ZIELMARKTANALYSE PHOTOVOLTAIK BRASILIEN - Marktsituation und Potenziale mit Profilen der Marktakteure

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ZIELMARKTANALYSE
PHOTOVOLTAIK BRASILIEN
Marktsituation und Potenziale
mit Profilen der Marktakteure
ZIELMARKTANALYSE PHOTOVOLTAIK BRASILIEN - Marktsituation und Potenziale mit Profilen der Marktakteure
Impressum
Herausgeber
Deutsch-Brasilianische
Industrie- und Handelskammer
Rio de Janeiro

Stand
27.04.2014

Bildnachweis
AHK Rio de Janeiro

Redaktion
Philipp-G. Hahn
Allegra Seipp
ZIELMARKTANALYSE PHOTOVOLTAIK BRASILIEN - Marktsituation und Potenziale mit Profilen der Marktakteure
Inhalt

Einleitung ......................................................................................................................................................................3

2. Zielmarkt Brasilien ................................................................................................................................................5

    2.1 Länderprofil ........................................................................................................................................................5
    2.2 Politischer Hintergrund.......................................................................................................................................7
    2.3 Infrastruktur, Wirtschaft & Entwicklung ............................................................................................................7
    2.4 Investitionsklima- und Förderung.......................................................................................................................9
3. Strommarkt und -Sektor ......................................................................................................................................9

    3.1 Stromerzeugungs- und Verbrauchsstruktur .......................................................................................................9
    3.2 Strommarkt...................................................................................................................................................... 10
    3.3 Strompreise (Entwicklung und Prognose) ....................................................................................................... 12
    3.4 Energiepolitische Administration .................................................................................................................... 13
    3.5 Energiepolitische Rahmenbedingungen .......................................................................................................... 14
    3.6 Jüngste Entwicklungen auf dem Energiemarkt ............................................................................................... 14
    3.7 Ausblick ............................................................................................................................................................ 15
4. Photovoltaik in Brasilien ................................................................................................................................... 16

    4.1 Potenziale ...................................................................................................................................................... 16
    4.2 Regulatorische Rahmenbedingungen .............................................................................................................. 17
       4.2.1 Auktionen ................................................................................................................................................. 17
       4.2.2 Net-Metering ............................................................................................................................................ 18
       4.2.3 Standards, Normen & Zertifizierung......................................................................................................... 21
       4.2.4 Wirtschaftlichkeit...................................................................................................................................... 23
    4.3 Marktstruktur .................................................................................................................................................. 25
       4.3.1 Installation und Service ............................................................................................................................ 25
       4.3.2 Komponenten ........................................................................................................................................... 26
       4.3.3 Solarzellen und –module .......................................................................................................................... 26
       4.3.4 Fachkräfte ................................................................................................................................................. 26
       4.3.5 Fördermöglichkeiten ................................................................................................................................ 27
       4.3.6 Regionale Programme .............................................................................................................................. 27
    4.4 Marktbarrieren und -hemmnisse ................................................................................................................ 28

1
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4.5 Handlungsempfehlungen und -chancen für deutsche Unternehmen................................................... 29
5. Marktakteure ....................................................................................................................................................... 31

6. Schlussbetrachtung – Chancen & Hemmnisse............................................................................................... 58

7. Anhang ................................................................................................................................................................. 60

    7.1 Wichtige Kontakte ........................................................................................................................................ 60
       7.1.1 Staatliche Institutionen ............................................................................................................................ 60
       7.1.2 Branchenkontakte .................................................................................................................................... 61
       7.1.3 Testlabors ................................................................................................................................................. 63
    7.2 Wichtige Messen .......................................................................................................................................... 63
    7.3 Wichtige Fachzeitschriften .......................................................................................................................... 63
    7.5 Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................................. 64
    7.6 Tabellenverzeichnis ..................................................................................................................................... 64
    7.7 Fotografienverzeichnis ................................................................................................................................ 64
    7.8 Quellen und Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 65

2
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Einleitung
Die „Emerging Economy“ Brasilien wächst sowohl wirtschaftlich als auch demografisch. Die Weltbank erwartet, dass die
Bevölkerung der sechstgrößten Volkswirtschaft von derzeit 200 Mio. bis 2030 auf 219 Mio. wächst und sieht Brasilien
immer noch als eines der Länder mit den höchsten Entwicklungsraten. Darüber hinaus lassen stetige Zuwächse bei
Einkommen und Lebensstandard eine nachhaltige und sichere Energieversorgung zu einer immer wichtiger werdenden
Frage werden. Die Stromregulierungsbehörde EPE erwartet in ihrem Outlook für 2030 Stromverbrauchszuwächse in
Höhe von 1.245 TWh. Dies entspricht einem Wachstum von nahezu 90% im Vergleich zu 2011. Vor diesem Hintergrund
versucht die brasilianische Regierung alle möglichen Energiequellen zu nutzen und auszubauen, was auch das große
Potenzial an Erneuerbaren Energiequellen einschließt. Dennoch gilt es zu beachten, dass Brasilien bereits mehr als 80%
seines Strombedarfs aus Wasserkraft deckt.1 Obwohl Brasilien aufgrund seiner geografischen Lage vergleichsweise
äußerst attraktive Sonneneinstrahlungswerte aufweist, wird dieses Potenzial bisher nahezu wenig genutzt.2 Die derzeit
installierte Kapazität von ca. 50 MW steht für weniger als 0,1% der Versorgungsmatrix und basiert vor allem auf
isolierten Inselsystemen im Amazonasgebiet.

Der hohe Zentralisierungsgrad und die Abhängigkeit von Wasserkraft sind die größten Herausforderungen in Brasiliens
Stromversorgung. Die großen Distanzen zwischen Erzeugern und Verbrauchern führten zu Versorgungsengpässen in den
letzten Jahren. Dürreperioden sorgten für ernsthafte Bedrohungen der Versorgungsicherheit. Dies führte in der Politik zu
Anstrengungen zur Diversifizierung und Dezentralisierung des Stromsektors. So wurde im April 2012 offiziell ein Net-
Metering-Mechanismus eingeführt, der es Mikro- und Mini-Erzeugern erlaubt, aus erneuerbaren Quellen erzeugten
Strom ins Netz einzuspeisen und dafür Abschläge auf die Stromrechnung bzw. Guthaben zu erhalten. Erlaubt sind Solar,
Wind, Biomasse und Kleinwasserkraft bis zu 1 MW an installierter Kapazität. Dabei gelten als Mikro-Erzeuger solche mit
Anlagen bis zu 100kW und als Mini-Erzeuger solche mit bis zu 1MW.3

Hinter der Wahl des Net-Metering-Mechanismus wird das Paradigma des brasilianischen Stromsektors deutlich, das im
Gegensatz zu den Klimaschutz geleiteten Ansätzen in Europa, die Versorgungssicherheit und sozial verträgliche
Endverbraucherpreise anstrebt.4

Die Net-Metering-Regulierung begünstigt in erster Linie Photovoltaik-Technogien, da die roof-top-Systeme
Übertragungsverluste und die Abhängigkeit von Regenfällen verringern können. Für Verbraucher bzw. Nutzer können sie
je nach örtlichem Stromtarif auch finanzielle Entlastungen bedeuten (siehe Kapitel 4.2.2). Die Kombination aus
langfristiger und stabiler Regulierung ohne öffentliche Zuschüsse und hohen Einstrahlungswerten ebnet den Weg für
eine vielversprechende Entwicklung der Photovoltaik in Brasilien. Vor allem im Haushalts- und Kleingewerbebereich
dürfte das neue Regulierungsdesign für einen Boom sorgen.

Die Strompreise für Haushalte sind mit die höchsten weltweit, währenddessen wird im Gewerbesektor der größte
Zuwachs bei der Nachfrage erwartet. Hohe Strompreise wirken förderlich auf die Profitabilität der Photovoltaik, da Teile
der Nachfrage durch Eigenerzeugung gedeckt werden können.

Aufgrund der hohen Wachstumserwartungen haben zuletzt ausländische Unternehmen zunehmend Interesse am
jungfräulichen brasilianischen PV-Sektor gezeigt.5 Für potenzielle Markteintritte sind Kenntnisse zu politischen und
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unentbehrlich, da diese volatiler als in der EU üblich sind, was durch die
präsidentiell verordnete Strompreissenkung um bis zu 30% Ende 2012 deutlich wurde, welche die finanzielle Attraktivität
von PV-Anlagen zum damaligen Zeitpunkt deutlich zurückwarf. Eine fundierte Marktanalyse samt finanzieller

1   EIA (2012): Country Analysis Briefs Brazil.
2   Meisen, P. (2010): Renewable Energy Potential of Brazil. Global Energy Network Institute. S.29.
3   Nielsen, S. (2012a): Brazil Promoting Rooftop Solar Market with New Policies. Bloomberg.
4   European Union (2008): Securing your energy future: Commission presents energy security, solidarity and efficiency proposals.
5   DENA Deutsche Energie-Agentur GmbH, (2012): Marktreport Brasilien - Photovoltaik

3
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Performance von PV-Anlagen in den verschiedenen brasilianischen Regionen ist daher unerlässlich. Das Ziel dieser
Markanalyse ist, Chancen und Hindernisse beim Markteintritt ausländischer Unternehmen aus der PV-
Wertschöpfungskette im brasilianischen Photovoltaik-Sektor zu analysieren. Die Analyse nimmt Bezug zu
wirtschaftlichen, politischen und sozialen Rahmenbedingungen.

Der Fokus der Studie liegt auf dem Thema Photovoltaik, mit den Schwerpunkten bei modernen Wechselrichter- und
Zählertechnologien. In diesen Bereichen bieten sich in Zukunft enorme Geschäftschancen für deutsche Anbieter von PV
und damit zusammenhängender Peripher-Technologie.

Gerade jetzt ist der richtige Moment für deutsche Investoren und Unternehmen, die ihr Know-how und ihre
Solarprodukte „Made in Germany“ in Brasilien anbieten möchten, die ersten Schritte in diese Richtung zu unternehmen,
gute Kontakte zu knüpfen, um dann im Moment der Investitionsentscheidung bereits als bekannter, zuverlässiger
Lieferant besser positioniert zu sein als andere Wettbewerber. Der in der Entstehung befindliche Sektor wartet noch mit
enormen unerschlossenen Potenzialen auf. Hier bestehen beste Chancen Pioniererfolge zu erzielen und früh strategisch
und wirtschaftlich wichtige Marktanteile zu besetzen.

Die vorliegende Studie „Photovoltaik Brasilien“ wurde von der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer
Rio de Janeiro zur Jahreswende 2013/2014 angefertigt, um deutschen Unternehmen mit Interesse am brasilianischen
Markt für Photovoltaik (PV) einen Überblick zum Marktgeschehen in Brasilien zu ermöglichen und eine
Entscheidungshilfe an die Hand zu geben.

Zu diesem Zwecke enthält Kapitel 2 wichtige allgemeine Informationen zum Zielmarkt Brasilien im Hinblick auf
wirtschaftliche und politische Hintergründe. Darüber hinaus wird die Struktur des Energiemarktes beschrieben sowie
dessen jüngste Entwicklungen skizziert.

Darauf aufbauend wird gezielt der PV-Sektor samt seiner gesetzliche Rahmenbedingungen und spezifischen Potenziale,
Chancen und Risiken, welche sich für deutsche Unternehmen ergeben in Abschnitt 3 erläutert. Der darauf folgende Teil
gibt einen Überblick über die für den brasilianischen Markt relevanten Akteure und enthält wertvolle Kontaktdaten zu
bereits am Markt aktiven Unternehmen, Verbänden und politischen Instanzen.

4
2. Zielmarkt Brasilien

2.1 Länderprofil

Die präsidiale Föderative Republik Brasilien (República Federativa do Brasil) liegt an der Ostküste Südamerikas zwischen
dem 5. und 33. Breitengrad. Das Land grenzt an alle Länder Südamerikas außer Chile und Ecuador. Brasilien ist mit einer
Fläche von 8,5 Mio. km² das größte Land Lateinamerikas, damit fast so groß wie das europäische Festland und nimmt
47% der Fläche des südamerikanischen Kontinents ein. Die Küstenlinie beträgt 7.367km6.

Das Klima Brasiliens ist aufgrund der Differenzen zwischen tropischen und subtropischen Regionen sehr unterschiedlich:
trocken im Zentrum, tropisch im Amazonasbecken und an den Küsten, subtropisch im Süden. Brasilien hat geringe
jahreszeitliche Temperaturschwankungen, nur der Süden hat ein gemäßigteres Klima mit kalten Temperaturen im
Winter und gelegentlichen Schneefällen auf den Bergen7.

Abbildung 1: Topografie Lage Brasiliens

    Quelle: KPMG Länderportal Brasilien (2012)

6 KPMG (2013): Länderprofil Brasilien. KPMG High Growth Markets: http://www.kpmg.de/Themen/1405.htm. Zugriff: [09.12.2013].
7 KPMG (2013): Länderprofil Brasilien. KPMG High Growth Markets: http://www.kpmg.de/Themen/1405.htm. Zugriff: [09.12.2013].

5
Brasilien hat eine Bevölkerung von 196,5 Mio. (Stand November 2012), mit einem jährlichen Wachstum von ca. 1,1%. Die
Einwohnerdichte beträgt 22,4/km², die Mehrheit lebt jedoch in den Großstädten des Küstenstreifens. Das Land gliedert
sich in 27 Verwaltungseinheiten, bestehend aus 26 Bundesstaaten und dem Bundesdistrikt Brasília. Diese Einheiten
werden in fünf geografische Regionen unterteilt8:

Abbildung 2: Geografische Regionen Brasiliens

Quelle: Eigene Darstellung nach Branco Lazaro (2012)

Der Norden umfasst 45% der Fläche Brasiliens, ist jedoch am wenigsten besiedelt und industrialisiert. Zu dieser Region
gehören die Bundesstaaten Amazonas, Pará, Rondônia, Roraima, Amapá, Tocatins und Acre. Im Nordosten, bestehend
aus den Bundesstaaten Maranhão, Piauí, Ceará, Rio Grande do Norte, Paraíba, Pernambuco, Alagoas, Sergipe und Bahia,
wohnt ca. ein Drittel der brasilianischen Bevölkerung. Der Mittlere Westen (Mato Grosso, Mato Grosso do Sul, Goiás und
Bundesdistrikt) ist reich an Rohstoffen, Brasiliens Kornkammer und dünn besiedelt. Der Südosten (Rio de Janeiro, São
Paulo, Minas Gerais und Espírito Santo) mit den Ballungsräumen São Paulo (ca. 20 Mio. Einwohner) und Rio de Janeiro
(ca. 12 Mio. Einwohner) hat die größte Bevölkerungszahl und –dichte. Diese Region ist das wirtschaftliche Zentrum
Brasiliens. São Paulo ist außerdem der größte deutsche Industriestandort außerhalb Deutschlands. Der Süden mit den
drei Bundesstaaten Paraná, Santa Catarina und Rio Grande do Sul ist die kleinste Region und von deutscher sowie
italienischer Einwanderung geprägt9.

Die brasilianische Gesellschaft ist sehr vielfältig in Bezug auf Kultur, Ethnie, sozialer Schicht und (Aus-)Bildungsniveau.
Die Analphabetenquote lag 2012 bei ca. 8,7%10. Die Bedingungen an öffentlichen Schulen sind oft schlecht. Lehrer
werden schlecht bezahlt und haben oft selbst kein abgeschlossenes Studium. Die meisten Angehörigen der Mittel- und
Oberschicht schicken ihre Kinder deshalb auf private Schulen. In den letzten Jahren hat die gesamte Bevölkerung
Brasiliens ein Wohlstandswachstum erlebt und viele Einwohner konnten in höhere Einkommensklassen wechseln. Dies
betrifft nicht nur die einkommensstärksten Klassen A und B, die prozentual den größten Zuwachs an neuen Mitgliedern

8 KPMG (2013): Länderprofil Brasilien. KPMG High Growth Markets: http://www.kpmg.de/Themen/1405.htm. Zugriff: [09.12.2013].

9   Branco Lazaro (2012)
10   Junior (2013): http://noticias.terra.com.br/educacao/ibge-analfabetismo-cresce-pela-primeira-vez-desde-
1998,e5e1e55448c51410VgnVCM3000009acceb0aRCRD.html. Zugriff: [09.12.2013].

6
verzeichnen konnten. Auch viele Mitglieder der niedrigsten Einkommensklassen konnten in die Mittelschicht aufsteigen,
die nun die mitgliederstärkste Klasse ist. Dies wurde einerseits durch staatliche Programme, andererseits durch die gute
Konjunktur und damit verbundene sehr niedrige Arbeitslosigkeit, begünstigt. Es wird erwartet, dass sich dieser Trend
fortsetzt, was die aktive Käuferschaft weiter vergrößern und so den Konsum noch stärker ankurbeln wird.

Brasilien ist ein Land, in dem große Unterschiede zwischen Stadt und Land herrschen. Während sich die Industrie in
einigen Ballungsgebieten vor allem an der Küste und im Südosten und Süden des Landes angesiedelt und dort zu
Wohlstand geführt hat, fehlt es in vielen ländlichen Gegenden immer noch an elementarer Infrastruktur. Durch die
Migration vieler Brasilianer in städtische Gebiete sind riesige Großstädte mit den entsprechenden Problemen, wie
Wohnraummangel und Kriminalität entstanden. In den letzten Jahren ist das Wirtschaftswachstum aber auch in den
traditionell ärmeren Bundesstaaten des Nordens und Nordostens angekommen, die nun, auch aufgrund ihres vorher
niedrigen Entwicklungsstandes, über dem Landesdurchschnitt liegende Wachstumsraten verzeichnen. Dies schafft
Hoffnung auf eine langfristige und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung Brasiliens.

Doch bereits jetzt herrscht ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und die steigenden Löhne bei gleichbleibender,
zum Teil sogar sinkender Produktivität erhöhen die Inflationsgefahr und beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit.
Weitere Hindernisse auf dem Weg zu einer global führenden Wirtschaftsmacht sind die Mängel in Infrastruktur,
Bildungssystem, Bürokratie, Steuerniveau und Produktivität. Wichtige Reformen und Investitionen, wie z.B. in das
Bildungssystem sind unverzichtbar, um Brasilien weiterhin auf Wachstumskurs zu halten und den Sprung von einem
Schwellenland zum entwickelten Land zu schaffen. Große Teile der Bevölkerung verliehen diesen Forderungen durch die
Protestwelle im Juni 2013 Nachdruck.

2.2 Politischer Hintergrund

Von 1964 bis 1985 wurde Brasilien durch eine Militärjunta regiert. Diese Zeit war geprägt durch Menschenrechts-
verletzungen an Regimekritikern und staatliche Großprojekte zur Entwicklung von Land und Wirtschaft, darunter vor
allem Bauprojekte wie Straßen, Wasserkraft- sowie Atomkraftwerke. Folge dessen waren hohe Staatsschulden, Inflation
und Innovationsstau. Seit 1988 ist Brasilien eine präsidiale föderative Republik. Der Präsident wird für vier Jahre direkt
vom Volk gewählt und kann einmal wiedergewählt werden. Auf dem national und international populären Luiz Ignacio
da Silva folgte am 1. Januar 2011 die erste weibliche Präsidentin, Dilma Rousseff. Der Präsidentin ist Staats- und
Regierungschefin zugleich und hat weitrechende exekutive Gewalt. Das Parlament (Congresso Nacional) besteht aus dem
Oberhaus (Senado Federal) und dem Unterhaus (Câmara dos Deputados). Im Senat sind die 27 Bundesstaaten mit
jeweils drei Vertretern für acht Jahre vertreten, während die Abgeordnetenkammer für vier Jahre gewählt wird 11.

2.3 Infrastruktur, Wirtschaft & Entwicklung

Die Verkehrsinfrastruktur ist je nach Region sehr unterschiedlich. Das Straßennetz Brasiliens ist mit zwei Mio. km das
zweitlängste der Welt, allerdings nur zu 10% asphaltiert12. Der Großteil des Personen- und Güterverkehrs erfolgt auf den
Straßen. Der Schienenverkehr spielt heutzutage fast keine Rolle. Ein Schienennetz nach europäischem Verständnis ist
nicht vorhanden. Im Personenverkehr dominieren Bus und Flugzeug.

Nach dem Bruttosozialeinkommen ist Brasilien die siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt und die größte Lateinamerikas.
Nach Schätzungen des IWF könnte das Land bis 2915 unter die ersten fünf rücken. In den 1960er und 70er Jahren
wurden rasante Schritte vom Agrar- und zum Dienstleistungs- und Industrieland gemacht. Großes Potenzial wird
Brasilien vor allem wegen seiner politischen Stabilität und seinem Rohstoffreichtum zugeschrieben. 2012 lag das BIP bei
2.395,97 Mrd. US-Dollar und einem Pro-Kopf-Einkommen von 12.788 US-Dollar (2011). Das Wirtschaftswachstum war

11   Universidad Autônoma Nacional de México (2012): Navegador Jurídico Internacional.
12   Sabia Brasil Info (2012): Portal Brasilien.

7
2012 mit 0,9% überraschend schwach, für 2013 werden 2 ,5% erwartet. Damit ist die Entwicklung Brasiliens lange nicht
so rasant wie die anderer Schwellenländer, wie z.B. Indien, Russland oder China und auch anderer Länder Südamerikas.
Mit ca. 6% lag zudem die Inflation im vergangenen Jahr (2012) über dem angestrebten Wert. Der Leitzins Selic ist trotz
der zuletzt politisch durchgesetzten Senkung mit momentan 10,00% im Vergleich zu anderen Ländern immer noch
ungewöhnlich hoch13.

Tabelle 1: Wirtschaftswachstum (%)14
                                                              2000       2005        2010          2011      2012
                                                              4,3        3,2          7,5          2,7        1,0

Das BIP setzt sich folgendermaßen zusammen: Dienstleistung 65%, Industrie 28% und Landwirtschaft 6,7%, wobei der
Anteil der Produktion und Verarbeitung von Agrarstoffen insgesamt 25% ausmacht und der Anteil der Industrie leicht
abnehmend ist.

Konjunkturmotoren sind neben dem starken Binnenmarkt der Export von Rohstoffen und Agrarprodukten wie Eisenerz,
Rohöl, Stahl, Fleisch, Zucker, Soja, Kaffee und Bioethanol. Brasilien profitiert von steigenden Weltmarktpreisen für
Rohstoffe und Agrarprodukte was auch positive Effekte für die Konsolidierung des Staatshaushaltes hatte. Diese
Entwicklung brachten jedoch als negative Begleiterscheinungen die Aufwertung der Landeswährung Real sowie die damit
verbundene Gefahr der Holländischen Krankheit. Statistiken aus der Industrieproduktion unterstreichen diese
Befürchtungen. Seit Mitte 2013 ist entgegen dieser Entwicklung jedoch ein stetiger Kursverfall gegenüber dem Dollar und
dem Euro zu verzeichnen.

Tabelle 2: Wechselkurse
                                                            Wechselkurs BRL                 USD              EUR
                                                                09.12.2013                  2,32             3,19

Die Außenhandelsbilanz Brasiliens wies 2012 mit US$ 19.438 Mrd. einen positiven Saldo auf. Rohstoffe sind Brasiliens
wichtigstes Exportgut und werden vor allem in Industrie- und andere Schwellenländer exportiert. So ist der wichtigste
Abnehmer von Rohstoffen auch der wichtigste Handelspartner Brasiliens China. Wichtigster europäischer
Handelspartner ist Deutschland. Die wichtigsten Importgüter sind Maschinen und Fahrzeuge, Chemische Erzeugnisse,
Vorerzeugnisse und Kraftfahrzeuge. Die Tatsache, dass vor allem Industriegüter importiert werden, gibt Anlass zur
Befürchtung einer Entwicklung der Deindustrialisierung in Brasilien.

Im Jahr 2008 wurden umfangreiche Rohöl –und Erdgasvorkommen an der südöstlichen Atlantikküste entdeckt, die
einen Wirtschaftsboom versprechen. Weitere Wachstumssektoren sind die Stahl-, Papier und Zellulose sowie
Autoindustrie.

Wichtigste Handelspartner bei Importen sind vor allem China (14,1%), USA 12%, Argentinien (7,9), Deutschland (6,9%).
Importiert werden aus Deutschland vor allem Autos, Autoteile, und –Zubehör, Chemie- und Pharma-Produkte sowie
Maschinen. Für Deutschland ist Brasilien traditionell der zweitwichtigste Handelspartner auf dem amerikanischen
Kontinent hinter den USA15.

13   Auswärtiges Amt (2012): Profil Brasilien.
14   AHK Brasilien/GTAI (2013): Wochenbericht 13.
15   AHK (2011): Wirtschaftsdaten Brasilien.

8
2.4 Investitionsklima- und Förderung

Mit 18,1% lag die Investitionsquote auch 2012 auf einem traditionell niedrigen Niveau. Für 2013 wird eine leichter
Anstieg auf 18,6% erwartet. Große Hoffnungen liegen auf den staatlichen Investitionsprogrammen PAC. Diese beinhalten
zum einen das Wohnungsbauprogramm Minha Casa, Minha Vida, zum anderen sind mit der zweiten Stufe PAC II
Investitionen in Infrastrukturprogramme, wie den Aufbau einer Abwasserentsorgung geplant. Auch von der
Fußballweltmeisterschaft 2014 und den Olympischen Spielen 2016 und den damit verbundenen Investitionen sowie der
Konzession Zahlreicher Bundesstraßen und Flughäfen werden wichtige Impulse erwartet. Ein weiterer Hoffnungsträger
ist die Exploration der Presalt-Erdölquellen unter dem Meeresboden und der Aufbau einer nachgelagerten Industrie.
Andere Branchen mit hohen Investitionsaussichten sind die Konsumgüterbranche und der Energiesektor.

Das Klima für FDI (Foreign Direct Investment) ist in Brasilien grundsätzlich positiv, vor allem wenn es um die
Ansiedlung von lokalen Produktionsmitteln und Arbeitsplatzschaffung geht. Dies findet seinen Ausdruck jedoch an
strenge Local Content-Regeln gebunden, die zumeist einen nationalen Wertschöpfungsanteil von 60% vorsehen, um an
zinsgünstige Kredite der Entwicklungsbank BNDES zu kommen.

Die Umsatzsteuer ICMS wird durch die einzelnen Bundesstaaten auf Güter und Dienstleistungen erhoben, was zu einem
Wettlauf um die Gunst ausländischer Investoren führt. Viele Branchen, vor allem der Erneuerbaren Energien, sind in den
meisten Bundesstaaten von der Umsatzsteuer befreit16.

3. Strommarkt und -Sektor
Brasilien ist der neuntgrößte Energieverbraucher der Welt. Aufgrund des Wirtschaftswachstums ist der Energieverbrauch
des Landes in den letzten Jahren ebenfalls gestiegen 17. Wichtigster Primärenergieträger des Landes ist Erdöl, gefolgt von
Wasserkraft und anderen Erneuerbaren Energieträgern, darunter vor allem die Zuckerrohrbiomasse zur Stromerzeugung
sowie Ethanol als Kraftstoff.

3.1 Stromerzeugungs- und Verbrauchsstruktur

Die Stromversorgung Brasiliens belief sich im Jahr 2012 auf ca. 592,8 TWh, was einem Zuwachs von 4,4% im Vergleich
zum Vorjahr entspricht. Abbildung 3 zeigt, dass die Erzeugung zum Großteil auf Wasserkraft beruht:

Abbildung 3: Internes Stromangebot nach Quellen (2012)

                                                   Stromangebot
                                                          3%
                                                   3%           2%
                                             8%

                                        1%

                                     7%

16   AHK (2013): Condições de Importação de Equipamentos de Mini & Micro-Geração Distribuída Fotovoltaica no Brasil.
17 EIA
                                                                                 77%
         (2012): Country Analysis Briefs Brazil.

               Wasserkraft         Biomasse        Wind        Erdgas     Rohölderivate        Nuclear        Kohle
 Quelle: EPE (2013a)

9
Die brasilianische Industrie ist mit 41% des Primärenergieverbrauchs der Sektor mit dem größten Verbrauch im Land,
gefolgt vom Haushaltsbereich mit 26%.

Tabelle 3: Primärenergieverbrauch nach Verbrauchergruppe (in %, Stand 2012)

Verbrauchergruppe                                in %
Haushalte                                        26%
Industrie                                        41%
Handel                                           18%
Andere                                           15%
Quelle: EPE (2013d): Consumo anual de energia elétrica por classe (nacional) – 1995-2012.
http://www.epe.gov.br/mercado/Paginas/Consumonacionaldeenergiaelétricaporclasse–1995-2009.aspx Zugriff: [26.01.2014].

Brasilien importiert Strom zu geringen Mengen aus den Nachbarländern, vor allem Argentinien und Paraguay.

3.2 Strommarkt

Der brasilianische Strommarkt ist der drittgrößte der westlichen Hemisphäre. Er wird von der ANEEL (Agência Nacional
de Energia Elétrica) reguliert. Vor dem Hintergrund steigender Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstumszahlen werden
die Erzeugungskapazitäten des Landes weiterhin ausgebaut. Der Ausbau soll vor allem auf Basis von Windkraft und
Gaskraftwerken beruhen. Zwischen 2013 und 2020 soll die Erzeugungskapazität von 121.650,51 MW auf 171.138 MW
steigen.

Der Strommarkt wurde in den 1990er Jahren teilliberalisiert. Weite Teile der Erzeugungs- und Übertragungskapazitäten
befinden sich jedoch weiterhin unter staatlicher Kontrolle, durch die Holding Eletrobras und ihre sechs
Tochterunternehmen Chesf, Furnas, Eletrosul, Eletronorte, CGTEE und Eletronuclear, welche für 36% (42,3 GW) der
Erzeugungskapazitäten stehen. Der zweitgrößte Erzeuger ist die CESP (Companhia Energética de São Paulo, 7,45 GW).
An dritter Stelle folgt der größte private Akteur, Tractebel (6,9MW), eine Tochter des GDF Suez-Konzerns.

                                                                         Foto 1: 1MW-Solarkraftwerk “Tauá”
Deutsches Engagement im brasilianischen Energiemarkt
gibt es in großem Umfang durch den Einstieg von E.ON
bei MPX. Der aus dem Jointventure entstandene Konzern
ENEVA, soll in den nächsten Jahren 20 GW an
Erzeugungskapazität aufbauen und ist zudem Betreiber
des ersten kommerziellen PV-Kraftwerkes „Tauá“ im
Nordosten des Landes.

Rund zwei Drittel der Verteilnetze gelten als privatisiert.
Das Hochspannungsnetz ist nahezu komplett in
staatlicher Hand. 13-17% gehen durch Netzverluste und
illegales Anzapfen der Stromleitungen verloren. Ein
weiteres Problem ist die Versorgungssicherheit. Das
anfällige Nationale Stromnetz (SIN), über welches 98%
aller Kunden versorgt werden, fiel im Jahr 2010 rund 20
Stunden aus (2000: 17 Stunden).                                          Quelle: ENEVA

Die brasilianische Regierung hat dem Ausbau der Netze eine hohe Priorität eingeräumt. Hoffnung wird v.a. in sogenannte
Smart Grids gesetzt. Mit ihrer Hilfe soll in erster Linie in mittelgroßen Städten Strom gespart und die Versorgungs-

10
sicherheit erhöht werden. Erste Pilotprojekte laufen bereits in Sete Lagoas und Búzios. Insgesamt möchte der
brasilianische Staat bis 2017 rund 900 Mio. Euro in die Stromnetze investieren.
Seit 2009 sind reverse Auktionen von Stromerzeugungskapazitäten das beliebte Instrument der brasilianischen
Regierung zur Förderung Erneuerbarer Energiequellen. Es gibt drei Arten von Versteigerungen (Leilão de Energia): A-5
und A-3 um Strom aus neuen Anlagen zu erzeugen und A-1 um Strom aus existierenden Anlagen zu erzeugen. Die
Bezeichnung „A“ steht für die Auslieferungsfrist der Erzeugungskapazitäten. A-5-Versteigerungen werden also fünf Jahre
vor dem geplanten Erzeugungsbeginn durchgeführt, usw. Es gibt Versteigerungen an denen alle Energiequellen
teilnehmen können, und eingeschränkte für Erneuerbare Energiequellen, bei denen bislang nur Kleinwasser- und
Biomassekraftwerke sowie Windenergieanlagen teilnehmen durften. Bei der A-5-Auktion im Dezember 2013 durften zum
ersten Mal auch Photovoltaik-Projekte mitbieten. Jedoch kamen diese aufgrund fehlender Wettbewerbsfähigkeit nicht
zum Zug. Insgesamt wurden Konzessionen mit einer Gesamtkapazität von 3.507 MW an 119 Unternehmen vergeben. Die
Kapazität unterteilt sich in 97 Windparks, 16 Kleinwasserkraftwerke, 5 Biomasseanlagen sowie dem Wasserkraftwerk von
„São Manoel“ mit 700 MW, welches vom Konsortium aus EDP und Furnas ersteigert wurde. Der durchschnittliche Preis
liegt bei R$ 109,93/MWh.18 Bei der A-3 Aktion im November 2013 wurden Konzessionen für 39 Windparks vergeben mit
einer Kapazität von 867,6 MW und einem durchschnittlichen Preis von R$ 124,43/MWh.19 Die Versorgungsverträge mit
Strom aus Erneuerbaren Energien haben in der Regel eine Dauer von 30 Jahren (Solar: 20Jahre,Windkraft: 20 Jahre,
Biomasse (thermisch): 25 Jahre und Wasserkraft: 30 Jahre). 20.
Eine Versteigerung allein für Solarenergie wurde erstmals im Dezember 2013 im Bundesstaate Pernambuco im Rahmen
des Programmes „PE Sustentável“ durchgeführt. Bei der Auktion wurden 130 MW Solarenergie, aufgeteilt in 4 Projekte à
30MW und zwei Projekte à 5MW, zu einem Preis von R$ 228,63/MWh am freien Energiemarkt (ACL) vergeben.21

Mit dem Erfolg dieser Auktionen (vor allem im Windenergiebereich) werden Einspeisevergütungen immer
unwahrscheinlicher. Bei den letzten Auktionen 2010-2012 war Windkraft mit Preisen von knapp unter EUR 40,-/MWh
(Wechselkurs BRL/EUR: 3/1) günstiger als fossile Energieträger wie Erdgas. Die Auktionen finden auf dem sogenannten
reguliertem Markt statt (Ambiente de Contratacão Regulado, kurz: ACR). Auch auf dem „freien“ Markt (Ambiente de
Contratacão Livre, kurz: ACL) wurden bereits Auktionen durchgeführt, wenngleich der Stromhandel hier normalerweise
über Trader läuft, welche direkt als Mittler zwischen Erzeugern und Großkonsumenten fungieren. Der freie Energiemarkt
macht in Brasiliens Mischsystem aus reguliertem und freiem Markt etwa 30 Prozent aus 22.

18 EPE   (2013b): 2º Leilão de Energia A-5/2013
19   EPE (2013c): Leilão de Energia A-3/2013
20   DENA (2012)
21   Jornal da Energia (2013): http://www.jornaldaenergia.com.br/ler_noticia.php?id_noticia=15746&id_secao=8. Zugriff: [16.01.2014].
22   DENA (2012)

11
Abbildung 4: Stromhandel in Brasilien

     Quelle: Eigene Darstellung nach Szklo (2009)

Die Mehrheit der Finanzierungen des EE-Sektors kommt von der Seite der Nationalen Entwicklungsbank BNDES und
staatlichen Banken wie der Banco do Nordeste und der Caixa Econômica Federal (CEF). Die Bankkredite haben zumeist
eine Laufzeit von 16 bis 20 Jahren mit einem Zinssatz von sieben bis neun Prozent. In der Regel decken diese 70-90% der
Investitionskosten. Auch einige ausländische Banken wie Santander haben bereits EE-Projekte in Brasilien finanziert.
Bedingung für öffentlich geförderte Kredite wie bspw., vom BNDES, ist ein lokaler Wertschöpfungsanteil von 60%.

3.3 Strompreise (Entwicklung und Prognose)

Zuverlässige Aussagen über Strompreise lassen sich nur für den ACR, also die Marktumgebung für regulierte
Vertragsabschlüsse treffen. Dort wird die Höhe des zu zahlenden Preises nicht frei zwischen den Konsumenten und dem
Stromerzeuger ausgehandelt, wie dies auf dem ACL für Großverbraucher der Fall ist. Die unfreien Verbraucher sind an
den lokalen VNB gebunden, in dessen Konzessionsgebiet sich die Verbrauchereinheit befindet. Die 63 VNB sind in ihren
Konzessionsgebieten monopolistische Anbieter, wobei sie ihre Tarife allerdings nicht komplett frei festlegen dürfen.
Vielmehr wird die Höhe der Preiskorridore durch die Regulierungsbehörde ANEEL alle 4- 5 Jahre grundlegend in der
periodischen Tarifrevision überarbeitet. Jedes Jahr kommt es zu einer Inflationsanpassung der Tarife, wobei in
Ausnahmefällen auch eine außerordentliche Tarifüberprüfung möglich ist, wenn das ökonomisch-finanzielle
Gleichgewicht des Verteilungsnetzbetreibers (VNB) in Gefahr sein sollte. Jedes der 63 Distributionsunternehmen verfügt
über Stromtarife in unterschiedlicher Höhe, was sich für Industrie, Gewerbe und Haushalte in mehr als 63 unter-
schiedlichen Stromtarifen widerspiegelt23.

23   ANEEL (2005): Cadernos Temáticos ANEEL: Tarifas de Fornecimento de Energia Elétrica.

12
Tabelle 4 führt beispielhaft die Endverbraucherpreise im Niedrigspannungssegment in Rio de Janeiro auf. Für mittleres
und großes Gewerbe sowie die Industrie gelten andere Tarife.

Tabelle 4: Brutto-Endverbraucherpreise im Niedrigspannungsbereich in Rio de Janeiro (VNB „Light“) 24

                                        300kWh/Monat
Haushalte, in EUR*                      0,12                                      0,14                               0,17

* Wechselkurs BRL/EUR 3/1, Quelle: FUNDAP (2011): Tarifas de Energia Eletrica.

Abbildung 5 zeigt, dass die brasilianische Industrie vor allem im Vergleich mit anderen Schwellen- und BRIC-Ländern
erhebliche Wettbewerbsnachteile durch im Vergleich sehr hohe Stromkosten erleidet. Die Unterschiede machen ebenfalls
deutlich, dass selbst die Anfang 2013 veranlasste Strompreissenkung um bis zu 30% (siehe Kapitel 3.6) diesen Umstand
nur abmildert, jedoch nicht beseitigt. Studien zum Strompreisniveau in Brasilien nennen die ineffiziente Regulierung und
den Mangel an Wettbewerb als wichtigste Gründe für das hohe Preisniveau.25

Abbildung 5: Durchschnittliche Industrie-Strompreise in ausgewählten Staaten, 2013 (R$ 1 = EUR 0,3, 27.1.2014)

 Quelle: Sistema FIRJAN (2013): Quanto Custa. http://www.quantocustaenergia.com.br/quantocusta/quanto-custa/. Zugriff: [09.12.2013].

3.4 Energiepolitische Administration

Für die landesweite Energiepolitik ist das Ministerium für Bergbau und Energie (Ministério de Minas e Energia, kurz:
MME) zuständig, welches die Leitlinien für die Energiepolitik, deren Ziele und Projekte im Energiesektor festlegt. Eine
Reihe von unabhängigen Agenturen und Unternehmen (entidades vinculadas) sind mit dem Ministerium verbunden. Die
Regulierungsbehörde ANEEL (Agência Nacional de Energia Elétrica) reguliert und überwacht die Erzeugung,
Übertragung, Verteilung und Handel von Strom. Sie fungiert als Mittler der Interessen von Verbrauchern, Erzeugern und
Regierung und soll für faire Preise, Qualität, Wettbewerb und Investitionen im Stromsektor sorgen.

24   Quelle: Light (2013): http://www.light.com.br/para-residencias/Sua%20Conta/composicao-da-tarifa.aspx. Zugriff: [09.12.2013].
25   Filho (2011): Survey of the Electricity Market Focusing on Distributed Generation.

13
Die Nationale Agentur für Erdöl, Erdgas und Biokraftstoffe ANP (Agência Nacional de Petróleo, Gás Natural e
Biocombustiveis) ist das Pendant für den Brennstoffsektor.

Der Nationale Stromnetzbetreiber ONS (Operador Nacional do Sistema Elétrico) betreibt das brasilianische
Übertragungsnetz und ist zuständig für Energieeinspeisung – und Übertragung über das Verbundnetz (Sistema Nacional
Integrado, kurz: SIN).

Die der ANEEL unterstellte Stromhandelskammer CCEE ist für die Abwicklung des Stromhandels auf dem
brasilianischen Markt zuständig und führt bspw. für die ANEEL Auktionen für Stromlieferverträge durch.

Die dem MME untergeordnete Behörde mit Sitz in Rio de Janeiro unterstützt bei der Energieplanung. Sie berechnet
jeweils für einen Horizont von 10 bzw. 20 Jahren den erwarteten Energiebedarf sowie den zur Deckung notwendigen
Ausbau der verschiedenen Energiequellen. In ihren jährlichen Berichten gibt sie außerdem detailliert Aufschluss über die
Zusammensetzung von Energieerzeugung und -verbrauch in Brasilien.

3.5 Energiepolitische Rahmenbedingungen

Der Spagat zwischen Gewährleistung der Versorgungssicherheit und sozial verträglichen Preisen für den Endkunden
stellt für die brasilianische Regierung eine große Herausforderung dar. Aufgrund des stetigen wirtschaftlichen und
demografischen Wachstums und des steigenden Energiebedarfs von Bevölkerung und Wirtschaft plant die Regierung die
Versorgung in erster Linie durch eine Expansion in den Bereichen Wasserkraft, Kernkraft, Zuckerrohrderivate und
Erdgas zu garantieren. Außerdem ist es erklärtes Ziel Energieautarkie zu erlangen. Zuletzt wurden nur noch 9% des
Energiebedarfs durch Importe gedeckt und Brasilien will vor allem in den Bereichen Ethanol und Erdöl zum Exporteuer
werden.

Die Regierung ist bemüht die Energiesicherheit preiswert und ohne Emissionssteigerungen zu gewährleisten. Dafür
sollen moderne, nachhaltige und effiziente Technologien gefördert werden und den Anteil alternativer erneuerbarer
Energien steigern26. Brasiliens Energiemix ist im Vergleich zum weltweiten Durchschnitt arm an CO2-Emissionen (vor
allem wegen der Großwasserkraftwerke). Alternative erneuerbare Energiequellen finden jedoch bisher in der
Energieversorgung zu wenig Beachtung. Brasilien verpflichtete sich im Rahmen der Vereinten Nationen zu einer Senkung
von CO2-Emissionen um 40% bis zum Jahr 2020 gegenüber 2005. So hat der brasilianische Ausschuss für den
Klimawandel im Dezember 2008 den Nationalen Plan gegen den Klimawandel (Plano Nacional sobre a Mudança do
Clima, kurz PNMC) verabschiedet, der u.a. folgende Ziele festlegt:
1. Eine Kohlenstoffarme Entwicklung: Durch Energieeffizienzmaßnahmen sollen bis 2030 106 Mio. MWh und 30 Mio.
Tonnen CO2 eingespart werden.
2. Investitionsanreize sollen insbesondere die Entwicklung der Solar- und Windenergie fördern27.

3.6 Jüngste Entwicklungen auf dem Energiemarkt

Der brasilianische Stromsektor ist politischem Einfluss unterworfen. Dies äußert sich beispielsweise durch
Staatsbeteiligungen an großen brasilianischen Energieunternehmen, wie Eletrobras oder aber durch die Regulierung der
Stromtarife seitens ANEEL.

Im Januar 2013 trat die von der brasilianischen Regierung veranlasste Stromtarifsenkung in Kraft. Ziel war es, die
Haushalte und Unternehmen zu entlasten, da die brasilianischen Strompreise zu den höchsten weltweit gehörten. Die

26   DENA (2012)
27   Senado (2009): Plano Nacional sobre a Mudança do Clima.

14
negativen Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit, gerade in energieintensiven Branchen, wurden
auch von Industrieverbänden immer wieder angemahnt28.

Durch zwei Maßnahmen versuchte die Regierung die Stromtarifsenkung zu erreichen. Erstens wurde den
Stromerzeugern und Übertragungsnetzbetreibern seitens der Regierung angeboten, die Konzessionen vor Ablauf - jedoch
zu wesentlich geringerer Vergütung - zu verlängern. Gerechtfertigt wurde die Maßnahme durch die Regierung, dadurch
dass die Investitionsobjekte bereits zum größten Teil amortisiert seien. Für noch nicht amortisierte Kraftwerke und
Übertragungsleitungen sollen Entschädigungen gezahlt werden 29. Da in den kommenden Jahren Konzessionsverträge in
Erzeugung und Transmission ausgelaufen wären, hatte die Regierung ein Druckmittel, die Konzessionen möglicherweise
nicht zu verlängern, falls an dieser Stelle keine Kostensenkung erfolgen würde.

Zweitens wurden die sektorspezifischen Gebühren gesenkt, die im brasilianischen Durchschnitt 10,9% des Endtarifs
ausmachten30. Diese beiden Maßnahmen führten zu Kostensenkungen zwischen 20-30%, die sich seit Februar 2013 in
den Stromtarifen widerspiegeln.31

Aufgrund ausbleibender Regenfälle und der hohen Abhängigkeit von Wasserkraft mussten bereits 2012 zahlreiche Back-
Up-Kraftwerke auf thermischer Basis im Dauerbetrieb zur Versorgung beitragen. Da der Betrieb der teuren thermischen
Kraftwerke durch automatische Tarifanpassungen auf die Konsumenten umgeschlagen wird, wurde die 20% betragende
Strompreissenkung bereits zur Jahresfrist wieder durch eine Tariferhöhung von 11% abgemildert. Die Netto-
Tarifsenkung betrug im November 2013 demnach nur noch 12% im Vergleich zum Vorjahr.32

3.7 Ausblick

Der Zehnjahresplan der EPE zum Ausbau der Energieversorgung (Plano Decanal de Expansão de Energia 2022, kurz:
PDE 2022) ist ein Planungsinstrument, das zuletzt 2013 für die Definition von Ausbauzielen veröffentlicht wurde. So soll
aufgrund des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums die Stromnachfrage bei einem jährlichen Wachstum von 4,7% im
Jahr 2023 um 44% höher sein als 2013. Größte Zuwächse sollen in den Bereichen Wohnen und Handel erfolgen (4,3%
bzw. 5,8%). Dafür soll die installierte Kapazität 129 GW auf 183 GW steigen. Photovoltaikanlagen sollen im Jahr 2022
knapp 2 .000 GWh beitragen.33

Das demografische Wachstum in Brasilien beläuft sich 0,7% jährlich. Es wird mit einer Zunahme der Bevölkerung von
196 (Stand: 2013) auf 207 Mio. bis 2022 gerechnet. Das nominale BIP soll im Zeitraum 2013-2022 um 4,5-5,0% pro Jahr
wachsen. Diese Erwartungen unterstreichen einen steigenden Energiekonsum und –bedarf. Die Abhängigkeit von der
klimaempfindlichen Wasserkraft soll schrittwiese gesenkt werden und neben thermischen Gaskraftwerken sollen mehr
und mehr alternative Energiequellen erschlossen werden. Im August 2011 wurde das erste PV-Kraftwerk mit 1 MWp in
der Stadt Tauá ans Netz gebracht. Derzeit wird es erweitert. Darüber hinaus existieren bereits einige vergleichbare
Anlagen im Land.

28   FIRJAN (2011): Quanto custa a energia elétrica para a indústria no Brasil? In: Estudos para o Desenvolvimento do Estado do Rio de Janeiro;
Presidência da República (2012): Medida Provisória Nº 579, de 11 de Setembro de 2012.
29   MME (2012): Concessões de Geração, Transmissão e Distribuição de Energia Elétrica: Perguntas e Respostas; Presidência da República (2012)
30   ANEEL (2011): Por dentro da conta de luz: Informação de utilidade pública; MME (2012)
31   ANEEL (2013): ANEEL anuncia redução das tarifas de energia elétrica.
32   Sistema FIRJAN (2013) Publicações e Pesquisa.
http://www.firjan.org.br/data/pages/2C908CE9215B0DC4012163695093205F.htm. Zugriff: [09.12.2013].
33   EPE (2013a): Balanço Energético Nacional. Rio de Janeiro. Ministério de Minas e Energia.

15
4. Photovoltaik in Brasilien
4.1 Potenziale

Brasilien gehört zu den Ländern mit den höchsten Sonneneinstrahlungswerten weltweit – vor allem im Nordosten des
Landes. So besteht zum Beispiel im Bundestaat Bahia, welcher im Nordosten Brasiliens in der Nähe des Äquators liegt,
die größte Sonneneinstrahlung mit 6,5 kWh/m² täglicher Globalstrahlung. Im Bundesstaat Santa Catarina, welcher sich
im Süden des Landes befindet, ist der niedrigste Wert globaler Strahlung mit 4,25kWh/m²∙Tag zu verzeichnen.34 Das
Land hat eine jährliche Sonneneinstrahlung auf horizontaler Fläche von ca. 1.500 bis 2.400 kWh/m². Zum Vergleich - in
Deutschland beträgt dieser Wert 900 bis 1.220 kWh/m², in Spanien 1.200-1.850. Die Orte mit der niedrigsten
Sonneneinstrahlung im Süden Brasiliens liegen somit mehr als 20% über den sonnenreichsten Deutschlands.

Abbildung 6: Sonneneinstrahlung – Jahresdurchschnitt auf horizontaler Fläche

Quelle: Atlas brasileiro de energia solar / Enio Bueno Pereira; Fernando Ramos Martins; Samuel Luna de Abreu e Ricardo Rüther. – São José dos
Campos: INPE, 2006.

34   Pereira et al.( 2006): Atlas Brasileiro de Energia Solar.

16
Schätzungen gingen Ende 2013 von einer installierten PV-Kapazität von ca. 50 MW aus, von denen lediglich 5 MW
netzgebunden sind, d.h. ca. 90% der installierten Leistung sind isolierte Systeme. Die installierte Leistung der
Photovoltaik in Deutschland beträgt derzeit rund 35 GW35. Im Vergleich dazu ist die Ausbreitung der PV in Brasilien trotz
deutlich größerem Potenzial bisher begrenzt. Bisher wurden Photovoltaikanlagen nur in Form von Pilotprojekten
realisiert, bei denen die Wirtschaftlichkeit nicht im Vordergrund stand. Zu diesen Projekten gehört das Megawatt Solar-
Projekt, mit einem 1MWp-System auf dem Firmensitz des Energieversorgers Eletrosul in Florianópolis, Solar-Stadien,
wie bspw. das Maracanã in Rio de Janeiro (390kWp) oder das Mineirão in Belo Horizonte (1,5MWp, in enger
Kooperation von GIZ und KfW) und ein 400 kWp-Projekt auf der Ferieninsel Fernando do Noronha.

Die Wirtschaft Brasiliens wächst stetig. Damit steigt auch die Nachfrage an Energie und einer flächendeckenden, sicheren
Energieversorgung. Seit der Stromversorgungskrise im Jahr 2001 versucht die brasilianische Regierung, die
Stromerzeugung zu diversifizieren, um die Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit zu gewährleisten. Dies stellt
Brasilien vor große Herausforderungen und eröffnet deutschen Technologieträgern neue Chancen auf dem
brasilianischen Markt. Gerade Photovoltaikanlagen können die Verteilungsnetze entlasten und so Leitungsverluste
reduzieren.36

4.2 Regulatorische Rahmenbedingungen

4.2.1 Auktionen

Neben der Möglichkeit Strom aus Mikro- und Ministromerzeugungsanlagen als Privatperson in das öffentliche Netz
einzuspeisen, welche im nächsten Abschnitt genauer beleuchtet wird, besteht die gleiche Möglichkeit für Anlagen >1MW
installierter Leistung, mit dem Ziel die landesweiten Erzeugungskapazitäten weiter auszubauen. Die Konzessionen für
diese Anlagen werden in sogenannten reversen Stromauktionen vergeben.

Es gibt drei Arten von Versteigerungen (Leilão de Energia): A-5 und A-3 um Strom aus neuen Anlagen zu erzeugen und
A-1 um Strom aus existierenden Anlagen zu erzeugen. Die Bezeichnung „A“ steht für die Auslieferungsfrist der
Erzeugungskapazitäten. A-5-Versteigerungen werden also fünf Jahre vor dem geplanten Erzeugungsbeginn durchgeführt,
usw. Es gibt Versteigerungen an denen alle Energiequellen teilnehmen können, und eingeschränkte für Erneuerbare
Energiequellen, bei denen bislang nur Kleinwasser- und Biomassekraftwerke sowie Windenergieanlagen teilnehmen
durften. Bei der A-5-Auktion im Dezember 2013 durften zum ersten Mal auch Photovoltaik-Projekte mitbieten. Jedoch
kamen diese aufgrund fehlender Wettbewerbsfähigkeit nicht zum Zug. Insgesamt wurden Konzessionen mit einer
Gesamtkapazität von 3.507 MW an 119 Unternehmen vergeben. Die Kapazität unterteilt sich in 97 Windparks, 16
Kleinwasserkraftwerke, 5 Biomasseanlagen sowie dem Wasserkraftwerk von „São Manoel“ mit 700 MW, welches vom
Konsortium aus EDP und Furnas ersteigert wurde. Der durchschnittliche Preis liegt bei R$ 109,93/MWh. 37 Bei der A-3
Aktion im November 2013 wurden Konzessionen für 39 Windparks vergeben mit einer Kapazität von 867,6 MW und
einem durchschnittlichen Preis von R$ 124,43/MWh.38 Die Versorgungsverträge mit Strom aus Erneuerbaren Energien
haben in der Regel eine Dauer von 30 Jahren (Solar: 20Jahre,Winskraft: 20 Jahre, Biomasse (thermisch): 25 Jahre und
Wasserkraft: 30 Jahre).39
Eine Versteigerung allein für Solarenergie wurde erstmals im Dezember 2013 im Bundesstaat Pernambuco im Rahmen
des Programmes „PE Sustentável“ durchgeführt. Bei der Auktion wurden 130 MW Solarenergie, aufgeteilt in 4 Projekte à

35   BNetzA (2013):
http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1932/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/ErneuerbareEnergien/Photovoltaik/Da
tenMeldgn_EEG-VergSaetze/DatenMeldgn_EEG-VergSaetze_node.html#doc405794bodyText3. Zugriff: [21.01.2014]
36   ABINEE (2012): Propostas para Inserção da Energia Solar Fotovoltaica na Matriz Elétrica Brasileira
37 EPE   (2013b): 2º Leilão de Energia A-5/2013
38   EPE (2013c): Leilão de Energia A-3/2013
39   DENA (2012)

17
30MW und zwei Projekte à 5MW, zu einem Preis von R$ 228,63/MWh vergeben.40 Marktbeobachter gehen davon aus,
dass auch weitere Bundesstaaten diesem Vorbild folgen werden und erwarten mittelfristig bundesweit exklusive Aktionen
für Solarenergie. Zurzeit prüft die Stromregulierungsbehörde EPE die Machbarkeit einer Auktion exklusiv für
Solarenergie.41

Die Auktionen finden auf dem sogenannten reguliertem Markt statt (Ambiente de Contratacão Regulado, kurz: ACR). Auf
dem ACR werden Stromlieferverträge über Auktionen gehandelt. Die Auktionen für neue Stromlieferverträge
unterscheiden sich gemäß ihrer Lieferfrist nach A-1, A-3 und A-5, also in einem, drei bzw. fünf Jahren. Die Vergabe
erfolgt an den Anbieter mit dem geringsten Preis. Auch auf dem „freien“ Markt (Ambiente de Contratacão Livre, kurz:
ACL) werden gelegentlich Auktionen durchgeführt, normalerweise fungieren jedoch Trader als Mittler zwischen den
Stromanbietern und -nachfragern. Der freie Energiemarkt macht in Brasiliens Mischsystem aus reguliertem und freiem
Markt etwa 30 % aus42.

Der energiepolitische Planungsprozess bis hin zur Stromauktion wird von folgenden Akteuren durchgeführt:
Für die landesweite Energiepolitik ist das Ministerium für Bergbau und Energie (Ministério de Minas e Energia, kurz:
MME) zuständig, welches die Leitlinien für die Energiepolitik, deren Ziele und Projekte im Energiesektor festlegt. Eine
Reihe von unabhängigen Agenturen und Unternehmen (entidades vinculadas) sind mit dem Ministerium verbunden. Die
dem MME untergeordnete Energieplanungsbehörde (Empresa de Pesquisa Energética, EPE) mit Sitz in Rio de Janeiro
unterstützt wiederum bei der Energieplanung. Sie berechnet jeweils für einen Horizont von 10 bzw. 20 Jahren den
erwarteten Energiebedarf sowie den zur Deckung notwendigen Ausbau der verschiedenen Energiequellen. In ihren
jährlichen Berichten gibt sie außerdem detailliert Aufschluss über die Zusammensetzung von Energieerzeugung und -
verbrauch in Brasilien. Die Regulierungsbehörde ANEEL (Agência Nacional de Energia Elétrica) reguliert und überwacht
die Erzeugung, Übertragung, Verteilung und Handel von Strom. Sie fungiert als Mittler der Interessen von Verbrauchern,
Erzeugern und Regierung und soll für faire Preise, Qualität, Wettbewerb und Investitionen im Stromsektor sorgen. Die
der ANEEL unterstellte Stromhandelskammer CCEE ist für die Abwicklung des Stromhandels auf dem brasilianischen
Markt zuständig und führt bspw. für die ANEEL Auktionen für Stromlieferverträge durch. Der Nationale
Stromnetzbetreiber ONS (Operador Nacional do Sistema Elétrico) betreibt das brasilianische Übertragungsnetz und ist
zuständig für Energieeinspeisung – und Übertragung über das Verbundnetz (Sistema Nacional Integrado, kurz: SIN).

4.2.2 Net-Metering

Im April 2012 wurde in Brasilien die gesetzliche Grundlage für das Net-Metering geschaffen. Es erlaubt kleinen
Stromproduzenten mit Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien (Wasserkraft, Biomasse, effiziente Kraft-Wärme-
Kopplung sowie Solar- und Windenergie) bis zu 1MW Leistung den erzeugten Strom ins Nieder- und
Mittelspannungsnetz einzuspeisen und mit dem jeweiligen Stromtarif vergütet zu bekommen. Der erzeugte Strom kann
so mit dem eigenen Stromverbrauch verrechnet werden. Wird mehr Strom erzeugt, als verbraucht wird, erfolgt eine
Gutschrift auf die Stromrechnung (in kWh) des darauffolgenden Monats. Das Stromnetz kann dabei als „Speicher″
betrachtet werden. Die Gutschrift hat eine maximale Gültigkeit von 36 Monaten.43

Technische Anforderungen und Verfahrensregeln ergeben sich aus der Regulierung Nr. 482 vom 17. April 2012 sowie der
Verfahrensregeln zur Stromversorgung im nationalen Stromnetz (Procedimentos de Distribuição de Energia Elétrica no
Sistema Elétrico Nacional, kurz: PRODIST) der Nationalen Energieagentur ANEEL. Definiert werden Mikro-
Stromerzeugungsanlagen mit einer Leistung bis zu 100 kW, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen und an das
Niederspannungsnetz angeschlossen werden, sowie Mini-Stromerzeugungsanlagen , welche eine Leistung von ≥ 100 kW
bis 1 MW haben und deren Energiequelle ebenso wie bei Mikro-Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer

40   Jornal da Energia (2013): http://www.jornaldaenergia.com.br/ler_noticia.php?id_noticia=15746&id_secao=8. Zugriff: [16.01.2014].
41   MMA (2014): http://www.mma.gov.br/port/conama/noticias.cfm?cod_noticia=666 [Zugriff: 10.02.2014]
42   DENA (2012)
43   ANEEL (2012a): Resolução Normativa Nº 482, de 17 de abril de 2012

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