Neues Arbeitsschutzkontrollgesetz für mehr Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

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DGUV Forum 4/2021         Agenda

Neues Arbeitsschutzkontrollgesetz für mehr
Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz
Key Facts                                                                                       Autorin

•    Das Arbeitsschutzkontrollgesetz soll die Überwachungs- und Beratungstätigkeit                Isabel Nöthen-Garunja
     der Aufsichtsbehörden und die allgemeinen Arbeitsbedingungen verbessern
•    Für die Verbesserung des Arbeitsschutzes sind besonders die Einführung einer
     Mindestbesichtigungsquote und die Verpflichtung zum Datenaustausch zwischen
     Landesbehörden und Unfallversicherungsträgern wichtige Schritte
•    In Zukunft soll die proaktive Überwachung der Arbeitsschutzbehörden stimuliert
     werden, indem das Gefährdungspotenzial bei der Auswahl der zu besichtigenden
     Betriebe berücksichtigt wird

Das Arbeitsschutzkontrollgesetz soll die Rechtsdurchsetzung im Arbeitsschutz verbessern.
Neben Regelungen für die Fleischindustrie sind weitere Bestimmungen enthalten, die sich auf
die Überwachungs- und Beratungstätigkeiten der Aufsichtsbehörden und Unfallversicherungs-
träger nachhaltig auswirken.

A
         m 1. Januar 2021 trat das viel disku-   Das Gesetz stellt somit eine Antwort des       Sowohl er als auch der Arbeitsminister
         tierte „Gesetz zur Verbesserung des     Gesetzgebers auf die Diskussionspunkte         aus Nordrhein-Westfalen Karl-Josef Lau-
         Vollzugs im Arbeitsschutz“ – kurz       aus dem SLIC-Report 2017 – besonders die       mann bekräftigten den ernst zu nehmen-
Arbeitsschutzkontrollgesetz (ArbSchKG) –         rückläufige Besichtigungsquote – sowie         den Stellenwert des Arbeitsschutzes in
in Kraft, das Bundestag und Bundesrat            auf die Kritik an den Arbeitsbedingungen       der Gesellschaft für eine sichere und ge-
am 22. Dezember 2020 verabschiedet hat-          in der Fleischwirtschaft dar. Dieser Bei-      sunde Arbeitswelt[5], was auch im ersten
ten. Das ArbSchKG nimmt Änderungen               trag gibt einen kurzen inhaltlichen Über-      Satz der Begründung zum Gesetzentwurf
unter anderem am Arbeitsschutzgesetz             blick über das ArbSchKG und konzentriert       ersichtlich wird: „Gute Arbeit erfordert
(ArbSchG), an der Arbeitsstättenverord-          sich dabei auf die relevanten Änderungen       gute Arbeitsbedingungen.“[6] In Zeiten der
nung (ArbStättV) und am Sozialgesetzbuch         für den Arbeitsschutz (Artikel 1, 4 und 9a     Corona-Epidemie sei dies noch deutlicher
(SGB) VII vor. Ziel ist es, die Rechtsdurch-     ArbSchKG).[3]                                  geworden.
setzung im Arbeitsschutz zu verbessern
sowie sichere und faire Arbeitsbedingun-         Arbeitsschutz als „Motor für                   Laumann bezeichnete den Arbeitsschutz
gen herzustellen. Anstoß zu den Geset-           sichere und gesunde Arbeits­                   als „Motor für sichere und gesunde Arbeits-
zesänderungen gaben die durch die Co-            bedingungen“                                   bedingungen“.[7] Heil nahm darüber hinaus
rona-Epidemie[1] erneut in die öffentliche                                                      Bezug auf Artikel 1 des Grundgesetzes (GG):
Kritik geratenen Arbeitsbedingungen in der       „Das Arbeitsschutzkontrollgesetz ist ein       „Die Würde des Menschen ist unantast-
Fleischindustrie, welche die Gesetzesände-       wichtiger Schritt zu mehr Gesundheits-         bar. Sie zu achten und zu schützen ist Ver-
rung beschleunigten. Eingearbeitet wurden        schutz und zu mehr Anstand in diesem           pflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Damit
aber auch Verbesserungsvorschläge, die           Land. Denn wenn es in unserem Land             unterstrich er die vorausgegangenen Worte
aus den Ergebnissen der Evaluation des           um Zusammenhalt geht, geht es im Kern          Karl-Josef Laumanns zur Wahrung der Ge-
EU-Ausschusses höherer Aufsichtsbeam-            auch um den Wert und die Würde der Ar-         sundheit und der „Würde des Menschen
ter (Senior Labour Inspectors Committee –        beit“[4], so äußerte sich der Bundesminister   am Arbeitsplatz“.[8] Mit dem ArbSchG wird
SLIC) aus dem Jahr 2017 hervorgingen             für Arbeit und Soziales Hubertus Heil in       demnach ein Beitrag zur Sicherheit und
(SLIC-Report 2017)[2] und von der Arbeits-       der 998. Bundesratssitzung (TOP 30) am         Gesundheit der Menschen bei der Arbeit
und Sozialministerkonferenz (ASMK) für           18. Dezember 2020, in der das ArbSchKG         geleistet, den das ArbSchKG weiter stärkt
die Gesetzesänderung vorbereitet wurden.         eine mehrheitliche Zustimmung erhielt.         und konkretisiert.

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                Das Arbeitsschutzkontrollgesetz ist ein wichtiger
                Schritt zu mehr Gesundheitsschutz und zu mehr
                Anstand in diesem Land. Denn wenn es in unserem
                Land um Zusammenhalt geht, geht es im Kern auch
                um den Wert und die Würde der Arbeit.“
                Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales

Ermächtigung des BMAS in                         messen der Aufsichtsbehörden überlassen.         behörden soll durch die Einrichtung ei-
­epidemischen Lagen nationaler                   In den letzten zwei Jahrzehnten war jedoch       ner Bundesfachstelle für Sicherheit und
 Tragweite                                       ein Rückgang der Betriebsbesichtigungen          Gesundheit bei der Arbeit bei der Bun-
                                                 der Aufsichtsämter zu verzeichnen.[11] Dies      desanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits-
Aus aktuellem Anlass der Corona-Epi-             ist laut Begründung zum Gesetzentwurf vor        medizin (BAuA) flankiert werden.[17] Die
demie wird das ArbSchG dahingehend               allem auf sinkende Personalressourcen der        Bundesfachstelle soll das übergreifen-
erweitert, dass das Bundesministerium            Länder zurückzuführen.[12] Auch Arbeitsun-       de, kontinuierliche Monitoring des Auf-
für Arbeit und Soziales (BMAS) in „epi-          fälle haben sich zwar in den letzten 20 bis 30   sichtshandelns übernehmen und die Jah-
demischen Lagen nationaler Tragweite             Jahren weiter stark verringert, zeigen aber in   resberichte und Kontrollaktivitäten der
nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutz-          den letzten zehn Jahren eine Stagnation.[13]     Arbeitsschutzaufsicht der Länder statis-
gesetzes“ (§ 18 Abs. 3 ArbSchG) ermäch-          „Durch die Einführung einer Mindestbe-           tisch erfassen und auswerten (§ 23 Abs. 5
tigt wird, spezielle Rechtsverordnungen          sichtigungsquote im Arbeitsschutzgesetz          ArbSchG). Die Ergebnisse sollen im jähr-
für einen befristeten Zeitraum auch ohne         soll die abnehmende Kontrolldichte im Ar-        lichen Bericht der BAuA über den Stand
Zustimmung des Bundesrates zu erlassen.          beitsschutz gestoppt und schrittweise eine       von Sicherheit und Gesundheit bei der
Von dieser Möglichkeit machte das BMAS           deutliche Steigerung bei den Betriebsbe-         Arbeit (SuGA-Bericht) veröffentlicht wer-
bereits zu Jahresbeginn Gebrauch, um auf         sichtigungen erreicht werden“[14], begrün-       den (§ 25 Abs. 1 SGB VII). Das BMAS wird
das weiter sehr hohe Infektionsgeschehen         det Karl-Josef Laumann diese Gesetzesän-         zudem befugt, die Arbeitsweise und das
durch die Corona-Epidemie in Deutschland         derung. Sie steht ebenso im Einklang mit         Verfahren der Bundesfachstelle festzule-
zu reagieren. Dazu wurde die SARS-CoV-           der Vision Zero, die auf eine Eliminierung       gen (§ 23 Abs. 5 ArbSchG) und soll 2023
2-Arbeitsschutzverordnung auf schnellem          sämtlicher schwerer und tödlicher Arbeits-       eine erste Zwischenauswertung der Kon-
Wege ohne Zustimmung des Bundesrats              unfälle abzielt.[15] Die Einhaltung der Fünf-    trolldichte in den Ländern vornehmen,
legitimiert (Corona-ArbSchV vom 22. Janu-        prozentquote wird ab 2026 verpflichtend          heißt es in der Begründung zum Gesetz-
ar 2021, in Kraft ab dem 27. Januar 2021). [9]   eingeführt. Bis dahin sollen die Aufsichts-      entwurf.[18]
                                                 behörden der Länder die Besichtigungsquo-
Mindestbesichtigungsquote                        te – sofern noch nicht erreicht – schrittweise   Proaktive Überwachung durch
                                                 erhöhen. Im Jahr 2027 wird darauf aufbau-        Berücksichtigung des Gefähr-
Mit dem ArbSchKG werden darüber hin-             end über eine weitere Erhöhung der Quote         dungspotenzials
aus staatliche Aufsichtsbehörden zu einer        entschieden, lautet es in der Problem- und
Mindestbesichtigungsquote von Betrieben          Zielbeschreibung des Gesetzentwurfs.[16]         Des Weiteren wird mit dem ArbSchKG eine
verpflichtet (§ 21 Abs. 1a ArbSchG). Dem-                                                         proaktive Überwachung unter Berücksich-
nach sollen pro Kalenderjahr mindestens          Einrichtung einer                                tigung des betrieblichen Gefährdungspo-
fünf Prozent der im Land vorhandenen Be-         ­Bundesfachstelle                                tenzials gesetzlich verankert (§ 21 Abs. 1
triebe[10] durch die Aufsichtsbehörden der                                                        ArbSchG). Risikoreiche Betriebe sollen
Länder aufgesucht und überwacht werden.          Die Einhaltung der Mindestbesichti-              stärker überwacht werden als Betriebe ri-
Bisher war die Besichtigungsdichte dem Er-       gungsquote der staatlichen Aufsichts-            sikoärmerer Branchen.

                                                                                                                                         33
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          Durch die Einführung einer Mindestbesichtigungsquote
          im Arbeitsschutzgesetz soll die abnehmende Kontroll­
          dichte im Arbeitsschutz gestoppt und schrittweise eine
          deutliche Steigerung bei den Betriebsbesichtigungen
          erreicht werden.“
          Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen

Die Bundesregierung wird zudem er-          1. die Ermittlung des Stands von Tech-      gegenseitig ab 2023 für die Besichtigun-
mächtigt (nicht wie bisher das BMAS),          nik, Arbeitsmedizin und Hygiene,         gen des laufenden Jahres übermittelt
mit Zustimmung des Bundesrats die „Kri-     2. die Ableitung von Regeln und Er-         werden:
terien zur Auswahl von Betrieben bei der       kenntnissen, wie gesetzliche Anfor-
Überwachung“ sowie die Sachverhalte,           derungen erfüllt werden können,          1. Name und Anschrift des Betriebs,
die „im Rahmen einer Betriebsbesichti-      3. die Aufstellung von Empfehlungen         2. Anschrift der besichtigten Betriebs-
gung mindestens zu prüfen und welche           zu Sicherheit und Gesundheit bei der         stätte, soweit nicht mit Nummer 1
Ergebnisse aus der Überwachung für             Arbeit und                                   identisch,
die Berichterstattung zu erfassen sind“,    4. die Beratung des BMAS in allen           3. Kennnummer zur Identifizierung,
festzulegen (§ 24 ArbSchG). Damit soll         ­Fragen des Arbeitsschutzes.             4. Wirtschaftszweig des Betriebs,
eine bessere Bundesaufsicht über das                                                    5. Datum der Besichtigung,
Verwaltungshandeln der Länder erzielt       Die ermittelten Regeln und Erkenntnisse     6. Anzahl der Beschäftigten zum Zeit-
werden.[19]                                 kann das BMAS im Gemeinsamen Minis-             punkt der Besichtigung,
                                            terialblatt bekannt geben und Empfeh-       7. Vorhandensein einer betrieblichen
Ausschuss für Sicherheit und                lungen veröffentlichen. Diese sind dann         Interessenvertretung,
Gesundheit bei der Arbeit                   vom Arbeitgeber einzuhalten (§ 24a Abs. 4   8. Art der sicherheitstechnischen
                                            ArbSchG).                                       B
                                                                                            ­ etreuung,
Im neu hinzugefügten § 24a ArbSchG wird                                                 9. Art der betriebsärztlichen Betreuung,
die Grundlage für einen beim BMAS einge-    Datenaustausch                              10. Bewertung der Arbeitsschutzorgani-
richteten neuen Ausschuss für Sicherheit                                                    sation einschließlich
und Gesundheit bei der Arbeit geschaffen,   Der gegenseitige elektronische Daten-           a. der Unterweisung,
dessen Geschäfte von der BAuA geführt       austausch zwischen Arbeitsschutzbe-             b. der arbeitsmedizinischen Vor-
werden (§ 24 Abs. 2 ArbSchG). Dieser soll   hörden und den zuständigen gesetzli-                sorge und
übergreifende Aufgaben wahrnehmen und       chen Unfallversicherungsträgern ist als         c. der Ersten Hilfe und sonstiger
das ArbSchG in Regeln konkretisieren, so-   weiteres wichtiges Thema in der neuen               Notfallmaßnahmen,
weit dies nicht durch andere beim BMAS      Fassung des ArbSchG aufgenommen und         11. Bewertung der Gefährdungsbeurtei-
eingerichtete Ausschüsse geschieht. Die     normiert worden (§ 21 Abs. 3a ArbSchG re-       lung einschließlich
maximal 15 Mitglieder (zuzüglich je einer   gelt dies für Arbeitsschutzbehörden und         a. der Ermittlung von Gefährdungen
Stellvertretung) sollen geeignete Perso-    § 20 Abs. 1a SGB VII für die Unfallversi-           und Festlegung von Maßnahmen,
nen aus dem Kreis der öffentlichen und      cherung). Dieser Teil des Gesetzes sieht        b. der Prüfung der Umsetzung der
privaten Arbeitgeber, aus Gewerkschaften,   ab 1. Januar 2023 eine Übermittlung der             Maßnahmen und ihrer Wirksam-
Landesbehörden, der gesetzlichen Unfall-    Besichtigungsdaten aus den Betrieben auf            keit und
versicherung und aus der Wissenschaft       elektronischem Weg zwischen Landesbe-           c. der Dokumentation der Gefähr-
sein. Sie werden zu ihrer ehrenamtlichen    hörden und Unfallversicherungsträgern               dungen und Maßnahmen,
Mitgliedschaft vom BMAS berufen. Im Ge-     vor. Zur Erhöhung der Transparenz zwi-      12. Verwaltungshandeln in Form von
setz konkret benannte Aufgaben sind nach    schen Aufsichtsbehörden und Unfallver-          Feststellungen, Anordnungen oder
§ 24 Abs. 3 ArbSchG:                        sicherung sollen konkret folgende Daten         Bußgeldern.[20]

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   Eine Mindestbesichtigungsquote und somit stärkere Kontrolle
   der Betriebe zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen, neue Doku­
   mentationspflichten und besondere Vorschriften für einige Bran­
   chen sollen nach Meinung des Gesetzgebers die Sicherheit und
   Gesundheit am Arbeitsplatz verbessern.“

Befugnisse des Aufsichts­                     in der ArbStättV auch auf Sammelunter-          lung) und § 3a (Einrichten und Betreiben
personals                                     künfte) erweitert[22] – jedoch ausschließlich   der Arbeitsstätte) sowie Nr. 4.4 des An-
                                              „zur Verhütung dringender Gefahren für          hangs (Unterkünfte) beachtet werden
Mit der Überwachung beauftragte Perso-        die öffentliche Sicherheit und Ordnung“         müssen. Wichtig dabei ist, dass Arbeit-
nen dürfen außerhalb der gewöhnlichen         (§ 22 Abs. 2 ArbSchG).                          geber verantwortlich sind, Beschäftigten
Betriebs- und Arbeitszeiten ohne Zustim-                                                      „angemessene Unterkünfte“ inner- oder
mung des Arbeitgebers [21] nur Maßnahmen      Zusammenarbeit mehrerer                         außerhalb des Betriebsgeländes zur Ver-
treffen, soweit diese zur Abwendung akuter    ­Arbeitgeber                                    fügung zu stellen und dies zu dokumen-
Gefahren für die öffentliche Sicherheit und                                                   tieren (Nr. 4.4 Anhang ArbStättV). Eine
Ordnung nötig sind (§ 22 Abs. 2 ArbSchG).     Besonders im Hinblick auf die häufigen          Unterkunft ist immer dann zu erwarten,
Solche dringenden Maßnahmen zur Ver-          Werkverträge in der Fleischwirtschaft und       wenn „der Beschäftigte die Verpflichtung
hütung akuter Gefahren dürfen in priva-       die damit verbundene mangelnde Trans-           zur Erbringung seiner Arbeitsleistung an-
ten Wohnungen – sofern sie Arbeitsstätte      parenz wurde der § 22 Abs. 1 ArbSchG er-        dernfalls nicht eingehen würde“ (Nr. 4.4
sind – nach dem neuen ArbSchKG ohne die       weitert[23]. Nach § 8 ArbSchG mussten Ar-       Anhang ArbStättV). Mindestanforderungen
Zustimmung der Bewohnerinnen und Be-          beitgeber bei Zusammenarbeit zusätzliche        und maximale Belegungszahl für solche
wohner getroffen werden. Dies gilt für Maß-   präventive Maßnahmen in der Vergangen-          Unterkünfte werden mit diesem Gesetz fest-
nahmen nach Satz 1 und 2 des § 22 Abs. 2      heit bereits miteinander abstimmen. Aus         gelegt. Im ArbSchG wird zudem die Bun-
ArbSchG, wonach die mit der Überwa-           der Ergänzung durch das ArbSchKG ergibt         desregierung zum Erlass von Vorschriften
chung beauftragte Person befugt ist, Ar-      sich über die Fleischindustrie hinaus die       ermächtigt, die regeln, dass „für bestimmte
beitsstätten, Geschäfts- und Betriebsräume    Neuheit, dass bei Zusammenarbeit das Er-        Beschäftigte angemessene Unterkünfte be-
„zu betreten, zu besichtigen und zu prüfen    gebnis aus deren Abstimmung schriftlich         reitzustellen sind, wenn dies aus Gründen
sowie in die geschäftlichen Unterlagen […]    festgehalten und auf Anfrage vorgelegt          der Sicherheit, zum Schutz der Gesundheit
Einsicht zu nehmen, soweit dies für die Er-   werden muss.                                    oder aus Gründen der menschengerechten
füllung der Aufgabe erforderlich ist“. Zu-                                                    Gestaltung der Arbeit erforderlich ist und
dem darf sie Arbeitsmittel und persönliche    Gemeinschaftsunterkünfte                        welche Anforderungen dabei zu erfüllen
Schutzausrüstung prüfen, Arbeitsverfah-                                                       sind“ (§ 18 Abs. 3a ArbSchG).
ren und -abläufe untersuchen, Messungen       Zu guter Letzt wurde auch eine Einigung
vornehmen und insbesondere arbeitsbe-         bezüglich der bereits erwähnten betrieb-        Fazit
dingte Gesundheitsgefahren feststellen        lichen Unterkünfte erzielt und diese in die
und Ursachen eines Arbeitsunfalls, einer      ArbStättV eingefügt (§§ 1, 2, 9 ArbStättV).     Um dem Rückgang der Betriebsbesichtigun-
Berufskrankheit oder eines Schadensfalls      Diese Regelung bezieht sich nicht nur auf       gen durch Länderbehörden zu begegnen,
untersuchen (§ 22 Abs. 2 ArbSchG). Damit      Unterkünfte für Beschäftigte in der Fleisch-    nimmt das BMAS seine Fachaufsichtsfunk-
wird das Grundrecht auf Unverletzlichkeit     industrie, sondern auch in Bereichen wie        tion über die staatliche Arbeitsschutzauf-
der Wohnung (Artikel 13 GG) zur Gefah-        der Landwirtschaft bei der Unterbringung        sicht durch das ArbSchKG verstärkt wahr.
renabwendung insoweit eingeschränkt.          von Saisonarbeitskräften oder Erntehilfen.      Dabei hat die Corona-Epidemie bestehen-
Die Zutritts- und Überwachungsrechte          Diese Paragrafen sehen vor, dass bei Sam-       de Probleme offengelegt und die Gesetzes-
werden (in Verbindung mit der Änderung        melunterkünften § 3 (Gefährdungsbeurtei-        änderungen beschleunigt. Eine Mindest­

                                                                                                                                      35
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Auch qualitativ ist eine risikoorientiertere Steuerung der Aufsicht
durch das BMAS beabsichtigt. Dazu soll die Bundesfachstelle bei
der BAuA Erkenntnisse aus den ihr zugelieferten Daten der Länder­
aufsichtstätigkeiten gewinnen und dem BMAS wissenschafts­
basierte Maßnahmenempfehlungen liefern.“

besichtigungsquote und somit stärkere
                                                  Literatur
Kontrolle der Betriebe zur Einhaltung ihrer
Verpflichtungen, neue Dokumentations-
                                                  Deutscher Bundesrat (2020): Plenarprotokoll 998. Stenografischer Bericht. Deutscher
pflichten und besondere Vorschriften für          Bundesrat – 998. Sitzung, Berlin, 18.12.2020
einige Branchen sollen nach Meinung des
Gesetzgebers die Sicherheit und Gesund-           Deutscher Bundestag (2020): Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Vollzugs im
heit am Arbeitsplatz verbessern. Auch             Arbeitsschutz (Arbeitsschutzkontrollgesetz). Drucksache 19/21978, Berlin: Bundesregierung
qualitativ ist eine risikoorientiertere Steu-
erung der Aufsicht durch das BMAS beab-           BMAS (2019). Bericht der Bundesregierung über den Stand von Sicherheit und Gesundheit
sichtigt. Dazu soll die Bundesfachstelle bei      bei der Arbeit und über das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen in der Bundesrepub-
der BAuA Erkenntnisse aus den ihr zugelie-        lik Deutschland im Jahr 2019
ferten Daten der Länderaufsichtstätigkeiten
                                                  LASI (2019). Abschlussbericht – SLIC-Revision 2017 des staatlichen Arbeitsschutzsystems
gewinnen und dem BMAS wissenschafts-
                                                  der Bundesrepublik Deutschland
basierte Maßnahmenempfehlungen liefern.
Damit verbunden ist auch der verstärkte
                                                  Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV), vom 12. August
gegenseitige Datenaustausch von Landes-           2004 (BGBl. I S. 2179), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020
behörden und Unfallversicherungsträgern           (BGBl. I S. 3334) geändert worden ist
ab 2023.                                 ←

Fußnoten                                        [8] Plenarprotokoll 998 des Bundesrates der        Bundesrepublik Deutschland vom 18.12.2020,
                                                Bundesrepublik Deutschland vom 18.12.2020,         S. 499
[1] Dem Wortlaut des Gesetzes entsprechend      S. 500                                             [15] Vgl. http://visionzero.global/de/node/6
wird im Folgenden der Begriff „Epidemie“        [9] Ursprünglich befristet bis 15. März 2021;      (abgerufen am 02.03.2021)
(und nicht „Pandemie“) verwendet                vorerst verlängert bis 30. April 2021 (Bundes-     [16] BT-Drs. 19/21978, S. 1
[2] LASI (2019): Abschlussbericht – SLIC-­      regierung, Beschluss der Videoschaltkonfe-         [17] BT-Drs. 19/21978, S. 1
Revision 2017 des staatlichen Arbeitsschutz-    renz der Bundeskanzlerin mit den Regierungs-       [18] BT-Drs. 19/21978
systems der Bundesrepublik Deutschland          chefinnen und Regierungschefs der Länder           [19] BT-Drs. 19/21978
[3] Alle folgenden Gesetzesangaben ­beziehen    am 3. März 2021, Ziffer 10)                        [20] § 21 Abs. 3a ArbSchG für die Arbeits-
sich bereits auf deren aktualisierte Neu-       [10] Vorhandene Betriebe auf Basis des Ver-        schutzbehörden und gleichlautend
fassung nach den Änderungen durch das           zeichnisses der eingetragenen Betriebe aus         § 20 Abs. 1a SGB VII für die Unfallversicherung
ArbSchKG                                        dem Vorjahr                                        [21] Hier und im Folgenden wird der Legal-
[4] Plenarprotokoll 998 des Bundesrates der     [11] Vgl. SuGA-Bericht 2019 (Tabelle TG 1;         begriff „Arbeitgeber“ entsprechend dem
Bundesrepublik Deutschland vom 18.12.2020,      S. 30); vgl. SLIC-Report 2017; vgl. auch Plenar-   Wortlaut im Gesetz benutzt, gemeint sind
S. 503                                          protokoll 998 des Bundesrates der Bundes-          Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.
[5] Plenarprotokoll 998 des Bundesrates der     republik Deutschland vom 18.12.2020                [22] Vgl. Begründung zum Gesetzentwurf
Bundesrepublik Deutschland vom 18.12.2020,      [12] BT-Drs. 19/21978, S. 19; vgl. Plenarproto-    in BT-Drs. 19/21978, S. 46; Plenarprotokoll
S. 498                                          koll 998 des Bundesrates der Bundesrepublik        998 des Bundesrates der Bundesrepublik
[6] BT-Drs. 19/21978, S. 19                     Deutschland vom 18.12.2020; vgl. auch SuGA-        Deutschland vom 18.12.2020, S. 499
[7] Plenarprotokoll 998 des Bundesrates der     Bericht 2019, S. 30                                [23] BT-Drs. 19/21978
Bundesrepublik Deutschland vom 18.12.2020,      [13] Vgl. SuGA-Bericht 2019
S. 499                                          [14] Plenarprotokoll 998 des Bundesrates der

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