Newsflash 16.12.2020 Kommentar zur vorgeschlagenen Revision des Bundesgesetzes für Erfindungspatente - Vossius & Partner

 
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Newsflash 16.12.2020 Kommentar zur vorgeschlagenen Revision des Bundesgesetzes für Erfindungspatente - Vossius & Partner
Newsflash 16.12.2020
Kommentar zur vorgeschlagenen Revision des Bundesgesetzes für
Erfindungspatente
Dr. iur. Brigitte Bieler, Rechtsanwältin; Dr. rer. nat. Philipp Marchand, Patentanwalt (DE), European
Patent Attorney

Vossius & Partner, Nadelberg 3, 4051 Basel

Eine Motion beauftragte den Bundesrat am 12.12.2019, einen Gesetzentwurf zur Revision des
Schweizer Patentrechts vorzulegen.1 Begründet wurde die Motion insbesondere mit einer für die
Benutzer attraktiveren Patentprüfung, welche internationalen Standards entsprechen soll, und einem
effizienten und kostengünstigen Einspruchs- und Beschwerdeverfahren. Im Zuge der Änderungen des
Patentrechts soll u.a. ein ungeprüftes Gebrauchsmuster eingeführt werden. Nachfolgend wird auf
ausgewählte Punkte dieser Revision eingegangen.

1.     Ausgangslage

       Das geltende Bundesgesetz über die Erfindungspatente (PatG)2 sieht im Rahmen der
       Sachprüfung vor der Erteilung eines Patents keine Untersuchung hinsichtlich der Erfüllung der
       Patentierbarkeitskriterien «Neuheit» und «Erfinderische Tätigkeit» vor. 3 Die Sachprüfung
       beschränkt sich auf die Fragen der rechtsgenüglichen Offenbarung der Erfindung und des
       Aufbaus der technischen Unterlagen. Einem Schweizer Patent ist somit keine verlässliche
       Aussage über dessen Rechtsbeständigkeit inhärent.4

       Um ein in der Schweiz gültiges und inhaltlich vollgeprüftes Patent zu erhalten, wenden sich
       aktuell Schweizer Anmelder an das Europäische Patentamt (EPA). Die Schweiz ist bereits seit dem
       7. Oktober 1977 Mitglied der Europäischen Patentorganisation. Im Nachgang an die Erteilung
       eines Europäischen Patents durch das EPA kann dieses in der Schweiz validiert werden. Damit
       entfaltet es die Wirkung eines national erteilten Patents durch das IGE, wenn auch mit dem
       wesentlichen Unterschied, dass das Europäische Patent im Hinblick auf alle
       Patentierbarkeitskriterien geprüft worden ist.5 Es sei angemerkt, dass das durch das EPA erteilte
       Patent parallel in allen Mitgliedsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) und
       noch einigen weiteren Staaten validiert werden kann. Der potentielle Wert eines Europäischen
       Patents geht somit weit über den Wert des gegenwärtig ungeprüften Schweizer Patents hinaus.
       Dieser unterschiedliche Prüfungsumfang hat seit Beitritt zur Europäischen Patentorganisation
       zur Folge, dass das Schweizer Patent neben dem durch das EPA erteilten Europäischen Patent

1
  Motion 19.3228 Hefti vom 21.03.2019.
2
  SR 232.14.
3
  Art. 59 Abs. 4 PatG.
4
  Motion 19.3228, Bericht der Kommission für Rechtsfragen vom 17. Oktober 2019, S. 2.
5
  Art. 110 PatG.

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kontinuierlich an Bedeutung verloren hat. Im Jahr 2018 wurden in der Schweiz nur noch 615
       nationale Patente erteilt.6 Diesen gegenüber stehen 123’971 Benennungen der Schweiz bei vom
       EPA geprüften Patenten.7, 8 Interessant ist zudem, dass von 1954 bis 1995 für gewisse Branchen
       eine Vollprüfung des Schweizer Patents durchgeführt worden ist. Unter Verweis auf die
       ausreichende Bedürfnisabdeckung durch das EPÜ und das zufriedenstellende Funktionieren
       dieses Systems wurde die Vollprüfung für alle Branchen 1995 abgeschafft.9 Seither steht nur noch
       das ungeprüfte Schweizer Patent, das Europäische Patent oder eine PCT-Anmeldung zur
       Verfügung, wobei letzteres Verfahren lediglich ein zentrales Anmeldeverfahren eröffnet, für die
       Patentprüfung aber auch auf das nationale, somit ungeprüfte Schweizer Patent verweist.

2.     Aktueller Vorentwurf revPatG

       Der Vorentwurf des revidierten Bundesgesetzes für Erfindungspatente (PatG) sieht u.a. vor, dass
       für alle Gebiete der Technik die schweizerische Patentanmeldung vor Erteilung zusätzlich auf das
       Vorliegen von Neuheit und einer erfinderischen Tätigkeit geprüft wird. Zudem werden die
       Einspruchsmöglichkeiten Dritter gegen die Patenterteilung durch das IGE10 und die
       Überprüfungsmöglichkeiten des Entscheids im Beschwerdeverfahren durch das
       Bundesverwaltungsgericht ausgedehnt.11

       Das geltende ungeprüfte Schweizer Patent soll durch ein neu einzuführendes ungeprüftes
       Gebrauchsmusterrecht ersetzt werden. Bei diesem Gebrauchsmuster handelt es sich um ein
       ungeprüftes Recht. Im Gegensatz zum Patent beträgt die geplante Höchstdauer des
       Gebrauchsmusters nur 10 statt 20 Jahre.12 Es soll gemäss Stellungnahme des Bundesrats vom
       29. Mai 2019 eine Alternative für jene Anmelder darstellen, welche den höheren Wert des
       vollgeprüften    Patents    nicht    nachsuchen      oder     die   höheren    inhaltlichen
       Erteilungsvoraussetzungen und künftig höheren Kosten des Patents scheuen. Im Ergebnis
       könnten nach Ansicht des Bundesrats die Vorteile des bisherigen Schweizer Patents erhalten
       bleiben.13

       Darüber hinaus soll das IGE die Möglichkeit erhalten, mit anderen nationalen oder regionalen
       Patentämtern zusammenzuarbeiten (wie z.B. dem EPA). Das IGE soll im Rahmen solcher
       administrativ-technischen Zusammenarbeit internationale Vereinbarungen abschliessen
       können. Bei diesen Vereinbarungen soll es insbesondere um den Austausch und die Nutzung von
       Arbeitsergebnissen im Rahmen der Patentprüfung und von Berichten über den Stand der Technik
       gehen.

6
  https://www.ige.ch/de/uebersicht-dienstleistungen/publikationen/statistiken/patente.html, zuletzt besucht am
3.12.20.
7
  https://www.epo.org/about-us/annual-reports-statistics/statistics_de.html, zuletzt besucht am 3.12.20.
8
  https://www.ige.ch/fileadmin/user_upload/schuetzen/patente/Statistiken/Patente_2019.pdf, zuletzt besucht am
3.12.20.
9
  Vgl. Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, S. 8.
10
   Vgl. Art. 59c VE-PatG.
11
   Vgl. Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, S. 23f.
12
   Vgl. Art. 89 VE-PatG.
13
   Motion 19.3228, Bericht der Kommission für Rechtsfragen vom 17. Oktober 2019, S. 3.

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3.     Würdigung der vorgeschlagenen Revision
       a. Einführung eines geprüften Schweizer Patents

       Die vorgeschlagenen Änderungen des PatG haben eine Angleichung an gültige Gesetze in
       anderen europäischen Staaten zur Folge. Der deutsche Gesetzgeber hat bspw. bereits im Jahr
       1891 das «Deutsche Reichs-Gebrauchsmuster» als ungeprüftes gewerbliches Schutzrecht
       eingeführt, kurz nach der Verabschiedung des ersten deutschen Patentgesetzes im Jahr 1877.14
       Die vorgeschlagene Revision erscheint als Harmonisierung mit geltendem Recht in anderen
       europäischen Staaten.

       Im Rahmen des EPÜs werden vom EPA Patente mit automatischer Wirkung für die Schweiz
       erteilt. Um diese Wirkung aufrecht zu erhalten, bedarf es lediglich der fristgemässen Zahlung von
       Jahresgebühren. Gleichermassen und ohne Zutun der Anmelderin entfaltet das vom EPA erteilte
       Patent in zahlreichen anderen Vertragsstaaten des EPÜ seine Wirkung. Im Gegensatz dazu ist die
       territoriale Wirkung eines vom IGE erteilten Patents auf die Schweiz limitiert. Es stellt sich also
       unmittelbar die Frage, inwiefern Schweizer Unternehmern tatsächlich vom neu vorgesehenen
       geprüften Schweizer Patent profitieren würden.

       Sicher ist es so, dass ein geprüftes Schweizer Patent eine höhere Rechtssicherheit gewährleistet
       und damit eventuell einen höheren (finanziellen) Wert hätte als das bisherige ungeprüfte
       Schutzrecht. Zudem würde die Alternative eines vollgeprüften Schweizer Patents die
       «Abhängigkeit der Schweiz … vom EPA»15 verringern und das Schweizer Patent würde die von
       der OECD aufgestellten Kriterien an Schutztitel, die Eingang in die Patentbox finden können,
       erfüllen.16 Allerdings müsste die höhere Rechtssicherheit, die der Prüfungsprozess mit sich
       brächte, auch tatsächlich gewährleistet werden. Ein geprüftes Patent kann nach wie vor mit
       Nichtigkeitsklage angegriffen werden. Hier stellt sich nun die Frage, wie der Gesetzgeber
       gedenkt, dem IGE die neu um die Patentierbarkeitskriterien «Neuheit» und «Erfinderische
       Tätigkeit» erweiterte Sachprüfung zu ermöglichen. Aktuell verfügt das IGE weder über die
       personelle noch technische Ausstattung, um eine erweiterte Sachprüfung der Schweizer
       Patentanmeldungen durchzuführen. Mit der Aufwertung des Einspruchsverfahrens zu einer «Art
       Popularklage»17 dürfte das Arbeitsvolumen und damit die personelle Belastung zusätzlich
       zunehmen. Zudem schlägt sich die umfangreichere Sachprüfung auch im Beschwerdeverfahren
       nieder. Der Vorentwurf des PatG und die Gesetzgebungsmaterialien lassen konkrete
       Massnahmen vermissen, die einen tatsächlichen Mehrwert erlauben würden. Im erläuternden
       Bericht wird lediglich auf den finanziellen Mehraufwand eingegangen.18 Da angestrebt wird, dass
       sich auch die Mehrkosten auf Seiten des IGE durch die Gebühren selbst finanzieren, wird dazu
       eine erhebliche Erhöhung der Gebühren vorgeschlagen. Dies würde aus unserer Sicht dem
       Anliegen zuwiderlaufen, nämlich das Schweizer Patent für Unternehmen attraktiver zu machen.

14
   https://www.dpma.de/dpma/wir_ueber_uns/geschichte/index.html/index.html, zuletzt besucht am 3.12.2020.
15
   Vgl. Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, S.13.
16
   Vgl. Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, S.14.
17
   Vgl. Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, S.17.
18
   Vgl. Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, S. 69 ff.

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Unter den aktuellen Voraussetzungen erscheint der theoretische Mehrwert eines geprüften
       Patents durch das IGE marginal, insbesondere im direkten Vergleich mit der durch das EPA
       durchgeführten Prüfung. Diesbezüglich sei angemerkt, dass die patentrechtliche Prüfung eines
       Erteilungsgesuchs mitnichten als «Beiwerk» der bisherigen Prüfung durchgeführt werden kann.
       Die substanzielle Prüfung eines Gesuchs bedarf vielmehr einer bisher beim IGE nicht bekannten
       Spezialausbildung der verantwortlichen Prüferinnen und Prüfer, um sie überhaupt zu befähigen
       Neuheit und erfinderische Tätigkeit von Patentgesuchen zu prüfen. Dabei genügt es nicht, wie
       im erläuternden Bericht vorgeschlagen, pauschal von einem Mehrbedarf an Prüfern auszugehen.
       Vielmehr müssten Prüfer für jedes technische Gebiet vorgehalten werden, auch wenn in
       manchen Gebieten nur äusserst wenige Patentgesuche vorliegen werden. Das technische
       Fachwissen als Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige und damit mehrwertgenerierende
       Sachprüfung unterscheidet das zukünftige Anforderungsprofil an Prüfer erheblich vom jetzigen
       Standard. Ein Fakt, der aus unserer Sicht bisher nicht angemessen berücksichtigt wurde.

       b. Einführung eines ungeprüften Gebrauchsmusters

       Der Vorentwurf sieht vor, auf Antrag ein ungeprüftes Gebrauchsmuster zu verleihen. In einem
       Streitverfahren muss auch dieses eine neue gewerblich anwendbare Erfindungen betreffen, die
       sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.19 Explizit vom Schutz als
       Gebrauchsmuster ausgeschlossen sind bspw. biotechnologische Erfindungen.20 Das IGE erteilt
       Gebrauchsmuster durch Eintragung in ein neu zu schaffendes Gebrauchsmusterregister.21
       Offensichtlich missbräuchliche Anmeldungen kann das IGE in Anlehnung an Art. 24 Abs. 3 DesG
       ablehnen.22 Das Erteilungs-, Eintragungs- und Veröffentlichungsverfahren soll auf dem
       Verordnungsweg geregelt werden.23

       Als Vorteile dieses neuen Schutzrechts sind die tieferen Kosten und das vereinfachtere Verfahren
       zu nennen.24 Für Unternehmen mit kleineren Budgets und Fokus auf die Schweiz dürfte dieses
       Schutzrecht eine valable Alternative zum geprüften Patent darstellen. Als Nachteil muss
       konstatiert werden, dass der Wert – begründet durch die fehlende Prüfung und die verkürzte
       Schutzdauer von 10 Jahren – des ungeprüften Gebrauchsmusters im Vergleich zu einem
       geprüften Patent geringer ist. Nachteilig erweist sich auch, dass aufgrund der gesetzlichen
       Ausschlusskriterien gewissen Branchen, etwa der Biotech-Branche, der Gebrauchsmusterschutz
       verwehrt sein wird.

       Entgegen der Ansicht des Bundesrats vermag das ungeprüfte Gebrauchsmuster somit die
       Vorteile des bisherigen Schweizer Patents nicht vollauf zu erhalten. Mit einer Halbierung der
       Schutzdauer auf 10 Jahre verliert dieses Schutzrecht substanziell an Wert. Die Vorzüge des

19
   Art. 87 Abs. 1 VE-PatG.
20
   Art. 87 Abs. 3 lit. c VE-PatG. Ferner sind auch chemische Stoffe und Stoffgemische sowie deren Verwendung und
Verfahren, die Anwendung eines Verfahrens oder die Verwendung des Erzeugnisses vom Schutz als Gebrauchsmuster
ausgeschlossen, da sich für diese Bereiche das vorgesehene, schnelle Verfahren nicht eigne. Vgl. Erläuternder Bericht zur
Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, S. 16.
21
   Art. 97 VE-PatG.
22
   Art. 91 Abs. 2 VE-PatG. Vgl. Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, S. 16.
23
   Art. 98 VE-PatG.
24
   Vgl. Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, S. 12.

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bisherigen Schweizer Patents werden zudem auch durch den sachlichen Ausschlussbereich
       gemindert. Praktische Bedeutung dürfte das ungeprüfte Gebrauchsmuster somit, wenn
       überhaupt, lediglich in der Technikbranche entfalten. Aus der Sicht dieser Unternehmen ist die
       Einführung eines ungeprüften Gebrauchsmusters denn eher eine Zwangsläufigkeit, will man
       diese Unternehmen nicht zu einem teureren und aufwändigeren geprüften Patent zwingen. Für
       die übrigen Branchen bleibt dieser Weg der einzige, will man – oder muss man ohnehin aus
       Kostengründen - die Anmeldung auf die Schweiz beschränken. Die künftige Anmeldestatistik
       dürfte zeigen, ob ein solchermassen revidiertes Schweizer Patentrecht zu mehr
       Schutzrechtsanmeldungen führt oder ob der Kostenfaktor mehr Anmeldungen verhindert.

       c.    UPC und Auswirkungen auf Patentanmelder in der Schweiz

       Die Initiative lässt eine Berücksichtigung des Einflusses der fortschreitenden Umsetzung der
       Etablierung des «Unified Patent Court (UPC)» vermissen.25 Der UPC basiert auf einer gesetzlichen
       Regelung der EU, mit der ein «Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung», auch
       Einheitspatent genannt, geschaffen werden soll. Im Gegensatz zum bisher bekannten,
       vorerwähnten Europäischen Patent, welches in den Mitgliedstaaten des EPÜ26 validiert werden
       kann, entfaltet das «EU-Patent» seine Wirkung nur in EU-Mitgliedstaaten, die dem
       entsprechenden UPC-Übereinkommen beigetreten sind.27 Ein solches Patent würde nicht vor
       nationalen Gerichten durchgesetzt oder verteidigt, sondern vor einem zu schaffenden UPC mit
       entsprechenden regionalen Kammern. Der Gesetzgeber erhofft sich dadurch eine erhebliche
       Kostensenkung für Patentverfahren.

       Es ist eine Übergangszeit vorgesehen, während der das bisherige Europäische Patent parallel zum
       EU-Patent besteht. Nach Ablauf der Übergangszeit wird es jedoch nur noch das EU-Patent geben.
       Anmelder müssen spätestens dann den nationalen Weg vor dem IGE beschreiten, um in der
       Schweiz Patentschutz zu erlangen. Soll der Standort Schweiz nicht an Attraktivität verlieren, ist
       für Unternehmen die Möglichkeit wichtig, ein vollgeprüftes Patent für das Gebiet der Schweiz
       beantragen zu können. Dies kann bei entsprechenden Mitteln auf dem Wege eines vollgeprüften
       nationalen Patents erreicht werden. Denkbar wäre allerdings auch die Einführung eines an die
       Validierung des Europäischen Patents angelehnten Prozesses. Anmelder könnten bspw. bei einer
       parallelen Einreichung in der Schweiz und der EU das Schweizer Prüfungsverfahren aussetzen
       und erst nach Erteilung des EU-Patents aufnehmen, um das dortige Ergebnis in der Schweiz zu
       übernehmen. Inwiefern die Schweiz gewillt ist, sich im Rahmen der Etablierung des UPC
       einzubringen, dürfte mitunter eine politische Frage sein. Für Schweizer aber auch ausländische
       Unternehmen wird die Frage wichtig sein, inwiefern das Schutzland Schweiz durch die
       Etablierung des UPC, den absehbaren Wegfall des EP und die Validierungsmöglichkeit in der
       Schweiz sowie die allfällige Vollprüfung des Schweizer Patents und die partielle Möglichkeit eine
       ungeprüften Gebrauchsmusters an Bedeutung gewinnen oder einbüssen wird.

25
   Einzig der Erläuternde Bericht enthält lediglich die Anmerkung, wonach auch das geplante EU-Patent vollgeprüft
werden soll. Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, S. 20.
26
   Derzeit gehören dem EPÜ 38 Staaten Europas an.
27
   Es sind dies derzeit 24 Staaten.

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4.    Fazit

       In der Zusammenschau sehen wir das Ziel der Initiative, die Stärkung Schweizer Erfinder und
       Unternehmen, durch die vorgeschlagenen Massnahmen als prinzipiell erfüllbar. Jedoch verkennt
       die Initiative die im Rahmen der Generierung eines tatsächlichen Mehrwerts anfallenden Kosten.
       Investitionen in die personelle und technische Ausstattung des IGE sind erforderlich, um das Ziel
       der Revision zu erreichen. Die Sinnhaftigkeit solcher Investitionen wird vorläufig aufgrund des
       parallelen Angebots des EPA als fragwürdig betrachtet. Mit Wegfall des Angebots des EPA und
       fehlender Anbindung an den UPC wären diese Investitionen angezeigt, um das vollgeprüfte
       Schweizer Patent erfolgreich umzusetzen. Für den Vorentwurf PatG spricht, mit einem geprüften
       Schweizer Patent einen sinnvollen Mehrwert für Anmelder zu schaffen, die aus Kosten- und
       Zeitgründen den Weg über das Europäische Patent nicht beschreiten wollen, sondern den
       nationalen Weg vorziehen. Dies könnte für Unternehmen, deren Hauptabsatzmarkt die Schweiz
       darstellt, ein klarer Vorzug darstellen. Mit der gleichzeitigen Einführung eines ungeprüften
       Gebrauchsmusterrechts steigen die Schutzmöglichkeiten für zumindest gewisse Anmelder. Dies
       ist grundsätzlich ein valables Mittel, um die Schutzstrategie eines Unternehmens besser auf die
       konkreten wirtschaftlichen Bedürfnisse und Möglichkeiten ausrichten können, was der
       Attraktivität des Innovationsstandorts Schweiz förderlich scheint. Als Nachteile müssen
       konstatiert werden, dass das ungeprüfte Gebrauchsmuster nicht allen Innovationsbereichen
       offensteht. Für die sachlich ausgeschlossenen Innovationsbereiche wird die Neuerung eine
       Verteuerung und bei fehlender Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit der in Frage stehenden
       Entwicklung eine Beschränkung bewirken.

Kontakt

Dr. jur. Brigitte Bieler                      Dr. rer. nat. Philipp Marchand
Rechtsanwältin                                Patentanwalt (DE), European Patent Attorney
b.bieler@vossius.eu                           p.marchand@vossius.eu

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