NON FUNGIBLE TOKEN: POSITION DER NEUEN BLOCKCHAIN ANWENDUNG IM IMMATERIALGÜTERRECHT
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NON FUNGIBLE TOKEN: Eingereicht von Benjamin Kraudinger Angefertigt am POSITION DER NEUEN Institut für Unternehmensrecht BLOCKCHAIN Beurteiler Assoz. Univ.-Prof. Dr. ANWENDUNG IM Thomas WOLKERSTORFER, LLB. IMMATERIALGÜTERRECHT Mitbetreuung Mag. Alexander Zauner Februar 2022 Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister der Rechtswissenschaften im Diplomstudium Rechtswissenschaften JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich www.jku.at DVR 0093696
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Wien, 04.02.2022 Unterschrift 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 2/40
Inhaltsverzeichnis I. Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................. 4 II. Einleitung ................................................................................................................................. 6 III. Der technische Hintergrund .................................................................................................... 7 A. Die Blockchain......................................................................................................................... 7 B. Smart Contracts .................................................................................................................... 11 C. Kryptowährungen VS NFT..................................................................................................... 13 D. Anwendungsfelder................................................................................................................. 15 IV. Rechtliche Aufarbeitung........................................................................................................ 16 A. NFT und die Begründung von Urheberrecht .......................................................................... 17 1. Voraussetzungen für das Entstehen von Urheberrecht .......................................................... 17 2. Aufgliederung des „Minting“-Prozesses.................................................................................. 19 a) Die Basis: das „digitale Kunstwerk“ ........................................................................................ 20 b) Die Implementierung: der Smart Contract .............................................................................. 21 c) Das Prozessergebnis: das NFT ............................................................................................. 24 3. Urheberrechtserwerb durch den Minter .................................................................................. 25 B. Urheberrechtsverletzungen durch das Schaffen eines NFT ................................................... 26 1. Das NFT als Kopie des digitalen Kunstwerks ......................................................................... 26 2. Gefahren beim Verlinken von digitalen Kunstwerken mit NFT ................................................ 30 C. Transaktion eines NFT und Erwerb von Lizenzen ................................................................. 33 V. Conclusio .............................................................................................................................. 37 VI. Literaturverzeichnis .............................................................................................................. 39 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 3/40
I. Abkürzungsverzeichnis ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Abs Absatz Anm Anmerkungen BGH Bundesgerichtshof bzw beziehungsweise CR Computer und Recht E Entscheidung EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof gem gemäß hA herrschende Ansicht hM herrschende Meinung ICO Initial Coin Offering Info-RL Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft iSd im Sinne des/der iSe im Sinne einer/eines mE meines Erachtens MR Medien und Recht NFT Non Fungible Token NJZ Neue Juristische Wochenschrift oa oben angeführt ÖBA Österreichisches Bankarchiv 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 4/40
ÖBl Österreichische Blätter für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht OGH Oberster Gerichtshof OLG Oberlandesgericht ÖJZ Österreichische Juristen Zeitung PoS Proof of Stake PoW Proof of Work Rspr Rechtsprechung stRspr ständige Rechtsprechung UrhG Urheberrechtsgesetz WIPO World Intellectual Property Organization WBl Wirtschaftsrechtliche Blätter ZTR Zeitschrift für Energie- und Technikrecht 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 5/40
II. Einleitung Die Blockchain, eine Technologie die durch ihre prominenteste Anwendung, den Bitcoin, aus der globalen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken ist. Immer wieder erregen Berichte über unvorstellbare Gewinne und Verluste mit dem Handel dieser sogenannten „Kryptowährung“ die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Währung ist in diesem Sinne nicht als gesetzliches Zahlungsmittel zu verstehen, sondern soll verdeutlichen, dass digitale Werteinheiten wie der Bitcoin als Hauptziel haben, ein Zahlungsäquivalent darzustellen.1 Schon länger prägen nicht nur diese digitalen Zahlungsalternativen die Welt der Blockchain. 2017 war das Jahr der sogenannten ICO, oder „Initial Coin Offerings“. Nach einer Welle von Missbräuchen und enormen Verlusten wurde es wieder stiller um diese Anwendung. Doch der nächste große Hype in der Blockchain-Welt ließ nicht lange auf sich warten. 2021 stand ganz klar im Fokus der „Non Fungible Token“, auch kurz NFT genannt. Dies sind digitale Wertträger, die einzigartige Objekte wie etwa Kunstwerke darstellen und eine Form von „künstlicher Originalität“ bieten sollen. Dass es sich hierbei nicht nur um die Idee einiger kreativer Programmierer handelt, sondern diese Technologie bereits einen großen Kreis an Interessenten gewonnen hat, beweisen die jüngsten Schlagzeilen. So verdiente ein erst 13-jähriger Junge aus Großbritannien knapp 290.000 Pfund durch den Verkauf von NFT, die pixelige Wale im Minecraft-Stil, repräsentierten.2 Doch nicht nur Einzelpersonen profitieren von der Technologie. Erst im September 2021 wurde das französische Unternehmen SORARE, das ein digitales Sammelkartenspiel anbietet, bei dem NFT die Karten repräsentieren, von Investoren mit knapp 3,7 Milliarden Euro bewertet.3 Dies machte SORARE zum wertvollsten Start- Up Frankreichs.4 1 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System https://bitcoin.org/bitcoin.pdf, 1 (Abgerufen am 04.02.2022). 2 Boy, 12, makes £290,000 in non-fungible tokens with digital whale art http://www.theguardian.com/technology/2021/aug/27/boy-12-makes-29000-in-non-fungible-tokens-with- digital-whale-art (Abgerufen am 04.02.2022). 3 https://technewsinsight.com/startup-sorare-raised-680-million-euros-a-record-in-france/ (Abgerufen am 04.02.2022). 4 Holzki, Sorare: Der verrückte Hype um das Fußball-Sammelkarten-Start-up https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/blockchain-technologie-vier-milliarden-dollar-start-up-wo- der-hype-um-die-digitalen-sammelkarten-von-sorare- herkommt/27629790.html?utm_term=organisch&utm_campaign=standard&utm_medium=social&utm_cont ent=ne&utm_source=Facebook&fbclid=IwAR1UjN7te_4YFVBVINwbnMnuYDfjplnPRfMe_neMdxt- eDhKJIWrJw66vUk&ticket=ST-63559-1qxi2cJ7fz7q7nizsfhh-ap2#Echobox=1632200367 (Abgerufen am 04.02.2022). 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 6/40
Eine Technologie, die ein dermaßen großes finanzielles Potential aufweist, muss auch von juristischer Seite untersucht werden, um hier rechtliche Klarheit für Anwender und Entwickler zu bieten. Da die Berührungspunkte von NFT und dem Recht mannigfaltig sind, wird in der folgenden Arbeit der Schwerpunkt auf das Immaterialgüterrecht gelegt. Dies gründet darauf, dass die Kunstbranche einen besonders großen Anwendungsbereich für NFT darstellt und hier vor allem urheberrechtliche Fragestellungen von besonderer Brisanz sind. Im ersten Teil soll ein Überblick über die Technologie, die hinter den NFT steckt, und deren Funktionsweise gegeben werden. Der zweite Teil widmet sich zu Beginn der Frage, ob durch die Schaffung von NFT Urheberrecht begründet wird. Weiters wird darauf eingegangen, ob dies auch zur Verletzung von bereits bestehendem Urheberrecht führen kann. Zuletzt wird erörtert, ob der Erwerb eines NFT auch die Übertragung von Verwertungsrechten miteinschließt. III. Der technische Hintergrund Wie bei jeder technischen Errungenschaft, ist es auch bei NFT fundamental wichtig, die Funktionsweise und den technischen Hintergrund zu verstehen. Ohne dieses Wissen wäre es nicht möglich, eine rechtliche Analyse dieses Themenbereichs durchzuführen. Zu Beginn soll die technische Basis eines NFT, die Blockchain, näher erklärt werden. In weiterer Folge ist es notwendig, auf die Eigenschaften sogenannter Smart Contracts einzugehen, da erst diese die Implementierung von NFT in die Blockchain ermöglichen.5 Am Ende soll gezeigt werden, was NFT von den bereits bekannten Kryptowährungen unterscheidet und was ihre Funktionsweise ist. A. Die Blockchain Die Blockchain-Technologie, die seit der Einführung des Bitcoins, als ihre populärste Anwendung, zunehmend Bekanntheit in der breiten Öffentlichkeit erlangte, ist der Kern sämtlicher moderner Krypto-Anwendungen. Die Funktionsweise einer solchen Blockchain lässt sich mit der eines Kontoregisters vergleichen. Es werden die Besitzer 5Çağlayan-Aksoy/Özkan-Üner, NFT and copyright: challenges and opportunities, Journal of Intellectual Property Law & Practice 2021, 1 https://academic.oup.com/jiplp/advance- article/doi/10.1093/jiplp/jpab104/6307085?login=true (Abgerufen am 04.02.2022). 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 7/40
gewisser Einheiten dargestellt, und es lässt sich erkennen, welche Person einer anderen Person eine bestimmte Anzahl dieser Einheiten übertragen hat. Solche Register gab es schon lange vor der Einführung der Blockchain, aber diese neue Technologie hat drei besondere Eigenschaften, die sie von einem konventionellen Registersystem, wie beispielsweise einem Bankkonto, unterscheiden. Die erste Eigenschaft ist die Tatsache, dass das Register nicht von einer zentralen Stelle verwaltet, sondern dezentral von den Teilnehmern der Blockchain, die man auch „Knoten“ nennt, selbst geführt wird. Jeder dieser Teilnehmer hat eine vollständige Ausführung des Registers und aller darin erfolgten Einträge.6 Diese Technik wird auch „Distributed Ledger Technology“ oder kurz „DLT“ genannt, da das Register (englisch: ledger) bei jedem Teilnehmer zugänglich und somit auf das gesamte Netzwerk verteilt (englisch: distributed) ist. Aus der oben angeführten Eigenschaft der Blockchain, jedem Teilnehmer Zugriff auf ein vollständiges Register zu ermöglichen, folgt die potenzielle Gefahr des Missbrauchs. So könnte ein Teilnehmer des Netzwerks sein Register abändern oder Einträge löschen. Würden viele Teilnehmer ein solches Verhalten an den Tag legen, wäre es kaum mehr möglich, das „wahre“ Register festzustellen. Diese Gefahr wird durch eine weitere Eigenschaft der Blockchain minimiert. So ist es der Blockchain immanent, dass sämtliche neuen Einträge untrennbar mit den zuvor vorgenommenen Einträgen verknüpft werden.7 Diese Verknüpfung erfolgt mittels sogenannter „Hashes“. Ein Hash ist ein numerischer Wert, der aus dem jeweiligen übertragenen Datensatz mittels eines eigenen Algorithmus, also einem mathematischen Verfahren, gebildet wird. Unabhängig davon wie groß oder komplex ein Datensatz ausfällt, ist der dazugehörige, von jeweils demselben Hash-Algorithmus ausgegebener Hashwert, immer gleich lang.8 Der Hashwert für einen bestimmten Input ist außerdem immer derselbe, kommt es daher zu einer nur leichten Abänderung des Inputs, so verändert sich auch der Hashwert.9 Überträgt eine Person über die Blockchain das Wort „ABGB“ und eine andere Person den gesamten Inhalt des österreichischen ABGB, so würde sich die Hashwerte nicht in 6 Çağlayan-Aksoy/Özkan-Üner, Journal of Intellectual Property Law & Practice 2021, 1. 7 Hoeren/Prinz, Das Kunstwerk im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit – NFT (Non-Fungible Tokens) in rechtlicher Hinsicht - Was Blockchain-Anwendungen für den digitalen Kunstmarkt bewirken können, Computer und Recht 2021, 565. 8 Was ist eine Hash-Funktion in einer Blockchain-Transaktion? https://www.bitpanda.com/academy/de/lektionen/was-ist-eine-hash-funktion-in-einer-blockchain- transaktion (Abgerufen am 04.02.2022). 9 Was ist eine Hash-Funktion in einer Blockchain-Transaktion? https://www.bitpanda.com/academy/de/lektionen/was-ist-eine-hash-funktion-in-einer-blockchain- transaktion (Abgerufen am 04.02.2022). 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 8/40
ihrer Länge unterscheiden, wohl aber im ausgegebenen Zahlencode. Würde anschließend nur ein Buchstabe einen der beiden Datensätze angefügt werden, so wäre der Hashwert wiederum ein vollkommen neuer Zahlencode. Eine wichtige Eigenschaft dieses Verfahrens ist, dass es nur in eine Richtung funktioniert.10 Somit ist es nicht möglich aus dem Hashwert den ursprünglichen Datensatz zu generieren, was einen zusätzlichen Sicherheitsfaktor bildet.11 Der Hash- Vorgang ist, neben weiteren kryptographischen Prozessen, auch ein Grund, warum Werteinheiten auf Blockchainbasis umgangssprachlich „Kryptowährungen“ genannt werden.12 Wird ein neuer Datensatz dem bestehenden Register hinzugefügt, so wird dieser Datensatz mit dem Hashwert des zuvor hinzugefügten Datensatzes versehen und daraus ein neuer Hashwert generiert. Somit beinhaltet jeder Datensatz den Hashwert seines Vorgängers und ist untrennbar mit diesem verbunden.13 Das Ergebnis ist eine Kette (englisch: chain) von Datenblöcken (englisch: blocks).14 Käme es nun durch einen Teilnehmer des Netzwerkes zu einer Veränderung eines Datensatzes, würde dies auch dazu führen, dass sich der Hashwert ändert und nicht mehr mit den darauffolgenden Werten übereinstimmt.15 Ob es zu so einer Divergenz der Hashwerte gekommen ist, wird bei jedem neuen Anfügen eines Datenblocks an die existierende Kette überprüft. Diese Validierungsprozesse werden durch sogenannte „Miner“ oder „Forger“ durchgeführt. Mittels eines bestimmten Konsensmechanismus wird entschieden, ob der neue Datenblock „wahr“ ist und der bestehenden Blockchain angehängt werden darf, oder ob es sich um einen „falschen“ Block handelt, der zu einer Divergenz der Hashwerte führt.16 Die derzeit bekanntesten Konsensmechanismen in der Welt der Blockchains sind das „Proof of Work“ oder „PoW“ Verfahren und das „Proof of Stake“ oder „PoS“ Verfahren.17 Beim PoW Verfahren wetteifern die Teilnehmer darum, ein mathematisches Rätsel mittels Rechenleistung ihrer Server zu lösen, um so den neuen Hashwert des Blocks zu berechnen. Dieser Hashwert wird dem Block angehängt und wird von sogenannten 10 Czernik, Hashwerte und Hashfunktionen einfach erklärt https://www.dr-datenschutz.de/hashwerte-und- hashfunktionen-einfach-erklaert/ (Abgerufen am 04.02.2022). 11 Veronesi, Die Blockchain, in Anderl (Hrsg), #Blockchain in der Rechtspraxis (2020) 13. 12 Hellwig/Karlic/Huchzermeier, Entwickeln Sie Ihre eigene Blockchain (2021) 31. 13 Veronesi in Anderl, Blockchain 3. 14 Veronesi in Anderl, Blockchain 2. 15 Veronesi in Anderl, Blockchain 3. 16 Veronesi in Anderl, Blockchain 3. 17 Veronesi in Anderl, Blockchain 14. 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 9/40
„Validation Nodes“ überprüft. Erst wenn mehr als 50% dieser Nodes den Prozess als „wahr“ bestätigen, wird der Block an der bestehende Datenkette fixiert.18 Beim PoS Verfahren ist, im Gegensatz dazu, nicht ausschlaggebend, welcher Teilnehmer des Netzwerks mehr Rechenleistung bietet, sondern wer mehr Anteile an den Einheiten des Netzwerks hält.19 Um zu verhindern, dass sich ein Teilnehmer die Bestimmungsmacht quasi erkaufen kann, wird der Anteil auch nach anderen Parametern, beispielsweise der Haltedauer der Einheiten oder mittels Zufallssystemen, gewichtet.20 Beiden Verfahren ist immanent, dass jeweils mehr als 50% der entscheidungsfähigen Teilnehmer entsprechend den Regeln der Blockchain handeln müssen, um keine falschen Datenblöcke als „wahr“ zu bewerten.21 Um die Teilnehmer zu einem solchen „guten“ Verhalten zu animieren, gibt es Anreizsysteme, entsprechend den Regeln zu handeln.22 Die Nodes erhalten für die Bereitstellung ihrer Rechenleistung (PoW) oder der besonders hohen Anzahl an gehaltenen Einheiten (PoS) eine Gegenleistung. Diese kann entweder in Form von neu ausgegebenen Einheiten geleistet werden (Bitcoin Blockchain), oder es werden je nach Rechenintensität oder Aufwand Transaktionsgebühren verrechnet (Ethereum Blockchain) und an die Nodes 23 weitergereicht. Durch dieses System sollen die Teilnehmer, die die Gültigkeit der Blöcke überprüfen, angehalten werden, entsprechend den Regeln der Blockchain zu handeln, da es für sie profitabler ist, als zu betrügen.24 Die dritte wichtige Eigenschaft eines Blockchain-Systems ist die besondere Art und Weise wie Nutzer anonymisiert werden. Um Transaktionen auf einer Blockchain zu tätigen, benötigt man eine Software, die einer digitalen Geldbörse entspricht. Diese Software wird auch „Wallet“ (deutsch: Geldbörse) genannt. In dieser Wallet befinden sich jedoch nicht die Einheiten der entsprechenden Blockchain-Wertträger (zB Bitcoins), diese sind ja im Blockchain-Register, sondern ein sogenannter „Private Key“ 18 Schlatt/Schweizer/Urbach/Fridgen, Blockchain: Grundlagen, Anwendungen und Potenziale. Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT https://www.fit.fraunhofer.de/content/dam/fit/de/documents/Blockchain_WhitePaper_Grundlagen- Anwendungen-Potentiale.pdf, 10 (Abgerufen am 04.02.2022). 19 Konsens-Algorithmen: Proof of Stake https://www.bitpanda.com/academy/de/lektionen/konsens- algorithmen-proof-of-stake (Abgerufen am 04.02.2022). 20 Konsens-Algorithmen: Proof of Stake https://www.bitpanda.com/academy/de/lektionen/konsens- algorithmen-proof-of-stake (Abgerufen am 04.02.2022). 21 Li/Jiang/Chen/Luo/Wen, A survey on the security of blockchain systems, Future Generation Computer Systems 2020, 841 (844). 22 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System https://bitcoin.org/bitcoin.pdf, 4 (Abgerufen am 04.02.2022). 23 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System https://bitcoin.org/bitcoin.pdf, 4 (Abgerufen am 04.02.2022); Buterin, Ethereum: A Next-Generation Smart Contract and Decentralized Application Platform https://ethereum.org/en/whitepaper/#fees (Abgerufen am 04.02.2022). 24 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System https://bitcoin.org/bitcoin.pdf, 4 (Abgerufen am 04.02.2022). 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 10/40
und „Public Key“ (beides sind numerische Codes). Der Private Key wird benötigt, um Transaktionen zu signieren und ist nur für den Besitzer der Wallet einsehbar. Der Public Key dient als eine digitale Version einer Kontonummer und wird mittels eins kryptographischen Einweg-Verfahrens (ähnlich der oben erklärten Hash-Funktion) aus dem Private Key gebildet.25 Da grundsätzlich die Wallet keine persönlichen Daten enthält, tritt der Teilnehmer der Transaktion pseudoanonym im Netzwerk auf.26 So gibt es in der Theorie für die Anwender keine Gefahr, dass ihre Identität durch einen Hackangriff offengelegt wird oder Transaktionen zu einer bestimmten Person rückverfolgt werden können. Zusammengefasst bildet die Blockchain eine neue Art von Registersystem. Dieses Registersystem wird nicht durch einen Hauptverantwortlichen gewartet, sondern die Teilnehmer verwalten selbst das vollständige Register samt allen neuen Einträgen. Um Missbrauch zu vermeiden, werden Transaktionen mittels komplexer mathematischer Verfahren von den Teilnehmern validiert, welche für ihren Arbeitsaufwand eine Art Bezahlung erhalten. Zuletzt ist es technisch möglich, an einer Blockchain-Applikation teilzunehmen, ohne seine Identität preis zu geben. B. Smart Contracts Bevor man sich NFT im Detail widmet, ist es notwendig, die technische Grundlage zu diskutieren, anhand derer NFT in die Blockchain eingefügt werden. Smart Contracts, oder frei übersetzt „intelligente Verträge“, stellen das Herz und die Seele von NFT dar.27 Im folgenden Abschnitt wird auf das Konzept von Smart Contracts eingegangen und ihre Funktionsweise beschrieben. Auch wenn die freie Übersetzung „intelligenter Vertrag“ bedeutet, so führt dies oft zu einer irrigen Vorstellung. Smart Contracts sind nämlich keine Verträge im rechtlichen Sinne und sie sind auch nicht intelligent. Der Begriff stammt aus den 1990er Jahren und wurde vom US-amerikanischen Juristen und Kryptografen Nick Szabo eingeführt.28 Ein Smart Contract ist vielmehr ein Computerprogramm mit eigenem Quellcode, das selbst auf einer Blockchainanwendung, wie beispielsweise Ethereum, läuft. Dies kann 25 Max, Kryptostrafrecht 101: zur strafrechtlichen Relvanz von Krypto-Assets, ÖJZ 2021, 924 (927). 26 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System https://bitcoin.org/bitcoin.pdf, 6 (Abgerufen am 04.02.2022). 27 Çağlayan-Aksoy/Özkan-Üner, Journal of Intellectual Property Law & Practice 2021, 1. 28 Szabo, Smart Contracts https://www.fon.hum.uva.nl/rob/Courses/InformationInSpeech/CDROM/Literature/LOTwinterschool2006/sz abo.best.vwh.net/smart.contracts.html (Abgerufen am 04.02.2022). 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 11/40
man sich so vorstellen, als würde auf einem geteilten Google-Docs Dokument eine Excel Datenbank laufen.29 Die typischen Eigenschaften von Smart Contracts sind erstens, dass sie Transaktionen durchführen und, da sie auf der Blockchain laufen, so wie alle anderen Inhalte derselben, nicht änderbar sind.30 Ein Smart Contract verfügt über eine eigene Wallet und ist so quasi Teilnehmer und Inhalt der Blockchain zugleich. Die Person, die einen Smart Contract programmiert, schreibt vor, wie und warum Transaktionen durchgeführt werden. Dies kann man sich wie eine „Wenn-Dann“-Funktion vorstellen – wenn der Smart Contract Input A erhält, dann führt er Transaktion B aus.31 Dem Smart Contract wird auch beigefügt, was er überhaupt überträgt. So ist es unter anderem auf der Ethereum Blockchain möglich, dem Smart Contract die Funktion zu geben, neue Wertträger (auch Token genannt) zu schaffen.32 Es kann auch bestimmt werden, dass bei jeder weiteren Übertragung bzw bei jedem weiteren Verkauf des Wertträgers automatisch an den Ersteller (auch „Minter“ genannt) des Wertträgers ein gewisser Anteil am Verkaufspreis übertragen wird.33 Für diese Arbeit von besonderer Bedeutung sind Smart Contracts, die für die Erstellung und die weitere Übertragung von NFT „geminted“ werden. Um ein solches Programm etwa auf der Ethereum Blockchain zu implementieren, wird ein, ERC-721.6 genannter, Programmierungsstandard verwendet.34 Um „Minter“ eines NFT zu werden, kann man daher, bei ausreichendem Vorwissen, selbst einen Smart Contract programmieren oder aber auch auf bereits vorgefertigte Quellcodes zurückgreifen, wie sie beispielsweise von großen NFT-Handelsplätzen wie „RARIBLE“ angeboten werden.35 Abschließend kann hier gesagt werden, dass Smart Contracts die Quelle von NFT darstellen. Sie bestimmen, unter welchen Bedingungen das NFT geschaffen und übertragen wird. Derjenige, der den Smart Contract in die Blockchain einfügt, gilt als „Minter“ des NFT. Hier muss aber beachtet werden, dass ein Minter, der einen 29 Finzer, The Non-Fungible Token Bible: Everything you need to know about NFT https://opensea.io/blog/guides/non-fungible-tokens/ (Abgerufen am 04.02.2022). 30 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, NFT - Ein Selbstversuch, ecolex 2021, 495 (496). 31 Veronesi in Anderl, Blockchain 6. 32 Reeder, How to Create and Deploy an NFT Smart Contract in 10 Minutes https://medium.com/gochain/how-to-create-and-deploy-an-nft-smart-contract-in-10-minutes-e0d7ef8e59fc (Abgerufen am 04.02.2022). 33 How do creator earnings work on OpenSea? https://support.opensea.io/hc/en- us/articles/1500009575482-How-do-creator-earnings-work-on-OpenSea- (Abgerufen am 04.02.2022). 34 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (497). 35 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (498). 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 12/40
vorgefertigten Smart Contract verwendet, die jeweiligen Bedingungen des Musters akzeptieren muss. C. Kryptowährungen VS NFT Nun da die technischen Grundlagen umrissen wurden, soll erklärt werden, was genau ein NFT ausmacht und wo die Unterschiede zu den klassischen Kryptowährungen liegen. Sowohl Kryptowährungen als auch NFT benötigen die Blockchain-Technologie als Basis und beide werden über Kryptobörsen teils mit Gewinn und teils mit Verlust veräußert. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, wodurch sich diese beiden Typen von Wertträgern unterscheiden, um zu erkennen, warum es notwendig ist, sich im Speziellen mit NFT rechtlich auseinander zu setzen. Um dies in weiterer Folge zu verdeutlichen, wird kurz erklärt, was eine klassische Kryptowährung ausmacht und inwiefern NFT von diesen Charakteristika abweichen. Klassische Kryptowährungen, wie es der Bitcoin oder Ether (die Währung der Ethereum-Blockchain) sind, teilen sich zwei grundlegende Qualitäten. Zum einen ist eine solche Währung von Anfang an in der Blockchain implementiert.36 So wird ihre Bezeichnung nicht im Nachhinein neu erfunden oder ihre Teilbarkeit von einer unabhängigen dritten Seite festgelegt, sondern diese Eigenschaften sind bereits im Quellcode der Blockchain enthalten. Somit ist es auch eigentlich irreführend zu sagen, dass sogenannte Miner neue Einheiten der Kryptowährung schaffen. Vielmehr sind diese bereits im Programm vorgesehen und werden dann unter bestimmten Voraussetzungen freigegeben.37 Im Fall von Bitcoin sind dies maximal 21 Millionen Einheiten an Bitcoins.38 Zum anderen besteht der Hauptzweck von Kryptowährungen darin, als Zahlungsmittel zu fungieren (daher werden Kryptowährungen auch als Payment-Token bezeichnet).39 Um als solches zu funktionieren, darf sich zB ein Bitcoin, der Person A gehört, in seinem Wert und in seinen sonstigen Eigenschaften nicht von einem Bitcoin, der 36 Völkel, Initial Coin Offerings aus kapitalmarktrechtlicher Sicht, ZTR 2017, 103 (104). 37 Gassebner, Apropos: Warum Mining kein digitaler Erzeugungsprozess sein kann! ecolex, 801. 38 Segendorf, What is Bitcoin, Sveriges Riksbank Economic Review 2014, 71 (85). 39 Max, ÖJZ 2021, 924 (925). 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 13/40
Person B gehört, unterscheiden.40 Diese Qualität nennt man Vertretbarkeit oder im Englischen „fungibility“.41 Diese beiden Eigenschaften finden sich in NFT nicht wieder. Zum einen sind NFT nicht im Vorhinein in einer Blockchain festgelegt, sondern werden, wie oben erklärt, durch Smart Contracts in die Blockchain eingefügt, außerdem sollen sie eben nicht als austauschbares Zahlungsmittel fungieren. NFT stellen eine relativ neue Art von digitalen Wertträger auf Blockchainbasis dar. Wie der Name schon sagt, soll es sich dabei um nicht-vertretbare Token handeln. Die besondere Qualität von NFT ist, dass sie vollkommen individuell sind und grundsätzlich keiner dem anderen gleicht.42 Dies soll zu einer Art von „digitaler Einzigartigkeit“ führen.43 Es hat lange keine Lösung für den Umstand gegeben, dass digitale „Werte“, wie beispielsweise ein Abbild einer berühmten Malerei oder die digitale Aufnahme einer Sammelkarte, im Endeffekt nur Daten sind. Alle diese „Werte“ sind einfach mit einem „Rechtsklick“ der Maus ohne Qualitätsverlust kopierbar.44 Eine digitale Kopie verfügt immer über die gleichen Attribute wie das Original und somit ist es schwer auszumachen, wer nun der „wahre“ Besitzer des Originals ist. Eine solche perfekte Kopie gibt es in der Offline-Realität nicht und somit kann ein physisches Original immer sein Alleinstellungsmerkmal behaupten. Ein NFT versucht, dieses Problem zu umgehen. Ein solches Token repräsentiert auf der Blockchain ein Objekt, wie beispielsweise ein Kunstwerk oder eine Sammelkarte, dem Seltenheit zugeschrieben werden soll. In den meisten Fällen ist das digitale Gut nicht direkt in das NFT integriert, sondern das NFT enthält lediglich einen Hyperlink, der auf den Speicherort des digitalen Guts verweist und einen Hash der Datei des Guts, um die Verbindung von Gut und NFT zu beweisen (Off-Chain NFT).45 Es wäre zwar denkbar, die Datei unmittelbar in das NFT und somit in die Blockchain einzupflegen (On-Chain NFT), doch je größer die Datenmenge ist, die auf einer Blockchain übertragen wird, desto höher werden auch allfällige 40 Fairfield, Tokenized: The Law of Non-Fungible Tokens and Unique Digital Property, Indiana Law Journal 2021, 7 https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3821102 (Abgerufen am 04.02.2022). 41 Çağlayan-Aksoy/Özkan-Üner, Journal of Intellectual Property Law & Practice 2021, 1. 42 Hoeren/Prinz, Computer und Recht 2021, 565 (566). 43 Fairfield, Indiana Law Journal 2021, 13. 44 Fairfield, Indiana Law Journal 2021, 7. 45 Fairfield, Indiana Law Journal 2021, 23. 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 14/40
Transaktionsgebühren.46 Das Token kann dann gegen die Währung der Blockchain (zB Ether) an einen anderen Teilnehmer der Blockchain eingetauscht bzw verkauft werden. Wird nun ein NFT, das ein digitales Bild X repräsentiert, von Person A, die das NFT auch selbst erstellt hat, an Person B verkauft, so verbleibt das tatsächliche Kunstwerk X an seinem Speicherort, aber das NFT wechselt auf der Blockchain seinen Besitzer. Selbst wenn nun eine dritte Person C sich Zugang zum Speicherort des Kunstwerks X verschafft und dieses kopiert, so wäre für jeden ersichtlich, dass C nur Besitzer einer unerlaubten Kopie ist. Zwar ist die Qualität der Daten die gleiche, aber aus der Blockchain lässt sich erkennen, dass A der erstmalige Besitzer war und sich das Kunstwerk nun bei B befindet. Somit kann nur dieser der rechtmäßige Besitzer des Originals sein und das Original auch weitergeben. Wie bereits im Abschnitt zur Blockchain ausgeführt lässt sich diese Transaktion auch nicht einfach löschen, abändern oder verfälschen. Somit wird die Blockchain durch NFT Anwendungen zum Register von Besitzerstellungen.47 D. Anwendungsfelder Wie bereits erwähnt ist der Hauptzweck eines NFT die Abbildung eines Objekts auf einer Blockchain und die Aufzeichnung der Besitzhistorie. Das wohl bekannteste Beispiel für die kommerzielle Anwendung von NFT-Technologie und auch ein Grund für die starke mediale Präsenz im Jahre 2021 war der Verkauf des (ausschließlich digitalen) Kunstwerkes „The First 5000 Days“ von dem Künstler „BEEPLE“. Verkauft wurde das NFT für einen Gegenwert von $ 69.000.000.48 Dies stellt nach wie vor den höchsten erzielten Verkaufserlös für ein NFT dar. Aber auch die US-amerikanischen Profi-Sportligen MLB (Baseball) und NBA (Basketball) sehen in NFT eine Möglichkeit, Teile ihrer Geschäftsfelder zu digitalisieren. Die MLB führte „MLB Champions“ ein, wo Nutzer Wackelköpfe ihrer Lieblingsspieler als NFT erwerben und diese auch in einem angeschlossenen Spiel verwenden können.49 Die NBA bietet mit „NBA Top Shot“ eine Plattform an, bei der Fans kurze Videosequenzen von besonders aufregenden Spielzügen als NFT 46 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (499). 47 Hoeren/Prinz, Computer und Recht 2021, 565 (567). 48 Davis, Beeple (b. 1981), EVERYDAYS: THE FIRST 5000 DAYS | Christie’s https://onlineonly.christies.com/s/beeple-first-5000-days/beeple-b-1981-1/112924?ldp_breadcrumb=back (Abgerufen am 04.02.2022). 49 FAQ | MLB Champions https://www.mlbc.app/faq (Abgerufen am 04.02.2022). 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 15/40
erwerben können.50 Am 22. Februar 2021 wurde auf dieser Plattform eine einzelne Videosequenz von LeBron James für einen Gegenwert von $ 208.000 verkauft.51 Wichtig ist jedoch, dass NFT nicht nur dafür eingesetzt werden können, digitale Werte abzubilden. Der Umstand, dass NFT die Herkunft eines Objekts, sei es digital oder physisch, nachvollziehbar machen, ist besonders für Branchen interessant die einen großen Sekundärmarkt bedienen. So ist es denkbar, dass Schuhe von Anfang an mit einem NFT-Code versehen werden. Sollte dieser Schuh nun am Sekundärmarkt weiterveräußert werden, so bräuchte der potenzielle Käufer nicht aufwendig die Originalität des Schuhs zu verifizieren. Vorausgesetzt, die Public-Keys der Hersteller sind öffentlich einsehbar, würde ein Blick in die Blockchain genügen und es wäre erkennbar, dass der Vorbesitzer den Schuh direkt vom Hersteller bezogen hat. 52 Auch im Immobilienbereich sind solche Anwendungen denkbar. Bereits 2018 führte das Land Georgien die Möglichkeit ein, Grundstücke nicht in ein klassisches Grundbuch, sondern mittels Smart Contract in eine Blockchain einzupflegen, um die Sicherheit des Systems zu erhöhen und Transparenz zu schaffen.53 Abschließend kann hier gesagt werden, dass, obwohl im Moment der Hauptfokus der Anwendungsfelder von NFT im digitalen Kunstbereich liegt, das Potential noch nicht ausgeschöpft ist. Für einige Unternehmen ist eine solche Anwendung denkbar und es wird die Zeit zeigen, wer die NFT Technologie als erstes massentauglich implementiert. IV. Rechtliche Aufarbeitung Nachdem nun der technische Hintergrund, insbesondere die Blockchain-Technologie und Smart Contracts als auch die Funktionsweise von NFT veranschaulicht wurden, widmet sich der nächste Teil der rechtlichen Aufarbeitung dieser neuen Blockchain- Applikation. Die Rechtspraxis, die Gesetzgebung als auch die Lehre werden durch technische Neuerungen immer wieder gefordert. Es stellt sich oftmals die Frage, ob solche Errungenschaften einfach unter bestehendes Recht subsumiert werden können oder ob es, um die Technologie in ihrem Nutzen nicht einzuschränken, einer neuen Regelung bedarf. 50 NBA Top Shot Beta https://nbatopshot.com/ (Abgerufen am 04.02.2022). 51 Lopatto, Can the NBA make the blockchain cool? https://www.theverge.com/22348858/nba-nft-top-shot- dapper-labs (Abgerufen am 04.02.2022). 52 NFTs & Sneakers https://aricchang888.medium.com/nfts-sneakers-60ec9c239657 (Abgerufen am 04.02.2022). 53 Georgia to use smart contracts in real estate registrations https://agenda.ge/en/news/2018/396 (Abgerufen am 04.02.2022). 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 16/40
Der NFT-Thematik kann man sich von vielen rechtlichen Perspektiven annähern und aufgrund der Tatsache, dass diese Anwendung noch sehr jung ist, gibt es wohl einiges an Diskussionsbedarf. Wie einleitend bereits angeführt, wird im Folgenden vor allem die Seite des Immaterialgüterrechts, genauer des Urheberrechts, beleuchtet. Es soll geklärt werden, inwieweit ein Minter eines NFT Urheberrecht erhält, ob durch den Prozess des „Mintens“ ein bereits bestehendes subjektives Urheberrecht verletzt werden kann und schließlich, ob der Erwerb eines NFT auch die Rechte des mit dem NFT verbundenen Werks miteinschließt. A. NFT und die Begründung von Urheberrecht In den nächsten Abschnitten soll erläutert werden, was iSd österreichischen Rechtslage notwendig ist, damit Urheberrecht überhaupt entstehen kann. Anschließend wird der Minting-Prozess in seine Einzelteile zerlegt und es wird erläutert, welche dieser Teile potenziell urheberrechtsfähig sind. Abschließend soll ein Bild gezeichnet werden, an welchen Teilen nun der Minter eines NFT tatsächlich eigenes Urheberrecht erwerben kann. 1. Voraussetzungen für das Entstehen von Urheberrecht Dem Urheber eines Werkes steht es gem § 14 UrhG zu, sein Werk ausschließlich zu verwerten. So kann er es vervielfältigen (§15 UrhG), verbreiten (§16 UrhG) und vermieten bzw verleihen (§ 16a UrhG). Weiters ist es dem Urheber vorbehalten, zu bestimmen, ob und mit welcher Urheberbezeichnung das Werk zu versehen ist (§ 20 UrhG). Dieser Schutz besteht gem § 60 UrhG für grundsätzlich 70 Jahre. Eine solche Vielzahl an ausschließlichen Rechten muss jedoch an gewisse Voraussetzungen gebunden sein, um den Rechtsschutz nicht ausufern zu lassen. § 1 UrhG umschreibt schützenswerte Werke als eigentümliche geistige Schöpfungen auf den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst. Hier ist zunächst zu klären, was unter einer „eigentümlichen geistigen Schöpfung“ zu verstehen ist. Eigentümlichkeit liegt iSd Rspr vor, wenn ein Schöpfer durch seine Persönlichkeit dafür sorgt, dass sich das Werk von anderen unterscheidet und zu ihm gehört.54 Der Begriff der Geistigkeit wird von der Rspr so verstanden, dass es keiner körperlichen Manifestation bedarf, um iSd Urheberrechts als schützenswert betrachtet 54 OGH 20. 2. 1973, 4 Ob 303/73; OGH 11. 3. 1997, 4 Ob 2363/96w. 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 17/40
zu werden.55 Hier ist jedoch anzumerken, dass eine gewisse Konkretisierung sehr wohl notwendig ist. Reine Gedanken werden grundsätzlich nicht als Werke iSd Urheberrechts verstanden.56 Eine Schöpfung iSd Urheberrechts muss etwas sein, was zuvor noch nie dagewesen ist. Somit untermauert dies auch die Qualität der „Einzigartigkeit“, die sich bereits in der Eigentümlichkeit ausdrückt. Weiters soll eine Schöpfung ein bestimmtes Qualitätsniveau besitzen, hier ist jedoch grundsätzlich eine niedrigere Messlatte anzusetzen.57 Zuletzt ist offen, was die Rechtsordnung als Kunst iSd Gesetzes versteht. Hier geht die Rspr von einem weiten Verständnis der Kunst aus und sieht als schützenswert solche Schöpfungen an, die zumindest ein Minimum von Individualität oder Originalität aufweisen. Von einem kunsttheoretischen oder abnehmerorientierten Verständnis des Begriffs ist, zu Gunsten einer neutralen und objektiven Betrachtung, Abstand zu nehmen.58 Neben dem, in § 1 UrhG festgehaltenen, allgemeinen Schutzbereich, räumt das Gesetz auch bestimmten näher ausgeführten Objekten den Status als schützenswertes Werk ein. Für den Bereich der NFT von hoher Bedeutung ist der besondere Schutz für Lichtbilder (§ 3 UrhG) und Computerprogramme (§ 40a UrhG). Lichtbilder sind gem § 3 Abs 2 UrhG Werke, die durch photographische oder der Photographie ähnliche Verfahren geschaffen werden. Der Begriff der „ähnlichen Verfahren“ ist weit auszulegen und erfasst Verfahren, die dasselbe Ergebnis wie eine Photographie erzielen.59 Es ist jedoch zu beachten, dass reine Photokopien oder vergleichbare Reproduktionen nicht unter diese Definition eines schützenswerten Werks fallen, sondern Vervielfältigungen iSd § 15 UrhG sind und somit Verwertungsformen darstellen, die ausschließlich dem Urheber des Originals eingeräumt werden.60 Computerprogramme sind gem § 40a UrhG ebenfalls explizit schützenswerte Werke, jedoch liegt im Gesetz keine nähere Definition zu dem Begriff des Computerprogramms vor. Nach § 1 Mustervorschrift der WIPO ist die Definition „eine Folge von Befehlen, die nach Aufnahme in einen maschinenlesbaren Träger fähig sind zu bewirken, dass eine Maschine mit informationsverarbeitenden Fähigkeiten eine 55 OGH 9. 12. 1969, 4 Ob 94/69. 56 OGH 22. 5. 1950, 3 Os 63/50. 57 OGH 23. 9. 2013, 4 Ob 61/13v. 58 OGH 14. 10. 2008, OGH 4 Ob 162/08i. 59 Ciresa in Ciresa (Hrsg), Österreichisches Urheberrecht § 3 UrhG Rz 8 (22. Lfg). 60 Tonninger in Kucsko/Handig (Hrsg), urheber.recht2 § 3 UrhG Rz 10 (Stand 1.4.2017, rdb.at). 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 18/40
bestimmte Funktion oder Aufgabe oder ein bestimmtes Ergebnis anzeigt, ausführt oder erzielt“.61 Der OGH führt dazu aus, dass eine individuell geprägte Problemlösung durch das Programm möglich sein muss.62 Eine wichtige Form, wie sich ein Computerprogramm manifestieren kann, ist unter anderem der Quellcode.63 Fraglich ist jedoch, wann bei einem Computerprogramm die Schwelle zur Eigentümlichkeit überschritten ist. Der BGH hat bereits in seiner E Fash2000 dargelegt, dass wohl nur einfache, routinemäßige Programmiertätigkeiten, die mehrere Dienstleister in der gleichen Weise vollbringen würden, von einem Schutz ausgeschlossen wären.64 Dieser geringe Grad an geforderter Originalität wird auch vom OGH in seiner E TerraCad bestätigt wonach er Computerprogramme dann als schutzwürdig betrachtet, wenn die Aufgabe verschiedene Lösungsansätze biete und der Verfasser des Programms zumindest ein gewisses Maß an gestalterischen Freiraum besäße.65 Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass gem § 5 Abs 1 UrhG auch Bearbeitungen an bereits bestehenden Werken zu neuem Urheberrecht an der überarbeiteten Version für denjenigen, der diese durchführt, führen können. Um auf diese Art einen urheberrechtlichen Schutz zu erhalten, wird verlangt, dass die Umgestaltung den Anforderungen an eine eigentümliche geistige Schöpfung iSd § 1 UrhG entspricht.66 Dies kann auch für bereits bestehende Computerprogramme gelten, wenn sie auf spezielle Bedürfnisse zugeschnitten werden.67 Im Falle der Bearbeitung muss jedoch immer beachtet werden, dass eine solche zumeist auch die Urheberrechte des Schöpfers des Originals berührt.68 2. Aufgliederung des „Minting“-Prozesses Um die Frage zu klären, was im Zuge des Erstellens eines NFT überhaupt urheberrechtsfähig ist, muss der Prozess des Mintens in seine Hauptteile aufgetrennt werden. Um ein NFT zu erstellen, wird ein Basisobjekt benötigt, dass verknüpft werden soll, ein Blockchain-System, das in der Lage ist, NFT abzubilden, eine „Wallet“, die den Zugang 61 Abgedruckt in GRURInt, 1978, 286. 62 OGH 9.11.1999, 4 Ob 282/99w, Ranking. 63 Anderl, Anm zu EuGH 2. 5. 2012, C-406/10, SAS Institute Inc./ World Programming Ltd., ecolex 2012, 257. 64 BGH 3. 3. 2005, I ZR 111/02, Fash 2000, CR 2005, 854 (855). 65 OGH 12. 7. 2005, 4 Ob 45/05d, TerraCAD. 66 OGH 25. 5. 2004, OGH 4 Ob 58/04i. 67 OGH 12. 7. 2005, 4 Ob 45/05d, TerraCAD. 68 OGH 7. 4. 1992, 4 Ob 13/92. 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 19/40
zur Blockchain gewährt sowie ein Smart Contract, der die Eigenschaften des NFT bestimmt.69 Wie bereits im technischen Teil erklärt, kann sich ein NFT immer auf ein digitales oder auch physisches Basisobjekt beziehen und dieses kann nahezu jede Ausformung annehmen. Der folgende Text wird sich auf Basisobjekte der digitalen Kunst beschränken. Dies ist notwendig, um eine fundierte Analyse zuzulassen, ohne den Rahmen dieser Arbeit zu sprengen. Weiters bildet digitale Kunst, mit einem Umsatzvolumen von rund 3,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021, einen besonders großen Interessensbereich in der NFT-Welt.70 Die wichtigste Plattform für die NFT-Anwendung ist eine kompatible Blockchain (zB Ethereum). Da jedoch die Hauptvorteile einer Blockchain, wie die Verteilung des Registers und die Anonymität, vor allem für bereits etablierte Blockchains mit einer großen Anzahl an Nutzern zutrifft, ist es unwahrscheinlich, dass eine Person, die ein NFT kreieren will, auch selbst eine solches System programmiert. Viel mehr wird auf eine bekannte Blockchain zurückgegriffen, da diese durch die Vielzahl an Teilnehmern auch einen großen potenziellen Abnehmerkreis für das NFT bietet. Weiters wird wohl auch auf eine bestehende und einfache Variante einer Wallet vom NFT-Ersteller zurückgegriffen, da es auch hier keine Vorteile bringt, eine eigene Wallet zu programmieren, von dem geforderten technischen Wissen und dem Aufwand abgesehen. Der Prozess zur Erstellung eines NFT kann somit auf die drei Hauptelemente des digitalen Kunstwerks, des Smart Contracts und des fertigen NFT (implementiert als Token in die Blockchain) eingeschränkt werden. Diese drei Elemente sollen nun näher auf ihre urheberrechtlichen Qualitäten untersucht werden. a) Die Basis: Das „digitale Kunstwerk“ Wenn von digitalen Kunstwerken gesprochen wird, ist es zunächst wichtig, abzugrenzen was damit gemeint ist. Kunst iSd Urheberrechts ist sehr weit zu verstehen und liegt immer dann vor, wenn zumindest ein Minimum an Individualität und Originalität erreicht wird.71 Digital ist in 69 Näheres siehe Kapitel III. 70 NFT art sales hit $3.5bn so far this year https://www.theartnewspaper.com/2021/10/22/nft-art-sales-hit- dollar35bn-so-far-this-year (Abgerufen am 04.02.2022). 71 Näheres siehe Kapitel IV/A/1. 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 20/40
diesem Fall so zu verstehen, dass das Kunstwerk mittels Computertechnik erstellt, oder in Form von binären Codes auf einem Computer gespeichert oder verarbeitet wird.72 Da das Urheberrecht sowohl auf österreichischer als auch auf EU-Ebene technologieneutral gefasst ist73, muss es irrelevant sein, mit welcher Technologie Kunst gestaltet wird. So ist es auch möglich, ein physisches Kunstwerk zu digitalisieren. Dies wäre beispielsweise die digitale Fotographie eines Gemäldes oder einer Skulptur. Eine solche Transformation wird in der Regel eine Vervielfältigung iSd Urheberrechts darstellen und ist somit eine Verwertungshandlung.74 Neues Urheberrecht wird an der digitalen Kopie nicht begründet und das physische Original bildet weiterhin das Ansatzelement für das Schutzrecht. Hier ist jedoch zu beachten, dass im Falle einer bearbeitenden Transformation (dabei werden etwa neue Elemente digital beigefügt, oder das Bild verändert) dies sehr wohl auch zu einer Urheberrechtsbegründung an der neuen digitalen Version führen kann.75 Ein rein digital geschaffenes Kunstwerk - wie etwa eine Zeichnung mit einem Bildbearbeitungsprogramm - ist unzweifelhaft schützenswert. Dies lässt sich auch aus dem Gesetz schließen, da das Urheberrecht eben keine bestimmte Konkretisierung einer Idee, etwa auf Papier oder Leinwand, fordert. Somit muss die Art der Konkretisierung irrelevant sein. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass das Basiskunstwerk für ein NFT wohl am unproblematischsten als schützenswert iSd Urheberrechts betrachtet werden kann. Solange die Kriterien des § 1 UrhG erfüllt sind, qualifiziert sich der Schöpfer als Träger der Urheberrechte unabhängig davon, ob das Werk physisch oder digital geschaffen wurde. d) Die Implementierung: Der Smart Contract Um das digitale Kunstwerk erfolgreich als NFT in ein Blockchain-System zu implementieren, ist als nächster Schritt ein Smart Contract zu erstellen, der das Kunstwerk mit individuellen Informationen bindet und diese als handelbares Token auf einer Blockchain zur Verfügung stellt. 72 Thomson-Jones/K.Moser/S.Moser, The Philosophy of Digital Art https://plato.stanford.edu/entries/digital- art/. 73 Korn/Walter, Anm zu OGH 22.9.2020, 4 Ob 149/20w, MR 2020, 307. 74 OGH 26. 1. 1999, OGH 4 Ob 345/98h, Radio Melody III. 75 Näheres siehe Kapitel IV/A/1. 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 21/40
Auf den ersten Blick mag sich für einen Smart Contract ein ähnliches Bild abzeichnen wie für das digitale Kunstwerk. So liegt der Schluss nahe, dass ein Smart Contract ein Computerprogram darstellt und somit unter die Bestimmung des § 40a UrhG fällt. Es ist jedoch nicht selbstverständlich, dass jeder Smart Contract auch die geforderten Kriterien erfüllt, um als schützenswertes Werk iSd UrhG zu gelten. Auch können Smart Contracts als Open Source Software frei verfügbar im Internet abrufbar76 oder über Formulare auf den NFT-Handelsplattformen (zB OpenSea) bereits vorgeneriert77 sein. Es ist jedoch auch möglich, Smart Contracts, zB für die Ethereum Blockchain, eigenständig zu verfassen, wenn man mit dem Programmierstandard, vertraut ist.78 In diesem Fall muss geprüft werden, ob solche Programme auch den geforderten Lösungs- und den Gestaltungsspielraum aufweisen. Wie bereits in der technischen Erläuterung ausgeführt, regelt ein Smart Contract die Art und Weise, wie das NFT auf der Blockchain präsentiert wird. Auch die Art und Weise wie das digitale Kunstwerk mit dem NFT verknüpft wird, regelt der Smart Contract. Da durch die Möglichkeiten einer On- bzw Off-Chain Darstellung des Kunstwerks, zwei Grundtypen von NFT vorliegen und eine Off-Chain Darstellung auf verschiedene Arten vollzogen werden kann, muss vertretbar davon ausgegangen werden, dass ein ausreichender Lösungsspielraum vorliegt. Da ein Smart Contract weiters nur an den Programmierstandart (zB für die Ethereum Blockchain der ERC-721-Standard)79 gebunden ist, hat auch die programmierende Person einen gewissen Handlungsspielraum für den Smart Contract. Da die Rechtsprechung, wie bereits dargelegt, keine hohen Anforderungen an das Ausmaß dieser Spielräume stellt, kann für einen selbst erstellten Smart Contract die Urheberrechtsqualität bejaht werden. Diese Meinung wird auch von der Praxis gestützt. So wird im Zuge der intensiven Auseinandersetzung mit der Blockchain-Thematik den Smart Contracts grundsätzlich die urheberrechtliche Schutzwürdigkeit zugesprochen.80 Sollte vom NFT-Ersteller eine Open Source Vorlage für den Smart Contract verwendet werden oder werden Formulare ausgefüllt, wodurch im Anschluss automatisch ein Smart Contact generiert wird, so muss differenziert werden. Das Verwenden einer Vorlage negiert nicht automatisch die Möglichkeit urheberrechtlichen Schutz zu erhalten. So stellt die Smart Contract-Vorlage regelmäßig 76 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (498). 77 Structuring your smart contract https://docs.opensea.io/docs/1-structuring-your-smart-contract (Abgerufen am 04.02.2022). 78 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (498). 79 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (497). 80 Anderl/Schelling/Veronesi, Blockchain und Immaterialgüterrecht, in Anderl (Hrsg) Blockchain in der Rechtspraxis (2020) 30. 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 22/40
ein eigenes schützenswertes Computerprogramm dar. Durch eine entsprechende persönliche Anpassung der Vorlage kann aber Urheberrecht aufgrund einer Bearbeitung iSd § 5 UrhG zugunsten des Verwenders am veränderten Programm geschaffen werden. Hier ist jedoch darauf zu achten, dass einige Open Source Anbieter verhindern wollen, dass die bearbeitende Person, neue, von ihr geschaffene Versionen, von der Öffentlichkeit durch ausschließliche Verwertungsrechte abschirmen kann.81 Dazu werden „Copyleft“-Klauseln verwendet, die dem Bearbeiter zwar die kostenlose Bearbeitung und Verwendung ermöglichen, jedoch verlangen, dass die neue Version, ebenfalls kostenfrei, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.82 Wird der Smart Contract, durch Eingabe von Präferenzen in ein Formular, automatisch durch einen Algorithmus erstellt, so ist diese Leistung nur schwer als schützenswert einzustufen. Das Urheberecht bildet ein Schutzrecht, dessen Hauptaufgabe historisch gesehen vor allem der Schutz menschlicher Leistungen war und noch immer ist, um die kulturelle und ökonomische Entwicklung der Menschen zu stimulieren.83 Das bloße Angeben von Präferenzen und Vertrauen auf ein vorgefertigtes Programm kann mE gerade nicht diesem Ziel der Entwicklung des Menschen gerecht werden, sondern verringert geradezu die Notwendigkeit kreativ zu sein. Weiters ist die geforderte Qualität der „Eigentümlichkeit“ an einem Menschen zu prüfen und nicht an dem Algorithmus, der den Smart Contract, mittels vorhandener Bausteine, erstellt. Ein solcher kann nicht Träger von Urheberrechten sein.84 Zweifelsohne kann der Ersteller des Algorithmus an diesem iSd § 40a UrhG Urheberrechtsschutz erhalten, aber für den alleinigen Nutzer dieses Algorithmus gilt dies nicht. Dessen Tätigkeit, das Ausfüllen eines vorgefertigten Formulars, wird im Allgemeinen nicht die Grenzen der geforderten „Eigentümlichkeit“ und der „Schöpfung“ überschreiten. So stellt diese Tätigkeit mE nichts Einzigartiges dar und wird auch nicht das geforderte Mindestmaß an schöpferischer Qualität erzielen. Die eigentliche Transformation von der Idee in eine konkretisierte Ausformung wird vom Algorithmus durchgeführt. Diese Schlussfolgerung wird durch die E TerraCAD gestützt, aus der hervorgeht, dass bereits das Verwenden von Programmbausteinen der Schutzfähigkeit eines Programmes entgegensteht.85 81 Anderl/Schelling/Veronesi in Anderl, Blockchain 43. 82 Anderl/Schelling/Veronesi in Anderl, Blockchain 44. 83 Mezei, „You AIn’t Seen Nothing yet“ https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3890051, 6 (Abgerufen am 04.02.2022). 84 Mezei, „You AIn’t Seen Nothing yet“, 2; Herda, Artificial Intelligence und Immaterialgüterrecht, wbl 2019, 305 (311). 85 OGH 5.4.2005, 4 Ob 35/05h, TerraCAD. 04. Februar 2022 Benjamin Kraudinger 23/40
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