Naturgefahrenmanagement im Zusammenhang mit linienhaften Infrastrukturen

 
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Naturgefahrenmanagement im Zusammenhang mit linienhaften Infrastrukturen
Naturgefahrenmanagement
im Zusammenhang mit linienhaften
        Infrastrukturen
Naturgefahrenmanagement im Zusammenhang mit linienhaften Infrastrukturen
Schweiger | Swoboda | Tanzer                 Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren

      AutorInnen

       Bernd Schweiger               Nicole Swoboda                     Michael Tanzer
            0952889                      1040611                            0851663

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Naturgefahrenmanagement im Zusammenhang mit linienhaften Infrastrukturen
Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                     Schweiger | Swoboda | Tanzer

Abstract
Ziel des Naturgefahrenmanagements ist es, alle Prozesse und alle Gefahren zu beachten und in
die Überlegungen und das Management zu integrieren. In diesem Zusammenhang liegt das
Hauptaugenmerk aufgrund des Gefahrenpotenzials und des Risikos natürlich häufig auf den
Siedlungsgebieten. Dass jedoch Infrastrukturen verschiedenster Art, die das gesamte Staatsge-
biet netzartig durchziehen und für die Versorgung der Menschen unentbehrlich sind, ebenso
stark von Naturgefahren gefährdet sein können, gerät teilweise in den Hintergrund.
Der folgende Bericht behandelt das Thema Naturgefahrenmanagement mit besonderem Fokus
auf linienhafte Infrastrukturen, und hierbei ausschließlich auf Straßen- und Bahninfrastruktu-
ren in Österreich. In diesem Zusammenhang wurden die Herangehensweisen und der Umgang
mit dem Thema beim Land Salzburg, der ASFINAG und den ÖBB näher beleuchtet.
Einleitend wird an die Problematik herangeführt, Begrifflichkeiten werden geklärt und es wird
ein Überblick über die verschiedenen Infrastrukturen gegeben. Auch auf alle wichtigen rechtli-
chen Grundlagen im Zusammenhang mit den Straßen- und Bahninfrastrukturen wird Bezug ge-
nommen. Das Hauptaugenmerk des Berichtes liegt im Umgang mit den Infrastrukturen in Aus-
und Neubau, im Bestandsschutz sowie in der sicheren Betriebsführung, immer aus der Perspek-
tive des Naturgefahrenmanagements. Dabei werden sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unter-
schiede im Umgang mit Naturgefahren zwischen den untersuchten Infrastrukturen und Infra-
strukturverwaltungen (bspw. in Bezug auf Schutzbauwerke, kartographische Grundlagen,
Grundlageninformationen, Konzepte und Strategien) deutlich. Aus den gewonnenen Ergebnis-
sen wurden Leitlinien für den Umgang mit Naturgefahren hinsichtlich Infrastrukturen
erarbeitet.

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Naturgefahrenmanagement im Zusammenhang mit linienhaften Infrastrukturen
Schweiger | Swoboda | Tanzer                   Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren

      Anmerkung
      Bei allen personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter.

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Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                                                                   Schweiger | Swoboda | Tanzer

Inhaltsverzeichnis

1.   Einleitung .................................................................................................... 233
2.   Begriffsdefinitionen .................................................................................... 234
     2.1 Infrastruktur.................................................................................................................. 234
     2.2 Naturgefahren ............................................................................................................... 235
3.   Gefahrenpotenzial ....................................................................................... 236
4.   Maßnahmen ................................................................................................. 238
     4.1 Risiko ............................................................................................................................. 238
             4.1.1     Risikomanagement in der Schweiz ...................................................................................239
             4.1.2     Risikoanalyse – Methode des BUWAL .............................................................................239
             4.1.3     Empfehlung für das Schutzziel bei gravitativen Naturgefahren in Österreich ............239
     4.2 Restrisiko .......................................................................................................................240
     4.3 Schutzgüter und Schutzziele ........................................................................................240
     4.4 Rechtliche Maßnahmen ............................................................................................... 241
             4.4.1     ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) ...............................................................242
             4.4.2     Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (SROG) .............................................................242
     4.5 Schutzmaßnahmen ....................................................................................................... 243
             4.5.1     Passive Maßnahmen ..........................................................................................................243
             4.5.2     Aktive Schutzmaßnahmen ................................................................................................245
5.   Naturgefahren im Kontext der Fachplanungen .......................................... 247
     5.1 Überblick Verkehrsflächen und Dauersiedlungsraum ................................................ 247
     5.2 Österreichische Bundesbahnen - Infrastruktur AG ....................................................248
             5.2.1     Aus- und Neubau................................................................................................................250
             5.2.2     Bestandsschutz ................................................................................................................... 251
             5.2.3     Sichere Betriebsführung ................................................................................................... 262
             5.2.4     Herausforderungen/Handlungsbedarf ............................................................................ 264
             5.2.5     Beispiel ............................................................................................................................... 264
             5.2.6     Forschungsprojekte und Netzwerke................................................................................ 264
     5.3 Straßen in Österreich ....................................................................................................271
     5.4 ASFINAG ........................................................................................................................271
             5.4.1     Aus- und Neubau................................................................................................................ 273
             5.4.2     Bestandsschutz ...................................................................................................................274
             5.4.3     Sichere Betriebsführung ................................................................................................... 280
             5.4.4     Herausforderungen/Handlungsbedarf .............................................................................285
             5.4.5     Bewältigungsstrategie - Beispiel für den Umgang im Ereignisfall ................................285

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           5.5 Landesstraßenverwaltung (Landesstraßen B. und L.) ............................................... 289
                  5.5.1     Bundesstraßengesetz 1971 ................................................................................................. 294
                  5.5.2     Bundesgesetz über die Auflassung und Übertragung von Bundesstraßen (BGBl I
                            50/2002) .............................................................................................................................. 294
                  5.5.3     Salzburger Landesstraßengesetz 1972 (SbgLSG) ............................................................ 294
                  5.5.4     Aus- und Neubau............................................................................................................... 294
                  5.5.5     Bestandsschutz .................................................................................................................. 295
                  5.5.6     Sichere Betriebsführung ....................................................................................................302
                  5.5.7     Beispiel Triebener Tauernstraße und Oppenberger Straße (Steiermark) ................... 304
                  5.5.8     Herausforderungen ............................................................................................................305
                  5.5.9     Forschungsprojekte und Netzwerke.................................................................................305
      6.   Infrastruktur-Naturgefahren-Matrix .......................................................... 308
      7.   Leitlinien für den Umgang mit Naturgefahren hinsichtlich Infrastruktur 309
           7.1 Lösungsvorschlag in Bezug auf die Trassenplanung und den Schutz vor Naturgefahren
               ………………………………………………………………………………………………………………………………..309
           7.2 Lösungsvorschläge in Bezug auf die Kooperation ....................................................... 310
      8.   Quellen .........................................................................................................312
           8.1 Literaturverzeichnis ....................................................................................................... 312
           8.2 Abbildungsverzeichnis .................................................................................................. 317
           8.3 Tabellenverzeichnis ...................................................................................................... 319

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Naturgefahrenmanagement im Zusammenhang mit linienhaften Infrastrukturen
Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                        Schweiger | Swoboda | Tanzer

1. Einleitung
Der Schutz von Siedlungen vor Naturgefahren hat sowohl in der Praxis als auch in der Theorie
einen hohen Stellenwert eingenommen. Obwohl Siedlungen und Infrastruktureinrichtungen
gleichwertig vor Naturgefahren geschützt werden sollen, wird der Themenbereich Infrastruktur
in der Theorie noch nicht in der gesamten Tiefe erfasst. Infrastruktureinrichtungen erschließen
den gesamten Dauersiedlungsraum und nehmen als Sicherung der Daseinsgrundfunktion eine
zentrale Position ein. Ein weiter Grund ist, dass speziell in der Ersthilfe Einsatzkräfte nach Na-
turkatastrophen oftmals vor dem Problem stehen, dass die Krisengebiete auf Grund von zerstör-
ten Infrastruktureinrichtungen nur schwer erreichbar sind. Ebenfalls können nicht ausreichend
geschützte Infrastruktureinrichtungen für eine Region sowie für den gesamten Staat verhee-
rende wirtschaftliche Schäden verursachen.
Dennoch obliegt es rein den Infrastrukturträgen, in welcher Bandbreite und mit welchen Instru-
menten Sie ihre Trasse vor Naturkatastrophen schützen.
Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich diese Arbeit mit folgenden Fragen:
       Wie gehen die unterschiedlichen Infrastrukturträger mit dem Thema Naturgefahren um
        und welche Kompetenzen kommen ihnen dabei zu?
       Welche Ansätze gibt es hinsichtlich Neu- und Ausbau, Bestandschutz sowie laufenden
        Betrieb?
       Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen den unterschiedlichen Infrastrukturträ-
        gern?
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie einen
Einblick in den Themenblock zu geben. Darüber hinaus wurden Leitlinien für den Umgang mit
Naturgefahren für die Infrastrukturträger entwickelt.

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      2. Begriffsdefinitionen
      Da der Begriff Infrastruktur sehr breit gefächert ist, muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass
      sich die vorliegende Arbeit auf einen kleinen Teil des materiellen Infrastrukturbegriffes kon-
      zentriert. Im Besonderen wird hier auf Verkehrsinfrastrukturen und in weiterer Folge vor allem
      auf Straßen eingegangen.

      2.1 Infrastruktur

      Das Springer Gabler Wirtschaftslexikon versteht unter Infrastruktur die „Grundausstattung ei-
      ner Volkswirtschaft (eines Landes, einer Region) mit Einrichtungen, die zum volkswirtschaftli-
      chen Kapitalstock gerechnet werden können, die aber für die private Wirtschaftstätigkeit den
      Charakter von Vorleistungen haben“.1
      Grundsätzlich können drei Kategorien von Infrastruktur unterschieden werden:
      Die materielle Infrastruktur umfasst die staatlichen und privaten Einrichtungen für eine aus-
      reichende Daseinsvorsorge und die wirtschaftliche Entwicklung eines Raumes. Diese ist wiede-
      rum unterteilt in technische Infrastruktur (Verkehr, Kommunikation, Energie etc.) und soziale
      Infrastruktur (Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser etc.). Unter der institutionellen Infra-
      struktur sind die historisch gewachsenen und politisch gesetzten Normen, Organisationen und
      Verfahrensweisen einer Volkswirtschaft zu verstehen. Die personelle Infrastruktur meint das
      Humankapital einer Volkswirtschaft und umfasst die geistigen, unternehmerischen und hand-
      werklichen Fähigkeiten.2

      1   SPRINGER GABLER WIRTSCHAFTSLEXIKON 2015, online
      2   WISSEN.DE 2015, online

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Naturgefahrenmanagement im Zusammenhang mit linienhaften Infrastrukturen
Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                                Schweiger | Swoboda | Tanzer

2.2 Naturgefahren

Die ständig stattfindenden Prozesse in der Natur können einerseits aufgrund ihrer Verlage-
rungsform (fluviatile und gravitative Prozesse), andererseits ihrer örtlichen Gegebenheiten (Ge-
rinneprozesse und Hangprozesse) unterschieden werden.3
Diese Vorgänge in der Natur werden als Naturereignisse bezeichnet, solange sich diese zeitlich
und räumlich abgrenzbaren Vorgänge nicht auf den menschlichen Lebensraum erstrecken. Von
einer Naturgefahr spricht man erst, wenn solche Ereignisse zu einer Bedrohung für Menschen,
Umwelt, Sach- und Vermögenswerte werden.4
Die für Österreich relevantesten Naturgefahren sind vor allem Lawinen, Hochwasser, Felsstürze,
Steinschlag, Muren und Rutschungen. Die einzelnen Gefahrenarten können Gefahrenklassen
zugeteilt werden. In der folgenden Tabelle nach RUDOLF-MIKLAU sind die für Österreich auftre-
tenden Naturgefahren aufgelistet.

    Gefahrenklasse                      Gefahrenart
    Geologische Gefahren                Erdbeben, Vulkanausbruch, Bodenerosion, Rutschung, Erd-
                                        fall (Bodensenkung), Steinschlag (Felssturz), Bergsturz,
                                        Hangmure
    Hydrologische Gefahren              Hochwasser (Überflutung), Sturzflut, Feststofftransport,
                                        Mure, Gletscherseeausbruch
    Schneegefahren                      Lawine (Fließlawine, Staublawine), Eissturz (Eislawine),
                                        Gletschervorstoß, Schneedruck

            Tabelle 1: Klassifikation der Naturgefahrenarten hinsichtlich Infrastruktureinrichtungen
                                   (Quelle: RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 3; modifiziert).

3   vgl. HÜBL et al. 2011, S. 2
4   vgl. RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 2

                                                                                                           235
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      3. Gefahrenpotenzial
      Da Infrastrukturtrassen unterschiedlich stark von Naturgefahren betroffen sind, ergibt sich ein
      differenziertes Gefahrenpotential, welches die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses an-
      gibt. Da in Österreich aufgrund der gebirgigen Topographie und der klimatischen Bedingungen
      nur 38 Prozent der gesamten Staatsfläche als Dauersiedlungsraum geeignet sind, konzentriert
      sich die Besiedelung auf die eher tiefer liegenden und flacheren Gebiete. Diese Räume weisen
      eine hohe Bevölkerungsdichte auf. Mit der Dichte der Bevölkerung steigt der Bedarf an Infra-
      struktur. Dementsprechend ist das Schadenspotenzial in diesen Regionen besonders hoch.5 Un-
      ter dem Begriff Schadenspotential werden nach RUDOLF-MIKLAU Werte in einem abgegrenzten
      Untersuchungsraum verstanden, die potenziell von einem Naturereignis betroffen sein können.
      Das Potenzial sagt jedoch nichts über den tatsächlich entstandenen Schaden nach einem Natur-
      ereignis aus. Vielmehr definiert es im Vorhinein eine Art Obergrenze des maximal möglichen
      Schadens, der in Folge eines Naturereignisses entstehen kann.6 Als Schaden wird die Summe
      aller negativ bewerteten Folgen eines Ereignisses bezeichnet. Im Zusammenhang mit Naturge-
      fahren können in Folge eines Naturereignisses Personenschäden (Tote, Verletzte), Schäden an
      Sachgütern (Schäden an Infrastruktureinrichtungen) und Schäden an der Umwelt (Umwelt-
      schäden) auftreten.7 Die Bewertung von Personen- und Sachschäden wird differenziert von den
      Infrastrukturträgern betrachtet sowie unterschiedlich gewichtet (siehe Kapitel 4.1).
      Speziell hochrangige Infrastruktureinrichtungen weisen hinsichtlich Vulnerabilität eine beson-
      ders hohe Verletzlichkeit auf. Wie MARKAU zusammenfassend darstellt, gibt es für den Begriff
      Vulnerabilität verschiedene Definitionen, aber bis heute keine einheitliche. Ganz allgemein be-
      schreibt der Begriff die Verletzlichkeit oder Verwundbarkeit eines Objektes gegenüber einem
      Risiko.8 Im Zusammenhang mit Naturgefahren beschreibt Vulnerabilität den potenziellen Scha-
      den aufgrund eines möglichen Schadensereignisses, welches innerhalb eines bestimmten Gebie-
      tes und eines bestimmten Zeitraumes auftritt. Auf diese Weise lässt sich Risiko quantifizieren.
      Dafür werden Vulnerabilitätsfaktoren herangezogen, die den Zusammenhang zwischen den
      Kräften eines Naturprozesses (bspw. Geschwindigkeit, Druck, Überflutungshöhen), der Art des
      betroffenen Objektes (bspw. Baumaterialien und -techniken, Erhaltungszustand, Vorhanden-
      sein von Schutzmaßnahmen) und den Auswirkungen auf dieses Objekt (bspw. Grad der Schä-
      digung oder Zerstörung, monetäre Bewertung) beschreiben.9
      In den letzten Jahren waren die unterschiedlichen Infrastruktureinrichtungen von Naturgefah-
      ren im differenzierten Ausmaß betroffen. Im Juni 2013 musste beispielsweise die A 22 Donauufer
      Autobahn im Bereich der Abfahrt Stockerau Mitte Richtung Wien wegen Überflutung gesperrt
      werden. Ebenfalls wurde der Pannenstreifen auf einer Länge von zwei Kilometer auf der S 5
      Stockerauer Schnellstraße Richtung Wien gesperrt sowie eine Geschwindigkeitsbeschränkung
      von 80 km/h entlang der Strecke vorgeschrieben. 10

      5 vgl. BMLFUW 2015, online
      6 vgl. RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 13
      7 vgl. RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 12
      8 vgl. MARKAU 2003
      9 vgl. BFW 2014, online
      10 vgl. APA 2013, online

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Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                                 Schweiger | Swoboda | Tanzer

Das Hochwasser 2013 führte für die ÖBB zu gravierenden Schäden im Salzburger Pinzgau. Der
internationale Fernverkehr musste über Salzburg vorläufig eingestellt werden. Dies betraf Ver-
bindungen von Wien sowie Nachtzüge von Villach und Graz nach Zürich, die über Salzburg und
Zell am See geführt wurden.11

      Abbildung 1: Hochwasser- und Muren-Katastrophe Salzburg/Taxenbach (Quelle: FPDWL 2013, online).

Aber auch im Bereich der Landesstraßen führten Naturereignisse der Vergangenheit immer wie-
der zu unzähligen Straßensperren, schweren Beeinträchtigungen und Zerstörungen. In Folge
des Hochwassers 2013 (Ende Mai bis Anfang Juni) mussten neben vielen anderen Straßen bei-
spielsweise die Münchener Straße B155, die Mittersiller Straße B168 oder die Pinzgauer Straße
B311 gesperrt werden. Als einer der am stärksten betroffenen Landesstraßen kann die Salzachtal
Straße B159 genannt werden. Im Bereich der Ortschaft Taxenbach war die Straße völlig vermurt.
Darüber hinaus wurden Straßenabschnitte (siehe Abbildung) von den Wassermassen unterspült
und mitgerissen.12

                              Abbildung 2: Zerstörte Straße bei Taxenbach im Zuge des
                                                 Hochwassers 2013
                                (Quelle: ROSNER Dominik, E-Mail-Korrespondenz).

11   vgl. FPDWL 2013, online
12   vgl. SALZBURG WIKI 2014, online

                                                                                                            237
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      4. Maßnahmen
      Um präventiv Schäden durch Naturgefahren vorzubeugen, bedienen sich Infrastrukturträger
      unterschiedlicher Maßnahmen. Um eruieren zu können, ob überhaupt solche Maßnahmen er-
      forderlich sind, zeigt die folgende Abbildung ein Modell eines Risikokonzepts der ASFINAG,
      welches die grundlegenden Elemente eines risikobasierten Ansatzes beinhaltet:

                     Abbildung 3: Modell des Risikokonzepts der ASFINAG und dessen Elemente
                                     (Quelle: PROJEKTGRUPPE NGM 2014, S. 10).

      Hier bedient man sich des „erlaubten“ und „möglichen“ Risikos, mithilfe dessen man folglich ein
      Modell zur Maßnahmenplanung entwickelt.13

      4.1 Risiko

      In der Raumplanung können zumindest zwei Risikobegriffe unterschieden werden. Auf der ei-
      nen Seite gibt es die mathematische, wahrscheinlichkeitsstatistische Dimension des Begriffes.
      Aufgrund von bereits aufgetretenen Ereignissen oder Annahmen können Eintrittswahrschein-
      lichkeiten für zukünftige Ereignisse berechnet werden. Es muss jedoch bedacht werden, dass die
      Ergebnisse statistischer Natur sind und berechnete Eintrittswahrscheinlichkeiten keineswegs
      mit realen Ereignissen zusammenfallen müssen. Auf der anderen Seite kann Risiko als Folge von
      Entscheidungen oder Nichtentscheidungen begriffen werden. Raumplanung vermeidet aus die-
      ser Sicht bestimmte Risiken und produziert andere.14
      Im Zusammenhang mit Naturgefahren versteht man unter Risiko die Wahrscheinlichkeit, dass
      durch einen natürlichen Prozess Schaden verursacht wird. Bestimmt wird das Risiko von der
      Eintrittswahrscheinlichkeit und dem möglichen Schadensausmaß.15

      13 vgl. PROJEKTGRUPPE NGM, S. 6-10
      14 vgl. POHL 2005, S. 41
      15 vgl. AG NAGEF 2001, S. 5

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Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                         Schweiger | Swoboda | Tanzer

4.1.1    Risikomanagement in der Schweiz

Das Naturgefahrenmanagement der Schweiz beinhaltet – im Gegensatz zum österreichischen –
stark den Risikobegriff. Im Zuge des schweizerischen Risikomanagements werden im ersten
Schritt Risiken erfasst (Was kann passieren?). Diese werden anschließend in Hinblick auf ihre
Akzeptanz geprüft und bewertet (Was darf passieren?). In weiterer Folge werden Prioritäten
gesetzt und entsprechende Maßnahmen vorgenommen (Was ist zu tun?). Ziel ist es, neue inak-
zeptable Risiken zu vermeiden, inakzeptable Risiken zu mindern und akzeptable Risiken zu tra-
gen. Dieser Ansatz setzt dementsprechend ein hohes Maß an Kommunikation voraus.16

4.1.2    Risikoanalyse – Methode des BUWAL

Ziel der Risikoanalyse, die in der Schweiz im Zusammenhang mit gravitativen Naturgefahren
erfolgt, ist das Erreichen von größtmöglicher Sicherheit mit minimalem Aufwand. In einem ab-
gegrenzten Gebiet wird das Risiko als Funktion von Wahrscheinlichkeit eines Schadensereignis-
ses und der möglichen Schadenfolge untersucht. Die Risikoanalyse basiert dabei auf einem
„Drei-Stufen-Modell“, wobei die Stufen zunehmend in die Tiefe gehen.
Stufe 1: Es wird eine Karte der Gefährdung mit einer Karte der Bodennutzung überlagert und
ordnet den Bodennutzungen Schutzziele (maximal zulässige Intensität des Gefahrenprozesses
und seine Wiederkehrperiode) zu. Übersteigt die tatsächliche die maximal zulässige Intensität
besteht ein Schutzdefizit. Diesem wird ein Zahlenwert zugewiesen, ehe es bewertet wird.
Stufe 2: Das Risiko für Raumelemente der Stufe 1 (Flächen-, Linien-, Punktelemente) wird quan-
tifiziert. Die Risiken werden mit Franken für Sachschäden und Zahl der Todesopfer für Personen
bemessen.
Stufe 3: Es wird das Risiko am Einzelobjekt (bspw. ein Gebäude oder ein gefährdeter Strecken-
abschnitt einer Verkehrsachse) analysiert. Die Risiken werden wieder mit Franken für Sachschä-
den und Zahl der Todesopfer für Personen bemessen.17
Wichtig im Zusammenhang mit der Risikoanalyse ist die Berechnung von relativen Häufigkei-
ten, mit der gewisse Szenarien eintreten. Diese definieren sich (immer bezogen auf einen be-
stimmten Zeitraum) aus der Anzahl der eingetroffenen Ereignisse dividiert durch die Länge des
Zeitraumes (bspw. Relative Häufigkeit eines Szenarios: SZ = 1/100 J. x 0,25 = 0,0025/J.).18

4.1.3    Empfehlung für das Schutzziel bei gravitativen Naturgefahren in Österreich

Die ÖGG empfiehlt in der Publikation „Empfehlung für das Schutzziel bei gravitativen Naturge-
fahren in Österreich“, die Wahrscheinlichkeit, aufgrund von gravitativen Naturgefahren ums
Leben zu kommen, mit höchstens 1 x 10-5 pro Jahr und den einer Gefahr ausgesetzten Ein-
wohnern festzulegen. Dieser Wert liegt deutlich unter dem natürlichen Sterberisiko aller Al-
tersgruppen in Österreich, welches bei 1 x 10-2 liegt.
Als Referenzwerte wird z. B. die (individuelle) Todesfallwahrscheinlichkeit der Schweiz und von
Hong Kong angeführt, wo ebenfalls ein Wert von 1 x 10-5 als akzeptabel angesehen wird.
Für die gelben und roten Zonen (Wildbäche und Lawinen) in Österreich wird eine Todesfall-
wahrscheinlichkeit von ca. 2 x 10-4 (bei Lawinen) und 4 x 10-6 (bei Wildbächen) berechnet.

16 vgl. PLANAT 2015a, online
17 vgl. BUWAL 1999, S. 7
18 vgl. BUWAL 1999, S. 25

                                                                                                    239
Schweiger | Swoboda | Tanzer                           Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren

      Für den österreichischen Straßenverkehr beträgt dieser Wert 6 x 10-5. Dieser Wert gilt als gesell-
      schaftlich akzeptierte Todesfallwahrscheinlichkeit.19

      4.1.3.1     Straßenverkehr
      Im Jahr 2012 ereigneten sich im Straßenverkehr 40.831 Verkehrsunfälle, bei denen 531 Personen
      getötet wurden. Daraus errechnet sich bei einer Gesamtbevölkerung von 8.464.488 Einwohnern
      in Österreich (Stand 2012) eine Getötetenzeitrate (Getötete pro Stunde Verkehrsbeteiligungs-
      dauer) von 1,47 x 10-7. Die Wahrscheinlichkeit, im Straßenverkehr in Österreich getötet zu wer-
      den, beträgt für 2012 pro Einwohner 6,27 x 10-5 (Getötete pro Einwohner).20

      4.1.3.2     Schienenverkehr
      Seit Beginn der Aufzeichnungen (1950) wurden im Personenzugverkehr insgesamt fünf Fahr-
      gäste durch gravitative Massenbewegungen getötet. Die Todeswahrscheinlichkeit, im Bahnver-
      kehr getötet zu werden, beträgt 1,20 x 10-7. Dabei wird angenommen, dass alle Österreicher
      gleichermaßen am Bahnverkehr teilnehmen und die Unfallgefahr in ganz Österreich gleichver-
      teilt ist. 21

                Abbildung 4: Rechnerische empirische Todesfallwahrscheinlichkeiten im österreichischen
                            Schienenverkehr (Personenzugverkehr) (Quelle: ÖGG 2014, S. 8).

      4.2 Restrisiko

      Die Bestrebungen des Naturgefahrenmanagements gehen dahin, vorhandene Risiken durch Na-
      turgefahren mithilfe von baulichen und planerischen Maßnahmen soweit wie möglich zu mini-
      mieren. Irgendwann stoßen jedoch auch diese Maßnahmen auf Grenzen und es bleibt ein ge-
      wisses Restrisiko bestehen. Die entscheidende Frage ist, wie hoch dieses Restrisiko im Einzelfall
      sein darf und wie hoch im Ereignisfall die Zahlungsbereitschaft für einen Schadensfall ist.22

      4.3 Schutzgüter und Schutzziele

      Als Schutzgüter werden im schweizerischen Verständnis jene Werte bezeichnet, für die das Ri-
      siko auf ein akzeptables Maß zu begrenzen ist. Laut PLANAT-Empfehlung werden diese in drei

      19 vgl. ÖGG 2014, S. 10
      20 vgl. ÖGG 2014, S. 7
      21 vgl. ÖGG 2014, S. 7f
      22 vgl. AG NAGEF 2011, S. 5

240
Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                       Schweiger | Swoboda | Tanzer

Kategorien geteilt. Der Schutz von Personen hat dabei oberste Priorität. Weiters werden in die-
ser Priorisierung erhebliche Sachwerte (Gebäude, Infrastrukturen, Objekte mit erheblicher
volkswirtschaftlicher Bedeutung und Tragweite, Lebensgrundlagen der Menschen, Kulturgüter)
und die Umwelt angeführt und für alle diese Kategorien anzustrebende Sicherheitsniveaus de-
finiert.23
Im österreichischen Naturgefahrenmanagement definieren Schutzziele (synonym zum in der
Schweiz verwendeten Begriff „Schutzgut“) die angestrebten Sicherheitsniveaus und dienen nach
der Durchführung der Schutzmaßnahmen gleichzeitig zur Überprüfung des Erfolges.24
Folgende Schutzziele wurden im Rahmen des österreichischen Naturgefahrenmanagements de-
finiert:
        „Schutz des Lebens und der Gesundheit der Menschen
        Schutz des Siedlungs- und Wirtschaftsraums
        Schutz von Verkehrswegen, Infrastruktur- und Versorgungseinrichtungen
        Schutz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
        Schutz der Umwelt“25

4.4 Rechtliche Maßnahmen

„Die Zuständigkeit für bodennutzungsbezogene Planungen sind in Österreich zwischen den Ge-
bietskörperschaften in komplexer Weise aufgeteilt, was in der konkreten Rechtsanwendung erheb-
liche Probleme verursacht. Im Sinne einer Querschnittsmaterie treffen bei planerischen Konzepti-
onen bzw. Festlegungen bezüglich linienhaften Infrastrukturen unterschiedliche Zuständigkeits-
bereiche (mit entsprechenden Materiengesetzen) im Bundesstaat aufeinander.“26
Im Sinne der Kompetenztrennung findet eine Unterscheidung zwischen der „allgemeinen Kom-
petenzverteilung“ und der „besonderen Kompetenzverteilung“ statt. Dabei fallen unter erstere
folgende Materien, welche im Rahmen dieser Arbeit von Relevanz sind:
        Verkehrswesen hinsichtlich Eisenbahnen sowie Luft- und Schifffahrt.
        für den Durchzugsverkehr relevante Aufgaben an Straßenzügen, welche durch das Bun-
         desgesetz zu den Bundesstraßen gezählt werden können.
        Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) an Bundesstraßen sowie Eisenbahn-Hochleis-
         tungsstrecken, die aufgrund ihrer möglichen schädlichen Umweltauswirkungen über-
         prüft werden müssen.27
Da Fachplanungskompetenzen wie das Eisenbahnwesen, das Bergwesen, das Forstwesen und
das Wasserrecht Bundesangelegenheit sind und somit nicht in die Landeskompetenz fallen, hat
der Bund hier die Möglichkeit, raumordnungsrechtliche Maßnahmen, welche die Landesgren-
zen überschreiten, zu erlassen. Dies betrifft vor allem im Bereich der linienhaften Infrastruktu-
ren das Eisenbahn- und Straßenwesen sowie Starkstromwege.28

23 vgl. PLANAT 2015b, online
24 vgl. RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 46
25 RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 46
26 ÖROK 2013, S. 23
27 B-VG, Art 10 Z 9
28 vgl. ÖROK 2013, S.24

                                                                                                    241
Schweiger | Swoboda | Tanzer                                 Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren

      Bodennutzungsbezogene Planungen fallen somit größtenteils nach den Kompetenzregelungen
      des Art 10 bis Art 12 B-VG in die Bundeskompetenz der einzelnen Länder.
      In erstere lässt sich beispielsweise das Verkehrswesen hinsichtlich Eisenbahnen sowie Luft- und
      Schifffahrt einordnen.
      Die Gesetzeslage in Österreich im Hinblick auf den Umgang mit Naturgefahren und Infrastruk-
      tur ist derzeit noch relativ unkonkret formuliert. Es gibt nur wenige Anmerkungen zu diesem
      Thema, welche sich meist nur im entferntesten Sinn konkret an die Planung und die Erhaltung
      von Infrastrukturtrassen richten. Im Folgenden werden die relevanten Bestimmungen in den
      österreichischen Gesetzen behandelt.

      4.4.1    ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch)

      In Bezug auf Wege im Allgemeinen gibt es folgende Bestimmungen im Allgemeinen Bürgerli-
      chen Gesetzbuch:
              „Ein Weg im Sinn des Abs. 1 ist eine Landfläche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen für den
              Verkehr jeder Art oder für bestimmte Arten des Verkehres benützt werden darf, auch wenn sie nur für einen
              eingeschränkten Benützerkreis bestimmt ist; zu einem Weg gehören auch die in seinem Zug befindlichen und
              dem Verkehr dienenden Anlagen, wie besonders Brücken, Stützmauern, Futtermauern, Durchlässe, Gräben
              und Pflanzungen. Ob der Zustand eines Weges mangelhaft ist, richtet sich danach, was nach der Art des We-
              ges, besonders nach seiner Widmung, für seine Anlage und Betreuung angemessen und zumutbar ist.“ 29
              „Wird durch den mangelhaften Zustand eines Weges ein Mensch getötet, an seinem Körper oder an seiner
              Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so haftet derjenige für den Ersatz des Schadens, der für den
              ordnungsgemäßen Zustand des Weges als Halter verantwortlich ist, sofern er oder einer seiner Leute den
              Mangel vorsätzlich oder grobfahrlässig verschuldet hat.“30

      Diese Vorgaben müssen in den Gesetzen der unterschiedlichen Infrastrukturbetreiber berück-
      sichtigt und eingehalten werden.

      4.4.2    Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (SROG)

      Grundsätzlich beinhaltet das Salzburger Raumordnungsgesetz einige grundlegende Bestim-
      mungen, welche sich auf Naturereignisse und in weiterer Folge auch auf den Umgang mit Infra-
      struktureinrichtungen beziehen. So wird in Paragraph 2 beispielweise gefordert, den Schutz der
      Bevölkerung vor Gefährdung durch Naturgewalten sowie Unglücken außergewöhnlichen Um-
      fangs durch geeignete Standortwahl dauergenutzter Einrichtungen sowie benötigte Schutzmaß-
      nahmen sicherzustellen.
      Eine grundlegende Aussage zum Schutz vor Naturgefahren wird in Paragraph 2, welcher sich
      mit Raumordnungszielen und -grundsätzen beschäftigt, gemacht. Dieser besagt, dass die Bevöl-
      kerung vor Gefährdung durch Naturgewalten und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs
      zu schützen sowie vor Umweltschäden, -gefährdungen und -belastungen durch richtige Stand-
      ortwahl dauergenutzter Einrichtungen und durch Schutzmaßnahmen bestmöglich zu bewahren
      ist.
      Im Hinblick auf den Straßenbau wird vorgeschrieben, Straßen so zu bauen und zu erhalten, dass
      sie vor Gefahren, die von Elementarereignissen ausgehen können, gewahrt werden.31

      29 ABGB, § 1319a Abs. 2
      30 AGBG, § 1319a. Abs. 1
      31 SROG, §5 Abs. 1

242
Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                                     Schweiger | Swoboda | Tanzer

Ebenso wird im Flächenwidmungsplan festgelegt, dass keine Flächen als Bauland ausgewiesen
werden dürfen, die aufgrund ungünstiger natürlicher Gegebenheiten im Gefährdungsbereich
von Hochwasser, Lawinen, Murgängen, Steinschlag und dergleichen liegen oder die für den
Hochwasserabfluss oder als Hochwasserrückhalteräume freigehalten werden müssen.32
Abgesehen davon gibt es keine weiteren Aussagen, die sich auf die Infrastrukturbestimmungen
hinsichtlich Naturgefahren beziehen.

4.5 Schutzmaßnahmen

Unter Schutzmaßnahmen versteht man die Summe aller Maßnahmen, mit denen die Sicherheit
gegenüber Naturgefahren erhöht wird.33 Der präventiven Planung zum Schutz vor Naturgefah-
ren wird auf fachpolitischer Ebene der Vorzug eingeräumt, allerdings gelten in der Öffentlich-
keit Technische Schutzmaßnahmen als „wirkungsvollere“ Maßnahmen im Schutz gegen die Na-
turgefahren. 34
Wie oben bereits erwähnt, unterscheidet man zwischen aktiven und passiven Gefahrenschutz,
im Bereich der Schutzwirkung differenziert man zwischen permanent und temporär.

                                 Abbildung 5: Systematik der Schutzmaßnahmen
                             (Quelle: BERGMEISTER et al., 2009, In: HÜBL et al., 2011, S. 78).
4.5.1    Passive Maßnahmen

Die passiven Maßnahmen, insbesondere die Prävention durch Planung, spielt eine große Rolle
im Naturgefahrenmanagement. Dabei geht es nicht nur um die Visualisierung von Gefahren

32 SROG, §28 Abs. 3 Z 2
33 vgl. HÜBL et al. 2011, S. 78
34 vgl. RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 129

                                                                                                                243
Schweiger | Swoboda | Tanzer                              Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren

      (Gefahrenplanung) und Risiken (Risikoplanung), sondern darum, Gefahren und Risiken zu mi-
      nimieren. 35 Passiver Schutz bedeutet eine Reduktion der potenziellen Schäden und eine Reduktion
      der Schadensempfindlichkeit. 36
      Als zentrale Schutzmaßnahmen mit permanenter Wirkung sind das integrale Risikomanage-
      ment sowie die Erstellung von Gefahrenzonenplänen und Abflussuntersuchungen zu sehen.37
      Hinsichtlich Naturgefahren werden unterschiedliche räumliche Darstellungen von den Infra-
      strukturträgern verwendet.

           Bezeichnung               Definition
           Gefahrenzonenpläne        Lt. Forstgesetz 1975, fachliche Unterlage, die durch Höhe möglicher
           (WLV)                     Murablagerung, Tiefe des Abtrags, Dynamik des abfließenden Wassers,
                                     Druckbelastung durch Lawinen abgegrenzt werden. Flächenhaftes
                                     Gutachten über die Gefährdung durch Wildbäche, Lawinen und Ero-
                                     sion.38 (Neu-, Ausbau und Bestandsschutz)
           Gefahrenzonenpläne        Lt. § 2 WBFG 1985, fachliche Unterlagen über die durch Überflutung,
                                     Vermurung und Rutschung – sofern durch Gewässer ausgelöst - gefähr-
           (BWV)
                                     deten Gebiete, sowie Bereiche, die für Schutzmaßnahmen freizuhalten
                                     sind oder einer besonderen Bewirtschaftung bedürfen. Sie dienen zur
                                     Planung, Projektierung sowie für Gutachten (Neu-, Ausbau und Be-
                                     standsschutz). 39
           Gefahrenhinweis-          Ziel dieser Karte ist die visuelle Darstellung von Hinweisbereichen ent-
           karte                     lang von Infrastruktureinrichtungen. Die Gefahrenhinweiskarten die-
                                     nen als Planungs- und Entscheidungsgrundlage für weiterführende Un-
                                     tersuchungen, Detailbeurteilungen und entsprechende Maßnahmen
                                     für den Schutz der Infrastrukturtrassen. Maßstab 1:25.000-1:1.000.00040
                                     (Bestandsschutz).
           Risikokarten              Die Risikokarte fungiert als Folgekarte einer Gefahrenkarte und er-
                                     gänzten Risikohinweiskarte. Quantitative Präsentation von differen-
                                     zierter Prozessinformation mit Intensität und Wiederkehrintervall mit
                                     möglichen Konsequenzen. Maßstab 1:5.000 – 1:250.000 (Bestands-
                                     schutz).41
           Streckenaufnahmen         Inventarkarte bzw. Karte der Phänomene – Geotechnische Problem-
                                     stellungen werden visualisiert und beschrieben. Maßstab 1:1.000 (Be-
                                     standsschutz).42

               Tabelle 2: unterschiedliche Definitionen räumlicher Darstellungen (Quelle: Eigene Erstellung)

      35 vgl. RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 129
      36 HÜBL et al. 2009, S. 84
      37 vgl. HÜBL et al. 2009, S. 84
      38 vgl. BMLFUW 2014, online
      39 vgl. LAND SALZBURG 2015c, online
      40 vgl. ÖROK 2015, S. 213,216
      41 vgl. ÖROK 2015, S. 200
      42 vgl. ÖROK 2015, S. 200

244
Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                        Schweiger | Swoboda | Tanzer

4.5.2    Aktive Schutzmaßnahmen

Forstliche Maßnahmen
Bei den Forstlichen Maßnahmen dient der Wald als Schutz vor Naturgefahren. Diese Maßnah-
men beinhalten Aufforstung von Bruch- und Rutschungsflächen, die Schutzwaldpflege, die
Schutzwaldbewirtschaftung sowie die Hochlagenaufforstung.43
Ingenieurbiologische Maßnahmen
Bei den ingenieurbiologischen Maßnahmen werden Gerinne- sowie Hangverbauungen mit „le-
benden“ pflanzlichen Baustoffen errichtet. Bei Rutschungsgefahr und als Erosionsschutz kom-
men Hangverbauungen zum Einsatz. Die Gerinneverbauung dient dem Uferschutz sowie der
Böschungssicherung.44
Technische Maßnahmen
„Technische Schutzmaßnahmen bieten aktiven Schutz, indem sie direkt in den Naturprozess ein-
greifen und entweder dessen Entstehung verhindern oder seine Wirkung dämpfen bzw. sogar voll-
ständig eindämmen.“ 45
Durch die direkte Wirkung auf den Prozess verringern Schutzbauwerke die Eintrittswahrschein-
lichkeit von Naturgefahren. Je näher die Maßnahmen ihre Wirkung am Gefahrenherd ansetzen,
desto effizienter sind sie. Allerdings ergeben sich aufgrund der topografischen Verhältnisse tech-
nische und wirtschaftliche Grenzen hinsichtlich der Maßnahmen. Als letztmögliche Schutz-
maßnahme sollen technische Maßnahmen in Betracht gezogen werden. 46
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten hinsichtlich Technischen Maßnahmen – von Rückhalte-
becken, Dämmen über Talsperren und der Steigerung der Abflussleistung bis hin zu mobilen
Hochwasserschutzmaßnahmen. 47
Im Folgenden werden die verschiedenen Wirkungsprinzipien, die bei technischen Schutzmaß-
nahmen zur Anwendung kommen, kurz dargestellt.

43 vgl. HÜBL et al. 2011, S. 80
44 vgl. HÜBL et al. 2011, S. 81
45 RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 149
46 vgl. RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 149
47 vgl. HÜBL et al., 2011, S.79

                                                                                                     245
Schweiger | Swoboda | Tanzer                               Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren

             Abbildung 6: Übersicht über Schutzbauwerke (Quelle: BERGMEISTER et al., 2009, In: HÜBL et al. 2011).

      „Bei der Planung von Schutzmaßnahmen ist ein aus einer möglichen Gefahr resultierendes Scha-
      denspotenzial für eine bestehende oder geplante Nutzung zu erheben und das daraus entstehende
      Schutzziel zu definieren.“ 48

       Maßnahmen                                           Wirkungsprinzipien
       Ableitung (Regulierung)                             Fließprozesse (Hochwasser) werden am kürzesten
                                                           Weg kanalisiert am Gefahrengebiet vorbeigeleitet
       Stabilisierung (Konsolidierung)                     Stabilisierung labiler Hänge und tief eingeschnit-
                                                           tener Wildbäche
       Umgehung (Bypass)                                   Fließprozesse werden am Gefahrengebiet sicher
                                                           vorbeigeführt
       Retention                                           Rückhalt von Wasser und Feststoffen oberhalb
                                                           des Gefahrenbereiches
       Dosierung                                           Vorübergehende Rückhaltung von Hochwasser
                                                           und dosierte Abgabe an den Unterlauf
       Bremsung                                            Energiereiche Prozesse können durch Bauwerke
                                                           gebremst werden (Steinschlag, Muren, Lawinen)
       Ablenkung                                           Wirkungsrichtung wird vom Gefahrengebiet ab-
                                                           gelenkt
       Anbruchverbau                                       Anbruch wird durch technische Maßnahmen ver-
                                                           hindert (Lawinen, Felssturz, Rutschungen Eosion)

       Tabelle 3: Wirkungsprinzipien bei technischen Schutzmaßnahmen (Quelle: RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 149).

      48   vgl. HÜBL et al. 2011, S. 79

246
Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                               Schweiger | Swoboda | Tanzer

5. Naturgefahren im Kontext der Fachplanungen

5.1 Überblick Verkehrsflächen und Dauersiedlungsraum

Folgende Tabelle zeigt den allgemeinen Verkehrsflächenanteil der einzelnen Bundesländer in
Bezug zum Dauersiedlungsraum und der Gesamtfläche.

 Bundes-      Fläche      Dauersiedlungs-   Anteil Dauersiedlungs-   Verkehrsflä-    Anteil Verkehrsfläche am
 land         (km2)       raum (km2)        raum an Fläche (%)       che (km2)       Dauersiedlungsraum (%)

 W               414,65            333,52                     80,4           56,5                        16,9
 NÖ           19.186,26         11.594,08                     60,4          624,4                         5,4
 Bgl           3.961,80          2.514,79                     63,5          151,8                         6,0
 OÖ           11.979,91          6.835,75                     57,1          353,1                         5,2
 Sbg           7.156,03          1.451,43                     20,3          102,9                         7,1
 Stm          16.401,04          5.192,35                     31,7          355,1                         6,8
 Ktn           9.538,01          2.446,91                     25,7          194,3                         7,9
 T            12.640,17          1.502,97                     11,9          134,6                         9,0
 Vbg           2.601,12            567,73                     21,8           45,9                         8,1

 A            83.878,99         32.439,53                     38,7         2.018,6                        6,2

       Tabelle 4: Dauersiedlungsraum und Verkehrsflächenanteil (Quelle: BMVIT 2015b, S. 3; modifiziert).

Bemerkenswert ist, dass Niederösterreich über mehr als ein Drittel des gesamtösterreichischen
Dauersiedlungsraumes (11.594,08 km2) verfügt und in Wien knapp mehr als 80 % der gesamten
Fläche als Dauersiedlungsraum zur Verfügung stehen. Das andere Extrem stellt Tirol dar, wo
nur 11,9 % der gesamten Fläche als Dauersiedlungsraum genutzt werden können. Auch Salzburg
weist mit 20,3 % Anteil Dauersiedlungsraum an der Gesamtfläche des Bundeslandes einen un-
terdurchschnittlichen Wert auf.
Beim Anteil der vorhandenen Verkehrsflächen, bezogen auf den Dauersiedlungsraum, zeigt
sich, dass in Wien der vorhandene Dauersiedlungsraum relativ gesehen am stärksten (16,9 %)
und Niederösterreich am wenigsten (5,4 %) mit verkehrlichen Anlagen verbaut ist, was aufgrund
der unterschiedlichen Größe der Bundesländer jedoch zu erwarten war. In Tirol sind bereits 9 %
des ohnehin spärlich vorhandenen Dauersiedlungsraums Verkehrsflächen. Für Salzburg beträgt
dieser Wert 7,1 % und ist damit ebenfalls über dem gesamtösterreichischen
Durchschnitt (6,2 %).

                                                                                                                247
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      5.2 Österreichische Bundesbahnen - Infrastruktur AG

      Bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts, mit Errichtung der ersten gebirgsüberquerenden Eisen-
      bahnstrecke in Österreich, waren Naturereignisse für die Eisenbahn ein Thema. Es wurden die
      Art des Ereignisses, die Dauer der Streckenunterbrechung sowie der Schaden – aber auch die
      Verletzten oder zu Tode gekommene Personen – dokumentiert und aufgezeichnet. Im 20. Jahr-
      hundert wurden zusätzlich zu den textlichen Aufzeichnungen auch kartographische Dokumen-
      tationen angelegt. Sehr übersichtlich war die Darstellung im linearen Streckenschaubild, in dem
      Lawinenkataster, Wildbäche, Schutzverbauungen, Waldzustände, geplante Maßnahmen und
      Ereignisse mit Streckenbezug visualisiert wurden.49
      Die hochrangige Schieneninfrastruktur in Österreich liegt in der Verantwortung der Österrei-
      chischen Bundesbahnen (ÖBB) – Infrastruktur AG, die über die ÖBB-Holding AG zu 100 % im
      Eigentum des Bundes ist. Neben der Planung, Errichtung und Finanzierung der Schieneninfra-
      struktur zählt auch die Aufrechterhaltung des Betriebes zu den Aufgaben der ÖBB-Infrastruktur
      AG. Im Gegensatz zu den hohen Mauteinnahmen, die zur Refinanzierung der hochrangigen
      Straßeninfrastruktur verwendet werden können, stehen trotz Infrastrukturbenützungsentgelt
      für die Refinanzierung der Schieneninfrastruktur keine vergleichbar hohen Einnahmen zur Ver-
      fügung. Aus diesem Grund sind Zuschüsse vom Bund notwendig.50
      Neben der von den Österreichischen Bundesbahnen verwalteten Schieneninfrastruktur, gibt es
      auch eine Vielzahl verschiedener privater Bahnstrecken. Insgesamt stehen laut Statistik Austria
      (siehe Tabelle 5) in Österreich 5.651 km Schiene zur Verfügung, wobei im Jahr 2013 rund 5.531
      km in Betrieb waren.
      Mit Ende des Jahres 2014 lagen rund 4.865 Streckenkilometer des österreichischen Schienennet-
      zes, zusätzlich 2.053 km 110-kV/132-kV Bahnstromleitungen, 248 Tunnel und 6.335 Brücken im
      Verantwortungsbereich der ÖBB Infrastruktur AG.51

      49 vgl. BMLFUW 2012, online
      50 vgl. BMVIT 2012, online
      51 vgl. ÖBB INFRASTRUKTUR AG 2015, online

248
Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                                      Schweiger | Swoboda | Tanzer

                  Streckenlänge nach Art der Gleise / Spurweite            Baulänge in     Betriebslänge in
                                                                               km                 km

           Streckenlänge nach Art der Gleise
           Insgesamt 2013                                                          5.651               5.531
             eingleisig                                                            3.583               3.473
             zweigleisig                                                           2.068               2.058
           Streckenlänge nach Spurweite
           Insgesamt 2013                                                          5.651               5.531
             Regelspur (European Standard Gauge, 1.435 mm)                         5.336               5.222
               Hauptbahnen                                                         2.781               2.759
               Nebenbahnen                                                         2.554               2.463
             Schmalspur                                                             316                  309
           1) Erfasst sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen bzw. integrierte Eisenbahnunternehmen im Sinne
           des Eisenbahngesetzes 1957 idgF. mit Sitz in Österreich.

           Tabelle 5: Schieneninfrastruktur in Österreich 2003 (Quelle: STATISTIK AUSTRIA 2014; modifiziert).

     Abbildung 7: Schienennetz Österreich (Quelle: http://www.bueker.net/trainspotting/map.php?file=maps/aus-
                                        trian-network/austrian-network.gif).

Die Österreichischen Bundesbahnen haben zahlreiche Betriebsstandorte im gesamten Bundes-
gebiet. Bei den unterschiedlichen Aufgaben gelten Lawinen, Steinschlag, Muren und Hochwas-
ser zu den Naturgefahrenkompetenzen des Unternehmens. Die Rechtsgrundlagen sind veran-
kert im Bundesbahngesetz BGBI Nr 825/1992 idgF. sowie im Eisenbahngesetz BGBI Nr 60/1957
idgF. (EisBG).52 Gesetzliche Vorgaben für Eisenbahnanlagen fallen unter den Kompetenzbereich
des Bundes. Der Staat ist für die Gesetzgebung sowie für die Vollziehung verantwortlich und

52   vgl. RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 89

                                                                                                                 249
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      ebenfalls zur hoheitlichen Planung in diesen Angelegenheiten befugt.53 Grundsätzlich sieht das
      Eisenbahnrecht keine planerischen und gebietsbezogenen Festlegungen seitens der Hoheitsver-
      waltung vor; vielmehr geht es um die Erstellung von Bescheiden, welche für den Aus- und Neu-
      bau sowie für den Betrieb von Nöten sind. Im Falle von Hochleistungsstecken wird diesem ei-
      senbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren jedoch ein Trassenfestlegungsverfahren vorge-
      reiht.54
      Wie eingangs bereits erwähnt, ist der Eigentümer des Unternehmens ÖBB der Staat Österreich
      und unterliegt im Weiteren dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie.
      Die Leistungen der ÖBB beinhalten die Errichtung, den Erhalt sowie die Überwachung von
      Schutzbauwerken, die der Sicherung der Eisenbahnlinien dienen. Ebenfalls zählen die Bewirt-
      schaftung der Schutz- und Bannwälder, welche für den sicheren Bahnbetrieb von Nöten sind,
      sowie die Frühwarnung und Naturgefahrenbeobachtung zum Schutz der Bahnanlagen zu den
      Leistungen des Unternehmens. Aber auch die Katastrophenbekämpfung an den Eisenbahnan-
      lagen zählt zum Tätigkeitsfeld der ÖBB.55

      5.2.1    Aus- und Neubau

      „Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur erfordern zunehmend längere Planungs- und Errich-
      tungszeiträume und weisen eine Lebensdauer über mehrere Generationen auf… Langfristigkeit und
      Systemnutzen erfordern daher einen integrierten, stabilen, weit vorausschauenden Plan für die
      Umsetzung von Infrastrukturvorhaben.“ 56
      Im Unternehmen ÖBB ist die ÖBB-Infrastruktur AG für eine bedarfsgerechte und sichere Infra-
      struktur – einschließlich Hochleistungsstrecken – verantwortlich. Dies impliziert die Planung,
      Instandhaltung, Errichtung sowie die Bereitstellung der Schieneninfrastruktur.57 Hinsichtlich
      Errichtung ist beim Bau oder bei Veränderung von Eisenbahnanlagen eine eisenbahnrechtliche
      Baugenehmigung erforderlich. Um eine entsprechende Genehmigung zu erlangen, ist ein an-
      tragsbedürftiger Verwaltungsakt einzubringen. Diesem Antrag muss ein Bauentwurf beigelegt
      werden. Zudem sind in der Nähe der Eisenbahntrasse befindlichen Bauten, Verkehrsanlagen,
      Wasserläufe und Leitungsanlagen ersichtlich zu machen. Ebenfalls müssen erhebliche Auswir-
      kungen des Bauvorhabens auf die Umgebung dargelegt werden.58
      Bei der Neuerrichtung von Trassen ist das Thema der Naturgefahren ein Parameter von vielen
      und ist nicht alleine ausschlaggebend für eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung. Eisen-
      bahnunternehmen sind dazu verpflichtet „Eisenbahnanlagen und Betriebsmittel unter Berück-
      sichtigung der Sicherheit, der Ordnung und der Erfordernisse des Betriebes der Eisenbahn und des
      Verkehrs auf der Eisenbahn zu bauen, zu erhalten, zu ergänzen und nach Maßgabe der Rechtsvor-
      schriften erforderlichen Konzessionen, Genehmigungen und Bewilligungen zu betreiben und hat
      diesbezüglich die notwendigen Vorkehrungen zu treffen.“59 Es gibt für Neu- und Ausbautätigkei-
      ten von Eisenbahntrassen hinsichtlich Naturgefahren keine Auflagen seitens der Behörde. Na-
      turgefahren werden bei der Variantendiskussion berücksichtigt, erhalten allerdings keinen ge-
      sonderten Stellenwert. Bei den unterschiedlichen Varianten dienen die Gefahrenzonenpläne der

      53 vgl. B-VG Art 10 Abs. 1 Z 9 oder ÖROK 2013, S. 24
      54 vgl. ÖROK 2013, S. 31
      55 vgl. RUDOLF-MIKLAU 2009, S. 89
      56 ÖBB-Infrastruktur: Zielnetz 2025+der ÖBB-Infrastruktur AG, 2011, S. 7.
      57 vgl. BUNDESBAHNGESETZ, § 31
      58 vgl. EISENBAHNGESETZ 1957, § 31
      59 EISENBAHNGESETZ 1957, §19

250
Infrastruktureinrichtungen und Naturgefahren                      Schweiger | Swoboda | Tanzer

Bundeswasserbauverwaltung und der Wildbach- und Lawinenverbauung als Planungsgrund-
lage. Die BWV sowie die WLV haben bei Trassenplanung als Sachverständige Recht auf Stel-
lungnahme. Allerdings spielen bei Neutrassierung viele unterschiedliche Themenbereiche (Na-
turschutz, Lärm, Naturgefahren usw.) eine große Rolle. Die verschiedenen Varianten werden
einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen, bewertet – und aufbauend auf diese Analyse fällt die
Entscheidung für eine Trasse.
Bei Trassenausbauten gilt der Bestand als Ausgangslage und es werden überwiegend technische
Maßnahmen getätigt, um die Infrastruktur vor Naturgefahren zu schützen. Hierbei gilt immer
die Prämisse, dass die Anlage entsprechend dem Stand der Technik geschützt werden muss.
Beinahe alle Planungs- und Bautätigkeiten (ausgenommen Oberbau und Kabelarbeiten) werden
von der ÖBB-Infrastruktur AG an externe Planungsbüros nach Bundesvergabegesetz ausgela-
gert. Allerdings haben diese Planungsbüros oftmals lediglich die Aufgabe, die vordefinierten
Maßnahmen der ÖBB umzusetzen.60

5.2.2     Bestandsschutz

In der Unternehmensstruktur der ÖBB Infrastruktur AG sind die Tätigkeiten in Bezug auf Na-
turgefahren der Abteilung „Geotechnik und Naturgefahrenmanagement“ zugewiesen. Im Spezi-
ellen unterliegen die Planung und Umsetzung von technischen Maßnahmen und Anlagen der
Abteilung „Geotechnik“, welche weitere technische Maßnahmen auch bei anderen Bahnanlagen
festlegt und plant. Als Grundlage, um Maßnahmen zu definieren, werden die Gefahrenzonen-
pläne der Länder verwendet. An sensiblen Streckenabschnitten wird ÖBB-intern das mögliche
Auftreten von Naturgefahren betrachtet. Weitere Schritte werden bedarfsorientiert und immer
unter den Gesichtspunkt des sicheren Bahnbetriebs festgelegt. 61
„Die innerhalb des Gefährdungsbereiches durch Naturereignisse (wie Lawinen, Erdrutsch, natürli-
cher Pflanzenwuchs) eingetretenen Gefährdungen der Eisenbahn (§ 43 Abs. 1) sind vom Eisenbahn-
unternehmen zu beseitigen. Wenn der Verfügungsberechtigte hierzu seine Zustimmung verwei-
gert, so hat ihm die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Eisenbahnunternehmens die Dul-
dung der Beseitigung aufzutragen.“62
Die ÖBB unterscheiden bei den unterschiedlichen Maßnahmen zwischen aktiven und passiven
Schutzmaßnahmen. Allerdings definieren die ÖBB mit aktiven Maßnahmen den Schutz direkt
am Bahnkörper. Unter „passiv“ wird der externe Schutz (nicht direkt am Bahnkörper) verstan-
den.63
In diesem Bericht wird, um die Lesbarkeit nicht zu erschweren, auf die ÖBB-Definition
verzichtet.

60 vgl. STERN 2015, Interview
61 vgl. STERN 2015, E-Mail Korrespondenz
62 vgl. EISENBAHNGESETZ 1957, §45
63 vgl. STERN 2015, E-Mail Korrespondenz

                                                                                                  251
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