Monatsthema April 2018 Kein Öl auf dem Mond?
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Nach: Hans-Ulrich Keller: Kosmos Himmelsjahr 2018 Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart 2017 Monatsthema April 2018 Kein Öl auf dem Mond? Ein Blick zum Mond lohnt immer, vor allem durch ein Fernglas beginnt, wenn zwei Zeugen das Neulicht des Mondes (arab.: oder Teleskop. Besucher einer Sternwarte sind stets begeistert, Hizal) sichten. wenn sie die plastisch wirkenden Mondformationen im Fernrohr Mit freien Augen sieht man auf der hell glänzenden Vollmond- sehen. Vor allem an der Lichtgrenze, dem Terminator, werfen die scheibe dunkle Flecken. Das regt die Fantasie an. Viele erkennen Gebirge, Ringwälle und Krater pechschwarze Schatten mit ein Gesicht im Antlitz des Mondes. Außer dem berühmten Mond- messerscharfen Konturen. Ein Blick auf den Vollmond ist dagegen gesicht meinen manche, eine Frau im Mond zu sehen, andere nicht so faszinierend, weil die Sonnenstrahlen senkrecht einfallen einen Hasen oder einen Mann im Mond (Gleichberechtigung muss und kein Schattenwurf entsteht. Denn die Lichtgrenze fällt bei sein). Vollmond mit dem Mondrand zusammen und bleibt unbeobacht- bar. Die Fantasie lässt bei freiäugiger Betrachtung des Vollmondes ein Gesicht, eine Frau oder einen Hasen im Mond erkennen. Die eigentliche Mondforschung begann Anfang des 17. Jahrhun- derts mit der Erfindung des Fernrohrs im Jahre 1609 durch den Holländer Lippershey, obwohl schon in der Antike Erkenntnisse über den Mond gewonnen wurden. Demokrit von Abdera (470-380 v. Chr.) vermutete, der Mond sei eine Kugel (πιλα) und keine Gott- heit und es gäbe auf ihm Berge und Täler. Aristarch von Samos (320-250 v. Chr.) wiederum stellte fest, die Sonne sei 19-mal weiter entfernt als der Mond. Daraus schloss er, dass der Mond auch 19-mal kleiner sei als die Sonne, denn schließlich erscheinen uns beide am irdischen Firmament gleich groß. Auch schätzte er, dass der Mond nur ein Drittel so groß wie die Erde ist. Tatsächlich ist der Mond rund vierhundert Mal kleiner als die Sonne, die auch vierhundert Mal weiter entfernt ist als er. Im Mittel ist der Mond 384.400 Kilometer von der Erde entfernt, die Sonne hingegen fast 150 Millionen Kilometer. Erste Teleskopbeobachtungen Zunehmender Halbmond: An der Lichtgrenze (Terminator) sind die Galileo Galilei und Thomas Harriot waren die ersten Fernrohrbe- Oberflächenstrukturen besonders deutlich erkennbar. (Martin Gertz/Sternwarte Welzheim) obachter, die Zeichnungen von der Mondoberfläche anfertigten. In seinem Sidereus Nuncius (Sternenbote) findet sich ein Bild des Schnell werden Fragen laut: Wie sieht es auf dem Mond aus? Kraters Albategnius, das Galilei 1610 gezeichnet hat. Nach den Warum flogen Menschen zum Mond hinauf? Dabei ist der Mond ersten Zeichnungen von Galilei und Harriot fertigten Michael von weder oben noch unten, wie schon Nikolaus Kopernikus richtig Langren (Langrenus) 1645, Johann Hevel (Hevelius) 1647 sowie erkannte. Für einen Astronauten, der auf dem Mond steht, scheint Giovanni Riccioli gemeinsam mit Francesco Grimaldi 1651 mehr die Erde „oben" am Mondhimmel zu schweben. oder minder genaue Mondkarten an. Dabei wurden auch die ers- Woraus besteht der Mond? Eine oft gestellte Frage bei einer ten Bezeichnungen für die Mondformationen vergeben. Hevelius Sternführung. Da der Vollmond so hell glänzt, vermutete man benannte die Gebirge auf dem Mond nach irdischen wie Alpen, einst, er sei aus Eis. Der gelbliche Mond bestehe aus Käse, damit Apenninen, Karpaten und Kaukasus. Die gesichteten Krater und die Mondmaus etwas zum Fressen habe, so wird im Märchen für Ringwälle erhielten Namen von Philosophen und Wissenschaftlern Kinder erzählt. Doch ernst gemeint ist die manchmal geäußerte aus der Antike wie Archimedes, Aristarch, Aristoteles, Eratosthe- Frage: Gibt es auf dem Mond Öl? Gemeint ist Erdöl, nicht Salatöl. nes, Plato oder Ptolemäus. Später wurden auch zeitgenössische Erst seit die Apollo-Astronauten kiloweise Material vom Mond Astronomen mit einem Mondkrater bedacht wie Kepler, Koperni- mitbrachten, kennt man die Zusammensetzung des Mondgesteins. kus, Tycho usw. Manche Bezeichnungen hielten sich nur kurz, Bis dahin war es ein langer Weg - die Erforschung des Mondes andere bis zum heutigen Tag. war ein Jahrhunderte langer Prozess. Weitere erfolgreiche Mondbeobachter waren der holländische Astronom und Physiker Christian Huygens (1629-1695) sowie sein Zeitgenosse, der Italiener Giovanni Cassini (1625-1712), erster Vom Glauben zur Forschung Direktor der Pariser Sternwarte. Cassini fertigte eine riesige Mond- Im Altertum sah man im Mond eine Gottheit. Bei den Babyloniern karte mit vier Meter Durchmesser an. Sie war seinerzeit die detail- hieß die Mondgöttin Sin, bei den Chinesen Change. Selene reichste und genaueste Mondkarte. Cassini leitete auch die nach (σεληνη) nannten die Griechen die Mondgöttin, die Römer ihm benannten drei Rotationsgesetze des Mondes ab. wiederum Luna. Auch Cynthia, die Göttin der Jagd, wurde durch den Mond repräsentiert. In seinem milden Schein erkannten die Jäger ihre Beutetiere. Meister der Selenografie Im Islam ist der Mond keine Gottheit, sondern wurde von Allah Die hellen Gebiete wurden schnell als Kraterlandschaften ausge- geschaffen, um „die Zeit zu zählen". Deshalb ist der islamische macht. Man sah in ihnen Kontinente (lat.: terrae), während man Kalender ein reiner Mondkalender. Gemäß dem Koran ist es den die dunklen, flachen Gebiete als Meere ansah (lat.: maria, Singu- Gläubigen verboten, Schaltmonate einzufügen. Ein neuer Monat lar: mare). Schon Kepler bemerkte: „… maculas esse maria,
- 2 - lucides esse terrae". (Die Flecken sind Meere, die hellen Land- im Verlag Hutchinson (London) erschien, möglicherweise gedie- schaften.) hen besonders resistente Pflanzen auf dem Mondboden. Damals war man der Meinung, der Mond beeinflusse das irdische Wilhelm Gotthelf Lohrmann (1796-1840), der mit einem achroma- Wetter und auch die Gemütslage der Menschen. Das Wort tischen 5-Zoll-Refraktor von Fraunhofer beobachtete, lieferte mit „Laune" leitet sich vom lateinischen „luna" für Mond ab und das die besten Mondkarten des 19. Jahrhunderts. Sein Buch Mond- englische "“unatic" bedeutet schlicht „verrückt". Entsprechend charte in 25 Sectionen erschien allerdings erst 38 Jahre nach benannte man die vermeintlichen Mondmeere wie Mare Imbrium seinem Tod. Es wurde von Johann Schmidt (1825-1884) im Jahre (Regenmeer), Oceanus Procellarum (Ozean der Stürme), Mare 1878 herausgegeben. Nubium (Wolkenmeer), Mare Serenitatis (Meer der Heiterkeit), Die wohl prominentesten Mondkartografen des 19. Jahrhunderts Mare Tranquillitatis (Meer der Ruhe), Mare Frigoris (Meer der waren Wilhelm Beer (1797-1850) und Johann Heinrich von Mädler Kälte), Mare Crisium (Meer der Gefahren), Mare Foecunditatis (1794-1874). Schon mit zwölf Jahren zeigte Mädler sein Talent (Meer der Fruchtbarkeit), Mare Nectaris (Honigmeer), Mare und seine Wissbegier, als er das Friedrich-Werder-Gymnasium in Cognitum (Meer der Erkenntnis), um nur einige zu nennen. Bremen besuchte. Mädlers Eltern erkrankten an Thyphus und star- ben früh. Mädler musste sich nach ihrem Tod um seine vier jünge- ren Geschwister kümmern. Er wurde Grundschullehrer, besuchte aber auch Vorlesungen an der Berliner Universität. Beer war ein wohlhabender Bankier, der 1829 ein privates Obser- vatorium errichtete. Er heuerte Mädler als Assistenten an, womit eine lange und intensive Zusammenarbeit begann. Ausgestattet mit einem 4-Zoll-Fraunhofer-Refraktor kartografierten beide in 600 Nächten die Mondoberfläche, wobei sie Referenzpunkte mit einem Mikrometer vermaßen. Das Ergebnis erschien 1836 als Mappa Selenographica mit einem Monddurchmesser von einem Meter. Außerdem benannten sie 140 weitere Krater und Ringwälle. Der Direktor der Berliner Stern- warte, Johann Encke, stellte Mädler im gleichen Jahr als Observa- tor an. Nur zwei Jahre später, 1840, wurde Mädler zum Direktor des Observatoriums in Tartu (Estland) berufen, wo er mit dem gro- ßen Fraunhofer-Refraktor Planeten und Doppelsterne beobach- tete. Leben auf dem Mond? Mädler kritisierte heftig die Vorstellung der früheren Mondbeob- achter, der Mond gleiche der Erde. Der Mond sei vielmehr ein toter, unbewohnter, luftloser Himmelskörper ohne Wasser und Zeichnung des Mondkraters Albategnius von Galileo Galilei (Sidereus Wetter. Somit gäbe es auch keine Erosion. Die Mondlandschaften Nuncius, 1610). seien für immer unveränderlich. Die dunklen Tiefebenen seien mit erstarrter Lava gefüllt und keinesfalls Wasserflächen, die doch Kleinere dunkle Flächen hielt man für Gewässer: Lacus Gaudii gelegentlich im Sonnenlicht aufblitzen müssten. Bedeckt der Mond (See des Vergnügens), Lacus Odii (See des Hasses), Lacus einen Stern, so verschwindet dieser schlagartig am Mondrand. Felicitatis (See der Glückseligkeit) und Lacus Somniorum (See der Keine Atmosphäre schwächt vorher das Sonnenlicht ab. Träume). Sinus Iridum, die Regenbogenbucht, liegt am Rande des Diese Erkenntnis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in der Folge Mare Imbrium, begrenzt von Kap Heraklit und Kap Laplace, wobei stets aufs Neue bestätigt und erweitert. Am Tag erhitzt sich die die lateinische Bezeichnung für Kap „Promontorium" heißt. Mondoberfläche in der Sonnenglut über 100 °C, in de r 14-tägigen Als Nestor der wissenschaftlichen Mondkartografie (auch Seleno- Mondnacht kühlt sie sich auf unter -100 °C ab. Flüs siges Wasser grafie) gilt Tobias Mayer (1723-1762). Man nennt ihn auch Ver- kann es somit auf dem Mond nicht geben. Selbst bei niedrigeren messer des Himmels, der Erde und der Meere. Er fertigte zwei Temperaturen würde Wasser sofort sieden und als Dampf ins Mondkarten in orthografischer Projektion an, wobei er mit einem Weltall diffundieren. Denn auf dem Mond gibt es keine Atmo- achromatischen Refraktor samt Fadenmikrometer alle Oberflä- sphäre, der Luftdruck ist praktisch null. Lediglich Spuren von Eis chendetails akkurat vermas. Als Ursprung seiner Koordinatenmes- wurden in Kraterböden am Nord- und Südpol des Mondes ent- sung wählte er den Krater Manilius. Später, im 19. Jahrhundert, deckt, wohin nie ein Sonnenstrahl fällt. übte diese Funktion der Krater Mösting A aus. Inzwischen wurden die Mondkoordinaten neu definiert, wobei Mösting A nun die selenografischen Koordinaten 5,24° westliche Länge und 3,23° Systematische Mondkartierung südliche Breite aufweist. Mit Einführung der Fotografie machte die Mondkartografie gewalti- Mayer gilt auch als Gründer der „Deutschen Schule der Seleno- ge Fortschritte. Es entstanden zahlreiche Atlanten, die nicht mehr grafie", wie der Planetenforscher Zdenek Kopal meint („He was gezeichnete, sondern detailgetreue Ablichtungen der Mondforma- the founder of the German school of selenography"). Zu ihr tionen enthalten. Auch bei noch so talentierten Zeichnern kann gehören Namen wie Schröter, Lohrmann, Mädler, Schmidt und eine subjektive Interpretation nie ausgeschlossen werden. Die Fauth. persönliche Sichtweise lässt sich nicht ausschalten und Details Johann Hieronymus Schröter (1745-1816) fertigte auf seiner können nie 1:1 erfasst und dokumentiert werden. Privatsternwarte in Lilienthal bei Bremen 75 detailreiche Mond- Das erste fotografische Mondbild wurde 1839 von Louis Daguerre zeichnungen an, um daraus eine 118 cm große Mondkarte zu in Paris gewonnen. Freilich zeigt es ein recht verschwommenes erstellen. Leider gingen die meisten seiner Originalarbeiten in den Mondantlitz, das den gezeichneten Mondkarten nicht annähernd Wirren der Napoleonischen Kriege verloren. Schröter zeichnete nahe kommt. nicht nur die Oberflächendetails höchst akribisch in seine Karten Doch der 1888 von Edward S. Holden mit dem 36-Zoll-Refraktor ein, sondern maß auch aus ihrer Schattenlänge die Höhe der des Lick-Observatoriums auf dem Mt. Hamilton (Kalifornien) foto- Mondberge, die sich einige tausend Meter über ihre Umgebung grafisch erstellte Atlas of the Moon machte Details sichtbar, die nie erheben. Die Bezeichnung rimae (lat., Rillen) für Furchen und zuvor gesehen wurden. Schon 1903 folgte der Atlas de la Lune lange Grabenbrüche wurde von Schröter eingeführt. des Pariser Observatorium mit Aufnahmen, die mit dem 23,6-Zoll- Selbst bedeutende Wissenschaftler wie Johann Hevelius, Wilhelm Coudé-Refraktor gewonnen wurden. William Henry Pickering prä- Herschel oder Isaac Newton waren überzeugt, der Mond sei be- sentierte 1910 den fotografischen Mondatlas des Harvard College wohnt. Man nannte die Mondbewohner „Seleniten". Sie sollten ein Observatory. Einer der besten Atlanten ist der 1960 erschienene insektenartiges Aussehen haben. Der leidenschaftlichste Vertreter Photographic Atlas of the Moon, auch schlicht Lunar Atlas ge- des bewohnten Mondes war sicher Franz von Paula Gruithuisen nannt. (1774-1852), ein glühender Verehrer von Schröter. Er orderte Im Oktober 1959 gelang es erstmals mit der Mondsonde Lunik 3, mehrere Linsenteleskope zur Mondbeobachtung und meinte, in die von der Erde nie einsehbare Rückseite des Mondes aufzuneh- den Rillen Pfade der intelligenten Seleniten zu erkennen. Sie men. Im beginnenden Zeitalter der Raumfahrt wurden zahlreiche sollten zu den unterirdischen Städten der Mondbewohner führen. unbemannte Sonden in Umlaufbahnen um den Erdtrabanten Noch Mitte des 20. Jahrhunderts vermutete Valdemar Axel Firsoff gehievt. Diese Mondsonden lieferten und liefern heute noch hoch- (1912-1981) in seinem Buch Strange World of the Moon, das 1959 aufgelöste Bilder von der Mondoberfläche. Mit 30 cm Auflösung pro Bildpunkt konnten nicht nur die Unterstufen der Mondlander,
- 3 - sondern selbst die Fußspuren der Apollo-Astronauten erkannt werden. Vergabe der Buchstabenbezeichnunge n für Sekundärkrater. Im Zeitalter der Raumfahrt wurden 1972 zahlreiche Sekundärkra- ter mit Buchstabenkennung neu benannt. So wurde aus Ptole- mäus A der Krater Ammonius. Im Jahre 2000 wurde auf Vorschlag Ausschnitt aus der Lunar Chart Nr. 57 der NASA von 1962. Die des populären britischen Astronomen Patrick Moore der Krater Sekundärkrater des Hauptkraters Kepler sind mit Buchstaben Plato A in Bliss umgetauft. Nathaniel Bliss (1700-1764) wurde als versehen. Nachfolger von Edmund Halley im Jahre 1742 zum 4. Astronomer Royal (königlicher Astronom) der britischen Krone berufen. Auf der Rückseite des Mondes wurden von der Planetary Nomen- clature Working Group der IAU (Arbeitsgruppe zur Benennung von Das Rätsel der Mondkrater Objekten und Oberflächenstrukturen im Sonnensystem) 670 Zu einem jahrhundertelangen Streit geriet die Frage nach der Mondformationen benannt. Eine dunkle Fläche erhielt die Bezeich- Entstehung der Krater und Ringwälle auf dem Mond. Teilweise nung Mare Moscoviense (Moskauer Meer). Ansonsten gibt es im wurden die Auseinandersetzungen emotional, ja erbittert geführt. Gegensatz zur Vorderseite keine größeren Maria auf der Mond- Sind die Mondkrater vulkanischen Ursprungs oder die Folge von rückseite. Einschlägen mehr oder minder großer Meteoroide, Planetoiden und Kometenkerne? Die Mondkrater haben keine Ähnlichkeit mit irdischen Vulkanen, die kegelförmige Berge mit kleinem Kraterschlot sowie Calderen sind. Die Mondkrater sind hingegen teller- oder schüsselförmig, oft mit einem Zentralberg ausgestattet. Die Außenwände der Ring- wälle sind sanft ansteigend, an der Innenseite fallen sie jedoch steil ab. Manche haben doppelte Ringwälle. Kleine Krater besitzen keinen Zentralberg, kleinste Krater sind schlicht Löcher in der Oberfläche. Die Kraterböden liegen tiefer als ihre Umgebung. Der Massendefekt durch die Absenkung der Böden entspricht der Masse der jeweiligen Ringwälle. Eine Ausnahme bildet lediglich der Krater Wargentin. Die kraterübersäte Mondrückseite. Auffallend ist das Fehlen großer lavagefüllter Tiefebenen (Maria). Das größte „Mondmeer“ ist das Mare Moscoviense (Moskauer Meer). (Lunar Reconnaissance Orbiter/NASA) Auf der Vorderseite sind 895 Krater und Ringwälle benannt. Da dies bei weitem nicht ausreicht, die mehr als zehntausend Krater zu bezeichnen, haben bereits Beer und Mädler in der erwähnten Mappa Selenographica die kleineren Krater in der Umgebung eines größeren, namentlich gekennzeichneten Kraters mit Buch- staben versehen. So gibt es einen Krater Kopernikus A, Timo- charis B oder Kepler F. Meist wurden rund sechs Buchstaben pro Krater mit Eigennamen vergeben, teilweise aber auch deutlich mehr. Bei Plato gibt es zum Beispiel 23 solcher Sekundärkrater. Beim Krater Abulfeda sind es alle möglichen 24 (die Buchstaben I und V wurden nicht vergeben). Manchmal wurden auch Doppel- buchstaben eingesetzt wie Abulfeda BA oder Plato KA, ein nahe beieinander liegender Doppelkrater. Ursprünglich wurden die Buchstaben mehr oder weniger willkürlich vergeben. Inzwischen Irdischer Vulkankegel im Vergleich mit Mondkratern. hat man festgelegt, dass 24 Buchstaben (ohne I und O) im Uhrzei- gersinn zu verteilen sind. Mit A ist bei 1 Uhr zu beginnen, M steht James Nasmyth (1808-1890) und James Carpenter (1840-1899) bei 6 Uhr und Z bei 12 Uhr. Somit sind inzwischen 6328 Krater entwickelten im 19. Jahrhundert das „Springbrunnen-Modell". Der und Ringwälle auf der Vorderseite des Mondes eindeutig bezeich- innere Druck des in der Frühphase noch feurig-flüssigen Mondes net. Dieses Buchstabensystem wird sonst nirgends bei anderen soll gewaltige Aufwölbungen bewirkt haben. Schließlich platzten Krateroberflächen im Sonnensystem verwendet. diese Blasen. Das ausgeschleuderte Material bildete die nahezu kreisförmigen Ringwälle, wobei die zurückschwappende Lava
- 4 - Zentralberge erzeugte, die stets niedriger sind als die Ringwälle. Heute zweifelt niemand mehr daran, dass alle Krater von winzigen Die Größe der Ringwälle sei durch die geringe Oberflächen- Einschlaglöchern bis zu Ringwällen mit über hundert Kilometer schwerkraft zu erklären. Die Schwerebeschleunigung auf der Durchmesser die stummen Zeugen eines fast fünf Milliarden Jahre Mondoberfläche beträgt nur ein Sechstel des irdischen Wertes dauernden kosmischen Bombardements sind. Ohne Wind, Wetter (gMond = 1,63 m/s2). und Wasser gibt es auf dem Mond keine Erosion, weshalb die Der Streit, ob Vulkanismus oder Impaktereignisse die Ringwälle Spuren der Treffer aus dem All bis heute erhalten bleiben. formten, hielt bis 1960 an. Ein Argument lautete: Da fast alle Spätestens nach den sechs bemannten Mondlandungen in den Krater und Ringwälle nahezu kreisförmig sind, müssten alle Jahren 1969 bis 1972, von denen die Apollo-Astronauten kiloweise Einschläge senkrecht zur Mondoberfläche erfolgt sein. Dies ist Mondgestein mitbrachten, kennt man recht genau die Zusammen- aber völlig unwahrscheinlich. Die kollidierenden Meteoroide trafen setzung des Mondmaterials. Insgesamt wurden 68 verschiedene und treffen die Oberfläche aus allen beliebigen Richtungen und Mineralien gefunden. Die hellen Hochländer mit ihren Kratern und nicht nur von senkrecht oben. Doch dieses Argument ließ sich Ringwällen bestehen aus aluminiumreichem Gestein, sogenann- experimentell widerlegen. tem Anorthosit mit geringem Eisengehalt. Anorthosit bildet sich, Ballistische Experimente am Ames Research Center der NASA wenn geschmolzenes Gestein langsam erstarrt und kristallisiert. zeigten: Selbst bei relativ flachem Einfall entstehen kreisförmige Dies ist ein Hinweis auf die Frühphase des Mondes, als die Mond- Gebilde. Auch sind durchaus nicht alle Ringwälle exakt kreisför- oberfläche fast vollkommen von geschmolzener Lava bedeckt war. mig. So ist das Mare Crisium in Ost-West-Richtung um etwa In manchen Hochlandbereichen finden sich Spuren von Titan und hundert Kilometer breiter als in Richtung Nord-Süd. Der Eindruck Thorium. im Fernglas, das Mare Crisium sei in N-S-Richtung langgestreckt, Die Maria wurden nach gewaltigen Impakten aus basaltischem wird durch die perspektivische Verkürzung hervorgerufen, da es Material gebildet, nachdem die bereits erkaltete Oberfläche an den sich am westlichen Mondrand befindet. Auch der Ringwall Proclus Einschlagsorten erneut aufgeschmolzen wurde und Material aus ist ein wenig oval. Spuren von flachen Einschlagspfaden finden der Tiefe empor quoll. Dies lässt auch der deutlich erhöhte Eisen- sich ebenfalls. So wurden die knapp nebeneinander liegenden gehalt erkennen. Das Vorkommen von Titan schwankt erheblich Krater Messier und Messier A von einem einzigen Impaktkörper von Ort zu Ort. erzeugt, der fast parallel zur Mondoberfläche flog und zweimal Der Mond ist staubtrocken. Wasser kann dort nicht existieren. aufschlug, ähnlich einem flach auf eine Wasseroberfläche gewor- Ebenso wenig wurden wasserhaltige Mineralien gefunden. Ledig- fenen Stein. Von Messier A ziehen zwei Strahlen westwärts, lich in den Polarregionen entdeckte man Spuren von Eis in den Spuren des Auswurfmaterials. Überhaupt liefern Strahlenkrater Kratersohlen, die in der Dunkelheit liegen, da sie kein Sonnen- wie die beiden auffälligsten Tycho und Kopernikus klare Hinweise strahl erreicht. Eingeschleppt wurde das Eis von Kometenkernen, auf Impaktereignisse, bei denen Material weit über die Mondober- die auf den Mond stürzten. Von organischen Substanzen konnten fläche geschleudert wurde. Für die Kraterbildung sind zwei nicht einmal Spuren entdeckt werden. Größen maßgebend: Masse und Geschwindigkeit des Einschlag- Ohne schützende Atmosphäre ist die Mondoberfläche der harten körpers. kosmischen Strahlung ausgesetzt. Ohne flüssiges Wasser und infolge extremer Temperaturunterschiede zwischen Mondtag und - nacht kann keine Form von Leben auf unserem Nachbarn im Welt- all existieren. Der Mond ist eine tote Gesteinswüste. Und deshalb gibt es auf dem Mond auch kein Öl!
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