Am Tellerrand 2018 2019 - Deutsche UNESCO ...

Die Seite wird erstellt Katrin Rohde
 
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Am Tellerrand 2018 2019 - Deutsche UNESCO ...
kulturweit
2018
2019

Magazin
                                                                 #SuchdasWeite
                                                                 mit kulturweit –
                                                                 dem internationalen
                                                                 Freiwilligendienst.

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am Tellerrand
Seite   Projekt                                     Was ist kulturweit?
2       Kolumne von Außenminister Heiko Maas        kulturweit ist der internationale Freiwilligendienst
3       Netzwerk                                    für Menschen zwischen 18 und 26 Jahren.
4       Freiwilligendienst                          Für ein halbes oder ganzes Jahr machen sie sich
5       Partnerorganisationen                       mit der Deutschen UNESCO-Kommission weltweit
6       Aufgaben		                                  für Kultur, Natur und Bildung stark. kulturweit
                                                    ist ein Freiwilligendienst für alle. Deshalb unter-
        Erfahrungen                                 stützen wir unsere Freiwilligen gemeinsam mit dem
                                                    Auswärtigen Amt während ihrer Zeit im Ausland:
7       Mein Horizont erweitert sich jeden Tag      mit Seminaren und einem Sprachkurs, mit Versicher-
9       Muskauer Park: Fahrradfahren ist Freiheit   ungen, Reisegeld und Mietzuschuss.
10      Ungarisch für Anfänger
12      Turnschuhe bedrohen ihre Existenz
14      Der Natur-Freiwilligendienst

                                                    97 %
15      Eva lernt Lesotho kennen
16      Vanessa engagiert sich in Kenia
20      Perspektiven für kulturweit-Alumni
21      3 Fragen an Luis Frank
22      Einfach mal Erfahrungen machen

        Qualität & Bewertung
25      Teilnehmer*innen
26      kulturweit in Zahlen                        Zahlen sind nicht alles. Aber manchmal helfen sie
28      Freiwilligenperspektive                     dabei, die Dinge besser zu verstehen. Dass 97 Prozent
30      Einsatzstellenperspektive                   aller Freiwilligen die Qualität ihres Freiwilligen-
                                                    dienstes positiv bewerten, empfinden wir auf jeden
32      Impressum                                   Fall als Auszeichnung.
Am Tellerrand 2018 2019 - Deutsche UNESCO ...
„Wir müssen
Kolumne                                                                                                                                                         kulturweit-

                                                                                                                                Magazin 2018 – 2019
                                                                                                                                                                Netzwerk

vermitteln, verständigen                                                               ”
und verstehen wollen
                             Die drängenden Fragen unserer Zeit können
                             wir nicht alleine lösen. Wir brauchen Austausch
                             über Grenzen hinweg.
   Außenminister
   Heiko Maas

                                          Unsere Welt ist zusammengerückt.            Die kulturweit-Freiwilligen entwickeln
                                          Nie zuvor in unserer Geschichte waren       neben den täglichen Aufgaben an einer
                                          wir so eng mit Menschen in anderen          Schule, einer Universität oder in einem
                                          Erdteilen verbunden. Gleichzeitig sind      Biosphärenreservat Projekte mit den
                                          Populismus und Nationalismus welt-          Menschen vor Ort. Sie inszenieren Musi-
                                          weit auf dem Vormarsch. Dem können          cals, organisieren Upcycling-Work-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Jury des
                                          wir nur entgegenwirken, wenn wir            shops oder gründen Clubs für soziales                                                                                                                                                                      Deutschen
                                          gegenseitige Verständigung, Dialog und      Engagement. So erarbeiten sie über                                                                                                                                                                         Menschen-
                                          Austausch fördern. Das ist seit zehn        Grenzen hinweg gemeinsame Perspek-                                                                                              Der Alumni-Verein kulturweiter                                             rechts-
                                          Jahren auch das Kernanliegen von            tiven, lernen andere Gesellschaften                                                                                             ist Mitglied der Deutschen                                                 Filmpreises
                                                                                                                                                                                                                      UNESCO-Kommission
                                          unserem Freiwilligendienst kulturweit,      und Menschen kennenlernen, treffen
                                          dem jungen Gesicht unserer Aus-             immer wieder auf neue Sichtweisen,                                                                                                                                                                          Jury des
                                          wärtigen Kultur- und Bildungspolitik.       auf einen anderen Blick auf die Welt.                                                                                                                                                                       Prix Jeunesse
                                                                                      Genau hier liegt die Chance von kultur-                                                                                                                                                                     International
                                          Fast 4.000 Freiwillige zwischen 18 und      weit: die Welt auch einmal mit anderen
                                          26 Jahren haben sich in den vergan-         Augen zu sehen. Sie besser verstehen
                                          genen zehn Jahren mit kulturweit auf        zu lernen. Mutig zu werden. Neue Ideen
                                          die Reise begeben. Die Freiwilligen         zu generieren und umzusetzen, die
                                          wagen den frischen, kreativen, offenen      wir brauchen, um die Zukunft positiv
                                          Blick über den Tellerrand, lassen die       zu gestalten.
                                          Sicherheit des Bekannten für ein halbes
                                          oder ganzes Jahr hinter sich, machen                                                                                                                         Alumni-Verein
                                          sich auf den Weg, um der Kunst eine
                                          Bühne zu bauen und sich an Schulen in
                                          aller Welt für ihre Klassen stark zu ma-
                                          chen. Sie vermitteln, wie die deutsche
                                          Gesellschaft heute aussieht: bunter                                                                                                                             Netzwerk erklärt
Lernen in der                             und vielfältiger als viele meinen. Und
Auswärtigen Kultur-                       sie bringen genauso bunte und vielfältige                                                                             kulturweit ist der internationale         kulturweit ist ein Fach-       Dafür vermittelt kultur-     Auch nach Ende des         kulturweit arbeitet für
                                                                                                                                                                                                          bereich der Deutschen          weit Freiwillige an den      Freiwilligendienstes       seine Alumni mit zahl-
und Bildungspolitik                       Bilder ihrer Gastländer mit zurück nach                                                                               Freiwilligendienst der Deutschen          UNESCO-Kommission,             Deutschen Akademischen       bleiben die Teilnehmer*-   reichen Organisationen
                                          Deutschland.                                                                                                          UNESCO-Kommission und ein                 der den Freiwilligen-          Austauschdienst, das         innen Teil eines star-     zusammen und eröff-
Der Freiwilligendienst kulturweit wurde                                                                                                                         fester Bestandteil der Auswärtigen        dienst gestaltet. Der Frei-    Deutsche Archäologische      ken Netzwerks. Mit der     net ihnen Einblicke in
2008 auf Initiative des Auswärtigen                                                                                                                                                                       willigendienst wird auf        Institut, die Deutsche       Alumni-Arbeit von          die Außenpolitik: Heute
Amts und der Deutschen UNESCO-                                                                                                                                  Kultur- und Bildungspolitik. Am           Projektbasis durch das         Welle Akademie, das          kulturweit können sie      ist der Alumni-Verein
Kommission ins Leben gerufen.                                                                                                                                   Erfolg des Projekts arbeiten täglich      Auswärtige Amt finan-          Goethe-Institut, an den      sich zu den Themen         kulturweiter Mitglied der
Die ersten Freiwilligen wurden 2009                                                                                                                                                                       ziert, das die Deutsche        Pädagogischen Aus-           einer Bildung für nach-    Deutschen UNESCO-
entsandt.                                                                                                                                                       viele Menschen und Organisa-              UNESCO-Kommission              tauschdienst und die         haltige Entwicklung,       Kommission.
                                                                                                                                                                tionen mit: im Auswärtigen Amt,           darüber hinaus langfris-       Zentralstelle für das Aus-   zu Seminargestaltung
Das Auswärtige Amt fördert kulturweit                                                                                                                                                                     tig institutionell fördert.    landsschulwesen sowie        und dem UNESCO-
und ermöglicht jungen Menschen,
                                                                                                                                                                bei unseren Partnern, in den Ein-
                                                                                                                                                                                                                                         an UNESCO-National-          Welterbe weiterbilden.     kulturweit-Alumni sind in
globale Perspektiven zu entwickeln.                                                                                                                             satzstellen. Und auch ehemalige                                          kommissionen anderer         Mit dem Alumni-Verein      der Nationalen Plattform
Seit Gründung des Freiwilligendienstes                                                                                                                          Freiwillige machen kulturweit stark.      kulturweit ist der Frei-       Länder. Diese Partner-       kulturweiter, der von      für Bildung für nachhaltige
engagierten sich fast 4000 Freiwillige                                                                                                                                                                    willigendienst in der          organisationen wählen        ehemaligen Freiwilligen    Entwicklung (BNE) aktiv
in über 70 Ländern weltweit, um das                                                                                                                                                                       Auswärtigen Kultur- und        die Einsatzstellen der       geführt wird, können sie   und unterstützen die
Netzwerk der Auswärtigen Kultur- und                                                                                                                                                                      Bildungspolitik und            kulturweit-Freiwilligen      selbstbestimmt Themen      Internationale Diplomat*-
                                                                                                                                Freiwilligendienst kulturweit

Bildungspolitik zu unterstützen.                                                                                                                                                                          arbeitet eng mit anderen       aus und betreuen             setzen und entwickeln.     innenausbildung des
                                                                                                                                                                                                          Organisationen zusam-          sie gemeinsam mit der                                   Auswärtigen Amts. Zudem
   www.auswaertiges-amt.de                                                                                                                                                                                men, die den Kulturaus-        Deutschen UNESCO-                                       waren kulturweit-Alumni
                                                                                                                                                                                                          tausch zwischen                Kommission während                                      2018 in zwei Filmjurys
                                                                                                                                                                                                          Deutschland und Gesell-        ihres sechs- oder                                       vertreten: In der des Deut-
                                                                                                                                                                                                          schaften weltweit fördern.     zwölfmonatigen Frei-                                    schen Menschenrechts-
                                                                                                                                                                                                                                         willigendienstes.                                       Filmpreises und in der des
                                                                                                                                                                                                                                                                                                 UNESCO-Sonderpreises,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                 der auf dem internationalen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Kinderfernsehwettbewerb
                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Prix Jeunesse International
                                                                                                                                                                                                                                                                                                 verliehen wird.

2                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      3
Am Tellerrand 2018 2019 - Deutsche UNESCO ...
Was ist kulturweit? kulturweit ist der                                                                                                                               Verteilung der Freiwilligen

                                                                                                                                     Magazin 2018 – 2019
                                                                                                                                                                                                                          Deutscher Akademischer
                                                                                                                                                                     nach Partnerorganisationen 2018
Freiwilligendienst in der Auswärtigen                                                                                                                                                                                     Austauschdienst Der DAAD
                                                                                                                                                                                                                          fördert deutsche und inter-
                                                                                                                                                                                                                                                            Pädagogischer
                                                                                                                                                                                                                                                            Austauschdienst Der PAD
Kultur- und Bildungspolitik.                                                                                                                                                                                              nationale Studierende und
                                                                                                                                                                                                                          Wissenschaftler*innen rund
                                                                                                                                                                                                                                                            ist im Auftrag der Bundes-
                                                                                                                                                                                                                                                            länder für internationalen
Alle Teilnehmer*innen werden finanziell                                                                                                                                                                                   um den Globus.                    Austausch und Zusammen-
                                                                                                                                                                                                                                                            arbeit im Schulbereich
unterstützt und in Seminaren begleitet.                                                                                                                                                                                                                     tätig.

                                                                                                                                                                                                                          Deutsches Archäologisches
                                                                                                                                                                                                                          Institut Das DAI ist eine         Zentralstelle für das
                                                                                                                                                                                                                          der größten archäologischen       Auslandsschulwesen
                                                                                                                                                                                                                          Forschungseinrichtungen           Die ZfA be­treut die Arbeit
                                                                                                                                                                                                                          weltweit und setzt sich für den   Deutscher Auslands-
                                                                                                                                                                                                                          Erhalt kulturellen Erbes ein.     schulen und von Schulen
                                                                                                                                                                                                                                                            mit deutschem Sprach-
                                                                                                                                                                                                                                                            programm weltweit.

                                                                                                                                                                                                                          Deutsche Welle Akademie
                                                                                                                                                                                                                          Die DW Akademie ist
                                                                                                                                                                                                                          Deutschlands führende             UNESCO-
                                                                                                                                                                                                                          Organisation für inter-           Nationalkommissionen
                                                                                                                                                                     6 % Deutscher Akademischer Austauschdienst           nationale Medienentwicklung.      kulturweit ist ein Projekt
                                                                                                                                                                     1 % Deutsches Archäologisches Institut                                                 der Deutschen UNESCO-
                                                                                                                                                                     3 % Deutsche Welle Akademie                                                            Kommission und bietet
                                                                                                                                                                     39 % Goethe-Institut                                                                   die Gelegenheit, in UNESCO-
                                                                                                                                                                     45 % Pädagogischer Austauschdienst +                                                   Biosphärenreservaten, im
                                                                                                                                                                     Zentralstelle für das Auslandsschulwesen             Goethe-Institut Das Goethe-       Weltnaturerbe und Geoparks
                                                                                                                                                                     6 % UNESCO-Nationalkommissionen                      Institut ist das internationale   anderer Länder mitzuarbeiten.
                                                                                                                                                                                                                          Kulturinstitut Deutschlands
                                                                                                                                                                                                                          und fördert kulturelle
                                                                                                                                                                                                                          Zusammenarbeit und Schul-
                                                                                                                                                                                                                          kooperationen weltweit.

                                                                                                                                                                     Verteilung der Freiwilligen
                                                                                                                                                                     nach Weltregionen in Prozent

                                                                                                                                                                               28
Ob als Assistenz im Deutschunterricht
an der Europaschule Tiflis, in der
                                            Ziele:                                        kulturweit bietet:
                                                                                                                                                                                                  13
Kulturprogramm-Abteilung am Goethe-         • d
                                               ie Förderung der Persönlichkeits-         • Menschen
                                                                                                       zwischen 18 und 26 für
Institut Hanoi oder in den Palast-Grotten     entwicklung und Kompetenzen aller              sechs oder zwölf Monate ein
in Uruguay: kulturweit-Freiwillige sind
zwischen 18 und 26 Jahre alt und enga-
                                               Beteiligten in einer globalisierten Welt
                                            • die Stärkung des Interesses junger
                                                                                             Freiwilliges Soziales Jahr im Ausland
                                                                                             in einer Einsatzstelle bei unseren
                                                                                                                                                                       2                                           3
gieren sich für sechs oder zwölf Monate        Erwachsener an bürgerschaftlichem             Partnerorganisationen der Auswär-                                                Osteuropa           GUS
mit unseren Partnern in Ländern des           Engagement für eine aktive Gesell-             tigen Kultur- und Bildungspolitik in
Globalen Südens, in Osteuropa und der
GUS, gefördert vom Auswärtigen Amt.
                                              schaft
                                            • der Transfer eines aktuellen und
                                                                                            Afrika und Asien, in Lateinamerika
                                                                                            und im Nahen Osten, in Osteuropa                                         andere             1                         Asien

kulturweit stößt Lernprozesse an und           differenzierten Deutschlandbildes             und der GUS
gibt ihnen langfristige Perspektiven –
durch Weiterbildungen zu Seminar-
                                               und die Vermittlung differenzierter
                                               Bilder der Einsatzländer in die
                                                                                          • monatlich 150 Euro Taschengeld
                                                                                          • monatlich 200 Euro Zuschuss zu                                                         Naher Osten                                                                           32
                                                                                                                                                                                                            6
gestaltung, Welterbe und Bildung für           deutsche Gesellschaft                         Unterkunft und Verpflegung
nachhaltige Entwicklung noch weit           • das persönliche Erfahren und Leben         • Auslandskranken-, Haftpflicht- und
über den Freiwilligendienst hinaus.
kulturweit-Alumni sind Teil eines starken
                                               von zentralen UNESCO-Themen im
                                               internationalen Kontext
                                                                                             Unfallversicherung
                                                                                          • Beiträge zur Kranken-, Pflege-,                                               13
Netzwerks, das selbstbestimmt Themen        • ein Beitrag zum friedlichen Zusam-            Renten- und Arbeitslosenversiche-
                                                                                                                                     Freiwilligendienst kulturweit

setzt und gemeinsam entwickelt. kultur-        menleben von Menschen und Gesell-             rung in Deutschland
                                                                                                                                                                                                        Südostasien
weit setzt sich für eine weltoffene            schaften weltweit                          • Zuschüsse zu internationalen
Gesellschaft im Sinne der UNESCO ein.                                                        Reisekosten sowie
Im Zentrum steht ein lebenslanger                                                         • Zuschüsse zum Sprachkurs im                                                   Afrika
Prozess der Persönlichkeitsentwicklung                                                       Gastland                                                                                                                                                                 Lateinamerika
entlang der Themen Kultur, Bildung                                                        • Ansprechpersonen in der Einsatz-
und Menschenrechte.                                                                          stelle während der Zeit im Ausland
                                                                                          • Organisation und Durchführung des
                                                                                             pädagogischen Begleitprogramms
                                                                                          • ein starkes Alumni-Netzwerk

4                                                                                                                                                                                                                                                                                         5
Am Tellerrand 2018 2019 - Deutsche UNESCO ...
Was machen                                                                            			Mein Horizont
                                                                                     Interview

                                                     Magazin 2018 – 2019
kulturweit-Freiwillige?                                                                  erweitert sich jeden Tag
                                                                                     Ben Rangnick unter-
                                                                                     stützte mit kulturweit
                                                                                                                Als kulturweit-Freiwilliger für ein Jahr in der Mongolei:
                                                                                     die Arbeit des Goethe-
                                                                                     Instituts in Ulan Bator,
                                                                                                                Ben Rangnick arbeitete in der Kulturabteilung
                                                                                     der Hauptstadt der
                                                                                     Mongolei.                  des Goethe-Instituts in Ulan Bator mit. Im Interview
                                                                                                                erzählt er von seinen Erfahrungen nach den ersten
                                                                                                                drei Monaten.

kulturweit-Freiwillige                                                                                                        Ben, Du bist gleich nach dem               Welche Erwartungen

engagieren sich weltweit
                                                                                                                              Abitur in die Mongolei gekommen:           hattest Du vor Deiner Ankunft
                                                                                                                              Wie kam es dazu?                           in Ulan Bator?

                                                                                                                                Nach dem Abitur wollte ich eine             Als ich in die Mongolei kam, hatte

für Bildung, Kultur und
                                                                                                                                fremde Kultur – eine andere Sicht-          ich eigentlich nur eine Erwartung:
                                                                                                                                weise auf die Welt – von innen              Alles sollte fremd und neu sein!
                                                                                                                                heraus begreifen. Der internationale        Schon der Blick aus dem Flugzeug
                                                                                                                                Freiwilligendienst kulturweit bietet        schien das zu bestätigen: Unter

Natur.
                                                                                                                                genau dafür die Rahmenbedin-                mir glänzte die Steppe in einem
                                                                                                                                gungen: Die Freiwilligen reisen in ein      silbrigen Grün; dagegen zeichnete
                                                                                                                                fremdes Land, leben dort und be-            sich die Stadt ab, mit den schim-
                                                                                                                                gegnen der neuen Kultur. Also habe          mernden Hochhäusern und den in
                                                                                                                                ich mich beworben und schließlich           allen Farben erstrahlenden Dächern.
                                                                                                                                eine Nachricht aus der Mongolei             Die Luft roch fremd, die Stadt war
                                                                                                                                bekommen. Nach einem Telefonge-             warm – es war wirklich alles anders.
                                                                                                                                spräch mit dem Goethe-Institut              Die ersten Tage verflogen dann
                                                                                                                                in Ulan Bator war mir sofort klar: Im       in dieser „Euphorie des Fremden“.
                                                                                                                                September fliege ich in die Mongolei!

Sei es als Assistenz in der UNESCO-National-
kommission der Mongolei, in der Außenstelle des
Deutschen Akademischen Austauschdienstes
Warschau oder im Biosphärenreservat am Mount
Elgon in Kenia: Die Tätigkeiten, denen kulturweit-
Freiwillige für sechs oder zwölf Monate nachgehen,
sind äußerst facettenreich. Sie unterscheiden
sich je nach Anforderungen der Einsatzstelle und
der persönlichen Qualifikation der Freiwilligen.

Zu den Aufgaben gehören etwa die Assistenz im
Deutschunterricht in einer Partnerschule, die
Organisation von Kulturveranstaltungen an einem
Goethe-Institut oder die Öffentlichkeitsarbeit
für ein UNESCO-Biosphärenreservat.
                                                     Freiwilligendienst kulturweit

Während ihrer Zeit bei kulturweit durchlaufen
alle Freiwilligen einen Projektzyklus, der sich
von kurzen Seminarprojekten auf den Vorberei-
tungsseminaren über ein eigenes Projekt im
Gastland bis hin zur Projektpräsentation auf den
Nachbereitungsseminaren erstreckt.

6                                                                                                                                                                                                            7
Am Tellerrand 2018 2019 - Deutsche UNESCO ...
Bericht
                                                                                                                                                                                                Muskauer Park:

                                                                                                                               Magazin 2018 – 2019
                                                                                                                                                                                                Fahrradfahren ist Freiheit
                                                                                                                                                               Die Ägypterin Omnia
                                                                                                                                                               Soliman aus Alexandria
                                                                                                                                                                                                Omnia Soliman kommt dank eines
                                                                                                                                                               war mit kulturweit drei
                                                                                                                                                               Monate lang Hospitantin
                                                                                                                                                                                                UNESCO-Programms vom ägyptischen
                                                                                                                                                               bei der Stiftung Fürst-
                                                                                                                                                               Pückler-Park Bad Muskau.         Alexandria nach Bad Muskau.

                                                                                                                                                                                                                                                         aus Ägypten, Tunesien und Jordanien
                                                                                                                                                                                                                                                         in Deutschland eingetroffen, um hier
                                                                                                                                                                                                                                                         neue Erfahrungen zu sammeln. Cord
                                                                                                                                                                                                                                                         Panning, Geschäftsführer der Stiftung
                                                                                                                                                                                                                                                         Fürst-Pückler-Park, weiß sehr wohl, dass
                                                                                                                                                                                                                                                         Bad Muskau diesbezüglich mit anderen
                                                                                                                                                                                                                                                         großen Kulturstätten konkurriert. Umso
                                                                                                                                                                                                                                                         mehr freut er sich, dass sich zum zwei-
                                                                                                                                                                                                                                                         ten Mal eine Hospitantin aus Ägypten
                                                                                                                                                                                                                                                         für Bad Muskau entschieden hat. „Es
                                                                                                                                                                                                                                                         ist gut, dass wir diesen interkulturellen
                                                                                                                                                                                                                                                         Austausch in der Lausitz haben“, so
                                                                                                                                                                                                                                                         Panning. Es sei ja nicht immer einfach,
                                                                                                                                                                                                                                                         dass Orient und Okzident zusammen-
                                                                                                                                                                                                                                                         kommen. Im Falle Bad Muskau wandelt
                                                                                                                                                                                                                                                         Omnia Soliman sozusagen auf könig-
Und wie sieht es nach den                     Mongolischkenntnisse in den              Arbeitserfahrungen zu machen oder                                                                                                                                 lichen Spuren. Dabei spielt Panning auf
ersten drei Monaten aus?                      nächsten Monaten weiter ausbauen.        einfach einen anderen Blick auf                                                                                                                                   den Besuch des ägyptischen Königs
                                                                                       das Alte zu bekommen, ist unglaublich                                                                                                                             Fuad an, der 1929 „an die Türen des
  Nach drei Monaten habe ich natürlich     Du arbeitest in der Kulturabteilung         wertvoll. Diese Erfahrungen haben                                                                                                                                 Schlosses klopfte“.
  noch einmal eine andere Perspektive.     des Goethe-Instituts in Ulan Bator:         mich schon jetzt verändert und mein
  Die Fremde ist gar nicht mehr so         Was sind Deine Aufgaben?                    Horizont erweitert sich jeden Tag                                                                                                                                 Und natürlich ist da die Orientreise von
  fremd. Ulan Bator und das Goethe-                                                    weiter. Am Ende lerne ich durch mei-                                                                                                                              Fürst Pückler, die in Vorbereitung der
  Institut fühlen sich schon sehr ver-        Die Arbeit am Goethe-Institut ist so     nen Freiwilligendienst neue Facetten                                                                                                                              Ausstellung im Badepark wissenschaft-
  traut an. Trotzdem mache ich jeden          vielseitig, hier alle Aufgaben aufzu-    des Lebens kennen – und das ist                                                                                                                                   lich aufgearbeitet wird. Genau in dieses
  Tag neue Erfahrungen. So ist mein           zählen, würde den Rahmen sprengen!       doch unbezahlbar!                                                       Dank der Förderung durch das Auswärtige       „Ein Pferd. Ein Pferd. Ein Königreich für   Thema ist auch Omnia Soliman einge-
                                                                                                                                                               Amt hospitierten zehn junge Frauen aus
  Leben hier zugleich vertraut und von        An manchen Tagen arbeite ich an der                                                                              Ägypten, Tunesien und Jordanien mit kultur-   ein Pferd!“ Was Shakespeare Richard III.    stiegen. Wobei es schwierig ist. „In der
  Veränderung geprägt!                        Planung von Kulturprojekten mit, an                                                                              weit drei Monate lang in deutschen            ausrufen lässt, wird am Dienstag-           Bibliothek von Alexandria sind keine
                                                                                                                                                               Kulturinstitutionen, Bildungseinrichtungen
                                              anderen redigiere ich Texte für unsere                                                                           und UNESCO-Welterbestätten.                   nachmittag bei der Stiftung Fürst-          historischen Dokumente dazu vorhan-
Was war bisher besonders                      Webseite, an wieder anderen treffe                                                                                                                             Pückler-Park Bad Muskau abgewandelt.        den“, sagt die 28-Jährige. Hinzu kommen
beeindruckend?                                ich mich mit Kunstschaffenden. Aber                                                                              Der Bericht von Regina Weiß ist in der        Ein Fahrrad ist in dem Fall das Maß         sprachliche Barrieren. Denn neben
                                                                                                                                                               Lausitzer Rundschau erschienen.
                                              egal, welche Aufgabe ich nun mache,                                                                                                                            aller Dinge. Es wird gebraucht – nämlich    dem Arabischen gab es bis 1920 eine
  Viele Momente in der Natur waren            ich kann sehr eigenständig arbeiten                                                                                                                            für ein Foto …                              osmanisch-türkische Amtssprache.
  sehr beeindruckend: sei es nun,             und die Kolleginnen und Kollegen wirk-                                                                                                                                                                     Die beherrscht heute kaum noch jemand.
  durch die weite Steppe zu reiten            lich unterstützen.                                                                                                                                             Schlossgärtnerin Anke Bochnig stellt        Während europäische Zeitungen voll
  oder von einer riesigen Sanddüne                                                                                                                                                                           ihren Drahtesel kurzerhand zur Verfügung.   waren mit Meldungen über Pücklers Reise,
  aus in die Ferne zu blicken. Aber        Gibt es ein Projekt, das Dir                                                                                                                                      Denn das Fahrrad spielt beim Aufenthalt     gab es zu dem Zeitpunkt nur eine ara-
  neben riesigen Dünen sind es vor         besonders viel Spaß macht?                                                                                                                                        von Omnia Soliman in Bad Muskau eine        bische Zeitung. Helfen konnte Omnia
  allem die kleinen Momente, die                                                                                                                                                                             wichtige Rolle. Die junge Frau aus Ägyp-    Soliman, indem sie arabische Quellen für
  immer wieder spannend und begeis-           Für mich als musikbegeisterten Men-                                                                                                                            ten hat bei der Parkstiftung eine drei-     die Stiftung transkribierte. Außerdem
  ternd sind: Die Arbeit mit meinen           schen ist das Goethe Musiklabor Ulan                                                                                                                           monatige Hospitanz absolviert. Nach         recherchierte sie Material zu den Söhnen
  Kolleginnen und Kollegen, die Begeg-        Bator ein besonders tolles Projekt.                                                                                                                            Nesma Ahmed im vergangenen Herbst           von Mehmed Ali. Der Vizekönig am Nil
  nungen mit der Kultur und den               Dort wird Jazz unterrichtet und es                                                                                                                             ist sie die zweite Frau, die an dem         herrschte zu Pücklers Reisezeit.
  Menschen, die Projekte am Institut          freut mich immer, bei den Konzerten                                                                                                                            Programm „Gemeinsam freiwillig enga-
  oder die erste Kommunikation                oder dem Unterricht dabei zu sein.                                                                                                                             giert“ teilnimmt. In Kooperation mit der    Omnia Soliman hat in Ägypten interna-
  auf Mongolisch.                             Aber auch die Mitarbeit bei den an-                                                                                                                            deutschen UNESCO-Kommission konnte          tionales Recht studiert. Danach wollte
                                              deren Projekten des Goethe-Instituts                                                                                                                           Omnia Soliman aus Ägypten von Anfang        sie sich einer neuen Herausforderung
                                                                                                                               Freiwilligendienst kulturweit

Und wie steht es um Deine                     macht unglaublich viel Spaß!                                                                                                                                   September bis Ende November 2018 in         stellen und fing an, Deutsch zu lernen.
Sprachkenntnisse?                                                                                                                                                                                            der binationalen Welterbestätte Mus-        „Die Sprache ist interessant. Sie ist
                                           Was würdest Du jungen Leuten                                                                                                                                      kauer Park tätig werden. Das Programm       aber auch schwer“, erklärt sie. Nach be-
  Die Sprache ist definitiv eine Heraus-   in Deutschland sagen, die darüber                                                                                                                                 richtet sich an Frauen aus dem Be-          ruflichen Stationen in der Bibliothek
  forderung. Mongolisch ist schwer         nachdenken, sich als kulturweit-                                                                                                                                  reich Kultur und Bildungspolitik und er-    von Alexandria und am Goethe-Institut
  zu lernen; auch weil es sich so sehr     Freiwillige zu bewerben?                                                                                                                                          möglicht ihnen Einblicke in die Arbeit      bot sich die Gelegenheit, Deutschland
  unterscheidet von den Sprachen,                                                                                                                                                                            deutscher UNESCO-Stätten, Kulturinsti-      kennenzulernen. „Es war eine gute
  die ich bisher gelernt habe. Ich gebe       Bewerbt euch! Eine neue Kultur                                                                                                                                 tutionen und Bildungseinrichtungen.         Entscheidung. Ich habe hier nette Men-
  mir aber Mühe und möchte meine              und Sprache kennenzulernen, erste                                                                                                                              Mit Omnia Soliman sind weitere Frauen       schen kennengelernt“, erzählt sie.

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Am Tellerrand 2018 2019 - Deutsche UNESCO ...
Magazin 2018 – 2019
Obwohl die Umstellung nicht hätte                 als Omnia ihren Geburtstag feierte.
größer sein können von der Fünf-                  Nicht zu vergessen Stiftungs-Volontär
Millionen-Metropole Alexandria ins be-            Holger Rothamel. „Ich war ihre Stütz-
schauliche Bad Muskau. Doch das                   räder“, lacht er. Als der Park erkundet
Hiersein machten ihr Judith Ansorge               werden soll, muss Omnia eingestehen,
und Astrid Roscher von der Stiftung               kein Rad fahren zu können. Wenn
sowie Angelika Grahé-Flöter leichter.             sie zurück zuhause ist, dann kann sie
Die ehemalige Lehrerin aus Bad Muskau             die Freiheit beim Radfahren am Meer
übernahm den Deutschunterricht und                genießen. Sie hat Holger Rothamel
zeigte ihrer Schülerin nebenbei noch die          versprochen, ihm ein Beweisfoto zu
Region oder backte den Kuchen,                    schicken.

                                                                                                                                                                                                                                                                  kulturweit

Blogeintrag
                                 Ungarisch                                                                                                                                                                                                                        erleben
                                 für Anfänger
                                                                                                                                                                         das alles klingt. Es ist nicht jede Wo-        nest nicht noch mehr vergrößert, bis
Fenja von Rönn unter-
stützt mit kulturweit
                                  Fenja von Rönn verbringt mit kulturweit zwölf Monate am                                                                                che, jeder Tag, jeder Moment, super toll.
                                                                                                                                                                         Mir fiel es sehr schwer „Tschüss“ zu
                                                                                                                                                                                                                        mein Kopf platzt. Vor allem, weil eigentlich
                                                                                                                                                                                                                        alles top ist und ich gar nicht quengeln
und dem Pädagogischen
Austauschdienst den
                                  Korányi Frigyes Gimnázium és Kollégium in Nagykálló,                                                                                   Familie und Freunden zu sagen. But             möchte, aber Unehrlichkeit hilft auch
Deutschunterricht am
Korányi Frigyes Gim-
názium és Kollégium in
                                  einer Kleinstadt im Nordosten Ungarns. In ihrem Blog erzählt                                                                           let’s give it a try: Ich kann ehrlich sagen,
                                                                                                                                                                         dass ich dankbar für die letzten vier
                                                                                                                                                                                                                        keinem weiter und am wenigsten mir. In
                                                                                                                                                                                                                        diesem Sinne: Vorhang auf für die zweite
Nagykálló.
                                  sie, warum es ein Vorteil war, sich mit Präsentationen                                                                                 Monate bin. Ich war in Österreich, in der      Hälfte meines Freiwilligendienstes!
                                                                                                                                                                         Slowakei, in Rumänien und habe natür-
                                  auszukennen, wieso Weihnachtsmärkte wichtig sind und                                                                                   lich einige Städte in Ungarn besucht.
                                  was ihr ein selbstgebastelter Adventskalender bedeutet.                                                                                Ich bin dankbar für die Freunde, die ich
                                                                                                                                                                         durch kulturweit kennengelernt habe
                                                                                                                                                                         und dankbar für meine Freunde aus der
                                                                                                                                                                         Schulzeit. Ich bin dankbar für meine
                                                                                                                                                                         Familie, die alles tut, damit ich hier eine
Der kulturweit-Blog ist ein Projekt von Frei-     Wo bleibt nur immer die Zeit? 2018        Aber nichtsdestotrotz habe ich den Weg                                       gute Zeit habe. (Die hat sogar einen
willigen für Freiwillige. Hier bloggt Fenja von
Rönn regelmäßig aus ihrem Freiwilligendienst.     war so voll gepackt mit allen möglichen   bis nach Nagykálló, meinem momentanen                                        selbstgemachten Adventskalender
                                                  Ereignissen, dass ich schon fast mein     Zuhause, auf mich genommen. Die Stadt                                        hierhergeschickt, obwohl es den für die
   kulturweit.blog/fenjajanne                     Abitur vergessen habe. Und nun bin ich    oder das Dorf, wie ich es liebevoll nenne,                                   Kinder eigentlich seit ein paar Jahren
                                                  schon seit vier Monaten in Ungarn.        und vor allem die Menschen hier habe                                         nicht mehr gibt. Ihr könnt euch jetzt
                                                  Ich weiß noch genau wie ich in Budapest   ich im Handumdrehen in mein Herz ge-                                         mal vorstellen, wie das mein elfjähriger
                                                  am Bahnhof angekommen bin und erst-       schlossen.                                                                   Bruder fand, dass seine große Schwes-
                                                  mal überfordert war.                                                                                                   ter im Gegensatz zu ihm einen Advents-
                                                                                            Sonderbarerweise war der Dezember                                            kalender bekommt.) Genauso zufrieden
                                                                                            einer der schönsten Monate in meiner                                         bin ich mit meiner Einsatzstelle. Doch
                                                                                            Zeit in Ungarn bisher. In der Schule                                         Zweifel und Ängste sind immer da
                                                                                            hatte ich das Gefühl, richtig gebraucht                                      (auch wenn man es oft nicht zugeben
                                                                                            zu werden. Das Deutsche Sprachdiplom                                         will). Wie wird es, wenn meine engsten
                                                                                            stand für die 12. Klasse an und ihr könnt                                    Freunde von kulturweit ab Februar
                                                                                            mir glauben, dass das eine Menge Ar-                                         nicht mehr in Ungarn sind? Werde ich
                                                                                            beit für Lehrer*innen und Schüler*innen                                      genug Aufgaben in der Schule haben?
                                                                                            bedeutete. Jede*r Schüler*in musste                                          Wie kann ich meine Nachmittage besser
                                                                                            für die mündliche Prüfung eine Präsenta-                                     nutzen, besonders jetzt im Winter,
                                                                                            tion zu einem selbst gewählten Thema                                         wo man draußen nicht viel machen kann?
                                                                                            vorbereiten. Da traf es sich gut, dass ich                                   Wie werde ich mich jemals für einen
                                                                                            es liebe, Präsentationen zu machen und                                       Studiengang entscheiden können, wenn
                                                                                            wahrscheinlich auch ein bisschen Ah-                                         ich mir nicht im Klaren darüber bin,
                                                                                            nung davon habe. Arbeit in der Schule                                        was ich kann?
                                                                                                                                         Freiwilligendienst kulturweit

                                                                                            war also schon mal gesichert. Check.
                                                                                            Aber wie sah es mit der Freizeit und                                         Diese ganzen Fragen und noch viele
                                                                                            den Wochenenden aus? Da sage ich nur:                                        mehr schwirren in meinem Kopf, wie ein
                                                                                            ein Hoch auf Weihnachtsmärkte. Die                                           Bienenschwarm. Er erscheint lästig
                                                                                            Wochenenden habe ich mit anderen                                             und man könnte auf die Idee kommen,
                                                                                            kulturweit-Freiwilligen verbracht. Es ist                                    Angst zu haben, doch am Ende bringt
                                                                                            schon erstaunlich, wie so schnell gute                                       er den leckersten Honig. Insofern hoffe
                                                                                            Freundschaften entstehen können. Aber                                        ich, dass ich Antworten und Lösungen
                                                                                            nun mal Butter bei die Fische: So schön                                      auf die Fragen finde und sich das Bienen-

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Am Tellerrand 2018 2019 - Deutsche UNESCO ...
Magazin 2018 – 2019
                                                                                                                                                                            Sie schreien mir Worte nach, die sich
                                                                                                                                                                            nicht gehören, sie beschimpfen meine
                                                                                                                                                                            Familie. Das ist schon immer so.“

                                                                                                                                                                            David ist in keinem Verband und keiner
                                                                                                                                                                            Zunft registriert. Die einzige Organisation,
                                                                                                                                                                            bei der er sich eingeschrieben hat,
                                                                                                                                                                            ist Vamos Juntos, ein gemeinnütziger
                                                                                                                                                                            deutsch-bolivianischer Freundeskreis,
                                                                                                                                                                            gegründet von der Deutschen Ruth Over-
                                                                                                                                                                            beck de Sumi. Die Organisation hat sich
                                                                                                                                                                            zum Ziel gesetzt, die Lebenssituation der
                                                                                                                                                                            Lustrabotas in La Paz zu verbessern.

                                                                                                                                                                            Denn die Gesellschaft ist durchzogen
                                                                                                                                                                            von Vorurteilen, die die Schuhputzer
                                                                                                                                                                            betreffen. Es ist kein Wunder, dass viele
                                                                                                                                                                            Lustrabotas unerkannt bleiben wollen,
                                                                                                                                                                            wenn ihre Präsenz mit Drogenkonsum,
                                                                                                                                                                            Alkoholmissbrauch, Diebstahl und Armut         Entwicklung setzt den Schuhputzern           die den Paceños von der Arbeit und den
                                                                                                                                                                            assoziiert wird. „In ihren ersten Jahren       zu und bedroht ihre Existenz“, warnt sie.    Lebensgeschichten der Schuhputzer
                                                                                                                                                                            lebten viele der jugendlichen Schuh-                                                        erzählen. Zudem gibt es seit einiger Zeit
                                                                                                                                                                            putzer auf der Straße, was natürlich zu        Zukunftsperspektiven                         das Projekt „Con otros zapatos“ (z. D.:
                                                                                                                                                                            immensen Problemen geführt hat:                durch Bildung                                „Mit anderen Schuhen“), bei dem Lust-
                                                                                                                                                                            Viele schnüffelten Klebstoff, der exzes-                                                    rabotas Besucher durch La Paz führen
                                                                                                                                                                            sive Konsum von Alkohol half dabei, in         Die Organisation Vamos Juntos möchte         und zusätzlich über ihre Arbeit als

			 Turnschuhe
                                                                                                                                                                            der klirrenden Kälte der Nacht auf 3600        den Lustrabotas deshalb neue Perspek-        Schuhputzer informieren. Eine bewusst
Reportage                                                                                                                                                                   Metern Höhe auszuharren und dem                tiven geben, vor allem mit Hilfe von         offensive Form des Dialogs, die das ge-
                                                                                                                                                                            Hunger und der Müdigkeit zu trotzen“,          sogenannten „becas“, also Stipendien.        genseitige Vertrauen stärken und auch
                                                                                                                                                                            erklärt Overbeck de Sumi. Heute sei            Den größten Anteil macht das Bildungs-       das Image der Lustrabotas verbessern

    bedrohen ihre Existenz:                                                                                                                                                 die Prozentzahl der auf der Straße
                                                                                                                                                                            lebenden Lustrabotas verschwindend
                                                                                                                                                                            gering. Die Vorurteile jedoch bleiben
                                                                                                                                                                                                                           programm aus, das verschiedene Aus-
                                                                                                                                                                                                                           und Weiterbildungsmöglichkeiten
                                                                                                                                                                                                                           umfasst. „Wir halten Bildung für enorm
                                                                                                                                                                                                                                                                        soll. Daher ist die Tour nicht nur für aus-
                                                                                                                                                                                                                                                                        ländische Touristen vorgesehen, sondern
                                                                                                                                                                                                                                                                        ausdrücklich auch für Schulklassen,

    Schuhputzer in Bolivien
                                                                                                                                                                            bestehen.                                      wichtig“, so Apaza, „da Menschen, die        Firmen und Bürger aus La Paz.
                                                                                                                                                                                                                           eine gute Bildung genießen und gewillt
                                                                                                                                                                            „Die Leute, Magaly,                            sind, sich akademisch weiterzubilden,        Erste Erfolge zeichnen sich ab
Lukas Praller war mit                                                                                                                                                       tragen nur noch Turnschuhe“                    eines Tages eine berufliche Karriere
kulturweit und der DW
Akademie Freiwilliger
                                                                                                                                                                                                                           einschlagen können, die zu einer Ver-        Laut offiziellen Daten der Organisation
für die Journalismus-                                                                                                                                                       Zu dem alten sozialen Stigma kommen            besserung ihrer Lebensqualität               schwindet die Anzahl der jugendlichen
Stiftung „Fundación
                                                                                                                                                                            weitere existenzielle Herausforderungen.       in allen möglichen Bereichen führt.“         Lustrabotas bereits, viele arbeiten nur
para el Periodismo“ in
Bolivien.                              Schuhputzer arbeiten in La Paz unter härtesten                                                                                       „Wenn es regnet“, spricht die Sozialar-                                                     noch aushilfsweise während der Ferien.
                                       Bedingungen, viele sind minderjährig. Lukas Praller,                                                                                 beiterin Magaly Carol Apaza Vargas von         Das Ziel: Vamos Juntos möchte die            Das sei auch den Eltern zu verdanken,
                                                                                                                                                                            Vamos Juntos ein ewiges Problem des            Lustrabotas wieder in die bolivianische      so Overbeck de Sumi. „Es hat sich die
                                       kulturweit-Freiwilliger der DW Akademie in                                                                                           Berufsstandes an, „wirst du gar nichts         Gesellschaft integrieren. „Es ist wichtig,   Erkenntnis durchgesetzt, dass nur eine
                                       Bolivien, über Stigmata, Sturmhauben und Stipendien                                                                                  verdienen. Auch am Wochenende oder
                                                                                                                                                                            an einem ruhigen Ort gerät man schnell
                                                                                                                                                                                                                           dass die Paceños (Einwohner von La
                                                                                                                                                                                                                           Paz, Anm. d. Red.) wissen, dass auch
                                                                                                                                                                                                                                                                        gute Bildung die Basis für eine bessere
                                                                                                                                                                                                                                                                        Zukunft sein kann, für das Kind selbst,
                                       als Zukunftsperspektive.                                                                                                             in Schwierigkeiten.“ Neu ist hingegen,         Schuhputzer Personen wie du und ich          aber natürlich auch für die Familie.“
                                                                                                                                                                            dass nun auch das veränderte Konsum-           sind, nicht mehr und nicht weniger.
                                                                                                                                                                            verhalten der Kunden die finanzielle           Die Leute müssen verstehen: Schuhe-          Die Zahl der erfolgreichen Schulabgänger
                                                                                                                                                                            Situation der Lustrabotas negativ beein-       putzen ist eine Arbeit wie jede andere       sei vor diesem Hintergrund in die Höhe
Als Reporter für die Journalismus-Stiftung            David Alejandro Mamani Quispe ist erst      aus Uruguay, kürzlich gegenüber BBC                                       flusst: „Die Schuhputzer sagen mitt-           auch“, sagt Apaza                            geschnellt. Ein weiterer Erfolg: Vor
„Fundación para el Periodismo“ setzte sich Lukas
mit den Vorurteilen gegenüber Schuhputzern            23 Jahre alt, doch er hat bereits viel      Mundo. Óscar Rocabado, bolivianischer                                     lerweile oft zu mir: ‚Magaly, es ist nicht                                                  einigen Jahren noch hatten viele Lustra-
in Bolivien auseinander. Sein vollständiger Beitrag   erlebt. Mit acht Jahren wurde er Voll-      Soziologe, sieht das ähnlich. Die Lust-                                   mehr wie früher. Die Leute, Magaly,            Um diese Botschaft in die Öffentlich-        botas keine Papiere. Heute besitze
erschien online bei der Deutschen Welle.
                                                      waise, seitdem lebt er auf der Straße.      rabotas seien die einzigen Arbeiter auf                                   tragen nur noch Turnschuhe‘. Auch diese        keit zu tragen, werden Flyer verteilt,       fast jeder Schuhputzer einen Personal-
    p.dw.com/p/2syR7                                  Zehn Stunden täglich verbringt er drau-     den Straßen von La Paz, die ihr Gesicht                                                                                                                               ausweis – Resultat des beständigen
                                                      ßen, Wind und Wetter ausgesetzt, auf        aus Furcht vor gesellschaftlicher Dis-                                                                                                                                Einsatzes der Helfer vor Ort.
                                                      der Suche nach Kunden, denen er die         kriminierung verhüllen. „Manche sagen
                                                      Schuhe polieren kann. Sein Gesicht ver-     im Scherz, dass sie es wegen dem                                                                                                                                      Doch bis die Lustrabotas als vollwertiger
                                                      steckt er unter einer schwarzen Sturm-      Gestank der Füße ihrer Kunden tun.                                                                                                                                    Teil der Gesellschaft behandelt werden,
                                                      haube. Die Angst ist groß, erkannt zu       Aber sie wissen selbst, dass das nicht                                                                                                                                bleibt es ein weiter Weg: „Eigentlich
                                                      werden, von Freunden, Bekannten oder        der wahre Grund ist“, so Rocabado.                                                                                                                                    sollte es doch schon längst besser sein.
                                                      Arbeitskollegen aus seinem Zweitberuf                                                                                                                                                                             Die Gleichheit vor dem Gesetz und die
                                                      als Maurer.                                 Der Diskriminierung                                                                                                                                                   Menschenrechte sind schließlich für alle
                                                                                                  schonungslos ausgesetzt                                                                                                                                               da, sie betreffen jeden, und nicht nur
                                                      Geschichten wie die von David sind in                                                                                                                                                                             einen Teil. Doch die Realität sieht anders
                                                                                                                                            Freiwilligendienst kulturweit

                                                      La Paz keine Seltenheit. Mehr als 3500      David ist, wie viele junge Schuhputzer,                                                                                                                               aus“, sagt Sozialarbeiterin Apaza. „Aber
                                                      Menschen arbeiten hier als Schuhput-        ein sogenannter „Ambulante“: Er putzt                                                                                                                                 wenn wir uns alle noch ein wenig mehr
                                                      zer, sogenannte Lustrabotas, manche         überall dort Schuhe, wo es Arbeit gibt;                                                                                                                               anstrengen, dann glaube ich, dass
                                                      sind nicht einmal zehn Jahre alt. Sie       ohne festen Arbeitsplatz, nur mit Putz-                                                                                                                               wir es schaffen können, die Sache mit
                                                      eint das gesellschaftliche Stigma ihres     equipment, einem kleinen Holzkasten                                                                                                                                   der Gleichberechtigung und der gegen-
                                                      Berufs. „Schuheputzen ist so etwas          für sein Geld und seiner Sturmhaube                                                                                                                                   seitigen Toleranz.“
                                                      wie die niedrigste Arbeit, die man in der   ausgerüstet. Auch er erfährt täglich
                                                      bolivianischen Gesellschaft verrichten      Beleidigungen: „Viele sagen mir, dass
                                                      kann“, erklärte Federico Estol, Fotograf    ich nur ein einfacher Lustrabota bin.

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Am Tellerrand 2018 2019 - Deutsche UNESCO ...
Das Freiwillige
Neu!                                                                                                         Portrait
                                                                                                                         			 #SuchdasWeite

                                                                             Magazin 2018 – 2019
Soziale Jahr für                                                                                                             mit Eva
das Naturerbe weltweit                                                                                       Eva Richter ging nach der
                                                                                                             Schule ein Jahr lang nach
                                                                                                                                           Eva Richter ging nach ihrem Abitur für zwölf Monate mit

                                                                                                             Lesotho, um dort die Arbeit
                                                                                                             der UNESCO-Nationalkom-
                                                                                                                                           kulturweit nach Lesotho. In der Hauptstadt Maseru begleitete
                                                                                                             mission kennenzulernen.
                                                                                                                                           sie die UNESCO-Nationalkommission unter anderem bei
                                 Vom Mount Elgon in Uganda bis zu den                                                                      den Vorbereitungen für ein Biosphärenreservat, das in dem
                                 Palast-Grotten in Uruguay können sich                                                                     kleinen Land im Süden Afrikas entstehen soll.
                                 junge Erwachsene mit kulturweit für
                                 die Natur einsetzen: im Weltnaturerbe, in
                                 UNESCO-Biosphärenreservaten und                                             Mehr zu den UNESCO-Biosphärenreservaten:   Nach dem Abitur zog es die damals           „Ich habe unglaublich viel gelernt, zum
                                 Geoparks weltweit. So erfahren sie mehr                                        www.unesco.de/biosphaerenreservate
                                                                                                                                                        18-jährige Eva Richter ins Ausland. Als     Beispiel das Arbeiten in einem interna-
                                                                                                                                                        sie die Zusage von kulturweit erhielt und   tionalen Team, das hat mir sehr viel Spaß
                                 über die enge Beziehung zwischen Mensch                                                                                erfuhr, dass ihre Einsatzstelle in Leso-    gemacht. Auch inhaltlich habe ich viel
                                 und Umwelt, sammeln sechs Monate                                                                                       tho sein würde, musste sie erst einmal
                                                                                                                                                        auf die Landkarte schauen. „Lesotho
                                                                                                                                                                                                    über die UNESCO erfahren und fand es
                                                                                                                                                                                                    toll mitzuerleben, wie ein Biosphären-
                                 lang Erfahrungen im Bereich nachhaltige                                                                                ist ein kleines Land und vollständig von    reservat entsteht“, erklärt Eva Richter
                                 Entwicklung und lernen viel über die                                                                                   Südafrika umgeben. Ich wusste damals
                                                                                                                                                        gar nichts darüber. Und ich war sehr
                                                                                                                                                                                                    im Rückblick.

                                 eigene globale Verantwortung.                                                                                          gespannt, was meine Aufgaben vor Ort        „Die Menschen und
                                                                                                                                                        sein würden.“                               die Natur haben mich fasziniert“

                                                                                                                                                        Entwicklung eines Biosphären-               Eva Richter hat sehr gerne bei der
                                                                                                                                                        reservats                                   UNESCO-Kommission in Lesotho mit-
                                                                                                                                                                                                    gearbeitet und in dem Land gelebt.
                                                                                                                                                        Eva Richter unterstützte die UNESCO-        „Sowohl die Natur als auch die Basotho
                                                                                                                                                        Nationalkommission von Lesotho in           – so nennt man die Menschen in Leso-

„Unsere Einsatzstellen
                                                                                                                                                        diversen Projekten, schrieb etwa Projekt-   tho – haben mich fasziniert. Die Natur
                                                                                                             „Programme wie                             anträge und organisierte Veranstaltun-      ist unglaublich schön und einzigartig,
                                                                                                             die Biosphärenre-                          gen. Außerdem wirkte sie im „Man and
                                                                                                                                                        the Biosphere Programme“ mit, bei dem
                                                                                                                                                                                                    denn als einziges Land weltweit liegt es
                                                                                                                                                                                                    vollständig über 1.000 Meter über
                                                                                                             servate leisten einen
sind Zukunftswerkstätten
                                                                                                                                                        es um die Entwicklung eines Biosphären-     dem Meeresspiegel. Die Menschen sind
                                                                                                             wichtigen Beitrag                          reservats geht, das im Norden des
                                                                                                                                                        Landes entstehen soll. „Die Idee eines
                                                                                                                                                                                                    sehr gastfreundlich und es ist üblich,
                                                                                                                                                                                                    dass man sich auf der Straße grüßt –
                                                                                                             für ein nachhaltiges                       Biosphärenreservats ist es, dass Mensch     nicht nur im Dorf, sondern auch in der

nachhaltigen Lebens.                                                                                         Zusammenleben von
                                                                                                             Mensch und Natur.“
                                                                                                                                                        und Natur harmonisch zusammenleben
                                                                                                                                                        und Ressourcen nachhaltig genutzt wer-
                                                                                                                                                        den“, erklärt Eva Richter. „Es soll also
                                                                                                                                                                                                    Hauptstadt.“

                                                                                                                                                                                                    Eintauchen in die Kultur

Unsere Freiwilligen sind
                                                                                                                                                        nicht nur eine bestimmte Zone geschützt
                                                                                                                                                        werden – die UNESCO möchte vor              Ob Eva Richter wieder mit kulturweit
                                                                                                                                                        Ort auch nachhaltiges Leben und Arbeiten    in ein afrikanisches Land gehen würde?
                                                                                                                                                        fördern.“                                   „Na klar! Ich bin dankbar, dass ich

die jungen Botschafterinnen
                                                                                                                                                                                                    das Land so gut kennenlernen durfte,
                                                                                                                                                        Workshops und Exkursionen                   Freundschaften schließen konnte und
                                                                                                                                                        mit internationalen Expert*innen            nicht nur einen oberflächlichen Eindruck
                                                                                                                                                                                                    als Touristin bekommen habe. kulturweit

und Botschafter der Welt
                                                                                                                                                        Ein besonders prägendes Ereignis            bietet unglaublich viele Möglichkeiten,
                                                                                                                                                        war für Eva Richter ein Workshop, bei       Neues zu entdecken, eine Sprache zu
                                                                                                                                                        dem Vertreter*innen aller Nationalkom-      lernen, Menschen und eine Kultur kennen-

von morgen.“
                                                                                                                                                        missionen und Ministerien im südlichen      zulernen.“ Umgekehrt findet sie es
                                                                                                                                                        Afrika nach Lesotho kamen, um sich          genauso wichtig, dass junge Menschen
                                                                                                                                                        über Biosphärenreservate auszutauschen.     aus anderen Ländern nach Deutschland
                                                                                                                                                        Teil des Workshops war auch eine            kommen, um hier die Natur und Kultur
                                                                                                                                                        Exkursion in das Gebiet des geplanten       kennenzulernen und zum Beispiel in
                                                                                                                                                        Biosphärenreservats. Dort lernte Eva        Naturerbestätten mitzuarbeiten.
                                                                             Freiwilligendienst kulturweit

                                                                                                                                                        Richter Einheimische kennen, die von der
                                                                                                                                                        Landwirtschaft leben. „Programme
—Prof. Dr. Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission                                                                                    wie die Biosphärenreservate leisten einen
                                                                                                                                                        wichtigen Beitrag für ein nachhaltiges
                                                                                                                                                        Zusammenleben von Mensch und Natur“
                                                                                                                                                        sagt sie und hofft, dass das Biosphären-
                                                                                                                                                        reservat den Anerkennungsprozess
                                                                                                                                                        bei der UNESCO in den kommenden
                                                                                                                                                        Jahren abschließen kann.

14                                                                                                                                                                                                                                      15
Am Tellerrand 2018 2019 - Deutsche UNESCO ...
Magazin 2018 – 2019
                                                                                                                                                                 mit den Kommunen und organisierte           Über sich hinausgewachsen                  schwierig. Man müsse besser als in
                                                                                                                                                                 die Beantragung.                                                                       Deutschland auf sich selbst aufpassen,
                                                                                                                                                                                                             In ihrer Freizeit lernte sie die Landes-   so Vanessa van den Hövel. „Einmal wurde
                                                                                                                                                                 „Im Baringo County gibt es eine Vielzahl    sprache Suahili, bestieg den Mount         ich im Bus bedrängt und habe mich
                                                                                                                                                                 an geologischen Besonderheiten.             Kenya und verbrachte Zeit mit Freund*-     sehr unwohl gefühlt. Aber sofort hat mir
                                                                                                                                                                 Man hat Fossilien gefunden, etwa Fische,    innen: darunter ihre internationalen       ein netter Mann seine Hilfe angeboten
                                                                                                                                                                 Schnecken oder Zähne von Mammuts.           Mitbewohner*innen ebenso wie Kenia-        und mich sicher nach Hause gebracht.“
                                                                                                                                                                 Über 1,5 Millionen Flamingos leben dort.    ner*innen. „Ich habe vor Ort viele
                                                                                                                                                                 Es gibt einen alkalischen See mit           Freundschaften mit Einheimischen ge-       kulturweit-Einsatz fördert
                                                                                                                                                                 Geysiren, also heißen Quellen, und Flüsse   schlossen und war überrascht, wie          Selbstvertrauen und Weltoffenheit
                                                                                                                                                                 mit besonderen Gesteinsarten, die nur       offen ich aufgenommen wurde. Alle in
                                                                                                                                                                 in dem Gebiet vorkommen. Das ist            meinem Team kamen aus Kenia, den-          Rückblickend ist Vanessa van den
                                                                                                                                                                 wirklich eine beeindruckende Region!“       noch wurde Rücksicht auf mich und          Hövel immer noch begeistert von Kenia
                                                                                                                                                                                                             meine Kultur genommen.“                    und ihrem kulturweit-Einsatz vor zwei
                                                                                                                                                                 Neben den Geoparks unterstützte                                                        Jahren. „Ich wurde sehr gut auf meinen
                                                                                                                                                                 Vanessa van den Hövel die National-         So positiv es für Vanessa van den Hövel    Einsatz vorbereitet und während der
                                                                                                                                                                 kommission in weiteren Projekten.           war, in eine andere Kultur einzutauchen    Zeit im Ausland begleitet. In den sechs
                                                                                                                                                                 Sie organisierte unter anderem einen        – manches hat sie auch herausgefordert.    Monaten habe ich viel über mich selbst
                                                                                                                                                                 Schreibwettbewerb für Kinder zur            „Nairobi ist hektisch, man kennt das       gelernt und neue Perspektiven für die
                                                                                                                                                                 Ozeanforschung, einen Workshop für          Verkehrssystem nicht, da ist es in den     Zukunft gewonnen. Inzwischen gehe
                                                                                                                                                                 Lehrkräfte der Geowissenschaften,           ersten Wochen wahnsinnig kompli-           ich Herausforderungen gelassener an
                                                                                                                                                                 schrieb Reden für die Generalsekretärin     ziert, sich zurechtzufinden.“ Auch die     und vertraue mehr auf mich selbst.
                                                                                                                                                                 und führte Jugendveranstaltungen durch.     Sicherheitssituation in Nairobi fand sie   Heute kann ich zudem Kompetenzen
                                                                                                                                                                                                                                                        und Erfahrungen, die ich in Kenia
                                                                                                                                                                                                                                                        erworben und gesammelt habe, in meiner
                                                                                                                                                                                                                                                        täglichen Arbeit einbringen.“

                                                                                                                                                                                                                                                        Dass der Freiwilligendienst kulturweit
                                                                                                                                                                                                                                                        um Einsatzstellen in Naturerbestätten
                                                                                                                                                                                                                                                        erweitert wird, findet sie eine sehr
                                                                                                                                                                                                                                                        gute Idee: „Unsere Welt befindet sich
                                                                                                                                                                                                                                                        im Wandel. Es ist wichtig, dass wir
                                                                                                                                                                                                                                                        unsere Verantwortung für die globale

			#SuchdasWeite
                                                                                                                                                                                                                                                        Umwelt wahrnehmen und uns für die
Portrait                                                                                                                                                                                                                                                Natur einsetzen.“ Mit kulturweit könne
                                                                                                                                                                                                                                                        man dies ganz praktisch tun. Wichtig
                                                                                                                                                                                                                                                        findet Vanessa van den Hövel, sich im

   mit Vanessa
                                                                                                                                                                                                                                                        Freiwilligendienst mit Offenheit und
                                                                                                                                                                                                                                                        ohne Vorbehalte auf das Einsatzland ein-
                                                                                                                                                                                                                                                        zulassen. „Dabei lernt man so viel über
                                                                                                                                                                                                                                                        andere Kulturen und Regionen und
                                                                                                                                                                                                                                                        wächst über sich selbst hinaus – das
                                                                                                                                                                                                                                                        ist unbezahlbar.“
Vanessa van den Hövel
war in Nairobi kultur-
                            Vanessa van den Hövel studierte Politikwissenschaft in Duisburg
weit-Freiwillige bei der
Kenianischen UNESCO-
                            und Friedens- und Konfliktforschung in Magdeburg. Ihren kultur-
Kommission.
                            weit-Einsatz verbrachte sie 2016 während ihres Masterstudiums
                            in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Dort arbeitete die damals
                            25-Jährige für ein halbes Jahr in Naturprojekten und half bei
                            der Entwicklung eines UNESCO-Geoparks mit. Heute wohnt die
                            gebürtige Niederrheinerin in Mönchengladbach und arbeitet in der
                            Bildungsabteilung bei einem internationalen Hilfswerk.

  Mehr zu den UNESCO-Geoparks:
www.unesco.de/geoparks
                                         „Ich wollte gerne raus aus Deutschland
                                         und meinem Alltag als Studentin, Neu-
                                                                                       Flamingos, Geysire und
                                                                                       Flüsse schützen
                                                                                                                                                                 „UNESCO-Geoparks sind Gebiete mit
                                         es erleben und Praktisches tun“, erzählt                                                                                geologischen Besonderheiten.
                                         Vanessa van den Hövel. Kenia kannte sie
                                         schon vor ihrem Freiwilligendienst –
                                                                                       Zu ihrer Hauptaufgabe während des
                                                                                       Freiwilligendienstes gehörte der Aufbau
                                                                                                                                                                 Es geht darum, die Menschen vor Ort
                                         einige Jahre zuvor hatte sie das ostafri-     eines Geoparks im westkenianischen                                        einzubeziehen und ein Bewusstsein
                                         kanische Land bereits für ein Praktikum       Baringo County. „UNESCO-Geoparks
                                                                                                                                                                 für die Einzigartigkeit der Region
                                                                                                                                 Freiwilligendienst kulturweit

                                         besucht. kulturweit sollte sie erneut         sind Gebiete mit geologischen Besonder-
                                         dorthin führen. „Erst dachte ich: Kenia       heiten. Es geht darum, die Menschen                                       zu schaffen.“
                                         kenne ich doch schon!“, erinnert sich         vor Ort einzubeziehen und ein Bewusst-
                                         Vanessa van den Hövel an den Moment,          sein für die Einzigartigkeit der Region
                                         als sie von kulturweit die Zusage für einen   zu schaffen. Außerdem sollen die Parks
                                         Freiwilligendienst in der kenianischen        den Tourismus fördern“, erklärt Vanessa
                                         UNESCO-Kommission erhielt. „Heute bin         van den Hövel. Um den Geopark in Kenia
                                         ich froh, dass ich Land und Leute noch        aufzubauen, besuchte sie mit einem
                                         besser kennenlernen durfte.“                  Expert*innen-Team die Region, sprach

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Am Tellerrand 2018 2019 - Deutsche UNESCO ...
#kulturweit
#netzwerktreffen

„Mir hat besonders gut gefallen, dass ich
mir einen besseren Einblick in die Struktur
von kulturweit verschaffen konnte.
Auch die Inklusionsthematik war sehr inte-
ressant, denn ich habe mir vorher keine
Gedanken darüber gemacht, dass es Freiwillige
mit Behinderung gibt. Nach dem Netzwerk-
treffen habe ich mir überlegt, wie Inklusion
auch bei uns in Serbien umsetzbar wäre.
Mich mit anderen Ansprechpersonen und dem
kulturweit-Team auszutauschen, war mir
besonders wichtig, denn unabhängig davon,
woher wir als Kontaktpersonen kommen,
gab es zwischen uns viele Gemeinsamkeiten
bezüglich unserer Freiwilligen. Das betrifft
Ängste, Sorgen, Fragen, die Zufriedenheit,
aber natürlich auch die schönen Momente
                  ”
zusammen.

—Ivana Vićentijević, Lehrerin am Gymnasium Kraljevo in Kraljevo, Serbien

Ende Oktober 2018 organisierte das kulturweit-Team in Iwano-Frankiwsk,
Ukraine, das zweite Jahr in Folge ein Netzwerktreffen von ehrenamtlich
tätigen Kontaktpersonen in den kulturweit-Einsatzstellen. Im Rahmen des
Treffens kamen 40 Ansprechpersonen aus 15 verschiedenen Ländern
zusammen.
3 Fragen an kulturweit-
                                                                                                                                               Interview

                                                                                                               Magazin 2018 – 2019
                                                                                                                                               			 Alumnus Luis Frank
                                                                                                                                                                            Mit kulturweit und dem Pädagogischen Austauschdienst

 						          Vielfältige
                                                                                                                                               Luis Frank war kulturweit-
                                                                                                                                               Freiwilliger in der
                                                                                                                                               Deutschen Schule Garten-
                                                                                                                                               stadt in einem Vorort
                                                                                                                                                                            hat Luis Frank ein Jahr im Unterricht der Deutschen
                                                                                                                                               der argentinischen Haupt-
                                                                                                                                               stadt Buenos Aires.          Schule Gartenstadt in Buenos Aires assistiert. Was er bei

									Perspektiven                                                                                                                                                       kulturweit gelernt hat und wie der Freiwilligendienst
                                                                                                                                                                            in der argentinischen Hauptstadt ihn bis heute prägt,
                                                                                                                                                                            erzählt er uns im Interview.
für kulturweit-Alumni
kulturweit stärkt bürgerschaft-                                                                                                                                                           Du warst mit kulturweit ein Jahr an
                                                                                                                                                                                          einer Schule in Buenos Aires.
                                                                                                                                                                                          Wie bist du da gelandet und was
                                                                                                                                                                                                                                           mir auch in Buenos Aires Spaß ge-
                                                                                                                                                                                                                                           macht hatte. Der Job war echt ein
                                                                                                                                                                                                                                           Glücksgriff. Ich arbeite immer noch

liches Engagement und fördert
                                                                                                                                                                                          hast du genau gemacht?                           dort.

                                                                                                                                                                                             Ich bin da zufällig hingekommen.              Für die Arbeit in Neukölln hilft es
                                                                                                                                                                                             Der Pädagogische Austauschdienst              mir zudem sehr, dass ich selbst mal

lebenslanges Lernen – weit über                                                                                                                                                              hatte mir ein Angebot gemacht
                                                                                                                                                                                             und daraufhin habe ich einen Platz
                                                                                                                                                                                             als Assistent für Deutschunterricht
                                                                                                                                                                                                                                           woanders gewohnt habe. Hier leben
                                                                                                                                                                                                                                           Leute aus vielen verschiedenen
                                                                                                                                                                                                                                           Ländern und mit ganz unterschied-

den Freiwilligendienst hinaus.
                                                                                                                                                                                             an dieser Schule bekommen.                    lichen kulturellen Hintergründen.
                                                                                                                                                                                                                                           Ich kann mich etwas hineinversetzen
                                                                                                                                                                                             Ich habe dort für elf Monate an               in die Lage der Kinder beziehungs-
                                                                                                                                                                                             einer Schule als Freiwilliger gearbeitet.     weise Familien, die selbst noch

                                                                                                                                                                                             Am Anfang waren meine Aufgaben                nicht so lang in Deutschland sind,
                                                                                                                                                                                             vor allem Hilfstätigkeiten, aber später       weil ich selbst nachvollziehen kann,
                                                                                                                                                                                             durfte ich sogar einen eigenen                wie es ist, woanders fremd zu sein.
  Mehr Informationen zum Alumni-Programm:
www.kulturweit.de/perspektiven
                                            Der Freiwilligendienst endet     Bildung für nachhaltige Ent-                                                                                    kleinen Deutschkurs leiten.                   Und natürlich hat mir auch die
                                                                                                                                                                                                                                           Arbeitserfahrung als Freiwilliger,
                                            nicht mit der Rückkehr nach      wicklung (BNE) und Welterbe                                                                                  Inwiefern hat dich dein Auslands-                also Deutsch als Fremdsprache zu
                                            Deutschland. Wir tun viel für    weiterzubilden. Zudem kön-                                                                                   aufenthalt in deiner Berufswahl                  unterrichten, für das geholfen,
                                                                                                                                                                                          beeinflusst?                                     was ich jetzt mache.
                                            unsere Alumni – und unsere       nen sich ehemalige Freiwillige
                                            Alumni viel für kulturweit.      im Verein kulturweiter enga-                                                                                    kulturweit hatte in dieser Hinsicht         Was war für dich das Wichtigste,
                                                                                                                                                                                             tatsächlich großen Einfluss auf mich.       das du während deines kulturweit-
                                            Die Alumniarbeit bietet zahl-    gieren oder an ihrer früheren                                                                                   Ich war nämlich zum Zeitpunkt meiner        Aufenthalts gelernt hast?
                                            reiche Möglichkeiten, sich zu    Schule, Uni und auf Messen                                                                                      Bewerbung gerade mitten in einem
                                                                                                                                                                                             Sprachtherapiestudium. Das ist so             Zuallererst habe ich natürlich sehr
                                            engagieren, sich mit anderen     über ihre Erfahrungen mit                                                                                       etwas Ähnliches wie Logopädie. Ich            viel über das Land gelernt. Ich
                                            ehemaligen Freiwilligen zu       kulturweit berichten.                                                                                           war gar nicht sicher, was ich eigent-         war vorher noch nie in Südamerika.
                                                                                                                                                                                             lich damit machen will, wollte das            Dazu kam die neue Sprache. Ich
                                            vernetzen, sich weiterzubilden                                                                                                                   Studium aber gleichzeitig nicht ab-           kann mich jetzt auf Spanisch ver-
                                            und eigene Projekte zu ver-      Für unsere Alumni arbeiten                                                                                      brechen.                                      ständigen, was total cool ist.
                                            wirklichen.                      wir mit vielen Partnern wie                                                                                     Als Sprachassistent in Argentinien            Außerdem habe ich viel über Deut-
                                                                             lokalen Koordinierungsstellen                                                                                   hat es mir dann so gut gefallen, dass         schland gelernt, weil man das eigene
                                                                                                                                                                                             ich mir gut vorstellen konnte, auch           Land ja nur im Vergleich mit anderen
                                            Die Deutsche UNESCO-             für das Welterbe in ganz                                                                                        danach an einer Schule zu arbeiten.           kennenlernen kann. Und ich habe
                                            Kommission bietet Seminare       Deutschland oder dem Gustav-                                                                                    Als ich zurück in Deutschland war und         natürlich auch viel über die eigenen
                                                                                                                                                                                             das Studium beendet hatte, habe               Privilegien gelernt, die man hat,
                                            an, in denen Alumni zu           Stresemann-Institut zu-                                                                                         ich eine Stellenanzeige von einer Neu-        wenn man aus Deutschland oder aus
                                            Teamer*innen ausgebildet         sammen. Während Letzteres                                                                                       köllner Schule gesehen. Dort wurde            Europa kommt. Wenn man nie im
                                                                                                                                                                                             jemand für ein Modellprojekt ge-              Ausland war, kann man das alles
                                            werden. Dabei lernen sie,        Demokratie- und Teilhabe-
                                                                                                               Freiwilligendienst kulturweit

                                                                                                                                                                                             sucht – für eine Sprachwerkstatt, in          nicht beurteilen.
                                            selbst Seminare zu planen        kompetenzen im Rahmen von                                                                                       der es um Sprachförderung für
                                                                                                                                                                                             Kinder, die Deutsch als Zweitsprache          Ganz allgemein habe ich aber
                                            und zu gestalten. Die Teil-      BNE vermittelt, bieten die                                                                                      lernen, geht. Ich dachte, dass das            auch gemerkt, dass ich eigentlich
                                            nehmer*innen werden dazu         Koordinierungsstellen exklusive                                                                                 ganz gut zu dem passt, was ich in             überall klarkommen und überall
                                                                                                                                                                                             Argentinien gemacht hatte. Und                Freunde finden kann. Das Gefühl,
                                            ausgebildet, andere Men-         Einblicke in das Management                                                                                     ich hatte das Gefühl, dass ich da einer-      überall zu Hause sein zu können,
                                            schen in den Themengebieten      der jeweiligen Welterbestätte.                                                                                  seits frei und kreativ und anderer-           das ist schön.
                                                                                                                                                                                             seits mit Kindern arbeiten kann, was

20                                                                                                                                                                                                                                                                        21
Einfach mal
Portrait

                                                                                                                                     Magazin 2018 – 2019
                                                                                                                                                                                                                 für die Deutschlehrer*innen der Region       fluss auf deren Leben zu haben. Wenn
                                                                                                                                                                                                                 zu organisieren. Zwei bis dreimal die        sie jetzt bei kulturweit die Freiwilligen
                                                                                                                                                                                                                 Woche ließ sie die Büroarbeit hinter sich,   betreut, kommt diese Sinnhaftigkeit

Zeit haben, Erfahrungen
                                                                                                                                                                                                                 und machte sich durch das immer kälter       wieder zur Geltung. Sie kann die Frei-
                                                                                                                                                                                                                 werdende Bukarest zu einer der PASCH-        willigen bei ihren Erfahrungen begleiten,
                                                                                                                                                                                                                 Schulen auf, wo sie Konversationsunter-      und ihnen helfen, möglichst viel aus
                                                                                                                                                                                                                 richt gab. Dafür wählte sie Liedertexte      ihrem Freiwilligenaufenthalt mitzu-

zu machen
                                                                                                                                                                                                                 der Berliner Band Seeed aus, die sie         nehmen.
                                                                                                                                                                                                                 mit den Schülern durchging. Warum
                                                                                                                                                                                                                 Seeed? Katharina Leinius lacht: „Keine       Sie beobachtet auch, dass viele der Frei-
                                                                                                                                                                                                                 Ahnung, ich brauchte einfach leicht          willigen, genau wie sie selbst damals,
                                                                                                                                                                                                                 verständliche Texte.“                        sehr gestresst von dem Leistungsdruck
                                                                                                                                                                                                                                                              in der Schule oder der Uni sind. Basie-
Katharina Leinius gehört zu der ersten Gruppe an                                                                                                                                                                 So arbeitsreich der Aufenthalt klingt, für
                                                                                                                                                                                                                 Katharina Leinius war es eher das Ge-
                                                                                                                                                                                                                                                              rend auf ihren eigenen Erfahrungen aus
                                                                                                                                                                                                                                                              dem Freiwilligendienst rät sie ihnen
Freiwilligen, die mit kulturweit ausgereist sind.                                                                                                                                                                genteil: Eine Chance, zu sich zu kommen,     dann: „Das muss jetzt kein Erfolg werden.
                                                                                                                                                                                                                 den Unistress abzuschalten, und sich         Der Freiwilligendienst ist eine Chance,
2009 arbeitete sie für ein halbes Jahr im Goethe-Institut                                                                                                                                                        klar zu machen, wie sie ihr Leben zu-        Pause zu drücken. Einfach mal Zeit
in Bukarest. Für sie war es eine gute Möglichkeit,                                                                                                                                                               künftig weiter gestalten will. „Das Gute     haben, Erfahrungen zu machen.“
                                                                                                                                                                                                                 war, dass ich Freiwillige war. So hatte
nach dem anstrengenden Bachelor-Studium durch-                                                                                                                                                                   ich keinen Stress, musste keine Ergeb-
zuatmen. Von kulturweit ist Katharina Leinius                                                                                                                                                                    nisse abliefern, wurde nicht bewertet.
                                                                                                                                                                     gewählt worden. Und Katharina Leinius       Ich hatte einfach mal Zeit, etwas
letztlich nicht losgekommen. Heute arbeitet sie selbst                                                                                                               fand sich binnen kurzer Zeit mitten in      Anderes auszuprobieren.“
als Freiwilligenbetreuerin im Berliner kulturweit-Büro.                                                                                                              den Vorbereitungen dafür.
                                                                                                                                                                                                                 Nach ihrer Rückkehr aus Bukarest,
                                                                                                                                                                     Zunächst half sie bei der Organisation      machte sie einen Master in „Security
                                                                                                                                                                     der PASCH-Eröffnungsveranstaltung, die      Studies“ in London. Doch dank der
                                                                                                                                                                     gerade einmal zwei Monate nach ihrer        Erfahrungen aus ihrem Freiwilligen-
                                                                                        ihr egal. Hauptsache mal etwas Anderes.                                      Ankunft stattfand. Es war eine arbeits-     dienst war ihr bald klar, dass sie keine
                                                                                        Ausgewählt wurde sie für das Goethe-                                         reiche Zeit, aber am Ende ging alles gut:   akademische Karriere einschlagen
                                                                                        Institut in Bukarest und im September                                        Die Deutschschüler hatten einen Auf-        wollte, sondern lieber mit Menschen
                                                                                        2009 begann dann die Reise nach Ru-                                          tritt, die PASCH-Kooperationsverträge       arbeiten möchte. „Durch die Arbeit vor
                                                                                        mänien. Sie gehörte damit zu der ersten                                      wurde unter Beisein des deutschen Bot-      Ort habe ich gelernt, dass meine Arbeit
                                                                                        von kulturweit organisierten Ausreise.                                       schafters unterschrieben, und Katharina     nicht unbedingt bewertet werden muss,
                                                                                        „Wir waren die Versuchskaninchen“,                                           Leinius war zufrieden, ihre erste große     sondern dass es für mich wichtig ist,
                                                                                        schmunzelt Katharina Leinius. „Aber                                          Aufgabe so gut abgeschlossen zu haben.      die Sinnhaftigkeit meines Handelns zu
                                                                                        dafür, dass wir die Ersten waren,                                            Die nächsten Monate ging es für sie         sehen.“ Beim Goethe-Institut hatte sie
                                                                                        die ausgereist sind, hat alles ziemlich                                      dann darum, Unterrichtsmaterial für den     das Gefühl, mit Menschen zu arbeiten
                                                                                        gut funktioniert.“                                                           Deutschunterricht und Fortbildungen         und im ganz kleinen Rahmen etwas Ein-

                                                                                        Bukarest im Jahr 2009. Das war eine
                                                                                        Zeit des Wandels. Denn zwei Jahre
                                                                                        zuvor war Rumänien der EU beigetreten.
                                                                                        „Die Stadt war eine Großbaustelle“,
                                                                                        erinnert sich Katharina Leinius. Was ihr
                                                                                        besonders auffiel war der der Gegen-
                                                                                        satz zwischen dem westlich, modernen
                                                                                        Rumänien und den Überresten der
                                                                                        Ceaușescu-Ära, die sich im Stadtbild
                                                                                        und in den Erzählungen der Menschen
                                                                                        immer wieder fanden. Die Aufbruchs-
                                                                                        stimmung hatte auch viele junge Ru-
                                                                                        mänen angesteckt. Viele suchten nach
Grünpflanzen, bunte Poster und jede         Freiwilligen bei Katharina Leinius ein      Möglichkeiten, für eine Weile nach
Menge Sprachführer schmücken das            offenes Ohr. Denn diese ist selbst ein      Deutschland zu kommen, dort zu stu-
kulturweit-Büro in der Berliner Beletage-   alter Hase, was den Freiwilligendienst      dieren und Karriere zu machen. Als
Wohnung. Katharina Leinius sitzt mit        angeht. Nach dem Abitur machte sie          ehemalige Studentin aus Deutschland
ihren Kopfhörern über einen Laptop          einen einjährigen Freiwilligendienst        wurde Katharina Leinius von jungen
gebeugt: „Wenn Sie den Aufenthalt ver-      in Sussex, Großbritannien. Ein paar Jahre   Menschen immer wieder nach Stipen-
kürzen wollen, gibt es die Option na-       später, nach Abschluss ihres Bachelors      dien und Studienmöglichkeiten in
türlich auch. Ich würde Ihnen aber noch     in „Public Administration and European      Deutschland ausgefragt.
einmal empfehlen, sich vorher zu über-      Studies“, brauchte sie eine Verschnauf-
legen, was sind ihre Erwartungen, was       pause und bewarb sich erneut für            Auch für das Goethe-Institut in Buka-
interessiert Sie, und wo können Sie sich    einen Freiwilligendienst. Dieses Mal        rest, in dem Katharina Leinius ihren
                                                                                                                                     Freiwilligendienst kulturweit

vielleicht doch noch einbringen.“           bei kulturweit. Ihr gefiel der Bildungs-    Freiwilligenaufenthalt begann, war dies
                                            und Kulturschwerpunkt von kulturweit,       eine Zeit des Umbruchs. Im Herbst 2009
Die 34-Jährige ist für die Betreuung        da sie damals überlegte, im Bereich         wurde dort die Initiative „Schulen: Part-
der kulturweit-Freiwilligen, sowie deren    internationale Zusammenarbeit zu            ner der Zukunft“ gestartet. Die Initiative
Sicherheit zuständig. Dass Freiwillige      arbeiten.                                   des Auswärtigen Amtes hat es zum Ziel,
eher abbrechen wollen, weil sie sich an                                                 an Partnerschulen weltweit Deutsch-
der Partnerstelle nicht gut eingebunden     Bei ihrer Bewerbung gab sie sich offen      unterricht einzuführen oder auszubauen.
fühlen, das sind die eher harmlosen         für alle Regionen. Lateinamerika wäre       Vier Schulen waren dafür in Rumänien
Fälle. Mit ihren Belangen finden die        schön gewesen, aber eigentlich war es       und im benachbarten Moldawien aus-

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