Monat Die Zeitschrift - Ausgabe 1/2019 - Österreichischer Behindertenrat
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Die Zeitschrift monat Ausgabe 1/2019 Foto: AdobeStock behindertenrat • www.behindertenrat.at • Aboservice Tel.: (01) 513 1 533 • Abo: 24,00 Euro /Ausland + Porto
Foto: Privat editorial D ie erste Ausgabe des „monat“ 2019 behandelt das Thema EU-Wahl 2019 und politische Partizipation von Menschen mit Behinde- rungen. Das Bundesministerium für Inneres veröffentlicht auf 6 Seiten Informationen in Leichter Sprache zum Thema EU-Wahl und ermöglicht so Menschen mit Lernschwierigkeiten, sowie allen weiteren Nutzern und Nutzerinnen von Leichter Sprache eine barrierefreie Wahl (ab Seite 6). Zu diesem Thema erwarten Sie noch mehr Artikel im Heft, beispielsweise ein Interview mit österreichischen Kandidatinnen und Kandidaten der EU-Wahl (ab Seite 15) und ein Artikel darüber, warum diese Wahl gerade für Menschen mit Behinderungen so wichtig ist (ab Seite 12). Nutzen Sie die Chance zur Partizipation und gehen Sie wählen! Neben der anstehenden EU-Wahl beschäftigte uns in den letzten Monaten auch das neue Sozialhilfegesetz (früher: Mindestsicherung). Vor Wochen haben wir eine umfassende Stellungnahme zum neuen Gesetz eingebracht mit vielen Kritikpunkten. Diese Stellungnahme und intensive Gespräche mit dem Sozialministerium haben Wirkung gezeigt. Viele Punkte wurden gemäß unseren Vorschlägen verändert. Der nächste große Brocken ist das Thema Pflegereform – auch hier werde ich mich mit meinem Team im Österreichischen Behindertenrat für Menschen mit Behinderungen einsetzen. Herzliche Grüße und einen schönen Start in den Frühling! Euer Herbert Pichler www.behindertenrat.at 3
Nachrichten Ausgabe 1/2019 DAS FEHLT Wahlheld: Von Gabriele Sprengseis Andreas Zehetner A lle Menschen haben ein Recht auf Gesundheit. Ge- sundheit ist für die gesellschaft- D ie Europawahlen finden in Öster- reich am 25. Mai 2019 statt. liche Teilhabe und für die per- In diesem Jahr spricht "Inclusion sönliche Lebensfreude wichtig. Europe" darüber, wie die Wahlen Sie ist individuell und wird von für Menschen mit Lernschwierig- vielen Faktoren bestimmt. Für keiten barrierefrei gemacht werden Menschen mit Behinderungen können. "Inclusion Europe" ist eine ist ein gleichberechtigter Zugang Organisation für Menschen mit Lern- zum Gesundheitssystem noch schwierigkeiten und ihren Familien. immer nicht möglich. Bei- Inclusion Europe kämpft dafür, dass spielsweise haben Frauen mit diese Menschen in Europa gleiche Behinderungen viel seltener Rechte haben. gynäkologische Untersuchungen als Frauen ohne Behinderungen. Jeden Monat spricht "Inclusion Das hat viele Gründe: mangelnde Europe" mit einem „Wahlhelden“ Barrierefreiheit der Ordinationen oder einer „Wahlheldin“ und der Geräte, fehlende für ein Interview. Verfügbarkeit von Gebärden- Wahlhelden und Wahlheldinnen sind sprachdolmetscherInnen oder Menschen, die über das Fehlen von entsprechender das Wahlrecht reden. Unterstützung für Menschen mit Wahlheld im Februar war Lernschwierigkeiten. Es fehlen Andreas Zehetner. Andreas Zehetner Foto: Lebenshilfe Österreich Gesundheitsinformationen, die barrierefrei zur Verfügung stehen Andreas Zehetner ist Mitglied der in Leichter Sprache geben soll. und es fehlen ÄrztInnen sowie Lenkungsgruppe der Europäischen Wahllokale müssen barrierefrei Pflegepersonen, die auf die Plattform der Selbstvertreter. werden. Zum Beispiel für Menschen, Anforderungen für Menschen mit Er ist Selbstvertreter bei Inclusion die keine Treppen steigen können.“ Behinderungen geschult sind. Europes Mitglied Lebenshilfe Öster- Eine Begegnung auf Augenhöhe reich und im Präsidium des Öster- Warum ist es für Sie wichtig, ist so nicht möglich. reichischen Behindertenrates. wählen zu gehen? Oft bin ich im Pflege- und Be- Andreas kämpft für Barrierefreiheit treuungszentrum NÖ in Mauer in vielen Bereichen. Andreas Zehetner: zu Besuch. In das einzige Café, „Es gibt 7 Millionen Menschen mit das vor kurzem erst renoviert In Österreich haben Menschen unter Lernschwierigkeiten in Europa. wurde, gelangt man nur nach Sachwalterschaft schon seit 1988 Es ist wichtig, dass wir Überwindung von vier schweren das Wahlrecht. im Europäischen Parlament gut Doppeltüren. Viele PatientInnen vertreten sind.“ und BewohnerInnen sind mobi- Was muss noch getan werden, litätseingeschränkt und nutzen damit Wählen in Österreich einen Rollstuhl. Das Café bleibt barrierefrei wird? ihnen verschlossen. Mehr Informationen Inklusion ist hier noch lange Andreas Zehetner: finden Sie hier: nicht angekommen. „Das Behinderten-Gleichstellungs- bit.ly/WahlheldAndreas gesetz sagt, dass es Informationen 4 www.behindertenrat.at
Aus dem Inhalt Ausgabe 1/2019 Editorial Herbert Pichler 3 Informationen zur EU-Wahl 2019 in Leichter Sprache 6 Mitbestimmungsrecht nutzen! 12 EU-Wahl: KandidatInnen im Gespräch 15 "Es soll sich etwas ändern!" 20 "Es braucht Politiker*innen mit Behinderungen!" 22 Von Anfang an inklusiv! 26 Bergerlebnis für Alle! 30 Expertinnenliste macht Frauen mit Behinderungen sichtbar 32 Nachruf: Martin Habacher 34 Foto: Gregor Wenda Foto: Michael Janoussek D K Liebe Leserin, lieber Leser! as Bundeministerium für andidatinnen und Kandidaten Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Inneres präsentiert auf 6 Seiten aller sich zur EU-Wahl stellen- Lesen des neuen Heftes und freuen Informationen zur EU-Wahl den Parteien antworteten dem uns über Ihre Rückmeldung an: 2019 und zum barrierefreien Wählen Österreichischen Behindertenrat auf presse@behindertenrat.at in Leichter Sprache. die wichtigsten europäischen Fragen monat zum Thema Behinderung. Gefördert aus den Mitteln des Seiten 6 bis 11 Seiten 15 bis 19 Sozialministeriums IMPRESSUM: Medieninhaber: Österreichischer Behindertenrat · Herausgeber: Herbert Pichler · Redaktion: Dr.in Gabriele Sprengseis (gs) - Mag.a Heidemarie Egger (he) · Adresse: 1100 Wien, Favoritenstraße 111/11, Tel.: 01 513 1533, Mail: presse@behindertenrat.at · Website: www.behindertenrat.at · Offenlegung nach dem Mediengesetz: www.behindertenrat.at/impressum · Gestaltung, Anzeigenverkauf, Layout und Druck: Die Medienmacher GmbH · 8151 Hitzendorf · Filiale: 4800 Attnang-Puchhheim, 07674 62 900, www.diemedienmacher.co.at Nachdruck nur nach ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung der Redaktion gestattet. · Nicht alle Artikel entsprechen unbedingt der Mei- nung der Redaktion. Wir haben das Ziel, eine möglichst breite Diskussionsbasis für behindertenpolitische Themen und Standpunkte zu schaffen und die Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderungen zu erhöhen. · Bankverbindung: easy- bank, IBAN: AT85 1420 0200 1093 0600, BIC: EASYATW1 DVR 08 67594 · ZVR-Zahl: 413797266 · Erscheinungsort Wien. www.behindertenrat.at 5
Bundesministerium für Inneres Informationen zur EU-Wahl 2019 in Leichter Sprache Alle Menschen haben das Recht, sich selbst und ohne Hilfe von Anderen informieren zu können. Aber viele Menschen haben Probleme, die Behörden-Sprache zu verstehen, weil die Sprache für sie zu schwer ist. Österreich ist eine Demokratie. Das heißt, die Österreicherinnen und die Österreicher wählen die Personen, die sie vertreten. Bei der Europa-Wahl wählen die Österreicherinnen und Österreicher Abgeordnete für das Europäische Parlament. Wenn eine Person wählen will, ist es gut, wenn sie sich davor über die Wahl informieren kann. Das Bundes-Ministerium für Inneres stellt deshalb Informationen in leichter Sprache zur Verfügung. Die Texte in leichter Sprache sind ein Zusatzangebot und sollen Sie nur informieren. Rechtsgültig sind nur die Gesetze. Die Texte in leichter Sprache sind keine rechtliche Beratung. Das Europäische Parlament Das Europäische Parlament vertritt die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union. Das Europäische Parlament trifft wichtige Entscheidungen für die Europäische Union. Im Moment werden ungefähr 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger aus den Mitglieds-Staaten durch das Europäische Parlament vertreten. Die Mitglieder des Europäischen Parlaments heißen auch Abgeordnete. Jeder Mitglied-Staat ist durch seine gewählten Mitglieder im Europäischen Parlament vertreten. Österreich hat als Mitglied-Staat der Europäischen Union das Recht, im Europäischen Parlament durch Abgeordnete vertreten zu sein. Entgeltliche Einschaltung des Bundesministeriums für Inneres Die Wahl zum Europäischen Parlament findet in Österreich am 26. Mai 2019 statt. Die Funktions-Periode des Europäischen Parlaments dauert 5 Jahre. Das heißt, das Europäische Parlament wird immer nach 5 Jahren neu gewählt. Die Wahlen finden normalerweise immer im gleichen Zeitraum statt. In allen Mitglied-Staaten der Europäischen Union wird zwischen Donnerstag und Sonntag gewählt. In Österreich wird am Sonntag, 26. Mai 2019, gewählt. 6 www.behindertenrat.at
Ausgabe 1/2019 Europäisches Parlament Foto: Gregor Wenda Wer darf bei der Europa-Wahl wählen? Aktiv wahlberechtigt heißt, dass man wählen darf. Aktiv wahlberechtigt sind Sie, wenn Sie spätestens am Tag der Wahl 16 Jahre alt sind und • Österreicherin oder Österreicher sind oder • nicht-österreichische Bürgerin oder nicht-österreichischer Bürger der Europäischen Union sind und in Österreich Ihren Hauptwohnsitz haben. Sie müssen am Stichtag in der Europa-Wählerevidenz einer österreichischen Gemeinde eingetragen sein. Eine Evidenz ist ein besonderes Verzeichnis, in dem alle Wählerinnen und Wähler stehen. Sie dürfen nicht wegen einer gerichtlichen Verurteilung von der Wahl ausgeschlossen sein. Welche Grundsätze gibt es für die Europa-Wahl? Es gilt das Verhältnis-Wahlrecht. Das heißt, die Sitze im Parlament werden verhältnismäßig nach der Verteilung der Wähler-Stimmen vergeben. In Österreich werden grundsätzlich Parteien gewählt. Jede Partei hat auf ihrem Wahlvorschlag Namen von Kandidatinnen und Kandidaten. Diese werden in einer bestimmten Reihenfolge festgelegt. Sie können auch eine Vorzugs-Stimme vergeben, wenn Sie möchten. Eine Vorzugs-Stimme ist eine zusätzliche Entscheidung für eine bestimmte Kandidatin oder einen bestimmten Kandidaten der Partei, die Sie gewählt haben. Durch Ihre Vorzugs-Stimme können Sie eine Person vorreihen. Eine Liste mit allen Namen finden Sie im Wahllokal. Wenn Sie mit Briefwahl wählen, bekommen Sie die Liste mit der Post. Es gibt keine Wahlpflicht. Das heißt, Sie dürfen wählen, aber Sie müssen nicht. www.behindertenrat.at 7
Bundesministerium für Inneres Wählen im Wahllokal Am Sonntag, 26. Mai 2019, findet in Österreich die Europa-Wahl statt. Bei der Europa-Wahl können Sie mitbestimmen, welche Parteien im Europa-Parlament vertreten sein sollen. Sie können auch eine Vorzugs-Stimme für eine bestimmte Kandidatin oder einen bestimmten Kandidaten abgeben. Amtliche Wahlinformation Sie bekommen in den meisten Gemeinden eine amtliche Wahl-Information. Diese Wahl-Information kommt 2-3 Wochen vor der Wahl mit der Post. In der Wahl-Information steht • welches Ihr Wahllokal ist • ob es barrierefrei ist. Wie wählen Sie im Wahllokal? 1. Am 26. Mai 2019 gehen Sie in das Wahllokal. 2. Im Wahllokal nennen Sie Ihren Namen und zeigen Ihren Lichtbild-Ausweis. 3. Sie bekommen von der Wahlleiterin oder dem Wahlleiter den amtlichen Stimmzettel und ein leeres blaues Wahlkuvert. 4. Sie geben Ihre Stimme in der Wahlzelle ab. Sie kreuzen die Partei an, die Sie wählen wollen. 5. Wenn Sie eine Behinderung haben und ohne fremde Hilfe nicht wählen können, darf eine Begleitperson Ihnen helfen und Sie auch in die Wahlzelle begleiten. 6. Geben Sie den ausgefüllten Stimmzettel in das blaue Kuvert. 7. Werfen Sie das Kuvert in die Wahlurne ein. Oder geben Sie das Kuvert der Wahlleiterin oder dem Wahlleiter. Die Wahlleiterin oder der Wahlleiter wirft dann das Kuvert in die Wahlurne. Wie sieht der Stimmzettel aus? Amtlicher Sti für die mmzettel Wahl der öste rreichischen Mitglieder des Europäisch Auf dem Stimmzettel stehen die Namen der Parteien, die Sie wählen können. en Parlaments am XX. XXXXX XXXX Sie kreuzen die Partei an, die Sie wählen wollen. Liste Für die gewäh Partei im Kreis lte ein Wenn Sie mehr Parteien ankreuzen, Nr. Kurz- X bezeichnung Bezeichnung Bewerbers oder eines einsetzen! Parteibezeich nung Bewerberin (Nameeiner oder Reihungsnum und/ durch den Wählemer) r 1 (die Wählerin) ist ihr Stimmzettel ungültig und ihre Stimme zählt nicht. 2 3 Neben den Namen der Parteien ist ein freies Feld für die Vorzugs-Stimme. 4 Hier können Sie den Namen einer Kandidatin oder eines Kandidaten 5 hinschreiben. Oder die Nummer dieser Kandidatin oder des Kandidaten. Eine Liste mit allen Namen und Nummern finden Sie im Wahllokal. Wenn Sie mit Briefwahl wählen, bekommen Sie die Liste mit der Post. Die Kandidatin oder der Kandidat muss von der Partei sein, die Sie gewählt haben. Sonst ist die Stimme für die Kandidatin oder den Kandidaten nicht gültig. 8 www.behindertenrat.at
Ausgabe 1/2019 Barrierefrei wählen Menschen mit Behinderungen müssen barrierefrei wählen können. In Österreich hat man dafür mehrere Möglichkeiten. 1. Im Wahllokal barrierefrei wählen In jeder Gemeinde sollte es mindestens ein Wahllokal geben, wo Sie barrierefrei wählen können. Ob Ihr Wahllokal barrierefrei ist, steht in der amtlichen Wahlinformation. Wenn Sie nicht in Ihrem Wahllokal wählen können, dürfen Sie in jedem anderen Wahllokal in Österreich wählen. Das können Sie zum Beispiel machen, Barrierefreie Wahlkabine Foto: Gregor Wenda wenn Ihr Wahllokal nicht barrierefrei ist. Dazu brauchen Sie eine Wahlkarte. Sie müssen die Wahlkarte rechtzeitig in Ihrer Gemeinde beantragen. In das Wahllokal müssen Sie einen Lichtbild-Ausweis mitnehmen. Das ist zum Beispiel: • ein Reisepass • ein Behinderten-Ausweis • ein Führerschein oder • ein Personal-Ausweis. Wie können blinde und stark sehbehinderte Menschen wählen? In jedem Wahllokal gibt es Stimmzettel-Schablonen. Mit der Schablone können blinde Menschen den Stimmzettel ohne Unterstützung geheim ausfüllen. Blinde oder stark sehbehinderte Wählerinnen und Wähler haben das Recht, sich von einer selbst ausgewählten Begleitperson führen zu lassen. Diese Begleitperson darf auch beim Wählen helfen. Nach der Wahl nehmen Sie die Stimmzettel-Schablone mit. Sie können in das Wahllokal einen Blindenführ-Hund mitnehmen. Wer darf eine Begleitperson in die Wahl-Kabine mitnehmen? Sie haben eine Behinderung und können nicht alleine wählen? Sie haben das Recht, dass Sie von einer selbst ausgewählten Begleitperson dabei unterstützt werden. Sie müssen der Wahlleiterin oder dem Wahlleiter aber sagen, dass Sie mit dieser Begleitperson in die Wahlzelle gehen wollen. www.behindertenrat.at 9
Bundesministerium für Inneres 2. Die Briefwahl Sie können auch mit Briefwahl wählen. Dazu brauchen Sie auch eine Wahlkarte. Das können Sie zum Beispiel machen, wenn Sie am Wahltag nicht zu Hause sind. Sie können auch im Ausland mit Briefwahl wählen. Sie können die Wahlkarte in der Gemeinde beantragen, wo Ihr Hauptwohnsitz ist. Sie füllen dann den amtlichen Stimmzettel persönlich, unbeobachtet und unbeeinflusst aus. Das heißt, Sie wählen ganz alleine. Niemand darf Ihnen sagen, wen Sie wählen sollen. Niemand darf Ihnen dabei zusehen. Wann bekommen Sie Ihre Wahlkarte? Der Versand der Wahlkarte beginnt knapp 3 Wochen vor dem Wahltag. Sie können die Stimme sofort abgeben, wenn Sie die Wahlkarte bekommen haben. Sie müssen nicht bis zum Wahltag damit warten. Die Wahlkarte ist ein verschließbares Kuvert. In der Wahlkarte befinden sich: • der amtliche Stimmzettel, • ein Wahlkuvert und • ein Informationsblatt. Wie funktioniert die Briefwahl? 1. Nehmen Sie den amtlichen Stimmzettel und das Wahlkuvert heraus. 2. Füllen Sie den amtlichen Stimmzettel persönlich, unbeobachtet und unbeeinflusst aus. Das heißt, Sie wählen ganz alleine. Niemand darf Ihnen sagen, wen Sie wählen sollen. Niemand darf Ihnen dabei zusehen. 3. Legen Sie den ausgefüllten Stimmzettel in das Wahlkuvert. 4. Kleben Sie das Wahlkuvert zu und geben Sie es in die Wahlkarte zurück. 5. Auf der Wahlkarte gibt es ein Feld mit der Überschrift: Eidesstattliche Erklärung bei einer Stimmabgabe mittels Briefwahl. Sie müssen mit Ihrer Unterschrift erklären, dass Sie den amtlichen Stimmzettel persönlich, unbeobachtet und unbeeinflusst ausgefüllt haben. Das heißt, dass Sie den Stimmzettel alleine und wirklich genau so ausgefüllt haben. 6. Kleben Sie die Wahlkarte zu. 7. Sorgen Sie dafür, dass die Wahlkarte rechtzeitig bei der zuständigen Bezirkswahl-Behörde ankommt. Sie können die Wahlkarte zum Beispiel: • in einen Briefkasten der Post einwerfen, • auf einer Post-Geschäftsstelle aufgeben oder • bei der zuständigen Bezirkswahl-Behörde direkt abgeben. Wenn Sie die Wahlkarte mit der Post schicken, bezahlt der Bund die Kosten. Die Wahlkarte muss spätestens am Tag der Wahl bei der zuständigen Wahl-Behörde angekommen sein. Werfen Sie das Briefwahl-Kuvert daher schon ein paar Tage vorher in den Briefkasten. 10 www.behindertenrat.at
Ausgabe 1/2019 3. fliegende Wahlbehörde Möchten Sie wählen, obwohl Sie zum Beispiel krank sind oder nicht gut gehen können? Dann können Sie den Besuch einer fliegenden Wahlbehörde beantragen. Die fliegende Wahlbehörde ist eine besondere Wahlbehörde. Sie besucht Sie an dem Ort, an dem Sie am Wahltag sind. Sie können dann dort Ihre Stimme abgeben. Sie brauchen auch dafür eine Wahlkarte. Wie beantragen Sie eine Wahlkarte? Wenn Sie am Wahltag nicht in Ihr Wahllokal gehen können, können Sie mit einer Wahlkarte wählen. Die Wahlkarte ist ein verschließbares weißes Kuvert. In der Wahlkarte finden Sie den amtlichen Stimmzettel und ein Wahlkuvert. Mit der Wahlkarte können Sie: • in jeder Gemeinde in Österreich Ihre Stimme abgeben oder • vor einer fliegenden Wahlbehörde wählen oder • die Briefwahl ausüben. Sie können die Wahlkarte entweder persönlich oder schriftlich beantragen. Schriftlich können Sie die Wahlkarte beantragen: • mit der Post • mit E-Mail oder • über das Internet oder • mit Fax. Sie können die Wahlkarte nicht per Telefon beantragen! Foto: Gregor Wenda Sie können die Wahlkarte schriftlich bis zum 22. Mai 2019 beantragen. Sie können die Wahlkarte persönlich bei der Gemeinde bis spätestens 24. Mai 2019 um 12 Uhr beantragen und bekommen Sie gleich mit. Achtung: Die Wahlkarte ist nicht das gleiche wie die amtliche Wahlinformation! Bundes-Ministerium für Inneres Auf der Homepage des Bundes-Ministeriums für Inneres finden Sie noch mehr und genauere Informationen über die Europa-Wahl in Leichter Sprache. Ein Überblick: www.europa-wahl.at Sie können ab 23. April 2019 auch diese Hotline anrufen: 08 00 20 22 20 www.behindertenrat.at 11
EU-Wahl Mitbestimmungsrecht nutzen! Wahl des Europäischen Parlaments 2019 Von Gudrun Eigelsreiter V on 23. bis 26. Mai 2019 wird das Europäische von Menschen mit Behinderungen als Ziel vorgesehen. Parlament in allen EU-Mitgliedsstaaten neu ge- Unter zwei Bedingungen werden finanzielle Mittel aus wählt. Die Wahlen zum Europäischen Parlament fin- dem Fonds an Projekte in den Mitgliedsstaaten vergeben: den alle 5 Jahre statt. Das EU-Parlament ist die einzige sie müssen nach den Prinzipien der Nicht-Diskriminierung europäische Institution, sowie supranationale Orga- und Barrierefreiheit ausgerichtet sein. Die finanziellen nisation, die von den EU-BürgerInnen direkt gewählt Mittel des ESF sollen auch die Inklusion in den Arbeits- wird und nimmt damit weltweit eine Vorbildfunktion in markt unterstützen. In Österreich gibt es viele kofinan- Sachen Demokratie ein. zierte Arbeitsmarktprojekte für Menschen mit Behin- derungen, wie beispielsweise das Netzwerk beruflicher Wer darf wählen? Assistenz (NEBA). In Österreich dürfen alle Menschen ab 16 Jahren mit österreichischer Staatsbürgerschaft oder EU-BürgerInnen EDF-Manifest mit Hauptwohnsitz in Österreich an nationalen und Das EDF hat beim 4. Europäischen Parlament der Men- europäischen Wahlen teilnehmen, auch Menschen mit schen mit Behinderungen im Dezember 2017 im Hinblick Behinderungen. Es gibt die Möglichkeit per Wahlkarte auf die nächsten EU-Wahlen ein Manifest beschlossen, zu wählen sowie durch „fliegende Wahlkommissionen“, das folgende Punkte enthält: die z.B. bettlägerige Personen aufsuchen. In vielen EU-Mitgliedsstaaten wird Menschen mit Behinderungen 1. Barrierefreie und inklusive europäische Wahlen jedoch ihr Recht, an politischen Wahlen teilzunehmen, mit barrierefreien Wahllokalen und barrierefreien verwehrt. Laut Ergebnis einer aktuellen Studie des Wahlinformationen Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses dürfen 2. Eine umfassende, neue „Europäische Behinderten- Menschen mit Behinderungen in 16 EU-Mitgliedsstaaten strategie 2021-2030“ mit eigenem Budget für die nicht wählen. In 18 EU-Mitgliedsstaaten können blinde Umsetzung von politischen Maßnahmen und Einbin- Menschen sowie Menschen mit Sehbehinderungen nicht dung von Menschen mit Behinderungen und ihrer selbstständig wählen, da keine Wahlschablonen vorhan- Organisationen den sind und ihnen ein/e WahlassistentIn zur Verfügung 3. Eine Europäische Säule der Sozialen Rechte, welche gestellt wird, die sie sich nicht selbst aussuchen können. die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinde- rungen und ihrer Familien verbessert. EU und die UN-BRK 4. Ein barrierefreies Europa, z.B. durch Gesetze wie Die EU und auch alle ihre Mitgliedsstaaten haben den European Accessibility Act oder Schaffung eines mittlerweile die UN-Konvention über die Rechte von europaweit barrierefreien Transportsystems Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) ratifiziert und 5. Ein Europa der Menschenrechte: dazu bräuchte es sich somit auch zu ihrer Umsetzung verpflichtet. Aus eine „horizontale Gleichstellungsgesetzgebung“ – Artikel 29 UN-BRK geht klar hervor, dass die Teilhabe am also Gleichstellung von Menschen mit Behinderun- politischen und öffentlichen Leben für alle Menschen mit gen als Querschnittsmaterie aller Politikbereiche. Behinderungen gewährleistet werden muss. Barrierefreie Wahlinformationen Seit 2011 ist die UN-BRK innerhalb der EU in Kraft und Barrierefrei zugängliche Informationen im Vorfeld von ist somit der erste Menschenrechtsvertrag zu dessen Um- Wahlen sind wichtig, um eine fundierte Wahlentschei- setzung sich eine supranationale Organisation wie die dung treffen zu können. Artikel 29 der UN-BRK über die EU verpflichtet hat. Die „Europäische Behindertenstra- „Teilnahme am politischen und öffentlichen Leben“ legt tegie 2010-2020“ soll der Implementierung der UN-BRK dar, dass die Vertragsstaaten Menschen mit Behinderun- innerhalb der EU dienen. Auch die Europäischen Struk- gen ihre politischen Rechte garantieren müssen. Dies tur- und Investmentfonds, vor allem der ESF (Europäi- schließt mit ein, Wahlmaterialien leicht verständlich und scher Sozialfonds) haben die gesellschaftliche Inklusion barrierefrei zugänglich zu gestalten. 12 www.behindertenrat.at
Ausgabe 1/2019 Foto: Pixabay Warum wählen? Welche Fraktionen kann man wählen? Die EU-Parlamentswahl 2019 bestimmt, welche Abgeord- Es gibt 8 Fraktionen im EU-Parlament. In folgenden neten für die nächsten fünf Jahre das politische Gesche- 6 Fraktionen sind österreichische ParlamentarierInnen hen in Europa beeinflussen. Die EU hat in Bereichen wie vertreten: EVP (ÖVP), S&D (SPÖ), ALDE (NEOS), Grüne/ Binnenmarkt oder Sozialpolitik unmittelbaren Einfluss EFA (die Grünen) und ENF (FPÖ). auf die Gesetzgebung ihrer Mitgliedsstaaten und spielt auch für die Beseitigung der Diskriminierung von Die Disability Intergroup Menschen mit Behinderungen schon lange eine Die gesellschaftliche Inklusion von Menschen mit bedeutende Rolle. Behinderungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen und Barrierefreiheit in all ihren Dimensionen (bauliche, Jüngstes Beispiel dafür ist der European Accessibility soziale, kommunikative) sicherzustellen, sind auch die Act. Zu den Aufgaben des EU-Parlaments zählt auch die Ziele der interfraktionellen Arbeitsgruppe Behinderung Abstimmung über Gesetzesentwürfe der EU-Kommission („Disability Intergroup“) des EU-Parlaments. und etwaige Abänderung, die Kontrolle der EU-Kommis- Der Österreichische Behindertenrat arbeitet gemeinsam sion und des EU-Rats – beide Institutionen müssen dem mit dem EDF daran, dass mehr EU-Parlamentarier sich EU-Parlament Berichte über ihre Tätigkeiten vorlegen dieser Disability Intergroup anschließen, um somit der und die Wahl des EU-Kommissions-Präsidenten. Einhaltung sowie Erweiterung der Rechte von Menschen mit Behinderungen mehr Nachdruck zu verleihen. Außerdem beschließt das EU-Parlament gemeinsam mit dem EU-Rat das EU-Budget. Durch den Ausstieg Groß- Das politische Mitbestimmungsrecht ist ein integraler britanniens aus der EU wird es einen Einschnitt in den Bestandteil einer Demokratie und das Recht aller finanziellen Mitteln geben und es besteht das Risiko, Bürgerinnen und Bürger, selbstverständlich auch von dass das EU-Budget im sozialen Bereich gekürzt wird. jenen 80 Millionen EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern die Dies wird auch Auswirkungen auf Projekte und Maßnah- mit Behinderungen leben. men für Menschen mit Behinderungen haben. Deshalb Um die Entwicklung in diese Richtung nachhaltig zu ist es essentiell sich über die Positionen der EU-Par- beeinflussen, ist es sehr wichtig, wählen zu gehen. laments Fraktionen zu informieren, beispielsweise zur Sozialpolitik, und wählen zu gehen. www.behindertenrat.at 13
Anzeige Anzeige 14 www.behindertenrat.at
EU-Wahl Ausgabe 1/2019 Die Positionen der KandidatInnen Interviews zur EU-Wahl 2019 Von Gabriele Sprengseis und Heidemarie Egger I m Februar und März 2019 fanden Interviews mit schriftlich. Mit diesen Gesprächen wurden die Positionen Kandidatinnen und Kandidaten aller zu diesem der Parteien zum Thema Behinderung im EU-Kontext Zeitpunkt zur Wahl stehenden Parteien statt. Grund- erfragt und auch wichtige Sensibilisierungsarbeit für das sätzlich waren alle interessiert an einem Interview Thema Behinderung geleistet. zum Thema Behinderung und nahmen sich die Zeit für Auf den folgenden vier Seiten finden Sie Antworten auf ausführliche Gespräche. Herr Vilimsky musste das verein- die fünf brennendsten aktuellen behindertenpolitischen barte Gespräch aus gesundheitlichen Gründen absagen Fragen für Menschen mit Behinderungen zur EU-Wahl. und übermittelte uns die Antworten auf unsere Fragen Die KandidatInnen kommen alphabetisch zu Wort. Gabriele Sprengseis und Claudia Gamon Foto: Felix Egger G. Eigelsreiter, A. Brandstetter, O. Karas Foto: Michael Janoussek Andreas Schieder und Gabriele Sprengseis Foto: Michael Janoussek Monika Vana und Herbert Pichler Foto: Michael Janoussek Harald Vilimsky Foto: Harald Vilimsky, FPÖ J. Voggenhuber, G. Sprengseis, H. Pichler Foto: Alex Böhm www.behindertenrat.at 15
EU-Wahl Claudia Gamon, NEOS Foto: Felix Egger Othmar Karas, ÖVP Foto: Janoussek Andreas Schieder, SPÖ Foto: Janoussek Frage 1: Derzeit wird an der nächsten EU Behindertenstrategie (2021-2030) gearbeitet. Wie kann es zu einer starken EU Behindertenstrategie kommen? Wie bei vielen anderen Bereichen Nach der Neuwahl des EU-Parlaments Die derzeitige Behindertenstrategie in Europa wird eine Strategie erst muss eine Kommissionsstrategie läuft bis 2020 und spricht die richti- dann wirksam, wenn konkrete und beschlossen werden. Bei der Neuwahl gen Punkte an. Bei einer Verlänge- messbare Ziele gesetzt und mittels des EU-Kommissionspräsidenten rung bzw. bei einer neuen Strategie Monitoring nachgewiesen werden. muss eine der Forderungen des Parla- geht es darum, wie Zugänglichkeit Ein eigenes Budget ist dafür wichtig. ments sein, dass er oder sie sich dazu und Barrierefreiheit definiert werden Das hat mit Wertschätzung zu tun. erklärt. Die Kommissionsstrategie und welche Möglichkeit der Umset- "Es zeigt sich in Europa und auch muss einerseits eine Umsetzungs- zung geschaffen werden. "Zusätzlich national, wenn kein Geld hinterlegt stragie der UN-Behindertenrechts- dazu ist Barrierefreiheit ein Quer- ist, dann ist es schwierig, etwas wei- konvention sein und andererseits die schnittsthema und muss überall ter zu bringen", stellt Gamon fest. Sicht der Betroffenen selbst, einge- mitgedacht werden", hält Schieder bracht durch das European Disability fest. Forum, berücksichtigen. Frage 2: Nach den Trilogverhandlungen steht nun ein Entwurf des European Accessibility Acts (EAA) fest. Wie wollen Sie die Umsetzung des EAA unterstützen? Es liegt nun an den nationalen "Menschen mit Behinderungen müs- "Es ist gut, wenn es europäische Politikerinnen und Politikern den sen von den Vorteilen der Europäi- Richtlinien und Standards gibt" hält European Accessibility Act umzuset- schen Union profitieren können, ge- Schieder fest. Gerade bei der bau- zen. "Es wäre schön, wenn Öster- rade was die Produktanforderungen lichen Barrierefreiheit geht es um reich hier ein Best-Practice Land oder die Barrierefreiheit betrifft" Selbstbestimmung. Unternehmen wäre", wünscht sich Gamon. Die hält Karas fest. Der nächste wichtige sagen oft, Menschen mit Behinde- persönliche Freiheit von jedem Men- Schritt für den EAA ist, dass der eu- rungen könnten anläuten und es schen in Europa wird in der liberalen ropäische Rat dieses Trilogergebnis würde ihnen dann geholfen werden. Fraktion sehr hoch geschätzt. beschließt. Durch die Einrichtung Menschen mit Behinderungen wol- einer begleitenden Gruppe könnten len diese Art von Angewiesenheit Vorschläge für die Umsetzung und nicht. Dafür müsse Bewusstsein in für Verbesserungen eingebracht der Gesellschaft geschaffen werden, werden. fordert Schieder. 16 www.behindertenrat.at
Ausgabe 1/2019 Monika Vana, Die Grünen Foto: Janoussek Harald Vilimsky, FPÖ Foto: FPÖ Johannes Voggenhuber, Initiative 1 Europa (Liste Jetzt) Foto: Alex Böhm Frage 1: Derzeit wird an der nächsten EU Behindertenstrategie (2021-2030) gearbeitet. Wie kann es zu einer starken EU Behindertenstrategie kommen? Die Erfahrung mit diesen Strategien Es ist notwendig, sich auf die wich- Voggenhuber sieht den Weg zur zeigt, dass es verbindliche Maßnah- tigsten Problembereiche zu konzen- Inklusion nicht nur in der Behinder- men und ein Budget geben muss. trieren, um Menschen mit Behinde- tenstrategie. Der Rechtsweg steht Viele Strategien klingen nur am rungen einen ganzheitlichen Ansatz ebenfalls offen, um im nationalen Papier gut und es fehlt an Geld und für die noch lange nicht abgeschlos- Recht Verbindlichkeiten zu schaffen. am Willen der Mitgliedsstaaten zur sene Inklusion in der Gesellschaft Anti-Diskrimnierung ist laut Voggen- Umsetzung. "Es muss von Anfang bieten zu können. "Ich erwarte mir huber "eine relativ starke Rechts- an Druck gemacht werden, nicht nicht nur eine aktuelle Evaluierung, ebene" und bis zum EuGH einklagbar. nur was die Inhalte der Strategie, sondern werde auch die zuständi- "Es besteht die Möglichkeit Präze- sondern auch was die verbindlichen gen Kommissionsdirektionen bitten, denzfälle zu schaffen. Die Kommission Umsetzungsmaßnahmen anbelangt", anhand einer Benchmarkanalyse alle macht aus Präzedenzfällen dann fordert Vana. 2015 kritisierten Bereiche selbst zu allgemeines Recht", zeigt Voggen- bewerten", plant Vilimsky. huber einen weiteren Weg auf. Frage 2: Nach den Trilogverhandlungen steht nun ein Entwurf des European Accessibility Acts (EAA) fest. Wie wollen Sie die Umsetzung des EAA unterstützen? "Mit dem European Accessibility Act Die FPÖ-Abgeordneten haben am Barrierefreiheit sei für Menschen wurde ein wichtiger Schritt vorwärts 14. September 2017 den im Fokus mit Behinderungen essentiell, ist gemacht, aber der EAA geht nicht stehenden Bericht über Barriere- Voggenhuber überzeugt. "Vieles, was weit genug", ist Vana überzeugt. freiheitsanforderungen für Produkte ich da weiß, habe ich von Theresia Das EU Parlament hätte eine pro- und Dienstleistungen im Europäi- Haidlmayr, mit der ich viele Jahre gressivere Position gehabt und die schen Parlament mitgetragen. gemeinsam Politik gemacht habe. Umsetzungsfristen seien zu lang, "Darüber hinausgehend unterstützten Sie war früher meine ganz persönli- gibt Vana zu Bedenken. Die Mit- wir Forderungen zur Schaffung einer che Informationsquelle", berichtet gliedstaaten haben blockiert. Jetzt Folgenabschätzung, um zu verdeut- Voggenhuber. muss darauf geachtet werden, dass lichen, welche Stellen zusätzlichen der European Accessibility Act auch Handlungsbedarf bedürfen", berich- von den Mitgliedstaaten umgesetzt tet Vilimsky. wird. www.behindertenrat.at 17
EU-Wahl Claudia Gamon Othmar Karas Andreas Schieder NEOS ÖVP SPÖ Frage 3: Die von der EU Kommission initiierte EU-Disability Card (europäischer Behindertenpass) wird nur in 8 Ländern angeboten. Österreich ist nicht dabei. Wie stehen Sie zu dem Projekt eines europäischen Behindertenpasses? Innerhalb der EU gibt es große "Der europäische Behindertenpass Bis jetzt gibt es den europäischen Unterschiede, wie Behinderung defi- muss kommen, am besten in allen Behindertenpass in acht Ländern. Es niert wird. "Der Europäische Behin- Mitgliedsstaaten", fordert Karas und fehlen noch die großen Länder und dertenpass kann ein wichtiger erster fände eine rasche Einführung in Ös- auch die skandinavischen Länder. Schritt dahin sein, allen EuropäerIn- terreich erfreulich. Das Grundproblem "Mir erscheint ein europäischer Be- nen ihre Rechte zu garantieren", so ist, dass es noch keine Anerkennung hindertenpass sinnvoll", so Schieder. Gamon. Die Personenfreizügigkeit des Behindertenstatus zwischen den Die EU gründet sich auf mehrere für Menschen mit Behinderungen ist Mitgliedsstaaten gibt. Daran müsse Freiheiten, eines davon ist die Per- in Europa nicht gegeben. Das sollte gemeinsam gearbeitet werden, hält sonenfreizügigkeit. Die Verankerung eine prioritäre Herausforderung in Karas fest. des Prinzips der Freizügigkeit gilt für der nächsten Periode der EU sein. alle Menschen. Frage 4: Auf EU-Ebene gibt es kaum statistische Daten zu Menschen mit Behinderungen. Wie kann das EU-Parlament die Sammlung statistischer Daten zu Menschen mit Behinderungen unterstützen? Schieders Erfahrung ist, dass dort "Wir sind grundsätzlich große Das EU-Parlament hat im Februar wo es gute Statistiken über Fra- Fans einer evidenzbasierten Poli- über die Verordnung zur Sammlung gestellungen gibt, Diskussionen tik und unterstützen das, immer von statistischen Daten abgestimmt sachlicher geführt werden. Oft ist aber auch mit dem Fokus auf einen und gezeigt, das es Daten zu Men- die Verweigerung von Statistik der ausreichenden Datenschutz" erklärt schen mit Behinderungen sammeln erste Schritt, um politische Maßnah- Gamon. Auf einzelne Fälle sollen will. Die Verhandlungen mit den men zu verhindern. "Wenn es wenig keine Rückschlüsse gezogen werden Mitgliedsstaaten darüber stehen noch statistisches Material über Menschen können. Es wäre sinnvoll, wenn man aus. "In den Mitgliedsstaaten muss mit Behinderungen gibt, werden die Behindertenstrategie mit Budget nun Druck gemacht werden, dass auch weniger politische Diskussionen hinterlegt, um zu einer gemeinsa- diese Verhandlungen rasch zu einem darüber geführt, was zu tun ist", men Datenbasis zu kommen. Ergebnis führen", fordert Karas. gibt Schieder zu bedenken. Frage 5: Momentan sind 18 Abgeordnete aus Österreich im EU-Parlament, nur einer ist Teil der Disability Intergroup (Heinz Becker, EVP). Was können Sie tun, damit mehr ParlamentarierInnen der Intergroup beitreten? Gamon kann sich sehr gut vorstel- Mit der federführenden Mitglied- Innerhalb der österreichischen len, Teil der Disability Intergroup zu schaft von Heinz Becker sei die ÖVP Abgeordneten schaut man über die sein. "Meine Mutter hat eine körper- Delegation sehr gut vertreten, erklärt Fraktion hinweg, dass alles, was für liche Behinderung, dadurch bin ich Karas. "Ich bin stolz darauf, die einzi- Österreich wichtig ist, abgedeckt etwas sensibilisiert. Ist man selber ge in der Disability Group vertretene wird. "Wir haben ein buntes Team, direkt oder indirekt betroffen, än- Delegation aus Österreich zu sein", so alle haben unterschiedliche Erfah- dert das die Sichtweise", so Gamon. Karas. Becker sei nicht nur für sich, rungshorizonte aus ihren bisherigen Die Teilnahme in dieser Intergroup sondern auch für die Delegation dort politischen Tätigkeiten und bringen sei jedoch etwas, das man innerhalb und berichtet über die diskutierten diese ein", erläutert Schieder. der liberalen Fraktion vereinbare, Themen. So funktioniert die Arbeits- schränkt Gamon ein. teilung innerhalb der Delegation. 18 www.behindertenrat.at
Ausgabe 1/2019 Monika Vana Harald Vilimsky Johannes Voggenhuber Die Grünen FPÖ Initiative 1 Europa (Liste Jetzt) Frage 3: Die von der EU Kommission initiierte EU-Disability Card (europäischer Behindertenpass) wird nur in 8 Ländern angeboten. Österreich ist nicht dabei. Wie stehen Sie zu dem Projekt eines europäischen Behindertenpasses? "Es ist beschämend, dass Österreich Dieses Projekt widmet sich der Ein europäischer Behinderten- den europäischen Behindertenpass Anerkennung und Wertschätzung pass wäre wichtig. Die Fragen, nicht hat" so Vana. Österreich ist lei- von Menschen mit Behinderungen. die sich hier stellen, betreffen die der nicht Vorreiter in Sozialfragen, Dennoch befürchteten einige Regie- Standards. Wird es in jedem Land obwohl das immer wieder behauptet rungen die Geltendmachung uner- dieselben Standards geben und wie wird. Die Personenfreizügigkeit in warteter sozialer Ansprüche durch können diese aussehen? Europa werde dadurch für Menschen EU-Bürger. "Ich würde es begrüßen, mit Behinderungen möglich oder wenn Österreich eine Teilnahme, erleichtert und ein barrierefreier nach einer transparenten Bewertung Zugang zu insbesondere Kulturein- des Pilotprojekts, in Erwägung ziehen richtungen ist eminent wichtig. würde", argumentiert Vilimsky. Frage 4: Auf EU-Ebene gibt es kaum statistische Daten zu Menschen mit Behinderungen. Wie kann das EU-Parlament die Sammlung statistischer Daten zu Menschen mit Behinderungen unterstützen? Für die Datenerhebung zu Men- Das EU-Parlament kann der Kom- Wenn man politisch handeln will, schen mit Behinderungen ist die mission durch Initiativberichte hat man einen großen Bedarf an Grundrechteagentur mit Sitz in Wien vorschlagen, Menschen mit Behin- Daten. "Wie sieht es bsw. mit dem eine Anlaufstelle. Das europäische derungen auch im statistischen Wohlstandsgefälle innerhalb der Parlament steht sehr geschlossen Arbeitsprogramm zu inkludieren. Gruppe von Menschen mit Behin- hinter der Forderung, mehr Daten zu "Leider kann ich Ihnen nicht sagen, derungen aus und wie verändert erheben, für mehr Vergleichbarkeit wieso dies bislang nicht der Fall ist, sich das?" fragt sich Voggenhuber. in der EU. "So könnte europaweit darf Ihnen aber versprechen mich Für die Datenerhebung selbst ist der Bedarf für Menschen mit Behin- darüber zu erkundigen und einen Datenschutz wichtig. Menschen mit derungen erhoben werden", ist sich dahingehenden Initiativbericht Behinderungen sollten ein Mitspra- Vana sicher. anzuregen", so Vilimsky. cherecht dahingehend haben. Frage 5: Momentan sind 18 Abgeordnete aus Österreich im EU-Parlament, nur einer ist Teil der Disability Intergroup (Heinz Becker, EVP). Was können Sie tun, damit mehr ParlamentarierInnen der Intergroup beitreten? Vana gibt zu bedenken, dass Inter- Vilimsky versichert, "auch als "Ich unterstütze Sie auf jeder Schie- groups zwar wichtige überparteiliche Nicht-Mitglied dieser interfrakti- ne, so wie ich kann. Ich bin gerne Arbeitsgruppen sind, es gäbe jedoch onellen Arbeitsgruppe, stets im die Anlaufstelle für den Österreichi- dutzende von Intergroups und viele Interesse von Menschen mit Behin- schen Behindertenrat. Was ich tun Abgeordnete seien nur symbolisch derungen zu handeln und dieses kann, werde ich selbstverständlich dort Mitglied. "Um auf Themen und stille Engagement auch weiterhin tun", betont Voggenhuber. Inhalte aufmerksam zu machen, ist fortzusetzen." Aktionismus rund um Plenartage ein ebenso nützliches Mittel," regt Vana an. www.behindertenrat.at 19
Partizipation Wünsche an das Wohnen als Erwachsene: Zeichnung einer Teilnehmerin Foto: Tiroler Monitoringausschuss „Es soll sich etwas ändern!“ Eine Stimme für Kinder & Jugendliche mit Behinderungen Von Petra Flieger D ie Partizipation von Kindern Entwicklung entsprechend geachtet Beteiligung von Kindern mit Behin- und Jugendlichen, also deren werden.“ Sie sollten „in verschie- derungen im Rahmen der Diskussion aktive Einbeziehung nicht nur denen Gremien wie dem Parlament, über (selbstbestimmtes) Wohnen zu bei persönlichen Entscheidungen, Ausschüssen und anderen Foren ver- ermöglichen. Auf Grundlage dieser sondern darüber hinaus bei politi- treten sein, in denen sie Meinungen Erfahrungen sollten nächste Schritte schen Gestaltungs- und Entschei- äußern und an der Herbeiführung zur längerfristigen Mitwirkung von dungsprozessen, ist ein wichtiger von Entscheidungen, die sie als Kin- Kindern mit Behinderungen in der Grundsatz für die Umsetzung der der im Allgemeinen und als Kinder Arbeit des Monitoring-Ausschusses Kinderrechtskonvention. Er gilt mit Behinderungen im Besonderen entwickelt werden. selbstverständlich auch für Kinder berühren, mitwirken können.“ und Jugendliche mit Behinderun- In Kooperation mit der Tiroler Kinder- gen, doch in der Praxis wird deren Das Pilotprojekt und Jugendanwaltschaft sowie mit Perspektive wenig bis gar nicht Dem Tiroler Monitoring-Ausschuss dem Landesschulrat für Tirol wurden berücksichtigt. Der zuständige war es von Beginn an ein Anliegen, Kinder mit Behinderungen und deren Ausschuss der Vereinten Nationen Möglichkeiten der Partizipation von Eltern angesprochen und die Kinder hat bereits im Jahr 2006 gefordert, behinderten Kindern und Jugendli- zur Teilnahme an drei Workshops „dass Kinder mit Behinderungen chen zu erproben. Daher wurde im eingeladen. Inhaltlich standen bei in allen sie berührenden Verfahren Schuljahr 2016/17 ein Pilotprojekt den Treffen, an denen schließlich gehört und ihre Meinungen ihrer gestartet. Dessen Ziel war es, die 13 Jugendliche mit Behinderungen 20 www.behindertenrat.at
Ausgabe 1/2019 Zehn Jugendliche präsentierten die Arbeit und den Film des Jugendbeirats Foto: Land Tirol im Alter zwischen 13 und 20 Jahren ihnen wichtig waren und setzten nun regelmäßig einmal pro Monat teilnahmen, folgende Fragen im diese filmisch mit der Abteilung in einem Jugendzentrum der Stadt Mittelpunkt: „Wie wohne ich jetzt? Öffentlichkeitsarbeit des Landes Innsbruck statt. Wie möchte ich wohnen, wenn ich Tirol um. Der Film „Unsere Rechte“ erwachsen bin? Was brauche ich auf- behandelt zentrale Themen der Als großer Themenkomplex für grund meiner Behinderung, damit UN-Behindertenrechtskonvention aus die nächste Zeit haben sich Diskri- ich so wohnen kann, wie ich will?“ der Perspektive von jungen Men- minierungs-, Ausgrenzungs- und Die TeilnehmerInnen bearbeiteten schen mit Behinderungen, z.B. das Belästigungserfahrungen im Alltag diese Fragen in Kleingruppen und Recht auf Teilhabe, auf Barrierefrei- der Jugendlichen herauskristallis- formulierten daraufhin eine Stel- heit, auf berufliche Bildung sowie iert. Diese reichen von angestarrt lungnahme zum Thema Wohnen für auf Freundschaft und Familie. oder nicht ernst genommen werden den Tiroler Monitoring-Ausschuss. Im November 2018 wurde der Film über Beschimpfungen und Belei- Notwendige Unterstützung erhielten im Rahmen einer gemeinsamen digungen hin zu vielen Formen sie von begleitenden Erwachsenen. Sitzung des Bundes- und des Tiroler konkreter Ausgrenzung, sowohl Monitoring-Ausschusses der Öffent- durch verschiedene Barrieren als Der Film „Unsere Rechte“ lichkeit präsentiert. auch durch das konkrete Verhalten Am Ende des Pilotprojekts bespra- von Menschen aus dem Umfeld der chen die TeilnehmerInnen, ob eine Der Jugendbeirat Jugendlichen. Die Treffen eröffnen weitere Zusammenarbeit mit dem Um die Arbeit der Jugendgruppe einen Raum, über solche Erleb- Tiroler Monitoring-Ausschuss statt- langfristig und entsprechend der nisse zu sprechen und gemeinsam finden soll und wie diese aussehen gesetzlichen Möglichkeiten zu ver- zu überlegen, was dagegen getan könnte. Verschiedene Möglichkeiten ankern, beschloss der Tiroler Moni- werden kann. Denn darin sind sich wurden diskutiert, schließlich toring-Ausschuss nach Rücksprache alle einig: Es soll und muss sich beschloss die Gruppe in einer Ab- mit den Jugendlichen zu Beginn des noch viel ändern, damit Kinder und stimmung, dass sie einen Film Jahres 2019, dass die Gruppe als Jugendliche mit Behinderungen produzieren wollte. Mit diesem Ziel Jugendbeirat für den Ausschuss ein- in Österreich alle Menschenrechte fanden im Schulahr 2017/18 weitere gerichtet wird. Anstelle von unregel- genießen können. Treffen statt. Die jungen Männer und mäßigen, an einzelnen Projekten Frauen überlegten, welche Themen ausgerichteten Treffen, finden diese www.behindertenrat.at 21
Partizipation "Es braucht Politiker*innen mit Behinderungen!" Erfahrungen der 1. gehörlosen Nationalratsabgeordneten Von Helene Jarmer Helene Jarmer am Pult im Österreichischen Parlament Foto: Bildagentur Zolles KG. Christian Hofer M ein politischer Werdegang begann auf Umwe- der Barmherzigen Brüder eingerichtet und die Gesund- gen bereits 1997. Ich kam in Kontakt mit dem heitsversorgung von gehörlosen Menschen dadurch Liberalen Forum und setzte mich als Expertin massiv verbessert. gemeinsam mit den Abgeordneten dafür ein, dass auch Wien eine Gehörlosenambulanz bekommt. Ich nahm Ein weiterer Meilenstein war die Tätigkeit im Österreich- dazu auch an Sitzungen der Gesundheitskommission im ischen Gehörlosenbund. Von 1997 bis 2001 war ich Wiener Stadtrat teil. Diese Arbeit hatte Erfolg. Schon Generalsekretärin und seit 2001 bin ich Präsidentin. bald wurde eine Gehörlosenambulanz im Krankenhaus In diesen Funktionen trieb ich die Anerkennung der 22 www.behindertenrat.at
Ausgabe 1/2019 Gebärdensprache voran. Am 6. Juli 2005 wurde die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) durch eine Ab- stimmung im Nationalrat einstimmig als eigenständige Sprache in die Bundesverfassung aufgenommen. Das war mein größter Erfolg als Präsidentin des Österreich- ischen Gehörlosenbundes. Obwohl der Weg in die Politik ursprünglich nicht mein berufliches Ziel war, ist er doch die logische Konse- quenz, die sich aus meinem Engagement für den Öster- reichischen Gehörlosenbund ergab. Ich finde es extrem wichtig, dass Behindertenpolitik auch von behinderten Menschen gemacht wird. Wir sind ExpertInnen in eige- ner Sache, machen Barrieren sichtbar und haben die besten Ideen, sie zu beseitigen. Ich rate, Kontakte zur Partei der persönlichen Wahl zu knüpfen und selbst- bewusst für Funktionen zu kandieren, es braucht behin- derte Politiker*innen auf allen Ebenen, vom Bezirk bis ins Parlament. Wichtig dafür fände ich vorbereitende Schulungen in politischer Bildung. Meine politische Heimat fand ich schließlich bei den Grünen. Am 10. Juli 2009 wurde ich als erste gehör- lose Abgeordnete des deutschsprachigen Raums als Nationalratsabgeordnete angelobt. Bis 2017 war ich als Behindertensprecherin der Grünen im Parlament tätig. Gerne hätte ich noch an einigen Themen im Parlament weitergearbeitet: an der Novellierung des Behinder- tengleichstellungsgesetzes zur Erreichung von Barrierefreiheit auf allen Ebenen, der Herstellung von Inklusion in der Bildung, der Einführung von zweispra- chigem Unterricht für gehörlose Kinder, der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Behinderung, um nur ein- ige Punkte zu nennen. Es ist schade, dass derzeit keine gehörlose Repräsentant*in im Nationalrat vertreten ist, dadurch ist es stiller um unsere Anliegen geworden. Immerhin ist die Österreichische Gebärdensprache durch die Übersetzung aller Nationalratssitzungen sichtbar geblieben und gehörlose Menschen können sich barrierefrei in ÖGS über die Vorgänge im Parlament informieren. Die Behindertenpolitik im Nationalrat empfinde ich derzeit als nicht sehr präsent und leider hat nur eine der Sprecher*innen selbst eine Behinderung. Als Präsi- dentin des Österreichischen Gehörlosenbundes werde ich aktiv die Behindertensprecher*innen der im Nationalrat vertretenen Parteien kontaktieren und sie über die wichtigen Forderungen der gehörlosen Anzeige Menschen informieren. www.behindertenrat.at 23
Monitoringausschuss Ausgabe 4/2018 „Echte“ Partizipation! Umsetzung der UN-BBRK Hannah Wahl für den Unabhängiger Monitoringausschuss L ange Zeit waren Menschen mit Behinderungen in zen- tralen Handlungsfeldern einer Gesellschaft, wie politischen und demokratischen Prozessen, alles andere als gleichberechtigt. Vielmehr wurde Menschen mit Behinderungen die eigenständige Handlungsfähigkeit gleich gänzlich abgesprochen. Das paternalistische Fürsorgeprinzip stellte die Grund- lage für die Ausgestaltung der Lebenssituationen von Menschen mit Behinderungen und somit auch der für sie betreffenden Gesetze dar. Die Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD) im Jahr 2008 läutete einen längst notwendigen Paradigmenwechsel ein: Es wurde anerkannt, dass Inklusion, also die gleichberechtigte gesellschaftliche politischen Konzepten zur Durch- Menschen mit Behinderungen Teilhabe, eine Voraussetzung für führung dieses Übereinkommens wurden in diesen Prozess der Partizipation ist. und bei anderen Entscheidungsproz- Neuwerdung des Gesetzes ein- essen in Fragen, die Menschen mit bezogen. Durch die Expertise von Menschen mit Behinderungen Behinderungen betreffen, führen die Menschen mit Behinderungen ernst nehmen! Vertragsstaaten mit den Menschen können Maßnahmen, Projekte und Vielen Selbstvertreter*innen wird mit Behinderungen, einschließlich Gesetze zielgenau und wirkungsori- tatsächliche Partizipation und Kindern mit Behinderungen, über entiert geplant und initiiert werden. gleichberechtigte Teilhabe trotz die sie vertretenden Organisationen menschenrechtlichen Fortschritts bis enge Konsultationen und beziehen Umfassendes Verständnis heute verwehrt. Wenn Menschen mit sie aktiv ein.“ von Inklusion Behinderungen zu Veranstaltungen Damit ein Bekenntnis zur Partizipa- eingeladen werden, wird ihnen oft Aktive Mitgestaltung tion von Menschen mit Behinderun- das Gefühl vermittelt, dass ihre So wird sichergestellt, dass Men- gen ernst genommen werden kann, Meinung zwar wichtig ist, aber im schen mit Behinderungen nach dem muss dieses in ein umfassendes Ver- Ergebnis habe man nicht wirklich People-First-Prinzip „Nichts über ständnis von Inklusion eingebettet was zu sagen. uns ohne uns“ in allen Prozessen, sein. Nur durch die Anerkennung der die ihr Leben betreffen, aktiv und vielseitigen Expertisen von Men- Dass diese Art der „Einbeziehung“ mitgestaltend einbezogen werden schen mit unterschiedlichen Behin- keineswegs partizipativ ist, geht aus müssen. Dieser politische Grundsatz derungen, aber auch unabdingbaren Art. 4 Abs. 3 der CRPD klar hervor: wurde bei der Entstehung des neuen Rahmenbedingungen wie Barriere- „Bei der Ausarbeitung und Um- Erwachsenenschutzgesetzes freiheit kann „echte“ Partizipation setzung von Rechtsvorschriften und berücksichtigt. in Österreich ankommen. 24 www.behindertenrat.at
Inklusion Ausgabe 1/2019 Österreichischer Inklusionspreis 2019 Auszeichnung der Lebenshilfe Österreich Von Eudora Loitsch Wer kann einreichen? Institutionen, Schulen, Betriebe, Organisationen, Vereine, Plattformen, Projekte, Initiativen, an Menschen mit Behinderungen, an Begleitungs- und Unterstützungs- einrichtungen, an Assistenzprojekte, Freiwilligeninitia- tiven und engagierte Privatinitiativen. Wir freuen uns auf Einreichungen aus den Bereichen: Bildung & Kultur, Gesundheit & Bewegung, Wohnen & Freizeit, Gesellschaftliche Teilhabe & Politik. 2019 möchten wir den Zusatzschwerpunkt auf Projekte aus dem Bereich Arbeit & Erwerbs-Einkommen legen. Wie kann ich ein Projekt einreichen? Die gesammelten Einreichunterlagen sind abrufbar I mmer noch gibt es zahlreiche Barrieren in Kopf und unter: www.inklusionspreis.at Alltag für Menschen mit Behinderungen. Damit diese Fragen können gerne an inklusionspreis@lebenshilfe.at Barrieren abgebaut werden, geht der Inklusionspreis geschickt werden. heuer in die vierte Runde. Wann kann ich einreichen? Was ist der Inklusionspreis? Die Ausschreibung läuft von Die Lebenshilfe sucht in Kooperation mit den Österre- 15. März bis 30. August 2019. ichischen Lotterien Projekte, die Menschen mit intellek- tuellen, körperlichen, psychischen oder sinnesbedingten Behinderungen ein inklusives Leben ermöglichen. Für mehr Chancengleichheit und Selbstbestimmung! Es geht um neue Sichtweisen, um gelebtes Miteinander. Egal ob erste Schritte in die richtige Richtung oder bereits gut funktionierende Beispiele. Wege hin zu Inklusion. Warum gibt es den Inklusionspreis? Der Inklusionspreis dient dazu, praktische Beispiele für die gelungene Umsetzung von Inklusion in Österreich aufzuzeigen. Die PreisträgerInnen des Inklusionspreis wirken motivierend – auf Einzelpersonen, Organisa- tionen und Unternehmen! Anzeige Anzeige www.behindertenrat.at 25
Sie können auch lesen