NON FUNGIBLE TOKEN: POSITION DER NEUEN BLOCKCHAIN ANWENDUNG IM IMMATERIALGÜTERRECHT

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NON FUNGIBLE TOKEN:
                                        Eingereicht von
                                        Benjamin Kraudinger

                                        Angefertigt am

POSITION DER NEUEN
                                        Institut für
                                        Unternehmensrecht

BLOCKCHAIN                              Beurteiler
                                        Assoz. Univ.-Prof. Dr.

ANWENDUNG IM
                                        Thomas WOLKERSTORFER,
                                        LLB.

IMMATERIALGÜTERRECHT                    Mitbetreuung
                                        Mag. Alexander Zauner

                                        Februar 2022

Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades

Magister der Rechtswissenschaften
im Diplomstudium
Rechtswissenschaften

                                        JOHANNES KEPLER
                                        UNIVERSITÄT LINZ
                                        Altenberger Straße 69
                                        4040 Linz, Österreich
                                        www.jku.at
                                        DVR 0093696
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und
ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht
benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument
identisch.

Wien, 04.02.2022

Unterschrift

04. Februar 2022                          Benjamin Kraudinger                          2/40
Inhaltsverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................. 4
II. Einleitung ................................................................................................................................. 6
III. Der technische Hintergrund .................................................................................................... 7
A. Die Blockchain......................................................................................................................... 7
B. Smart Contracts .................................................................................................................... 11
C. Kryptowährungen VS NFT..................................................................................................... 13
D. Anwendungsfelder................................................................................................................. 15
IV. Rechtliche Aufarbeitung........................................................................................................ 16
A. NFT und die Begründung von Urheberrecht .......................................................................... 17
1. Voraussetzungen für das Entstehen von Urheberrecht .......................................................... 17
2. Aufgliederung des „Minting“-Prozesses.................................................................................. 19
a) Die Basis: das „digitale Kunstwerk“ ........................................................................................ 20
b) Die Implementierung: der Smart Contract .............................................................................. 21
c) Das Prozessergebnis: das NFT ............................................................................................. 24
3. Urheberrechtserwerb durch den Minter .................................................................................. 25
B. Urheberrechtsverletzungen durch das Schaffen eines NFT ................................................... 26
1. Das NFT als Kopie des digitalen Kunstwerks ......................................................................... 26
2. Gefahren beim Verlinken von digitalen Kunstwerken mit NFT ................................................ 30
C. Transaktion eines NFT und Erwerb von Lizenzen ................................................................. 33
V. Conclusio .............................................................................................................................. 37
VI. Literaturverzeichnis .............................................................................................................. 39

04. Februar 2022                                                   Benjamin Kraudinger                                                       3/40
I. Abkürzungsverzeichnis

 ABGB              Allgemeines Bürgerliches
                   Gesetzbuch

 Abs               Absatz

 Anm               Anmerkungen

 BGH               Bundesgerichtshof

 bzw               beziehungsweise

 CR                Computer und Recht

 E                 Entscheidung

 EU                Europäische Union

 EuGH              Europäischer Gerichtshof

 gem               gemäß

 hA                herrschende Ansicht

 hM                herrschende Meinung

 ICO               Initial Coin Offering

 Info-RL           Richtlinie 2001/29/EG zur
                   Harmonisierung
                   bestimmter Aspekte des
                   Urheberrechts und der
                   verwandten Schutzrechte
                   in der
                   Informationsgesellschaft

 iSd               im Sinne des/der

 iSe               im Sinne einer/eines

 mE                meines Erachtens

 MR                Medien und Recht

 NFT               Non Fungible Token

 NJZ               Neue Juristische
                   Wochenschrift

 oa                oben angeführt

 ÖBA               Österreichisches
                   Bankarchiv

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ÖBl               Österreichische Blätter
                   für gewerblichen
                   Rechtsschutz und
                   Urheberrecht

 OGH               Oberster Gerichtshof

 OLG               Oberlandesgericht

 ÖJZ               Österreichische Juristen
                   Zeitung

 PoS               Proof of Stake

 PoW               Proof of Work

 Rspr              Rechtsprechung

 stRspr            ständige Rechtsprechung

 UrhG              Urheberrechtsgesetz

 WIPO              World Intellectual
                   Property Organization

 WBl               Wirtschaftsrechtliche
                   Blätter

 ZTR               Zeitschrift für Energie-
                   und Technikrecht

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II. Einleitung

Die Blockchain, eine Technologie die durch ihre prominenteste Anwendung, den
Bitcoin, aus der globalen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken ist. Immer wieder
erregen Berichte über unvorstellbare Gewinne und Verluste mit dem Handel dieser
sogenannten „Kryptowährung“ die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Währung ist in
diesem Sinne nicht als gesetzliches Zahlungsmittel zu verstehen, sondern soll
verdeutlichen, dass digitale Werteinheiten wie der Bitcoin als Hauptziel haben, ein
Zahlungsäquivalent darzustellen.1

Schon länger prägen nicht nur diese digitalen Zahlungsalternativen die Welt der
Blockchain. 2017 war das Jahr der sogenannten ICO, oder „Initial Coin Offerings“.
Nach einer Welle von Missbräuchen und enormen Verlusten wurde es wieder stiller um
diese Anwendung. Doch der nächste große Hype in der Blockchain-Welt ließ nicht
lange auf sich warten.

2021 stand ganz klar im Fokus der „Non Fungible Token“, auch kurz NFT genannt.
Dies sind digitale Wertträger, die einzigartige Objekte wie etwa Kunstwerke darstellen
und eine Form von „künstlicher Originalität“ bieten sollen. Dass es sich hierbei nicht nur
um die Idee einiger kreativer Programmierer handelt, sondern diese Technologie
bereits einen großen Kreis an Interessenten gewonnen hat, beweisen die jüngsten
Schlagzeilen. So verdiente ein erst 13-jähriger Junge aus Großbritannien knapp
290.000 Pfund durch den Verkauf von NFT, die pixelige Wale im Minecraft-Stil,
repräsentierten.2 Doch nicht nur Einzelpersonen profitieren von der Technologie. Erst
im September 2021 wurde das französische Unternehmen SORARE, das ein digitales
Sammelkartenspiel anbietet, bei dem NFT die Karten repräsentieren, von Investoren
mit knapp 3,7 Milliarden Euro bewertet.3 Dies machte SORARE zum wertvollsten Start-
Up Frankreichs.4

1 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System https://bitcoin.org/bitcoin.pdf, 1 (Abgerufen
am 04.02.2022).
2 Boy, 12, makes £290,000 in non-fungible tokens with digital whale art

http://www.theguardian.com/technology/2021/aug/27/boy-12-makes-29000-in-non-fungible-tokens-with-
digital-whale-art (Abgerufen am 04.02.2022).
3 https://technewsinsight.com/startup-sorare-raised-680-million-euros-a-record-in-france/ (Abgerufen am

04.02.2022).
4 Holzki, Sorare: Der verrückte Hype um das Fußball-Sammelkarten-Start-up

https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/blockchain-technologie-vier-milliarden-dollar-start-up-wo-
der-hype-um-die-digitalen-sammelkarten-von-sorare-
herkommt/27629790.html?utm_term=organisch&utm_campaign=standard&utm_medium=social&utm_cont
ent=ne&utm_source=Facebook&fbclid=IwAR1UjN7te_4YFVBVINwbnMnuYDfjplnPRfMe_neMdxt-
eDhKJIWrJw66vUk&ticket=ST-63559-1qxi2cJ7fz7q7nizsfhh-ap2#Echobox=1632200367 (Abgerufen am
04.02.2022).

04. Februar 2022                                      Benjamin Kraudinger                                     6/40
Eine Technologie, die ein dermaßen großes finanzielles Potential aufweist, muss auch
von juristischer Seite untersucht werden, um hier rechtliche Klarheit für Anwender und
Entwickler zu bieten.

Da die Berührungspunkte von NFT und dem Recht mannigfaltig sind, wird in der
folgenden Arbeit der Schwerpunkt auf das Immaterialgüterrecht gelegt. Dies gründet
darauf, dass die Kunstbranche einen besonders großen Anwendungsbereich für NFT
darstellt und hier vor allem urheberrechtliche Fragestellungen von besonderer Brisanz
sind.

Im ersten Teil soll ein Überblick über die Technologie, die hinter den NFT steckt, und
deren Funktionsweise gegeben werden. Der zweite Teil widmet sich zu Beginn der
Frage, ob durch die Schaffung von NFT Urheberrecht begründet wird. Weiters wird
darauf eingegangen, ob dies auch zur Verletzung von bereits bestehendem
Urheberrecht führen kann. Zuletzt wird erörtert, ob der Erwerb eines NFT auch die
Übertragung von Verwertungsrechten miteinschließt.

III. Der technische Hintergrund

Wie bei jeder technischen Errungenschaft, ist es auch bei NFT fundamental wichtig,
die Funktionsweise und den technischen Hintergrund zu verstehen. Ohne dieses
Wissen wäre es nicht möglich, eine rechtliche Analyse dieses Themenbereichs
durchzuführen.

Zu Beginn soll die technische Basis eines NFT, die Blockchain, näher erklärt werden.
In weiterer Folge ist es notwendig, auf die Eigenschaften sogenannter Smart Contracts
einzugehen, da erst diese die Implementierung von NFT in die Blockchain
ermöglichen.5 Am Ende soll gezeigt werden, was NFT von den bereits bekannten
Kryptowährungen unterscheidet und was ihre Funktionsweise ist.

A. Die Blockchain

Die Blockchain-Technologie, die seit der Einführung des Bitcoins, als ihre populärste
Anwendung, zunehmend Bekanntheit in der breiten Öffentlichkeit erlangte, ist der Kern
sämtlicher moderner Krypto-Anwendungen. Die Funktionsweise einer solchen
Blockchain lässt sich mit der eines Kontoregisters vergleichen. Es werden die Besitzer

5Çağlayan-Aksoy/Özkan-Üner, NFT and copyright: challenges and opportunities, Journal of Intellectual
Property Law & Practice 2021, 1 https://academic.oup.com/jiplp/advance-
article/doi/10.1093/jiplp/jpab104/6307085?login=true (Abgerufen am 04.02.2022).

04. Februar 2022                                    Benjamin Kraudinger                                7/40
gewisser Einheiten dargestellt, und es lässt sich erkennen, welche Person einer
anderen Person eine bestimmte Anzahl dieser Einheiten übertragen hat. Solche
Register gab es schon lange vor der Einführung der Blockchain, aber diese neue
Technologie hat drei besondere Eigenschaften, die sie von einem konventionellen
Registersystem, wie beispielsweise einem Bankkonto, unterscheiden.

Die erste Eigenschaft ist die Tatsache, dass das Register nicht von einer zentralen
Stelle verwaltet, sondern dezentral von den Teilnehmern der Blockchain, die man auch
„Knoten“ nennt, selbst geführt wird. Jeder dieser Teilnehmer hat eine vollständige
Ausführung des Registers und aller darin erfolgten Einträge.6 Diese Technik wird auch
„Distributed Ledger Technology“ oder kurz „DLT“ genannt, da das Register (englisch:
ledger) bei jedem Teilnehmer zugänglich und somit auf das gesamte Netzwerk verteilt
(englisch: distributed) ist.

Aus der oben angeführten Eigenschaft der Blockchain, jedem Teilnehmer Zugriff auf
ein vollständiges Register zu ermöglichen, folgt die potenzielle Gefahr des
Missbrauchs. So könnte ein Teilnehmer des Netzwerks sein Register abändern oder
Einträge löschen. Würden viele Teilnehmer ein solches Verhalten an den Tag legen,
wäre es kaum mehr möglich, das „wahre“ Register festzustellen. Diese Gefahr wird
durch eine weitere Eigenschaft der Blockchain minimiert. So ist es der Blockchain
immanent, dass sämtliche neuen Einträge untrennbar mit den zuvor vorgenommenen
Einträgen verknüpft werden.7

Diese Verknüpfung erfolgt mittels sogenannter „Hashes“. Ein Hash ist ein numerischer
Wert, der aus dem jeweiligen übertragenen Datensatz mittels eines eigenen
Algorithmus, also einem mathematischen Verfahren, gebildet wird. Unabhängig davon
wie groß oder komplex ein Datensatz ausfällt, ist der dazugehörige, von jeweils
demselben Hash-Algorithmus ausgegebener Hashwert, immer gleich lang.8 Der
Hashwert für einen bestimmten Input ist außerdem immer derselbe, kommt es daher
zu einer nur leichten Abänderung des Inputs, so verändert sich auch der Hashwert.9
Überträgt eine Person über die Blockchain das Wort „ABGB“ und eine andere Person
den gesamten Inhalt des österreichischen ABGB, so würde sich die Hashwerte nicht in

6 Çağlayan-Aksoy/Özkan-Üner, Journal of Intellectual Property Law & Practice 2021, 1.
7 Hoeren/Prinz, Das Kunstwerk im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit – NFT (Non-Fungible
Tokens) in rechtlicher Hinsicht - Was Blockchain-Anwendungen für den digitalen Kunstmarkt bewirken
können, Computer und Recht 2021, 565.
8 Was ist eine Hash-Funktion in einer Blockchain-Transaktion?

https://www.bitpanda.com/academy/de/lektionen/was-ist-eine-hash-funktion-in-einer-blockchain-
transaktion (Abgerufen am 04.02.2022).
9 Was ist eine Hash-Funktion in einer Blockchain-Transaktion?

https://www.bitpanda.com/academy/de/lektionen/was-ist-eine-hash-funktion-in-einer-blockchain-
transaktion (Abgerufen am 04.02.2022).

04. Februar 2022                                    Benjamin Kraudinger                              8/40
ihrer Länge unterscheiden, wohl aber im ausgegebenen Zahlencode. Würde
anschließend nur ein Buchstabe einen der beiden Datensätze angefügt werden, so
wäre der Hashwert wiederum ein vollkommen neuer Zahlencode.

Eine wichtige Eigenschaft dieses Verfahrens ist, dass es nur in eine Richtung
funktioniert.10 Somit ist es nicht möglich aus dem Hashwert den ursprünglichen
Datensatz zu generieren, was einen zusätzlichen Sicherheitsfaktor bildet.11 Der Hash-
Vorgang ist, neben weiteren kryptographischen Prozessen, auch ein Grund, warum
Werteinheiten auf Blockchainbasis umgangssprachlich „Kryptowährungen“ genannt
werden.12

Wird ein neuer Datensatz dem bestehenden Register hinzugefügt, so wird dieser
Datensatz mit dem Hashwert des zuvor hinzugefügten Datensatzes versehen und
daraus ein neuer Hashwert generiert. Somit beinhaltet jeder Datensatz den Hashwert
seines Vorgängers und ist untrennbar mit diesem verbunden.13 Das Ergebnis ist eine
Kette (englisch: chain) von Datenblöcken (englisch: blocks).14

Käme es nun durch einen Teilnehmer des Netzwerkes zu einer Veränderung eines
Datensatzes, würde dies auch dazu führen, dass sich der Hashwert ändert und nicht
mehr mit den darauffolgenden Werten übereinstimmt.15

Ob es zu so einer Divergenz der Hashwerte gekommen ist, wird bei jedem neuen
Anfügen            eines   Datenblocks   an    die    existierende         Kette   überprüft.   Diese
Validierungsprozesse werden durch sogenannte „Miner“ oder „Forger“ durchgeführt.
Mittels eines bestimmten Konsensmechanismus wird entschieden, ob der neue
Datenblock „wahr“ ist und der bestehenden Blockchain angehängt werden darf, oder
ob es sich um einen „falschen“ Block handelt, der zu einer Divergenz der Hashwerte
führt.16 Die derzeit bekanntesten Konsensmechanismen in der Welt der Blockchains
sind das „Proof of Work“ oder „PoW“ Verfahren und das „Proof of Stake“ oder „PoS“
Verfahren.17

Beim PoW Verfahren wetteifern die Teilnehmer darum, ein mathematisches Rätsel
mittels Rechenleistung ihrer Server zu lösen, um so den neuen Hashwert des Blocks
zu berechnen. Dieser Hashwert wird dem Block angehängt und wird von sogenannten

10 Czernik, Hashwerte und Hashfunktionen einfach erklärt https://www.dr-datenschutz.de/hashwerte-und-
hashfunktionen-einfach-erklaert/ (Abgerufen am 04.02.2022).
11 Veronesi, Die Blockchain, in Anderl (Hrsg), #Blockchain in der Rechtspraxis (2020) 13.
12 Hellwig/Karlic/Huchzermeier, Entwickeln Sie Ihre eigene Blockchain (2021) 31.
13 Veronesi in Anderl, Blockchain 3.
14 Veronesi in Anderl, Blockchain 2.
15 Veronesi in Anderl, Blockchain 3.
16 Veronesi in Anderl, Blockchain 3.
17 Veronesi in Anderl, Blockchain 14.

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„Validation Nodes“ überprüft. Erst wenn mehr als 50% dieser Nodes den Prozess als
„wahr“ bestätigen, wird der Block an der bestehende Datenkette fixiert.18

Beim PoS Verfahren ist, im Gegensatz dazu, nicht ausschlaggebend, welcher
Teilnehmer des Netzwerks mehr Rechenleistung bietet, sondern wer mehr Anteile an
den Einheiten des Netzwerks hält.19 Um zu verhindern, dass sich ein Teilnehmer die
Bestimmungsmacht quasi erkaufen kann, wird der Anteil auch nach anderen
Parametern, beispielsweise der Haltedauer der Einheiten oder mittels Zufallssystemen,
gewichtet.20

Beiden Verfahren ist immanent, dass jeweils mehr als 50% der entscheidungsfähigen
Teilnehmer entsprechend den Regeln der Blockchain handeln müssen, um keine
falschen Datenblöcke als „wahr“ zu bewerten.21 Um die Teilnehmer zu einem solchen
„guten“ Verhalten zu animieren, gibt es Anreizsysteme, entsprechend den Regeln zu
handeln.22 Die Nodes erhalten für die Bereitstellung ihrer Rechenleistung (PoW) oder
der besonders hohen Anzahl an gehaltenen Einheiten (PoS) eine Gegenleistung.
Diese kann entweder in Form von neu ausgegebenen Einheiten geleistet werden
(Bitcoin Blockchain), oder es werden je nach Rechenintensität oder Aufwand
Transaktionsgebühren          verrechnet      (Ethereum       Blockchain)      und    an    die    Nodes
                   23
weitergereicht.         Durch dieses System sollen die Teilnehmer, die die Gültigkeit der
Blöcke überprüfen, angehalten werden, entsprechend den Regeln der Blockchain zu
handeln, da es für sie profitabler ist, als zu betrügen.24

Die dritte wichtige Eigenschaft eines Blockchain-Systems ist die besondere Art und
Weise wie Nutzer anonymisiert werden. Um Transaktionen auf einer Blockchain zu
tätigen, benötigt man eine Software, die einer digitalen Geldbörse entspricht. Diese
Software wird auch „Wallet“ (deutsch: Geldbörse) genannt. In dieser Wallet befinden
sich jedoch nicht die Einheiten der entsprechenden Blockchain-Wertträger (zB
Bitcoins), diese sind ja im Blockchain-Register, sondern ein sogenannter „Private Key“
18 Schlatt/Schweizer/Urbach/Fridgen, Blockchain: Grundlagen, Anwendungen und Potenziale.
Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT
https://www.fit.fraunhofer.de/content/dam/fit/de/documents/Blockchain_WhitePaper_Grundlagen-
Anwendungen-Potentiale.pdf, 10 (Abgerufen am 04.02.2022).
19 Konsens-Algorithmen: Proof of Stake https://www.bitpanda.com/academy/de/lektionen/konsens-

algorithmen-proof-of-stake (Abgerufen am 04.02.2022).
20 Konsens-Algorithmen: Proof of Stake https://www.bitpanda.com/academy/de/lektionen/konsens-

algorithmen-proof-of-stake (Abgerufen am 04.02.2022).
21 Li/Jiang/Chen/Luo/Wen, A survey on the security of blockchain systems, Future Generation Computer

Systems 2020, 841 (844).
22 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System https://bitcoin.org/bitcoin.pdf, 4 (Abgerufen

am 04.02.2022).
23 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System https://bitcoin.org/bitcoin.pdf, 4 (Abgerufen

am 04.02.2022); Buterin, Ethereum: A Next-Generation Smart Contract and Decentralized Application
Platform https://ethereum.org/en/whitepaper/#fees (Abgerufen am 04.02.2022).
24 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System https://bitcoin.org/bitcoin.pdf, 4 (Abgerufen

am 04.02.2022).

04. Februar 2022                                      Benjamin Kraudinger                                   10/40
und „Public Key“ (beides sind numerische Codes). Der Private Key wird benötigt, um
Transaktionen zu signieren und ist nur für den Besitzer der Wallet einsehbar. Der
Public Key dient als eine digitale Version einer Kontonummer und wird mittels eins
kryptographischen Einweg-Verfahrens (ähnlich der oben erklärten Hash-Funktion) aus
dem Private Key gebildet.25 Da grundsätzlich die Wallet keine persönlichen Daten
enthält, tritt der Teilnehmer der Transaktion pseudoanonym im Netzwerk auf.26 So gibt
es in der Theorie für die Anwender keine Gefahr, dass ihre Identität durch einen
Hackangriff offengelegt wird oder Transaktionen zu einer bestimmten Person
rückverfolgt werden können.

Zusammengefasst bildet die Blockchain eine neue Art von Registersystem. Dieses
Registersystem wird nicht durch einen Hauptverantwortlichen gewartet, sondern die
Teilnehmer verwalten selbst das vollständige Register samt allen neuen Einträgen. Um
Missbrauch zu vermeiden, werden Transaktionen mittels komplexer mathematischer
Verfahren von den Teilnehmern validiert, welche für ihren Arbeitsaufwand eine Art
Bezahlung erhalten. Zuletzt ist es technisch möglich, an einer Blockchain-Applikation
teilzunehmen, ohne seine Identität preis zu geben.

B. Smart Contracts

Bevor man sich NFT im Detail widmet, ist es notwendig, die technische Grundlage zu
diskutieren, anhand derer NFT in die Blockchain eingefügt werden. Smart Contracts,
oder frei übersetzt „intelligente Verträge“, stellen das Herz und die Seele von NFT
dar.27 Im folgenden Abschnitt wird auf das Konzept von Smart Contracts eingegangen
und ihre Funktionsweise beschrieben.

Auch wenn die freie Übersetzung „intelligenter Vertrag“ bedeutet, so führt dies oft zu
einer irrigen Vorstellung. Smart Contracts sind nämlich keine Verträge im rechtlichen
Sinne und sie sind auch nicht intelligent. Der Begriff stammt aus den 1990er Jahren
und wurde vom US-amerikanischen Juristen und Kryptografen Nick Szabo eingeführt.28
Ein Smart Contract ist vielmehr ein Computerprogramm mit eigenem Quellcode, das
selbst auf einer Blockchainanwendung, wie beispielsweise Ethereum, läuft. Dies kann

25 Max, Kryptostrafrecht 101: zur strafrechtlichen Relvanz von Krypto-Assets, ÖJZ 2021, 924 (927).
26 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System https://bitcoin.org/bitcoin.pdf, 6 (Abgerufen
am 04.02.2022).
27 Çağlayan-Aksoy/Özkan-Üner, Journal of Intellectual Property Law & Practice 2021, 1.
28 Szabo, Smart Contracts

https://www.fon.hum.uva.nl/rob/Courses/InformationInSpeech/CDROM/Literature/LOTwinterschool2006/sz
abo.best.vwh.net/smart.contracts.html (Abgerufen am 04.02.2022).

04. Februar 2022                                     Benjamin Kraudinger                                    11/40
man sich so vorstellen, als würde auf einem geteilten Google-Docs Dokument eine
Excel Datenbank laufen.29

Die typischen Eigenschaften von Smart Contracts sind erstens, dass sie Transaktionen
durchführen und, da sie auf der Blockchain laufen, so wie alle anderen Inhalte
derselben, nicht änderbar sind.30 Ein Smart Contract verfügt über eine eigene Wallet
und ist so quasi Teilnehmer und Inhalt der Blockchain zugleich. Die Person, die einen
Smart Contract programmiert, schreibt vor, wie und warum Transaktionen durchgeführt
werden. Dies kann man sich wie eine „Wenn-Dann“-Funktion vorstellen – wenn der
Smart Contract Input A erhält, dann führt er Transaktion B aus.31

Dem Smart Contract wird auch beigefügt, was er überhaupt überträgt. So ist es unter
anderem auf der Ethereum Blockchain möglich, dem Smart Contract die Funktion zu
geben, neue Wertträger (auch Token genannt) zu schaffen.32 Es kann auch bestimmt
werden, dass bei jeder weiteren Übertragung bzw bei jedem weiteren Verkauf des
Wertträgers automatisch an den Ersteller (auch „Minter“ genannt) des Wertträgers ein
gewisser Anteil am Verkaufspreis übertragen wird.33

Für diese Arbeit von besonderer Bedeutung sind Smart Contracts, die für die
Erstellung und die weitere Übertragung von NFT „geminted“ werden. Um ein solches
Programm etwa auf der Ethereum Blockchain zu implementieren, wird ein, ERC-721.6
genannter, Programmierungsstandard verwendet.34 Um „Minter“ eines NFT zu werden,
kann man daher, bei ausreichendem Vorwissen, selbst einen Smart Contract
programmieren oder aber auch auf bereits vorgefertigte Quellcodes zurückgreifen, wie
sie beispielsweise von großen NFT-Handelsplätzen wie „RARIBLE“ angeboten
werden.35

Abschließend kann hier gesagt werden, dass Smart Contracts die Quelle von NFT
darstellen. Sie bestimmen, unter welchen Bedingungen das NFT geschaffen und
übertragen wird. Derjenige, der den Smart Contract in die Blockchain einfügt, gilt als
„Minter“ des NFT. Hier muss aber beachtet werden, dass ein Minter, der einen

29 Finzer, The Non-Fungible Token Bible: Everything you need to know about NFT
https://opensea.io/blog/guides/non-fungible-tokens/ (Abgerufen am 04.02.2022).
30 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, NFT - Ein Selbstversuch, ecolex 2021, 495 (496).
31 Veronesi in Anderl, Blockchain 6.
32 Reeder, How to Create and Deploy an NFT Smart Contract in 10 Minutes

https://medium.com/gochain/how-to-create-and-deploy-an-nft-smart-contract-in-10-minutes-e0d7ef8e59fc
(Abgerufen am 04.02.2022).
33 How do creator earnings work on OpenSea? https://support.opensea.io/hc/en-

us/articles/1500009575482-How-do-creator-earnings-work-on-OpenSea- (Abgerufen am 04.02.2022).
34 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (497).
35 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (498).

04. Februar 2022                                   Benjamin Kraudinger                                 12/40
vorgefertigten Smart Contract verwendet, die jeweiligen Bedingungen des Musters
akzeptieren muss.

C. Kryptowährungen VS NFT

Nun da die technischen Grundlagen umrissen wurden, soll erklärt werden, was genau
ein NFT ausmacht und wo die Unterschiede zu den klassischen Kryptowährungen
liegen.

Sowohl Kryptowährungen als auch NFT benötigen die Blockchain-Technologie als
Basis und beide werden über Kryptobörsen teils mit Gewinn und teils mit Verlust
veräußert. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, wodurch sich diese beiden Typen von
Wertträgern unterscheiden, um zu erkennen, warum es notwendig ist, sich im
Speziellen mit NFT rechtlich auseinander zu setzen. Um dies in weiterer Folge zu
verdeutlichen, wird kurz erklärt, was eine klassische Kryptowährung ausmacht und
inwiefern NFT von diesen Charakteristika abweichen.

Klassische Kryptowährungen, wie es der Bitcoin oder Ether (die Währung der
Ethereum-Blockchain) sind, teilen sich zwei grundlegende Qualitäten.

Zum einen ist eine solche Währung von Anfang an in der Blockchain implementiert.36
So wird ihre Bezeichnung nicht im Nachhinein neu erfunden oder ihre Teilbarkeit von
einer unabhängigen dritten Seite festgelegt, sondern diese Eigenschaften sind bereits
im Quellcode der Blockchain enthalten. Somit ist es auch eigentlich irreführend zu
sagen, dass sogenannte Miner neue Einheiten der Kryptowährung schaffen. Vielmehr
sind diese bereits im Programm vorgesehen und werden dann unter bestimmten
Voraussetzungen freigegeben.37 Im Fall von Bitcoin sind dies maximal 21 Millionen
Einheiten an Bitcoins.38

Zum anderen besteht der Hauptzweck von Kryptowährungen darin, als Zahlungsmittel
zu fungieren (daher werden Kryptowährungen auch als Payment-Token bezeichnet).39
Um als solches zu funktionieren, darf sich zB ein Bitcoin, der Person A gehört, in
seinem Wert und in seinen sonstigen Eigenschaften nicht von einem Bitcoin, der

36 Völkel, Initial Coin Offerings aus kapitalmarktrechtlicher Sicht, ZTR 2017, 103 (104).
37 Gassebner, Apropos: Warum Mining kein digitaler Erzeugungsprozess sein kann! ecolex, 801.
38 Segendorf, What is Bitcoin, Sveriges Riksbank Economic Review 2014, 71 (85).
39 Max, ÖJZ 2021, 924 (925).

04. Februar 2022                                   Benjamin Kraudinger                         13/40
Person B gehört, unterscheiden.40 Diese Qualität nennt man Vertretbarkeit oder im
Englischen „fungibility“.41

Diese beiden Eigenschaften finden sich in NFT nicht wieder. Zum einen sind NFT nicht
im Vorhinein in einer Blockchain festgelegt, sondern werden, wie oben erklärt, durch
Smart Contracts in die Blockchain eingefügt, außerdem sollen sie eben nicht als
austauschbares Zahlungsmittel fungieren.

NFT stellen eine relativ neue Art von digitalen Wertträger auf Blockchainbasis dar. Wie
der Name schon sagt, soll es sich dabei um nicht-vertretbare Token handeln. Die
besondere Qualität von NFT ist, dass sie vollkommen individuell sind und grundsätzlich
keiner dem anderen gleicht.42 Dies soll zu einer Art von „digitaler Einzigartigkeit“
führen.43

Es hat lange keine Lösung für den Umstand gegeben, dass digitale „Werte“, wie
beispielsweise ein Abbild einer berühmten Malerei oder die digitale Aufnahme einer
Sammelkarte, im Endeffekt nur Daten sind. Alle diese „Werte“ sind einfach mit einem
„Rechtsklick“ der Maus ohne Qualitätsverlust kopierbar.44 Eine digitale Kopie verfügt
immer über die gleichen Attribute wie das Original und somit ist es schwer
auszumachen, wer nun der „wahre“ Besitzer des Originals ist. Eine solche perfekte
Kopie gibt es in der Offline-Realität nicht und somit kann ein physisches Original immer
sein Alleinstellungsmerkmal behaupten.

Ein NFT versucht, dieses Problem zu umgehen. Ein solches Token repräsentiert auf
der Blockchain ein Objekt, wie beispielsweise ein Kunstwerk oder eine Sammelkarte,
dem Seltenheit zugeschrieben werden soll. In den meisten Fällen ist das digitale Gut
nicht direkt in das NFT integriert, sondern das NFT enthält lediglich einen Hyperlink,
der auf den Speicherort des digitalen Guts verweist und einen Hash der Datei des
Guts, um die Verbindung von Gut und NFT zu beweisen (Off-Chain NFT).45 Es wäre
zwar denkbar, die Datei unmittelbar in das NFT und somit in die Blockchain
einzupflegen (On-Chain NFT), doch je größer die Datenmenge ist, die auf einer
Blockchain         übertragen      wird,      desto       höher            werden   auch      allfällige

40 Fairfield, Tokenized: The Law of Non-Fungible Tokens and Unique Digital Property, Indiana Law Journal
2021, 7 https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3821102 (Abgerufen am 04.02.2022).
41 Çağlayan-Aksoy/Özkan-Üner, Journal of Intellectual Property Law & Practice 2021, 1.
42 Hoeren/Prinz, Computer und Recht 2021, 565 (566).
43 Fairfield, Indiana Law Journal 2021, 13.
44 Fairfield, Indiana Law Journal 2021, 7.
45 Fairfield, Indiana Law Journal 2021, 23.

04. Februar 2022                                     Benjamin Kraudinger                                   14/40
Transaktionsgebühren.46 Das Token kann dann gegen die Währung der Blockchain (zB
Ether) an einen anderen Teilnehmer der Blockchain eingetauscht bzw verkauft werden.

Wird nun ein NFT, das ein digitales Bild X repräsentiert, von Person A, die das NFT
auch selbst erstellt hat, an Person B verkauft, so verbleibt das tatsächliche Kunstwerk
X an seinem Speicherort, aber das NFT wechselt auf der Blockchain seinen Besitzer.
Selbst wenn nun eine dritte Person C sich Zugang zum Speicherort des Kunstwerks X
verschafft und dieses kopiert, so wäre für jeden ersichtlich, dass C nur Besitzer einer
unerlaubten Kopie ist. Zwar ist die Qualität der Daten die gleiche, aber aus der
Blockchain lässt sich erkennen, dass A der erstmalige Besitzer war und sich das
Kunstwerk nun bei B befindet. Somit kann nur dieser der rechtmäßige Besitzer des
Originals sein und das Original auch weitergeben. Wie bereits im Abschnitt zur
Blockchain ausgeführt lässt sich diese Transaktion auch nicht einfach löschen,
abändern oder verfälschen. Somit wird die Blockchain durch NFT Anwendungen zum
Register von Besitzerstellungen.47

D. Anwendungsfelder

Wie bereits erwähnt ist der Hauptzweck eines NFT die Abbildung eines Objekts auf
einer Blockchain und die Aufzeichnung der Besitzhistorie. Das wohl bekannteste
Beispiel für die kommerzielle Anwendung von NFT-Technologie und auch ein Grund
für die starke mediale Präsenz im Jahre 2021 war der Verkauf des (ausschließlich
digitalen) Kunstwerkes „The First 5000 Days“ von dem Künstler „BEEPLE“. Verkauft
wurde das NFT für einen Gegenwert von $ 69.000.000.48 Dies stellt nach wie vor den
höchsten erzielten Verkaufserlös für ein NFT dar.

Aber auch die US-amerikanischen Profi-Sportligen MLB (Baseball) und NBA
(Basketball) sehen in NFT eine Möglichkeit, Teile ihrer Geschäftsfelder zu
digitalisieren. Die MLB führte „MLB Champions“ ein, wo Nutzer Wackelköpfe ihrer
Lieblingsspieler als NFT erwerben und diese auch in einem angeschlossenen Spiel
verwenden können.49 Die NBA bietet mit „NBA Top Shot“ eine Plattform an, bei der
Fans kurze Videosequenzen von besonders aufregenden Spielzügen als NFT

46 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (499).
47 Hoeren/Prinz, Computer und Recht 2021, 565 (567).
48 Davis, Beeple (b. 1981), EVERYDAYS: THE FIRST 5000 DAYS | Christie’s

https://onlineonly.christies.com/s/beeple-first-5000-days/beeple-b-1981-1/112924?ldp_breadcrumb=back
(Abgerufen am 04.02.2022).
49 FAQ | MLB Champions https://www.mlbc.app/faq (Abgerufen am 04.02.2022).

04. Februar 2022                                    Benjamin Kraudinger                                15/40
erwerben können.50 Am 22. Februar 2021 wurde auf dieser Plattform eine einzelne
Videosequenz von LeBron James für einen Gegenwert von $ 208.000 verkauft.51

Wichtig ist jedoch, dass NFT nicht nur dafür eingesetzt werden können, digitale Werte
abzubilden. Der Umstand, dass NFT die Herkunft eines Objekts, sei es digital oder
physisch, nachvollziehbar machen, ist besonders für Branchen interessant die einen
großen Sekundärmarkt bedienen. So ist es denkbar, dass Schuhe von Anfang an mit
einem NFT-Code versehen werden. Sollte dieser Schuh nun am Sekundärmarkt
weiterveräußert werden, so bräuchte der potenzielle Käufer nicht aufwendig die
Originalität des Schuhs zu verifizieren. Vorausgesetzt, die Public-Keys der Hersteller
sind öffentlich einsehbar, würde ein Blick in die Blockchain genügen und es wäre
erkennbar, dass der Vorbesitzer den Schuh direkt vom Hersteller bezogen hat. 52

Auch im Immobilienbereich sind solche Anwendungen denkbar. Bereits 2018 führte
das Land Georgien die Möglichkeit ein, Grundstücke nicht in ein klassisches
Grundbuch, sondern mittels Smart Contract in eine Blockchain einzupflegen, um die
Sicherheit des Systems zu erhöhen und Transparenz zu schaffen.53

Abschließend kann hier gesagt werden, dass, obwohl im Moment der Hauptfokus der
Anwendungsfelder von NFT im digitalen Kunstbereich liegt, das Potential noch nicht
ausgeschöpft ist. Für einige Unternehmen ist eine solche Anwendung denkbar und es
wird die Zeit zeigen, wer die NFT Technologie als erstes massentauglich
implementiert.

IV. Rechtliche Aufarbeitung

Nachdem nun der technische Hintergrund, insbesondere die Blockchain-Technologie
und Smart Contracts als auch die Funktionsweise von NFT veranschaulicht wurden,
widmet sich der nächste Teil der rechtlichen Aufarbeitung dieser neuen Blockchain-
Applikation. Die Rechtspraxis, die Gesetzgebung als auch die Lehre werden durch
technische Neuerungen immer wieder gefordert. Es stellt sich oftmals die Frage, ob
solche Errungenschaften einfach unter bestehendes Recht subsumiert werden können
oder ob es, um die Technologie in ihrem Nutzen nicht einzuschränken, einer neuen
Regelung bedarf.

50 NBA Top Shot Beta https://nbatopshot.com/ (Abgerufen am 04.02.2022).
51 Lopatto, Can the NBA make the blockchain cool? https://www.theverge.com/22348858/nba-nft-top-shot-
dapper-labs (Abgerufen am 04.02.2022).
52 NFTs & Sneakers https://aricchang888.medium.com/nfts-sneakers-60ec9c239657 (Abgerufen am

04.02.2022).
53 Georgia to use smart contracts in real estate registrations https://agenda.ge/en/news/2018/396

(Abgerufen am 04.02.2022).

04. Februar 2022                                   Benjamin Kraudinger                                  16/40
Der NFT-Thematik kann man sich von vielen rechtlichen Perspektiven annähern und
aufgrund der Tatsache, dass diese Anwendung noch sehr jung ist, gibt es wohl einiges
an Diskussionsbedarf. Wie einleitend bereits angeführt, wird im Folgenden vor allem
die Seite des Immaterialgüterrechts, genauer des Urheberrechts, beleuchtet. Es soll
geklärt werden, inwieweit ein Minter eines NFT Urheberrecht erhält, ob durch den
Prozess des „Mintens“ ein bereits bestehendes subjektives Urheberrecht verletzt
werden kann und schließlich, ob der Erwerb eines NFT auch die Rechte des mit dem
NFT verbundenen Werks miteinschließt.

A. NFT und die Begründung von Urheberrecht

In den nächsten Abschnitten soll erläutert werden, was iSd österreichischen
Rechtslage         notwendig     ist,   damit   Urheberrecht         überhaupt   entstehen   kann.
Anschließend wird der Minting-Prozess in seine Einzelteile zerlegt und es wird
erläutert, welche dieser Teile potenziell urheberrechtsfähig sind. Abschließend soll ein
Bild gezeichnet werden, an welchen Teilen nun der Minter eines NFT tatsächlich
eigenes Urheberrecht erwerben kann.

1. Voraussetzungen für das Entstehen von Urheberrecht

Dem Urheber eines Werkes steht es gem § 14 UrhG zu, sein Werk ausschließlich zu
verwerten. So kann er es vervielfältigen (§15 UrhG), verbreiten (§16 UrhG) und
vermieten bzw verleihen (§ 16a UrhG). Weiters ist es dem Urheber vorbehalten, zu
bestimmen, ob und mit welcher Urheberbezeichnung das Werk zu versehen ist
(§ 20 UrhG). Dieser Schutz besteht gem § 60 UrhG für grundsätzlich 70 Jahre. Eine
solche       Vielzahl    an    ausschließlichen      Rechten        muss    jedoch   an   gewisse
Voraussetzungen gebunden sein, um den Rechtsschutz nicht ausufern zu lassen.

§ 1 UrhG umschreibt schützenswerte Werke als eigentümliche geistige Schöpfungen
auf den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst.
Hier ist zunächst zu klären, was unter einer „eigentümlichen geistigen Schöpfung“ zu
verstehen ist.

Eigentümlichkeit liegt iSd Rspr vor, wenn ein Schöpfer durch seine Persönlichkeit dafür
sorgt, dass sich das Werk von anderen unterscheidet und zu ihm gehört.54

Der Begriff der Geistigkeit wird von der Rspr so verstanden, dass es keiner
körperlichen Manifestation bedarf, um iSd Urheberrechts als schützenswert betrachtet

54   OGH 20. 2. 1973, 4 Ob 303/73; OGH 11. 3. 1997, 4 Ob 2363/96w.

04. Februar 2022                                    Benjamin Kraudinger                              17/40
zu werden.55 Hier ist jedoch anzumerken, dass eine gewisse Konkretisierung sehr wohl
notwendig ist. Reine Gedanken werden grundsätzlich nicht als Werke iSd
Urheberrechts verstanden.56

Eine Schöpfung iSd Urheberrechts muss etwas sein, was zuvor noch nie dagewesen
ist. Somit untermauert dies auch die Qualität der „Einzigartigkeit“, die sich bereits in der
Eigentümlichkeit           ausdrückt.   Weiters    soll    eine      Schöpfung      ein    bestimmtes
Qualitätsniveau besitzen, hier ist jedoch grundsätzlich eine niedrigere Messlatte
anzusetzen.57

Zuletzt ist offen, was die Rechtsordnung als Kunst iSd Gesetzes versteht. Hier geht die
Rspr von einem weiten Verständnis der Kunst aus und sieht als schützenswert solche
Schöpfungen an, die zumindest ein Minimum von Individualität oder Originalität
aufweisen. Von einem kunsttheoretischen oder abnehmerorientierten Verständnis des
Begriffs ist, zu Gunsten einer neutralen und objektiven Betrachtung, Abstand zu
nehmen.58

Neben dem, in § 1 UrhG festgehaltenen, allgemeinen Schutzbereich, räumt das
Gesetz auch bestimmten näher ausgeführten Objekten den Status als schützenswertes
Werk ein. Für den Bereich der NFT von hoher Bedeutung ist der besondere Schutz für
Lichtbilder (§ 3 UrhG) und Computerprogramme (§ 40a UrhG).

Lichtbilder sind gem § 3 Abs 2 UrhG Werke, die durch photographische oder der
Photographie ähnliche Verfahren geschaffen werden. Der Begriff der „ähnlichen
Verfahren“ ist weit auszulegen und erfasst Verfahren, die dasselbe Ergebnis wie eine
Photographie erzielen.59 Es ist jedoch zu beachten, dass reine Photokopien oder
vergleichbare Reproduktionen nicht unter diese Definition eines schützenswerten
Werks       fallen,   sondern     Vervielfältigungen      iSd    §    15   UrhG    sind    und      somit
Verwertungsformen darstellen, die ausschließlich dem Urheber des Originals
eingeräumt werden.60

Computerprogramme sind gem § 40a UrhG ebenfalls explizit schützenswerte Werke,
jedoch       liegt    im     Gesetz     keine   nähere      Definition     zu     dem     Begriff    des
Computerprogramms vor. Nach § 1 Mustervorschrift der WIPO ist die Definition „eine
Folge von Befehlen, die nach Aufnahme in einen maschinenlesbaren Träger fähig sind
zu bewirken, dass eine Maschine mit informationsverarbeitenden Fähigkeiten eine

55 OGH 9. 12. 1969, 4 Ob 94/69.
56 OGH 22. 5. 1950, 3 Os 63/50.
57 OGH 23. 9. 2013, 4 Ob 61/13v.
58 OGH 14. 10. 2008, OGH 4 Ob 162/08i.
59 Ciresa in Ciresa (Hrsg), Österreichisches Urheberrecht § 3 UrhG Rz 8 (22. Lfg).
60 Tonninger in Kucsko/Handig (Hrsg), urheber.recht2 § 3 UrhG Rz 10 (Stand 1.4.2017, rdb.at).

04. Februar 2022                                     Benjamin Kraudinger                                    18/40
bestimmte Funktion oder Aufgabe oder ein bestimmtes Ergebnis anzeigt, ausführt oder
erzielt“.61 Der OGH führt dazu aus, dass eine individuell geprägte Problemlösung durch
das     Programm      möglich     sein    muss.62     Eine     wichtige    Form,     wie    sich   ein
Computerprogramm manifestieren kann, ist unter anderem der Quellcode.63 Fraglich ist
jedoch, wann bei einem Computerprogramm die Schwelle zur Eigentümlichkeit
überschritten ist. Der BGH hat bereits in seiner E Fash2000 dargelegt, dass wohl nur
einfache, routinemäßige Programmiertätigkeiten, die mehrere Dienstleister in der
gleichen Weise vollbringen würden, von einem Schutz ausgeschlossen wären.64 Dieser
geringe Grad an geforderter Originalität wird auch vom OGH in seiner E TerraCad
bestätigt wonach er Computerprogramme dann als schutzwürdig betrachtet, wenn die
Aufgabe verschiedene Lösungsansätze biete und der Verfasser des Programms
zumindest ein gewisses Maß an gestalterischen Freiraum besäße.65

Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass gem § 5 Abs 1 UrhG auch Bearbeitungen an
bereits bestehenden Werken zu neuem Urheberrecht an der überarbeiteten Version für
denjenigen, der diese durchführt, führen können. Um auf diese Art einen
urheberrechtlichen Schutz zu erhalten, wird verlangt, dass die Umgestaltung den
Anforderungen an eine eigentümliche geistige Schöpfung iSd § 1 UrhG entspricht.66
Dies kann auch für bereits bestehende Computerprogramme gelten, wenn sie auf
spezielle Bedürfnisse zugeschnitten werden.67 Im Falle der Bearbeitung muss jedoch
immer beachtet werden, dass eine solche zumeist auch die Urheberrechte des
Schöpfers des Originals berührt.68

2. Aufgliederung des „Minting“-Prozesses

Um die Frage zu klären, was im Zuge des Erstellens eines NFT überhaupt
urheberrechtsfähig ist, muss der Prozess des Mintens in seine Hauptteile aufgetrennt
werden.

Um ein NFT zu erstellen, wird ein Basisobjekt benötigt, dass verknüpft werden soll, ein
Blockchain-System, das in der Lage ist, NFT abzubilden, eine „Wallet“, die den Zugang

61 Abgedruckt in GRURInt, 1978, 286.
62 OGH 9.11.1999, 4 Ob 282/99w, Ranking.
63 Anderl, Anm zu EuGH 2. 5. 2012, C-406/10, SAS Institute Inc./ World Programming Ltd., ecolex 2012,

257.
64 BGH 3. 3. 2005, I ZR 111/02, Fash 2000, CR 2005, 854 (855).
65 OGH 12. 7. 2005, 4 Ob 45/05d, TerraCAD.
66 OGH 25. 5. 2004, OGH 4 Ob 58/04i.
67 OGH 12. 7. 2005, 4 Ob 45/05d, TerraCAD.
68 OGH 7. 4. 1992, 4 Ob 13/92.

04. Februar 2022                                    Benjamin Kraudinger                                  19/40
zur Blockchain gewährt sowie ein Smart Contract, der die Eigenschaften des NFT
bestimmt.69

Wie bereits im technischen Teil erklärt, kann sich ein NFT immer auf ein digitales oder
auch physisches Basisobjekt beziehen und dieses kann nahezu jede Ausformung
annehmen. Der folgende Text wird sich auf Basisobjekte der digitalen Kunst
beschränken. Dies ist notwendig, um eine fundierte Analyse zuzulassen, ohne den
Rahmen dieser Arbeit zu sprengen. Weiters bildet digitale Kunst, mit einem
Umsatzvolumen von rund 3,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021, einen besonders
großen Interessensbereich in der NFT-Welt.70

Die wichtigste Plattform für die NFT-Anwendung ist eine kompatible Blockchain (zB
Ethereum). Da jedoch die Hauptvorteile einer Blockchain, wie die Verteilung des
Registers und die Anonymität, vor allem für bereits etablierte Blockchains mit einer
großen Anzahl an Nutzern zutrifft, ist es unwahrscheinlich, dass eine Person, die ein
NFT kreieren will, auch selbst eine solches System programmiert. Viel mehr wird auf
eine bekannte Blockchain zurückgegriffen, da diese durch die Vielzahl an Teilnehmern
auch einen großen potenziellen Abnehmerkreis für das NFT bietet.

Weiters wird wohl auch auf eine bestehende und einfache Variante einer Wallet vom
NFT-Ersteller zurückgegriffen, da es auch hier keine Vorteile bringt, eine eigene Wallet
zu programmieren, von dem geforderten technischen Wissen und dem Aufwand
abgesehen.

Der Prozess zur Erstellung eines NFT kann somit auf die drei Hauptelemente des
digitalen Kunstwerks, des Smart Contracts und des fertigen NFT (implementiert als
Token in die Blockchain) eingeschränkt werden.

Diese drei Elemente sollen nun näher auf ihre urheberrechtlichen Qualitäten untersucht
werden.

a) Die Basis: Das „digitale Kunstwerk“

Wenn von digitalen Kunstwerken gesprochen wird, ist es zunächst wichtig,
abzugrenzen was damit gemeint ist.

Kunst iSd Urheberrechts ist sehr weit zu verstehen und liegt immer dann vor, wenn
zumindest ein Minimum an Individualität und Originalität erreicht wird.71 Digital ist in

69 Näheres siehe Kapitel III.
70 NFT art sales hit $3.5bn so far this year https://www.theartnewspaper.com/2021/10/22/nft-art-sales-hit-
dollar35bn-so-far-this-year (Abgerufen am 04.02.2022).
71 Näheres siehe Kapitel IV/A/1.

04. Februar 2022                                      Benjamin Kraudinger                                    20/40
diesem Fall so zu verstehen, dass das Kunstwerk mittels Computertechnik erstellt,
oder in Form von binären Codes auf einem Computer gespeichert oder verarbeitet
wird.72

Da das Urheberrecht sowohl auf österreichischer als auch auf EU-Ebene
technologieneutral gefasst ist73, muss es irrelevant sein, mit welcher Technologie Kunst
gestaltet wird. So ist es auch möglich, ein physisches Kunstwerk zu digitalisieren. Dies
wäre beispielsweise die digitale Fotographie eines Gemäldes oder einer Skulptur.

Eine solche Transformation wird in der Regel eine Vervielfältigung iSd Urheberrechts
darstellen und ist somit eine Verwertungshandlung.74 Neues Urheberrecht wird an der
digitalen Kopie nicht begründet und das physische Original bildet weiterhin das
Ansatzelement für das Schutzrecht. Hier ist jedoch zu beachten, dass im Falle einer
bearbeitenden Transformation (dabei werden etwa neue Elemente digital beigefügt,
oder das Bild verändert) dies sehr wohl auch zu einer Urheberrechtsbegründung an
der neuen digitalen Version führen kann.75

Ein rein digital geschaffenes Kunstwerk - wie etwa eine Zeichnung mit einem
Bildbearbeitungsprogramm - ist unzweifelhaft schützenswert. Dies lässt sich auch aus
dem Gesetz schließen, da das Urheberrecht eben keine bestimmte Konkretisierung
einer Idee, etwa auf Papier oder Leinwand, fordert. Somit muss die Art der
Konkretisierung irrelevant sein.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass das Basiskunstwerk für ein NFT wohl am
unproblematischsten als schützenswert iSd Urheberrechts betrachtet werden kann.
Solange die Kriterien des § 1 UrhG erfüllt sind, qualifiziert sich der Schöpfer als Träger
der Urheberrechte unabhängig davon, ob das Werk physisch oder digital geschaffen
wurde.

d) Die Implementierung: Der Smart Contract

Um das digitale Kunstwerk erfolgreich als NFT in ein Blockchain-System zu
implementieren, ist als nächster Schritt ein Smart Contract zu erstellen, der das
Kunstwerk mit individuellen Informationen bindet und diese als handelbares Token auf
einer Blockchain zur Verfügung stellt.

72 Thomson-Jones/K.Moser/S.Moser, The Philosophy of Digital Art https://plato.stanford.edu/entries/digital-
art/.
73 Korn/Walter, Anm zu OGH 22.9.2020, 4 Ob 149/20w, MR 2020, 307.
74 OGH 26. 1. 1999, OGH 4 Ob 345/98h, Radio Melody III.
75 Näheres siehe Kapitel IV/A/1.

04. Februar 2022                                      Benjamin Kraudinger                                     21/40
Auf den ersten Blick mag sich für einen Smart Contract ein ähnliches Bild abzeichnen
wie für das digitale Kunstwerk. So liegt der Schluss nahe, dass ein Smart Contract ein
Computerprogram darstellt und somit unter die Bestimmung des § 40a UrhG fällt. Es
ist jedoch nicht selbstverständlich, dass jeder Smart Contract auch die geforderten
Kriterien erfüllt, um als schützenswertes Werk iSd UrhG zu gelten. Auch können Smart
Contracts als Open Source Software frei verfügbar im Internet abrufbar76 oder über
Formulare auf den NFT-Handelsplattformen (zB OpenSea) bereits vorgeneriert77 sein.

Es ist jedoch auch möglich, Smart Contracts, zB für die Ethereum Blockchain,
eigenständig zu verfassen, wenn man mit dem Programmierstandard, vertraut ist.78 In
diesem Fall muss geprüft werden, ob solche Programme auch den geforderten
Lösungs- und den Gestaltungsspielraum aufweisen. Wie bereits in der technischen
Erläuterung ausgeführt, regelt ein Smart Contract die Art und Weise, wie das NFT auf
der Blockchain präsentiert wird. Auch die Art und Weise wie das digitale Kunstwerk mit
dem NFT verknüpft wird, regelt der Smart Contract. Da durch die Möglichkeiten einer
On- bzw Off-Chain Darstellung des Kunstwerks, zwei Grundtypen von NFT vorliegen
und eine Off-Chain Darstellung auf verschiedene Arten vollzogen werden kann, muss
vertretbar davon ausgegangen werden, dass ein ausreichender Lösungsspielraum
vorliegt. Da ein Smart Contract weiters nur an den Programmierstandart (zB für die
Ethereum Blockchain der ERC-721-Standard)79 gebunden ist, hat auch die
programmierende Person einen gewissen Handlungsspielraum für den Smart Contract.
Da die Rechtsprechung, wie bereits dargelegt, keine hohen Anforderungen an das
Ausmaß dieser Spielräume stellt, kann für einen selbst erstellten Smart Contract die
Urheberrechtsqualität bejaht werden.

Diese Meinung wird auch von der Praxis gestützt. So wird im Zuge der intensiven
Auseinandersetzung mit der Blockchain-Thematik den Smart Contracts grundsätzlich
die urheberrechtliche Schutzwürdigkeit zugesprochen.80

Sollte vom NFT-Ersteller eine Open Source Vorlage für den Smart Contract verwendet
werden oder werden Formulare ausgefüllt, wodurch im Anschluss automatisch ein
Smart Contact generiert wird, so muss differenziert werden.

Das      Verwenden       einer    Vorlage     negiert      nicht     automatisch     die    Möglichkeit
urheberrechtlichen Schutz zu erhalten. So stellt die Smart Contract-Vorlage regelmäßig
76 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (498).
77 Structuring your smart contract https://docs.opensea.io/docs/1-structuring-your-smart-contract
(Abgerufen am 04.02.2022).
78 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (498).
79 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 (497).
80 Anderl/Schelling/Veronesi, Blockchain und Immaterialgüterrecht, in Anderl (Hrsg) Blockchain in der

Rechtspraxis (2020) 30.

04. Februar 2022                                      Benjamin Kraudinger                                 22/40
ein eigenes schützenswertes Computerprogramm dar. Durch eine entsprechende
persönliche Anpassung der Vorlage kann aber Urheberrecht aufgrund einer
Bearbeitung iSd § 5 UrhG zugunsten des Verwenders am veränderten Programm
geschaffen werden. Hier ist jedoch darauf zu achten, dass einige Open Source
Anbieter verhindern wollen, dass die bearbeitende Person, neue, von ihr geschaffene
Versionen, von der Öffentlichkeit durch ausschließliche Verwertungsrechte abschirmen
kann.81 Dazu werden „Copyleft“-Klauseln verwendet, die dem Bearbeiter zwar die
kostenlose Bearbeitung und Verwendung ermöglichen, jedoch verlangen, dass die
neue Version, ebenfalls kostenfrei, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.82

Wird der Smart Contract, durch Eingabe von Präferenzen in ein Formular, automatisch
durch einen Algorithmus erstellt, so ist diese Leistung nur schwer als schützenswert
einzustufen. Das Urheberecht bildet ein Schutzrecht, dessen Hauptaufgabe historisch
gesehen vor allem der Schutz menschlicher Leistungen war und noch immer ist, um
die kulturelle und ökonomische Entwicklung der Menschen zu stimulieren.83 Das bloße
Angeben von Präferenzen und Vertrauen auf ein vorgefertigtes Programm kann mE
gerade nicht diesem Ziel der Entwicklung des Menschen gerecht werden, sondern
verringert geradezu die Notwendigkeit kreativ zu sein.

Weiters ist die geforderte Qualität der „Eigentümlichkeit“ an einem Menschen zu prüfen
und nicht an dem Algorithmus, der den Smart Contract, mittels vorhandener Bausteine,
erstellt. Ein solcher kann nicht Träger von Urheberrechten sein.84 Zweifelsohne kann
der Ersteller des Algorithmus an diesem iSd § 40a UrhG Urheberrechtsschutz erhalten,
aber für den alleinigen Nutzer dieses Algorithmus gilt dies nicht.

Dessen Tätigkeit, das Ausfüllen eines vorgefertigten Formulars, wird im Allgemeinen
nicht     die      Grenzen   der    geforderten      „Eigentümlichkeit“        und     der    „Schöpfung“
überschreiten. So stellt diese Tätigkeit mE nichts Einzigartiges dar und wird auch nicht
das geforderte Mindestmaß an schöpferischer Qualität erzielen. Die eigentliche
Transformation von der Idee in eine konkretisierte Ausformung wird vom Algorithmus
durchgeführt. Diese Schlussfolgerung wird durch die E TerraCAD gestützt, aus der
hervorgeht, dass bereits das Verwenden von Programmbausteinen der Schutzfähigkeit
eines Programmes entgegensteht.85

81 Anderl/Schelling/Veronesi in Anderl, Blockchain 43.
82 Anderl/Schelling/Veronesi in Anderl, Blockchain 44.
83 Mezei, „You AIn’t Seen Nothing yet“ https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3890051, 6

(Abgerufen am 04.02.2022).
84 Mezei, „You AIn’t Seen Nothing yet“, 2; Herda, Artificial Intelligence und Immaterialgüterrecht, wbl 2019,

305 (311).
85 OGH 5.4.2005, 4 Ob 35/05h, TerraCAD.

04. Februar 2022                                       Benjamin Kraudinger                                      23/40
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