Von wegen trautes Heim - BDAE Consult

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Von wegen trautes Heim - BDAE Consult
62                                           HR-Management

Von wegen
trautes Heim
     Homeoffice im Ausland? Das wird zur Kosten­
     falle, wenn Fehler gemacht werden. Was auf
     Unternehmen zukommen kann, die ihren
     Mitarbeitern zu sorglos grenzüberschreitende
     Freizügigkeit einräumen, zeigt ein realer Fall.

     Von Anne-Katrin Schulz und Omer Dotou

                                                                   Foto: Thorsten Nilson / EyeEm
                                                             personalmagazin 04.19
Von wegen trautes Heim - BDAE Consult
Wohnsitzwechsler                                                                                         63

    Die Digitalisierung der Arbeitswelt
macht vieles einfacher. Sie ermöglicht es      Die Motive für     selbst nachgekommen werden. Ebenfalls
                                                                  ohne ihr näher die rechtlichen Hinter­
beispielsweise, dass Arbeitnehmer ihre
Arbeitszeiten nicht nur flexibler, sondern     den Umzug sind     gründe zu erläutern, wies die Personal­
                                                                  abteilung die Mitarbeiterin an, in Groß­

                                               unterschiedlich:
auch vom Arbeitsort unabhängig gestal­                            britannien eine A1-Bescheinigung bei der
ten können. Längst haben Unternehmen                              zuständigen Behörde zu beantragen. Ein
die damit einhergehenden Themen wie                               externes Beratungsunternehmen hatte
„Remote Work“, „Agilität“ und „Home­
office“ als besondere Vorteile für die Ge­
                                               Mal lebt der       dies empfohlen.
                                                                     Entsprechend der Bitte des Arbeitge­
winnung von Talenten und Fachkräften
identifiziert. Die Praxis zeigt jedoch, dass
                                               Partner im Aus­    bers und in allgemeiner Unkenntnis in
                                                                  solchen sozialversicherungs- und steu­
diese Benefits für Arbeitnehmer zum Bu­
merang für Arbeitgeber werden können,
                                               land, mal lockt    errechtlichen Fragen beantragte Frau
                                                                  Lehrke nach ihrem Umzug nach Shef­
wenn der Wohnort oder das Homeoffice
ins Ausland verlegt werden. Welche Haf­        das Klima.         field sofort das A1-Antragsverfahren auf
                                                                  Grundlage von Art. 12 Absatz 2 VO (EG)
tungsfallen und Kosten auf Unternehmen
zukommen können, zeigt ein konkreter           Mancher Arbeit­    883/2004 für eine Freelancer-Tätigkeit in
                                                                  UK. Ein paar Wochen später – die Analys­

                                               geber befürchtet
Fall aus der täglichen Praxis.                                    tin hatte ihren Wohnsitz in Deutschland
                                                                  längst aufgegeben und war bereits von
Homeoffice in Großbritannien                                      Sheffield aus für ihren Kölner Arbeitgeber

der Liebe wegen                                durch das ge­      tätig – erhielt sie allerdings einen Ableh­
                                                                  nungsbescheid sowie die Aufforderung,
Die 29-jährige Analystin Katja Lehrke war
bereits seit drei Jahren erfolgreich für
                                               plante Recht auf   die Steuer- und Sozialversicherungsbei­
                                                                  träge Beiträge für ihre in UK ausgeübte
ein Kölner Business-Intelligence-Unter­
nehmen tätig, als sie sich in einen briti­
                                               Homeoffice ver­    Tätigkeit nachzuzahlen.

schen Staatsbürger verliebte. Schnell war
klar, dass sie der Liebe wegen zu ihrem        mehrte Anfragen    Böses Erwachen in London
                                                                  und beim Arbeitgeber
Partner nach Sheffield ziehen würde. Da
sie einen Großteil ihrer Arbeitszeit ohne­     ausländischer      Lehrkes Arbeitgeber erhielt ebenfalls ein

                                               Mitarbeiter, die
hin im Home­office ausübte, sprach aus                            Schreiben vom britischen Finanz- und
ihrer Sicht nichts dagegen, ihre Arbeit                           Zollamt HMRC (in Großbritannien ist das
in Großbritannien auszuüben. Zu ihrer                             Sozialversicherungssystem steuerfinan­
Freude sah ihr Arbeitgeber, der ungern
auf die für das Unternehmen wertvolle
                                               vom Heimatland     ziert) mit der Aufforderung, den arbeits-,
                                                                  steuer- und sozialversicherungsrechtli­
Analystin verzichten wollte, dies ähn­
lich. Die Personalabteilung vereinbarte
                                               aus für ihn        chen Status der Arbeitnehmerin zu klä­
                                                                  ren und den gesetzlichen Anforderungen
mit Frau Lehrke, dass sie ihre Arbeit von
Sheffield aus überwiegend im Homeoffice
                                               arbeiten wollen.   des Landes umgehend nachzukommen,
                                                                  andernfalls drohe neben Strafzahlungen
verrichten würde und alle fünf bis sechs                          auch ein Geschäftsausübungsverbot. Zu­
Wochen für die Dauer von vier bis fünf                            dem sei der Geschäftsführer des Unter­
Tagen nach Deutschland kommen würde,                              nehmens persönlich haftbar mit der
um am Kölner Standort zu arbeiten. Da                             strafrechtlichen Konsequenz des Frei­
das Unternehmen über keine Niederlas­                             heitsentzugs.
sung in Großbritannien verfügt, konnte                               Einen ähnlichen Brief von Frau Lehr­
auf die klassische Entsendung zu einem                            kes deutschem Krankenversicherungs­
verbundenen Unternehmen nicht zurück­                             träger erreichte das Unternehmen einige
gegriffen werden                                                  Wochen später. Die Personalabteilung
   Allerdings verständigte man sich da­                           war nämlich – fälschlicherweise – davon
rauf, für die Arbeitstage in Großbritan­                          ausgegangen, dass in Deutschland keine
nien Sozialversicherungsbeiträge und                              Sozialversicherungsbeiträge mehr ent­
Steuern von Katja Lehrkes Gehalt ein­                             richtet werden müssten, da die Arbeits­
zubehalten. Beabsichtigt war, ihr dieses                          leistung der Analystin überwiegend in
Geld zur Verfügung zu stellen, um damit                           Großbritannien erfolge. Als die BDAE
der angenommenen Steuer- und Sozial­                              Consult zur Abwicklung des Falls ein­
versicherungspflicht in Großbritannien                            geschaltet worden war, herrschte bereits
nachkommen zu können. Aufgrund der                                Panik und Ärger an allen Fronten. Katja
fehlenden Niederlassung vor Ort sollte                            Lehrke fühlte sich im Stich gelassen, der
dieser Pflicht durch die Mitarbeiterin                            Geschäftsführer des Unternehmens sah
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sich schon mit einem Bein im Gefängnis                                                land) dürfen zudem nicht weniger als
und die Personaler ärgerten sich über die                                             fünf Prozent der Arbeitszeit ausmachen,
offenkundig falschen Hinweise der exter­                                              sonst wären sie unwesentlich und damit
nen Unternehmensberatung.                                                             nicht zu berücksichtigen. Die Grafik zur
                                                                                      Berechnung der Arbeitstage auf Seite
Die größten Fehler des                                                                65 zeigt, dass Frau Lehrke diese Anfor­
                                                                                      derungen erfüllt. Basis sind für diese
deutschen Arbeitgebers                                                                Berechnung in der Regel 12 Kalender­
Was lief also bis dato alles falsch?         ANNE-KATRIN SCHULZ ist Leiterin          monate.
Die Idee, dass die Arbeitnehmerin in         Unternehmenskommunikation und
Großbritannien eine A1-Bescheinigung         Marketing bei der BDAE Gruppe.           Abgrenzung von Dienstreise
beantragen sollte, erwies sich als abwe­
gig. Sie hätte, wäre ihr fälschlicherweise
                                                                                      und Mehrfachbeschäftigung
entsprochen worden, lediglich zur Folge                                               Anders als bei der sozialversicherungs­
gehabt, dass die Arbeitnehmerin von der                                               rechtlichen Entsendung muss die Be­
Sozialversicherungspflicht vor Ort be­                                                schäftigung hierbei gewöhnlich in
freit worden wäre. Dies war jedoch von                                                Deutschland und UK ausgeübt werden
ihrem Arbeitgeber überhaupt nicht an­                                                 und darf nicht kurzfristiger oder vorüber­
gestrebt worden. Vielmehr dachte die                                                  gehender Art sein.
Personalabteilung irrtümlicherweise,                                                    Beiträge in Deutschland wären nur
dass Frau Lehrke so die einbehaltenen        OMER DOTOU ist Leiter der auf Global-­   dann nicht abzuführen, wenn die Analys­
Sozialversicherungs- und Steuerbeiträge      Mobility Services spezialisierten BDAE   tin nur sporadisch und nicht regelmäßig
eigenständig hätte abführen können –         Consult GmbH.                            in Deutschland tätig gewesen wäre und
auch dies war im Grunde ein unsinniger                                                den wesentlichen Teil ihrer Arbeit in UK
Gedanke.                                                                              verrichtet hätte. In diesem Fall hätte Frau
  Fatal – und im schlimmsten Fall tat­                                                Lehrkes Beschäftigung in ausschließlich
sächlich strafbar – war überdies, dass                                                einem Staat (also UK) überwogen und
auch in Deutschland keine Sozialversi­                                                die Arbeitsaufenthalte in Deutschland
cherungsbeiträge für die Analystin ab­                                                wären dann eher situative „Dienstrei­
geführt worden waren. Denn obwohl sie                                                 sen“ gewesen, für die grundsätzlich auch
nur wenige Tage im Monat in Deutsch­                                                  eine A1-Bescheinigung beantragt werden
land und hauptsächlich im Homeoffi­                                                   muss.
ce in Sheffield tätig war, bestand noch
eine Beitragspflicht. Somit musste das                                                Was Personalabteilungen
Unternehmen zunächst auch für die in
Deutschland verbrachten Arbeitstage der
                                                                                      wissen müssen
29-Jährigen Beiträge abführen.                                                        Welche Schritte muss die Personalab­
                                                                                      teilung nun gehen, damit die Analystin
Prüfung der Mehrfach-                                                                 auf rechtssicherer Basis weiterhin für
                                                                                      den Business-Intelligence-Dienstleister
beschäftigung in der EU                                                               arbeiten kann?
Für Arbeitnehmer wie Frau Lehrke, die                                                   Zunächst einmal muss die A1-Beschei­
ihre Erwerbstätigkeit für einen Arbeit­                                               nigung beantragt werden, damit nachge­
geber in mehreren Mitgliedstaaten aus­                                                wiesen werden kann, dass für Katja Lehr­
üben, wurde zudem die Sozialversiche­                                                 ke in Sachen Sozialversicherungsecht
rungspflicht bei Mehrfachbeschäftigung                                                ausschließlich die britischen Rechtsvor­
in der EU näher definiert. Laut Artikel 13                                            schriften und nicht mehr die deutschen
Abs. 1 a) VO (EG) Nr 883/2004 unterliegen                                             anzuwenden sind. Aber Achtung, zwei
solche Arbeitnehmer ausschließlich den                                                Dinge sollte die Personalabteilung hierbei
Rechtsvorschriften des Wohnmitglied­                                                  berücksichtigen: Zum einen handelt es
staates, wenn sie einen wesentlichen Teil                                             sich hier um ein völlig anderes Antrags­
ihrer Tätigkeit dort ausüben. (Zur Defi­                                              verfahren als bei einer Entsendung. Zum
                                                                                                                                    personalmagazin 04.19

nition des Wohnsitzstaates siehe auch                                                 anderen finden die zugrundeliegenden
Infokasten auf Seite 65.)                                                             EU-Vorschriften mit dem „Brexit“ und
  Wesentlich bedeutet hier, dass die                                                  dem Ende der Übergangsphase bis Ende
Arbeitnehmerin mindestens 25 Prozent                                                  2020 sehr wahrscheinlich keine Anwen­
des Arbeits-Outputs in ihrem neuen Hei­                                               dung mehr. Im Falle eines „harten Bre­
matland erwirtschaftet. Die Tätigkeiten                                               xits“ könnte es sogar nicht einmal mehr
im anderen Land (hier also Deutsch­                                                   diese Übergangsphase geben.
Wohnsitzwechsler                                                                                                                             65

   Weiteren dringenden Handlungsbedarf
hat die Personalabteilung bei der arbeits­               Berechnung durchschnittlicher Arbeitstage bei
vertraglichen Gestaltung von Katja Lehr­                 Mehrfachbeschäftigung in zwei EU-Staaten
kes Beschäftigungsverhältnis. So ist es es­
senziell, dass die Beschäftigung in beiden               Ausgangslage des Beispiels: 220 Arbeitstage pro Jahr, von denen
Ländern im Arbeitsvertrag festgehalten                   48 Arbeitstage (à 4 Tage pro Monat = 4 x 12) in Deutschland verbracht
wird. Außerdem ist eine Zusatzvereinba­                  werden
rung zur Homeoffice-Nutzung erforder­
lich, in der auch dokumentiert wird, dass
es sich bei dem Arbeitsort Sheffield nicht
um einen Dienstsitz handelt.
   Weiter muss festgelegt werden, dass                                                         48 Arbeitstage =

                                                                                               21,8 %
die Analystin ihre Arbeit überwiegend
im Homeoffice erbringt, jedoch auch für
vier bis fünf Tage im Monat am Standort
in Köln tätig wird. Mit dieser Änderung
sollte das Unternehmen Frau Lehrke
außerdem dazu verpflichten, die unter                                      172 Arbeitstage =

                                                                           78,2 %
Umständen erforderliche Aufenthalts-
und Arbeitserlaubnis zu beantragen
– und zwar aufgrund der Wohnsitzver­                                                                              220 Arbeitstage =

                                                                                                                  100 %
legung nach Großbritannien und dem
bevorstehenden Brexit sowie der damit
verbundenen au­fenthaltsrechtlichen An­
forderungen.

Payroll-Pflicht in
Großbritannien                                           Bestimmung des Wohnorts
Der bestehende Arbeitsvertrag ist auch                   Bei der Bestimmung des Wohnorts gilt eine unionsweite Definition des
die Grundlage für den arbeitsrechtli­                    EuGH. Als Wohnmitgliedstaat gilt demnach das Land, „in dem die
chen Entgeltanspruch, den Katja Lehrke                   ­Betroffenen gewöhnlich wohnen und in dem sich auch der gewöhnliche
gegenüber ihrem Arbeitgeber hat. Weil                     Mittelpunkt der Interessen befindet“.
dieser in Deutschland sitzt, erfolgt die
Gehaltsabrechnung bislang ebenfalls                      Als Kriterien dienen hierbei:
dort. Das Unternehmen hatte fälsch­                      •		 familiäre Verhältnisse
licherweise die Sozialversicherungs- und                 •		 Dauer und Kontinuität des Aufenthalts
Steuerbeiträge einbehalten und von der                   •		 Beschäftigungssituation
Analystin verlangt, dass sie diese über                  •		 Ausübung nicht bezahlter Tätigkeiten
ihre britische Steuererklärung dem Sys­                  •		 Wohnsituation (dauerhafter Charakter)
tem zukommen lässt. Dies ist faktisch                    •		 steuerlicher Wohnsitz
jedoch nicht möglich.                                    •		 Gründe für den Wohnortwechsel
   Vielmehr gilt es nach den britischen                  •		Wille der betroffenen Person nach Gesamtbetrachtung der Umstände
Rechtsvorschriften zu prüfen, ob den                                                                                  Quelle: BDAE Consult 2019
Arbeitgeber eine Payroll-Pflicht in Groß­
britannien trifft und dieser somit als aus­
ländischer Arbeitgeber bei den dortigen
Behörden registriert werden muss. Da der
Business-Intelligence-Dienstleister über
keine Niederlassung vor Ort verfügt, der      her versäumten Sozialversicherungsbei­          Tatsächlich hat das Unternehmen im
ihn hierbei unterstützen könnte, muss er      träge und Steuern fällig. Auch im Rahmen     Fall von Frau Lehrke eine Payroll-Pflicht
hierfür und auch grundsätzlich für die        der Steuerpflichten sind die deutschen       in Großbritannien und ist somit gezwun­
Zukunft für die Gehaltsabrechnung sei­        Arbeitstage zu berücksichtigen. Hier         gen mithilfe eines Dienstleisters auch
ner Mitarbeiterin einen britischen Spe­       kommt erschwerend hinzu, dass die            eine britische Gehaltsabrechnung vor­
zialisten beauftragen – was Zusatzkosten      Korrektur aufgrund des von der Praxis        zunehmen. Dafür ist zudem eine steuer­
nach sich zieht.                              in Deutschland abweichenden britischen       liche Registrierung des Unternehmens
   Abgesehen davon ist aber ohnehin eine      Steuerjahres von April bis April in ein      erforderlich.
Korrektur der Sozialversicherungs- und        Steuerjahr fällt, das zu dem Zeitpunkt          Immerhin hat eine weitere steuerrecht­
Steuerposition und Nachzahlung der bis­       bereits abgeschlossen war.                   liche Prüfung im Fall von Frau Lehrke er­
66                                                                                                        HR-Management

                                                                                          und berechnet auf Grundlage der zu ver­
Checkliste: Arbeit vom EU-Ausland                                                         steuernden geldwerten Leistungen die
                                                                                          vom Unternehmen zu zahlenden Sozial­
Unternehmen, die es ihren Mitarbeitern ermöglichen möchten, vom                           versicherungsbeiträge.
EU-Ausland aus für die deutsche Gesellschaft zu arbeiten, sollten folgende                  Doch damit ist noch nicht genug: Weil
Punkte vorab klären:                                                                      die Abgaben zur Rentenversicherung
                                                                                          für eine hinreichende Altersvorsorge in
•		 Liegt eine Beschäftigung in mehreren EU-Staaten vor?                                  Großbritannien nicht ausreichen, wurde
		Für die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge ist die Bestimmung des                 von den britischen Behörden mit einem
    Wohnortes entscheidend, sofern dort ein wesentlicher Teil der Tätigkeit               sogenannten „Auto Enrolment“ ein ver­
    ausgeübt wird.                                                                        pflichtender Pensionsplan ins Leben
		Eine gewöhnliche Beschäftigung in mehreren Mitgliedstaaten kann durch                  gerufen, den Frau Lehrkes Arbeitgeber
    eine A1-Bescheinigung zur Festlegung der einheitlich anzuwen­denden                   unter Umständen durch Zusatzzahlungen
    Rechtsvorschriften und Entrichtung des Gesamtsozialversicherungs­                     noch bezuschussen muss.
    beitrages in nur einem Mitgliedstaat (Grundlage: Art. 13 VO (EG) Nr. 883/
    2004) belegt werden.
                                                                                          Fazit: 50.000 Euro Kosten für
•		 Wie ist der Umfang der Sozialleistungen im Ausland?                                   Rückabwicklung, Korrekturen
		Achten Sie auf Sonderregelungen vor Ort wie zum Beispiel verpflichtende                und Nachzahlungen
    ­Zahlungen in Rentenfonds. Und klären Sie, ob es Versorgungslücken gibt,
     die ausgeglichen werden müssen.                                                      Unterm Strich kostete dem Kölner Unter­
                                                                                          nehmen die Wohnsitzverlagerung ihrer
•		Besteht am Arbeitsort im Ausland eine Payroll- und Registrierungs-                    führenden Analystin bislang rund 50.000
    pflicht?                                                                              Euro. Die Beratungskosten, Ausgaben
                                                                                          für die Gehaltsrückabwicklung und -ab­
•		Sind die notwendigen Anpassungen im Arbeitsvertrag vorgenommen                        rechnungskorrekturen, Beitragsnach­
    worden?                                                                               zahlungen und Säumniszuschläge sowie
    Dazu gehören unter anderem:                                                           Übersetzungskosten schlugen kräftig
    - Festlegung des Arbeitsorts im Ausland                                               zu Buche. Nach dem geplanten Austritt
    - Dokumentation der Homeoffice-Tätigkeit                                              Großbritanniens aus der EU wird außer­
    - Zusatzvereinbarung über zu leistende Arbeitstage am Heimatstandort                 dem eine Neuabwicklung des Falls auf die
    - Hinweise zur Gehaltsabrechnung vornehmen (wer übernimmt die                        Personalabteilung zukommen, die sehr
       Gehalts­abrechnung am Arbeitsort?)                                                 wahrscheinlich mit weiteren Beratungs­
    - Klare Regelung der Arbeitsperioden im Wohnsitzland und im Ausland                  kosten einhergehen wird.
       beim Standort des Arbeitgebers     Verpflichtung des Mitarbeiters zur                Bei dem beschriebenen Beispiel han­
       Dokumen­tation seiner Arbeitstage                                                  delt es sich mitnichten um einen Ein­
                                                                                          zelfall. Der BDAE Consult liegen zurzeit
•		Ist eine Betriebsstätten-Gründung trotz der Tätigkeit des Mitarbeiters                vergleichbare zu prüfende Fälle vor, in
    im Ausland ausgeschossen?                                                             denen Unternehmen ihren Mitarbeitern
		 Andernfalls kann das umfassende Pflichten nach sich ziehen                             die Wohnsitzverlagerung ins Ausland
                                                                                          mit Homeoffice-Regelungen ermöglicht
•		Ist der Mitarbeiter ausreichend über seine Rechte und Pflichten auf-                  haben. Die Motive sind unter­schiedlich:
    geklärt?                                                                              Mal ist es ein ausländischer Partner, zu
    - Pflicht zur Einkommenssteuererklärung im Ausland                                   dem der Arbeitnehmer zieht, mal ist es
    - Bezug von Gesundheits- und Sozialleistungen im Ausland und am                      schlichtweg das Bedürfnis in angeneh­
       Beschäftigungsort                                                                  meren klimatischen Verhältnissen zu
                                                              Quelle: BDAE Consult 2019   arbeiten.
                                                                                            Ein Unternehmen fürchtet sogar, dass
                                                                                          es mit dem geplanten Gesetz zum Recht
                                                                                          auf Homeoffice zu vermehrten Anfragen
                                                                                          ausländischer Mitarbeiter im Unterneh­
geben, dass durch eine mögliche Entste­       zuschuss von ihrem Arbeitgeber erhält,      men kommt, wieder zurück ins Heimat­
                                                                                                                                     personalmagazin 04.19

hung einer Betriebsstätte zumindest keine     ist das Unternehmen verpflichtet, eine      land zu gehen, um dort in Heimarbeit für
weiteren Pflichten auf den Arbeitgeber zu­    sogenannte P11D-Erklärung abzugeben.        den deutschen Arbeitgeber weiterhin er­
kommen. Trotzdem kommt weiterer büro­         Nach Eingang des entsprechenden For­        werbstätig zu sein.
kratischer und finanzieller Aufwand auf       mulars erteilt die britische Steuerbehör­
den Arbeitgeber zu.                           de HMRC (Her Majesty‘s Revenue and
  Da Frau Lehrke einen „Director“-Titel       Customs) den Bescheid über Frau Lehr­
führt und auch noch einen Mietkosten­         kes Steuerklasse (PAYE Coding Notice)
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