MUSIK IM DIGITALEN WANDEL - EINE BILANZ AUS ZEHN JAHREN BRENNERSTUDIE
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 1 MUSIK IM DIGITALEN WANDEL EINE BILANZ AUS ZEHN JAHREN BRENNERSTUDIE
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 3 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L INHALTSVERZEICHNIS Editorial – Dr. Florian Drücke, Geschäftsführer des BVMI 4 Zehn Jahre digitale Konvergenz – Konsequenzen für die Medienwirtschaft 5 Zentrale Ergebnisse aus zehn Jahren Brennerstudie 7 Spielverderber der digitalen Revolution Prof. Dieter Gorny, Vorstandsvorsitzender des BVMI 9 Interview: „Das Kopieren von Musik war und ist ein großes Problem für die Musikwirtschaft“ Bianca Corcoran-Schliemann, Division Manager GfK 11 FAKTEN: ■ Der Umsatz der Musikwirtschaft ist rückläufig 13 ■ Die Musikdistribution hat sich grundlegend verändert 14 ■ Es wird weniger gebrannt und mehr illegal gespeichert 15 ■ Die unautorisierten Quellen von Musik sind vielfältig 15 ■ Die Zahl legaler Musikdienste wächst rasant 16 ■ Die Zahl der CD-Brenner stagniert, die der MP3-Handys nimmt schnell zu 17 ■ Noch immer werden mehr CDs gebrannt als verkauft 18 ■ Festplatten werden zu bevorzugten Speicher- und Tauschmedien 19 ■ Immer mehr Alben werden aus dem Netz geladen 20 ■ Sharehoster sind die Nr. 1 bei der illegalen Nutzung von Online-Musikangeboten 21 ■ Breitbandausstattung wächst schneller als die Zahl der Musik-Downloader 22 ■ Wer illegale Quellen nutzt, kauft kaum Musik 23 ■ Streaming-Inhalte werden zunehmend gespeichert 23 ■ Die Top 5 der Rechtfertigungsstrategien 24 ■ Unrechtsbewusstsein ist vorhanden 25 ■ Warnhinweise können Online-Diebstahl reduzieren 26 Wenn man Stühle herunterladen könnte … Prof. Dr. Rolf Schwartmann, Fachhochschule Köln 27 Auf der Datenautobahn zum Online-Konzert 29 Ein Jahrzehnt, das die Musikindustrie verändert hat 30 3
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 4 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L EDITORIAL IN KAUM EINEM SEGMENT DER KULTUR- UND KREATIVWIRTSCHAFT HAT DER DIGITALE WANDEL SO TIEFE SPUREN HINTERLASSEN WIE IN DER MUSIKWIRTSCHAFT. des digitalen Wandels aufgeräumt, darunter der Mär vom sogenannten „Vorhören“ auf illegalen Plattfor- men: Wer illegale Musikquellen nutzt, kauft kaum noch Musik, das ist ein eindeutiges Resultat der Studie. Ein Großteil der Deutschen ist sich darüber im Klaren, dass die illegale Nutzung von Medieninhalten nicht erlaubt ist und eine Strafe nach sich ziehen kann. Und mehr als die Hälfte der Deutschen schätzt die Einführung eines Warnmodells als wirksam ein – bei denjenigen, die selbst illegale Quellen nutzen, sind es sogar mehr Dr. Florian Drücke als 80 Prozent. Foto: BVMI / Markus Nass Seit Ende der 1990er Jahre hat sich das Umsatzniveau 2011 erschien die zehnte Ausgabe der Brennerstudie annähernd halbiert, allein 2010 wurden bei Umrech- unter dem Titel „Studie zur Digitalen Content-Nutzung nung auf Track-Ebene in Deutschland knapp 900 Mil- (DCN)“, die neben Musik auch E-Books, Filme und TV- lionen Songs illegal heruntergeladen – mehr als jemals Produktionen betrachtet. Zeit, eine Zwischenbilanz zu zuvor. Das Brennen von CDs und DVDs nimmt zwar ziehen. Das vorliegende Kompendium resümiert die kontinuierlich ab, dafür haben Speichermedien wie wichtigsten Erkenntnisse der letzten zehn Jahre und externe Festplatten oder USB-Sticks das Kopieren von verdeutlicht den aktuellen Handlungsbedarf. Dabei Musik auf ein neues Niveau gehoben. wird schnell klar, dass auch nach zehn Jahren digitalem Wandel mit Blick auf den nachhaltigen Schutz von Als Erst- und zugleich Schwerstbetroffene der digitalen Rechten des geistigen Eigentums die wesentlichen Revolution haben wir nicht nur zuerst die Folgen der Fragen noch immer ungeklärt sind. illegalen Mediennutzung zu spüren bekommen, wir waren mit der „Brennerstudie“ auch die ersten, die das Wir möchten an dieser Stelle der GfK für die vertrauens- Brennen, Speichern und Downloaden von Medieninhal- volle Zusammenarbeit in den letzten zehn Jahren dan- ten konsequent analysiert und über die Jahre immer ken sowie allen, die die Brennerstudie zu einem Erfolg neue Trends wie das Abspeichern von Musik aus Inter- gemacht haben. netradios oder Musikvideos aufgezeigt haben. Nach- dem die erste Brennerstudie 2001 veröffentlicht wurde, Wir wünschen Ihnen eine spannende und informative hat sich dieser Lagebericht schnell zu einer Referenz Lektüre! in Deutschland und mit Blick auf die zunehmenden Rechtsverletzungen im Netz zu einem Weckruf für die Politik entwickelt. Dr. Florian Drücke Die Brennerstudie hat nicht nur das Ausmaß der illega- Geschäftsführer des Bundesverbandes len Musiknutzung beziffert, sondern mit vielen Mythen Musikindustrie e. V. 4
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 5 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L ZEHN JAHRE DIGITALE KONVERGENZ – KONSEQUENZEN FÜR DIE MEDIENWIRTSCHAFT ZWEI TECHNOLOGISCHE ENTWICKLUNGEN, DAS INTERNET UND DIE DIGITALISIERUNG DER PRODUKTION UND DISTRIBUTION, HABEN IN DEN VERGANGENEN 20 JAHREN ZU EINER REVOLUTION IN DER MEDIEN- WIRTSCHAFT GEFÜHRT, DIE AUCH NACHHALTIGE KONSEQUENZEN FÜR DIE MUSIKWIRTSCHAFT HATTE. ES ENTSTANDEN NEUE MEDIEN- TECHNOLOGIEN, NEUE UNTERNEHMEN UND NEUE MEDIENPRODUKTE, DIE DIE MEDIENNUTZUNG RADIKAL VERÄNDERT HABEN. Nach 80 Jahren erlebt die Musik- Wie radikal diese Revolution ver- und Zeit nutzen zu können, ist heu- kassette aktuell ihr Aus, zu den Ton- läuft, zeigt das Beispiel von AOL. te Realität. Damit entscheidet der trägern sind zahlreiche neue, digita- AOL brachte weltweit 1990 die Medienkonsument und nicht mehr le Vertriebswege von Musik hinzu- erste Software für einen Internet- der Medienproduzent oder Distri- gekommen. So gibt es heute nicht zugang auf den Markt. Im Jahr buteur, wann er welchen Content mehr nur ein oder zwei zentrale 2004 war AOL mit über 30 Millio- wie nutzen möchte. So kann Musik Trägermedien für Musik, sondern nen Kunden weltweit der größte heute zu jeder Zeit über den PC eine große Vielfalt von der Vinyl- Internet-Anbieter. Ende 2005 stieg stationär oder auch mobil aus dem Schallplatte über die CD, die nach Google für eine Milliarde Dollar Netz geladen oder gestreamt wer- wie vor das Rückgrat der Industrie (833 Millionen Euro) bei AOL ein. den. bildet, bis hin zu Download- oder Heute ist das Unternehmen nahe- Streaming-Diensten in der Cloud, zu bedeutungslos. Der radikale Wandel hat sich vor die alle nebeneinander existieren allem ab 2000 vollzogen, als das und dem Hörer die Musiknutzung Die klassischen Medien, allen voran Internet zum Massenkanal wurde. nach seinen persönlichen Vorlieben die Musikwirtschaft, die von Anfang 1995, also fünf Jahre nach Start des ermöglichen. an auf Paid Content setzte, aber Internets, lag die Zahl der weltwei- auch die Verlage, die mit dem Free ten Online-Nutzer bei ca. 30 Mil- Das World Wide Web und die Digi- Content Modell einen anderen An- lionen Menschen, vor allem in der talisierung der Produkte und Ver- satz verfolgten, kämpfen seit mehr Wirtschaft. In den Privathaushalten triebswege erzwangen einen radika- als zehn Jahren mit einer Struktur- trat das Internet erst nach 1995 len Bruch mit bisherigen Marktstruk- krise, traditionelle Unternehmen seinen Siegeszug an. Im Jahr 2000 turen, Vertriebsmöglichkeiten und befinden sich in einem tiefgreifen- gab es weltweit 250 Millionen Nut- Produktionsformen. Es entstanden den Wandel, Unternehmen, die zer. Innerhalb von zehn Jahren hat neue Player und Wettbewerber innerhalb des letzten Jahrzehnts sich die Zahl auf über zwei Milliar- im Kampf um Kunden und Nutzer, entstanden sind, dominieren heute den verachtfacht. Werbeeinnahmen und Renditen. viele globale Medienmärkte. Traditionelle Geschäftsmodelle In Deutschland nutzte im Jahr 2000 funktionierten nicht mehr unein- noch nicht einmal jeder dritte Bür- geschränkt, Inhalte, die bisher nur Internetnutzung verachtfacht ger gelegentlich das World Wide kostenpflichtig angeboten worden Auch für den Mediennutzer hat sich Web: 28,6 Prozent suchten Infor- waren, erhielt man nun kostenlos, viel verändert. Die Vision am Beginn mationen, Unterhaltung, Fotos neuer Content, der auf digitalen des neuen Jahrtausends, alle Me- und Musik im Netz. Im Jahr 2011 Technologien beruhte, entstand. dieninhalte unabhängig von Raum erreichte die Internetnutzung in 5
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 6 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L Deutschland mit 51,7 Millionen ■ man keinem schade, da ja die und Verbreiten von Filmen entsteht Onlinern ein Rekordhoch und durch- Inhalte weiter vorhanden seien. allein in Deutschland nach Angaben brach die 50-Millionen-Marke. Seit der Filmwirtschaft ein Gesamtscha- 2010 sind 2,7 Millionen neue Nutzer Diese und ähnliche Überzeugungen den in Höhe von 350 Millionen Euro hinzugekommen. Damit sind mittler- haben quer durch die Unterhal- jährlich. Der Schaden weltweit be- weile drei von vier Deutschen on- tungsbranchen tiefe Spuren hinter- läuft sich laut dem US-Filmverband line. lassen und dienen bis heute als Motion Picture Association of Ame- Rechtfertigung für das eigene ille- rica (MPAA) auf mehr als 3,5 Milliar- Die digitale Revolution gale Verhalten. den Dollar. Trotz zahlreicher kosten- verändert die Distribution loser Catch-up-Angebote privater Von der digitalen Revolution waren Musik war von Beginn an eine der Sender erleiden auch die TV-Anbieter vor allem die Produktionsweisen treibenden Kräfte des Internets und durch illegale Download-Plattfor- und die Verbreitung der Medien- auch heute noch ist der Musik- men jährlich einen Millionenschaden. inhalte betroffen, weniger deren Download, anfangs illegal, heute Durch Piraterie wird die Zweit- und Inhalte, Formate, innere Strukturen, vermehrt auch legal, ein begehrter Drittverwertung einer Serie oder optische Umsetzungen oder Erzähl- Inhalt im Netz. Die Piraterie begann eines Filmes deutlich geschwächt. weisen. Tablet-PCs, HbbTV, 3D, Ende der 1990er Jahre einen sig- Bleibt das Problem bestehen, rechnet Head-up-Displays, mobiles Breit- nifikanten Umfang anzunehmen. die private TV-Wirtschaft in den näch- band mit LTE, Facebook – Begriffe Insgesamt sind die Umsätze inner- sten Jahren unter anderem mit 25 aus der jüngsten Zeit – bieten die halb von zehn Jahren von 2,4 Milli- Prozent weniger Werbeeinnahmen. Voraussetzung und erzwingen die arden Euro (2001) auf 1,5 Milliarden Notwendigkeit neuer inhaltlicher Euro zurückgegangen – Einbrüche, Die Buchwirtschaft ist die einzige Formen. Denn mit einer Verände- die langfristig auch Auswirkungen traditionelle Medienbranche, die rung der Medienrezeption haben auf den Aufbau neuer Talente und 2009 und 2010 von einem Umsatz- sich auch die Erwartungen und Be- Künstler haben werden. Der Um- rückgang verschont geblieben ist. dürfnisse der Mediennutzer an die satzrückgang hinterlässt auch Spu- Ein Hauptgrund besteht darin, dass Gestaltung der Inhalte verändert. ren bei den Arbeitsplätzen. Nach die Digitalisierung der Distribution Für alle Branchen der Kreativwirt- Angaben des BVMI ging die Zahl noch relativ wenige Spuren hinter- schaft hatte die Digitalisierung so der Beschäftigten bei den Labels lassen hat und es für Bücher keine gravierende Konsequenzen. zwischen 2001 und 2010 von ca. Konkurrenz von branchenfremden 12.000 auf ca. 8.000 zurück. Und Online-Unternehmen gab. Doch mit Die neuen technischen Möglich- auch der Groß- und Einzelhandel den E-Books, dem E-Reader und den keiten führten auch zu einem hat im Musikvertrieb weiter Stellen Tablet-PCs nehmen die Auswirkun- veränderten Verhältnis zum abgebaut. gen auf Buchverlage und Buchhan- Wert von Online-Inhalten. del deutlich zu: Die Piraterie ge- Und das vermeintlich kosten- Nachdem anfangs vor allem die winnt an Boden und die traditio- lose Überangebot verleitete Musikwirtschaft Verluste zu bekla- nellen Geschäftsmodelle verlieren viele User zu der Überzeugung, gen hatte, sind mittlerweile alle an Bedeutung. Die Buchverlage dass: Contentbranchen in ähnlichen Aus- kommen in eine ähnliche Bedräng- ■ wenn einiges kostenlos ist, alles maßen betroffen. Etwa die Hälfte nis wie die Musikwirtschaft, Filmpro- kostenlos sein müsse, aller Filme, die in deutschen Kinos duzenten und TV-Sender – das zeigt ■ man letztlich alles im Internet starten, ist als illegale Raubkopie im auch die aktuelle DCN-Studie, die irgendwo kostenlos finden Netz verfügbar. 29 Prozent der Filme allein für 2010 etwa 14 Millionen würde, sind schon vor Kinostart online er- illegal heruntergeladene E-Books hältlich. Durch das illegale Kopieren in Deutschland ermittelte. 6
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 7 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L ZENTRALE ERGEBNISSE AUS ZEHN JAHREN BRENNERSTUDIE DIE BRENNERSTUDIE WURDE IM JAHR 2001 ERSTMALS VON DER GFK VORGESTELLT. IM AUFTRAG DES BUNDESVERBANDES MUSIKINDUSTRIE E. V. WURDEN DARIN DIE AUSWIRKUNGEN DER ZUNEHMENDEN DIGITALISIERUNG AUF DIE MUSIKNUTZUNG IN DEUTSCHLAND UNTERSUCHT. 2011 waren zum ersten Mal auch ZENTRALE ERGEBNISSE ming von Medieninhalten hinzu- die Gesellschaft zur Verfolgung von Die kontinuierliche Analyse hat eine gekommen. Urheberrechtsverletzungen e. V. Reihe grundlegender Erkenntnisse und der Börsenverein des Deutschen über die Nutzung von Musik sowie ■ Die Haushalte haben technisch Buchhandels an der Untersuchung anderer digitaler Inhalte erbracht: aufgerüstet. Zwischen 2004 und beteiligt, wodurch die Darstellung 2010 erhöhte sich die Zahl der der digitalen Nutzung von mehreren ■ Der Umsatz in der Musikindus- Haushalte, die über einen CD- relevanten Medieninhalten (Musik, trie hat sich nahezu halbiert. Brenner verfügen, von 41 auf 51 Hörbücher/-spiele, E-Books, Filme, Die illegale Nutzung von Musik Prozent, und derjenigen, deren TV-Serien) in einer Studie ermöglicht hat deutliche Spuren zurückge- PC mit einem DVD-Brenner ausge- wurde. Damit änderte sich auch der lassen: Innerhalb von zehn Jah- rüstet ist, von 3 Prozent auf 31 Name der Studie: Nach zehn Jahren ren, zwischen 2001 und 2010, Prozent. Inzwischen verfügen wurde aus der Brennerstudie die ist der jährliche Umsatz der Mu- 43 Prozent aller Deutschen über „Studie zur Digitalen Content-Nut- sikwirtschaft von 2,4 Milliarden einen MP3-Player und 47 Prozent zung“ (DCN). Euro auf 1,5 Milliarden Euro und über ein MP3-fähiges Handy. damit um 900 Millionen Euro Bis heute erhebt keine andere deut- zurückgegangen. Das Digital- ■ Anstelle der Einzeltracks tritt sche Studie in einer repräsentativen geschäft hat den Rückgang mit die Bibliothek. Neben dem eta- Erhebung so ausführlich die Quel- physischen Produkten bislang blierten Brennen werden vermehrt len, Nutzungswege und Arten der noch nicht kompensieren kön- komplette Medienbibliotheken Speicherung von digitalen Medien- nen. Zeitgleich sind auch die getauscht. 17 Prozent der Bevöl- inhalten. Beschäftigtenzahlen um etwa kerung haben 2010 Medienin- 30 Prozent gesunken. halte per Festplatte getauscht – Die Studie unterscheidet dabei zwei mehr als ein Drittel sind es bei Möglichkeiten, Medieninhalte aus ■ Aus dem „Brennen“ wurde ein den 20- bis 29-Jährigen. dem Internet zu nutzen: „Flächenbrand“. Der Ausbau der ■ als Download: hier laden die Nut- Breitbandnetze, neue technolo- ■ Illegale Downloads sind weiter zer die entsprechende Datei (z. B. gische Möglichkeiten und der auf dem Vormarsch. Nachdem ein Musikstück, ein Hörbuch/ Preisverfall bei Speichermedien mit Napster 1999 die erste P2P- Hörspiel, E-Book, einen Film usw.) haben dazu geführt, dass sich die Tauschbörse das Licht der Welt herunter und speichern sie ab. Formen der Speicherung illegal erblickte, hat sich der illegale ■ direkt online im Internet, ohne erworbener Inhalte verändert Datentausch im Internet explosi- die entsprechende Datei herunter- haben: Anstelle der CD oder onsartig verbreitet. An die Stelle geladen zu haben (z. B. durch DVD sind der USB-Stick oder die der Singles tritt zunehmend das Streaming). mobile Festplatte getreten, zum Album. Zwei Drittel der Alben illegalen Download ist das Strea- wurden 2010 illegal herunterge- 7
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 8 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L laden. Bei Umrechnung der Al- netprovidern. So wurde es leich- ermöglichen, hat nicht zu einem ben zu Einzeltracks ergibt sich, ter, die Identität möglicher Urhe- Rückgang von Online-Piraterie dass 2010 insgesamt knapp 900 berrechtsverletzer aufzudecken. geführt. Das legale Angebot Millionen Songs illegal downge- Heute steigt die Zahl der illegalen ist größer denn je und umfasst loaded wurden. In den zehn Jah- Downloads zwar weiter an, da- knapp 70 lizenzierte Plattformen ren der Brennerstudie summiert gegen ist bei den illegalen Down- (siehe www.pro-music.org). Den- sich die Zahl auf knapp 7 Milliar- loadern, 2010 immer noch etwa noch hat die Nutzung illegaler den Titel. Dabei sind zu den klas- drei Millionen Deutsche, aktuell Quellen weiter zugenommen. sischen Peer-to-Peer-Netzwerken keine Zunahme festzustellen. wie z. B. BitTorrent oder Gnutella ■ Wer illegale Quellen nutzt, neue Formen der massenhaften ■ Wissen allein reicht nicht aus. kauft kaum noch Musik. Das illegalen Verbreitung von Dateien 98 Prozent der Bevölkerung sind immer wieder angeführte Argu- hinzugekommen: Sharehoster sich darüber im Klaren, dass die ment, dass die Nutzer von Tausch- haben Tauschbörsen abgelöst und Verbreitung von urheberrechtlich börsen sich nur informieren und sind in Deutschland die Haupt- geschützten Werken über P2P- später die ihnen wichtige Musik quelle für die illegale Beschaffung Netzwerke nicht erlaubt ist. kaufen, kann durch die Studie von Medieninhalten, bei Filmen 80 Prozent der Bevölkerung wis- eindrucksvoll widerlegt werden: und TV-Serien gleichauf mit ille- sen zudem, dass das Herunter- 73 Prozent der Musik-Downloa- galen Streaming-Portalen wie laden oder Anbieten von urheber- der, die im Internet ausschließlich ehemals kino.to. Zudem werden rechtlich geschützten Medien- illegale Quellen benutzen, geben Medieninhalte zunehmend im inhalten im Internet rechtliche kein Geld für Musik aus, die übri- Rahmen von Social Networks, Schritte nach sich ziehen kann. gen 27 Prozent dieser Gruppe, Filmportalen, Newsgroup Services An den Rechtfertigungsstrategien die Musik noch kaufen, zahlen oder Blogs illegal angeboten und der Filesharer oder dem konkre- dann im Schnitt nur 18 € im Jahr konsumiert. ten Download-Verhalten hat das für physische Produkte. Vergleicht allerdings kaum etwas geändert. man das mit den 56 €, die durch- ■ Die Musikaufnahme aus dem schnittlich in Deutschland für Internet (Streamripping) wird ■ Warnhinweise könnten Inter- Musik ausgegeben werden, wird eine ernste Bedrohung. 15 Pro- net-Piraterie eindämmen. 2010 klar, dass hier die „Kostenlos- zent der Bevölkerung (9,3 Millio- wurde erstmalig die Wirksamkeit Nutzung“ im Vordergrund steht. nen Personen) haben 2010 Musik von Warnhinweisen untersucht. aus Internetradios oder Musik- 57 Prozent der Bevölkerung sind ■ Mittlerweile sind alle Content- videos abgespeichert, das sind der Meinung, dass Personen, die branchen betroffen. Mehr als fast 50 Prozent mehr als in 2009. illegal Medieninhalte anbieten 20 Prozent der Deutschen haben Laufend aktualisierte Software, oder herunterladen, ihr Handeln im letzten Jahr Medieninhalte im die kostenlos verbreitet wird, nach einer Verwarnung einstellen Internet heruntergeladen, davon lässt diese Form der Umsonstver- würden. Bei den aktiven Usern ein Viertel illegal. Die Studie zeigt sorgung zu einem immer größe- von Filesharing-Diensten sind erstmals in der Gesamtbetrach- ren Problem werden. sogar 81 Prozent dieser Ansicht. tung, dass die illegale Verbreitung von Dateien längst nicht mehr ■ Die Durchsetzung von Rechten ■ Das legale Angebot konnte die nur die Musikindustrie, sondern zeigt ihre Wirkung. Seit 2004 illegale Nutzung nicht aufhal- in zunehmendem Ausmaß auch werden Urheberrechtsverletzun- ten. Die große Anzahl an Platt- die Buchbranche sowie TV- und gen rechtlich geahndet, seit 2008 formen, die stationär oder mobil Filmproduktionen betrifft. besteht ein zivilrechtlicher Aus- bequem eine Nutzung von On- kunftsanspruch gegenüber Inter- line-Content gegen Bezahlung 8
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 9 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L SPIELVERDERBER DER DIGITALEN REVOLUTION EIN RÜCKBLICK VON PROF. DIETER GORNY, VORSTANDSVORSITZENDER DES BUNDESVERBANDES MUSIKINDUSTRIE E. V. ES GIBT STUDIEN UND FORSCHUNGSARBEITEN, DIE ERKENNTNISSE ZU- TAGE FÖRDERN, DIE MAN AM LIEBSTEN GLEICH WIEDER UNTER DEN TEPPICH KEHREN MÖCHTE, VOR ALLEM, WENN SIE UNBEQUEME WAHRHEITEN AUF- ZEIGEN, DIE EINE KORREKTUR DES ZEITGEISTS ERFORDERN. Die Rückschau auf zehn Jahre Bren- Ausgabe der Brennerstudie bestä- nerstudie zeigt eindrucksvoll den tigt: Mit der Digitalisierung der Flurschaden, den der digitale Wan- Medienlandschaft verlagerte sich del bislang in der Musikbranche der Musikkonsum zunehmend von zurückgelassen hat: Mit dem Ein- bruch der Umsätze ist auch die Zahl der Beschäftigten drastisch gesun- ken, die Zahl der jährlich illegal her- untergeladenen Songs in Deutsch- ” Neben einer grund- legenden Diskussion um den Wert, den unsere land steuert die Milliardengrenze an Gesellschaft der Kultur und hat damit schwindelerregende beimisst, brauchen wir Ausmaße angenommen. Längst eine belastbare Straßen- betrifft die illegale Umsonstnutzung verkehrsordnung für Prof. Dieter Gorny nicht mehr nur die Musikindustrie, das Netz. Foto: BVMI / Markus Nass sondern die Buch-, Film und Games- branche sowie auch den Zeitschrif- tenmarkt in ähnlichen Ausmaßen. der legalen zur illegalen Nutzung. Neben zahlreichen Aufklärungs- Als Ende der 1990er Jahre der Start- maßnahmen setzte die Musikbran- Zu diesen Studien gehört auch die schuss für die Brennerstudie fiel, che von Anfang an auf den Aufbau Brennerstudie, ein wahrer „Spielver- hatten entscheidende Ereignisse die des legalen Angebots im Bereich derber“ der digitalen Revolution. Musikindustrie geprägt. Nachdem Paid Content. Dennoch begleitet In der allgemeinen Interneteuphorie die CD die Produktion und Distribu- uns bis heute das Vorurteil, wir erinnert sie jährlich daran, dass ent- tion von Musik grundlegend verän- hätten das Internet verschlafen und lang der neuen und wunderbaren dert hatte, wurde die Musikindustrie keine legalen Angebote geschaffen technischen Möglichkeiten im Inter- mit der Erfindung der MP3 als erste – in Konsequenz hätte man notge- net auch die illegale Mediennutzung Kulturbranche mit dem digitalen drungen auf das illegale Angebot kontinuierlich zunimmt und damit Wandel konfrontiert. Kurze Zeit ausweichen müssen. Eine verquere die Kultur- und Kreativwirtschaft vor später tauchte mit Napster das ers- Schutzbehauptung, die die mit dem existenzielle Herausforderungen te Filesharing-System auf – und was Aufbau des legalen Angebots ein- stellt. viele ahnten, wurde in der ersten hergehenden Herausforderungen 9
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 10 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L negiert, schon damals unzulässig Dem Schutz des geistigen Eigen- grundlegenden Diskussion um den war und heute erst recht jeglicher tums wurde und wird die Freiheit Wert, den unsere Gesellschaft der Grundlage entbehrt: Knapp 70 lega- im Internet gegenübergestellt, das Kultur beimisst, brauchen wir eine le Online-Musikdienste in Deutsch- Ur-heberrecht als ein zu überwin- belastbare Straßenverkehrsordnung land zeugen im Jahr 2012 von der dendes „Hindernis“ stilisiert, das zu für das Netz. Das gebietet schon digitalen Expansion, die die Musik- einem Nutzerrecht im digitalen die Fairness gegenüber der großen industrie in den letzten Jahren vor- Raum umgedeutet werden soll. Mehrheit der Deutschen, die sich angetrieben hat. Vom Download ganz bewusst legal im Internet bis zu Streamingdiensten in der verhält und damit letztlich den Cloud besteht ein vielfältiges Mu- sikangebot im digitalen Raum, ein Angebot, das sich noch immer in ” Vom Download bis zu Streamingdiensten in der Cloud besteht Künstlern und Musikfirmen ihre Wertschätzung entgegenbringt. einem gestörten Markt entwickeln ein vielfältiges Musik- Wir stehen vor einer gesamtgesell- muss und fragil bleibt, solange die angebot im digitalen schaftlichen Herausforderung, die legalen Dienste weiter mit den Raum, ein Angebot, nur im Schulterschluss mit allen massenhaften illegalen Angeboten das sich noch immer in beteiligten Branchen und natürlich konkurrieren müssen. einem gestörten Markt der Politik gelöst werden kann. entwickeln muss und Dabei ist es wichtig, von digital Vor dem Hintergrund der weiter fragil bleibt, solange die native bis offline verankert alle Ge- zunehmenden illegalen Nutzung legalen Dienste weiter sellschaftsgruppen an einen Tisch wurde seit 2004 mit der rechtlichen mit den massenhaften zu holen. Es gilt den Grundstein zu Verfolgung begonnen, ab 2008 illegalen Angeboten legen, um gemeinsam die gesell- verstärkt der zivilrechtliche Aus- konkurrieren müssen. schaftlichen Regeln des Umgangs kunftsanspruch genutzt, um die im Netz zu definieren. Denn eines Rechte der Musikfirmen und Künst- ist doch im Jahr 2012 gewiss: Wir ler zu schützen und zu verteidigen – Wie sich der Kulturbetrieb unter werden ohne diese Regeln nicht den massenhaften Urheberrechts- diesen Voraussetzungen entwi- auskommen. verletzungen folgten massenhafte ckeln soll und wer in Zukunft in Verfahren. Die Abschreckung zeigte den Aufbau neuer Künstler inves- ihre Wirkung, befeuerte aber auch tieren wird, bleibt dabei in der die bekannten Debatten um das Regel unbeantwortet. Thema Freiheit und Urheberrecht im Internet. Was Ende der 1990er Nach zehn Jahren Brennerstudie Jahre als Gratismentalität im Inter- zeigt sich, dass wir noch einen wei- net begann, hatte sich mittlerweile ten Weg vor uns haben und sich zu einer handfesten „Philosophie“ das Problem auch mit dem besten mit zahlreichen Anhängern in Poli- legalen Angebot nicht einfach in tik und Öffentlichkeit entwickelt: Luft auflösen wird. Neben einer 10
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 11 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L „DAS KOPIEREN VON MUSIK WAR UND IST EIN GROSSES PROBLEM FÜR DIE MUSIKWIRTSCHAFT“ DIE GFK IST EINES DER GRÖSSTEN MARKTFORSCHUNGSUNTERNEHMEN WELTWEIT. IHRE 11.000 MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER ERFORSCHEN IN CA. 100 LÄNDERN, WIE MENSCHEN LEBEN, DENKEN UND KONSUMIEREN. INTERVIEW MIT BIANCA CORCORAN-SCHLIEMANN, DIVISION MANAGER ENTERTAINMENT GFK Vor dem Hintergrund der plötzlich Wie sah das Studiendesign aus? starken Rückgänge des Musikmark- Wie hat es sich entwickelt? tes beauftragte uns der BVMI Ende Als Methode wurde auf Empfehlung der Neunziger eine Studie zu ent- der GfK eine schriftliche Befragung werfen, mit der das Ausmaß des im GfK Media*Scope (Stichprobe mittlerweile verlustfreien Kopierens 10.000 Personen) gewählt. Ca. ein von Musik statistisch repräsentativ Drittel der Stichprobe beantwortet gemessen und der Einfluss auf den die Fragen paper&pencil, also mit Musikkonsum erfasst werden kön- einem klassischen schriftlichen Fra- nen. Die Ergebnisse der ersten Stu- gebogen aus Papier, ca. zwei Drittel die bestätigten das damalige Bauch- der Stichprobe beantworten die Bianca Corcoran-Schliemann gefühl der Branche: Das Kopieren Fragen online. Damit ist ein reprä- Foto: GfK / Corcoran-Schliemann von Musik war und ist ein großes sentatives Abbild der deutschen Problem für die Musikwirtschaft. Im Bevölkerung ab zehn Jahren gege- Jahr 2001 wurden in Deutschland ben. Die befragte Stichprobe berich- mehr Musikkopien angefertigt als tet monatlich ihre Kaufdaten in ver- Originale verkauft. Während die schiedenen Medien- und Entertain- Zahl der mit Musik bespielten Roh- mentbereichen. Innerhalb dieser linge von 58 Millionen in 1999 auf Stichprobe werden also sowohl die Seit zehn Jahren analysiert das Insti- 182 Millionen in 2001 gestiegen Ausgaben im Musikmarkt erhoben tut in Deutschland für den BVMI das ist, sank die Zahl der verkauften als auch die Ausgaben zu anderen Nutzerverhalten beim Downloaden, CD-Alben drastisch von 195 auf Entertainment-Warengruppen wie Streamen, Speichern, Kopieren und 173 Millionen Stück. Auch die Zahl Video, Buch, Games/Software etc., Aufnehmen von Medieninhalten der Personen, die zumeist illegale sodass die Ergebnisse der Studie mit sowie die Konsumenteneinstellun- Downloads getätigt haben und ihre Kaufdaten, z. B. innerhalb des Musik- gen zu Urheberrechtsverletzungen. Downloadintensität stiegen in 2001 marktes, verknüpft werden können. Zugleich bildete die Brennerstudie bereits drastisch an. die aktuellen Hardware-Bestände Diese Methodik wurde über die von CD-/DVD-Brennern, MP3-Play- Es konnte auch damals schon auf Jahre beibehalten und auch an den ern und Handys mit MP3-Playern Basis unserer Paneldaten ein ein- Kernfragestellungen möglichst we- ab. Das Know-how des renommier- deutiger Zusammenhang zwischen nig geändert, weil Vergleiche über ten Institutes ist eine Garantie dafür, dem Kaufverhalten auf der einen mehrere Jahre nur dann möglich dass die vorliegenden Ergebnisse Seite und dem Brennen bzw. zu- sind, wenn Fragen kontinuierlich in die Realität adäquat abbilden. meist illegalen Downloaden auf der gleicher Form gestellt werden. Aller- anderen Seite festgestellt werden. dings wird der Fragebogen gemäß Welches war das wichtigste Aktive Musikbrenner und -down- der aktuellen Situation, z. B. neuer Ergebnis der ersten Brenner- loader hatten ihre Musikkäufe dabei Technologien, neuer Plattformen, studie vor elf Jahren? stark überproportional reduziert. neuer Formate, angepasst. Im Laufe 11
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 12 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L Die Analyse und Interpretation der erhobenen Daten erfordert umfangreiche Erfahrungen mit Verbraucherstudien. Foto: GfK der Jahre wurden außerdem Fragen private Deutsche (Stand 2011) ab Es werden sehr konkrete ganz gestrichen oder neue aufge- zehn Jahren hochgerechnet. Da- Fragen nach der Nutzung, nommen. durch wird die Repräsentativität Speicherung und Weitergabe gewährleistet. Nicht abgedeckt sind von nicht legalen Inhalten Wie hat sich die Studie inhalt- institutioneller/gewerblicher Bedarf gestellt. Wie glaubwürdig lich weiterentwickelt? (z. B. von professionellen Fotogra- sind die Antworten? Aus unserer Sicht hat sich die Studie fen), Besorgungen am Arbeitsplatz, Es besteht zwischen den Panelteil- von einer Brennerstudie zu einer Einkäufe von Ausländern und Tou- nehmern und der GfK ein sehr gro- Studie über die digitale Nutzung risten, Einkäufe von Personen, die ßes Vertrauensverhältnis. Die Einhal- von Medieninhalten entwickelt. Das in Anstalten (Altersheim, Kaserne tung aller Datenschutzbestimmun- ist der aktuellen Entwicklung ge- usw.) leben, sowie Einkäufe von gen hat bei uns oberste Priorität schuldet. Vor einigen Jahren hat Personen unter zehn Jahren. Unsere und wird von uns jederzeit garan- man eben nur CDs gebrannt. Jetzt Panelteilnehmer sind sehr treu, so- tiert. Nur dadurch bekommen wir gibt es viele unterschiedliche Mög- wahrheitsgemäße Antworten, selbst lichkeiten im Internet, um sich mit bei so sensiblen Themen wie der digitalen Medien, ob kostenpflichtig oder kostenlos, zu versorgen. Zum anderen wurden durch die Einbezie- ” Die Einhaltung aller Datenschutzbestimmungen hat bei uns oberste Priorität illegalen Nutzung von Medieninhal- ten. Um sozial erwünschte Antwor- ten zu vermeiden, wird dabei nicht hung der anderen Branchen Buch und wird von uns jederzeit dezidiert nach der Nutzung legaler und Film die Ergebnisse auf eine garantiert. Nur dadurch oder illegaler Quellen gefragt. Statt- breitere Basis gestellt, da sich die bekommen wir wahrheits- dessen werden ohne Wertung die Online-Piraterie mittlerweile auch gemäße Antworten, selbst genutzten Plattformen erfasst, eine auf diese Content-Industrien ausge- bei so sensiblen Themen Zuordnung in legale und illegale weitet hatte. Diese Ausweitung der wie der illegalen Nutzung Quellen wird erst danach vorge- Studie hat schlussendlich auch zur von Medieninhalten. nommen. Zum Beispiel wurden im Umbenennung der Studie in DCN- Bereich der Downloads in Abstim- Studie geführt. mung mit den juristischen Experten unserer Auftraggeber Downloads Wie repräsentativ sind die nur dann als illegal eingestuft, wenn Ergebnisse für die Medien- dass die Ausfallrate pro Jahr bei nur angegeben wurde, diese kostenlos nutzung der Deutschen? 20-30 Prozent liegt. Fallen Panel- über Tauschbörsen, ftp-Server, Die Stichprobe wird nach Sollvorga- teilnehmer weg oder berichtet ein Newsgroup Services, Peer-to-Peer- ben verschiedener Merkmale vom Panelteilnehmer nicht regelmäßig, Netzwerke, Sharehoster oder Blogs Statistischen Bundesamt gezogen wird er durch einen strukturgleichen zu beziehen. und die Daten auf die 63,7 Millionen neuen Panelteilnehmer ersetzt. 12
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 13 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L DER UMSATZ DER MUSIK- WIRTSCHAFT IST RÜCKLÄUFIG Gesamtumsatz aus Musikverkauf und Leistungsschutzrechten1 3.000 30.000 Musikverkauf physisch 2 2.500 25.000 Musikverkauf digital 2 2.000 20.000 GVL-Leistungs- schutzrechte 3 1.500 15.000 Beschäftigte in den Musikfirmen 1.000 10.000 in der Bundesrepublik Deutschland 500 5.000 Mio. € 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Personen Abbildung 1 1 Endverbraucherpreise inkl. Mehrwertsteuer; GVL: Gesamterträge wie angefallen 2 ab 2002 inklusive Musikvideos, ab 2004 inklusive Downloads, ab 2006 inklusive Mobile (Masteruse), ab 2008 inklusive Aboservices, werbefinanzierter Streaming-Services, sonstiger Einnahmen aus den digitalen Geschäftsfeldern 3 Gesamterträge der GVL: Besonders hohe aperiodische Zahlungen in den Jahren 2001 und 2003 durch Ausschüttung von Rückstellungen. Starker Zuwachs im Jahr 2009 um 16,5 %. Quelle: Bundesverband Musikindustrie e. V.; ab 2008 ermittelt durch media control, GfK Panel Services Verände- 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 rungsrate Musikverkauf (physisch und 2.365 2.201 1.816 1.753 1.748 1.706 1.652 1.623 1.575 1.489 - 5,5% digital) Davon physisch 2.365 2.202 1.816 1.740 1.717 1.624 1.564 1.479 1.402 1.285 -8,3% gesamt Davon digital – – – 13 30 82 88 144 173 204 17,5% gesamt GVL-Leistungs- schutzrechte 130 120 148 145 151 158 154 150 175 180 2,9% Innerhalb von zehn Jahren, zwischen 2001 und 2010, ist der jährliche Umsatz der Musikwirtschaft von 2,4 Milliarden Euro auf 1,5 Milliarden Euro um 900 Millionen Euro zurückgegangen. Am stärksten waren die Umsätze aus den Verkäufen von Musikkassetten, CDs und DVDs betroffen, bei denen sich das Umsatzvolumen um mehr als eine Milliarde Euro verringert hat. Der Rückgang steht in unmittel- barem Zusammenhang mit den Veränderungen im Medienangebot und in der Mediennutzung sowie auch den neuen technischen Möglichkeiten, die die Digitalisierung mit sich brachte. 1999 startete die erste illegale Tauschbörse Napster, 2001 existierte bereits in jedem dritten Haushalt ein CD-Brenner, der aktuell von der Festplatte und anderen Speichermedien abgelöst wird. Parallel hat zwar auch der Anteil digitaler Musikverkäufe seit 2004 systematisch zugenommen, sodass der digitale Umsatz in 2010 über 200 Millionen Euro betrug. Die zunehmende Nutzung legaler Musikangebote im Internet ab 2004 konnte die Talfahrt im ersten Jahrzehnt jedoch nur bedingt abbremsen. 13
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 14 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L DIE MUSIKDISTRIBUTION HAT SICH GRUNDLEGEND VERÄNDERT ■ Mit Musikinhalten gebrannte Alben (CDs/DVDs) in zehn Jahren Brennerstudie1 3,364 Milliarden ■ Anzahl illegal heruntergeladener Musiktracks in zehn Jahren Brennerstudie1 6,973 Milliarden ■ Anzahl der Downloader 20011 4,9 Millionen ■ Anzahl der Downloader 20101 12,1 Millionen ■ Anzahl Nutzer illegaler Downloads 20041 3 Millionen ■ Anzahl Nutzer illegaler Downloads 20101 3,1 Millionen ■ Anzahl illegaler Downloads 20041 630 Millionen ■ Anzahl illegaler Downloads 20101 898 Millionen ■ Weltweit erhältliche Downloadtitel 20032 1 Millionen ■ Weltweit erhältliche Downloadtitel 20102 13 Millionen ■ Anzahl gespeicherter Musikdateien auf Festplatten, USB-Sticks und anderen Speichermedien 20051 8,8 Milliarden ■ Anzahl gespeicherter Musikdateien auf Festplatten, USB-Sticks und anderen Speichermedien 20101 53,8 Milliarden ■ Zahl legaler Internet-Musikangebote in Deutschland 20032 5 ■ Zahl legaler Internet-Musikangebote in Deutschland 20112 68 ■ Umsätze mit Musikdownloads in Euro 20033 17 Millionen ■ Umsätze mit Musikdownloads in Euro 20103 166 Millionen ■ Anteil der Deutschen mit Breitband-Internetzugang 20044 13 % ■ Anteil der Deutschen mit Breitband-Internetzugang 20105 50 % ■ Anteil der Smartphone-Nutzer in Deutschland 20036 0% ■ Anteil der Smartphone-Nutzer in Deutschland 20116 15 % 1 GfK Panel Services - Brennerstudie 2001-2010 4 AG Media Analyse 2 Digital Music Report 2011 / pro-music.org 5 TNS Infratest – NONLINER Atlas 2010 3 Marktstatistik Bundesverband Musikindustrie 6 OTTO Group– Go Smart Studie Anzahl illegaler Downloads: Alben-Downloads werden anhand der in Deutschland durchschnittlichen Track-Anzahl pro Album in Einzeltracks umgerechnet. Jahr 2010: 15,58; 2004: 14,81 Die Brennerstudie bzw. die Studie zur Digitalen Content-Nutzung ermöglicht einen genauen Blick auf die Veränderungen, die sich innerhalb von nur zehn Jahren bei der Distribution, dem Hören von Musik, aber auch der Musik-Piraterie vollzogen haben. Konzentrierte sich die unautorisierte Musiknutzung 2004 noch auf das massenhafte Brennen von CDs und DVDs, erfolgt die Speicherung und Weitergabe heute immer mehr per Sharing-Plattform, USB-Stick oder Festplatte. Zwar ist die Zahl der Nutzer ille- galer Downloads, trotz des rasanten Anstiegs der Breitbandausstattung, nach zehn Jahren wieder auf dem Niveau von ca. drei Millionen angekommen, dagegen hat sich die Zahl der illegal heruntergelade- nen Songs aber Jahr für Jahr gesteigert und erreicht nach einer Umrechnung der in Deutschland her- untergeladenen Alben zu Einzeltracks 2010 ein Rekordniveau von 900 Millionen Titeln. Der Schaden, der den Künstlern und Musikunternehmen entsteht, ist enorm. Die TERA-Studie (2010) kommt zu dem Ergebnis, dass die illegale Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Internet allein in Deutsch- land im Jahr 2008 einen Schaden von 1,2 Milliarden Euro verursacht und damit rund 34.000 Arbeits- plätze gekostet hat. Stimulierend auf diese Entwicklung hat der Ausbau der Online-Netze gewirkt. Betrug der Anteil der Haushalte mit einem Breitbandanschluss 2004 erst 13 Prozent so sind es 2010 bereits 50 Prozent. 14
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 15 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L ES WIRD WENIGER GEBRANNT UND MEHR ILLEGAL GESPEICHERT 1.000 3.000 Anzahl gebrannter 898 Mio. CD-R-Einheiten1 900 2.700 Anzahl illegaler 800 2.365 Mio. € 2.400 746 Mio. Downloads aus 775 Mio. Einzeltracks und 711 Mio. 2.100 Alben2 700 648 Mio. 622 Mio. 630 Mio. Umsatzverlauf 600 1.800 Musikverkauf 592 Mio. 543 Mio. 1.489 Mio. € 1 Umrechnung in „CD- 500 1.500 Einheiten“ auf Grund- 492 Mio. 447 Mio. 439 Mio. lage der unterschiedlichen 404 Mio. 412 Mio. Speicherkapazität: Eine DVD 400 1.200 entspricht 7,8 CDs 370 Mio. 337 Mio. 2 Alben-Downloads werden anhand der in Deutschland 300 278 Mio. 900 267 Mio. durchschnittlichen Track- 228 Mio. Anzahl pro Album umge- rechnet. 200 182 Mio. 600 3 vor 2003 keine getrennte Abfrage nach Herkunft der Downloads, der Anteil der 100 300 kostenpflichtigen jedoch marginal Mio. Mio. € Abbildung 2 Stück 20013 20023 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Quelle: GfK Panel Services (Brennerstudie); BVMI Mit dem Anstieg der gebrannten CD-Einheiten ab 2001 und der Zunahme illegaler Downloads konnte zu Beginn des neuen Jahrtausends ein regelrechter Umsatzeinbruch in der Musikwirtschaft verzeichnet werden. Während die Zahl der gebrannten CDs und DVDs ab 2006 wieder deutlich abnahm und sich bis 2010 nahezu halbiert hat, nahm das illegale Downloaden von Einzeltracks und Alben im vergangenen Jahrzehnt nahezu auf das Doppelte zu. Wurden 2001 noch 492 Millionen einzelne Musikstücke illegal heruntergeladen, waren es 2010 bereits an die 900 Millionen Tracks, die illegal gespeichert, genutzt und vertrieben wurden. Auf die CD folgte eine ganze Generation neuer Speichermedien: 2010 lagen bereits 54 Milliarden Musikstücke auf der Festplatte des Computers, USB-Sticks, MP3-Playern und Handys oder externen Festplatten (siehe Abb. 7). 17 Prozent der Bevölkerung gaben an, bereits Medieninhalte per Festplatte getauscht zu haben (siehe Abb. 8). DIE UNAUTORISIERTEN QUELLEN VON MUSIK SIND VIELFÄLTIG Es existiert heute eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich relativ einfach, kostenlos und oft illegal mit Musik zu versorgen. Das Kopieren einer CD von Freunden spielt dabei nur noch eine untergeordnete Rolle, denn die neuen technischen Entwicklungen bieten heute viel komfortablere Möglichkeiten: ■ Abspeichern von Musik von Video-Streaming-Plattformen (z. B. mit dem Youtube Converter). ■ Abspeichern von Musik von Online-Radios (zum Beispiel radio.fx). ■ Nutzung von Plattformen wie flatster, musicmonster oder zeezee ■ Kostenlose Download-Apps auf dem Smartphone ■ Nutzung von Tauschbörsen / Peer-to-Peer-Netzwerken / ftp-Servern / Newsgroup Services / Blogs ■ Download von Content von Sharehostern / Cyberlockern ■ Zusendung der Medieninhalte per E-Mail oder anderen Nachrichtenformaten ■ Medientausch via Festplatten oder anderen Speichermedien ■ Medientausch via Bluetooth (v. a. bei Smartphones) 15
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:34 Uhr Seite 16 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L DIE ZAHL LEGALER MUSIKDIENSTE WÄCHST RASANT Die Zahl legaler Online-Musikangebote ist in den letzten Jahren schnell gewachsen. Waren es 2003 nur fünf Plattformen, über die man einzelne Musikstücke kaufen konnte, existierten nach Angaben der Branchenplattform www.pro-music.org 2011 bereits 68 solcher Angebote. Deutschland hat mit Diensten wie „Music on Demand“ – später Musicload – noch vor dem iTunes-Store legale Alternati- ven für den deutschen User geschaffen. Doch nicht nur die Anzahl hat sich vergrößert, sondern auch die Breite des Angebotes und die Vielfalt der Geschäftsmodelle: Der Musikfan kann einzelne Titel oder ganze Alben streamen und speichern, er kann Musikvideos erwerben, eine Flatrate für eine bestimmte Datenmenge an Musik oder auch ein Abo zu einem Festpreis für eine regelmäßige Belie- ferung mit Titeln der Lieblingsband oder der Lieblingssängerin abschließen. Man kann seine Musik aber auch in der Cloud, in der Datenwolke lassen und sie gegen einen Festpreis für eine bestimmte Zeit über das Smartphone und andere Endgeräte so oft hören, wie man will. 80 70 68 Anzahl verfügbarer 60 legaler Musik- dienste 50 46 41 1 Video-Streaming- 40 37 Plattformen und für deutsche Nutzer 31 erreichbare, aber nicht 30 deutschsprachige 22 Websites in 2011 erst- 20 19 malig gelistet, auch 15 wenn es den Service 10 schon länger gibt. 5 2 0 Abbildung 3 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 1 Quelle: BVMI; pro-music.org Weltbild AOL Musik othermusic traxsource Highresaudio Last.fm tape.tv Nokia Musik Qriocity iMusic1 Deluxe Music dancetracksdigital Musicload Musicbox Beatport 7digital UMusic iTunes zwo3 Zune Deezer e-Plus unlimited digital-tunes VidZone Justaloud Amazon Dance All Day zero-inch WOM Vodafone JPC Mediamarkt MP3.Saturn Artistxite Medionmusic Napster Jamba juno elixic Clipfish Yavido rarawhatpeopleplay PlayNow shop2download boomkat eMusic soulseduction djdownload Putpat youtube Simfy Zaoza Musik-Gratis MyVideo trackitdown djtunes Eventim music Rdio T-Mobile Music Linn Records Akazoo Music Unlimited o2 Music J uke Finetunes MTV/VIVA primalrecords Videoload 16
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:35 Uhr Seite 17 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L DIE ZAHL DER CD-BRENNER STAGNIERT, DIE DER MP3-HANDYS NIMMT SCHNELL ZU Frage: Besitzen Sie oder andere Personen in Ihrem Haushalt eines dieser Geräte? 60% 53% 51% 51% 52% 50% CD-Brenner 50% 48% 46% 40% DVD-Brenner 31% 32% 30% 29% 24% 20% 19% 12% 10% 8% 0% Abbildung 4 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Quelle: GfK Panel Services (Brennerstudie) Frage: Besitzen Sie persönlich eines dieser Geräte? 60% 51% MP3-Player 50% 47% 45% 43% 40% 40% MP3-Handy 33% 30% 30% 23% 24% 20% 18% 17% 15% 10% 9% 2% 0% Abbildung 5 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Quelle: GfK Panel Services (Brennerstudie) In jedem zweiten Haushalt befindet sich heute ein CD-Brenner, in jedem dritten ein DVD-Brenner. Während die Anzahl der CD-Brenner in den vergangenen Jahren nicht mehr gewachsen ist, hat sich die Zahl der DVD-Brenner innerhalb von sieben Jahren mehr als verzehnfacht. Eine DVD kann fast das Achtfache an Daten im Vergleich zur CD speichern und ist damit nicht nur für Videos, sondern auch für komplette Musiksammlungen besser geeignet. Dennoch ist das die Speichertechnik von gestern. Die Zukunft gehört den mobilen, kompakten Technologien wie den MP3-Playern. Inzwi- schen verfügt bald jeder Zweite über so ein Gerät. Nahezu explosionsartig haben sich MP3-Handys verbreitet: Von 1,5 Millionen 2005 auf fast 30 Millionen 2010. Der Vorteil: Musik, die über das Handy kommt, kann gespeichert, abgespielt und als MP3-File auch verschickt oder getauscht werden. Heu- te besitzen bereits 90 Prozent aller Frauen zwischen 10 und 19 Jahren ein MP3-fähiges Handy. Bei den gleichaltrigen Männern sind es erst 83 Prozent. 17
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:35 Uhr Seite 18 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L NOCH IMMER WERDEN MEHR CDS GEBRANNT ALS VERKAUFT In den 1990er Jahren wurde die Musikkassette als Speichermedium von der wiederbeschreibbaren CD abgelöst. Mussten bei der Kassette noch starke Qualitätseinbußen der Originalsongs in Kauf genommen werden, konnte die Musik auf der CD nahezu verlustfrei kopiert werden – damit wurde das Kopieren und Tauschen von Musik auf ein neues Niveau gehoben. 2001 kam auf eine gekaufte CD eine gebrannte Version. 2006 verlagerte sich dieses Verhältnis auf eins zu drei. Seitdem geht das Brennen von CDs zugunsten anderer Speichermedien zurück. 2010 wurde das Äquivalent von 228 Millionen Musikalben auf CD oder DVD gebrannt. Das ist ein Rückgang im Verhältnis zu 2009 um 50 Millionen. Aber auch die Zahl der verkauften Alben verringerte sich um sieben Millionen. Damit kommen auf eine gekaufte CD heute etwa eineinhalb gebrannte. 500 447 Summe in 439 CD-R-Einheiten1 412 404 400 370 verkaufte 337 CD-Alben2 300 278 267 228 200 182 185 179 148 147 146 150 149 145 147 140 100 Abbildung 6 Menge in 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Mio. Stück 1 Umrechnung in „CD-Einheiten“ auf Grundlage der unterschiedlichen Speicherkapazität: eine DVD entspricht 7,8 CDs (Quelle: BVMI) 2 verkaufte CD-Alben laut BVMI-Statistik Quelle: GfK Panel Services (Brennerstudie); BVMI Welche Veränderungen sich beim Musikhören und der Speicherung von Musik vollzogen haben, zeigt sich auch bei den Quellen, aus denen die Musik stammt, die auf CD-Rohlinge gebrannt wird. Nach wie vor wird vor allem Musik von eigenen oder geliehenen CDs oder DVDs gebrannt, 2010 etwa 64 Prozent. Mit fünf Prozent stammt aktuell nur ein geringer Anteil der auf CDs gebrannten Musik von Festplatten oder dem USB-Stick einer anderen Person. Ein immer größerer Teil gebrann- ter Musik stammt von Online-Tauschbörsen, kostenlosen Online-Seiten, Web-Radios oder Web-2.0 Plattformen. 2006 lag dieser Anteil bei 18 Prozent, 2010 bei 19 Prozent. 18
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:35 Uhr Seite 19 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L FESTPLATTEN WERDEN ZU BEVORZUGTEN SPEICHER- UND TAUSCHMEDIEN 60 USB-Sticks, etc.2 55 53,7 1,1 Festplatten 50 (extern)1 47,1 MP3-Handy 45 17,5 22,3 MP3-Player 40 Festplatten 35 (PC, Laptop) 30 1,6 26,2 1,2 1 erst seit 2009 erfasst 25 0,7 5,8 6,9 4,7 2 erst seit 2010 erfasst; 19,6 beinhaltet USB-Sticks, 20 0,3 16,7 Tablet-PCs, Online- 0,1 2,8 15 2,0 Speicherplätze, 20,8 22,6 E-Book-Lesegeräte 21,8 10 8,8 Quelle: GfK Panel 0,6 14,6 16,5 Services (Brennerstudie) 5 8,2 Abbildung 7 Mrd. Stück 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Die meiste Musik, ob kostenpflichtig oder kostenlos, die die User zum Stand Januar 2011 gespeichert haben, liegt auf den Festplatten des Computers oder externen Festplatten. Wobei mit 42 Prozent der Anteil der externen Festplatten knapp über dem der Computerfestplatte liegt (41 Prozent). Sieben Prozent entfallen auf den iPod und sechs Prozent auf andere MP3-Player. Das Speichern von Musik in der Cloud, um sie dann an jedem Ort hören zu können, spielte 2010 noch keine Rolle. Auch auf Tablet-PCs oder E-Book-Readern wird derzeit kaum Musik gespeichert. Frage: Haben Sie im Jahr 2010 die Möglichkeit genutzt, Medieninhalte, die auf Festplatten, die anderen Personen gehören, gespeichert sind, zu tauschen? sehr häufig Gesamt 1 2% 14% 17% häufig selten 10 – 19 Jahre 2% 7% 28% 38% 20 – 29 Jahre 1 5% 31% 37% 30 – 39 Jahre 3% 17% 19% 40 – 49 Jahre 2% 12% 14% Quelle: GfK Panel Services (Brennerstudie) 50 + Jahre 6% 6% in % der Abbildung 8 Bevölkerung 0% 10% 20% 30% 40% 50% 17 Prozent der Bundesbürger haben 2010 mit Freunden oder Bekannten Medieninhalte per Fest- platte getauscht. Besonders hoch ist dieser Anteil bei den 10- bis 19-Jährigen und den 20- bis 29- Jährigen. Mehr als jeder Dritte in dieser Altersgruppe nutzt dieses einfache Verfahren bereits, um Medieninhalte anderer zu konsumieren. Unter den 10- bis 19-Jährigen geschieht das bei neun Prozent bereits häufig oder sehr häufig. 19
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:35 Uhr Seite 20 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L IMMER MEHR ALBEN WERDEN AUS DEM NETZ GELADEN 500 412 Mio. 400 383 Mio. 374 Mio. illegale Track-Downloads 312 Mio. 316 Mio. 300 258 Mio. illegale 200 185 Mio. Alben-Downloads 100 34 Mio. 46 Mio. 17 Mio. 20 Mio. 18 Mio. 16 Mio. 29 Mio. Abbildung 9 Menge in 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Mio. Stück Definition illegal: Personen, die angegeben haben, Musik-Downloads von Tauschbörsen/Sharehostern/privaten Websites/Blogs/Foren/ftp-Servern/ Newsgroups getätigt zu haben Quelle: GfK Panel Services (Brennerstudie) Im Rahmen der Umstellung von der Brennerstudie auf die DCN-Studie wurden 2010 erstmals die illega- len Downloads aus den Alben, auf Basis der durchschnittlichen Track-Anzahl pro Album, in Einzeltitel umgerechnet. Dabei zeigte sich, dass die Gesamtzahl der illegal heruntergeladenen Songs in den zehn Jahren der Brennerstudie kontinuierlich gewachsen ist. Die Zahl der illegalen Albendownloads stieg innerhalb von drei Jahren von 29 Millionen auf 46 Millionen an. Damit wurden 2010 zwei Drittel aller im Internet heruntergeladenen Alben illegal beschafft. 1.400 kostenpflichtige 247 Mio. Musiktitel 1.200 171 Mio. 81 Mio. kostenlose 1.000 Musiktitel (Homepage) 87 Mio. 152 Mio. 109 Mio. 164 Mio. 43 Mio. kostenlose 800 Musiktitel (Web 2.0)1 80 Mio. 98 Mio. 56 Mio. 16 Mio. 102 Mio. 80 Mio. 69 Mio. 600 Musiktitel von illegalen 70 Mio. 898 Mio. Plattformen (Tausch- börsen, Sharehoster) 775 Mio. 400 746 Mio. Alben-Downloads werden anhand 630 Mio. 711 Mio. 648 Mio. 543 Mio. der in Deutschland durchschnitt- lichen Track-Anzahl pro Album umgerechnet. Jahr 2010: 15,58; 200 2009: 15,41; 2008: 14,69; 2007: 14,69; 2006: 14,89; 2005: 14,73; 2004: 14,81 Abbildung 10 In Mio. Stück 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 1 Kostenlose Musiktitel (Web 2.0, z. B. YouTube) erst seit 2009 erhoben Quelle: PhonoNet/BVMI, GfK Panel Services (Brennerstudie) Mit der Diversifizierung des legalen Musikangebots im Internet ist der Anteil kostenpflichtiger Download-Titel zwischen 2004 und 2010 deutlich von 16 Millionen Tracks auf 247 Millionen Tracks gestiegen. Parallel dazu hat auch die Zahl der Musiktitel, die von illegalen Plattformen (Tausch- börsen, Sharehoster o. Ä.) kostenlos aus dem Netz geladen wurden, weiter zugenommen. 2010 erreichte der Anteil der illegal beschafften Songs annähernd die 900-Millionen-Marke. 20
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:35 Uhr Seite 21 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L SHAREHOSTER SIND DIE NR. 1 BEI DER ILLEGALEN NUTZUNG VON ONLINE-MUSIKANGEBOTEN Häufigste Musiknutzungsquellen in % der Befragten Kostenpflichtige Downloadplattformen/-portale 32% 30% 2010 Musik als Video-Streaming 30% 23% 2009 Musik von Online-Radios 12% 8% Sharehoster 7% 8% Offizielle Webseiten von Künstlern 4% 5% 3% BitTorrent und Verzeichnisdienste 3% 2% Musik auf Social Networks 4% Extrem günstige Downloadplattformen/-portale 2% 1% 1% Musik per E-Mail o. a. von Freunden zugeschickt bekommen 3% 1% Blogs/Foren 2% 1% Streamripping auf Plattformen wie flatster, musicmonster 3% 1% Webseiten von Fanclubs 1% 1% andere Peer-to-Peer-Netzwerke 4% 1% Newsgroup-Services 2% 1% Online-Musikmagazine 0% Abbildung 11 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% Quelle: GfK Panel Services (Brennerstudie) Während die Nutzung kostenpflichtiger Downloadplattformen 2010 nur leicht gewachsen ist, geht der Nutzertrend im Internet vor allem auch zum kostenlosen Streaming von Musikvideos. Haupt- quelle ist das werbefinanzierte YouTube von Google. So ist der Anteil der User, die angeben, am häufigsten Musik per kostenlosen Video-Stream zu nutzen, inzwischen fast genauso groß wie der Anteil derer, die sich meistens kostenpflichtig Musik aus dem Netz laden. Daneben gewinnt auch das Musikhören aus Web-Radios kontinuierlich an Bedeutung. Bei der illegalen Nutzung von Online- Musikangeboten liegen Sharehoster in der Popularität der User ganz vorn. 21
Musikindustrie_RZ_26:Layout 1 15.02.2012 13:35 Uhr Seite 22 M U S I K I M D I G I TA L E N W A N D E L BREITBANDAUSSTATTUNG WÄCHST SCHNELLER ALS DIE ZAHL DER MUSIK-DOWNLOADER 40 Personen mit Breit- band-Internetzugang 35 Personen, die Musik 30 downloaden (gesamt) Personen, die Musik 25 illegal downloaden 20 Personen, die Musik kostenpflichtig downloaden 15 10 5 0 Abbildung 12 Anzahl 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Personen in Mio. Quelle: GfK Panel Services (Brennerstudie) Über 35 Millionen Online-Nutzer in Deutschland verfügen heute über einen Breitband-Inter- netzugang. 2004 waren das erst 15 Millionen. Doch während sich die Breitbandausstattung in den Haushalten mehr als verdoppelt hat, ist die Zahl der Personen, die sich Musik aus dem Internet laden, nur von 7,3 auf 12,1 Millionen gestiegen. Mit 3,1 Millionen ist die Zahl der illegalen Downloader zwar ungefähr gleich geblieben, was auch an der konsequenten Durch- setzung der Rechte liegen dürfte. Dennoch ist die Zahl illegal heruntergeladener Tracks wei- ter gestiegen und hat 2010 sogar einen leichten Sprung gemacht. Während sich bei den ein- zelnen Musiktiteln wegen ihrer geringen Dateigröße der Breitband-Internetzugang kaum auswirkt, nimmt die Zahl der illegal genutzten Musikalben und Musikvideos signifikant zu, weil sich die Zeit für den Download deutlich reduziert. 22
Sie können auch lesen