Nahversorgung im ländlichen Raum - Leuphana College-Studie in der Praxis
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Leuphana College-Studie in der Praxis Nahversorgung im ländlichen Raum Namen der Autoren Studiengang Email-Adresse Lisa Franke Betriebswirtschaftslehre lg059740@stud.leuphana.de Gesa Fee Hatesohl Kulturwissenschaften lg062010@stud.leuphana.de Philipp Oelze Kulturwissenschaften philipp.oelze@stud.leuphana.de Julia Radoske Politikwissenschaft juliaradoske@me.com Franziska Scholz Volkswirtschaftslehre franziska-scholz@gmx.net Außerdem Hannah Hofmann im Rahmen ihrer Bachelorarbeit Praxispartner: Dr. Stefano Panebianco für das Amt für regionale Landesentwicklung Lüneburg Thorsten Hensel, Einzelhändler in Lüchow Jürgen Schwarz für den Landkreis Lüchow-Dannenberg Carsten Peters für den Landkreis Harburg Detlev Paschen und Burkhard Kalliefe für den Landkreis Lüneburg Joachim Partzsch für den Landkreis Uelzen Betreuer: Apl. Prof. Dr. Peter Pez Datum: 29.04.2014
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis .............................................................................................................. 3 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................... 4 Tabellenverzeichnis .................................................................................................................... 4 1. Einleitung ............................................................................................................................ 5 2. Stand der Forschung zur möglichen Lösung von Problemen der Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs im ländlichen Raum .................................................................... 7 3. Der Untersuchungsraum ................................................................................................... 10 3.1. Beschreibung von Versorgungslücken ...................................................................... 10 3.2. Befragungsrücklauf und Kundenbedarfe ................................................................... 12 3.3. Auswahl des Ortes und der Einzelhandelsform für den Einkauf der Güter des täglichen Bedarfs .................................................................................................................. 15 3.4. Empfinden der Nahversorgung vor Ort ..................................................................... 17 3.5. Akzeptanz von Veränderungen im eigenen Ort ........................................................ 20 3.6. Akzeptanz der Zahlung für mögliche Dienstleistungen ............................................ 20 3.7. Vorhandensein eines mobilen Versorgungsangebotes .............................................. 21 3.8. Sonstige Anmerkungen der Befragten ....................................................................... 21 4. Lösungsmöglichkeiten ...................................................................................................... 22 4.1. Alternative Versorgungsangebote ............................................................................. 22 4.2. Verbesserung der ÖPNV-Anbindung ........................................................................ 24 4.3. Einführung eines Coupon-Systems ........................................................................... 24 5. Exkurs: Fehlende Breitbandversorgung ............................................................................ 25 6. Methodenkritik .................................................................................................................. 26 Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 29 Anhangsverzeichnis ................................................................................................................. 30 2 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Abkürzungsverzeichnis BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bzw. beziehungsweise ebd. ebenda etc. et cetera GIS Geoinformationssystem km Kilometer LGLN Landesamt für Geoinformation und Landesentwicklung Niedersachsen LKW Lastkraftwagen o. J. ohne Jahr ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr PKW Personenkraftwagen RROP Regionales Raumordungsprogramm u. v. a. und viele andere VDSL Very High Speed Digital Subscriber Line z. B. zum Beispiel 3 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Rücklauf nach Gemeinden Abbildung 2: Altersstruktur Abbildung 3: Auf welchem Weg wird der Einkauf erledigt? Abbildung 4: Was fehlt Ihnen in der Nahversorgung vor Ort und wie sehr fehlt es Ihnen? Lebensmittel im Allgemeinen. Abbildung 5: Was fehlt Ihnen in der Nahversorgung vor Ort und wie sehr fehlt es Ihnen? Bestimmte Lebensmittel. Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Was fehlt Ihnen in der Nahversorgung vor Ort und wie sehr fehlt es Ihnen? Lebensmittel im Allgemeinen. Tabelle 2: Was fehlt Ihnen in der Nahversorgung vor Ort und wie sehr fehlt es Ihnen? Bestimmte Lebensmittel. 4 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht 1. Einleitung In Deutschland sollen allen Menschen gleichwertige Lebensverhältnisse geboten werden, ganz gleich wo sie wohnen. Aus verschiedenen Gründen lohnt es sich heutzutage allerdings kaum noch, Nahversorgungsmöglichkeiten im ländlichen Raum zu erhalten. Zum einen sind in solchen Gebieten sinkende Bevölkerungszahlen zu verzeichnen, was sowohl auf eine zunehmende Abwanderung in die Städte als auch auf den demografischen Wandel mit geringen Geburtenzahlen, welche die Todesfälle nicht ausgleichen, zurückzuführen ist. Zum anderen bevorzugt der Einzelhandel zunehmend großflächigere Angebote, welche allerdings nur an Orten mit größeren Kundenkreisen rentabel sind. Als Folge dieser Entwicklungen schließen in den ländlichen Gebieten Supermärkte und auch andere Dienstleister ziehen in die Stadt, sodass eine Grundversorgung nicht mehr gewährleistet ist und dementsprechend die Qualität und Attraktivität des Landlebens weiter abnehmen. Mit dieser Problematik beschäftigte sich die fünfköpfige Projektgruppe innerhalb des Moduls „Leuphana College-Studien in der Praxis“, begleitet von einer Studentin, die ihre Bachelorarbeit zu diesem Thema verfasste. Ihre Arbeit ergänzt das Projekt durch eine genauere Analyse des Landkreises Lüchow-Dannenberg und einer Auswertung von qualitativen Interviews zu Nahversorgungskonzepten, die im Landkreis angedacht oder ausprobiert wurden. Unterstützt wurden die Studierenden vom Amt für regionale Landesentwicklung Lüneburg, Vertretern der Landkreise Lüchow-Dannenberg, Uelzen, Harburg und Lüneburg sowie dem Inhaber des Bioladens „Wendlandmarkt“ in Lüchow. Die anfängliche Erwartung an die Projektgruppe bestand darin, konkrete Konzepte für eine Verbesserung der Nahversorgung der einzelnen unterversorgten Gebiete in den vier oben genannten Landkreisen zu entwickeln. Im weiteren Projektverlauf stellte sich jedoch heraus, dass für die Unterbreitung solcher Vorschläge zunächst die unterversorgten Räume und die Bedarfe der in ihnen lebenden Bevölkerung identifiziert werden müssen. Da die anschließende Ausarbeitung konkreter Konzepte den zeitlichen Rahmen der auf ein Semester ausgelegten College-Studie gesprengt hätte, konzentrierten die Studierenden sich im weiteren Projektverlauf auf die Bestandsaufnahme. Vielmehr sollen die hieraus gewonnenen Ergebnisse in Zukunft von weiteren Projektgruppen zur eventuellen Erstellung solcher Konzepte genutzt werden. 5 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Begleitet wurde die Projektarbeit von Treffen mit den verschiedenen Projektpartnern. Um sich von dem Untersuchungsraum ein Bild machen zu können und um einen besseren Einblick in die Schwierigkeiten des ländlichen Einzelhandels zu erhalten, besuchte die Projektgruppe Ende Oktober 2013 ihren Projektpartner Thorsten Hensel in seinem Einzelhandelsgeschäft „Wendlandmarkt“ in Lüchow. Dieser berichtete von den grundlegenden Problemen der Landbevölkerung sowie seinen eigenen Erfahrungen als Einzelhändler. Seinen Laden in dem kleinen Dorf Trebel hatte er ein paar Jahre zuvor schließen müssen, da sich dieser aufgrund der geringen Einwohner- und somit auch Kundenzahl nicht mehr rentierte. Seitdem gibt es in diesem Dorf weder eine Nahversorgung noch einen Treffpunkt für seine Bewohner. Während sich die jüngeren und mobilen Einwohner dank eigener Autos noch selbst versorgen können, sieht Hensel vor allem aber für die älteren Menschen ein Problem in der eigenständigen Versorgung. Verschiedene Versorgungsmöglichkeiten, wie ein Lieferservice oder ein Transportdienst für diese Menschen, wurden schon in Erwägung gezogen, jedoch konnte bisher noch kein Konzept entwickelt werden, das sowohl zufriedenstellend für die Kunden ist, als auch gleichzeitig keine Nachteile für den Einzelhändler durch den höheren Arbeitsaufwand mit sich bringt. Während die Projektgruppe in der Entwicklung eines solchen Konzepts für die Bevölkerung im ländlichen Raum großes Potential vermutete, sah sie sich dennoch mit dem Problem konfrontiert, nicht zu wissen, was genau den betroffenen Menschen in ihrer Nahversorgung fehlt und welche alternativen Angebote sie bei ihrer Bereitstellung tatsächlich nutzen würden. Deshalb kam sie zu dem Entschluss, zunächst anhand objektiver Daten die unterversorgten Räume zu identifizieren, um anschließend die dort lebenden Menschen nach ihrer derzeitigen Versorgung und ihren nicht gedeckten Bedarfen zu befragen. Die Umsetzung dieser Bedarfsanalyse erfolgte in mehreren Schritten. Zunächst wurde von Mitarbeitern des Amtes für regionale Landesentwicklung eine Reisezeitisochronenkarte der vier Landkreise erstellt, auf der die Grund- und Mittelzentren eingezeichnet und die Entfernungen zu den umliegenden Gebieten, gemessen an der Reisezeit, farblich dargestellt wurden. Parallel dazu wurden die Adressen aller Einzelhändler der Landkreise, sowohl Supermärkte, Discounter als auch Bio- und Hofläden, zusammengestellt und mit Hilfe eines Geoinformationssystems (GIS) auf einer Karte verortet. Nach einem Abgleich der beiden so entstandenen Karten konnten einige der in der Reisezeitisochronendarstellung noch unterversorgt erscheinenden Räume als Untersuchungsraum ausgeschlossen werden. 6 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Schließlich wählte die Projektgruppe einen Bereich im Osten des Landkreises Lüchow- Dannenberg für ihre weiteren Untersuchungen aus. Um herauszufinden, ob die bislang nur objektiv (anhand der Feststellung einer Abwesenheit von Einkaufsmöglichkeiten) als unterversorgt herausgestellten Dörfer auch von ihren Bewohnern subjektiv als solche empfunden werden und um die Bedarfe der Menschen aufzeigen zu können, entschloss sich die Projektgruppe, eine Befragung durchzuführen. Hierzu entwickelte sie einen Fragebogen, anhand dessen Mobilität, derzeitiges Einkaufsverhalten, das Empfinden der derzeitigen Nahversorgung und Wünsche für die zukünftige Versorgung abgefragt werden sollten. Anfang Februar 2014 wurden die Fragebögen an 150 Haushalte in den ausgewählten Dörfern Grippel, Laase und Pretzetze aus der Gemeinde Langendorf, Siemen und Zadrau aus der Gemeinde Gusborn und Dünsche aus der Gemeinde Trebel verteilt. Zusätzlich wurden außerdem sieben direkte Interviews mit Bewohnern dieser Dörfer geführt. Ergebnis dieser Befragung ist, dass sich ein Großteil der Menschen nicht unterversorgt fühlt, da dieser über eigene Autos verfügt und Einkäufe gebündelt oder auf dem Weg zur und von der Arbeit erledigt. Viele haben sich bewusst für ein Leben auf dem Land entschieden und wünschen sich keine Veränderung in der Nahversorgungssituation. Dennoch lässt sich feststellen, dass ein Auto Voraussetzung für ein Leben im ländlichen Raum ist. Weniger mobile Menschen sind eventuell schon in den letzten Jahren aufgrund mangelnder Versorgung in die Stadt gezogen, sodass sie in der Befragung nicht erfasst wurden. Als weiteres Ergebnis der Befragung stellte sich heraus, dass es den Menschen nicht an Lebensmitteln oder Gütern des täglichen Bedarfs, sondern an einer schnellen Internetverbindung mangelt. 2. Stand der Forschung zur möglichen Lösung von Problemen der Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs im ländlichen Raum Wie im Fall dieser Untersuchung sind auch viele Bewohner weiterer ländlicher Regionen in der Bundesrepublik von dem Fehlen einer Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs in unmittelbarer Umgebung des Wohnortes betroffen. Da aufgrund der Konkurrenz von Großmärkten in zentralen Orten und den Folgen des demografischen Wandels in den letzten Jahrzehnten ein Großteil der Läden in Dörfern schließen musste, müssen nun weitere Wege in Kauf genommen werden, um einkaufen zu können. Mobilität des Einzelnen wird verstärkt zur 7 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Grundvoraussetzung, um sich ausreichend mit Gütern des täglichen Bedarfs versorgen zu können. Vertreter aus Wissenschaft, Verwaltung und Planung haben sich daher dieser Problematik annehmen müssen und versucht, Lösungsansätze zu entwickeln. Laut des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sollen zurzeit nur wenige wissenschaftliche Arbeiten zu dem Thema vorhanden sein, welche zudem größtenteils auf Initiative von Studenten entstanden sein sollen. Jedoch finden sich vielzählige Berichte von Beratungsunternehmen, die oftmals von Ministerien einzelner Bundesländer in Auftrag gegeben wurden, deren Wissenschaftlichkeit vom BMVBS jedoch teilweise in Frage gestellt wird, da wirtschaftliche Interessen Einfluss auf die Ergebnisse haben können (vgl. BMVBS 2013, S.3). Als Handlungsoptionen, um die Nahversorgung zu gewährleisten, werden in der Literatur unterschiedliche Konzepte stationären und mobilen Handels diskutiert und auch bereits in der Praxis umgesetzt (vgl. ebd., S.22). Integrationsmärkte sind auf ein Einzugsgebiet von mindestens 2.000 Einwohnern ausgelegt. Es sind Lebensmittelvollversorger, die neben der Nahversorgung die Integration von gesellschaftlich benachteiligten Menschen, wie körperlich oder geistig Eingeschränkten oder Personen, die auf dem ersten Arbeitsweg nicht vermittelt werden konnten, zum Ziel haben. Als Beispiele sind hierfür die Marken CAP und Bonus zu nennen. Träger solcher Konzepte sind in der Regel gemeinnützige Gesellschaften, die die Möglichkeit haben, Fördergelder aus dem öffentlichen Bereich zu beantragen. Sie sind im Vergleich zu wirtschaftlich orientierten Unternehmen weniger von Gewinnen abhängig (vgl. ebd., S.25). Sogenannte Filialkonzepte benötigen einen Einzugsbereich von mindestens 1.000 Einwohnern. Dabei handelt es sich um selbstständig geführte Läden (ab einer Fläche von 150 m²), die auf einem Franchisingkonzept großer Handelsmarken, wie z. B. Edeka, der Markant Gruppe oder REWE, beruhen (vgl. ebd., S.22f). Multifunktionsläden (Lebensmitteleinzelhandel mit zusätzlichen Dienstleistungen aus den Bereichen des Bankwesens, der Post, Verwaltung, Versandhandel u. v. a. sowie meist Treffpunkt mit Gastronomie) sollen den Kunden Kopplungskäufe ermöglichen und dem Einzelhändler die nötigen Umsätze generieren, um existieren zu können. Dabei rückt oftmals der Verkauf von Lebensmitteln in den Hintergrund und die Dienstleistungen stellen einen wichtigeren Faktor dar. Anbieter dieser Dienstleistungen können durch das Outsourcing Kosten sparen (vgl. ebd., S.23f). 8 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Für kleinere Orte sind Bürgerläden eine Option, da sie weniger von einer bestimmten Zahl an Einwohnern im Einzugsbereich abhängig sind. Sie sind durch ehrenamtliches Engagement geführt, oftmals können die Bürger auch Anteile am Laden zeichnen und haben so einen starken Einfluss auf das Sortiment und die Geschäftspolitik, sind aber auch von einem möglichen Verlustrisiko betroffen. Sie benötigen weniger Fläche (ab 100 m²) als die zuvor genannten Konzepte und können neben einem Grundsortiment an Waren des täglichen Bedarfs auch Dienstleistungen anbieten. Bürgerläden machen im Grunde ein Angebot, das vor Ort auch wirklich nachgefragt wird und bieten für die Bürger eine große Identifikationsmöglichkeit mit dem Geschäft. Teilweise werden für die Gründungsphase öffentliche Finanzierungen angeboten (vgl. ebd., S.25f). Mobile Versorger können als rollende Supermärkte bis zu 3.000 Artikel bereit stellen, sind entweder als Thekenfahrzeuge oder begehbare LKWs ausgestattet und in Ortschaften mit unter 1.000 Einwohnern interessant, wo stationärer Handel nicht wirtschaftlich betrieben werden kann oder die Warenangebotsbreite gering ist. Der durchschnittliche Verkaufsradius um den Sitz der Firma liegt bei 46 km und eine gewisse Zahl an Kunden ist vorausgesetzt, um eine Wirtschaftlichkeit zu erreichen, wodurch mit der Erbringung dieser Leistung meist sehr lange Arbeitstage verbunden sind. Jedoch hat dieses Konzept bereits viele Betreiber aus der Arbeitslosigkeit zurück in den Arbeitsmarkt gebracht und zu eigenverantwortlichen Geschäftsführern gemacht. Ziel ist es, zum einen topographisch möglichst nah an den Kunden heran zu kommen (bis zu 20 m vor den Wohnort), zum anderen aber auch sozial nah am Kunden zu sein: als Gesprächspartner für größtenteils ältere, nicht mobile und alleinstehende Menschen. Aufgrund fehlender Regulierung durch die örtlichen Behörden kann es dazu kommen, dass mehrere Betreiber ähnliche Routen fahren, die schon geringen Gewinnmargen weiter fallen und so einzelne Unternehmer zur Aufgabe ihrer Tätigkeit gezwungen werden. Eine empirische Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass mobile Versorger keine Alternative zum stationären Handel darstellen können und eher nur vorhandene Defizite kompensieren können (vgl. ebd., S.26f). Ferner nennt die Literatur als mögliche Handlungsoption für eine Nahversorgung im ländlichen Raum durch stationären Handel zusätzlich gewährleistete Dienstleistungen: Grundsätzlich oder ab einer bestimmten Einkaufssumme oder kostenlose Lieferdienste erreichen nicht (mehr) mobile Menschen und wahren gleichzeitig durch neue Kunden ihre eigene betriebliche Existenz. Solche Dienste sind auch als Kooperationsprojekte von unterschiedlichen Einzelhändlern denkbar und bereits in einem Pilotprojekt in zwei 9 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht süddeutschen Gemeinden erprobt. Dabei haben sich Lebensmittelhändler z. B. mit Bäckereien, Metzgern, Apotheken und anderen zusammengetan und bieten ihre Waren über eine gemeinsame Internetplattform an. Die bestellten Waren werden durch Pflegedienste, die die Ortschaften ohnehin regelmäßig anfahren, ausgeliefert. Das Konzept wurde jedoch nicht ausreichend angenommen und letztlich wieder eingestellt, da vor Ort ein intaktes soziales Netz vorhanden war (was vermutlich das Mitbringen von Waren durch Nachbarn ermöglichte) und ihm das Image anlastete, für ältere Menschen gedacht zu sein (vgl. ebd., S.28). Lieferdienste können in Form einer Nachbarschaftshilfe aber auch ehrenamtlich geplant und geleistet werden. Sie kann z. B. auch Fahrgemeinschaften umfassen und so Menschen, die über keinen eigenen PKW verfügen, die Möglichkeit geben, zu weiter entfernten Nahversorgungsorten mitgenommen zu werden (vgl. ebd.). Als weitere Formen einer organisierten Mitfahrgelegenheit sind Bürgerbusse, Anruf-Sammel- Taxis oder subventionierte Einkaufstaxis (teilweise auch durch die Einzelhandelsanbieter finanziert) zu nennen (vgl. ebd., S.29). Mithilfe der Umfrageergebnisse der vorliegende College-Studie, die im Folgenden näher dargelegt werden, soll versucht werden, zu überprüfen, ob sich von den zuvor genannten Konzepten eines oder mehrere für den untersuchten Raum im Kreis Lüchow-Dannenberg eignen würden. 3. Der Untersuchungsraum Anfangs wurde von den Partnern, gemeinsam mit der Projektgruppe, der Raum der vier beteiligten Landkreise Harburg, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg und Uelzen als Untersuchungsraum festgelegt. Im weiteren Verlauf des Projekts wurde, wie in der Einleitung bereits geschildert, von der Projektgruppe ein Ausschnitt im Landkreis Lüchow-Dannenberg für die Befragung ausgewählt. 3.1. Beschreibung von Versorgungslücken Nachdem sich die Projektgruppe für die Erstellung einer Bedarfsanalyse entschieden hatte, galt es zunächst, unterversorgte Räume ausfindig zu machen. Als erster Ausgangspunkt diente eine Karte mit Reiszeitisochronen (Anhang 1), die durch das Amt für regionale Landesentwicklung, für die Landkreise Harburg, Lüneburg, Uelzen und Lüchow-Dannenberg 10 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht zur Verfügung gestellt wurde. In dieser Karte sind die Grund- und Mittelzentren der Region und das Oberzentrum Lüneburg verzeichnet. Ein Zentrum ist, basierend auf W. Christallers Theorie der Zentralen Orte aus dem Jahre 1933, ein Ort mit einer Konzentration auf Einrichtungen des Dienstleistungssektors. Die Zentralität misst sich an der Reichweite des Einzugsgebietes der jeweiligen Einrichtungen. Der Kunde ist eher bereit, eine längere Strecke zurückzulegen, um Erledigungen des gehobenen Bedarfs zu tätigen, als für solche des täglichen Bedarfs (vgl. Heineberg 2003, S.183). So lassen sich verschiedene Stufen der Zentralen Orte unterscheiden: Grundzentren decken den täglichen, kurzfristigen Bedarf. Dazu gehören Einkaufsmöglichkeiten, eine Kommunalverwaltung, Hausärzte und Ähnliches. Mittelzentren bieten darüber hinaus Einrichtungen wie höhere Behörden, weiterführende Schulen, Krankenhäuser und Fachärzte. Oberzentren decken auch den speziellen Bedarf wie zum Beispiel Spezialkliniken, Hochschulen oder Museen (vgl. ebd., S.200). Im Landkreis Lüchow-Dannenberg werden Clenze, Dannenberg, Gartow, Hitzacker und Wustrow im Regionalen Raumordungsprogramm (RROP) als Grundzentren ausgewiesen sowie Lüchow als Mittelzentrum (vgl. Landkreis Lüchow-Dannenberg 2004, S.8). Ebenfalls in der Karte verzeichnet sind die Reisezeitisochronen, welche farblich markiert wurden. Sie verdeutlichen in diesem Fall, welche Zeit für die Fahrt mit dem Auto zum nächsten Zentrum aufgebracht werden muss und richten sich nach dem vorhandenen Verkehrsstraßennetz. Die grüne Fläche stellt eine Fahrzeit von bis zu zehn Minuten, die gelbe eine von zehn bis 15 Minuten und die rote eine von 15 bis 20 Minuten bis zu einem Zentrum dar. Die dargestellten Reisezeiten stellen dabei lediglich eine Annäherung an durchschnittliche Reisezeiten dar und bedürften bei detaillierter Betrachtung gegebenenfalls noch der Korrektur und Ergänzung des Verkehrsnetzes bzw. einer Plausibilitätsüberprüfung. Sie dienen hier lediglich als grobe Näherung. Nach Ansicht der Projektgruppe wird eine Bewertung dieser Einstufung nach guter, weniger guter oder schlechter Erreichbarkeit als problematisch angesehen und eher als Interpretationssache eines jeden einzelnen ‚Betroffenen‘ gewertet. Jedoch steht nicht in Frage, dass die roten Flächen hier im Vergleich am schlechtesten an die Zentren angebunden sind, wonach sich die Projektgruppe vermehrt mit diesen Flächen beschäftigte. Sämtliche eingezeichnete rote Bereiche zu untersuchen, hätte den Rahmen des Projektes gesprengt. Deshalb wurden die Bereiche an der Grenze zwischen den Landkreisen Uelzen und Lüchow-Dannenberg, von Groß Thondorf über Himbergen, Stoetze und Zernien ausgewählt, sowie der Bereich im Osten des Landkreises Lüchow-Dannenberg mit den Dörfern 11 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Langendorf, Gusborn, Siemen, Laase und Dünsche. Im Vergleich mit einer selbst erstellten Karte (Anlage 2), die Lebensmitteleinzelhändler in den vier Landkreisen verzeichnet, hat sich gezeigt, dass es im erstgenannten Bereich Märkte des Handelsunternehmens Edeka in Himbergen und Zernien gibt, also eine Nahversorgung gegeben ist. Im zweiten Bereich konnten keine Märkte ausfindig gemacht werden. Also beschäftigte sich die Projektgruppe näher mit dieser Region. Bei kritischer Hinterfragung des roten Bereiches wurde festgestellt, dass das Zentrum Dannenberg von Gusborn aus in gut zehn Minuten zu erreichen ist und man auch von Langendorf aus nur etwa 14 Minuten dorthin benötigt (gemäß Onlinekartenprogramm). In Absprache mit dem Vertreter des Landkreises Lüchow- Dannenberg, Jürgen Schwarz, legte die Projektgruppe für die Befragung die Dörfer Zadrau (46 Einwohner) und Siemen (99 Einwohner) aus der Gemeinde Gusborn, Dünsche (52 Einwohner) aus der Gemeinde Trebel sowie Laase (60 Einwohner), Grippel (38 Einwohner) und Pretzetze (13 Einwohner) aus der Gemeinde Langendorf fest1. 3.2. Befragungsrücklauf und Kundenbedarfe Anfang Februar 2014 verteilte die Projektgruppe in den ausgewählten Orten2 insgesamt 157 Fragebögen, womit etwa die Hälfte der Haushalte abgedeckt werden konnte. Neben sieben persönlich geführten Interviews mit Anwohnern wurden 150 Fragebögen in den Briefkästen verteilt. Diese waren mit frankierten Rückumschlägen ausgestattet, um in der einwöchigen Rückgabezeit möglichst viele Antworten zu bekommen. Mit 75 Antworten betrug die Rücklaufquote schließlich 48 %, was für solch eine Umfrage ein hohes Ergebnis ist und somit das Interesse der Befragten an dem betreffenden Thema bekundet. Die Rücklaufquoten in den einzelnen Ortschaften liegen zwischen 39 % (Dünsche und Grippel) und bis zu 67 % (Laase). Nach einer Einteilung in die Gemeinden ergaben sich folgende Zahlen: Grippel, Laase und Pretzetze (Gemeinde Langendorf): 27 Antworten; Siemen und Zadrau (Gemeinde Gusborn): 37 Antworten; Dünsche (Gemeinde Trebel): 11 Antworten. Abbildung 1 veranschaulicht dieses Ergebnis. 1 Die Einwohnerzahlen wurden vom Vertreter des Landkreises Lüchow-Dannenberg zur Verfügung gestellt. 2 Wenn im Folgenden von den drei Gemeinden Langendorf, Gusborn und Trebel die Rede ist, sind die dort jeweils untersuchten Ortschaften gemeint und nicht die Gesamtgemeinde. 12 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Abbildung 1: Rücklauf nach Gemeinden (n: Anzahl der Fragebögen) Die Altersstruktur (Abbildung 2) der in den befragten Haushalten lebenden Personen zeigt, dass die über 60-Jährigen mit 25,35 % die größte Klasse bilden. 22,54 % sind unter 18 Jahre alt. Auffällig ist, dass der Anteil der „jüngeren Erwachsenen“ im Alter von 18 bis 40 Jahren (17,37 %) wesentlich kleiner ist als der der 41 bis 60-Jährigen (34,74 %). Eine Vermutung wäre, dass das Leben auf dem Land für ältere Menschen attraktiver scheint als für jüngere. Abbildung 2: Altersstruktur Im Fragebogen wurde unter anderem abgefragt, wie mobil die Befragten sind, wer die Einkäufe erledigt, mit welchem Verkehrsmittel sie dieses tun und ob sie lediglich zu diesem Zweck fahren oder mehrere Erledigungen koppeln. 13 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Insgesamt 96 % der Befragten gaben an, dass ihrem Haushalt ein Auto zur Verfügung steht. Den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nutzen lediglich 8 % regelmäßig, allerdings nicht um einzukaufen, da dies bei sämtlichen Befragten mit dem Auto erledigt wird. Dass nicht mehr Leute den ÖPNV nutzen, hängt vermutlich damit zusammen, dass dieser nur sehr eingeschränkt verfügbar ist. In Siemen, Zadrau und Dünsche fahren lediglich Schulbusse und in den Ferien gibt es gar keine Möglichkeit, mit dem Bus ins nächste Zentrum zu gelangen. Das Auto ist somit beinahe unerlässlich. Durch Grippel, Pretzetze und Laase fährt wochentags und samstags ein Linienbus nach Dannenberg bzw. Gartow (vgl. Regionalbus Braunschweig, Niederlassung Nord, 2011), welcher von den Befragten wie oben erwähnt jedoch nicht zum Einkaufen genutzt wird. Ein möglicher Grund dafür könnte die eingeschränkte Bedienungshäufigkeit sein. Da außerdem fast allen Haushalten ein Auto zur Verfügung steht, ist es wesentlich einfacher und bequemer, dieses zu nutzen und so zeitlich ungebunden zu sein. Lediglich 5 % der Befragten fahren für ihren Einkauf mit dem Fahrrad, dies aber lediglich zusätzlich zum PKW. Zudem gab eine Person an, einige Waren über das Internet zu bestellen. Ferner erledigen 97 % der befragten Haushalte ihren Einkauf selbst, wohingegen zwei der Befragten angaben, dass den selbigen eine Person tätigt, die nicht zum Haushalt gehört. Beide besitzen kein Auto und sind auch auf keinem anderen Wege mobil und somit ans Haus gebunden. Für eine dieser Personen tätigen die erwachsenen Kinder den Einkauf. Neben diesen Abweichungen kann vermutet werden, dass jeder Haushalt einzeln für sich einkauft, die Leute also keine Fahrgemeinschaften oder ähnliches bilden. Insgesamt 71 % der Leute fahren extra für ihren Einkauf (Abbildung 3), ohne dies mit anderen Erledigungen zu verbinden. Da aber auch 61 % angaben, diesen auf dem Arbeitsweg zu erledigen, kann man davon ausgehen, dass sie je nach Situation und Bedarf unterschiedlich vorgehen. Ergänzend merkten 17 % an, dass sie den Einkauf mit anderen Terminen oder Erledigungen koppeln, wie zum Beispiel mit Arztbesuchen, um nicht unnötig oft losfahren zu müssen. 14 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Abbildung 3: Auf welchem Weg wird der Einkauf erledigt? (Angaben in %, Mehrfach- nennungen möglich; „Extra“: eigens für den Einkauf unternommene Fahrt) 3.3. Auswahl des Ortes und der Einzelhandelsform für den Einkauf der Güter des täglichen Bedarfs Die Befragten machten insgesamt 14 Angaben zu Orten, die für den Haupteinkauf aufgesucht werden. Einmal genannt wurden von jeweils einem Befragten Barendorf, Dahlenburg und Winsen an der Luhe, was in diesen Fällen auf das Erledigen des Einkaufs auf dem Arbeitsweg zurückzuführen ist. Ebenso kann es sich bei Salzwedel (eine Nennung) verhalten, das circa 26,5 km vom Wohnort des Befragten entfernt liegt. Bei den einmaligen Nennungen von Gorleben und Quickborn (von unterschiedlichen Befragten) kann es sich bei der Fahrt sowohl um eine extra vollzogene handeln als auch um eine auf dem Arbeitsweg. Die Nennung Lüneburgs geht höchstwahrscheinlich auf den Wohnort der Kinder des Befragten zurück, die für diesen den Einkauf erledigen. Ein Befragter aus Siemen nutzt den mobilen Verkaufswagen einer Bäckerei, der seinen Ort anfährt, als Haupteinkauf kann dieser aber nicht bezeichnet werden. Ein Befragter aus Dünsche sucht für den Kauf von Backwaren den ungefähr 7,5 km entfernten Bäcker in Trebel auf, wobei andere Lebensmitteleinkäufe von derselben Person in entgegengesetzter Richtung in den Städten Dannenberg und Lüchow gemacht werden, also in Orten, an denen auch eine Vielzahl von Bäckereien vorhanden ist. Als Ausreißer in den Datenergebnissen ist der Befragte anzusehen, der extra für den Einkauf von Siemen aus ins knapp 16,5 km entfernte Dömitz (insgesamt von zwei Befragten genannt) sowie ins 22 km entfernte Hitzacker fährt, in beiden Fällen zu Lebensmitteldiscountern, die auch im mit circa 15 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht 14,5 km näheren Dannenberg zur Verfügung stehen würden. Einzelhändler in Gartow wurden drei Mal genannt, davon findet bei zwei Befragten der Einkauf auf dem Arbeitsweg statt, einmal wird extra für den Einkauf gefahren, von Laase aus mit circa 11 km jedoch auch eine der am schnellsten zu erreichenden Möglichkeiten. Die Zahl derjenigen, die Gartow anfahren, kann sich jedoch zwischenzeitlich nach dem Erhebungszeitraum (Befragung fand im Zeitraum zwischen dem 6. und 14. Februar 2014 statt) noch erhöht haben, da am 13. Februar 2014 die Eröffnung eines neuen Marktes des Einzelhandelsunternehmens Edeka stattfand (vgl. Elbe-Jeetzel-Zeitung 2014). Die zwei Grundzentren Lüchow und Dannenberg sind aufgrund der Häufigkeit ihrer Nennung als wichtigste Orte anzusehen: 34 Personen (45,3 % der Befragten) geben Lüchow als Ort an, in dem der Haupteinkauf erledigt wird, 54 Personen (72 % der Befragten) Dannenberg. Letzterer ist von den Gemeinden Gusborn (Siemen, Zadrau) und Langendorf (Grippel, Laase, Pretzetze) aus in kürzerer Distanz als Lüchow entfernt. Von der Gemeinde Trebel (Dünsche) aus ist Lüchow schneller als Dannenberg zu erreichen, wo von den dort Befragten auch hauptsächlich eingekauft wird. Aus dieser Gemeinde liegen jedoch nur die Daten von elf Befragten vor. Aus der Ortschaft Siemen, woher mit 28 die größte Zahl der Befragten eines einzelnen Ortes stammen und von wo die Entfernungen nach Dannenberg und Lüchow ähnlich groß sind, führen die Einkaufswege bevorzugt nach Dannenberg. Die Entfernung kann daher nicht als einzig entscheidendes Kriterium für die Wahl des Einkaufsortes gewertet werden. Hier müsste genauer untersucht werden, welche Faktoren entscheidend sind, anhand der vorliegenden quantitativen Untersuchung können hierzu keine Aussagen getroffen werden. Was die Einzelhandelsform angeht, so wurden insgesamt 87 Mal unterschiedliche Discounter (Aldi, Netto, Penny, Lidl) von den Befragten als Einkaufsort angegeben. Ergänzend fielen 57 Nennungen auf Supermärkte (Edeka/Neukauf, Rewe sowie unpräzise Nennungen („Supermärkte“)) und 22 auf Verbrauchermärkte (Famila). Es ist schwer zu sagen, ob man hier einen Trend zum Einkauf bei Discountern ablesen kann, da eine Vielzahl der Befragten mehrere Geschäfte als Haupteinkaufsort (und auch jeweils mehrere Einzelhandelsformen) nennt. Dies kann eventuell auf die Notwendigkeit einer noch präziseren Fragestellung hindeuten. Es kann auch möglich sein, dass einige der Befragten die Discounter wegen spezieller Wochenangebote zusätzlich zu einem Verbrauchermarkt anfahren. Eine im Anhang dieses Berichts vorhandene Karte bildet die Einkaufsverflechtungen auf Grundlage der erhobenen Daten im Untersuchungsgebiet ab. 16 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht 3.4. Empfinden der Nahversorgung vor Ort Ausgehend von den für das Befragungsgebiet beobachteten Entfernungen sowohl zu den nächsten Zentren Lüchow und Dannenberg als auch zu den Supermärkten oder anderen Nahversorgern außerhalb dieser Zentren und der daran womöglich zu fassenden Annahme, dass die Bewohner des Untersuchungsgebietes nicht ausreichend mit Gütern des täglichen Bedarfs versorgt sind, wurde nach dem Empfinden des Fehlens eben dieser gefragt. Lebensmittel im Allgemeinen fehlen zwar 40 % aller Befragten gar nicht, jedoch stehen ihnen insgesamt 26,6 % der Befragten gegenüber, denen diese häufig oder immer fehlen (Tabelle 1). Zählt man noch die Befragten hinzu, denen sie manchmal fehlen, so ist die Zahl mit 50,6 % größer als die derer, denen Lebensmittel im Allgemeinen vor Ort nicht fehlen. Tabelle 1: Was fehlt Ihnen in der Nahversorgung vor Ort und wie sehr fehlt es Ihnen? Lebensmittel im Allgemeinen. Kumulierte Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Prozente Gültig keine Angabe 7 9,3 9,3 9,3 fehlt mir gar nicht 30 40,0 40,0 49,3 fehlt mir manchmal 18 24,0 24,0 73,3 fehlt mir häufig 10 13,3 13,3 86,7 fehlt mir immer 10 13,3 13,3 100,0 Gesamt 75 100,0 100,0 Betrachtet man bei dieser Frage die Antworten, die innerhalb der einzelnen Gemeinden gemacht wurden, genauer, so sticht die Gemeinde Trebel mit über 70 % derer heraus, denen Lebensmittel überhaupt nicht fehlen. Veranschaulicht werden diese Ergebnisse in Abbildung 4. Auch wenn, wie bereits zuvor erwähnt, nur elf Haushalte dieser Gemeinde einen ausgefüllten Fragebogen zurück gesandt haben, würde es gegebenenfalls Sinn machen, vor Ort genauer zu untersuchen, womit diese Zufriedenheit zu erklären ist. 17 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Abbildung 4: Was fehlt Ihnen in der Nahversorgung vor Ort und wie sehr fehlt es Ihnen? Lebensmittel im Allgemeinen. Bei der Frage nach dem Fehlen bestimmter Lebensmittel machte mit 48 % der Großteil der Befragten keine Angabe (Tabelle 2). Zu erklären wäre dies mit der Zahl derer, denen Lebensmittel im Allgemeinen nicht fehlen und die damit kaum bis keine Relevanz sehen, auf diese konkretisierte Abfrage einzugehen. Tabelle 2: Was fehlt Ihnen in der Nahversorgung vor Ort und wie sehr fehlt es Ihnen? Bestimmte Lebensmittel. Kumulierte Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Prozente Gültig keine Angabe 36 48,0 48,0 48,0 fehlt mir gar nicht 18 24,0 24,0 72,0 fehlt mir manchmal 5 6,7 6,7 78,7 fehlt mir häufig 5 6,7 6,7 85,3 fehlt mir immer 11 14,7 14,7 100,0 Gesamt 75 100,0 100,0 18 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht 21,4 % der Befragten gaben an, dass ihnen bestimmte Lebensmittel in der Nahversorgung vor Ort häufig bzw. immer fehlen würden. In den Ergebnissen der einzelnen Gemeinden sind die über 20 % der Befragten aus der Gemeinde Langendorf auffällig, die angaben, dass ihnen bestimmte Lebensmittel immer fehlen würden. Diese insgesamt sechs Befragten nannten am häufigsten (4 Mal) das Fehlen von Backwaren. Abbildung 5: Was fehlt Ihnen in der Nahversorgung vor Ort und wie sehr fehlt es Ihnen? Bestimmte Lebensmittel. Bei den Fragen nach dem Fehlen von Haushaltsartikeln, Hygieneartikeln/Kosmetika und Schreibwaren sind jeweils relativ ähnliche Ergebnisse zu verzeichnen: 36 % der Befragten fehlen Haushaltsartikel häufig, immer oder manchmal, 64 % der Befragten fehlen diese nicht oder sie machten keine Angabe. Bei Hygieneartikeln/Kosmetika und Schreibwaren sind die Zahlen sortiert in den zwei Gruppen nach 'Ja' (fehlt) oder 'Nein' (fehlt nicht/keine Angabe) sogar identisch: 31 % der Befragten fehlen diese, 69 % fehlen sie nicht. 21 % der Befragten vermissen sonstige Waren oder Dienstleistungen in der Nahversorgung ihres Ortes manchmal, häufig oder immer. Drei Befragten fehlen Waren dieses Bereichs immer, jede der Personen nennt mit Büchern/Magazinen, Internet und Kinderärzten jedoch ganz unterschiedliche Dinge. Sechs Befragte vermissen sonstige Waren häufig, hier ist mit viermaliger Nennung von Kleidung ein gewisser Trend zu erkennen (des Weiteren: Bastelbedarf (1 Mal), kleiner Laden für Einkäufe zwischendurch (1 Mal)). Zwei von fünf 19 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Befragten, denen sonstige Waren manchmal fehlen, nennen ebenso Mode, ein Befragter Post und Bäcker und zwei Befragte konkretisieren ihre Antwort nicht. 3.5. Akzeptanz von Veränderungen im eigenen Ort In diesem Teil des Fragebogens wurden von der Projektgruppe Vorschläge einer Veränderung im Bereich der Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs gemacht und die Akzeptanz für diese bei den Bewohnern der sechs Orte in den drei untersuchten Gemeinden abgefragt. Hierbei handelte es sich genauer um die Möglichkeit zur telefonischen Bestellung von Lebensmitteln beziehungsweise sonstiger benötigter Artikel mit anschließendem Lieferservice nach Hause, die Möglichkeit zur Onlinebestellung mit Lieferservice, den Personentransport zu Einkaufsmöglichkeiten durch zum Beispiel Busshuttle oder Mitfahrgelegenheit, die Einrichtung einer Einkaufsmöglichkeit beziehungsweise eines Treffpunktes im Ort sowie die Einführung einer mobilen Einkaufsmöglichkeit. Die Akzeptanz der ersten zwei genannten Vorschläge (Lieferservice nach telefonischer bzw. Onlinebestellung) ist mit jeweils 9,3 % relativ gering. Einen Personentransport zu Einkaufsmöglichkeiten würden mit 17,3 % der Befragten mehr Bewohner befürworten. Eine Einkaufsmöglichkeit beziehungsweise einen Treffpunkt vor Ort wünschen sich 37,3 % der Befragten und auch die Zahl von 26,7 % der Befragten, die eine mobile Einkaufsmöglichkeit befürworten, ist nicht gering, bedenkt man, dass diese bereits in den meisten Orten vorhanden ist. Hier müsste für eine nähere Untersuchung im nächsten Schritt erfragt werden, was an dem jetzigen Angebot der mobilen Versorgung nicht ausreichend ist. 3.6. Akzeptanz der Zahlung für mögliche Dienstleistungen Lediglich 18,7 % der Befragten wären überhaupt bereit, für einen Lieferservice des Einkaufs zu bezahlen. Davon würden 9,3 % bis zu 5 Euro zahlen wollen, 4 % weniger als 5 Euro, 2,6 % sogar mehr als 5 Euro. Fast ebenso wenige wie beim Lieferservice, nämlich 16 % der Befragten, würden für einen Transport zum Einkaufsort bezahlen wollen. Hierbei würden 4 % bereit sein, bis zu 5 Euro für diese Dienstleistung aufzubringen, 6,7 % weniger und 2,6 % sogar mehr, nämlich bis zu 10 Euro. 20 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht 3.7. Vorhandensein eines mobilen Versorgungsangebotes Im Falle der Gemeinde Langendorf (Grippel, Laase, Pretzetze) kann anhand der gemachten Angaben höchstens in Grippel ein vorhandenes Angebot an mobiler Versorgung ausgemacht werden: 9,3 % der Befragten nannten einen regelmäßig kommenden Verkaufswagen mit Backwaren. In Laase kannte nur ein Befragter einen mobilen Bäcker sowie einen mobilen Lebensmittelhändler, in Pretzetze ein Befragter einen mobilen Tiefkühlkosthändler und zwei Befragte einen mobilen Bäcker. In den Fällen der beiden zuletzt genannten Orte kann nur gemutmaßt werden, ob das Angebot aufgrund der Arbeitszeiten der Befragten und der dadurch entstehenden Abwesenheit vom Wohnort einfach nicht bekannt ist oder ob die Befragten, die ein Vorhandensein bestätigten, dies aus ihrer Erinnerung an ein früher bestehendes Angebot heraus machten. In der Gemeinde Gusborn sind die gemachten Angaben zumindest in Teilen deutlicher: 30,7 % der Befragten in Siemen nennen einen vorhandenen mobilen Bäcker, 14,7 % einen Fischhändler und 8 % der Befragten in Zadrau wissen von einem mobilen Bäcker, der ihren Ort anfährt. Auch ist davon auszugehen, dass ein mobiler Bäcker die Gemeinde Trebel auf seinem Verkaufsweg hat: 13,3 % der Befragten in Dünsche nennen diesen. 3.8. Sonstige Anmerkungen der Befragten Abschließend hatten die Befragten die Möglichkeit, eigene Anmerkungen zu machen. Hier fallen drei Bereiche durch Mehrfachnennungen auf. Sechs der 75 Befragten äußerten ihr Missfallen über die begrenzte Internetversorgung, fünf Personen bemängelten entweder den Zeitpunkt, die Qualität beziehungsweise die Preisgestaltung der mobilen Versorgung und fünf Personen äußerten sich präziser zu dem Bereich der Mobilität. Davon äußerten drei der Befragten, dass Einwohner vor ernst zu nehmenden Problemen stünden, wenn sie sich zum Beispiel aufgrund von Arbeitslosigkeit oder fehlender Finanzen die Nutzung eines PKW nicht leisten könnten. Zwei Personen waren mit der Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs unzufrieden. 21 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht 4. Lösungsmöglichkeiten Ziel der vorliegenden Studie war es, Erkenntnisse über die Situation und die Entwicklungsdynamik der Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs im ländlichen Raum zu erlangen und regionale bzw. teilräumliche Lösungsvorschläge zu entwickeln. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass ein Großteil der Bewohner mit den fehlenden lokalen Angeboten nicht unzufrieden ist, da viele Einwohner ihre Einkäufe mit anderen Erledigungen oder der Fahrt zur Arbeit koppeln und die Menschen im Allgemeinen wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie in ländliche Räume ziehen und sich deshalb nur in Teilen Veränderungen wünschen bzw. die Einschränkungen in Kauf nehmen. Die hohe Mobilität von Verbrauchern (95 % der Befragten steht ein Auto zur Verfügung) könnte als eine Hauptursache für den Bedeutungsverlust der Nahversorgungsangebote gewertet werden. Für den geringen Anteil der immobilen Bevölkerung (2 %) scheint die Mitnahme durch Familienangehörige oder Nachbarn zu funktionieren. Dass die Situation dennoch mindestens für einige der Haushalte als verbesserungswürdig einzustufen ist, lässt sich etwa daran ersehen, dass jeder vierte der Befragten die Versorgung mit Lebensmitteln als unzureichend empfindet (siehe Kapitel 3.4), aber auch daran, dass sich jeder zehnte Befragte Lieferservices, jeder sechste Transportdienstleistungen zur Verbesserung der Nahversorgung wünscht. Darüber hinaus ist fraglich, ob die heute insgesamt noch positive Bewertung der Nahversorgungssituation im Befragungsgebiet auch für die Zukunft fortgeschrieben werden kann. Probleme könnte es etwa geben, wenn die immobilen Personen keine Verwandten mehr vor Ort haben oder derzeit noch mobile Bewohner in ein hohes Alter kommen, sodass sie sich nicht mehr selbst versorgen können. Die hohe Abhängigkeit von einer automobilen Nahversorgung ist perspektivisch auch insofern als problematisch anzusehen, als die Möglichkeit zur Nutzung des Führerscheins im Alter künftig durch den Gesetzgeber restriktiver gehandhabt werden könnte. Ohne Führerschein würde sich die Möglichkeit, Nahversorgungsangebote außerhalb der eigenen Ortschaft in Anspruch zu nehmen, drastisch reduzieren. Darüber hinaus stellen steigende Treibstoff- und Energiepreise ein Risiko für eine automobil orientierte Nahversorgung dar. 4.1. Alternative Versorgungsangebote Die Auswertung der Fragebögen hat gezeigt, dass für solche Probleme schon erste Lösungsansätze vorhanden sind. In allen untersuchten Gemeinden werden bereits mobile Serviceleistungen angeboten, wie beispielsweise ein Bäcker, der einige Dörfer befährt, jedoch 22 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht decken sie längst noch nicht den kompletten Grundbedarf ab. Ein mobiler Vollversorger, der dies in der Vergangenheit getan tat, musste seinen Betrieb aus Altersgründen aufgeben. Die bereits vorhandenen Angebote werden allerdings kaum genutzt, unter anderem wegen unpassender Lieferzeiten (während der Arbeitszeit), aber auch weil bei Teilen der Befragten kein Interesse daran besteht. Darüber hinaus gab ein Befragter an, vor einigen Jahren eine Liste erstellt zu haben, in die sich Einwohner eintragen konnten, die regelmäßig nach Dannenberg oder Lüchow fahren und Mitfahrgelegenheiten anboten. Dieses Angebot wurde jedoch nie genutzt und letztendlich wieder eingestellt. Dies zeigt, dass oftmals auch kein Interesse an alternativen Mobilitätsangeboten besteht. Diese geringe Nutzung alternativer Angebote deckt sich mit anderen Ergebnissen der Befragung, beispielsweise, dass sich ein Großteil der Befragten gut versorgt fühlt und keine Veränderungen in der Nahversorgung wünscht, da die Einkäufe mit dem Auto erledigt werden können. Dennoch könnte ein Ausbau der bereits vorhandenen mobilen Versorgung in mittelfristiger Zukunft, wenn die jetzigen Bewohner nicht mehr mobil sind, eine Möglichkeit zur Versorgung darstellen. Wenn sich kein mobiler Versorger mit einem Vollsortiment (wie in Kapitel 2 beschrieben) findet, könnten temporäre Märkte eingerichtet werden. Beispiele dafür gibt es aus Sachsen-Anhalt (vgl. Steinführer et al. 2012, S.106). Dafür müsste eine Art Marktplatz geschaffen werden, der für möglichst viele mobilitätseingeschränkte Menschen fußläufig erreichbar ist und wo zu festgelegten Zeiten unterschiedliche mobile Versorger (Bäcker, Metzger, Tiefkühlkosthändler und möglichst weitere) ihre Waren parallel anbieten. Hierbei könnte auch versucht werden, einen Teil der arbeitstätigen Bewohner als neue Kunden für den mobilen Handel zu gewinnen, wenn Marktzeiten in die frühen Abendstunden oder ins Wochenende gelegt werden. Es müsste aber genauer untersucht werden, ob durch die erzwungene längere Standzeit der mobilen Versorger an einem Ort eine ähnlich große oder besser noch größere Zahl an Kunden erreicht wird, als im gleichen Zeitraum auf den eigenen Fahrrouten. Bürgerläden wären bei der Größe der Ortschaften im untersuchten Raum eventuell die einzige weitere noch denkbare Option für eine Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs. Sie setzen ein hohes freiwilliges Engagement der Bürger voraus. Das Abfragen der Einstellungen dazu wurde im Rahmen der Befragung durch die Projektgruppe nicht geleistet und daher kann diesbezüglich auch keine Empfehlung ausgesprochen werden. Insofern es die Möglichkeiten der Verantwortlichen im Landkreis zulassen, wäre es jedoch sicherlich empfehlenswert, 23 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
Leuphana Universität Lüneburg | Leuphana College-Studien in der Praxis | Projektbericht Hilfestellungen zu geben und Empfehlungen auszusprechen, sobald das Interesse an solch einem Konzept von einzelnen Bürgern oder bereits bestehenden Gruppen an sie herangetragen wird. 4.2. Verbesserung der ÖPNV-Anbindung Generell ist festzuhalten, dass ein Leben auf dem Land die Verfügbarkeit eines Autos oder die Erledigung der Einkäufe durch andere mobile Personen voraussetzt, da momentan eine Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs aufgrund der unzureichenden ÖPNV- Anbindung nicht gewährleistet werden kann. In diesem Bereich wird es womöglich auch in Zukunft keine Verbesserung geben, da aufgrund der geringen Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsmitteln (dem Großteil der hier Befragten steht ein Auto zu Verfügung) nicht genügend Anreize für einen Ausbau der ÖPNV-Anbindung besteht. Dadurch wird die starke Kopplung an das Auto bestehen bleiben. Inwieweit der postmoderne Wertewandel, zum Beispiel durch einen bewussten Verzicht auf den Besitz eines eigenen Autos, Auswirkungen auf den ländlichen Raum haben wird, ist momentan nicht abzusehen. 4.3. Einführung eines Coupon-Systems Angesichts der hohen Verfügbarkeit an PKW ist die Bereitschaft gering, einen Lieferservice für Waren des täglichen Bedarfs oder einen Sammeltaxitransport beziehungsweise Busshuttle zum Einkaufsort zu bezahlen. Dennoch wünschen sich knapp 27 % der Befragten mindestens eine dieser Serviceleistungen. An dieser Stelle könnte ein so genanntes Coupon-System ansetzen. Der Kunde zahlt für einen Lieferservice und bekommt den bezahlten Betrag in Form eines Gutscheins (Coupon) zurück. Der Einzelhandel trägt somit die Kosten für den Lieferservice, profitiert jedoch davon, dass der Kunde in den Laden zurückkehrt, um den Wert des Gutscheins einzulösen. Damit werden neue Kunden gewonnen und die Kundenbindung verstärkt. Dieses Prinzip richtet sich vor allem an die weniger mobile Bevölkerung (vgl. Friedrichsen 2009). Einige der derzeit mobilen Befragten gaben außerdem an, dass sie bei Krankheit oder im hohen Alter durchaus auf mobile Versorgung angewiesen sein werden. So schrieb ein Befragter unter dem Punkt „Anmerkungen“: „Solange wie man mobil im Dorf ist, bekommt man alles geregelt. Aber wenn dies nicht der Fall ist, z. B. bei Krankheit oder im Alter, wird es hier problematisch.“ Wie Lieferservice und Kunde miteinander kooperieren könnten, müsste in einer weiteren Studie geprüft werden. Zum Beispiel wäre es wichtig zu wissen, ob 24 Regierungsvertretung Lüneburg | Nahversorgung im ländlichen Raum
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