Änderung des COVInsAG - Aussetzung des Insolvenzantragsgrundes der Überschuldung bis zum 31. Dezember 2020 und Folgen der Aussetzung - aohub
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Änderung des COVInsAG Aussetzung des Insolvenzantragsgrundes der Überschuldung bis zum 31. Dezember 2020 und Folgen der Aussetzung Nun liegt der Formulierungsvorschlag der auszuschließen und Rechtsklarheit für die Bundesregierung für Anpassungen des Antragsverpflichteten und andere Beteiligte zu COVInsAG vom März 2020 vor. Während ab schaffen. dem 1. Oktober 2020 die Insolvenzantragspflicht Die Aussetzung der Antragspflicht der Über- aufgrund Zahlungsunfähigkeit wieder in Kraft tritt, schuldung iSd. § 19 InsO bis zum 31. Dezember soll danach allein die Pflicht zur Stellung eines 2020 ist weiterhin daran geknüpft, dass die Insolvenzantrags wegen Überschuldung nach Überschuldung auf der Covid-19-Pandemie Maßgabe des COVInsAG vom 1. Oktober 2020 beruht. Dies wird – wie bisher – widerleglich bis zum 31. Dezember 2020 ausgesetzt werden. vermutet, wenn das Unternehmen zum Sollte der Formulierungsvorschlag Gesetz 31. Dezember 2019 zahlungsfähig war. Kann werden, so gilt: die Geschäftsleitung diesen Nachweis erbringen, kann sie sich demnach auf die Aussetzung der Ab 1. Oktober 2020 muss der Vorstand oder Insolvenzantragspflicht berufen. An die Geschäftsführer einer zahlungsunfähigen Widerlegung der gesetzlichen Vermutung sind Gesellschaft ohne schuldhaftes Zögern, „höchste Anforderungen“ zu stellen, um die spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Geschäftsleiter zu schützen. Zahlungsunfähigkeit einen Eröffnungsantrag stellen, um persönliche oder strafrechtliche Als Folge der befristeten Aussetzung der Über- Verantwortung zu vermeiden. Daraus kann sich schuldung entfällt noch für eine kurze Zeit das bereits heute Handlungsbedarf ergeben. Zum Erfordernis einer positiven Fortbestehens- einen sollte der Insolvenzantrag vorbereitet und prognose, also einer mittelfristigen Finanz- und ggf. gestellt werden, falls eine Zahlungs- Liquiditätsplanung, die zeigt, dass die fälligen unfähigkeit besteht – ggf. spätestens am Verbindlichkeiten im laufenden und kommenden 1. Oktober 2020. Zum anderen – falls eine Jahr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfüllt Zahlungsunfähigkeit nicht besteht – aber werden können. Da die Corona-Krise weiter mit Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit iSd. erheblichen Planungsunsicherheiten einhergeht, § 17 InsO gesehen werden könnten, bspw. weil hätte das Erfordernis einer positiven es bereits zu Zahlungsstockungen gekommen ist Fortbestehensprognose ab 1. Oktober 2020 zu oder kommt, sollte jetzt ggf. eine Liquiditäts- einem Blick in die Glaskugel gezwungen und im bilanz und fortlaufend eine 13-Wochen- Lichte der Haftungsrisiken eventuell zu einer Liquiditätsvorschau vorbereitet werden, um die verfrühten Insolvenzantragsstellung. Zahlungsunfähigkeit nachweislich (Überschuldete) Krisen-Unternehmen sollten die © Allen & Overy LLP 2020 allenovery.com
Aussetzung des Insolvenzantragsgrundes der Überschuldung bis 31. Dezember 2020 (COVInsAG n.F.)| 04. September 2020 Zeit bis zum Jahresende aber nutzen, „sich Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters unter Inanspruchnahme staatlicher Hilfsangebote vereinbar gelten. Zudem ist eine Haftung aus und im Rahmen außergerichtlicher Verhand- Delikt (§§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO) für lungen zu sanieren und zu finanzieren“ (so die etwaige Insolvenzverschleppung oder eine Gesetzesbegründung). strafrechtliche Verfolgung gem. § 15a Abs. 4 oder 5 StGB ausgeschlossen. Aber es empfiehlt Wichtig ist schließlich, dass – soweit der sich eine rollierende Liquiditätsprognose. Antragsgrund der Überschuldung nach Maßgabe des COVInsAG ausgesetzt ist und keine Anfechtungs- und Haftungsprivileg für Zahlungsunfähigkeit vorliegt – die bereits Neukredite bekannten Folgen der Aussetzung in Form von Wird während des Aussetzungszeitraums ein Priviligierungen bestimmter Handlungen neuer Kredit gewährt und besichert (unabhängig weiterhin greifen. Diese Folgen sollen weiterhin davon ob Geld- oder Warenkredit), wird durch auch gelten, wenn die Unternehmen keiner § 2 Abs. 1 Nr. 3 COVInsAG klargestellt, dass Antragspflicht unterliegen sowie weder diese Kreditgewährung und die Bestellung zahlungsunfähig noch überschuldet sind (vgl. von Sicherheiten nicht sittenwidrig sind, so § 2 Abs. 4 iVm. § 2 Abs. 2 COVInsAG n.F.). dass Kreditgeber insoweit gegenüber der Auch bleiben die Sonderregelung für Kredite, die üblichen Rechtslage für Finanzierungen in der von der KfW und ihren Finanzierungspartnern Krise ein Haftungsprivileg genießen. Darüber oder anderen Institutionen im Rahmen hinaus ordnet § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG an, staatlicher Hilfsprogramme gewährt werden, dass die während des Aussetzungszeitraums weiterhin in Kraft, also die Haftungs- und erfolgende Rückzahlung solcher Kredite und die Anfechtungsprivilegierung für Neukredite über zu ihrer Absicherung eingeräumten Sicherheiten den Aussetzungszeitraum hinaus (vgl. § 2 Abs. 4 als nicht gläubigerbenachteiligend gelten und iVm. § 2 Abs. 3 COVInsAG n.F.). damit der Insolvenzanfechtung gem. §§ 129 ff. Das Zusammenspiel, einerseits der InsO entzogen sind. Rechtsprechung zu Krisenfinanzierungen, die Soweit die Aussetzung greift, sind weiterhin für den Ausschluss der Sittenwidrigkeit ein Sanierungsgutachten (IDW S6) für schlüssiges Sanierungskonzept voraussetzt, und Finanzierungen während des Aussetzungs- andererseits der Haftungs- und zeitraums entbehrlich. Aber Achtung, Anfechtungsprivilegierungen, die für Abgrenzungsschwierigkeiten: Da die zahlungsunfähige Unternehmen zukünftig nicht Rechtsprechung zur Krisenfinanzierung im mehr greifen, wirft Fragen auf. Insoweit ist Vorfeld der materiellen Insolvenz ansetzt und für empfehlenswert, neben dem Liquiditätsstatus, zahlungsunfähige Unternehmen die Privilegien zukünftig auch nach Möglichkeit zumindest ein nicht gelten, empfiehlt es sich, neben einer Sanierungskonzept im Sinne eines rollierenden 13-Wochen-Liquiditätsprognose „Fahrplans durch die Krise“ vorzubereiten. nach Möglichkeit auch ein schlüssiges Sanierungskonzept, zumindest im Sinne Folgen der Aussetzung für nicht eines „Fahrplans durch die Krise“ zur zahlungsunfähige Unternehmen bis zum Vermeidung des Anscheins der Eigennützigkeit 31. Dezember 2020 (§ 2 Abs. 4 COVInsAG vorzubereiten. Während das Anfechtungsprivileg n.F.): nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG nur für neue Haftungsprivileg für Geschäftsleiter Kredite gilt, also z.B. nicht für Prolongationen, Novationen oder andere Formen des Hin- und Soweit der Antragsgrund der Überschuldung Herzahlens, können sich Finanzierer auch auf ausgesetzt ist und keine Zahlungsunfähigkeit das Haftungsprivileg nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 vorliegt, greifen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 COVInsAG COVInsAG berufen, wenn bspw. im Rahmen die sogenannten insolvenzrechtlichen einer Prolongation oder auch Stundung kein Zahlungsverbote nicht, da Zahlungen im neues Geld fließt. Verhandlung und Umsetzung ordnungsgemäßen Geschäftsgang als mit der der neuen Finanzierungsstrukturen, insb. 2 © Allen & Overy LLP 2020
Aussetzung des Insolvenzantragsgrundes der Überschuldung bis 31. Dezember 2020 (COVInsAG n.F.)| 04. September 2020 Mischfinanzierungen mit „altem und neuen Deckungsprivileg Geld“, bleiben aber aufgrund der begrenzten Auch der Ausschluss der Insolvenzanfechtung Privilegierung nur für neue Kredite wegen kongruenter sowie bestimmter herausfordernd. inkongruenter Deckungshandlungen gemäß Gesellschafterprivileg §§ 129 ff. InsO bleibt bei Aussetzung weiter erhalten. Zahlt etwa das Unternehmen pünktlich Soweit die Aussetzung greift, setzt sich auch das seine Raten aufgrund einer Ratenzahlungs- durch das COVInsAG eingeführte Privileg für vereinbarung, sollen gutgläubig geleistete Gesellschafterdarlehen fort: diese (nicht aber Zahlungen in einem späteren Insolvenzverfahren insoweit bestellte Sicherheiten) gelten als nicht nicht durch Insolvenzanfechtung zurückgefordert gläubigerbenachteiligend, sind also nicht gem. werden können (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 § 135 InsO anfechtbar, und gelten als nicht COVInsAG). nachrangig, so dass frisches Geld, das durch einen Gesellschafter im Aussetzungszeitraum zur Verfügung gestellt wird, gleichberechtigt am Insolvenzverfahren teilnimmt (auch hier reichen Prolongationen, Novationen oder andere Formen des Hin- und Herzahlens nicht aus). KURZ ZUSAMMENGEFASST Zahlungsunfähige Unternehmen müssen ab Anfechtungsrisiken fürchten zu müssen. 1. Oktober 2020 wieder ohne schuldhaftes Zögern Insbesondere ist weiterhin grundsätzlich kein und spätestens innerhalb von drei Wochen Sanierungsgutachten erforderlich. Insolvenzantrag stellen. Falls Zweifel bestehen, − Gesellschafter können Gesellschafterdarlehen sollte jetzt ein Liquiditätsstatus und fortlaufend für gewähren, ohne insoweit Anfechtungs- oder Unternehmen in der finanziellen Krise eine Subordinationsrisiken fürchten zu müssen. rollierende 13-Wochen-Liquiditätsprognose Aber aufgepasst: Neben den bekannten vorbereitet werden, um Rechtsklarheit zu Herausforderungen für gemischte schaffen. Finanzierungsstrukturen („neues/altes Geld“) im Für nicht-zahlungsunfähige Unternehmen, also Lichte begrenzter Privilegierung empfiehlt sich überschuldete Unternehmen, aber auch neben einer fortlaufenden Liquiditätsprognose Unternehmen, die weder überschuldet noch nach Möglichkeit zumindest ein Sanierungs- zahlungsunfähig sind (!), schafft der Gesetzgeber konzept iSe. „Fahrplans durch die Krise“, da im während der Aussetzung der Insolvenzantrags- Vorfeld einer etwaigen Zahlungsunfähigkeit pflicht wegen Überschuldung bis Ende 2020 noch (= Krise) Abgrenzungsfragen bleiben. einmal befristete Stabilität: Ab 1. Januar 2021 werden – Stand heute –eine − Geschäftsleiter müssen zur Vermeidung der positive Fortbestehensprognose zur Vermeidung Antragsstellung wegen Überschuldung keine der Überschuldung wichtig sowie die positive Fortbestehensprognose stellen und Anforderungen an Krisenfinanzierungen wieder insolvenzrechtlichen Zahlungsverbote gelten für voll greifen, d.h. Unternehmen sollten die Zeit sie trotz eventueller Überschuldung nicht. nutzen, um bis dahin zumindest Grundlagen für − Kreditgeber können Unternehmen neue Kredite ein schlüssiges Sanierungs- bzw. gewähren und sich Sicherheiten bestellen Refinanzierungskonzept zu erarbeiten. lassen, ohne insoweit Haftungs- oder © Allen & Overy LLP 2020 3
Aussetzung des Insolvenzantragsgrundes der Überschuldung bis 31. Dezember 2020 (COVInsAG n.F.)| 04. September 2020 Unser Restrukturierungs- und Insolvenzrechtsteam Dr. Franz Bernhard Herding Dr. Sven Prüfer Dr. Walter Uebelhoer Partner – Frankfurt Partner – Frankfurt Partner – München Bank- und Finanzrecht / Restrukturierung Corporate / Restrukturierung Bank- und Finanzrecht / Restrukturierung Tel +49 69 2648 5712 Tel +49 69 2648 5381 Tel +49 89 71043 3113 franz-bernhard.herding@allenovery.com sven.pruefer@allenovery.com walter.uebelhoer@allenovery.com Peter Hoegen Dr. Christopher Kranz, LL.M. Oliver Köhler Senior Counsel – Frankfurt Counsel – Frankfurt Associate – Frankfurt Bank- und Finanzrecht / Restrukturierung Bank- und Finanzrecht / Restrukturierung Bank- und Finanzrecht / Restrukturierung Tel +49 69 2648 5905 Tel +49 69 2648 5744 Tel +49 69 2648 5968 peter.hoegen@allenovery.com christopher.kranz@allenovery.com oliver.koehler@allenovery.com Moritz Probst Wencke Rusbüldt Dr. Jörg Weber Associate – Frankfurt Associate – Frankfurt Associate – München Bank- und Finanzrecht / Restrukturierung Corporate / Restrukturierung Bank- und Finanzrecht / Restrukturierung Tel +49 69 2648 5522 Tel +49 69 2648 5484 Tel +49 89 71043 3957 moritz.probst@allenovery.com wencke.rusbueldt@allenovery.com joerg.weber@allenovery.com Allen & Overy LLP www.allenovery.de Unsere Büros in Deutschland: Düsseldorf: Dreischeibenhaus 1, 40211 Düsseldorf | Tel +49 211 2806 7000 | Fax +49 211 2806 7800, Frankfurt: Bockenheimer Landstr. 2, 60306 Frankfurt am Main | Tel +49 69 2648 5000 | Fax +49 69 2648 5800, Hamburg: Kehrwieder 12, 20457 Hamburg | Tel +49 40 82 221 20 | Fax +49 40 82 221 2200, München: Maximilianstraße 35, 80539 München | Tel +49 89 71043 3000 | Fax +49 89 71043 3800 "Allen & Overy" bezieht sich auf Allen & Overy LLP bzw. ihre verbundenen Unternehmen. Die Allen & Overy LLP ist eine in England und Wales unter der Nummer OC306763 eingetragene Limited Liability Partnership englischen Rechts. Die Allen & Overy (Holdings) Limited ist eine in England und Wales unter der Nummer 07462870 eingetragene Limited Company englischen Rechts. Die Allen & Overy LLP und die Allen & Overy (Holdings) Limited sind von der Solicitors Regulation Authority of England and Wales zugelassen und unterstehen deren Aufsicht. Jeder Hinweis auf "Partner" bezieht sich auf die Gesellschafter der Allen & Overy LLP oder die Directors der Allen & Overy (Holdings) Limited bzw. deren jeweilige Mitarbeiter oder Berater, deren Status und Qualifikationen denen eines Gesellschafters oder Directors entsprechen. Eine Liste der Gesellschafter der Allen & Overy LLP und der übrigen als Partner bezeichneten Personen sowie eine Liste der Directors der Allen & Overy (Holdings) Limited können am jeweiligen Sitz der Gesellschaft, One Bishops Square, London E1 6AD, Vereinigtes Königreich, eingesehen werden. Die Allen & Overy LLP oder ein Mitglied des Allen & Overy-Verbundes unterhalten Büros in: Abu Dhabi, Amsterdam, Antwerpen, Bangkok, Barcelona, Belfast, Bratislava, Brüssel, Budapest, Casablanca, Dubai, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hanoi, Ho-Chi-Minh-Stadt, Hongkong, Istanbul, Jakarta (assoziiertes Büro), Johannesburg, London, Luxemburg, Madrid, Mailand, Moskau, München, New York, Paris, Peking, Perth, Prag, Rangun, Rom, São Paulo, Schanghai, Seoul, Singapur, Sydney, Tokio, Warschau, Washington D.C. Diese Veröffentlichung stellt keine Rechtsberatung dar und verfolgt ausschließlich den Zweck, bestimmte Themen anzusprechen. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und die in ihr enthaltenen Informationen können eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen. © Allen & Overy LLP 2020. | EUO1-#2001243114 4 © Allen & Overy LLP 2020
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