Mountainbike im Wald: Wann haftet der Waldbesitzer?

 
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Mountainbike im Wald: Wann haftet der Waldbesitzer?
BAUMRECHT

Mountainbike im Wald:
Wann haftet der Waldbesitzer?
Wenn Mountainbiker im
Wald illegal Schanzen
oder Ähnliches errichten
und es dann zu einem Un-
fall kommt, stellt sich die
Frage der Haftung. Rechts-
experte Rainer Hilsberg
erläutert den Fall*.
Text Rainer Hilsberg

 Wer haftet bei Unfall eines
 Mountainbikers?

Es geht um die Frage der Haftung, wenn
Mountainbiker illegal Schanzen und andere
waldatypische Gefahren im Wald (abseits
von Wegen) schaffen. Haftet der Waldeigen-
tümer, wenn es zu einem Unfall an diesen
Hindernissen kommt? Haftet er wenn er
diese „Einrichtungen“ duldet beziehungs-
weise sie nicht beseitigt? Ich betreue einige
Waldflächen, auf denen dieses Problem be-
steht. In vielen Wäldern nimmt diese illegale
Nutzung leider zu.

Antwort:
 Wo ist Radfahren erlaubt?

Nach § 14 Abs. 1 S. 2 BWaldG ist das Rad-
fahren nur auf Straßen und Wegen gestat-
tet. Gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 BWaldG regeln
die Länder die Einzelheiten. Dies hat ein
Wirrwarr an landesrechtlichen Regelungen        // Verbotsschild an einer (illegalen) Mountainbike-Strecke //

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BAUMRECHT

zur Folge, wie die nachfolgenden Beispiele     Nach § 22 Abs. 3 LWaldG RP ist „Radfah-       werden zur Sportausübung benutzt und
zeigen:                                        ren im Wald nur auf Straßen und Wald-         teilweise sogar im Internet beworben.
                                               wegen erlaubt; darüber hinausgehende
Manche Länder beschränken das Radfah-          Befahrensmöglichkeiten können die Wald-        Wer ist sicherungspflichtig?
ren auf „geeignete Wege“ (Art. 28 Abs. 1 S.    besitzenden gestatten, soweit dadurch
1 BayNatSchG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 S. 2        nicht die Wirkungen des Waldes und sons-      Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
BayWaldG, Art. 37 Abs. 3 S. 1 LWaldG BW)       tige Rechtsgüter beeinträchtigt werden.“      desgerichtshofs ist derjenige, der eine Ge-
oder „feste Wege“ (§ 2 Abs. 2 LFoG NRW)        Gemäß § 3 Abs. 7 LWaldG RP sind „Wald-        fahrenlage – gleich welcher Art – schafft
Gelegentlich verbieten die landesrechtli-      wege nicht dem öffentlichen Verkehr ge-       oder andauern lässt, grundsätzlich ver-
chen Regelungen ausdrücklich das Radfah-       widmete, dauerhaft angelegte oder natur-      pflichtet, die notwendigen und zumutbaren
ren auf Sport- und Lehrpfaden (§ 37 Abs. 3     feste forstliche Wirtschaftswege; Maschi-     Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädi-
S. 3 LWaldG BW, § 11 Abs. 1 S. 4 Sächs-        nenwege, Rückeschneisen, Gliederungslinien    gung anderer möglichst zu verhindern.1
WaldG). In Baden-Württemberg ist darüber       der Betriebsplanung sowie Fußwege und         Danach obliegt die Verkehrssicherungs-
hinaus das Radfahren auf Wegen unter           -pfade sind keine Waldwege.“                  pflicht für die Mountainbike-Strecke zu-
zwei Meter Breite verboten ((§ 37 Abs. 3 S.                                                  nächst einmal dem, der die Anlage errich-
3 LWaldG BW).                                  Auch wenn die landesrechtlichen Vor-          tet hat.
                                               schriften im Detail voneinander abweichen
Hessen erlaubt das Radfahren im Wald auf       und nicht immer eindeutig definiert ist,      Daneben kann aber auch den Grundstücks-
„befestigten oder naturfesten Wegen, die       was ein fahrbarer Weg im Sinne des Lan-       eigentümer beziehungsweise Waldbesitzer
von Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern        deswaldgesetzes ist, haben doch alle Bun-     eine Verkehrssicherungspflicht treffen, da
oder mit deren Zustimmung angelegt wur-        desländer die Vorgabe des § 14 Abs. 1 S. 2    er für den Bereich der Gefahrenquelle ver-
den und auf denen unter gegenseitiger          BWaldG übernommen und das Radfahren           antwortlich und prinzipiell in der Lage ist,
Rücksichtnahme gefahrloser Begegnungs-         auf Straßen und Wege beschränkt. Daraus       über die Sache zu verfügen und die Gefah-
verkehr möglich ist“ (§ 15 Abs. 3 S. 1         ergibt sich, dass das Radfahren abseits       ren abzuwehren. Die Verkehrssicherungs-
HWaldG). „Das Anlegen von Wegen durch          von Wegen, das heißt quer durch den           pflicht bezieht sich grundsätzlich auch auf
Waldbesucherinnen und Waldbesucher oh-         Waldbestand, generell nicht zulässig ist.     Gefahren, die durch das unerlaubte und
ne Zustimmung der Waldbesitzerin oder          Die Anlegung von Mountainbike-Strecken        vorsätzliche Eingreifen Dritter entstanden
des Waldbesitzers ist unzulässig“ (§ 15        ((Single-)Trails) mit künstlichen Schikanen   sind.2
Abs. 6 HWaldG).                                ist erst recht nicht vom Nutzungsrecht der
                                               Waldgesetze erfasst. Das Befahrensrecht       Bei der Mountainbike-Strecke handelt es
In Thüringen ist das Radfahren „auf dafür      gilt nur für die vorhandenen Straßen und      sich der Sache nach um eine sogenannte
geeigneten, festen und befestigten Wegen       Wege und gibt keine Befugnis für Verände-     Erholungseinrichtung. Als solche ist sie
sowie Straßen, auf denen forstwirtschaft-      rungen (speziell Anlegen neuer Wege) und
liche Maßnahmen nicht stattfinden, gestat-     Einrichtungen (Schikanen wie Sprung-
tet“ (§ 6 Abs. 3 S. 2 ThürWaldG). Innerhalb    schanzen, Steilkurven, Kuhlen usw.). Für      * Rainer Hilsberg beschränkt sich auf eine an
des Waldes ist „das Rad fahren, insbeson-      diese Einrichtungen wird zumeist der          die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und
dere das Mountainbiking, abseits fester        Waldboden abgetragen beziehungsweise          Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen.
Wege und Straßen nur mit Zustimmung            aufgeschüttet und Holzmaterial insbeson-      Für eine individuelle Rechtsberatung wenden
des Waldbesitzers zulässig“ (§ 6 Abs. 6 S. 2   dere zum Bau der Sprungschanzen ver-          Sie sich bitte an die niedergelassenen Rechts-
Nr. 5 ThürWaldG).                              wendet. Solche Mountainbike-Strecken          anwälte.

TASPO BAUMZEITUNG 05/2020                                                                                                                49
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   regelmäßig auf ihre technische und bau-
liche Sicherheit zu überprüfen. Da die
Errichter in der Regel nicht bekannt sind,
liegt es für einen Geschädigten in einem
Schadensfall, der auf technische oder
bauliche Mängel der Anlage zurückzufüh-
ren ist, zumindest nahe, sich mit seiner
Schadensersatzforderung an den Wald-
besitzer zu wenden. Abgesehen davon
besteht die Gefahr, dass vom Waldbesitzer
wie bei Erholungseinrichtungen eine regel-
mäßige Baumkontrolle bis zu einer Baum-
länge, gemessen vom äußeren Rand der
Anlage, erwartet wird.

 Führt Duldung zur Haftung?

Es ist allerdings noch nicht abschließend
geklärt, ob und in welchem Umfang eine
Verkehrssicherungspflicht auch bei Miss-
brauch des Befahrensrechts beziehungs-
weise einer verbotenen Benutzung des           // Der Waldeigentümer ist nicht verpflichtet, die Anlage zu dulden. //
Waldes für den Waldbesitzer besteht. Dies
gilt namentlich für die durch Mountain-
biker selbst angelegten (Single-)Trails im
Waldbestand.
                                               zumindest wenn ersichtlich keine regel-              Handlungsoptionen
Hierbei ist im Wesentlichen strittig, ob die   mäßige Wartung (Sicherung) erfolgt.6
Duldung eines Zustands zu einer Haftung                                                            Bis zu einer eindeutigen gerichtlichen
des Grundstückseigentümers führt. Dies         Zum Teil wird aber auch eine besondere              Klärung der Rechtslage ist zu empfehlen,
wird teilweise bejaht, jedenfalls wenn der     Sicherungspflicht verneint: Ein bloßes              zum Beispiel durch entsprechende Schil-
Eigentümer einen entgegenstehenden Wil-        Dulden stelle noch keine Verkehrseröff-             der nach außen deutlich zu machen, dass
len, der für potenzielle Nutzer irgendwie      nung dar, es sei zumindest eine Gestat-             es sich um eine rechtswidrig errichtete
erkennbar sein muss, nicht dokumentiert        tung durch den Eigentümer erforderlich.7            Mountainbike-Strecke handelt und keine
hat.3 Habe der Waldeigentümer Kenntnis         Gegenüber unbefugten Benutzern beste-               Gestattung beziehungsweise Verkehrs-
von risikoreichen Nutzungen auf seinem         he keine Verkehrssicherungspflicht.8                eröffnung durch den Waldbesitzer gege-
Eigentum, müsse er in geeigneter Weise         Auch eine Kenntnis des Waldbesitzers                ben ist. Widerspricht der Waldbesitzer ei-
einschreiten. Ein von Jugendlichen illegal     von einer missbräuchlichen Nutzung                  ner unbefugten beziehungsweise verbots-
mit Brettern, Balken und Stämmen errich-       begründe grundsätzlich keine besondere              widrigen Waldnutzung durch Dritte nicht,
teter und beworbener Fahrradparcours im        Verkehrssicherungspflicht mit der Folge             trägt er das Risiko, dass ein Gericht im
Wald sei beispielsweise sofort zu beseiti-     gezielter Baumuntersuchungen auf                    Schadensfall deshalb eine Haftung bejaht.
gen.4 Die (bewusste) Duldung eines beson-      Abbruch- oder Umsturzgefahr in diesem               Noch rechtssicherer wäre es, wenn die
deren (= erhöhten, verstärkten) Verkehrs       Waldbereich. Wer verbotswidrig handele,             Anlagen beseitigt werden würden.
soll im Regelfall Sicherungspflichten, unter   tue dies auf eigene Gefahr.9 Anders kann
Umständen auch erhöhte (gesteigerte)           es jedoch sein, wenn die Mountainbike-              Aus der Praxis ist allerdings bekannt,
Sicherungsplichten begründen.5                 Strecke einen besonderen Anreiz auf                 dass diese häufig in kürzester Zeit wie-
                                               Kinder ausübt und die mit der Anlage                derhergestellt werden. Da auch Verbots-
Bei Duldungen ist allerdings oft von einem     verbundenen Risiken nicht ohne weite-               schilder häufig nicht beachtet oder gar ab-
Handeln auf eigenes Risiko auszugehen,         res erkennbar sind.10                               montiert werden, versperren Waldbesitzer

50                                                                                                                 TASPO BAUMZEITUNG 05/2020
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                                                                                                                     warnen beziehungsweise schützen. Das be-
                                                                                                                     deutet, dass nach Bekanntwerden einer ille-
                                                                                                                     gal errichteten Anlage die Waldbesucher
                                                                                                                     auf die von der Anlage ausgehenden Ge-
                                                                                                                     fahren in geeigneter Weise aufmerksam
                                                                                                                     gemacht werden sollten (zum Beispiel
                                                                                                                     durch Warnschilder, Absperrbänder und
                                                                                                                     ähnliches). Dies gilt vor allem dann, wenn
                                                                                                                     Gefahren nur schwer zu erkennen sind. //

                                                                                                                     Literatur:
                                                                                                                     1) BGH NVwZ 2018, 518
                                                                                                                     2) BGH NJW 2007, 1683
                                                                                                                     3) Bittner VersR 2009, 896 unter Berufung auf
                                                                                                                     OLG Oldenburg, NJW-RR 1989, 247; vgl. auch
                                                                                                                     OLG Frankfurt, Urt. v. 2.2.2001, 24 U 21/99;
Fotos: Hilsberg

                                                                                                                     OLG Brandenburg NZV 1997, 77
                                                                                                                     4) Fröhlich in BADK Information Sonderheft
                                                                                                                     Haftungsrechtliche Organisation im Interesse
                                                                                                                     der Schadenverhütung 2011, S. 55
                  // „Natürliche Barrieren“ können eine weitere Bodererosion effektiv verhindern. //                 5) Klose/Orf, Forstrecht, 2. Aufl. 1998, § 14
                                                                                                                     BWaldG Rn. 43a
                                                                                                                     6) Klose/Orf, Forstrecht, 2. Aufl. 1998, § 14
                                                                                                                     BWaldG Rn. 43a unter Verweis auf OLG Bran-
                                                                                                                     denburg NZV 1997, 77
                  die illegalen Trails teilweise durch Baum-         schnitten oder Baumwurzeln beschädigt           7) Agena NuR 2007, 707, Fußnote 81; OLG
                  fällungen oder Holzablagerungen beim               werden. Daneben können Verstöße gegen           Bamberg VersR 1969, 85
                  Traileinstieg.                                     das Landeswaldgesetz, das Landesnatur-          8) LG Wuppertal, Urt. v. 10.7.2007, 16 O 7/07;
                                                                     schutzgesetz und das Bundesjagdgesetz           OLG Nürnberg NZV 1997, 353
                  Die Errichtung einer Mountainbike-Strecke          vorliegen (vgl. zum Beispiel Art. 46 Abs. 1     9) GK-Schlacke, BNatSchG, § 60 Rn. 31; OLG
                  stellt bei fehlender Genehmigung durch             Nr. 1 BayWaldG (Waldzerstörung) und Art.        Koblenz VersR 1990, 1409
                  den Waldeigentümer einen rechtswidrigen            57 BayNatSchG sowie § 19a i.V.m. § 39           10) BGH NJW 1978, 1629 u. NJW 1995, 2631
                  Eingriff in das Eigentumsrecht des Waldei-         Abs. 1 Nr. 5 BJagdG).
                  gentümers dar. Er ist nicht verpflichtet, die
                  Anlage zu dulden. Der Waldeigentümer hat           Gegen Benutzer der illegalen Mountainbike-
                                                                                                                       DER AUTOR
                  deshalb insbesondere aus § 1004 BGB                Strecke kann ebenfalls eine Ordnungswid-
                  einen Beseitigungsanspruch. Dieser Besei-          rigkeitenanzeige erstattet oder im Einzelfall     Rainer Hilsberg ist
                  tigungsanspruch wird aber häufig daran             eine zivilrechtliche Unterlassungserklärung       Jurist in der öffentli-
                  scheitern, dass sich der Verursacher, also         zum Beispiel wegen Stören des Wildes ver-         chen Verwaltung in
                  der oder die Errichter der Mountainbike-           langt werden, wenn die Person bekannt ist.        Bayern. Er ist mit
                  Strecke, nicht ermitteln lassen.                                                                     Seminaren zur Ver-
                                                                     Wird die Mountainbike-Strecke auf einem           kehrssicherungspflicht für Bäume als
                  In jedem Fall ist eine Straf-/Ordnungswid-         bestehenden Waldweg errichtet, stellt sie         nebenamtlicher Dozent an der Baye-
                  rigkeitenanzeige (gegebenenfalls gegen             für die Benutzer des Waldweges (Radfahrer,        rischen Verwaltungsschule tätig und
                  unbekannt) in Betracht zu ziehen. Der Bau          Fußgänger) eine atypische Gefahr dar, die         leitet das Sachgebiet Sicherheit und
                  der Mountainbike-Strecke kann eine straf-          in der konkreten Situation nicht zu erwarten      Ordnung im Regierungsbezirk
                  bare Sachbeschädigung (§ 303 StGB) dar-            ist. Vor atypischen Gefahren muss der Ver-        Schwaben.
                  stellen, insbesondere, wenn Äste abge-             kehrssicherungspflichtige die Waldbesucher

                  TASPO BAUMZEITUNG 05/2020                                                                                                                          51
Mountainbike im Wald: Wann haftet der Waldbesitzer?
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