Arbeiten für Menschen mit Behinderung befasst sie sich mit der Frage, wie die Bedarfe und Wünsche
      der Menschen mit Behinderung in den Teilhabe-Prozess einfließen können. „Denn das Ziel ist es ja, ganz
                       individuell möglichst passgenaue Hilfesettings zu definieren“, erklärt sie.

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