Leichtbau in der Hauptstadtregion - Potenzialanalyse - Berlin Business Location ...

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Leichtbau in der Hauptstadtregion - Potenzialanalyse - Berlin Business Location ...
Leichtbau in der Hauptstadtregion
Potenzialanalyse
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Potenzialanalyse Leichtbau

Herausgeber
Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH
Fasanenstraße 85
10623 Berlin

Ansprechpartner
David Hampel
Tel: +49 30 46302 – 422
david.hampel@berlin-partner.de
www.berlin-partner.de

im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Gefördert aus Mitteln des
Landes Berlin und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung durch die Investitionsbank
Berlin.

Auftragnehmer
innos GmbH
Kurfürstendamm 11
10719 Berlin

Autoren
Dr. Isabell Schwenkert
Oliver Bub

Datum
23. März 2021

Disclaimer: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Potenzialanalyse auf eine durchgehende, geschlechtsspezifische
Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.
Die verkürzte Sprachform hat ausschließlich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.
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Potenzialanalyse Leichtbau

Inhaltsverzeichnis

1. Management Summary ................................................................................................................................3
2. Zielstellung und Methodik ...........................................................................................................................5
3. Zukunftstechnologie Leichtbau – Einleitung ..............................................................................................7
4. Branchenstruktur-, Bedarfs- und Potenzialanalyse für die Region ..........................................................8
    a. Branchenstrukturanalyse der Anwender und Anbieter ........................................................................8
    b. Charakterisierung der Forschungslandschaft in der Region............................................................. 15
    c. Charakterisierung der Netzwerke und Cluster in der Region............................................................ 18
    d. Potenzialanalyse: Bedarfe der regionalen Leichtbauakteure .......................................................... 21
5. Bewertung des Standorts im Bundesvergleich ........................................................................................25
    a. Charakterisierung von Vergleichsregionen.........................................................................................25
    b. Bewertung der Hauptstadtregion im Bundesvergleich .................................................................... 28
6. SWOT-Analyse und mögliches Zukunftsbild für die Region ................................................................... 31
7. Ableitung von Handlungsempfehlungen ................................................................................................. 33
    a. Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit ................................................................................................. 33
    b. Schwerpunktbildung unterstützen ....................................................................................................... 33
    c. Ansiedlung ..............................................................................................................................................34
8. Anhang ....................................................................................................................................................... 36
    a. Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................................... 36
    b. Literaturverzeichnis ...............................................................................................................................37
    c. Leuchtturmprojekte ................................................................................................................................ 41
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Potenzialanalyse Leichtbau

1. Management Summary                               Vielfalt an leichtbaurelevanten Organisationen
                                                    aus. Informationsaustausch sowie Wissens- und
Ziel der Branchenstruktur- und Standortanalyse      Technologietransfer werden dabei von den
„Leichtbau in der Hauptstadtregion“ ist es, die     Akteuren als entscheidende Vorteile bei Mit-
regionalen Potenziale des Leichtbaus zu er-         wirkung an Netzwerken und Clustern wahr-
heben, strukturiert darzustellen, zu bewerten und   genommen.
erste Handlungsempfehlungen festzuhalten. Bei
einer umfangreichen Recherche der Akteure aus       Laut Umfrage ergeben sich attraktive Markt-
Wirtschaft, Forschung und vorhandenen Netz-         chancen, die zum wirtschaftlichen Wachstum
werken am Standort Berlin/Brandenburg wurden        der Region beitragen können. Die wesent-
530 Unternehmen, Forschungseinrichtungen            lichen Erkenntnisse aus der Befragung und den
und Netzwerke bzw. Verbände mit Leichtbau-          Experteninterviews zu Treibern, Hemmnissen und
bezug identifiziert. Diese Akteure wurden für       Bedarfen für den Einsatz von Leichtbautechno-
eine Onlineumfrage kontaktiert, an welcher          logien sowie zur Erschließung des Potenzials
100 Personen teilnahmen. Zusätzlich wurden          können wie folgt zusammengefasst werden:
sieben ausgewählte Leichtbauexperten aus
Wirtschaft, Forschung und Netzwerken persön-          • Die wirtschaftliche Bedeutung des Leicht-
lich zu aktuellen Themen und zukünftigen Trends         baus wird zukünftig deutlich steigen.
befragt.                                                Wichtige Treiber für den Einsatz von Leicht-
                                                        bautechnologien sind Gewichtsreduktion,
Die Analyse ergibt, dass in der Region eine viel-       Energie- und Ressourceneffizienz sowie
fältige Leichtbauakteurslandschaft ansässig ist.        nachhaltige Wertschöpfungsketten.
Im Vergleich zu anderen Regionen mit erkenn-          • Zukünftige Entwicklungsschwerpunkte sind
baren Leichtbaukompetenzen sind jedoch nur              neben neuen Werkstoffen und Materialien
wenige große Anwender zu verzeichnen, die               deren intelligente Kombination, innovative
zudem ihre Entwicklungszentren häufig nicht in          Produktionstechnologien wie bspw. die
der Hauptstadtregion haben. Es ist eine Schwer-         Additive Fertigung und die Funktions-
punktbildung und ein hohes Marktpotenzial im            integration (bei welcher die Additive
Mobilitätssektor erkennbar (insbesondere Auto-          Fertigung ebenfalls vorteilhaft eingesetzt
motive und Schienenfahrzeuge), bestätigt durch          werden kann).
anerkannte Branchenakteure.                           • Zur Intensivierung von Forschungs- und
                                                        Entwicklungsprojekten wollen die Leicht-
Regional besteht eine exzellente Forschungs-            bauakteure Förderprogramme verstärkt
kompetenz im Leichtbau mit großer nationaler            nutzen. Vertiefte Kenntnisse über geeignete
und internationaler Strahlkraft. Ein besonderer         Förderprogramme in dieser Querschnitts-
Schwerpunkt ist dabei in der Materialforschung          technologie werden daher als sehr wichtig
(Metalle, Kunststoffe, Verbundmaterialien) er-          eingestuft.
kennbar.                                              • Unterstützung wird beim Zugang zu
                                                        Kooperationspartnern und Kunden benötigt.
Die Cluster- und Netzwerklandschaft in der              Dem Kunden, insbesondere auf Ebene
Hauptstadtregion zeichnet sich durch eine hohe          der Anwender, kommt eine besondere
                                                                                                  3
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     Bedeutung zu. Wertschöpfung entsteht, wo        Leichtbauakteure. Digitale Technologien wie z. B.
     Anwender, getrieben durch ihre techno-          die Automatisierung von Prozessketten in der
     logische Entwicklung, innovative Unter-         Additiven Fertigung werden in der Region
     nehmen in ihrer Wertschöpfungskette be-         aktiv vorangetrieben und bilden die exzellente
     nötigen.                                        Basis für datenbasierte Entwicklungsmethoden
                                                     (z. B. gemeinsame Nutzung von Fertigungs-
Bei der Betrachtung weiterer wesentlicher            infrastrukturen oder On-Demand-Fertigung
Leichtbauregionen wurden die folgenden               von Ersatzteilen). Sowohl der Zugang zu Infor-
Kriterien für eine erfolgreiche Positionierung der   mationen und Fördermitteln als auch die Er-
Querschnittstechnologie Leichtbau abgeleitet:        füllung spezieller Marktanforderungen (Zerti-
                                                     fizierungen/Qualitätssicherung) ist für KMU mit
  • starke Präsenz von Anwendern und/oder            signifikanten Hürden verbunden. Zudem sehen
    Anbietern                                        sich Unternehmen mit der Schwierigkeit konfron-
  • langfristig angelegte Initiativen und            tiert, Fachkräfte mit Leichtbaukompetenz in die
    Technologiecluster                               Region zu ziehen und dort langfristig zu halten.
  • gezielte Förderinitiativen des Landes für
    Leichtbauthemen                                  Die Ableitungen der SWOT-Analyse legen das
  • exzellente Forschung mit starkem Transfer-       Zukunftsbild einer „Hauptstadt der Digitalisierung
    anspruch                                         im Leichtbau“ nahe. Dabei stellen die
                                                     digitalen Technologien bei der Umsetzung
Im Rahmen der Stärken-Schwächen-Analyse              dieser Vision einen zentralen Hebel dar. Des
(SWOT) wurde zusammenfassend heraus-                 Weiteren können gezielt Impulse in Richtung
gearbeitet, dass zahlreiche Unternehmen mit          „neuer“ Leichtbauthemen gesetzt werden (z. B.
Leichtbaukompetenzen in der Region ansässig          Additive Fertigung, neue Materialien, Funktions-
sind und eine Schwerpunktbildung im Bereich          integration), um sich von bereits etablierten
„Mobilität“ erkennbar ist. Die starke Leichtbau-/    Leichtbauregionen hervorzuheben. Die Hand-
Materialforschung sowie das gute Innovations-        lungsempfehlungen zur Stärkung des Leichtbaus
system stellen ebenfalls nennenswerte Stand-         setzen den Fokus auf folgende Bereiche:
ortvorteile dar. Demgegenüber steht eine eher
geringe Anzahl internationaler „original equip-        a. Vernetzung der Leichtbauakteure und
ment manufacturers“, kurz: OEMs, mit konkreten            flankierende Öffentlichkeitsarbeit
Bedarfen an Leichtbauanwendungen sowie ein             b. gezielte Unterstützung von Schwerpunkt-
unzureichender überregionaler Bekanntheits-               bildung hinsichtlich der Kriterien:
grad hinsichtlich der gegebenen Leichtbau-                    • Branche (Mobilität und Medizin)
potenziale.                                                   • Material (Kunststoff, Metall, Verbund-
                                                                werkstoffe)
Gleichzeitig bietet der Leichtbau als Quer-                   • Technologie (Additive Fertigung)
schnittstechnologie einen Markt für neue               c. Ansiedlung großer Unternehmen mit
Materialien (z. B. Verbundmaterialien) und                Leichtbaubezug
Technologien (z. B. Additive Fertigung) und birgt
somit zahlreiche Chancen für die regionalen
                                                                                                     4
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Potenzialanalyse Leichtbau

2. Zielstellung und Methodik                       2. Primärdatenerfassung:
                                                      a. eine Onlinebefragung auf Basis einer
Im Rahmen der Studie sind die regionalen                 selbst zusammengestellten Adress-
Potenziale zum Thema Leichtbau zu erheben,               datenbank für Berlin (58 % der Kontakte)
strukturiert darzustellen, zu bewerten und mit           und Brandenburg (42 % der Kontakte) mit
ersten Handlungsempfehlungen zu ihrer Weiter-            insgesamt 530 Akteuren. Zusammen-
entwicklung zu versehen (vgl. Abb. 1). Folgende          stellung   dieser      Adressdatenbank:
Fragen bilden den Leitfaden für die Potenzial-
analyse:                                              • aus dem LEICHTBAUATLAS [BMWI
                                                        2021a],
  • Wer sind die relevanten Leichtbauakteure          • aus Mitgliederübersichten relevanter
    aus der Wirtschaft, der Hochschul- und              Netzwerke und Verbände,
    Forschungslandschaft sowie bei Ver-               • aus öffentlichen Informationen zu
    bänden, Netzwerken und Vereinen?                    Forschungsprojekten,
  • Welche Treiber, Hemmnisse und Heraus-             • aus öffentlich zugänglichen Teilnehmer-
    forderungen gibt es bei der Umsetzung von           listen von Leichtbauveranstaltungen
    Leichtbaulösungen?                                  und Messen sowie aus
  • Welche Unterstützungsmöglichkeiten wer-           • einer schlagwortbezogenen (Techno-
    den für die Umsetzung von Leichtbau vor-            logiefelder, Fertigungsverfahren, Mate-
    haben benötigt? Welche Rolle spielen                rialien) freien Internetrecherche und
    Förderprogramme?                                    dem Brandenburg Business Guide
  • Welche Rolle spielt die Hauptstadtregion            [WFBB 2021]
    Berlin/Brandenburg beim bundesweiten
    Vergleich im Leichtbau?                          b. Experteninterviews mit sieben aus-
  • Welche Bedeutung hat der Leichtbau in der           gewählten Akteuren aus Berlin und Bran-
    Hauptstadtregion für die Zukunft?                   denburg aus Wirtschaft, Wissenschaft
  • Welche zukünftigen Entwicklungsschwer-              und Netzwerken
    punkte gibt es grundsätzlich im Leichtbau?
  • Welches Zukunftsbild ist für die Hauptstadt-   3. Erfassung von Leuchtturmprojekten aus-
    region im Leichtbau möglich?                      gewählter Akteure aus Berlin und Branden-
                                                      burg
Die Studie beantwortet u. a. komplexe Frage-
stellungen im Bereich der Branchen- und
Strukturanalyse. Hierfür wurde auf verschiedene
quantitative und qualitative Datenquellen
zurückgegriffen, um eine Validität sicherstellen
zu können. Dazu gehören:

  1. Sekundärdatenerfassung:
     Desktoprecherche und Datenauswertung

                                                                                               5
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Potenzialanalyse Leichtbau

Von den insgesamt 530 adressierten Kontakten
erfolgte die Beantwortung des Onlinefrage-
bogens durch 100 Akteure. Dies entspricht                                                   Desktop-
einer Rücklaufquote von 19 %. Die Herkunft der                                             recherche
Akteure, welche auf den Onlinefragebogen ge-
antwortet haben, ist hier grafisch dargestellt
(vgl. Abb. 2). 6 % der Befragten sind nicht in der                                  Befragung
Hauptstadtregion ansässig und kommen aus
Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz
und Sachsen-Anhalt. Diese Befragungsergeb-
                                                                                           Experten-
nisse flossen ebenfalls in die Studie ein, da auch                                         interviews
Akteure anderer Bundesländer mit Erfahrungen
zur Hauptstadtregion wichtige Impulse ein-
bringen können.
                                                                                    c Aus-
                                                                                     wertung

Darüber hinaus haben sich mit 62 % vor allem                                                Leichtbau
etablierte Unternehmen mit über 20 Jahren                                                      in der
                                                                                           Hauptstadt-
Erfahrung an der Befragung beteiligt, gefolgt                                                 region
von Unternehmen mit einer Existenz zwischen                                             Branchenstruktur- &
                                                                                         Standortanalyse
3 und 5 Jahren (13 %). Start-ups, die jünger als
3 Jahre sind, machen etwa 8 % der Rück-
meldungen aus.                                                     Abb. 1: Schritte der Branchenstruktur- & Standortanalyse

     T eilnehm er aus                                   S truktur T eilnehm er
                                                                                           KKleine
                                                                                               leine Unternehmen (1-49 MA)
                                                                                                   Unternehmen

                                                                  8%                       MittelsUnternehmen
                                                                                           Mittlere tändis che   Unternehmen   (50-249 MA)
                                    Berlin                 10 %        13 %
                                    Berlin                                                 Großunternehmen
                                                                                           Große Unternehmen (ab 250 MA)
                36 %                                                        9%
                                    Brandenburg                                            Hochs chulen
                                                                                           Hochschulen
                                    Brandenburg                            10 %
    58 %                            nicht in der              45 %                          F &E -E inrichtungen
                                                                                           Außeruniversitäre
                    6%              Haupts tadtregion                       5%             F orschungseinrichtungen

                                    nicht in der                                           Netzwerke/Verbände/Vereine
                                                                                           Netzwerke/Verbände/Vereine
                                    Hauptstadtregion
                                                                                           SSonstige
                                                                                              ons tige
                                                                                            (Öffentliche Verwaltungen,
                                                                                             Agenturen, P rogrammträger, ÖP P )

Abb. 2: Charakteristika der Teilnehmer der Onlinebefragung,
Quelle: durchgeführte Befragung im Rahmen der Branchenstruktur- & Standortanalyse

                                                                                                                                        6
Leichtbau in der Hauptstadtregion - Potenzialanalyse - Berlin Business Location ...
Potenzialanalyse Leichtbau

3. Zukunftstechnologie Leichtbau —                                                                       verbunden und damit auch in der Hightech-
   Einleitung                                                                                            Strategie 2025 der Bundesregierung verankert
                                                                                                         [BMWI 2018]. Zudem hat das Bundesministerium
Leichtbau zählt zu einer der branchenüber-                                                               für Wirtschaft und Energie (BMWi) den Leichtbau
greifenden Schlüsseltechnologien für Deutsch-                                                            in seiner Industriestrategie 2030 als eine der
land, welche u. a. in Bereichen wie der Auto-                                                            neuen Game-Changer-Technologien1 benannt
mobil-, Verkehrs- und Transportindustrie, der                                                            [BMWI 2019].
Medizintechnik, der Luft- und Raumfahrt sowie
bei temporären Bauwerken und im Freizeit-                                                                Im Einklang damit veröffentlichte das BMWi die
bereich Anwendung findet.                                                                                Leichtbaustrategie mit Zielen und Maßnahmen
                                                                                                         für den Industriestandort Deutschland [BMWI
Der material- und branchenübergreifende                                                                  2021b].
Leichtbau ist darüber hinaus neben Ressourcen-
effizienzpotenzialen, der Additiven Fertigung                                                            Ein Überblick über die Technologiefelder,
sowie der Anwendung digitaler Verfahren bei                                                              Fertigungsverfahren und die Materialien, die
der Technologieentwicklung eng mit einer wett-                                                           im Leichtbau eingesetzt werden, ist in Abb. 3
bewerbsfähigen und nachhaltigen Wirtschaft 4.0                                                           dargestellt.

Abb. 3: Facetten des Leichtbaus, Quelle: angelehnt an die Darstellung der Initiative Leichtbau des BMWi,
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/leichtbau.html, 20.12.20

1
    Game-Changer-Technologien sind Basis-Technologien, die bedeutenden volkswirtschaftlichen Einfluss aufweisen.
                                                                                                                                                       7
Leichtbau in der Hauptstadtregion - Potenzialanalyse - Berlin Business Location ...
Potenzialanalyse Leichtbau

Im Folgenden werden verschiedene Leichtbau-                                                                Beim funktionsintegrierten Leichtbau können
strategien erläutert. Zu benennen ist einmal der                                                           unterstützende Funktionen in Tragstrukturen
Konzeptleichtbau [LBW 2019]: Er betrachtet                                                                 integriert werden, die damit an anderer Stelle
das Produkt als Ganzes und zielt darauf ab, ein                                                            reduziert oder eingespart werden können. Ein
Produkt von Grund auf komplett zu denken. Und                                                              Beispiel der Umsetzung ist das Einbringen
dies bereits in der frühen Phase der Konzeption,                                                           von Sensoren und Aktoren in Faserverbund-
in der noch ein großer Umfang der Kosten beein-                                                            konstruktionen. Durch Funktionsintegration fallen
flusst werden kann. Durch diesen Ansatz können                                                             ergänzend Aufwendungen für das Material und
signifikante Massereduktionspotenziale gehoben                                                             die Montage weg.
werden, ohne dabei auf teurere Materialien oder
komplexere Fertigungsprozesse zurückgreifen zu                                                             4. Branchenstruktur-, Bedarfs- und
müssen.                                                                                                       Potenzialanalyse für die Region

Unter Materialleichtbau wird die Verwendung                                                                a. Branchenstrukturanalyse der
von Werkstoffen mit einem günstigen Verhältnis                                                                Anwender und Anbieter
von spezifischem Gewicht (Gewicht pro Volumen)
zur ausnutzbaren Festigkeit (Beanspruchbar-                                                                Die regionale Wertschöpfungskette
keit, bevor es zum Versagen kommt), zur aus-
nutzbaren Dehnung (bevor der Werkstoff reißt)                                                              Übergeordnet wurde zunächst erfasst, zu
oder zur ausnutzbaren Steifigkeit (bevor sich der                                                          welchem Typ die im Rahmen der Recherche
Werkstoff verformt) verstanden. Ein wesentlicher                                                           identifizierten 530 Einrichtungen mit Leichtbau-
Trend im Leichtbau wird der zunehmende Einsatz                                                             bezug gehören. Unterschieden wurde dabei in
von kostengünstigen Werkstoffen oder Werkstoff-                                                            kleine und mittlere Unternehmen (per Definition
kombinationen (hybrider Leichtbau). Diese er-                                                              der EU bis 249 Mitarbeiter), Großunternehmen (ab
möglichen einerseits die Bündelung der Vorteile                                                            250 Mitarbeiter), FuE-Einrichtungen/Hochschulen
der jeweiligen Komponenten, andererseits das                                                               und Netzwerke/Verbände/Vereine. Als Vergleich
Schaffen von neuen Eigenschaften.                                                                          wurden die im LEICHTBAUATLAS des BMWi ein-
                                                                                                           getragenen Institutionen auf der Bundesebene
Beim Strukturleichtbau geht man von der Ebene                                                              herangezogen. Der Atlas präsentiert 657 Profile
der Werkstoffe sowie deren Kombination und Fü-                                                             aus Deutschland2 und damit die entsprechenden
gung zu Bauteilen und den aus ihnen zusammen-                                                              leichtbaurelevanten Kompetenzen3. Der LEICHT-
gesetzten Baugruppen bzw. Tragwerken über.                                                                 BAUATLAS ist darüber hinaus die einzige bundes-
So löst der Strukturleichtbau die Aufgabe, eine                                                            landübergreifende Darstellung von Leichtbau-
gegebene Last mit einem Minimum an Eigen-                                                                  akteuren, die im Rahmen dieserAnalyse identifiziert
gewicht der Konstruktion unter Einhaltung einer                                                            werden konnte. In Summe lässt sich festhalten,
Reihe vorgegebener Restriktionen aufzunehmen.                                                              dass die Akteurswelt in Berlin und Brandenburg
Die Anzahl und Anordnung der Bauteile, aus                                                                 mit 65 % bzw. 67 % gegenüber 41 % im Bundes-
denen eine tragende Struktur minimalen Ge-                                                                 vergleich stark mittelständisch geprägt ist
wichts gebildet wird, ist letztlich die Lösung eines                                                       (vgl. Abb. 4). Großunternehmen sind mit 19 % in
Minimierungs-, d. h. Optimierungsproblems.                                                                 Brandenburg stärker vertreten als in Berlin (11 %).

2
    Stand: 20.12.2020
3
    Es wurde die Annahme getroffen, dass die Auflistung im LEICHTBAUATLAS in jedem Bundesland mit Blick auf die vertretenen Organisationstypen grundsätzlich repräsentativ ist.
                                                                                                                                                                                  8
Leichtbau in der Hauptstadtregion - Potenzialanalyse - Berlin Business Location ...
Potenzialanalyse Leichtbau

                                                                                                 Berlin

                                     Organis ations -                                            Brandenburg
                                         typen
                                                                         4%
                       2%                                        10 %                                     Kl
                                                                                                          K leins tunternehmen   (1-9 MA)
                 14%                                                   2%                 21 %
                                                                   10 % 2 %                               Kl
                                                                                                          K leine Unternehmen    (10-49 MA)
                                                                                       22 %
                                     41 %          10 %
                                                                                                          M
                                                                                                          Mittels tändis che Unternehmen      (50-249 MA)
                                     K leinst-,            19%         Berlin/
                   Deuts chland        lein-,             19 %                                            G
                                       mittel-                      Brandenburg                           Großunternehmen    (ab 250 MA)
         24 %                       ständische
                                   Unternehmen     11 %                                                   Fu
                                                                                                          FF&E
                                                                                                            &E -E inrichtungen/Hochs chulen
                                                                                       31 %               Ei
                                                                 14 %                                     N
                                                                                                          Netzwerke/Verbände/Vereine
                                                           10 %                           34 %
                       19 %
                                                                                                          Son
                                                                                                          So
                                                                                                          S ons tige
                                                                                                          (Ö
                                                                                                          (Öffentliche Verwaltungen,
                                                                                                          Pro
                                                                                                          Agenturen,   P rogrammträger, ÖP P )
                Deuts chland | n = 657                        Berlin | n = 298
                                                           Brandenburg | n = 232

Abb. 4: Verteilung der Organisationstypen in Berlin und Brandenburg sowie deutschlandweit. Kleinstunternehmen: < 10 Mitarbeiter,
kleine Unternehmen: < 50 Mitarbeiter, mittelständische Unternehmen: < 250 Mitarbeiter. Quelle: LEICHTBAUATLAS (linke Seite)
sowie eigene Recherche (Adressdatenbank) (rechte Seite)

Die regionale Wertschöpfungskette be-                                           meist zu einer effizienteren Form der Zusammen-
schreibt einen Produktions-, Dienstleistungs- und                               arbeit und somit auch zu mehr Innovation führt.
Konsumkreislauf innerhalb einer Region. In einer                                Darüber hinaus werden oft regionale Absatz-
regionalen Wertschöpfungskette wird der über-                                   potenziale gestärkt. Um die Wertschöpfungs-
wiegende Teil der Stufen bzw. der Tätigkeiten                                   kette systematisch zu analysieren, wurde die
in der Region erbracht und der größte Teil                                      im Rahmen der Studie erstellte Adressdaten-
der Wertschöpfung verbleibt in der Region.                                      bank mit 530 Institutionen als Referenz ge-
Regionen, die über eine möglichst komplette                                     nutzt. Es erfolgte eine qualitative Zuordnung der
Wertschöpfungskette in bestimmten Techno-                                       Institutionen zu den einzelnen Stufen der Wert-
logie- und Branchenfeldern verfügen, profitieren                                schöpfungskette.
auf vielfältige Weise nicht zuletzt deswegen, weil
die Vernetzung der Akteure über die kurzen Wege
                                                                     Bauteil-
         Roh- und                  Halbzeug-                        herstellung                    Fertigung                      Verwertung/
         Werkstoffe                herstellung                       (inkl. End- und              Endprodukte                      Recycling
                                                                    Nachbearbeitung)

                                           Design und Simulation

                              Anlagenbau, -steuerung und -wartung | Produktions- und Anlagenplanung

                                       Material- und Teileprüfung

                                                  Forschung & Entwicklung | Ausbildung

                                                           Prüfung & Zertifizierung

                                          Innovations- und Investitionsförderung und Vernetzung

Abb. 5: Wertschöpfungskette im Leichtbau

                                                                                                                                                            9
Potenzialanalyse Leichtbau

Auf Basis von Referenzliteratur [LBW 2014]             „Metallerzeugung und -bearbeitung“ lediglich
wurden im Rahmen dieser Studie die nach-               2 % der in der Region ansässigen Unternehmen
folgend dargestellten primären Stufen der              entfallen [CMB 2020]. Der Bereich der Roh-
Wertschöpfungskette als für den Leichtbau in           und Werkstoffe ist somit in der Hauptstadtregion
der Hauptstadtregion relevant identifiziert und        schwächer besetzt als andere Teile der Wert-
hinsichtlich möglicher Lücken analysiert (vgl.         schöpfungskette, was als Lücke gewertet wird.
Abb. 5). Zur Bewertung wurde auch berück-
sichtigt, wie die entsprechenden Stufen der Wert-        b. Halbzeugherstellung
schöpfungskette in anderen Leichtbauregionen
besetzt sind (vgl. Kapitel 5.1). Auf dieser Basis      Bei der Herstellung von Halbzeugen werden die
wurde eine qualitative Abschätzung getroffen.          Roh- und Werkstoffe in Formen umgewandelt,
Stark repräsentierte Stufen der Wertschöpfungs-        wie bspw. Bleche, Stangen oder Platten. Dies ge-
kette in der Hauptstadtregion zeichnen sich in         schieht meist durch Ur- oder Umformung sowie
der hier verwendeten Systematik dadurch aus,           Trennverfahren. Die Halbzeuge-Herstellung wird
dass sie eine „kritische Masse“ von Akteuren auf       typischerweise nicht beim Hersteller der End-
sich vereinen und zwar sowohl mit Blick auf die        produkte durchgeführt, dies vor dem Hinter-
Anzahl der Akteure als auch auf deren Größe            grund, dass verschiedene Industrien auf die
bzw. Strahlkraft. Bei „lückenhaften“ Stufen der        gleichen Halbzeuge zurückgreifen. Auf Basis der
Wertschöpfungskette sind dagegen nur wenige            in der Potenzialanalyse erhobenen Daten wird
Akteure in der Region ansässig.                        dieser Teil der Wertschöpfungskette in der Haupt-
                                                       stadtregion als ausreichend besetzt eingestuft.
   a. Roh- und Werkstoffe
                                                         c. Bauteilherstellung (inkl. End- und
Darunter wird die Herstellung der Ausgangs-                 Nachbearbeitung)
materialien für die Leichtbauprodukte ver-
standen. In der Hauptstadtregion sind dies vor-        Das Bauteil ist als Teil des technisch komplexen
nehmlich Metall und Kunststoff. Zwar wurden im         Endprodukts zu verstehen. Häufig wird es
Rahmen der Potenzialanalyse einige Akteure in          aus mehreren Komponenten hergestellt. Der
der Hauptstadtregion identifiziert. Diese bilden       Fertigungsprozess wird häufig durch Umformung
jedoch im Vergleich zu anderen im Leichtbau            wie Pressen, Biegen, Ziehen oder Schmieden
stark positionierten Regionen (vgl. Kapitel 5.1)       durchgeführt. Die End- und Nachbehandlung
keine kritische Masse an großen Unternehmen mit        umfasst Vorgänge wie Oberflächenbehandlung,
internationaler Strahlkraft. Der Masterplan des        Lackierung oder Reinigung. Die Bauteilher-
Clusters Kunststoff und Chemie Brandenburg be-         stellung wird in vielen Fällen ebenfalls nicht
stätigt dies für den Bereich Kunststoff ebenfalls in   beim Hersteller der Endprodukte durchgeführt,
seiner Stärken-Schwächen-Analyse und hält fest,        sondern durch entsprechende Zuliefererfirmen.
dass das Cluster im Vergleich zu anderen Bundes-       Die im Rahmen der Potenzialanalyse durch-
ländern eine relativ geringe Größe hat, was die        geführte Betrachtung ergab, dass dieser Be-
Anzahl der Unternehmen angeht [KUC 2020].              reich der Wertschöpfungskette in der Haupt-
Das Cluster Metall Brandenburg beschreibt              stadtregion sehr stark besetzt ist, wobei die
in seinem Masterplan, dass auf den Bereich             Bandbreite hier von der Anfertigung einfacher
                                                                                                     10
Potenzialanalyse Leichtbau

Spritzgussteile in sehr kleinen Betrieben bis                                                                   e. Verwertung und Recycling
hin zur Herstellung hochkomplexer Bauteile
durch namhafte Zulieferer im Bereich Auto-                                                                 Im Sinne eines „Design for sustainability“ (vgl.
motive oder Schienenfahrzeugbau reicht.                                                                    „sustainable development goals“ der Vereinten
Der Großteil der Akteure ist der Kategorie „KMU“                                                           Nationen [UN 2021]) sollen Produkte die ver-
zuzuordnen.                                                                                                fügbaren natürlichen Ressourcen während des
                                                                                                           gesamten Lebenszyklus des Produkts nicht ver-
        d. Fertigung von Endprodukten                                                                      mindern oder schädigen [AG 2009]. Der Produkt-
                                                                                                           lebenszyklus wird ganzheitlich gedacht. Leicht-
Das final bearbeitete Leichtbauprodukt wird                                                                bauprodukte bieten neue Chancen, bringen
dabei in das eigentliche Endprodukt integriert.                                                            aber z. B. im Kontext der Verbundwerkstoffe neue
Dabei werden Leichtbauprodukte mit kon-                                                                    Herausforderungen mit sich. Dazu gehören zum
ventionellen Teilen kombiniert, wie beispiels-                                                             Beispiel die Entsorgung abfallender Materialien
weise im Bereich des Fahrzeugbaus. Die End-                                                                im Herstellungsprozess oder die Trennung
produkthersteller (OEMs) haben dabei meist den                                                             der verschiedenen Materialien am Ende des
direkten Kontakt zum Endkunden (= Konsumenten                                                              Lebenszyklus des Produkts. In der Region sind
oder andere Unternehmen). Mit Blick auf die Her-                                                           einige prominente Vertreter aus dem Bereich
stellung von Endprodukten lässt sich festhalten,                                                           Verwertung und Recycling angesiedelt, sodass
dass nur wenige international bedeutende                                                                   diese Stufe der Wertschöpfungskette ebenfalls
Unternehmen vor Ort sind. Andere deutsche Ver-                                                             gut abgebildet ist.
gleichsregionen, die in dieser Studie betrachtet
werden, weisen dagegen eine höhere Dichte                                                                  Darüber hinaus lassen sich                                           begleitende
an Endproduktherstellern auf. Die Wichtigkeit,                                                             Prozesse wie folgt identifizieren:
weitere große Hersteller für die Hauptstadt-
region zu gewinnen, wurde auch in den Experten-                                                                 f. Anlagenbau, -steuerung und -wartung |
interviews betont. Weiterhin ist anzumerken,                                                                       Produktions- und Anlagenplanung
dass z. B. im Fall von großen Akteuren aus dem
Automotivebereich zwar die Produktion in der                                                               Für die Herstellung bzw. Montage von Leicht-
Hauptstadtregion stattfindet, nicht aber das                                                               bauteilen muss der Produktionsprozess oft um-
Fahrzeugdesign, da das Entwicklungszentrum in                                                              gestellt werden, weshalb ein entsprechendes
einem anderen Bundesland angesiedelt ist. Das                                                              Wissen aufseiten der Anlagenbauer nötig
bedeutet, dass es über die Hauptstadtregion                                                                ist4. Darüber hinaus sind Industrieanlagen oft
keinen direkten Zugang zur Fahrzeugentwicklung                                                             „Nutzer“ von Leichtbauteilen, da Maschinen
gibt, obwohl in diesem Schritt wichtige Eigen-                                                             weniger Energie verbrauchen, wenn sie weniger
schaften festgelegt werden, die hinterher den Be-                                                          Last bewegen müssen. In der Hauptstadt-
darf an Komponenten maßgeblich beeinflussen.                                                               region ist eine Reihe von Anlagenbauern an-
Eine entsprechende Möglichkeit könnte sich                                                                 sässig, weshalb auch diese Stufe der Wert-
über die kürzlich erfolgte Ansiedlung eines US-                                                            schöpfungskette keine größeren Lücken aufweist.
amerikanischen Automobilherstellers ergeben.

4
    Zu Weiterbildungsangeboten in diesem Bereich zählt zum Beispiel der Lehrgang Fachingenieur Leichtbau VDI - Modul 1: Leichtbau im Multimaterialdesign (VDI; Quelle: https://www.vdi-wissens-
    forum.de/weiterbildung-automobil/lehrgang-leichtbau-modul-1/, abgerufen am 04.03.2021) oder der Zertifikatslehrgang „Fachingenieur Additive Fertigung VDI“: Weiterbildung für Fach- und
                                                                                                                                                                                                  11
    Führungskräfte aus Maschinen- und Anlagenbau (VDI; Quelle: https://www.vdi-wissensforum.de/weiterbildung-maschinenbau/lehrgang-additive-fertigung-modul-1/, abgerufen am 04.03.2021)
Potenzialanalyse Leichtbau

  g. Design und Simulation                         diesem Bereich sind entsprechende Anbieter
                                                   vor Ort ansässig. In Summe ist dieser Bereich
Design und Simulation sind grundsätzlich           in der Hauptstadtregion sehr gut aufgestellt.
integrale Bestandteile des Produktentwicklungs-
prozesses. In vielen Industrien werden diese         j. Prüfung und Zertifizierung der Produkte
aber regelmäßig von externen Unternehmen
ganz oder in Teilen durchgeführt, die über         Je nach den regulatorischen Vorschriften müssen
die entsprechende Expertise verfügen (oft          die Produkte eine entsprechende Zulassung
„Engineering-Dienstleister“ genannt). In der       erhalten (z. B. im Bereich der Endoprothesen
Hauptstadtregion sind etliche Dienstleister in     nach     Medizinproduktegesetz).     Die   ent-
dieser Querschnittstechnologie ansässig, die       sprechenden Organisationen sind in der Haupt-
z. T. sogar ihr Hauptgeschäftsfeld im Leichtbau    stadtregion ansässig, eine Lücke besteht nicht.
haben und sich so von Marktbegleitern abheben.
Dieser Bereich in den begleitenden Prozessen         k. Innovations- und Investitionsförderung und
ist daher überdurchschnittlich gut besetzt.             Vernetzung

  h. Material- und Teileprüfung                    Netzwerke       und   sonstige   unterstützende
                                                   Institutionen runden die Wertschöpfung für einen
Im Vergleich zu konventionell hergestellten Bau-   bestimmten Bereich ab. Sie dienen als ver-
teilen müssen Festigkeit und Widerstandsfähig-     bindendes Element, um mit anderen Akteuren in
keit von Leichtbauteilen gegenüber Umwelt-         Kontakt zu treten, und betreiben auch Wissens-
einflüssen besonders sorgfältig untersucht         vermittlung für die Netzwerkakteure. Die Haupt-
werden. Daher werden im Entwicklungsprozess        stadtregion verfügt über eine Vielzahl leicht-
fortwährend Materialprüfungen durchgeführt,        baurelevanter Cluster und Netzwerke, daher
für welche zum Teil auch hochkomplexe Mess-        ist in diesem Bereich keine Lücke festzustellen.
geräte nötig sind. Im Rahmen der Potenzial-
analyse konnte eine Reihe in diesem Bereich        Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass
spezialisierter Unternehmen und Forschungs-        die Region Berlin-Brandenburg über ein
einrichtungen identifiziert werden, eine Lücke     großes Akteursspektrum verfügt, jedoch die
existiert somit nicht.                             Stufen „Roh- und Werkstoffe“ sowie „Fertigung
                                                   von Endprodukten“ Lücken aufweisen. Zur
  i. Forschung, Entwicklung und Ausbildung         Schließung von Wertschöpfungsketten ist die
                                                   überregionale Vernetzung mit Akteuren aus der
Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen        Leichtbaubranche grundsätzlich vorteilhaft.
leisten sowohl einen Beitrag zu den Innovationen   Die im Rahmen dieser Potenzialanalyse identi-
im Leichtbau als auch zur Ausbildung von           fizierten Leichtbauinstitutionen in Berlin und
Ingenieuren und sonstigen Fachkräften mit          Brandenburg bilden einen breiten Querschnitt
akademischer Ausbildung. Daneben spielt            hinsichtlich Branchen, Materialien und Fertigungs-
auch die Ausbildung und Weiterqualifizierung       verfahren im Leichtbau ab. Dabei ist festzustellen,
von Arbeitskräften aus dem nichtakademischen       dass die beiden Bundesländer ein ähnliches Profil
Bereich eine entsprechende Rolle; auch in          aufweisen. Bezüglich der Branchen (vgl. Abb. 6)
                                                                                                    12
Potenzialanalyse Leichtbau

                                           Automobilbau                                                   15 %                           Abb. 6: Branchenverteilung der
                                                                                                   12 %
                                                                                                                                   24%
                                                                                                                                         im Rahmen der Potenzialanalyse
                                                 Bauwesen
                                                                                                                             22%         identifizierten Leichtbauakteure
                                      Elektronikindustrie                    4%
                                                                             4%                                                          in der Hauptstadtregion, Quelle:
                                          Energietechnik                                    10 %
                                                                                              11 %
                                                                                                                                         eigene Recherche (Adressdaten-
                                                   Logistik             2%                                                               bank), Mehrfachnennungen mög-
                                                              0%
                                        Luftfahrzeugbau                           6%                                                     lich
                                                                             4%
                        Maschinen- und Anlagenbau                                                             16 %
                                                                                                                17 %
                                          Medizintechnik                                    10 %
                                                                             4%
                                                 Möbelbau                    4%
                                                                        3%
                                       Nutzfahrzeugbau                                 8%
                                                                              5%
                                       O ptische G eräte                2%
                                                              0%
                                     Raumfahrzeugbau                         4%
                                                                        2%
                                 Schienenfahrzeugbau                               8%
                                                                                6%
                                         Schiffbau/ -fahrt                    5%
                                                                             4%
                               Sonstiger Fahrzeugbau                              7%
                                                                             4%
                                                                        3%                                Berlin | n = 298
                                     Sport- und Freizeit           1%                                     Brandenburg | n = 232

                                Verbundmaterialien                                   20 %
                                                                                  17 %                                                 Abb. 7: Verwendung von Leicht-
                                                                                                                                       baumaterialien bei den im
                              (Technische) Textilien                5%
                                                                   4%                                                                  Rahmen der Potenzialana-
                                                                                                                                       lyse identifizierten Leichtbau-
                                                  Fasern                7%                                                             akteuren in der Hauptstadt-
                                                                        7%
                                                                                                                                       region, Quelle: durchgeführte
                                                 Metalle                                                                          66 % Recherche im Rahmen der
                                                                                                                              61 %     Branchenstruktur- & Standort-
                                                                                                                                       analyse, Mehrfachnennungen
                                   Strukturkeramiken                6%
                                                                   4%                                                                  möglich

                            Funktionale Werkstoffe                  7%
                                                                   4%

Zellulare Werkstoffe (Schaumwerkstoffe)                                  8%
                                                                        7%

                                             Kunststoffe                                                      44 %
                                                                                                          40 %

                                Biogene Werkstoffe                   8%
                                                                   4%
                                                                                                                 Berlin | n = 298
                                                                                                                 Brandenburg | n = 232

dominieren das Bauwesen, der Maschinen-                                                            Metalle. Die parallele Recherche im LEICHT-
und Anlagenbau sowie der Automobilbau.                                                             BAUATLAS ergab dagegen, dass deutschland-
Im Materialbereich (vgl. Abb. 7) dominieren die                                                    weit das Bearbeiten und Trennen dominiert, ge-
Metalle deutlich, gefolgt von den Kunststoffen                                                     folgt von der Faserverbundtechnik sowie dem
und Verbundmaterialien. In beiden Bundes-                                                          Fügen. Berlin und Brandenburg haben somit mit
ländern sind darüber hinaus die Fertigungs-                                                        12 % und 9 % im Bundesvergleich einen relativ
verfahren Umformen, Bearbeiten und Trennen                                                         geringen Anteil an Institutionen5, die sich mit der
sowie Fügen am stärksten vertreten (vgl. Abb. 8).                                                  Faserverbundtechnik befassen.
Die starke Gewichtung des Umformens korreliert
mit dem sehr stark gewichteten Materialbereich

5
    Betrachtung organisationstypenübergreifend
                                                                                                                                                                      13
Potenzialanalyse Leichtbau

                      Umformen                                            37 %
                                                                                          51 %
                                                                                                  Abb. 8: Fertigungstechnologien im
                                                                                                  Leichtbau bei den im Rahmen der
            Faserverbundtechnik              12 %                                                 Potenzialanalyse       identifizierten
                                            9%
                                                                                                  Leichtbauakteuren in der Haupt-
                                      4%                                                          stadtregion, Quelle: durchgeführte
                    Textiltechnik
                                     2%                                                           Recherche im Rahmen der Branchen-
                                                                                                  struktur- & Standortanalyse, Mehr-
          Bearbeiten und Trennen                                   31 %
                                                                                   45 %           fachnennungen möglich

                          Fügen                                    31 %
                                                                            39 %

               Additive Fertigung                         20 %
                                         6%

Beschichten (O berflächentechnik)                        19 %
                                                  13 %

                       Urformen                    15 %
                                                            23 %

Änderung von Stoffeigenschaften            7%
                                      3%
                                                                        Berlin | n = 298
                                                                        Brandenburg | n = 232

Absatzpotenzial in der Hauptstadtregion                                   Dem Schienenfahrzeugbau wird bundesland-
                                                                          und zielgruppenübergreifend ein hohes Absatz-
Im Rahmen der Onlinebefragung wurde in                                    potenzial in der Hauptstadtregion zugesprochen,
einem ersten Schritt das Absatzpotenzial in den                           dem Schiffbau dagegen ein niedriges. Aus
einzelnen Branchen in der Hauptstadtregion                                Sicht der Brandenburger Unternehmen ist der
qualitativ eingeschätzt. Bezogen auf die einzel-                          Maschinen- und Anlagenbau in der Hauptstadt-
nen Bundesländer Berlin und Brandenburg und                               region ebenfalls ein attraktiver Markt. Der Auto-
die Zielgruppen sind die wichtigsten Ergebnisse                           mobilbau, welcher im Rahmen der Adressdaten-
nachfolgend zusammengefasst (vgl. Abb. 9).                                bank durch viele Institutionen abgebildet wurde,

                                             Aus Sicht                           Aus Sicht                       Aus Sicht
                                           Unternehmen                     Hochschule/Forschung         Netzwerke/Verbände/ Vereine

                                                                                                       • Luft- und Raumfahrt
                 Hohes                                              • Schienenfahrzeugbau
                                    • Schienenfahrzeugbau                                              • Schienenfahrzeugbau
                 Absatzpotenzial                                    • Bauwesen
                                                                                                       • Medizintechnik
 Berlin
                                                                                                       • Logistik
                 Niedriges
                                    • Schiffbau                     • Schiffbau                        • Bauwesen
                 Absatzpotenzial
                                                                                                       • Energietechnik

                                                                    •     Schienen-fahrzeugbau
                 Hohes              • Maschinen- und                •     Energietechnik
                                                                                                       • Schienenfahrzeugbau
                 Absatzpotenzial      Anlagenbau                    •     Luft- und Raumfahrt
 Brandenburg                                                        •     Logistik

                 Niedriges
                                    • Schiffbau                     • Schiffbau                        • Schiffbau
                 Absatzpotenzial

Abb. 9: Leichtbauabsatzpotenziale innerhalb der verschiedenen Branchen in der Hauptstadtregion, Quelle: durchgeführte Befragung
im Rahmen der Branchenstruktur- & Standortanalyse (Definition hohes Absatzpotenzial: Branche/n mit der/den höchsten Nennung/en,
niedriges Absatzpotenzial: Branche mit den wenigsten Nennungen)
                                                                                                                                       14
Potenzialanalyse Leichtbau

wird eher mit einem durchschnittlichen Absatz-                          seiten zu Hochschulen in der Hautstadtregion
potenzial eingeschätzt. Dies kann mit der hohen                         recherchiert.
Anzahl an Unternehmen in dieser Branche
und der damit starken Konkurrenzsituation zu-                           Im Rahmen der Recherche wurden 33 Arbeits-
sammenhängen.                                                           gruppen und Institute an Universitäten, Hoch-
                                                                        schulen und außeruniversitären Forschungsein-
                                                                        richtungen mit ausgeprägtem Leichtbaubezug
b. Charakterisierung der Forschungs-                                    identifiziert. Bei den dort verorteten Technologie-
   landschaft in der Region                                             feldern dominieren Modellierung und Simulation,
                                                                        gefolgt von Design und Auslegung. Bei
Eine Übersicht mit 24 namhaften und inter-                              den Materialien sind biogene Werkstoffe
nationalen Hochschulen und Forschungsein-                               prominent vertreten, was unter anderem an
richtungen mit Leichtbaubezug in der Region                             der Bündelung von Kompetenzen im Bereich
Berlin-Brandenburg ist in Abb. 10 dargestellt. Die                      „Holz“ liegt. Metalle, Kunststoffe und Verbund-
Informationen wurden auf den jeweiligen Seiten                          materialien bilden weitere Materialschwer-
der Forschungsinstitutionen sowie auf Übersichts-                       punkte in der Forschung (vgl. Abb. 11).

Berlin                                                                                                 Brandenburg
Hochschulen                                                                                            Hochschulen

 1                         5                                                                            1

                                                                                                        2
 2                         6

                                                                                                        3
 3                         7

                                                                                                        4
                                                                                       4

 4
                                                                   1   2    3     4
                                                                                                        5
                                                                   5    6   7     8

Forschungseinrichtungen                                9
                                                           11
                                                            3 17
                                                               6
                                                                 9 10 11 12

                                                   2               13 14 15                             6
                                                            8                     18
                                                                                   7
                                                                             14
                                                                              5
 8                         9

                                                                                                        7
                                                                                                 1
10                        11
                                                                                                       Forschungseinrichtungen

 12                       13
                                                                                                        8

14                        15                                Quelle: Eigene Recherche im Rahmen der
                                                                                                        9
                                                                 Branchenstruktur- & Standortanalyse

Abb. 10: Ausgewählte Leichtbau Forschungsakteure in der Hauptstadtregion, Quelle: eigene Recherche

                                                                                                                             15
Potenzialanalyse Leichtbau

         Aufgliederung nach Technologiefeld | n = 33

    Modellierung & Simulation                                                                      24

          Design & Auslegung                                    19

    Mess-, Test- & Prüftechnik                         13

          Funktionsintegration                     9

                Anlagenbau &
        Fertigungsoptimierung                  8

     Verwertungstechnologien               3

 Additive Fertigungsverfahren          2

  Weitere Fertigungsverfahren      1
     (Umformen, Beschichten
        (O berflächentechnik))
Abb. 11: Technologie- und materialspezifische Schwerpunkte der regionalen Forschung. Quelle: eigene Recherche von Instituten an
Universitäten, Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen mit ausgeprägtem Leichtbaubezug, Mehrfachnennungen
möglich

Überblicksartig wurde ebenfalls eine Recherche                                 schaftslandschaft in der Hauptstadtregion.
nach dem Publikationsindex (h-index) erstellt;                                 Darüber hinaus wurde die Attraktivität der
diese erfolgte über die Datenbank Scopus.                                      Hauptstadtregion hinsichtlich der Bildungsan-
Der h-Index ist eine Kennzahl für die welt-                                    gebote beurteilt. Hierzu wurden die Zahlen von
weite Wahrnehmung der wissenschaftlichen                                       Absolventen der MINT-Studiengänge der Jahre
Publikationen in Fachkreisen, basierend auf                                    2016 bis 2019 herangezogen (Abb. 12). Wird
bibliometrischen Analysen. Bei der Bewertung                                   der Fokus auf die Schwankungen im Zeitver-
des h-Index wurde zugrunde gelegt, dass                                        gleich gelegt, sind die Zahlen der Abschlüsse
ein Indexwert von 60 und höher eine Persön-                                    an Universitäten und Hochschulen in Berlin und
lichkeit von einzigartigem wissenschaftlichen                                  Brandenburg am stabilsten. Dies bestätigt den
Renommee auszeichnet. Ein Indexwert von 40                                     guten Ruf der Hochschuleinrichtungen über
charakterisiert bereits eine Persönlichkeit von                                einen langfristigen Zeitraum.
großer wissenschaftlicher Exzellenz, wie sie nur
an herausragenden Einrichtungen zu finden ist;
                                                                                                 10 %
                                                                 Prozentuale Entwicklungen der

ein Indexwert von 20 steht für einen sehr erfolg-                                                 5%
                                                                      Studierendenzahlen

reichen Wissenschaftler. Im Kontext „Leichtbau/                                                    0%
Materialforschung“ wurden in der Hauptstadt-                                                      -5 %
                                                                                                      2016              2017                 2018              2019

region an der Technischen Universität Berlin, der                                                -10 %

Humboldt-Universität, der Universität Potsdam                                                    -15 %

und dem Paul-Drude-Institut für Festkörper-                                                      -20 %
                                                                                                                                Jahre
elektronik insgesamt drei Wissenschaftler mit
                                                                                                   BW        Bayern   Berlin   Brandenburg          NRW   Sachsen
einem h-Index von > 60 und weitere drei Wissen-
schaftler mit einem h-Index von > 40 identifiziert.
                                                                               Abb. 12: Absolventen in den                               MINT-Studiengängen,
Dies belegt nochmals die Exzellenz der Wissen-                                 Quelle: Statista, eigene Darstellung
                                                                                                                                                               16
Potenzialanalyse Leichtbau

Der deutschlandweite Rückgang der MINT-Ab-                    Berlin
                                                                             12 %       15 %
schlüsse zwischen 2017 und 2019 ist möglicher-                 n = 35
                                                                        6%
weise auf die gute Konjunktur zurückzuführen,
                                                                                                          44 %
wodurch Studierende auch ohne Abschluss in                                                              große bis
den Arbeitsmarkt eintraten. Zudem könnten                                                    29 %      sehr große
                                                                        38 %
Studierende das Studium und den Abschluss                                                              Bedeutung

ins Ausland verlegt haben oder weiterführende
Praxiserfahrungen wurden in den Fokus gerückt
[HB 2019].                                               Brandenburg
                                                               n = 24           9% 5%
                                                                                             9%
Mit Blick auf die Angebote der Studiengänge im
                                                                                                          36 %
Leichtbau fällt auf, dass die Schlüsseltechno-
                                                                                                        große bis
logie in der Hauptstadtregion wie auch mehr-                                                           sehr große
heitlich in den anderen Bundesländern vor                               50 %                 27 %      Bedeutung

allem modulhaft in ausgewählte Studiengänge
integriert ist. Dies erlaubt zum einen eine be-
darfsorientierte Ausbildung, bedingt aber zum
anderen eine gezielte Ansprache und Information            s ehr groß    groß       mittel     klein   s ehr klein
der jeweiligen Zielgruppen oder eine Bündelung
von Informationen vorhandener Leichtbau-               Abb. 13: Einschätzung der Rolle der Forschungs-/Hoch-
                                                       schullandschaft im Bundesvergleich im Rahmen der Online-
module in den jeweiligen Hochschulen. Beispiele        befragung, Quelle: durchgeführte Befragung im Rahmen der
                                                       Branchenstruktur- & Standortanalyse
wurde auf der Website „Studieren in Berlin und
Brandenburg“ recherchiert [FUB 2021]. Ein Bei-
spiel für die Hauptstadtregion sind die Lehrver-
anstaltungen Leichtbau, Faserverbundleichtbau          Dieses Kriterium wird im Übrigen von allen ab-
sowie Betriebsfestigkeit von Leichtbaustrukturen       gefragten Kriterien im Kontext „Rolle der Region
des Instituts für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin.   Berlin-Brandenburg      im     Bundesvergleich“
                                                       am positivsten bewertet, was zeigt, dass die
Die im Rahmen der Studie durchgeführte Be-             Hochschul- und Forschungslandschaft von den
fragung ergibt ebenfalls ein positives Bild der        Akteuren entsprechend wahrgenommen wird.
Forschungslandschaft in der Hauptstadtregion           Die befragten Experten teilen ebenfalls die
(vgl. Abb. 13): Die Befragten geben an, dass die       Einschätzung, dass die Hauptstadtregion über
Hochschul- und Forschungslandschaft sowohl             eine starke Forschungslandschaft verfügt. Den
in Berlin als auch in Brandenburg im Bundes-           weiteren Ausbau der Forschungsinfrastruktur
vergleich eine große Rolle spielt, wobei diese         sehen 55 % der Berliner Befragten und 48 % der
in Berlin noch einmal stärker als in Branden-          Brandenburger Befragten als hilfreich an, um
burg eingeschätzt wird. So schätzen 44 % der           den Standort Berlin-Brandenburg im Bundesver-
Berliner und 36 % der Brandenburger Befragten          gleich voranzubringen. Diese Tendenz ist auch in
die Stellung der Region im Bundesvergleich als         der zielgruppenspezifischen Auswertung bei den
„sehr groß“ bis „groß“ ein.                            Unternehmen erkennbar.

                                                                                                                 17
Potenzialanalyse Leichtbau

Insgesamt verdeutlichen die Ergebnisse, dass          übergreifenden Innovationsprozess der
die Wissenschaft in der Hauptstadtregion in           Akteure aus der Energietechnik zu unter-
leichtbaurelevanten Themenfeldern wie bspw.           stützen und voranzutreiben. Die Bündelung
Werkstoff- und Oberflächentechnik, Füge-              als Clustersoll dazu beitragen gemeinsam
technik, Konstruktion und Fertigung, Material-        Lösungen und Ideen zu entwickeln, um
forschung und Sensorik sehr gut aufgestellt           Energie ressourcenschonend zu erzeugen,
ist; ein Schwerpunkt ist dabei die Material-          intelligent zu verteilen, sinnvoll zu speichern
forschung. Die regionalen Unternehmen können          und effizient zu nutzen. Die Technologie-
daher von Know-how und Technologietransfer            felder des Clusters lassen sich auf die Be-
speziell bei neuen Materialien profitieren, denn      reiche erneuerbare Energien, Energienetze
diese werden zukünftig ein wichtiger Bereich für      und -speicher, Energieeffizienz sowie Turbo-
Innovation sein (vgl. Kapitel 4d, zukünftige Ent-     maschinen und Kraftwerkstechnik zurück-
wicklungsschwerpunkte).                               führen. Leichtbaubezug besteht zum einen
                                                      im Bereich der erneuerbaren Energien- und
                                                      zwar unter anderem in der Photovoltaik
c. Charakterisierung der Netzwerke und                (leichte Trägerstrukturen) und Windkraft
   Cluster in der Region                              (leichte Rotorblätter). Darüber hinaus hat der
                                                      Bereich Energieeffizienz des Clusters Schnitt-
Die Hauptstadtregion bündelt ihre Wachstums-          mengen mit dem Leichtbau, z. B. in Form von
branchen und Schlüsseltechnologien in ver-            innovativen und leichten Dämmmaterialien
schiedenen Clustern, die in der Hauptstadtregion      für Gebäude. Im Cluster finden sich somit
eng verzahnt sind und bundeslandübergreifend          potenzielle Anwender für Leichtbauprodukte.
kooperieren [BP 2021] [MWAE 2021a]. Im
Rahmen der gemeinsamen Innovations-                 • Cluster Gesundheitswirtschaft:
strategie der Länder Berlin und Brandenburg           Ein Ziel des Clusters Gesundheitswirtschaft
wurden fünf gemeinsame Cluster (Verbünde              ist es, Cross-Cluster-Innovationen anzu-
von Unternehmen und Institutionen in wichtigen        stoßen. Im „Masterplan Gesundheitsregion
Wachstumsfeldern) sowie vier brandenburg-             Berlin-Brandenburg“ [CGB 2020] wird
spezifische Cluster initiiert [MWAE 2021b].           bspw. explizit auf das Synergiepotenzial der
Diese werden von Clustermanagements betreut,          auf Materialien spezialisierten Cluster in
welche an die jeweiligen Wirtschaftsförderungen       der Region verwiesen (Metall, Kunststoff). Im
angeschlossen sind. Die für den Leichtbau             Kontext Medizintechnik lassen sich Leicht-
relevanten Cluster werden nachfolgend kurz be-        baubezüge im Bereich der Materialien
schrieben, mögliche Verknüpfungen zum Leicht-         herstellen, z. B. bei der Herstellung von
bau werden beispielhaft gezogen.                      Prothesen oder der Anwendung der Ad-
                                                      ditiven Fertigung in der Endoprothetik.
Länderübergreifende Cluster (Berlin-
Brandenburg):                                       • Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft:
                                                      Ein Fokusthema des Clusters im Bereich der
  • Cluster Energietechnik:                           Datenverarbeitung ist Künstliche Intelligenz
    Das Ziel des Clusters ist es, den länder-         (KI). Das Clustermanagement unterstützt
                                                                                                   18
Potenzialanalyse Leichtbau

    hier insbesondere bei der Erhöhung der          Cluster Brandenburg:
    Zugänglichkeit für KMU, z. B. durch „KI as
    a service“ sowie durch die Unterstützung          • Cluster Ernährungswirtschaft:
    beim Auf- und Ausbau von Qualifizierungs-           Ein zentrales Handlungsfeld des Clusters
    angeboten im Bereich KI [CIMK 2020].                ist mit dem Titel „technische Innovationen
    KI ist eine wichtige Komponente im Be-              vom Feld zum Teller“ bezeichnet und be-
    reich Design & Simulation des Leichtbaus            inhaltet den Bereich Verpackung [CEB
    sowie der Digitalisierung von Produktions-          2014]. Der Bezug zum Leichtbau besteht
    prozessen. Daher ist hier ein direkter Bezug        hier einerseits in Ansätzen zur Gewichts-
    zum Leichtbau vorhanden, denn Cluster-              reduzierung bei Verpackungen, was sich
    akteure mit entsprechenden Kompetenzen              wiederum auf die CO2-Bilanz des Trans-
    können als Anbieter für digitale Techno-            ports auswirkt. Andererseits wird am Markt
    logien im Leichtbau fungieren.                      leichter, biologisch abbaubarer Ersatz
                                                        für erdölbasierte Schäume benötigt. Dies
  • Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik:            stellt in Verbindung mit biogenen Werk-
    Das Cluster versteht sich sowohl hinsicht-          stoffen ebenfalls ein Leichtbauthema dar.
    lich der Verkehrsträger (Straße, Schiene,           Im Cluster Ernährungswirtschaft finden sich
    Wasser und Luft) als auch hinsichtlich der          somit Anwender von Leichtbauprodukten.
    Wertschöpfungsketten für Verkehr, Mobili-
    tät und Logistik als Ansprechpartner für alle     • Cluster Kunststoff und Chemie:
    interessierten Akteure. Im Masterplan des           Das Handlungsfeld 3 des Clusters ist
    Clusters wird Leichtbau als Innovations-            mit „Kunststoffverarbeitung und Leicht-
    thema direkt benannt [CVML 2020] ebenso             bau“ betitelt und beinhaltet unter
    wie die Additive Fertigung.                         anderem die Entwicklung nachhaltiger
                                                        Leichtbaumaterialen, funktionsintegrativen
  • Cluster Optik und Photonik:                         Leichtbau, Multi-Material-Design, Ad-
    Im Anwendungsfeld „Produktionstechno-               ditive Fertigung, Re-Use & Recycling sowie
    logien“ des Clusters fungieren Laser-               Leichtbau im Bauwesen [KUC 2020]. Das
    schweißen und -schneiden als „Enabler“.             Cluster vereint somit wichtige Anbieter für
    Beide Fertigungstechnologien spielen                Leichtbaumaterialien und -technologien.
    im Leichtbau eine zentrale Rolle. Ein
    Forschungs- und Entwicklungsziel des              • Cluster Metall:
    Clusters ist darüber hinaus die Additive            Das Handlungsfeld 4 („Innovationswerk-
    Laserfertigung in Serie, wo ebenfalls ein           statt“) des Clusters befasst sich unter
    direkter Bezug zum Leichtbau herzustellen           anderem mit verbesserten Produkteigen-
    ist [COP 2019]. Das Cluster bündelt somit           schaften; in diesem Kontext ist Leichtbau
    unter anderem Anbieter von Leichtbau-               explizit als Eigenschaft benannt [CMB
    technologien.                                       2020]. Weiterhin unterstützt das Cluster
                                                        die Schaffung neuer wissenschaftlicher
                                                        Grundlagen und Technologien im Bereich
                                                        neue Werkstoffe (Verbund- und Hybrid-
                                                                                                 19
Potenzialanalyse Leichtbau

      werkstoffe sowie „smarte“ Materialien).                       und „Kunststoff und Chemie“, da dies wichtige
      Das Cluster führt darüber hinaus ge-                          Materialien für Leichtbautechnologien sind.
      meinsame Aktivitäten mit dem LMB – Netz-
      werk Leichtbau Metall Brandenburg durch.                      Im Rahmen der Onlinebefragung wurde be-
                                                                    leuchtet, welche Mehrwerte in einem Netz-
Institutionen mit Leichtbaubezug sind darüber                       werk besonders benötigt werden, um das An-
hinaus vielfach in branchenorientierten Netz-                       gebot ggf. besser abstimmen zu können. In der
werken, Verbänden oder Initiativen aktiv und                        Gesamtsicht für die Hauptstadtregion Berlin/
können über diese Verbünde konzertiert und                          Brandenburg spielt vor allem der Informations-
effizient kooperieren und Wissen transferieren.                     austausch und Wissenstransfer mit 88 % die
Insgesamt sind in Berlin und Brandenburg ca. 60                     größte Rolle, gefolgt von der Vernetzung mit
Verbünde aus den o. g. Branchen angesiedelt,                        Gleichgesinnten (64 %) und der Suche nach
von denen nahezu die Hälfte einen direkten                          geeigneten Kooperations- und Systempartnern
oder indirekten Bezug zum Leichtbau hat (vgl.                       (55 %). Die Begleitung und Beratung bei der Er-
Abb. 14). Die Ergebnisse der im Rahmen der                          stellung von Projektskizzen und Anträgen wird
Studie durchgeführten Recherche zeigen deut-                        nicht sehr stark nachgefragt (18 %).
lich die Vielfalt der einzelnen Netzwerke und Ver-
bünde mit Leichtbaubezug. Die übergeordnete                         Weitere Bedarfe können beim Zugang zu Fach-
Clusterstrategie der Hauptstadtregion erlaubt                       kräften und der Bündelung von Kompetenzen
darüber hinaus eine bedarfsorientierte netz-                        identifiziert werden. Diese Tendenz bestätigt sich
werkübergreifende synergetische Vernetzung.                         bei einer separaten Betrachtung der Ergebnisse
Besonders relevant für den Leichtbau in der                         für Berlin und Brandenburg.
Hauptstadtregion sind die Cluster „Metall“

                                                                                               BRANDENBURG

                                                                                               BERLIN

Abb. 14: Übersicht über regional und überregional agierende Berliner und Brandenburger Netzwerke mit einem Schwerpunkt im Leicht-
bau. Quelle: eigene Recherche im Rahmen der Branchenstruktur- & Standortanalyse
                                                                                                                              20
Potenzialanalyse Leichtbau

d. Potenzialanalyse: Bedarfe der                                                                              Die treibenden Faktoren zum Einsatz von Leicht-
   regionalen Leichtbauakteure                                                                                bautechnologien in der Hauptstadtregion ins-
                                                                                                              gesamt sind vor allem die Gewichtsreduktion
Die nachfolgenden Erläuterungen beschreiben                                                                   (78 %), die Energie- und Ressourceneffizienz
die Ergebnisse der durchgeführten Online-                                                                     (60 %) und die Nachhaltigkeit6 (58 %). Die
befragung.                                                                                                    Realisierung neuer Prozesse bzw. die Prozess-
                                                                                                              verbesserungen sind mit 29 % am wenigsten ge-
        • Treiber für den Einsatz von Leichtbau-                                                              nannt (vgl. Abb. 16). Im Bereich Sonstiges wurde
          produkten:                                                                                          die Erreichung der Klimaschutzziele genannt.
          Aktuell messen 50 % der Befragten dem                                                               Dieser Bedarf wird bereits durch die beiden
          Leichtbau eine hohe bis sehr hohe wirt-                                                             Faktoren Energie- und Ressourceneffizienz sowie
          schaftliche Bedeutung bei (vgl. Abb. 15).                                                           Nachhaltigkeit sehr gut bedient.
          Zukünftig wird dieser Anteil mit 78 % noch
          höher liegen. Dabei liegt nahezu eine Ver-
          dopplung in der Kategorie „sehr hoch“ vor,                                                            aktuell        18 %                   32 %                          30 %          18 %        1%

          während der Anteil von „niedriger“ bis „sehr
                                                                                                              zukünftig                33 %                                  45 %               16 %         5%
          niedriger“ Bedeutung von 19 % auf 5 %
          sinkt. Um der weiter steigenden wirtschaft-                                                                                                      Häufigkeit in % | n = 76

          lichen Bedeutung für die Hauptstadt-                                                                                      sehr hoch       hoch            mittel          niedrig   sehr niedrig

          region gerecht zu werden, sind geeignete                                                            Abb. 15: Einschätzung der wirtschaftlichen Bedeutung des
                                                                                                              Leichtbaus, Quelle: durchgeführte Befragung im Rahmen der
          Strategien und Maßnahmen auszuloten,                                                                Branchenstruktur- & Standortanalyse
          um dieses Potenzial heben zu können.

                                                                                                                                                                         69 %
                                          Gewichtsreduktion
                                                                                                                                                                                       79 %

                                                                                                                                                    55 %
                       Energie- und Ressourceneffizienz
                                                                                                                                                      57 %

                                                                                                                                        47 %
                                               Nachhaltigkeit
                                                                                                                                                             61 %

                                                                                                                                43 %
                                             Kostenreduktion
                                                                                                                                43 %

                                                                                                                                            49 %
                                      Produktverbesserung
                                                                                                                             39 %

                                                                                                       22 %
                   Prozessverbesserung/neue Prozesse
                                                                                                                    32 %

                                                                                                                                     45 %
                Neue Materialien/Materialkombinationen
                                                                                                                                             50 %

                                                                                    6%                                                                        n = 77, davon
                                                      Sonstige                       7%                                                                       Berlin | n = 49
                (Klimaschutz, Interesse Forschung, Potenziale als                                                                                             Brandenburg | n = 28
                                     Game-Changer-Technologie)

Abb. 16: Treibende Faktoren zum Einsatz von Leichtbautechnologien, Quelle: durchgeführte      Befragung im Rahmen der Branchen-
                                                                                   n = 77, davon
                                                                                   Berlin | n = 49
struktur- & Standortanalyse, Mehrfachnennungen möglich                             Brandenburg | n = 28

6
    Nachhaltigkeit im Sinne von: Lebensdauer, Re-Use, Kreislauffähigkeit von Materialien, Footprints für Leichtbaulösungen
                                                                                                                                                                                                                  21
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