NEUE WINDKRAFTANLAGEN MÜSSEN NETZSTABILITÄT SICHERN - UNI DUE
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Neue Windkraftanlagen müssen Netzstabilität sichern S turmfest und erdverwachsen Photodic Wer in Europa Wind sät, kann nicht nur Sturm, sondern auch eine ganze Menge Energie ernten. Durch die Förderung der regenerativen Energien hat sich die Zahl der Windenergie- anlagen (WEA) drastisch vergrößert. Einst als unökonomischer Traum grüner Windmühlen- nostalgiker belächelt, jagt ihre wachsende Präsenz inzwischen so manchen Ökopolitiker von heute aus Gründen des Lärm- und Landschaftsschutzes auf die Barrikaden. Mit ihrer Ge- samtkapazität von derzeit rund 18.000 Megawatt sind Windenergieanlagen so oder so zum wichtigen Faktor im Energiemix geworden. Damit werden auch Betriebssicherheit und Zu- verlässigkeit der Anlagen wichtiger. Am Fachgebiet Elektrische Anlagen und Netze der Uni- versität Duisburg-Essen arbeitet man gemeinsam mit der E.ON Netz GmbH daran, Winden- ergieanlagen zum verlässlichen Erzeuger auch innerhalb von Hochspannungsnetzen zu machen. Deutschland erzeugt derzeit fast 50 Prozent der MW installiert. Die meisten dieser Anlagen sind an europäischen Windenergie. Von heute etwa 18.000 Mittel- und Hochspannungsnetze an der Nord- Megawatt Leistung soll der Windpark zwischen und Ostseeküste angeschlossen. Durch die spezi- Eckernförde und Lindau bis zum Jahr 2020 fast fische Leistungserhöhung ergibt sich inzwischen Abbildung 1: Prognose der 50.000 MW Leistung erzeugen (Abb. 1). Im Bereich aber die Notwendigkeit, Großwindparks auch Windenergieentwicklung in der E.ON Netz GmbH ist derzeit eine Einspei- an das Höchstspannungsnetz anzuschließen. Deutschland. seleistung aus Windenergieanlagen von circa 7.000 Risikofaktor Altanlagen Das zufallsbezogene, schwer pro- gnostizierbare Einspeisevolumen sowie das spezifische Betriebs- verhalten älterer Windenergiean- lagen beeinflussen den Betrieb deutscher und benachbarter europäischer Übertragungs- netze bereits heute erheblich. Problematisch ist insbeson- dere, dass sich Altanlagen, die noch nicht den im Jahr 2003 für die Regelzone von E.ON Netz novellierten An- schlussbedingungen entsprechen, bereits bei geringen Spannungs- schwankungen infolge kleine- 30 FORUM Forschung 2005/2006
rer Leitungsfehler vom Netz trennen. Her- kömmliche Kraftwerke sind demgegenüber so konzipiert, dass sie bei Netzfehlern ihre Ein- speisung gerade nicht unterbrechen, sondern vielmehr aktiv zur Netzstabilität beitragen. Bei entsprechender technischer Ausrüstung bzw. Einbindung in die Netze ist es möglich, das Be- triebsverhalten von Windenergieanlagen demje- nigen herkömmlicher Kraftwerke anzunähern. Zu erwarten ist auch, dass sich in den nächsten Jahren durch Neubau und sukzessiven Ersatz der Altanlagen das Ausfallrisiko bei Netzfehlern reduzieren wird. Nach dem Jahr 2010 ist jedoch mit einem deut- lichen Rückgang der konventionellen Energie- erzeugung als Folge von Kraftwerksstilllegun- gen sowie der Verdrängung durch Windstrom zu rechnen. Damit entfällt aber auch die netz- stabilisierende Wirkung dieser Kraftwerke. Der Abbildung 2: Spannungs- Restbestand von alten Windenergieanlagen mit alle Windenergieanlagen infolge einer zu niedrigen trichter nach einem fiktiven 3-poligen Kurzschluss. „labilem Betriebsverhalten“ gewinnt dadurch Netzspannung vom Netz gehen. Auf diese Wei- noch einmal erhebliche Bedeutung. se könnte man auf einen Schlag über 3000 MW Einspeiseleistung verlieren, was mit den bisherigen Spannungstrichter ohne Strom Im Falle eines Kurzschlusses bricht die Span- Systemautomatiken nicht mehr zu beherrschen wäre. Um diese Gefahr abzuwenden, sind technische Nachrüstungen von Altanlagen bzw. nung in der Umgebung ein und hat ihren Mini- zusätzliche Einrichtungen zur Stützung des malwert am Kurzschlussort selbst. Abbildung 2 Höchstspannungsnetzes zwingend erforderlich. zeigt beispielhaft den so genannten „Span- nungstrichter“ im nördlichen Teil des deutschen In Zusammenarbeit zwischen der Windkraft- Übertragungsnetzes während eines dreipoligen Industrie, den deutschen Übertragungsnetzbe- Kurzschlusses. Nach den bis 2003 geltenden treibern und Forschungsinstituten wurden in Regelungen würden im grau hinterlegten Bereich einer Studie die bis zum Jahr 2015 zu erfüllenden Abbildung 3: Prinzip der Spannungsstützung. 31 Universität Duisburg–Essen
Abbildung 4: Definition von Systemautomatiken. Anforderungen an Windenergieanlagen festge- dass diese in den meisten Fällen bereits in der legt. Die Erkenntnisse aus dieser so genannten Lage sind, eine Inselbildung zu erkennen. „dena-Netzstudie“ zeigen, dass neben den not- wendigen windbedingten Netzausbaumaßnah- Seit einigen Jahren zeichnet sich aufgrund der men und der Lösung der Altanlagenproblematik erhöhten Anforderungen insbesondere an das die Umsetzung erweiterter Anforderungen an Durchfahren von Netzstörungen (Fault Ride regenerative Energieerzeuger, insbesondere an Through Capability) ein Umbruch in der Tech- Windenergieanlagen, eine der wesentlichen Auf- nik von Windenergieanlagen ab. Immer mehr gaben für einen sicheren und zuverlässigen Hersteller sind in der Lage, mit ihren Anlagen Netzbetrieb sind. So ist insbesondere das Ver- auch die großen Beanspruchungen während einer halten bei Netzstörungen hinsichtlich Netzstörung zu beherrschen. ➼ der Einbindung großer Offshore-Windparks, ➼ der Überwachungs- und Schutzeinrichtungen sowie Kurzschluss ohne Folgen Grundsätzlich gilt, dass das Netzverhalten aller ➼ der Spannungs- und Frequenzstützung Windkraftanlagen dem Netzverhalten anderer Großkraftwerke entsprechen muss. Ebenso drin- neu zu definieren. gend müssen alle Windkraftanlagen zur Netz- stabilisierung beitragen. Neben der Prüfung von Netzanschlussbegeh- ren nach Vorlage von Produktzertifikaten und Das Betriebsverhalten von Windkraftwerken un- Simulationsrechungen wird es in Zukunft auch terscheidet sich bislang erheblich von dem traditi- notwendig sein, die Nachhaltigkeit der Anforde- oneller Großkraftwerke. Daher ist es aufgrund rungen während des Betriebes zu überwachen. des massiven und weiter anhaltenden Wind- Zur Vermeidung eines Spannungskollapses müs- kraftausbaus zunehmend schwieriger geworden, sen für lang andauernde Störungen Systemauto- die Stabilität der Stromversorgung – gerade auch matiken greifen, die problematische Anlagen im Störungsfall – zu gewährleisten. selektiv vom Netz trennen. Da dabei alle Anlagen mit spannungsstützender Funktion weiterhin am Es wird deshalb gefordert, dass Windenergiean- Netz verbleiben, kann so ein durch negatives lagen einen kurzzeitigen Spannungszusammen- Anlagenverhalten verursachter endgültiger Netz- bruch ohne Trennung vom Netz überstehen. zerfall vermieden werden. Dieses „Fault Ride Through“ erfordert zusätzli- che technische Maßnahmen. Besonders schwierig Der Betreiber einer Windenergieanlage muss zu beherrschen ist ein Netzkurzschluss in der auch dafür sorgen, dass ein möglicher Inselbe- Nähe der Windenergieanlage, wo die Spannung in trieb der Anlage sicher erkannt und beendet diesem Fall auf nahezu Null zusammenbricht. wird. Dazu sollten die bereits vorhandenen Moderne Anlagen werden über leistungselek- Überwachungseinrichtungen wie Unter- und tronische Frequenzumrichter gesteuert. Die hierfür Überspannung sowie Unter- und Überfrequenz eingesetzten Systeme sind auf der einen Seite als Systemautomatiken eingesetzt werden, so sehr schnell, so dass sie in wenigen Millisekun- 32 FORUM Forschung 2005/2006
den reagieren können, auf der anderen Seite sind und kann somit zum Verlust der Spannungsstabili- sie aber empfindlich gegenüber Überlastungen. tät und des selektiven Betriebs der Netzschutz- Die Gewährleistung von Fault Ride Through ist einrichtungen führen. Hinzu kommt, dass sich deshalb eine Balance zwischen der Erfüllung Windkraftanlagen herkömmlicher Bauart bislang der Netzanforderungen, dem Schutz eigener bereits bei kleinen, kurzzeitigen Spannungsein- Anlagenkomponenten und nicht zuletzt den brüchen vom Netz trennen, während sich ther- damit verbundenen Kosten. mische Großkraftwerke nur nach gravierenden Netzstörungen abschalten. Blindleistung gegen Blackouts Die Einspeisung von Blindleistung ist unabding- Deshalb müssen Windenergieanlagen die Netz- spannung insbesondere während tiefer Span- bar für die Spannungshaltung im Netz. Ansonsten nungseinbrüche mit zusätzlichem Blindstrom besteht die Gefahr eines Spannungskollapses, stützen. Dazu ist bei einem Spannungseinbruch der zum Beispiel im Fall des Blackouts 2003 im von mehr als 10 % des Effektivwertes der Genera- Nordosten der USA und in Kanada Auslöser für torspannung eine Spannungsregelung gemäß den Zusammenbruch des Systems war. Doch Abbildung 3 zu aktivieren. selbst wenn die genannten Maßnahmen realisiert würden, ist ohne die Netzstützung durch Kraft- Diese Art Spannungsregelung reagiert erst, wenn werke traditioneller Bauart eine windbedingte Ge- die Spannung mehr als 10 % vom Sollwert abweicht fährdung der Versorgungssicherheit in Deutsch- (Totband), wodurch die Windenergieanlage von der land absehbar. Unruhe im Netz verschont bleibt. In Zukunft wird jedoch insbesondere im Höchstspannungsnetz Ein Übertragungsnetz mit überwiegend dezent- verstärkt eine kontinuierliche Spannungsregelung ralen Energieerzeugern bei gleichzeitigem Rück- ohne Totband gefordert werden. Technisch sind bau der konventionellen Kraftwerke neigt bei Windenergieanlagen hierzu in der Lage. Jedoch geringer Kurzschlussleistung zu stärkeren Span- ist ihre maximale Blindstromkapazität begrenzt nungseinbrüchen und Frequenzschwankungen durch die aktuell eingespeiste Wirkleistung. ANZEIGE Verändern wir die Welt, indem wir immer neu denken? Oder denken wir immer neu, weil die Welt sich verändert? Kleine Ideen können Großes bewirken 33 Universität Duisburg–Essen www.siemens.de
Verbesserte Überwachungstechnik Bei Über- und Unterspannung bzw. Über- und Unterfrequenz im Netz müssen Schutzeinrich- tungen dafür sorgen, dass die Anlagen vom Netz Photodic getrennt werden. Dies darf jedoch nicht zu früh erfolgen, weil dadurch die Situation im Netz noch verschärft werden kann. Andererseits müssen Abschaltungen differenziert vorgenommen werden – abhängig davon, ob die Windenergie- anlagen zur Stabilisierung des Netzes beitragen Ausblick Die Förderung der Windenergienutzung führt oder selbst die Verursacher des Problems sind. zu einem weiteren deutlichen Anstieg der Wind- In Bezug auf einen späteren Netzwiederaufbau einspeiseleistung auch in der Regelzone von E.ON nach einer Abschaltung muss bedacht werden, Netz. Der Transport und die Verteilung dieses wo die günstigste Trennstelle im Netz ist, damit Stroms stoßen an technische Grenzen und schaf- eine möglichst schnelle und unproblematische fen zum einen Engpässe im Übertragungsnetz, Wiedereinschaltung gewährleistet wird. Mit her- die temporär nur durch Erzeugungsmanagement kömmlichen Schutzeinrichtungen ist diese Auf- beherrschbar sind. Zum anderen steigen mit der gabe nicht zu bewerkstelligen. Vielmehr braucht erheblichen Zunahme an Windeinspeisung auch man intelligente Systemautomatiken, die auf die Anforderungen an Einzelanlagen, die diese Basis mehrerer Faktoren Entscheidungen im während des Betriebes erfüllen müssen. Die Sinne des Systems treffen. Abbildung 4 zeigt unter Mitwirkung Duisburg-Essener Forscher um hierzu Ansätze in Form von zwei Spannungs- István Erlich entstandenen Forschungsergebnisse wächtern im Netzanknüpfungspunkt eines Off- zeigen, dass bis zum Jahr 2010 mit einem deutlichen shore-Windkraftwerks und an den einzelnen Rückgang der konventionellen Erzeugung infolge Anlagen. von Kraftwerksstilllegungen sowie der Verdrän- gung „konventionellen“ Stroms durch Windstrom ANZEIGE zu rechnen ist. Da so aber auch die netzstabili- sierende Wirkung dieser Kraftwerke entfällt, ge- winnt der Restbestand von Windenergie-Altanlagen Spektrometer mit „labilem Betriebsverhalten“ an Bedeutung. für jede Um die Sicherheit der Übertragungsnetze auch bis in das nächste Jahrzehnt hinein nicht zu gefährden, Anforderung müssen diese Erkenntnisse zwangsläufig zu einer deutschlandweiten Modifikation der Netzanschluss- regeln einerseits sowie zu geänderten Abschalt- Elementanalytik ist eine vielseitige bedingungen von Altanlagen andererseits führen. und spannende, oft herausfordernde Diese Anforderungen müssen bewirken, dass mo- und manchmal auch lebenswichtige derne Windenergieanlagen zukünftig noch mehr Angelegenheit. SPECTRO, auf dem in den Netzregelmechanismus eingebunden wer- Gebiet der Elementanalyse erfahren den und die aus netztechnischer Sicht notwendi- wie kaum ein anderes Unternehmen gen Mindestanforderungen erfüllen. der Welt, bietet innovative, leistungsfähige Spektrometersysteme Ko n t a k t und einen umfassenden Service. www.spectro.com SPECTRO – Prof. Dr.-Ing. István Erlich innovativer Partner für die Element- Elektrische Anlagen und Netze analytik in jedem Anwendungs- Tel.: 02 03/3 79 - 10 32 bereich. erlich@uni-duisburg.de Boschstraße 10, 47533 Kleve http://www.uni-duisburg.de/FB9/EAN/index.shtml Tel. + 49.28 21.8 92-21 10 Fax + 49.28 21.8 92-22 10 Dr.-Ing. Wilhelm Winter info@spectro.com Dipl.-Ing. Jakob Löwen E.ON Netz GmbH 34 FORUM Forschung 2005/2006
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