NEIN zu BTS gemäss Richtplan JA zu "Umbau" - der Variante der Umweltverbände - BTS-OLS Nein!
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Inhaltsverzeichnis 1 NEIN zur BTS gemäss Richtplan ............................................................................... 3 2 Es geht auch anders: JA zu "Umbau" – der Variante der Umweltverbände .............. 4 3 … und die Oberlandstrasse OLS? ............................................................................. 5 4 Der Verkehr im Thurtal im Jahr 2030 ....................................................................... 6 4.1 Zusammenfassung: .................................................................................................................................. 6 4.2 Demografische Entwicklung / Sättigung beim Fahrzeugbestand ........................................................ 6 4.3 Verkehrsstatistiken .............................................................................................................................. 7 4.4 Die Fahrzeugflotte 2025 .................................................................................................................... 10 4.5 Wirtschaftliche Entwicklung / Finanzen ............................................................................................ 10 5 Die Bodensee-Thurtalstrasse gemäss kantonalem Richtplan .................................. 12 5.1 Zusammenfassung: Nein zum Gigantismus ! .................................................................................... 12 Die BTS "Richtplan" weist folgende Charakteristik auf:..................................................................... 13 5.2 Linienführung..................................................................................................................................... 13 5.3 Kritik................................................................................................................................................... 14 5.3.1 Gefährlich .............................................................................................................................. 14 5.3.2 Nicht landschaftsverträglich / Kulturland / Zerschneidung / Zersiedlung ............................. 15 5.3.3 Die Kapazitätserhöhung schafft Probleme ............................................................................ 16 5.3.3.1 Massiv mehr Transitverkehr .............................................................................................. 16 5.3.3.2 Zusätzlicher Verkehr in die Stauzone Winterthur-Zürich? ................................................ 17 5.3.3.3 Parallelausbau Schiene und Strasse? ................................................................................ 17 5.3.4 Wer soll das bezahlen? .......................................................................................................... 18 5.3.5 Prognostizierte Entlastung..................................................................................................... 20 5.3.6 Unterhalt................................................................................................................................ 22 5.3.7 Der Volksentscheid von 2005 wird nicht respektiert............................................................. 22 5.3.8 Fehlende Elastizität – nicht fit für künftige Entwicklungen ................................................... 22 5.3.9 Wenig "grundnetztauglich" .................................................................................................. 23 5.3.10 Ein Strassenbau gegen die Zersiedlung?! .............................................................................. 24 5.3.11 Der Bund als Partner .............................................................................................................. 24 6 "Umbau" – die Variante der Umweltverbände ...................................................... 25 6.1 Zusammenfassung: ............................................................................................................................ 25 6.2 Grundsätze ........................................................................................................................................ 27 6.3 Charakteristik ..................................................................................................................................... 27 6.4 Flankierende Massnahmen ............................................................................................................... 30 6.5 Linienführung..................................................................................................................................... 30 6.6 Was spricht für "Umbau" – die Variante der Umweltverbände? ...................................................... 31 6.7 "Umbau" – die Variante der Umweltverbände: Detailpläne ............................................................. 34 Version vom 31. August 2012, Toni Kappeler Seite 2/42
1 NEIN zur BTS gemäss Richtplan Ziel verfehlt – NEIN zum Gigantismus Die BTS-Richtplan ist eine viel zu grosse Nummer; Kosten (für Steuerzahler, Kulturland, Landschaft) stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen (5 Minuten früher im Stau bei Winterthur. Einladung für Raser – NEIN zu einer Todesstrecke im Thur- und Aachtal Nicht richtungsgetrennte Schnellstrassen mit Tempo 100 verursachen pro Kilometer 5x mehr Verkehrstote als Hauptstrassen Tempo 80. NEIN zur Verdoppelung der Strassenkapazität – NEIN zu einem Transitkorridor für den Schwerverkehr Die BTS stellt eine neue, zusätzliche Verkehrsachse durch den Thurgau dar. Sie wäre praktisch gleich lang wie die A1 von Rorschach nach Winterthur. Langfristig noch brisanter: BTS und OLS verbinden die E 41 (Frankfurt-Stuttgart-Konstanz) mit der E 43 (Rheintal – San Bernardino – Mailand). Dies ermöglicht es, die Stauzonen Raum Zürich und Gotthard zu umfahren. Das Thurtal würde zum Transitkorridor degradiert. Mehr Strassenkapazität – mehr Verkehr! Schneller im Stau – NEIN zum parallelen Ausbau von Bahn und Strasse Parallel zur Bahnlinie zwischen Rorschach und Winterthur würde eine weitere Strasse gebaut. Das widerspricht unserem Richtplan, raumplanerischen Grundsätzen und dem Gesamtverkehrs- konzept Thurgau. Die Bahn wird konkurrenziert. Pendler gehören auf die Bahn, denn die BTS führt direkt in den Stau bei Winterthur und Zürich. So schafft die BTS Probleme – und löst keine. Kulturland- und Landschaftsverlust – NEIN zur Verwüstung des Thurtals Die BTS wäre eine weitere Strasse – parallel zur bestehenden Thurtalstrasse. Bestes Kulturland wird überbaut, die Landschaft und Natur zerschnitten und zerstört. Es bleibt nicht beim Bau der BTS: Längs der neuen Achse würden früher oder später Einkaufszentren, Lagerhäuser, Tank- stellen… entstehen. Die BTS fördert die Zersiedlung. Stopp dem Ausverkauf der Landschaft. NEIN zu einem 800 Millionen-Abenteuer mit unklarer Finanzierung Bleibt die BTS im Ergänzungsnetz, müssten Kanton/Gemeinden für die Bau- und Unterhaltskosten aufkommen. Das übersteigt unsere finanzielle Kapazität bei weitem. Kommt die BTS ins Grundnetz, so scheitert sie an der Finanzlage des Bundes, denn im Nationalstrassennetz gibt es zahlreiche weit dringlichere Bauvorhaben! Zudem wären dann im Thurtal zwei parallele Strassen zu unterhalten. NEIN zu einem Strassenbau mit geringem Nutzen Eine Schnellstrasse ist ein untaugliches Mittel, um die lokalen und hausgemachten Verkehrsprobleme zu lösen. Die Anwohner leiden am Ziel- Quell- und am Binnenverkehr – und nicht am heute minimalen Transitverkehr. Zudem dienen Strassenbauten der Wirtschaft nachweislich wenig. Verschiedene Studien und Umfragen belegen es: Neue Strassen sind ein schlechtes Mittel zu Förderung der Wirtschaft. Volkswille missachtet – NEIN zur Zwängerei Am 25. 9. 2005 sagte der Thurgau nein zu dem Grundsatzentscheid, ob von Bonau nach Arbon eine Schnellstrasse gebaut werden soll. Heute wird so geplant, als ob das Volk ja gesagt hätte. Das schadet unserer direkten Demokratie. NEIN zu einem Projekt, das künftige Entwicklungen nicht berücksichtigt Einschneidende Veränderungen der nächsten 20 Jahre können bei der BTS nicht berücksichtigt werden: Demografische, wirtschaftliche, finanzielle Entwicklungen und Entwicklungen im Fahrzeugbau. Bereits bei der Eröffnung dürfte die BTS den Bedürfnissen nicht entsprechen. Seite 3/42
2 Es geht auch anders: JA zu "Umbau" – der Variante der Umweltverbände Siedlungsgebiete entlasten – Ja zur Variante "Umbau" Es geht auch anders: Die Variante Umbau nutzt das bestehende Trassee und entlastet zugleich verkehrsgeplagte Thur- und Aachtalgemeinden. Sie ermöglicht einen sicheren, flüssigen und ruhigen Verkehr – ohne Stop and Go. Und ohne Landwirtschafts- und Langsamverkehr, der auf gesonderten Fahrspuren abgewickelt wird. "Umbau" ist die richtige Antwort auf unsere (hausgemachten) Verkehrsprobleme, denn der Verkehrsfluss wird da verbessert, wo der Verkehr tatsächlich zirkuliert. Das Thurtal erhalten – Ja zur Variante "Umbau" Es geht auch anders: Die Variante Umbau ist landschafts- und naturverträglicher. Anders als bei der BTS Richtplan, bei der zwei parallele Verkehrsachsen das Thur- und Aachtal zerschneiden, beschränkt sich "Umbau" auf eine – allerdings sehr leistungsfähige – Strasse. Das erspart uns grossen Kulturlandverlust. (geschätzter Unterschied zwischen BTS/OLS und "Umbau": 73 ha) Mit Verstand investieren – JA zur Variante "Umbau" Es geht auch anders: "Umbau" ist ein Gesamtkonzept, das in kleinere Abschnitte etappiert werden kann, da immer wieder auf das bestehende Trassee zurückgekehrt wird. Damit können Engpässe gezielt und rascher beseitigt werden. Damit ist "Umbau" aber auch anpassungsfähig an künftige Entwicklungen, die jederzeit berücksichtigt werden können – also wird sie den Bedürfnissen von 2025 gerechter. Gesamtverkehrskonzept Thurgau Seit April 2011 liegt das Gesamtverkehrskonzept Thurgau vor. Es wurde von ewp, büro widmer und INFRAS im Auftrag des kantonalen Tiefbauamtes verfasst. Es bestätigt unsere Haltung, einerseits mit Prognosen zum Verkehr 2030 (siehe Seiten 8,9), andererseits mit Kernaussagen wie: ...Was Kapazitätserweiterungen betrifft, "soll eine angebotsorientierte Weiterentwicklung der vorhandenen Infrastruktur verfolgt werden." (= Konzept "Umbau" der Verbände!..) ..."Die BTS erhöht andererseits die Kapazitäten und verkürzt die Reisezeiten im Strassenverkehr. Damit konkurrenziert sie den gut ausgebauten öffentlichen Verkehr und fördert die Verkehrsverlagerung auf der Ost-West-Achse Richtung MIV." (siehe Seite 18) ..."Knoten, welche die Kapazitätsgrenze erreicht oder überschritten haben, gilt es zu optimieren, um die Stabilität des Verkehrsflusses zu gewährleisten." (=modularer Ausbau) Die Autoren geben zu Bedenken, ob der Ausbau von parallelen Infrastrukturen (Schiene und Strasse) dem Teilziel "Effizienz des öffentlichen Mitteleinsatzes erhöhen" entspricht. Ebenso wird angemerkt, dass die BTS "als Schnellstrasse auch Siedlungsgebiete umfährt, in denen keine Schwachstellen bezüglich Verkehrsaufkommen festgestellt wurden." Insgesamt stützt das Gesamtverkehrskonzept Thurgau die Variante der Umweltverbände und hält die BTS für "nicht in allen Teilen strategiekonform". Seite 4/42
3 … und die Oberlandstrasse OLS? Sie führt von Bätershausen nach Oberaach, mit Ausnahme dreier Abschnitte (nördlicher Siedlungsrand von Lengwil, beim Ekkhardshof und von Rutishausen bis Ortsbeginn Ober- aach) auf neuem Trassee; in Gebieten mit Vorrang Landschaft und/oder Vernetzungs- korridoren. Eine zweite Hauptstrasse Tempo 80 neben der bestehenden. Ein tatsächlicher Nutzen dieses Strassenbaus ist nur schwer auszumachen: Entlastung von Langrickenbach, das (ohne BTS) einen moderaten Durchgangsverkehr aufweist? Insbesondere dann, wenn die Belastung der Anwohner durch die leisen und abgasarmen oder abgasfreien Fahrzeuge von 2030 deutlich sinkt, sind Landverbrauch und eine Investition von 220 Millionen für eine parallele Strasse nicht zu rechtfertigen. Entlastung der Seestrasse Münsterlingen-Bottighofen-Kreuzlingen? Der Anteil Transit- verkehr bei Bottighofen ist verschwindend klein – der Binnen- und der Ziel-Quellverkehr wird jedoch kaum auf den Seerücken hinauf umzulenken sein. Die OLS wird gleichzeitig mit dem Bau der BTS von Arbon bis Oberaach realisiert (Richtplan Sept. 2011; bisher galt: Der DTV (Fahrzeuge pro Tag) auf der OLS-Strecke muss 10'000 überschreiten. Nun geht der Kanton davon aus, dass dieser DTV infolge Bau der BTS sowieso überschritten sei. Er beträgt heute 5900 bei Langrickenbach.) DTV 2030 gemäss Gesamtverkehrskonzept Thurgau 2011 8'000 (Referenzzustand) DTV 2020 gemäss Verkehrsmodellrechnung Tiefbauamt: Mit "Umbau" gemäss Vorschlag Umweltverbände 8'600 Mit BTS gemäss Kanton 11'400 Fazit: Der Bau der BTS ist die Voraussetzung für den Bau der OLS. Anders gesagt: Wer die OLS nicht will, sollte die BTS ablehnen. Finanzierung der OLS Da die OLS eine Kantonshauptstrasse bleiben wird, muss sie auch vom Kanton finanziert werden. Dazu schlägt das DBU eine Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer von 10 % vor, zweckgebunden zur Finanzierung von Bau und Unterhalt der OLS. Mit dieser Steuerer- höhung sollen jährlich rund 4.5 Mio Mehreinnahmen resultieren. Nach Abzug von 2,6 Mio für Unterhalt bleiben für den Bau der 220 Mio-teuren OLS jährlich 1.9 Mio… Zudem geht der Kanton von einem stetig steigenden Ertrag aus der (bisherigen) Motor- fahrzeugsteuer aus – trotz Trend zu kleineren Fahrzeugen und ökologischeren Fahrzeugen (=Bonus), trotz Sättigung des Fahrzeugbestandes (574 PW pro 1000 Einwohner), trotz zunehmender Überalterung. Bei den in der Botschaft erwähnten 220 Mio handelt es sich wohl um die reinen Baukosten. Rechnet man Baukosten (Amortisation über 40 Jahre), Restschuldverzinsung, Betrieb, Unterhalt zusammen, kostet uns die OLS in den ersten 40 Jahren 430 Mio! Die Erhöhung der Motorfz.steuer ergibt im gleichen Zeitraum 194 Mio. Um keinen OLS-Schuldenberg zu hinterlassen, werden ab Baubeginn OLS die Korrektionen im ganzen Kantonsgebiet (Kreisel- bauten, Unterführungen, Velowege, Sanierung gefährlicher Kreuzungen..) um rund 1/3 zurückgefahren. 2008-2019 stehen pro Jahr durchschnittlich 33.2 Mio zur Verfügung. 2020 (geplanter Baubeginn OLS) – 2035 sind es jährlich noch 23.88 Mio. Seite 5/42
4 Der Verkehr im Thurtal im Jahr 2030 4.1 Zusammenfassung: Die BTS gemäss Richtplan dürfte nach 2030 in Betrieb sein. Bei aller Vorsicht gegenüber Prognosen für die Jahre 2025, 2030, 2040… lassen sich folgende Rahmenbedingungen doch klar erkennen: Infolge der demografischen Entwicklung (Überalterung) ist kein massives Wachs- tum des Strassenverkehrs zu erwarten – es sei denn, eine attraktive Alternative zur A1 und eine leistungsfähige Querverbindung zwischen der E41 (Frankfurt – Stuttgart – Konstanz) und der E 43 (Rheintal – San Bernardino – Mailand) bringen Transitverkehr ins Thurtal/Aachtal. Die Verkehrsstatistiken der letzten 10 Jahre zeigen einen moderaten Anstieg des durchschnittlichen täglichen Verkehrs. Die Verkehrsprobleme in den grösseren Ortschaften resultieren hauptsächlich aus dem Binnen- und Ziel-Quellverkehr. Vergleicht man den Thurtalverkehr mit jenem in den grossen Agglomerationen wie Zürich und Basel, wird klar, dass der Bund brennendere Probleme zu lösen hat. Das heute berechtigte Argument, Anwohner müssten von Lärm und Gestank entlastet werden, verliert in den nächsten 15 Jahren an Gewicht: Geräuscharme und umweltfreundliche Autos wie das Elektromobil setzen sich durch. Die Ölvorräte gehen zur Neige, was Benzin und Dieselöl stetig teuer werden lässt: Das Erdölzeitalter geht dem Ende entgegen. Wir entwickeln uns immer mehr zu einer Dienstleistungsgesellschaft mit einer umfassenden IT-Vernetzung, was den Transport von Waren und Personen zum Teil unnötig macht. Sowohl die demografische Entwicklung wie auch der Erhalt unserer Infrastruk- turen stellen für den Staat riesige finanzielle Herausforderungen dar. Geld wird nur noch für die allernotwendigsten Bauvorhaben vorhanden sein. Ob da die BTS gemäss Richtplan dazugehört, ist mehr als fraglich. Die gegenwärtige Projektierung, die Berücksichtigung der Befindlichkeit in einzelnen Gemeinden, Verhandlungen mit dem Bund betreffend Übernahme ins Grundnetz, der dazu notwendige Beschluss des eidgenössischen Parlaments, dann die Planung in der Arbeitsgruppe Bund/Kanton, Landverhandlungen, Einspracheverfahren, schliesslich die ganze Bauphase… - es ist eine optimistische Annahme, die BTS Variante Richtplan werde vor dem Jahr 2035 dem Verkehr übergeben. Deshalb ist die Frage angebracht, wie das Mobilitätsbedürfnis der Thurgauerinnen und Thurgauer und wie der Verkehr im Thurtal wohl nach dem Jahr 2025 aussehen wird. 4.2 Demografische Entwicklung / Sättigung beim Fahrzeugbestand Gemäss Bundesamt für Statistik (29.3.2011: „Bevölkerungswachstum in allen Kantonen in den nächsten 25 Jahren“) wird die Thurgauer Bevölkerung bis ins Jahr 2035 um 16% oder um 39 080 Einwohner wachsen, Zuwanderung inbegriffen. Der Anteil der über 64jährigen wird um 38 611 zunehmen. Das heisst: Das Segment der erwerbstätigen und jugendlichen Bevölkerung wird (von 2010) bis 2035 um lediglich 469 Personen zunehmen. Dabei wird der Anteil der Kinder und Jugendlichen sinken. Im Prozess der Überalterung ist keine Seite 6/42
Trendwende in Sicht. Infolge Zuwanderung sinkt die Bevölkerungszahl nicht, doch das Bevölkerungswachstum nimmt laufend ab und beträgt 2030 noch 0.3 %, 2035 noch 0.2%. Das bedeutet Stillstand. Bereits ab 2031 werden mehr Todesfälle als Geburten erwartet, d.h. die Bevölkerung würde ohne Wanderungsbewegungen schrumpfen, schreibt die Dienststelle für Statistik TG. Die gleiche Dienststelle rechnet prognostiziert einen Höchst- stand von Personen im erwerbsfähigen Alter für das Jahr 2020 und schreibt: „Später sinkt die Wohnbevölkerung dieser Altersgruppe auf einen tieferen Wert als heute.“ Der Bestand an Personenwagen ist mit 574 Fahrzeugen pro 1000 Einwohner deutlich höher als der schweizerische Durchschnitt (518). Die Altersgruppe, die beruflich auf das Auto angewiesen ist – 3/5 der Bevölkerung – macht pro 1000 Einwohner rund 600 aus. Stellt man diesen 600 EinwohnerInnen pro 1000, die zwischen 20 und 65 sind und die eigentliche "automobile" Gruppe darstellen, die 574 Autos gegenüber, wird ersichtlich, dass eine Sättigung praktisch erreicht ist. Aufschlussreich ist das prognostizierte Mobilitätsverhalten der künftigen Senioren. (Mobilitätsmuster zukünftiger Rentnerinnen und Rentner (…) Eine Studie im Auftrag des Bundesamtes für Strassen; Büro Widmer/ Uni Bern, 2008) Dieser Studie zufolge nimmt die Mobilität der Seniorinnen und Senioren mit zunehmendem Alter auch in Zukunft deutlich ab – doch nicht in dem Ausmass, das wir erwarten würden. Damit steigt der Anteil der Rentner im Strassenverkehr massiv an; eine Entwicklung, auf die unser Verkehrssystem wird reagieren müssen. Die Studie schlägt u.a. folgendes vor: "Vereinfachung der Aufgaben der Fahrzeuglenker durch Verlangsamung und Verstetigung des Verkehrsflusses sowie durch eine Reduktion der Komplexität der Fahraufgabe, speziell an Knoten." (Die Hektik einer BTS Tempo 100 entspricht nicht den Forderungen dieser Studie und nicht den Bedürfnissen einer im Jahr 2030 viel älteren Bevölkerung!) Statistische Angaben bezüglich künftigen Entwicklungen lassen sich immer anzweifeln. Doch die Tendenz ist unmissverständlich und klar: Beides – die demografische Entwick- lung und die Sättigung bezüglich Fahrzeugbestand – lässt für die nächsten Jahrzehnte keine markante Steigerung des DTV (durchschnittl. tägl. Verkehr) auf unseren Haupt- strassen erwarten. Dies bestätigen auch die Resultate des Gesamtverkehrskonzeptes Thurgau 2011 (siehe S. 8, 9). 4.3 Verkehrsstatistiken Vergleicht man die DTV-Zahlen einzelner Zählstellen im Thur- und Aachtal untereinander und über die letzten zehn Jahre, drängen sich drei Schlussfolgerungen auf: 1. Der DTV-Vergleich zwischen den einzelnen Stellen auf der gesamten Strecke zeigt grosse Unterschiede (westl. Weinfelden 18'100, Sulgen Ost 10'700, Amriswil 18'200. Verkehrsstatistik 2010) Das weist darauf hin, dass der Verkehr überwiegend dispers ist, bzw. in den Räumen Weinfelden und Amriswil Ziel-Quell- und Binnenverkehr ist. Mit einem Transit-DTV gemäss "Verkehrserschliessung Oberthurgau 2001" von 350 Fz./Tag(westl. Amriswil) kann man sagen: Transitverkehr existiert praktisch nicht. 2. Die Verkehrszunahme an einzelnen Zählstellen über die vergangenen zehn Jahre fällt moderat aus. An der Dufourstrasse Weinfelden stagniert der DTV seit 2001 zwischen 12'000 und 12'500 (2003 und 2010), die Zählstelle auf der Orts- durchfahrt verzeichnete im gleichen Zeitraum einen Zuwachs und erreichte 2010 11'700 Fahrzeuge (beim Bahnhof). Seite 7/42
Die Zählstelle westlich Amriswil zeigte im Jahr 2000 ein DTV von 10'100 – 2010 waren es 11'300. Deutlicher die Zunahme in Bürglen: von 13'200 im Jahr 2000 auf 14'900. 3. Vergleicht man unsere Thurgauer Zahlen mit DVT-Zahlen aus dem Kanton Zürich, relativieren sich unsere Probleme ein wenig: Waldeggstrasse Zürich; DTV 23'700. Rosengartenstrasse Zürich; DTV 64'900, beide Strassen im Siedlungsgebiet. Die A1 bei Wallisellen weist einen DTV von 139'150 auf, die A2 bei Basel 118'600 – als Autobahnen selbstverständlich nicht mit der BTS zu vergleichen. Klar ist jedoch, dass der Bund – sollte die BTS ins Grundnetz übernommen werden – vordringlichere Verkehrsprobleme zu lösen hat als der Thurtalverkehr mit seinen 12'000 – 15'000 Fahrzeugen pro Tag. Und dass es wenig Sinn macht, mittels einer Kapazitätserhöhung auf der Thurtalachse zusätzlichen (Pendler-) Verkehr in den Stauraum Winterthur-Zürich zu führen. Apropos Stau: Gab es im Radio schon mal eine Staumeldung aus dem Thurtal? Es ist unbestritten, dass einzelne Siedlungsgebiete entlastet werden sollten. Die oft beschworene beängstigende Verkehrszunahme im Thurtal/Aachtal lässt sich mit den DTV-Zahlen der letzten 10 Jahre jedoch nicht nachweisen. 4. Das seit April 2011 vorliegende Gesamtverkehrskonzept Thurgau (Herausgeber: Tiefbauamt TG) zeigt geradezu erstaunlich geringe Zunahmen. Untenstehende Darstellung zeigt die Belastungszunahme bis 2030 im Referenznetz (bestehender Zustand): + 1230 Fahrzeuge/Tag westl. Bürglen, + 730 (!) westlich Amriswil, + 1750 östlich Amriswil. Verkehrszunahmen (bis 2030!), die allenfalls örtliche Entlastungen rechtfertigen (da der Binnen- und Ziel-Quellverkehr in einzelnen Zentren erheblich ist) – in keiner Weise aber eine durchgehende Schnellstrasse für 800 Millionen. Entsprechend bescheiden sind auch die im Gesamtverkehrskonzept prognostizierten DTV-Zahlen für das Jahr 2030: 16.300 zwischen Weinfelden und Bürglen, 11 300 zwischen Sulgen und Amriswil, 14 800 zwischen Amriswil und Arbon. Seite 8/42
4.4 Die Fahrzeugflotte 2025 Dem Elektromobil gehört die Zukunft. Die Umstellung ist im Gang; die namhaften Hersteller werden in Kürze mit massentauglichen Elektromobilen auf den Markt drängen. ASTRA-Direktor R. Dieterle, der um die Erträge der Mineralölsteuer bangt (Sonntagszeitung 3.1.2010) Ausflug ins Grüne – noch nie standen so viele Hybrid- und Elektromodelle am Genfer Salon (nochmals Sonntagszeitung, 3.3. 2010) Das elektrische Auto ist startklar (Tages-Anzeiger 30. 1. 2010) Nissan will sein Elektroauto ohne Aufpreis anbieten (Tages-Anzeiger 25. 1. 2010) Dem Benzinmotor gebe ich noch 20 Jahre. Burgener, Direktor Auto-Schweiz, Thurgauer Zeitung 4. 3. 2010 Das Auto wird Teil der Stromversorgung: "Sie laden Ihren Autoakku zu Niedrigpreisen (nachts) auf und verkaufen den gespeicherten Strom später bei grosser Nachfrage zu einem höheren Preis." E. Günther, Leiter Smart Grid Siemens, Tages-Anzeiger 26.9.2009 Toyota bringt 2013 den Prius Plug-in-Hybrid: 20 km rein elektrisch, aufladen an der Steckdose in 90 min, Normalverbrauch 2,6 l. 59 g CO2/km Aus: "Auto", Tages-Anzeiger 4. 5. 2010 Ob nun Hybrid, rein elektrisch, ob Verbrennungsmotor mit Wasserstoff, ob Fahrzeuge mit Brennstoffzellen: Im Jahr 2025 wird ein erheblicher Teil der Fahrzeugflotte extrem leise und umweltfreundlich unterwegs sein! Auch bei den LKW sind weitere Fortschritte zu abgasarmen, leiseren Fahrzeugen zu erwarten (Euro-Norm 5, Euro Norm 6…, Partikel- filter-Technik, Gasfahrzeuge). Die Anwohner werden dank der Fahrzeuge von 2025, 2030… in viel geringerem Mass unter Abgasen und Lärm zu leiden haben. Anders gesagt: Das Argument, die Strasse müsse aus Gründen des Schutzes der Anwohner vor schäd- lichen Abgasen und Lärm fernab vom Siedlungsraum über (bestes) Landwirtschaftsland geführt werden, verliert durch die künftige Fahrzeugtechnik an Bedeutung. 4.5 Wirtschaftliche Entwicklung / Finanzen "Auf dem Weg zur Dienstleistungsgesellschaft" titelt die Dienststelle für Statistik TG eine Grafik, die zeigt, dass in den letzten 10 Jahren in allen Bezirken der Sektor Industrie, Gewerbe, Bau schrumpfte und der Sektor Dienstleistungen entsprechend wuchs. Dienstleistungen brauchen in der Regel weniger Strassenkapazität als die produzierende Wirtschaft. BR Leuenberger propagiert zur Verminderung der Verkehrsprobleme das "Home-office"; arbeiten zu Hause: "Würden mehr Menschen von zu Hause aus arbeiten, könnten sie so nicht nur ihre Lebensqualität steigern. Der Umwelt würde dies sehr gut tun." Professor Oliver Gassmann von der Universität St. Gallen schätzt, dass in der Schweiz etwa 450'000 Arbeitnehmende einen Tag pro Woche von zu Hause aus arbeiten könnten. Seite 10/42
Würden sie es tun, könnten damit 4,5 Millionen Autokilometer und 2,6 Millionen Bahnkilometer eingespart werden. (Zitate Tages-Anzeiger 22.4.2010) Der wachsende Bereich Dienstleistungen wird sich – wo es möglich ist – in Richtung "Arbeit im Home-office" entwickeln, zumal die IT-Technik in den kommenden Jahren nochmals markant leistungsfähiger werden wird (Glasfaser-Kabel). Die Entwicklung zum Home-office ist im Gang. Ein prominentes Beispiel: "Dank" dem Vulkanausbruch in Island fuhren und flogen die Verkehrsminister nirgends hin. Sie blieben zu Hause und tagten via Video-Konferenzschaltung. Und die Finanzen der öffentlichen Hand? In der Diskussion um das Sparpaket des Bundes – dem ja auch verschiedene Linien des öV zum Opfer fallen sollen – ist die Verkehrsministerin in der Defensive. Es geht primär um den Erhalt unserer Verkehrs- Infrastrukturen. Aus der NZZ, 25. 2.2010: (sda) Der Bundesrat hat die Grundzüge der Sparpläne für die nächsten Jahre verabschiedet. Sparen will die Regierung in allen Departementen. (…) soll die Bundeskasse bis 2015 um jährlich insgesamt 2,7 Milliarden Franken entlastet werden. (…) Neue Strassen will die Regierung nur ins Nationalstrassennetz aufnehmen, wenn der Mehraufwand des Bundes für Betrieb und Unterhalt vollständig kompensiert wird und der Ausbau durch eine Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags um 3 bis 4 Rappen pro Liter finanziert werden kann. Der Bund spart heute schon wo er kann (und auch wo er nicht kann). Vermehrt gilt das auch für die kommenden Jahre und Jahrzehnte. Die demografische Entwicklung beschert uns eine riesige Herausforderung: Sicherung der Altersvorsorge bei immer weniger Erwerbstätigen und immer mehr Rentenbezügern, steigende Gesundheits- und Sozial- kosten. Ebenso steigen die Kosten für den Unterhalt unserer Verkehrsinfrastrukturen. Schlechte Zeiten für die 800 Millionen teure (?) BTS des Kantons… Seite 11/42
5 Die Bodensee-Thurtalstrasse gemäss kantonalem Richtplan (Vorschlag des Kantons) 5.1 Zusammenfassung: Nein zum Gigantismus ! Die BTS "Richtplan" ist eine Hochleistungsstrasse Tempo 100, nicht richtungsgetrennt. 87 % des Trassees sind nicht auf der bestehenden Thurtalstrasse. Was wir kritisieren: Nicht richtungsgetrennte Autostrassen 100 km/h sind anerkannt gefährlich; 5 x mehr Todesopfer pro km als auf Hauptstrassen! Nicht landschaftsverträglich; bestes Kulturland kommt unter die Räder, der Lebensraum Thur- Aachtal wird zerschnitten, die Zersiedlung gefördert. Die Kapazität der Thurtalachse wird massiv erhöht, mit negativen Folgen: Transitverkehr von der gleich langen A1 Rorschach – Winterthur. Die Verbindung zwischen der E 41 und E43 ermöglicht das Umfahren der Stauräume Zürich und Gotthard (siehe 4.1, Seite 6) In den Stauraum Winterthur-Zürich wird zusätzlicher Verkehr geleitet. Der erhoffte Zeitgewinn schmilzt im noch grösseren Stau vor Zürich. Der öV ist im Thurtal vorbildlich ausgebaut und erfolgreich. Durch einen parallelen Ausbau der Strasse würde er unnötigerweise konkurrenziert. Pendler auf die Bahn! Unklar ist die Finanzierung: Kommt die BTS ins Grundnetz, sind Unterhalt und Ausbau Bundessache, wobei seitens des Bundes der Umbau von Strassen gegenüber dem Neubau privilegiert wird. Allerdings hat der Bund andere Probleme als die Thurtalstrecke! Bleibt sie im Ergänzungsnetz, haben Kanton und Gemeinden den Ausbau zu berappen. Das wäre das Aus für das 800 Millionen- Projekt BTS. Fragwürdiger wirtschaftlicher Nutzen: Verschiedene Studie bestätigen, dass ein Strassenbau ein wenig taugliches Mittel zu Wirtschaftsförderung ist. Die Entlastungswirkung ist ungenügend, da der Binnen- und Ziel-Quellverkehr weit über 50 % des gesamten Verkehrs ausmachen (Beispiele Amriswil und Weinfelden). Neu hätten wir zwei parallele Strassen im Thur- Aachtal; für beide fallen Unterhalts- und Betriebskosten an. Besonders zu Buche schlägt der 3.2 km lange Ottenbergtunnel. Nein zu ausufernden Infrastrukturkosten! Der Volksentscheid vom 25. 9. 2005 wird nicht respektiert; man plant, als ob das Volk zu einer durchgehenden Schnellstrasse ja gesagt hätte! Auf künftige Entwicklungen (Demografie, Technik, Wirtschaft, Finanzen..) kann kaum reagiert werden. Einmal so geplant, muss die BTS auch fertig erstellt werden. Seite 12/42
Die BTS "Richtplan" weist folgende Charakteristik auf: 2-spurige Hochleistungsstrasse, nicht richtungsgetrennt, kein Langsamverkehr Tempo gemäss Richtplan: 80-100 km/h, gemäss Gesamtbeurteilung Variante Richtplan (Tiefbauamt TG, 25. 11. 2009): Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt durchgehend 100 km/h. (ausser Ottenbergtunnel) Niveaufreie Anschlüsse (keine Kreuzungen/Kreisel) 5.2 Linienführung Die BTS "Richtplan" bleibt ab Autobahnende bei Bonau bis Märstetten auf dem bestehenden Trassee, wobei sie überall da, wo sie das heutige Trassee benutzt, nebst den Fahrspuren Tempo 100 noch zwei weitere Fahrspuren für den lokalen Verkehr aufweist. Von Märstetten bis Weinfelden parallel (südlich) der Bahnlinie. Weinfelden wird nördlich umfahren; mit einem ca. 3,2 km langen Ottenbergtunnel. Bürglen wird nördlich umfah- ren; bei der Gemeindegrenze zu Sulgen wird das bestehende Trassee erreicht. Dieses wird genutzt bis kurz vor dem Siedlungsgebiet Sulgen, das nördlich umfahren wird; am süd- lichen Siedlungsrand von Üerenbohl. Hessenreuti, Ennetaach und Erlen werden relativ eng nördlich umfahren – ab ca 500 m vor Engishofen folgt die BTS der Bahn. Oberaach wird südlich umfahren (Unterquerung der Strasse Mühlebach – Oberaach bei Schrofe) Amriswil wird nördlich umfahren, entlang der Aach. Dann entlang der Bahnlinie bis nördlich von Hungerbüel, nahe am westl. Siedlungsrand von Salmsach und Egnach nach Geisshüsere. Fetzisloo wird nördlich umfahren; westlich von Frasnacht auf das Trassee der Umfahrung Arbon. Es sind 11 Anschlussbauwerke vorgesehen (+ Ausbau des Anschlusses zur bestehenden Schnellstrasse Arbon-Meggehus). Überdeckungen sind vorgesehen bei Bonau, Uerenbohl, Salmsach, Egnach und auf zwei Abschnitten nördlich von Amriswil. Gesamtlänge 32.7 km; davon ca. 4km auf bestehendem Trassee (das an diesen Stellen auf 4 Spuren ausgebaut wird; 2 für die BTS (100 km/h), 2 für den örtlichen (Misch-)verkehr. BTS-Trassee nördlich Ennetaach… und bei Rupertsmos: bestes Landwirtschaftsland Seite 13/42
Ottenberg: Tunnelportale westl. von Weinfelden östlich von Weinfelden; bei Underhard Ortsbild Rebberge, Thurgauer "Vorzeigelandschaft" "besonders wertvoll" (Richtplan TG) Trassee bei Wiile, westlich Egnach Trassee längs der Bahnlinie bei Engishofen 5.3 Kritik 5.3.1 Gefährlich Die Hochleistungsstrasse "zweispurig, nicht richtungsgetrennt, Tempo 100" hat sich nicht bewährt, ja sie wurde im Rheintal gar als Todesstrecke bezeichnet (und umgebaut), ebenso die A4 im Zürcher Weinland. Das vom Tiefbauamt angeführte Argument, es gäbe auf der HLS weniger Unfälle als auf einer normalen Hauptstrasse, sticht nicht. Es geht nicht um die Unfall-Häufigkeit; es geht um die Unfallschwere. Und dass frontale Kollisio- nen mit Tempo 100 ungleich gravierender sind, ist eine physikalische Selbstverständlich- keit. Dazu das BfU (P. Eberling in der Thurgauer Zeitung vom 1.3.2010): Die Anzahl schwerer Unfälle pro Strassenkilometer ist auf Autostrassen um ein Vielfaches höher als auf Hauptstrassen. Im Dossier BTS/OLS des kant. Tiefbauamtes (13.4.2012) ist zu lesen, dass Autostrassen (100 km/h) „zu den sichersten Strassentypen gehören“ (S.42) Begründet wird dies damit, dass 2011 nur 5% der Getöteten oder 15 Personen ihr Leben auf einer Autostrasse verlo- ren hätten; dem gegenüber 52% auf Hauptstrassen. Hat unser Tiefbauamt vergessen, dass in der Schweiz 380 km Autostrassen 18'040 km Kantonsstrassen (Hauptstrassen) gegenüber stehen? Erwähnt wird das jedenfalls nirgends. Hauptstrassen sind demnach 47x länger. Rechnet man die Todesopfer der Autostrasse auf die Strassenlänge der Haupt- strasse um, käme man auf 705 Getötete – oder im Jahr 2011 4,2 mal mehr Todesopfer als auf der Hauptstrasse Tempo 80. Seite 14/42
A4 - KAPO Zürich In den letzten 12 Jahren gab es auf den Schweizer Autostrassen 5 x mehr Todesopfer pro Strassenkilometer als auf Hauptstrassen. (Das in der Regel höhere Verkehrsaufkommen auf Autostrassen nicht berücksichtigt.) Hinzu kommt, dass Tempo 100 Überholmanöver provoziert, da nicht alle Verkehrsteilnehmer 100 fahren können. (vergl. Variante der Verbände) 5.3.2 Nicht landschaftsverträglich / Kulturland / Zerschneidung / Zersiedlung Das Trassee verläuft zu ca. 87% - nicht auf der bestehenden Thurtalstrasse. Dabei kommt nicht nur gutes Landwirtschaftsland – fast ausschliesslich Fruchtfolgeflächen – unter den Asphalt; es werden Vernetzungskorridore und Gebiete mit Vorrang Landschaft durchschnitten, ebenso Hochstamm-Baumgärten. Markante Eingriffe in eine intakte, besonders sensible Landschaft stellen auch die zwei Ottenberg-Tunnelportale dar: Sowohl die Reblandschaft unterhalb des Weinguts Bachtobel wie auch Underhard (Ortsbild besonders wertvoll) sind geradezu Werbeträger für die landschaftliche Schönheit des Wohnkantons Thurgau! Beide würden durch die Beton-Tunneleingänge massiv beeinträchtigt. Mit der BTS gemäss Richtplan würde das Thur- und Aachtal im durchschnittlichen seitlichen Abstand von einem Kilometer zur bestehenden Strasse ein weiteres Mal zerschnitten. Mit dem vorgesehenen Temporegime (100 km/h) sind Wildzäune zwingend vorgeschrieben. Dies verstärkt die trennende Wirkung sowohl optisch wie auch bezüglich Durchlässigkeit der Landschaft für Tiere. (Um dieses Argument zu berücksichtigen, sieht der Vorschlag des Kantons vor, auf ca. 6 km dem Trassee der Bahn zu folgen. Dies mag die optische Zerschneidung etwas mildern oder zumindest bündeln; die Zerschneidung der Lebensräume bleibt die selbe, da der Bahnkörper im Gegensatz zur Strasse praktisch keine trennende Wirkung hat.) Seite 15/42
Donzhausen; bäuerliche Kulturlandschaft Oberthurgau. Die BTS würde vom unteren rechten Bildrand zu den Wäldern in der Bildmitte führen. Es braucht wenig Fantasie, um sich vorzustellen, dass es nicht bei der BTS alleine bleibt: Im Lauf der Jahre und Jahrzehnte siedeln sich längs einer Hochleistungsstrasse mit Aus- fahrten Lagerhäuser, Fachmärkte, Vergnügungsparks, McDonalds, Outlets und Tank- stellen-Shops an. Die neue Strasse als Startschuss für eine weitere Zersiedlung. Wollen wir das im Thur- und Aachtal? (vergl. Variante der Verbände) Das vom Baudepartement angeführte Argument, man werde mit BTS (und OLS) die Entwicklung lenken und die Zersiedlung verhindern, ist absurd. Zahlreiche Quellen belegen: Erhöhung der Reise- geschwindigkeit im MIV = zusätzliche Zersiedlung. Der Verband Thurgauer Landwirtschaft lehnte BTS/OLS am 8. Mai 2012 mit 133: 57 ab! 5.3.3 Die Kapazitätserhöhung schafft Probleme 5.3.3.1 Massiv mehr Transitverkehr Eine durchgehende Hochleistungsstrasse von Arbon bis Bonau (Anschluss A7) mit Tempo 100 stellt eine attraktive Alternative zur A1 dar. Die Strecke Rorschach – Winterthur via St. Gallen (A1) ist etwa gleich lang wie die Strecke Rorschach – Winterthur via Arbon – Amriswil – Weinfelden. Während die A1 jedoch verschiedene Steigungen aufweist – hinauf nach St. Gallen, hinauf nach Gossau, Bürer Stich, Lützelmurgbrücke Aawangen – ist die Route durchs Thurtal praktisch steigungsfrei. Diese ist für den LKW-Fernverkehr interessant, da hier Steigungen und die St. Galler Stadttunnels vermieden werden und der LKW eh nicht schneller als 100 km/h fährt. Fazit: Der heute absolut minimale Transit- verkehr wird zunehmen; das schon in der T14-Abstimmung wichtige Argument, das Thur- und Aachtal werde ein internationaler Transitkorridor für den Schwerverkehr, behält seine Gültigkeit. Seite 16/42
Zwei Studien (büro widmer, im Auftrag des Tiefbauamtes) bestätigen diese Befürchtungen nicht – oder relativieren sie. "Verkehrsverlagerung und Mehrverkehr infolge BTS und OLS", 8.Juli 2010: "Die Unter- suchungen haben ergeben, dass mit dem Bau der BTS rund 2200 Fahrzeuge/Tag von der A1 verlagert werden dürften. (…) Der verlagerte Verkehr enthält einen Schwerverkehrs- anteil von schätzungsweise 5 – 6%." = ca 120 LKW pro Tag "Verlagerung von Schwerverkehr von der A1 auf die BTS", 2.März 2011: Der Transit- Schwerverkehr Rorschach – Winterthur beträgt 900 Fz./Tag. Davon werden gemäss Studie nur 50 auf die BTS umgelagert. 50 oder 120 zusätzliche LKWs und 2200 Fahrzeuge insgesamt pro Tag sind nicht nichts… Zudem kann die zweite Studie aus folgenden Gründen auch kritisch betrachtet werden: Die befragten Betriebe – 5 Schweizer Transportunternehmen, mit Ausnahme von Planzer alle an der A1 von Wil bis Rorschach (!) – gaben bei den Kriterien zur Routenwahl an, dass sie wegen dem robusteren Verkehr (Staurisiko) und der 2.3 km kürzeren Strecke die A1 bevorzugen würden. Da die Stadtautobahn in St. Gallen deutlich an der Kapazitätsgrenze liegt, könnte sich die BTS bald als ebenso "robust" erweisen. Nicht berücksichtigt wurden die LKW-Fahrer aus Ungarn, Ukraine, Polen, Bayern, Portugal, Frankreich usw. Gemäss meinen eigenen Beobachtungen machen sie einen beträchtlichen Teil des LKW-Verkehrs auf der A1 aus. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die nicht zu beantwortende Frage, wie dereinst dieser internationale Transitverkehr durch die Navigationssysteme gelenkt wird. Nicht berücksichtigt wurde die Tatsache, dass mit BTS und OLS eine wichtige Querverbindung zwischen den internationalen Transitrouten E 41 und E 43 hergestellt würde. Der Strassenbau im Thurgau würde die Route Frankfurt – Stuttgart – Konstanz – (Thurgau) – Rheintal – San Bernardino – Mailand massiv verbessern – eine gute Alternative zu den Stauzonen Grossraum Zürich und Gotthardautobahn! 5.3.3.2 Zusätzlicher Verkehr in die Stauzone Winterthur-Zürich? Die im alltäglichen Verkehr problematischste, staugefährdetste Region im Nationalstrassennetz ist der Grossraum Zürich. (139 000 Fahrzeugen pro Tag bei Wallisellen. Damit ist auch eine Autobahn deutlich überlastet.) Mit dem Ausbau eines neuen Zubringers – eben der BTS – würde noch mehr Verkehr in diesen Stauraum geführt. Fazit: Dank der BTS käme man wenige Minuten schneller nach Winterthur – um dann um so länger im Stau zu stehen. Schon 2002 hält die Studie "Verkehrserschliessung Oberthurgau" (BüWi Frauenfeld/Ecoplan Bern) fest: "…sind die selbst mit einer durchgehenden Neuanlage der T14 (BTS) maximal realisierbaren Zeitgewinne relativ bescheiden – insbesondere dann, wenn man noch die immer häufiger auftretenden Staus zwischen Winterthur und Zürich und in der Agglomeration Zürich in Betracht zieht." Es ist geradezu unverantwortlich, mit dem Ausbau der BTS noch mehr Verkehr in diese Stauzone zu führen; Probleme werden nicht gelöst – sondern verschärft. 5.3.3.3 Parallelausbau Schiene und Strasse? Der öffentliche Verkehr ist auf der Thurtal- Aachtalstrecke vorbildlich ausgebaut. Heute verkehren im Fernverkehr täglich 69 Züge zwischen Winterthur und Weinfelden, davon 36 von und nach Romanshorn. Hinzu kommen an Wochentagen 73 Regionalzüge zwischen Seite 17/42
Winterthur und Weinfelden, 41 zwischen Weinfelden und Romanshorn. So hat man in den ersten beiden Morgenstunden 7 Züge ab Romanshorn Richtung Winterthur-Zürich, ab Weinfelden sind es gar 11 Züge! Tagsüber fahren vier Züge pro Stunde ab Weinfelden Richtung Winterthur-Zürich. Gemäss dem Konzept öffentlicher Regionalverkehr Thurgau 2010 – 2015 sind weitere Ausbauten des Bahnangebots vorgesehen. Der Richtplan des Kantons hält bei den Angebotsverbesserungen fest: Zusätzliche schnelle S-Bahn (Winterthur Romanshorn). Der Richtplan verlangt auch den Ausbau des öV zwischen den kantonalen und ausserkantonalen Zentren und in den Agglomerationen. Fazit: Das Vorhaben, parallel zur Schiene eine Hochleistungsstrasse zu bauen, kannibalisiert den öV und widerspricht raumplanerischen Grundsätzen. Pendler gehören auf die Bahn! Auch das Gesamtverkehrskonzept Thurgau, April 2011 hält fest: "Die BTS erhöht andererseits die Kapazitäten und verkürzt die Reisezeiten im Strassenverkehr. Damit konkurrenziert sie den gut ausgebauten öffentlichen Verkehr und fördert die Verkehrsverlagerung auf der Ost-West-Achse Richtung MIV." Weinfelden: 4 Verbindungen Richtung Zürich innert 40 min, 3 nach Romanshorn 5.3.4 Wer soll das bezahlen? Unklar ist zurzeit, wie die BTS finanziert werden soll: Kommt sie ins Grundnetz, wäre dies Aufgabe des Bundes. Ein Neubau im Thurtal hätte jedoch mit Sicherheit keine Priorität! Siehe auch: Seite 7ff: DTV-Vergleiche Seite 10: Wirtschaftliche Entwicklung / Finanzen Seite 17: Zusätzlicher Verkehr in Stauzone Zürich-Winterthur Seite 23: Wenig grundnetztauglich Allerdings ist die BTS noch nicht im Grundnetz! Noch am 9. Juni 2010 schrieb der Regierungsrat auf die Einfache Anfrage T.Kappeler „Weitere Planung der BTS“ vom 9. Juni 2010, dass der Bund rund 400 km heutige Kantonsstrassen "übernehmen und diese zusätzlich zum bestehenden Bundesnetz betreiben, unterhalten und teilweise auch Seite 18/42
ausbauen" soll. Doch der Bund fordere "eine vollständige finanzielle Kompensation durch die Kantone". Inzwischen ist man einen Schritt weiter: Eine Vorlage des ASTRA (Bundesamt für Strassen) sieht eine Teilkompensation des zusätzlichen Aufwandes seitens des Bundes vor, dem auch die Kantone zustimmen können. Für die Übernahme der 387 km verlangt der Bund von den Kantonen eine jährliche Kompensation. Konkret werden die Beiträge des Bundes an die Kantone gekürzt. Für den Thurgau würde das eine Kürzung von 5 Mio. bedeuten. Dafür übernimmt der Bund Betrieb und Unterhalt der Thurtal-Strecke. (Der Kanton rechnet dafür mit jährlich rund 3 Mio.; der Bund wäre aber darüber hinaus auch für Sanierungen, die über den üblichen Unterhalt hinausgehen, zu- ständig.) Da nun im Grundnetz, würde der Bund auch den Ausbau finanzieren (und planen…). Die geplante Erhöhung der Vignette auf Fr. 100.- würde, zusammen mit den Kürzungen der Beiträge an die Kantone, jährlich 305 Mio ergeben. Davon sind 30 Mio für den Unterhalt reserviert; blieben also für den Ausbau der 387 km 275 Mio pro Jahr. Wird die Vignette nur auf Fr. 70.- erhöht (Stand heute gemäss Nationalrat), bliebe jährlich noch 180 Mio für den Ausbau. Rein rechnerisch käme der Thurgau mit seinem neuen Grundnetz-Anteil – 32 km – nicht mal auf 20 Mio. pro Jahr. Ob der Bund angesichts der Verkehrsprobleme in den grossen Agglomerationen das Thurtal prioritär behandelt, darf bezweifelt werden. Wie auch immer: Auch dieses enge Finanzkorsett spricht für die Variante "Umbau", bei der einzelne Engpässe bald und mit vollem Nutzen für die Bevölke- rung und den Verkehr saniert werden können. Selbstverständlich aber entscheiden nach wie vor Parlament und Bundesrat über die Einstufung der T14-Strecke ins Grundnetz. Bleibt sie im Ergänzungsnetz – in der oben erwähnten Antwort des Regierungsrates wird die Übernahme in Grundnetz als "sehr unsicher" bezeichnet – müsste der Kanton die BTS selber berappen. Weil der Kanton nicht in der Lage ist, dieses 800-Mio-Projekt zu finanzieren, setzt der Regierungsrat ganz auf den Bund – siehe Abstimmungsbotschaft: „Der Bund als wichtiger Partner“. Doch mit der Übernahme ins Grundnetz plant und bezahlt der Bund, und es ist sehr fraglich, ob er alle die versprochenen Tunnels und Tieferlegungen auch realisieren wird. Die zuständige Bundesrätin Leuthard in einem Schreiben vom 15. März 2012 an alt NR Peter Schmid: „Wie Sie sehen, steht für den Bund heute noch nicht fest, ob die H14 nach der Übernahme ausgebaut werden soll und falls ja, wie.“ Somit bekommt man mit der Abstimmungsbotschaft des Regierungsrates den irrigen Eindruck, wir würden über ein verbindliches, rechtkräftiges Projekt abstimmen, bei dem Linienführung und Ausbaustandard festgelegt seien. Die entsprechende Richtplanänderung (September 2011, BTS und OLS) ist vom Bund jedoch noch nicht genehmigt, und wir stimmen nur über einen Netzbeschluss ab. (Das in der Botschaft vorgestellte Bauwerk „BTS“ ist also eher ein Wunschkatalog an den künftigen Bauherrn Bund.) Sollte die BTS doch in der vorgeschlagenen Form realisiert werden, ist zum künftigen Unterhalt zudem folgendes zu bemerken: Wenn die BTS – im Grundnetz des Bundes – vom Bund gebaut und finanziert ist, ist der Bund auch für den Betrieb und Unterhalt zuständig. Doch was geschieht mit dem bisherigen Trassee der Thurtalstrasse? Man wird auch diese Strasse brauchen, für den Landwirtschaftsverkehr, für den Nahverkehr. Vielleicht kann sie redimensioniert werden, doch für den Unterhalt wird dann wieder der Kanton aufkommen müssen. Seite 19/42
5.3.5 Fragwürdiger wirtschaftlicher Nutzen Den immensen Kosten steht ein unklarer Nutzen gegenüber: ein bescheidener Reisezeitgewinn (ein paar Minuten früher in der Stauzone Winterthur-Zürich…). Eine Befragung des Amtes für Wirtschaft und Arbeit zu den wichtigsten Standortfaktoren ergab 2002 folgendes Bild: 575 Unternehmer antworteten, davon 171 aus dem Oberthurgau. Für die Oberthurgauer kam "Erreichbarkeit von Zürich mit dem Auto" erst auf Rang 17! (1. Rang: Unternehmerfreundliche öffentliche Verwaltung, 2. Steuerbelastung für Unternehmen). In der gleichen Umfrage folgt der Faktor "Nähe zu Autobahnanschluss" bei den befragten Oberthurgauer Unternehmern auf Rang 9. „Ob und in welchem Ausmass sich eine bessere Verkehrserschliessung des Oberthurgaus auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken würde, ist sehr ungewiss“, lautet die Schlussfolgerung dieser Studie (Verkehrserschliessung Oberthurgau, 2002, Abschätzung der Auswirkungen auf die Regionalwirtschaft) Dass die verkehrstechnische Erreichbarkeit für die wirtschaftliche Entwicklung des Oberthurgaus eine eher untergeordnete Bedeutung hat, bestätigt auch die Regional- studie der CS 2004. Während der Thurgau bezüglich Standortattraktivität insgesamt über dem Schweizer Mittel liegt, sind die Werte des Oberthurgaus etwas tiefer, wofür gemäss CS-Studie "in erster Linie schlechte Resultate bei den beiden Bildungsindikatoren und der Unternehmensbesteuerung verantwortlich sind". Zudem rangiere der Oberthurgau schon wegen der grösseren Distanz zu den Ballungsräumen etwas tiefer als z.B. die Region Frauenfeld, doch mit Rang 40 und 41 immer noch über dem Mittel der 110 Schweizer Wirtschaftsregionen. Die verkehrstechnische Erreichbarkeit insgesamt ist gemäss CS- Studie gar die bedeutendste Stärke des Wirtschaftsstandorts Thurgau (!). Auch die von der TKB in Auftrag gegebene Studie (Juni 2012, Wellershoff & Partners) äussert sich sehr zurückhaltend über mögliche positive Effekte: Die Effekte seien in der Regel schwach / es gäbe widersprüchliche Ergebnisse zur Bedeutung des Strassenbaus für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region / „in einzelnen Fällen konnten positive Auswirkungen identifiziert werden“… Unverbindlicher geht’s kaum. Hoch ärgerlich ist jedoch der Titel in der Thurgauer Zeitung und auf der Homepage der Bank: BTS/OLS fördert Standortattraktivität. Das ist Abstimmungspropaganda, die mit dem Inhalt der Studie herzlich wenig zu tun hat! Ärgerlich aber ist auch, dass sich „unsere Bank“ zu einer sehr kontroversen politischen Frage äussert, die so gut wie nichts mit dem Bankgeschäft zu tun hat! 5.3.5 Prognostizierte Entlastung Gemäss Botschaft des Regierungsrates zur Abstimmung vom 23. September sollen Weinfelden zu 57%, Amriswil zu 64%, Neukirch zu 64% entlastet werden. Amriswil hat im Rahmen der Verkehrs- und Zentrumsplanung eine Verkehrserhebung durchführen lassen (Ghielmetti/Gemperli, 2004). Gemäss dieser Studie würde sich der Verkehr auf der Weinfelderstrasse infolge Nordumfahrung inkl. Spange um 33% redu- zieren lassen. Vergleichbare unterschiedliche Entlastungen wurden auch für Weinfelden prognostiziert (Verkehrserhebung Weinfelden 2003). Hier betrug der Anteil Durchgangs- verkehr 42%; 58 % wären also Ziel-Quell- und Binnenverkehr. Die in der Botschaft veröffentlichen Zahlen stimmen auch nicht mit denen der Botschaft des Regierungsrates an den Grossen Rat TG zum Netzbeschluss (13. Dez. 2011) überein. Hier heisst es: „Gegenüber den Prognosezahlen für das Jahr 2030 (ohne BTS) werden Weinfelden 45%, Bürglen 59%, Amriswil 38% und Neukirch 48% weniger Verkehr zu tragen haben.“ Seite 20/42
Die Botschaft zur Abstimmung vom 23.9.2012 zeigt zwischen Romanshorn und Egnach einen DTV von 18'800; Wert von 2011 (S. 19). Die Verkehrsstatistik des Tiefbauamtes weist hier 14'394 Fahrzeuge/Tag auf, ebenfalls für das Jahr 2011, also 4'400 Fahrzeuge weniger! Das Verkehrsplanungsbüro Widmer, Frauenfeld prognostiziert in einer Studie (9.11.2010) im gleichen Abschnitt 17'600 Fahrzeuge pro Tag – für das Jahr 2020! Also nach neun Jahren 1'200 Auto weniger als die Botschaft für das Jahr 2011 angibt… Der „Sinn“ dieser 18'800 Fahrzeuge pro Tag ist klar: Hier muss entlastet werden! Gemäss Botschaft würde dann der gleiche Abschnitt 2030 einen DTV von 21'800 aufwei- sen, mit BTS/OLS noch 11'100, auf der parallel dazu erstellten BTS aber 28'700 (S. 20, 21 der Botschaft). Mit den auf der Strasse durch Steinebrunn verbliebenen 6'100 Fahrzeugen käme man hier auf 11'000 + 28'700 + 6'100 = 45'900, was in diesem Raum einem Mehr- verkehr von 7'300 Fahrzeugen/Tag entspricht. ( „wenig Mehrverkehr… zusätzliche Fahrten auf dem gesamten Strassennetz lediglich 3'400 pro Tag oder 1 Prozent“ Botschaft S 10) Die Studie „Verkehrserschliessung Oberthurgau“, INFRAS, SNZ, IPG Keller 2002 hat den Anteil des Transitverkehrs Arbon – Kreuzlingen untersucht und kommt zum Schluss: „Der Transitverkehr in diesem Korridor ist mit ca. 1'500 Fahrten pro Tag sehr bescheiden.“ Entsprechend hoch sind gemäss dieser Studie die Ziel-Quell- und Binnenanteile am Verkehr zwischen Arbon und Romanshorn (Arbon-Romanshorn insgesamt 14'200). Die Studie ist wohl zehnjährig; mit völlig anderen Zahlenverhältnissen aber ist nicht zu rech- nen. Fazit: Nur ein kleiner Teil des Verkehrs zwischen Egnach und Romanshorn wird auf die Strecke BTS-Amriswil-OLS-Kreuzlingen zu lenken sein! Auch hier müssen, wie zwischen Bottighofen und Kreuzlingen, Lösungen vor Ort gefunden werden! Die erheblichen Unterschiede der DTV-Zählstellen (östl. Sulgen DTV 10'700 / Amriswil 18'200, Bürglen Ost 12'800, Verkehrsstatistik 2010) weisen darauf hin, dass der Anteil Transit gering ist und/oder die Verkehrsströme dispers sind. Die Studie "Verkehrser- schliessung Oberthurgau" (2002, INFRAS, SNZ, IPG Keller) bestätigt denn, dass auch im Thur-Aachtal bisher die Transitverkehrsströme nicht ins Gewicht fallen. Ob nun geringer Transitverkehr oder disperse Verkehrsströme: Für den lokalen und dispersen Verkehr ist eine durchgehende Schnellstrasse nicht die richtige Lösung. Geradezu peinlich sind die Entlastungszahlen in Kreuzlingen. Auf wichtigen Strassen erfolgt dank OLS keine oder kaum spürbare Entlastung: DTV 2010 DTV 2030 ohne OLS DTV 2030 mit OLS Bachstrasse 11'700 12'100 13'600 (+1'500!) Bahnhofstrasse 15'300 17'300 15'600 Hauptstrasse Nord 7'500 8'900 7'800 Konstanzerstrasse 8'900 10'300 9'400 Seetalstrasse 14'300 19'000 15'700 Unterseestrasse 14'200 15'300 15'000 Verkehrsstudien Kreuzlingen TBA 30.4.2012 Gemäss "Verkehrserschliessung Oberthurgau" sind Umfahrungsprojekte nur gerecht- fertigt, wenn die Entlastungswirkung auf der Ortsdurchfahrt mindestens 50 % beträgt. Hohe Entlastungszahlen dienen der Legitimation eines Strassenbauvorhabens. Dies wurde schon im Vorfeld zur T14-Abstimmung deutlich, wo in der Broschüre "Wohin mit dem Verkehr dem Thurgau" generell und überall 50 % Entlastungswirkung "nachgewiesen" Seite 21/42
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