NUTZTIERHAL TUNG IM KASTRATION BEIM FERKEL UND MÖGLICHE ALTERNATIVEN - INTERNATIONALE ...
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Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung Nutztierhaltung im F o k u s Kastration beim Ferkel und mögliche Alternativen. THEMEN SOMMER 2014 Aus Europa Aktueller Stand des europaweiten Ausstiegs aus der betäubungslosen Ferkelkastration. >> Seite 5 Aus dem Forscherbüro Aus Tierschutzgründen muss die betäubungslose Ferkelkastration kritisch hinterfragt werden. Forscher stellen aktuelle wissenschaftlich fundierte Projekte vor. >> Seite 8 Aus der Bibliothek Vorstellung internationaler Publikati- onen zur Thematik „Ferkelkastration und mögliche Alternativen“. >> Seite 32 Informationsbroschüre der IGN e.V. über die aktuellen Ergebnisse aus der Tierschutzforschung Bereich Huhn, Rind, Schwein.
E D I T O R I AL I N H AL T Editorial Inhaltsverzeichnis Sehr geehrte Damen und Herren, Abschließend folgen ein Interview mit Wir möchten Ihnen mit unserer ersten Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 einem IGN-Mitglied sowie aktuelle Infor- NUTZTIERHALTUNG IM FOKUS einen mit Freude stellen wir Ihnen mit der ersten mationen wie z.B. Tagungen zum FOKUS- Überblick zu dieser komplexen Thematik Ausgabe der NUTZTIERHALTUNG IM Thema, die die NUTZTIERHALTUNG IM verschaffen. Dabei bringen wir Ihnen nicht Aus Europa FOKUS die neue periodische Informati- FOKUS abrunden. Dieses Periodikum steht nur die rechtliche Seite näher, sondern zei- onsschrift der Internationalen Gesellschaft Der europäische Ausstieg aus der betäubungslosen chirurgischen Ferkelkastration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Ihnen über die Homepage der IGN (www. gen auch die Vor- und Nachteile sowie für Nutztierhaltung vor. Mit der NUTZTIER- http://www.ign-nutztierhaltung.ch) als PDF- den aktuellen wissenschaftlichen Stand der Rechtliche Grundlagen und Praxis in verschiedenen Ländern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 HALTUNG IM FOKUS haben wir es uns Datei zum Herunterladen frei zur Verfügung. verschiedenen Alternativmethoden auf. Der zum Ziel gemacht, Themenschwerpunkte FOKUS der IGN liegt in der Förderung der Aus dem Forscherbüro im Zusammenhang mit der tiergerechten In dem vorliegenden 1. Heft geht es um Verbesserung des Tierwohls und damit der Haltung von (Nutz)-Tieren aus verschiede- das FOKUS-Thema `Kastration beim Fer- Wirkungsweise der Impfung gegen Ebergeruch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Förderung tiergerechter Haltungssysteme nen Blickwinkeln umfassend aufzuarbeiten. kel und mögliche Alternativen´. Die be- bzw. des tiergerechten Umgangs mit der Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Der aktuelle Wissensstand soll mit Beiträ- täubungslose chirurgische Kastration ist sich in unserer Obhut befindlichen (Nutz)- gen von mit Tierhaltungsfragen befassten ein schmerzhafter Eingriff, dem jährlich Forschung zur Kastrationsfrage in Österreich auf „Sparflamme“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Tiere. Fachpersonen im Vollzug und der Praxis ca. 100 Mio. Ferkel in Europa erleiden in kompakter und überschaubarer Form müssen. Die immer stärker werdende öf- Hierfür ist es unseres Erachtens eine wich- Ist Ebermast möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 zur Verfügung gestellt werden. Einleitend fentliche Diskussion um Alternativen zur tige Maßnahme, ALLE Personen, die in ir- Möglichkeiten zur Minimierung des Ebergeruchs in der Jungebermast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 werden die rechtlichen Grundlagen zur konventionellen Ferkelkastration, welche gendeiner Weise mit (Nutz)-Tieren zu tun jeweiligen Fragestellung ausgelegt. In dem zuerst aus der Schweiz und den Nieder- haben, fachlich fundiert zu informieren. An Zucht gegen Ebergeruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Kapitel `Aus dem Forscherbüro´ stellen wis- landen auf die EU-Länder zukam, hat in den Hochschulen und Universitäten wird senschaftliche Arbeitsgruppen, die sich mit einigen Ländern ein Umdenken bewirkt vermehrt im Bereich der Tierhaltung, dem Aus der Praxis der Schwerpunktthematik befassen, die und dazu geführt, das (freiwillige) Fristen Tierschutz und dem Verhalten von Tieren Ergebnisse ihrer Forschungen dem interes- zu einem kontinuierlichen Ausstieg aus der geforscht, jedoch sind nicht jedem die Er- Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration aus Sicht einer Landestierschutzbeauftragten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 sierten Leser anschaulich und verständlich betäubungslosen chirurgischen Ferkelkas- gebnisse zugänglich oder verständlich. vor. Im Kapitel `Aus der Bibliothek´ werden tration führen werden. Dies geht jedoch Aus der Bibliothek Wir hoffen, dass dieses Schwerpunktheft themenrelevante Publikationen aus internati- nicht ohne Alternativen und zahlreiche wis- einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung Praxis der Ferkelkastration in Europa. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 onal renommierten Zeitschriften zusammen- senschaftliche Arbeitsgruppen widmen sich des Tierwohls von Ferkeln leistet, indem wir gefasst. diesem Thema. Kastrationsbedingte Schmerzen bei Schweinen und anderen Nutztieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 alle relevanten Informationen zur Kastration zusammengetragen haben und versuchen, Tierschutzrelevante Implikationen der chirurgischen Ferkelkastration sowie ihrer Alternativmethoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 die Lücke zwischen Wissenschaft und Pra- Die Qualität von Eberfleisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 xis zu schließen. Können wir mit unserer NUTZTIERHALTUNG IM FOKUS ein Um- Der Einfluss von sensorischen Eigenschaften und Information auf die Einstellung von Verbrauchern denken oder selbst nur ein Nachdenken zur Kastration von Schweinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 bewirken und Möglichkeiten aufzeigen, Ressourceneffizienz und ökonomische Auswirkungen verschiedener Alternativmethoden im wie Verbesserungen machbar sind, sind Vergleich zur betäubungslosen Kastration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 wir auf dem richtigen Weg. Übersicht über die Analyse-Methoden zur Bestimmung von Ebergeruch im Fettgewebe von Schweinen: Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Die Notwendigkeit einheitlicher Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 beiden Redakteurinnen Frau Dr. Heike Biochemische, ernährungsphysiologische und genetische Einflussgrössen auf die Entstehung Schulze Westerath und Frau Dr. Antonia von Ebergeruch bei unkastrierten, männlichen Schweinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Patt herzlich bedanken. Beide haben durch ihre engagierte Arbeit wesentlich zum Ge- Das Wohlbefinden von Ebern kann durch Sozialisierung im Ferkelalter sowie eine stabile lingen der NUTZTIERHALTUNG IM FOKUS Gruppenzusammensetzung bis zur Schlachtung verbessert werden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 beigetragen. Ein besonderer Dank geht Alter versus Erfahrung: Konsistenz von Aggression und Aufreiten bei männlichen und weiblichen Schweinen . . . . . . . . . . . . . . . 36 selbstverständlich auch an alle Autorinnen und Autoren, die dieses Heft durch Ihre Bei- träge mit Leben und Wissen gefüllt haben. Aus dem Gerichtssaal Betäubungslose Ferkelkastration noch bis 2019 – ein Verstoß gegen Art. 20a GG?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Anna-Caroline Wöhr Präsidentin der IGN Aus der IGN Vorstellung eines IGN-Mitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Informationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2 I K a str ati o n bei m Ferke l u n d m ö g l i c he A l tern ativen . I 3
EINLEITUNG AU S E U R O PA AUS EUROPA mittels einer Konsumentenstudie zu Junge- Beendigung der chirurgischen Kastration Einleitung berfleisch Nachfrage und Akzeptanz der wurde u.a. das Vorhandensein allgemein Verbraucher zu erkennen. Als Fazit konnte anerkannter Methoden zur Feststellung von von ALCASDE ein schnelles Verbot der chi- Ebergeruch und zur Schnellerkennung von Der so genannte Ebergeruch (v. a. And- Aufgrund der gesellschaftlichen Diskussion Der europäische Ausstieg rurgischen Ferkelkastration nicht empfohlen Ebergeruch in Schlachtbetrieben gefordert. rostenon und Skatol) entsteht durch körper- sind wissenschaftlich fundierte Erkenntnis- aus der betäubungslosen werden, da weitere Studien zu Qualität Weiter wurde als notwendig erachtet, dass eigene Geruchsstoffe der Schweine, die se gefragt. Die chirurgische Kastration mit chirurgischen Ferkelkast- von Jungeberfleisch, Detektionsmethoden Produktionssysteme und Tierhaltungssyste- der innerartlichen Kommunikation dienen, Schmerzbehandlung ist nur als Zwischen- ration oder auch Folgenabschätzung für die Land- me vorhanden sind, die durch Sexualtrieb insbesondere im Zusammenhang mit dem schritt bis zum gänzlichen Verzicht auf die wirtschaft noch dringend nötig seien. und Aggressionen bedingte Verhaltens- Fortpflanzungsverhalten. Diese Geruchs- chirurgische Kastration anzusehen. Schwer- weisen bei Ebern auf ein Mindestmaß re- Anna-Caroline Wöhr (Dr. med.vet) In der „Erklärung von Noordwijk“ (Nov. stoffe reichern sich im Fettgewebe von ge- punkte in der Forschung liegen somit auf duzieren. Unterzeichner dieser Erklärung Veterinärwissenschaftliches Department, 2007) setzten die Niederländer dann schlechtsreifen Ebern an und der Geruch Untersuchungen zur Haltung, Management waren wichtige Handelspartner wie u.a. Lehrstuhl für Tierschutz, Verhaltenskunde, erstmals Fristen. Niederländische Einzel- des Fleisches wird bei Konsum als urin oder und Verhalten von intakten Jungebern, Füt- COPA-COGECA (European farmers and Tierhygiene und Tierhaltung, Tierärztliche händler wollten ab Januar 2009 nur noch fäkal beurteilt. Ca. 15 bis 30 % der z.B. terungsempfehlungen zur Skatol-Reduktion European agri-cooperatives), Danish Agri- Fakultät, Ludwig-Maximilians-Universität Fleisch von Tieren vermarkten, wenn die deutschen Bevölkerung können Androste- bzw. zur Proteinversorgung, Entwicklung culture and Food Council, DBV (Deutscher München, woehr@lmu.de Kastration unter Betäubung stattgefunden non nicht wahrnehmen, somit schmecken von Methoden zur Schlachtkörperbewer- Bauernverband), VDF (Verband der Fleisch- diese Personen auch keinen Ebergeruch, tung, Geruchsdetektion und Sensorik am Der europaweite Ausstieg aus der betäu- hat. Andere Partner aus Industrie, Gastro- wirtschaft e.V., Deutschland), HDE (Han- Skatol hingegen wird von jedem Men- Schlachthof sowie der Züchtung gegen bungslosen Ferkelkastration ist ein langer nomie und Großverbraucher unterstützten delsverband Deutschland), COV (Dutch schen wahrgenommen. International gese- Ebergeruch bzw. der Entwicklung einer Weg. Massgeblich in der historischen Ent- dieses Vorhaben. Die Mehrkosten der Kas- meat association), LTO Nederland (Dutch hen gibt es aber deutliche Unterschiede in Zuchtstrategie gegen Ebergeruch. Ein wei- wicklung sind der EU-Aktionsplan der Ge- tration unter Betäubung sollten über einen Federation of agricultural and horticultural der Wahrnehmung und der Akzeptanz von teres Forschungsfeld ist die Konsumenten- meinschaft für den Schutz und das Wohlbe- höheren Marktpreis ausgeglichen werden. Organisations), NVV (Dutch Union of Pig Ebergeruch. In England oder Portugal wird akzeptanz und die Wirtschaftlichkeit der finden von Tieren (2006 – 2010), PIGCAS In den Niederlanden werden die Ferkel Farmers), PROVIEH VgtM e.V. (Deutsch- Eberfleisch wesentlich besser akzeptiert als verschiedenen Alternativverfahren. (Piglet castration in Europe, 2007), AL- derzeit vom Landwirt mit einem CO2/O2- land), Eurogroup for Animals und ANPRO- in Frankreich, Schweden oder Deutsch- CASDE (Study on the improved methods Gemisch vor der Kastration mit einem Inha- Die Thematik ist sehr komplex und die Inter- GAPOR (National Association of Swine land. for animal-friendly production, in particular lations-Narkosegerät betäubt. Jedoch soll nationale Gesellschaft für Nutztierhaltung Producers, Spanien). on alternatives to the castration of pigs and die Betäubung nur eine Zwischenlösung Die Kastration männlicher Ferkel wird somit (IGN) hat es sich mit diesem Heft zur Auf- darstellen. Spätestens 2015 soll vollstän- on alternatives to the dehorning of cattle, Der aktuelle Stand zur betäubungslosen durchgeführt um den urinen oder fäkalen gabe gemacht, den aktuellen Forschungs- dig auf die Kastration verzichtet werden. 2009) und die Strategie der Europäischen Ferkelkastration in Europa zeichnet ein Geruch im Fleisch männlicher Tiere zu ver- stand sowie die Tendenzen in der Entwick- Union für den Schutz und das Wohlerge- sehr unterschiedliches Bild: in der Schweiz hindern. Die bisher üblichste Kastrations- lung von Alternativen zur betäubungslosen Ausgehend von den Niederlanden gab es hen von Tieren (2012 – 2015). Aber auch wurde die chirurgische Kastration ohne Be- methode bei Schweinen ist die chirurgi- Ferkelastration der interessierten Leserschaft auch in Deutschland dann seit dem Jahr diverse Fachtagungen und Workshops, täubung bereits ab dem 1. Januar 2009 sche Kastration. Es handelt sich um einen näher zu bringen. 2008 einen starken Druck des Handels so- Forderungen und Kampagnen von Tier- gesetzlich verboten. In Norwegen dürfen schmerzhaften chirurgischen Eingriff, bei wie der Tierschutzverbände und es wurde schutzorganisationen, sowie politische Dis- Ferkel seit 2002 nur noch mit Betäubung dem die Hoden entfernt werden. EU-weit gefordert, auf die chirurgische Kastration kussionen z.B. im Zusammenhang mit der kastriert werden. In Belgien kastrieren ca. werden jährlich über 100 Millionen Ferkel Nina Keil ohne Schmerzausschaltung oder Betäu- Überarbeitung des deutschen Tierschutzge- 80 % der Landwirte mit Verabreichung von betäubungslos kastriert. Anna-Caroline Wöhr bung zu verzichten. Dies führte zu der sog. setzes haben zu einem nicht unerheblichen Schmerzmitteln, ca. 15 % der Landwirte „Düsseldorfer Erklärung“ im September Aus Tierschutzgründen muss die betäu- Umdenken nicht nur von Tierschützern, son- nutzen die Immunokastration mit Improvac 2008: eine freiwillige Selbstverpflichtung bungslose Ferkelkastration kritisch beur- dern auch von Wirtschaftsvereinigungen und ca. 5 % der Landwirte mästen Junge- des Deutschen Bauernverbands (DBV), teilt werden; der Eingriff ist Gegenstand oder den Landwirten geführt. ber. Die Betäubung ist nur durch den Tier- des Verbands der Fleischwirtschaft (VDF) zahlreicher nationaler und internationaler arzt möglich, CO2 ist nicht zugelassen. Der PIGCAS (2007 – 2008) hatte zum Ziel sowie des Hauptverbands des deutschen Diskussionsrunden, verschiedener Studien Verzicht auf die chirurgische Kastration ist Informationen über die Kastrationspraxis Einzelhandels (HDE) sah vor, bei allen und es wurde und wird intensiv nach Al- für spätestens 2015 vorgesehen. In Dä- von männlichen und weiblichen Schwei- männlichen Ferkeln die Kastration nur noch ternativverfahren gesucht. Hier stehen der- nemark kastrieren ca. 99 % der Landwirte nen aufzuzeigen und zu bewerten. Mittels mit der routinemäßigen Anwendung eines zeit verschiedene Methoden im Fokus: Der mit Verabreichung von Schmerzmitteln und Fragebögen (295 Fragebögen aus 25 Schmerzmittels (Metacam 5mg®, einziges Eingriff kann unter Schmerzausschaltung ca. 1 % der Landwirte mästen Jungeber. In Ländern) kam man zu dem Schluss, dass hierfür zugelassenes Mittel) durchzuführen. vorgenommen werden. Andere Wege sind Frankreich kastrieren ca. 90 % der Landwir- in den meisten Ländern noch Ferkel kastriert Das Ziel war jedoch auch hier zukünftig auf die Zucht gegen Ebergeruch und die Imp- te mit Verabreichung von Schmerzmitteln werden, in manchen Ländern scheint man die Kastration gänzlich zu verzichten. fung gegen Ebergeruch, die sogenannten und ca. 10 % der Landwirte mästen Junge- jedoch auf die Kastration verzichten zu kön- Immunokastration. Eine weitere Alternative In der „Europäischen Erklärung über Al- ber. In den Niederlanden kastrieren etwa nen. Die Kastration unter Betäubung oder ist die Haltung von intakten Ebern. Mit freundlichem Dank an die ternativen zur chirurgischen Kastration bei mit der Verabreichung von Schmerzmitteln Unterstützer der IGN: Schweinen“ vom Dezember 2010, wurde erschien als zukunftsweisender Weg, ob- festgelegt, dass die chirurgische Kastration gleich zu dem damaligen Zeitpunkt selten Felix-Wankel-Stiftung, Züberwangen bei Schweinen ab dem 1. Januar 2012 angewandt. Stiftung zum Schutz von Haustieren, nur noch bei Verabreichung von Schmerz- Zürich Das Ziel der ALCASDE-Studie (2009) war und/oder Betäubungsmitteln und nach an- Alternativen zur chirurgischen Ferkelkast- erkannten Methoden durchgeführt werden Schweizer Tierschutz, Basel ration zu entwickeln und zu fördern, wie soll. Längerfristig soll dafür gesorgt wer- Zürcher Tierschutz, Zürich z.B. die Jungebermast, die Entwicklung von den, dass die chirurgische Kastration bei 4 Pfoten International, Wien Detektionsmethoden am Schlachtband für Schweinen bis zum 1. Januar 2018 ein- Deutscher Tierschutzbund e.V., Bonn geruchsauffällige Jungeberkarkassen und gestellt wird. Als Voraussetzungen für die 4 I AU S E U R O PA I 5
A u s E U R O PA 60 % der Landwirte unter Betäubung und/ Ablauf einer chirurgischen Kastration ihren Ausstieg aus dem Verkauf von Kastra- (Emmerich und Ungemach, 2003). Weil oder mit Verabreichung von Schmerzmitteln Rechtliche Grundlagen tenfleisch ab dem 1.1.2011 angekündigt Isofluran aber keine oder allenfalls eine ge- (bei Tieren, deren Fleisch für den Export 1 5 und Praxis in verschiede- und diesen mittlerweile auch vollzogen. ringfügig schmerzlindernde Wirkung hat, bestimmt ist). Gut 30 % der Landwirte mäs- muss den Tieren vor der Kastration zusätz- nen Ländern In Spanien und Portugal wird überwie- ten Jungeber (lokaler Markt oder UK). In lich ein Schmerzmittel verabreicht werden gend Ebermast betrieben. In Spanien ist Spanien ist die Akzeptanz von Fleisch von (z. B. das nichtsteroidale Antiphlogistikum Christoph Maisack (Dr. jur.) der Anteil kastrierter Ferkel zwischen 2006 Jungebern relativ gut, weshalb ca. 80 % Meloxicam, das etwa 5 – 10 Min vor der Stabsstelle Landesbeauftragte für und 2012 von 35 auf 18 % gesunken (to- der Landwirte Jungeber mästen (Schlacht- Narkoseeinleitung in den Muskel gespritzt Tierschutz in Baden-Württemberg, pagrar-online, 2012). gewicht ~ 80 kg). Das sind ca. 17 Mio. wird) (Deininger, 2009). christoph.maisack@mlr.bwl.de In Schweden konnte der Kastrationsanteil in Jungeber pro Jahr. Aber auch ca. 15 % der spanischen Landwirte kastrieren ohne der Zeit von 2006 bis 2012 wenigstens Literaturangaben: Mehrere europäische Länder haben die be- Schmerzmittel oder Betäubung und nur von 100 auf 80 % gesenkt werden. Deininger E, 2009. Ferkelkastration auf täubungslose Kastration wegen der damit ca. 2 % kastrieren mit Verabreichung von dem Prüfstand – aktueller Wissensstand 2 6 verbundenen Schmerzen und Leiden verbo- Ganz anders in Deutschland: Hier liegt Schmerzmitteln. Ca. 3 % der Landwirte nut- und Alternativen zur betäubungslosen Kas- ten. In anderen Ländern wird das Verfahren der Anteil betäubungslos kastrierter Ferkel zen die Immunokastration mit Improvac. Für tration aus Sicht des Tierschutzes, In: Der faktisch nicht oder jedenfalls zu einem weit immer noch bei 95 % (topagrar-online, traditionelle Schinkenherstellungsverfahren kritische Agrarbericht, 233-238. geringeren Prozentsatz als in Deutschland 2012). (Serano, Iberico, etc.) wird nach Lösungen angewendet. Emmerich IU, Ungemach FR, 2003. Arz- gesucht, da hierfür schwere Tiere benötigt Bei der Alternative „Ebermast“ ist der Eintritt werden. In Norwegen ist die Kastration von Fer- der Geschlechtsreife individuell verschie- neimittel zur Allgemeinanästhesie des keln seit 2003 nur noch unter Betäubung den. Deswegen können einzelne Tiere früh Schweins. Tierärztliche Praxis 31, 352-355. In Deutschland ist ab 2019 die betäu- erlaubt. geschlechtsreif sein. Im Schlachthof wer- Hucklenbroich C, 2007. Der Schmerz bungslose Ferkelkastration nicht mehr zu- den geschulte Personen als „Riecher“ ein- der Schweine, ZEIT-ONLINE, 19.8.2007 gelassen. Zurzeit kastrieren ca. 90 % der In der Schweiz dürfen Ferkel ebenfalls nur gesetzt, die geruchsauffällige Schlachtkör- http://www.zeit.de/2007/34/N-Fer- Landwirte mit Verabreichung von Schmerz- noch nach vorheriger Betäubung kastriert per nach vorher festgelegten, einheitlichen kelkastration/ mitteln, ca. 5 % der Landwirte mästen Jun- 3 7 werden. Nach Art. 14 des Eidgenössischen Kriterien aussortieren und – bei nicht allzu geber, etwa 1 % der Landwirte kastrieren Tierschutzgesetzes dürfen dort schmerzver- topagrar-online, 19. 12. 2012, „Holland starker Geruchsentwicklung – anderen Ver- unter Betäubung (spezielle Programme), ursachende Eingriffe nur unter allgemeiner kastriert nur noch jedes zweite männli- arbeitungen (z.B. als Wurst) zuführen. Die einige Landwirte nutzen die Immunokastra- oder örtlicher Schmerzausschaltung vorge- che Ferkel“ (http://www.topagrar.com/ drei führenden deutschen Schlachtunterneh- tion mit Improvac (in speziellen Projekten). nommen werden. Zwar kann der Bundes- news/Schwein-News-Schwein-Holland- men Tönnies, Vion und Westfleisch (mit ins- Im Mai 2012 haben die Schlachtunterneh- rat Ausnahmen bestimmen, und er hat dies kastriert-nur-noch) gesamt ca. 50 % Marktanteil) praktizieren men Tönnies, Vion und Westfleisch eine auch insoweit getan, als nach Art. 224 der dieses „Riechverfahren“ und garantieren Wageningen University, 18.03.2014, Abnahmegarantie für Jungeber ohne preis- Eidgenössischen Tierschutzverordnung das seit Mai 2012 allen Landwirten einen ab- „Significantly fewer pigs castrated over the lichen Abzug erklärt. betäubungslose Kastrieren für eine Über- zugsfreien Ankauf aller Jungeber, also auch past five years“ (http://www.wagenin- gangsfrist, die am 31.12.2009 geendet der geruchsauffälligen Tiere. Tönnies hat genur.nl/en/Expertise-Services/Research- hat, zugelassen war. Seither gilt aber das 4 8 bereits Anfang 2012 eine Abnahmegaran- Institutes/lei/show/Significantly-fewer- Betäubungsgebot. Die Ferkel werden z. T. tie ohne Preisabschläge für alle unkastrier- pigs-castrated-over-the-past-five-years.htm) mit Isofluran betäubt, z. T. findet auch Eber- ten Eber abgegeben. mast statt. Der Impfstoff Improvac® ist in der Schweiz ebenso wie in der EU zugelassen. Die Alternative „Impfung gegen den Eber- geruch“ (oder „Immunokastration“) wird mit In Großbritannien und Irland wird nicht dem seit Mai 2009 in der EU zugelassenen kastriert, sondern zu 100 % Ebermast be- Impfstoff Improvac®, durchgeführt. Dieses trieben. Das Gewicht der Tiere zum Zeit- Verfahren wird bereits seit 1998 in Australi- punkt der Schlachtung liegt mit knapp 100 en und Neuseeland erfolgreich praktiziert. kg relativ niedrig. Um zu verhindern, dass der Durchführende Fotos: Vetmeduni Wien In den Niederlanden haben die dortigen versehentlich selbst etwas von der Impfung Supermarktketten erklärt, ab dem Jahr abbekommt, hat Pfizer einen speziellen 2009 kein Fleisch mehr von betäubungs- Sicherheitsinjektor entwickelt, der bewirkt, los kastrierten Schweinen anzubieten. dass die Injektion erst auslösbar ist, wenn Als Folge davon ist der Anteil männlicher die Kanüle bis zum Anschlag im Gewebe Ferkel, die dort kastriert werden, von na- steckt (Hucklenbroich, 2007). Wartezeiten hezu 100 % in 2006 auf jetzt ca. 75 % zwischen Impfung und Verzehr gibt es zurückgegangen (Wageningen University, nicht, die Impfung beinhaltet keinerlei Ge- 2014). Diejenigen Ferkel, die dort noch fährdung der Lebensmittelsicherheit kastriert werden, werden vorher mit CO2 Die Alternative „Inhalationsnarkose mit Iso- betäubt. fluran“ wird u. a. in der Schweiz und in Eine den niederländischen Supermarktket- den deutschen NEULAND-Betrieben ange- ten ähnliche Verpflichtungserklärung haben wendet. Der Einsatz dieses Narkotikums auch die Firmen „McDonalds“ und „Burger beim Schwein ist nur durch den Tierarzt und King“ abgegeben. Sie haben im Juli 2009 nur unter bestimmten Bedingungen möglich 6 I AU S E U R O PA I 7
A u s d eM FO R S C H E R B Ü R O AUS DEM FORSCHERBÜRO Erfolg der Impfung ist eine zweimalige An- aggressiver und sexuell motivierter Verhal- Reversibilität der Impfung wendung: während das Immunsystem infol- tensweisen. Ein wichtiger Aspekt der Eber- ge der ersten Injektion sensibilisiert wird, impfung ist die Tatsache, dass ihre Wir- Antikörperspiegel beginnt nach der zweiten Injektion die Pro- kung reversibel ist (Abbildung 3). Sobald Wirkungsweise der duktion von Antikörpern. Die Wirkung der die Antikörper nicht mehr in ausreichender Ebergeruchspiegel Impfung gegen Ebergeruch Impfung tritt innerhalb einer Woche nach Menge vorhanden sind, normalisiert sich der zweiten Injektion ein. Neben den wei- die Hodenfunktion wieder, d.h. hormonelle Bei einer Impfung gegen Ebergeruch wird ter unten genannten Verhaltensänderungen Stimulation entspricht wieder der Darstel- die Hodenfunktion der Eber vorübergehend kann auch die äusserlich sichtbare Reduk- lung in Abbildung 1. Protektiver Antikörperspiegel gehemmt. Dies geschieht infolge einer akti- tion der Hodengrösse zur Erfolgskontrolle Untersuchungen in Bezug auf die Impfung ven Immunisierung gegen den im Hypotha- genutzt werden. gegen Ebergeruch werden häufig im Ver- lamus gebildeten Gonadotropin-Releasing- Neben einer Reduktion von Androstenon gleich zur chirurgischen Kastration und in- Faktor (GnRF). wird aber auch die Konzentration von Ska- takten Ebern durchgeführt. Vorherrschende GnRF steuert die Fortpflanzungsfunktion in tol, der anderen wichtigen Komponente zur Forschungsthemen sind dabei das Auftreten dem es die hypophysäre Bildung des Lute- Entstehung von Ebergeruch reduziert. Die- aggressiven Verhaltens, Fleischleisung und 2 4 6 8 10 12 inisierenden Hormons (LH) und des Follikel- se Wirkung wird indirekt auch durch die -qualität sowie die Akzeptanz der Verbrau- stimulierenden Hormons (FSH) bewirkt, wel- reduzierte Bildung von Sexualhormonen cher gegenüber den verschiedenen Syste- che wiederum die Hoden u.a. zur Bildung vermittelt, da infolge der reduzierten And- men. von Androstenon stimulieren (Abbildung 1). rostenonbildung die Androstenon-bedingte Hemmung eines Enzyms zum Skatolabbau Die beiden ersten Aspekte werden z.B. Durch eine Immunisierung gegen GnRF aufgehoben wird. auch in den Beiträgen auf S. 10 (Zöls), wird also die normalerweise stattfindende 20 (Bee) und 26 (Karpeles/Jäger) thema- ERSTE ZWEITE empfohlener Somit kann Skatol effizienter in der Le- tisiert. hormonelle Stimulation der Hoden vermin- ber metabolisiert werden. Zusätzlich zur IMPFUNG IMPFUNG Schlachtzeitpunkt dert und so der Entstehung von Ebergeruch http://www.ema.europa.eu/ema/index. Verminderung der Konzentrationen der ab der mindestens ca. 4 bis 6 Wochen entgegengewirkt (Abbildung 2). jsp?curl=pages/medicines/veterinary/ Ebergeruchskomponenten werden die 8. Lebenswoche 4 Wochen später nach der zweiten Impfung medicines/000136/vet_med_000130. Im Impfstoff wird ein synthetisches, hor- Eber durch die verminderte Synthese von jsp&mid=WC0b01ac058001fa1c monell nicht aktives GnRF-Analogon als Sexualhormonen unfruchtbar und zeigen Abbildung 3: Antikörperspiegel nach Impfung (Quelle: zoetis) Antigen eingesetzt. Voraussetzung für den Verhaltensänderungen, wie die Reduktion Antonia Patt Natürlicher GnRF Natürlicher GnRF Antigen Fruchtbarkeit Hypothalamus Libido Fruchtbarkeit Verhalten Hypothalamus Libido Androstenon Verhalten Androstenon Gehirn Gehirn Hypophyse Skatol Hypophyse Skatol Geschlechts- Antikörper LH und FSH hormone gebildet nach Geschlechts- LH und FSH 2. Impfung hormone Hoden Hoden Abbildung 1: Regulation Hodenfunktion (Quelle: zoetis) Abbildung 2: Wirkung der Impfung (Quelle: zoetis) 8 I AU S D E M FO R S C H E R B Ü R O I 9
A u s d eM FO R S C H E R B Ü R O unter Isoflurannarkose auf das 20-fache an Kastration nach Schmerzmittel- die intramuskuläre Applikation von Meloxi- und stellt damit eine erhebliche Belastung gabe cam zeigte die orale Verabreichung auch für die Tiere dar. Atemn- und Herzfrequenz Der erhebliche Cortisolanstieg am Kastra- in Kombination mit der oralen Eisensupple- der narkotisierten Ferkel sanken bereits 45 tionstag und die Verhaltensbeobachtungen mentierung. Sekunden nach CO2-Zufuhr deutlich unter- nach der Kastration zeigen, dass neben halb physiologischer Ruhewerte ab und die dem Schmerz während der Kastration Impfung gegen Ebergeruch Aufwachzeiten nach der Kastration diver- auch die anhaltenden Schmerzen nach der Zur Überprüfung der Auswirkungen einer gierten individuell erheblich. Kastration berücksichtigt werden müssen. Impfung gegen Ebergeruch wurden 215 Die präoperative Applikation der NSAIDs Kastraten und 215 Eber in einer Groß- Die Sedierung mit Brotizolam, einem Ben- Meloxicam und Flunixin reduzierte die gruppe gehalten. Die Eber wurden zwei- zodiazepin-Analogon reduzierte den hand- Cortisolkonzentration bereits 30 Min nach malig mit der GnRF-Vakzine Improvac® Ungeimpfte Eber (Foto: zoetis) Zwei Wochen nach 2. Impfung Schlachtkörper eines gegen Ebergeruch lingsbedingten Stress, konnte jedoch nicht (Foto: zoetis) geimpften Eber (Foto: zoetis) der Kastration signifikant (Abbildung 1). bei Masteinstallung und 4 Wochen vor die schmerzbedingte Stressreaktion nach Diese schmerzreduzierende Wirkung nach der Schlachtung vakziniert. Diese wiesen der Kastration verringern. der Kastration wurde in Verhaltensuntersu- bei der Schlachtung ebenso wie die chir- chungen bestätigt (Abbildung 2, Seite 12). urgisch kastrierten Tiere keine Geruchsbe- Kastration unter Kastration ersten Studie 2003 eine verzögerte Wund- So zeigten Tiere, denen 20 Min vor der lastung auf und bestätigten die Wirksam- Lokalanästhesie/Vereisung Alternativen zur Die durchgeführten Untersuchungen bestäti- heilung anhand von signifikant höheren Die Lokalanästhesie führte bei Ferkeln zu Kastration NSAIDs appliziert wurden, in keit der Vakzination mittels GnRF-Vakzine den ersten 3 h nach der Kastration weni- (Improvac®) auf die Geruchsbelastung von betäubungslosen Ferkel- gen den mit der Kastration verbunden mas- Wundscores und erhöhten Haptoglobin- erheblichem Injektionsschmerz während ger schmerzbedingte Verhaltensänderun- Ebern. Bis zur vollständigen Vakzination konzentrationen im Vergleich zu Ferkeln, kastration siven Schmerz nach der Kastration. Als Pa- der intratestikulären Injektion von Procain gen als konventionell kastrierte Tiere. Eine vor der Schlachtung traten bei bis dahin rameter diente zum einen die Konzentration die im Alter von 4 Tagen kastriert wurden. oder Lidocain ohne die Schmerzen der entsprechende Wirkung zeigte sich auch intakten Ebern, im Vergleich zu Kastraten, des Stresshormons „Cortisol“ im Serum 0,5 Eine weitere Untersuchung zur Belastung Susanne Zöls (Dr. med. vet.) Kastration messbar zu reduzieren. Die bei Tieren, denen im Zuge der Kastration während der Mastperiode deutlich häu- bis 24 Stunden nach dem Eingriff. Da Refe- des Schwanzkupierens zeigte im Vergleich Klinik für Schweine, Ludwig-Maximilians- Wundheilung wurde durch die intratestiku- zusätzlich die Schwänze kupiert und Ohr- figer aggressive Verhaltensweisen wie renzwerte für Schweine fehlen und Cortisol zur Kastration niedrigere Cortisolanstiege Universität München, s.zoels@lmu.de läre Lokalanästhie nicht beeinflusst. Auch marken eingezogen wurden und die eine Kämpfe und Verfolgungen sowie sexuelle bereits handlingsbedingt beeinflusst wird, nach dem Kupieren der Schwänze am 4. das Einträufeln von Lokalanästhetikum mit Eiseninjektion zur Eisensupplementierung Verhaltensweisen wie Aufreitversuche und Eine der Arbeitsgruppen der Klinik für Lebenstag mit einem Maximum erst nach dienten die Werte nicht kastrierter Tiere der Sperrkörper in den Wundspalt bzw. in erhielten. Auch die Mischung von Melo- Aufreiten auf. Nach der 2. Vakzination re- Schweine der Tierärztlichen Fakultät an einer Stunde. entsprechenden Würfe als Vergleich. Die einer weiteren Versuchsanordnung in den xicam und Eisen-Dextran um die Zahl der duzierten sich diese Verhaltensweisen der der LMU München beschäftigt sich mit Cortisolkonzentration der kastrierten Fer- Samenstrang reduzierte die Schmerzbelas- Injektionen zu reduzieren, beeinträchtigte intakten Eber auf das Niveau von Kastraten tierschutzrelevanten Fragestellungen der Kastration unter Betäubung kel stieg 30 Minuten nach der Kastration tung nach der Kastration nicht signifikant. weder die schmerzreduzierende Wirkung (Tabelle 1, Seite 12). Über die gesamte Schweinehaltung mit dem Schwerpunkt auf auf ein Maximum an und war noch 4 h Ein Vorteil der Inhalationsnarkose mit Iso- Ebenso führte die lokale Vereisung der von Meloxicam noch die Wirkung von Ei- Mastperiode hinweg wurden keine sig- routinemäßig durchgeführte zootechnische nach dem Eingriff erhöht (Abbildung 1) Die fluran ist die sehr kurze Nachschlafzeit im Skrotalregion vor der Inzision zu keiner Re- sen-Dextran. Es erhöhte die lokale Verträg- nifikanten Unterschiede zwischen beiden Maßnahmen wie Kastration und Schwanz- Schmerzbelastung nach der Kastration wur- Vergleich zur Injektionsnarkose mit Ketamin duktion der kastrationsbedingten Schmer- lichkeit der gut verträglichen Eiseninjektion Gruppen hinsichtlich der Gewichtsentwick- kupieren. Sowohl die Europäische Gesetz- de in Verhaltensbeobachtungen in den ers- und Azaperon. Das Narkosegas Isofluran zen. weiter. Eine vergleichbare Wirkung wie lung festgestellt. gebung als auch das Deutsche Tierschutz- ten 3 Stunden nach der Kastration anhand führte in eigenen Untersuchungen nach gesetz verbieten schmerzhafte Eingriffe einzelner Verhaltensparameter bestätigt 90 Sek. Einleitungszeit bei 5 Vol % über ohne Betäubung generell, jedoch sind ein- (Abbildung 2, Seite 12). In einer späteren eine Narkosemaske zur Hypnose und ei- vor 30 Min 1h 4h 24 h nach Fixation/Kastration zelne invasive Maßnahmen bei Nutztieren Untersuchung wurden das Säugeverhalten ner vollständigen Muskelrelaxation. Die 350 zumeist in den ersten Lebenstagen von der und die Zitzenposition der Ferkel unmit- Isoflurannarkose reduzierte jedoch den Betäubungspflicht ausgenommen. Dies führ- telbar vor und nach der Kastration vergli- schmerzbedingten Cortisolanstieg nach te in den letzten Jahren zu einer kritischen chen, um eine mögliche schmerzbedingte der Kastration nicht. Hingegen verringerte 300 und kontrovers geführten Diskussion bezüg- Belastung und damit eine Benachteiligung die Isoflurannarkose den handlingsbeding- lich routinemäßiger, schmerzhafter Eingriffe der Ferkel zu untersuchen. Jedoch konnten ten Katecholaminanstieg der kastrierten 250 bei Nutztieren und deren vertretbaren Be- anhand des Säugeverhaltens keine Hinwei- und nicht kastrierten Tiere signifikant. Un- tersuchungen aus Hannover (Waldmann et Cortisol (nmol/l) lastung. Daraus resultierte die Anpassung se auf schmerzbedingte Verhaltensänderun- des Deutschen Tierschutzgesetzes mit dem al., 2010; Höltig et al., 2012) zeigten an- 200 gen identifiziert werden. Die Ergebnisse vollständigen Verbot der betäubungslosen hand von EEG Auswertungen bei ca. 30 % dieser Verhaltensuntersuchungen und die Ferkelkastration ab 2019. der untersuchten Tiere eine ungenügende sehr uneinheitlichen Daten verschiedener 150 Narkosetiefe. Die Narkosetiefe konnte Ziel der Untersuchungen war es, Erkennt- Arbeitsgruppen verdeutlichen die Schwie- durch die Applikation von NSAID weiter nisse zu Belastung und Schmerzen durch rigkeit der Identifizierung und Interpretation erhöht werden. Wundheilung und Ge- 100 Kastration und Schwanz kupieren unter schmerzbedingter Verhaltensänderungen wichtsentwicklung wurden im Vergleich zur verschiedenen Narkose- (Inhalationsnar- beim Saugferkel. Übereinstimmend mit Er- Kastration ohne Narkose nicht beeinflußt. gebnissen anderer Studien wirkte sich die kosen, lokale Betäubung, Vereisung) und Bei der Verwendung eines Gasgemisches 50 Kastration der Ferkel in der ersten Lebens- Schmerzbehandlungsregimen (NSAIDs) zu von 70 % CO2 + 30 % O2 als Narkosegas woche nicht auf die Gewichtsentwicklung gewinnen. In weiteren Untersuchungen konnte, vergleichbar mit der Isoflurannarko- der Tiere während der Säugezeit aus. 0 wurden Wirksamkeit und Einfluss der im- se, keine Auswirkungen auf das Schmerz- Handling Kastration Kastration Kastration Kastration munologischen Kastration mit Improvac® Die Wundheilung war bei ca. 75 % der empfinden nach der Kastration festgestellt NaCl NaCl Flunixin Meloxicam Metamizol als Alternative zur chirurgischen Kastration Tiere 14 Tage nach der Kastration abge- werden. Die Katecholamin-Konzentration auf Verhalten, Wachstum und Geruch beim schlossen. Jedoch zeigten Ferkel die am im Blut stieg nach der CO2-Narkose im Ge- Schwein beurteilt. 28. Lebenstag kastriert wurden in einer gensatz zur Kastration ohne Narkose bzw. Abbildung 1: Cortisolkonzentration vor und nach Handling bzw. Kastration 10 I AU S D E M FO R S C H E R B Ü R O I 11
A u s d eM FO R S C H E R B Ü R O Handling NaCl Kastration NaCl Kastration Meloxicam Kastration Flunixin Langhoff R, Zöls S, Barz A, Palzer A, Ritz- Weitere Literaturangaben Take Home Message mann M, Heinritzi K, 2009. Investigation 10 Waldmann KH, Hoppe M, Steigmann about the use of analgesics for the reduc- M, Arnim A, Kaestner S. Comparison of Schmerzanzeigendes Verhalten tion of castration-induced pain in suckling anaesthetic effects durcing piglet castrati- sowie ein Anstieg der Cortisolkon- piglets. Berliner und Münchener tierärztli- on by using commercial inhalation systems 8 zentration im Blut weisen auf die che Wochenschrift 122, 325-32. with carbon dioxice and isoflurane. 2th Schmerzhaftigkeit während und Mühlbauer IC, Otten W, Lüpping W, IPVS Vancouver, 249. nach einer betäubungslosen Kast- Median (Häufigkeit) ration hin. Im Gegensatz zu einer Palzer A, Zöls S, Elicker S, Ritzmann M, Höltig D, Schwennen C, Kolbaum, N, 6 Inhalationsnarkose mit CO2/O2, Heinritzi K, 2009. Untersuchung zur CO2- Festag, König M, Waldmann KH, 2012. Lokalanästhesie und Vereisung kann Narkose als eine Alternative zur betäu- Erste Erfahrungen mit der Isoflurannarkose eine Inhalationsnarkose mit Isoflu- bungslosen Kastration von Saugferkeln. bei der Saugferkelkastration in großen Fer- ran, sowie die präoperative Gabe Praktischer Tierarzt 90, 460-464. kelerzeugerbetrieben in Deutschland. BPT- 4 von Schmerzmitteln (NSAIDs) den Schiele DM, 2010. Untersuchungen über Kongress Hannover 2012, 63-67. Schmerz infolge einer chirurgischen den Einsatz von topischer Kryobehandlung Kastration wirkungsvoll reduzieren. und Lokalanästhesie bei der Kastration 2 Bei der Immunokastration von Ebern männlicher Saugferkel. Dissertation, LMU muss berücksichtigt werden, dass bis München, Tierärztliche Fakultät. zur vollständigen Vakzination nach Schulz C, Ritzmann M, Palzer A, Heinritzi der zweiten Injektion mehr aggres- 0 K, Zöls S, 2007a. Effect of isoflurane in- 1h 3h 1h 3h 1h 3h sives Verhalten auftritt als bei Kast- halation anesthesia on postoperative pain raten. due to castration of piglets. Berliner und Hängenlassen des Schwanzes Positionswechsel Schwanzwackeln Münchener tierärztliche Wochenschrift Eigene Publikationen 120, 177-182. Barz A, Ritzmann M, Breitinger I, Lang- Schulz C, Ritzmann M, Palzer A, Otten Abbildung 2: Verhaltensparameter 1 und 3 h nach Handling bzw. Kastration (Anzahl pro Tier in 10 Min) hoff R, Zöls S, Palzer A, Heinritzi K, 2010. W, Heinritzi K, 2007b. Changes in the Examination of different options for com- concentration of noradrenaline and adre- bined administration of an NSAID (Meloxi- naline before and after castration of piglets cam) and iron for piglets being castrated. with and without isoflurane anesthesia. Tieräztliche Praxis, Ausgabe G, Grosstie- Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 114, Tabelle 1: Aggressive und sexuelle Verhaltensweisen von Kastraten und gegen Ebergeruch geimpften re/Nutztiere 38, 123-30. 454-459. Tieren (= vakzinierte Eber) zwischen Lebenswoche (LW) 18 und 21 (Anzahl Aktionen/20 Min pro Abteil Breitinger I, 2009. Untersuchung über den Übel N, 2011. Untersuchungen zur mit 430 Tieren) Einsatz von Brotizolam zur Reduktion kas- Schmerzreduktion bei zootechnischen Ein- trationsbedingter Schmerzen beim männli- griffen an Saugferkeln. Dissertation, LMU 18. LW 19. LW 20. LW 21. LW chen Saugferkel. Dissertation, LMU Mün- München Tierärztliche Fakultät. Agnostische Interaktionen (2. Vacc.) chen, Tierärztliche Fakultät. Zankl A, Ritzmann M, Zöls S, Heinritzi K, Aufreiten 31 11 9 8 Heinritzi K, Ritzmann M, Otten W, 2006. 2007. The efficacy of local anaesthetics Alternatives for castration of suckling pi- administered prior to castration of male Vakzinierte Eber Kampf 28 5 4 1 glets, determination of catecholamines and suckling piglets. Deutsche Tierärztliche Wo- Verfolgung 4 0 0 0 wound healing after castration of suckling chenschrift 114, 418-422. piglets at different points of time. Deutsche Aufreiten 2 0 0 0 Tierärztliche Wochenschrift 113, 94-97. Zimmermann S, Zöls S, Otten W, Palzer A, Ritzmann M, Heinritzi K, 2011. Evalua- Kastraten Kampf 0 0 0 0 Hügel T, Zöls S, Palzer A, Kaufmann S, tion of carbon dioxide anaesthesia for the Verfolgung 0 0 0 0 Langhoff R, Ritzmann M, Heinritzi K, castration of male suckling piglets by stress 2011. Effect of a synthetic GnRF vacci- hormone concentrations, behaviour and cli- ne (Improvac®) on daily weight gain and nical factors. Berliner und Münchener tier- carcass quality of boars. A field trial in ärztliche Wochenschrift 124, 368-375. Schlussfolgerung: Bavaria. Tieräztliche Praxis, Ausgabe G, Grosstiere/Nutztiere 39, 353-357. Zöls S, Ritzmann M, Heinritzi K, 2006a. Die gewonnenen Ergebnisse bestätigen schmerzes (CO2-Narkose, Lokalanästhesie, Nichtsteroidaler Antiphlogistika reduzierte Effect of analgesics on the castration of die große Schmerzhaftigkeit während Vereisung, Sedation) nicht eignen, den Kas- den postoperativen Schmerz nach Kastra- Kilchling TP, 2010. Möglichkeiten zur male piglets. Berliner und Münchener tier- und nach der Saugferkelkastration ohne trationsschmerz zu reduzieren. Während tion und Schwanzkupieren wirkungsvoll. postoperativen Schmerzreduzierung beim ärztliche Wochenschrift 119, 193-196. Betäubung und Schmerztherapie. Auch der Kastration verringerte die Isolfluran- Die Impfung gegen Ebergeruch mittels Kupieren der Schwänze von Saugferkeln. verursachte das Kupieren des Schwanzes narkose bei vollständiger Hypnose deren Improvac® verhinderte das Auftreten von Dissertation, LMU München, Tierärztliche Zöls S, Ritzmann M, Heinritzi K, 2006b. bei Saugferkeln eine Schmerzreaktion, die Schmerz und Belastung. geruchsbelasteten Tieren vergleichbar mit Fakultät. Einsatz einer Lokalanästhesie bei der Kastra- im Vergleich zur Kastration verzögert und Aufgrund der fehlenden analgetischen Wir- der chirurgischen Kastration und reduzierte tion von Ferkeln. Tieräztliche Praxis, Ausga- geringer ausfiel. Die Untersuchungen er- kung besaß das Schwein nach Erwachen nach vollständiger Vakzination eberspezifi- be G, Grosstiere/Nutztiere 24, 103-106. gaben, dass sich verschiedene diskutierte aus der Narkose aber das vollständige sche Verhaltensweisen. Methoden zur Reduktion des Kastrations- Schmerzempfinden. Die Verabreichung 12 I AU S D E M FO R S C H E R B Ü R O I 13
A u s d eM FO R S C H E R B Ü R O kleinere Fragestellungen zur Ferkelkastration Saugferkelkastration in einem Ferkelerzeu- In einer Auftragsstudie wurde in einem kom- tionen an ein- und mehrfach-ungesättigten Forschung zur im Rahmen von Diplomarbeiten, Dissertatio- gerbetrieb (Pfundstein, 2010) untersucht. merziellen Schweinemastbetrieb untersucht, Fettsäuren (MUFA, PUFA) sowie Omega-3 Take Home Message Kastrationsfrage in nen und internen Pilotprojekt untersucht wer- Die Autorinnen kommen zum Schluss, dass ob und in welchem Ausmaß das Verhalten und Omega-6 Fettsäuren. Im Gegenzug den, die im Folgenden dargestellt werden. die Ferkelkastration mit CO2/O2-Narkose von immunokastrierten Mastschweinen ge- war die Konzentration an gesättigten Der Kastrationsschmerz einer chir- Österreich auf genüber der herkömmlichen chirurgischen Fettsäuren niedriger. Trotz des niedrigen urgischen Kastration kann mit Hilfe aufgrund der unzureichenden Narkosetiefe „Sparflamme“ Überblick über die Untersuchun- bei 53 % der Tiere und der negativen Aus- Kastrationsmethode verändert ist. Über die Schlachtalters (ca. 135 Tage Lebensalter) einer Injektionsnarkose mit Ketamin/ gen wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem als gesamte Mastperiode betrachtet waren die zeigten 9 von 10 Eberfleischproben An- Azaperon sowie durch den Einsatz Johannes Baumgartner1 In einer Untersuchung wurde die Auswir- nicht tierschutzgerecht einzustufen ist. We- vakzinierten Schweine aktiver als die chir- drostenonwerte, die deutlich über 500 von Schmerzmitteln (NSAIDs) wirk- (Ass. Prof. Dr. med. vet.) und kung der intravenösen Allgemeinanäs- gen des zusätzlichen Zeitaufwandes und urgisch kastrierten Tiere (n= je 8 Gruppen ng/g Fett lagen (Reif und Renner, 2011). sam reduziert werden. Im Gegensatz Werner Hagmüller2 (Dr. med. vet.) thesie mit Azaperon/Ketamin nach etho- der Tatsache, dass sich die integrierte Fixa- á 12 Tiere). In der Gesamtzahl der aggres- dazu ist eine Inhalationnarkose mit Vom FIBL Österreich wurden in einer reprä- CO2/O2 weder als tierschutzgerecht 1 Institut für Tierhaltung und Tierschutz, logischen, klinischen und ökonomische tionseinrichtung nicht gleichermaßen für die siven Interaktionen sowie bei „Beißen und sentativen Verkostung fünf Verarbeitungs- noch praktikabel einzustufen. Die Veterinärmedizinische Universität Wien, Kriterien untersucht. Dabei zeigte sich, Fixation aller Ferkel in der angegebenen Kämpfen“ bestand kein Unterschied zwi- produkte aus Eberfleisch untersucht. Dabei Verkostung verschiedener Produkte Johannes.Baumgartner@vetmeduni. dass die intravenöse Applikation des Nar- Altersklasse eignet (19 % der Tiere konnten schen den Behandlungsgruppen. „Verdrän- schnitten die Wurst- und Speckwaren aus weist darauf hin, dass auch die Ver- ac.at kotikums schwierig ist und zu viele Ferkel sich befreien) muss die CO2/O2-Narkose gen und Kopfschlagen“ war hingegen in geruchlich unauffälligem Eberfleisch – auch arbeitung von geruchlich belastetem (74 %) trotz der Narkose noch Schmerzre- als nicht praxisgerecht beurteilt werden. der geimpften Gruppe häufiger. „Aufreiten“ 2 Institut für Biologische Landwirtschaft im Vergleich zu Fleisch von Kastraten und Eberfleisch möglich ist. Ob Ferkel aktionen während der Kastration zeigen. wurde bei den vakzinierten Tieren zwar und Biodiversität der Nutztiere, Außen- In der Arbeit von Portenier (2011) wurde weiblichen Masttieren – am besten ab. Die kastriert werden oder nicht, scheint In der Aufwachphase waren die Ferkel in häufiger, insgesamt jedoch selten beob- stelle Thalheim/Wels, LFZ Raumberg- festgestellt, dass die präemptive Gabe von Verkostungsergebnisse der nachweislich weniger durch neue wissenschaftli- ihrem Verhalten bis 5 h post castrationem achtet. Erwartungsgemäß kam die GnRF- Gumpenstein geruchlich belasteten Produkte differierten che Erkenntnisse, als vielmehr poli- stark beeinträchtigt. Die Mortalität nach der Ketoprofen (nicht-steroidales Antiphlogisti- Impfwirkung im Verhalten der behandelten stark. Dies aber nicht deshalb, weil die tische und ökonomische Argumente Kastration war gering (0,42 %). Die Kast- kum) die kastrationsbedingte Ausschüttung Mastschweine erst nach der 2. Impfdosis Rahmenbedingungen für Verkosterinnen und Verkoster sich an einem ration mit intravenöser Injektion ohne Be- von Cortisol bei Saugferkeln im Vergleich zum Ausdruck. Die immunokastrierten Tie- zu entscheiden sein. Forschung in der Ferkelkastrati- unangenehmen „Ebergeruch“ gestoßen rücksichtigung eines tierärztlichen Honorars zur Kastration ohne Schmerzbehandlung re zeigten einen signifikanten Abfall in der onsfrage in Österreich hätten, sondern überwiegend wegen „all- kostete rund 2,46 € pro kastriertem Tier. nicht signifikant reduziert. Dieses im Wider- Grundaktivität, den aggressiven Verhaltens- Eigene Publikationen In Österreich beschäftigen sich Wissen- gemeiner Gründe“ wie z. B. der Würzung Die Kastration unter intravenöser Allgemei- spruch zu anderen Studien stehende Ergeb- weisen und im Aufreiten, wobei die Häufig- schaftlerInnen der Vetmeduni Wien, des (die allerdings bei allen Geschmackvari- nanästhesie ist demnach keine adäquate nis wird auf die Verwendung des Emasku- keiten teilweise unter jenen der chirurgisch Baumgartner J, 2000. Die Kastration von LFZ Raumberg-Gumpenstein, der Universität anten gleich war). Die AutorInnen schluss- und praxistaugliche Lösung (Baumgartner lators zurückgeführt. kastrierten Gruppe lagen. Im Spielverhalten Ferkeln – Rechtssituation und neue Lösungs- für Bodenkultur und FIBL Österreich mit der folgern, dass auch geruchlich belastetes et al., 2008; Leeb et al., 2008). und im Bauchmassieren, Schwanz- und Oh- ansätze. Klauentierpraxis 4, 159-162. Kastration männlicher Ferkel. Die Kastration Die Schmerzbehandlung durch die Eberfleisch ohne große Änderung von Re- renbeißen bestand kein Unterschied zwi- ohne Schmerzbehandlung wurde von uns Auch am Institut in Wels (LFZ Raumberg- präemptive Gabe von nicht-steroidalen Ent- zepturen und ohne geschmackliche Auswir- Baumgartner J, Binder R, Hagmüller W, schen den Gruppen. Die Untersuchungser- Ende der 90er Jahre als problematisch in Gumpenstein) wurde die Kastration unter zündungshemmern (NSAID) wurde an der kungen sehr gut zu bestimmten Wurstpro- Hofbauer P, Iben C, Scala US, Winckler gebnisse lassen den Schluss zu, dass die Bezug auf Tierschutz erkannt und seither intravenöser Allgemeinanästhesie mittels Klinik für Schweine der Vetmeduni Wien dukten verarbeitet werden kann (Gessl und C, 2004. Aktuelle Aspekte der Kastration bereits bestehenden Verhaltensprobleme wissenschaftlich bearbeitet. Am Anfang Ketamin/Azaperon erforscht. Anhand der in mehreren Untersuchungen beurteilt. Im Rudolph, 2009). männlicher Ferkel. 2. Mitteilung: Alternativ- von intensiv gehaltenen Mastschweinen in standen intensive Literaturrecherchen und Lautäußerung und des Abwehrverhaltens Vergleich mit unbehandelten Ferkeln konn- reizarmer Umgebung durch die Immunoka- methoden zur chirurgischen Kastration und die fächerübergreifende Aufarbeitung des wurde die Qualität der Schmerzausschal- te eine reduzierende Wirkung von Melo- Resümee zusammenfassende Bewertung. Veterinary stration nicht vergrößert werden. vorhandenen Wissens in Bezug auf das tung bei 353 männlichen Saugferkeln xicam auf den Coritsolspiegel im Blut und Die meisten in Österreich durchgeführten Medicine Austria/Wiener Tierärztliche Schmerzereignis der Kastration, die Mög- beurteilt. Bei 83,5 % der Tiere wurde die schmerzanzeigende Verhaltensweisen in Von der Arbeitsgruppe „Management Bio- Untersuchungen zur Kastration männlicher Monatsschrift 91, 198-209. lichkeiten zur Schmerzbehandlung und die Schmerzausschaltung als sehr gut beurteilt, den ersten Stunden nach der Kastration Schwein“ des Institutes für Biologische Land- Mastferkel dienten überwiegend dazu, wirtschaft und Biodiversität der Nutztiere in lokales Wissen zu akquirieren und zu ver- Baumgartner J, Czech B, Goessler C, Leeb Alternativen zur chirurgischen Kastration bei 13,5 % als befriedigend und bei 3 % bestätigt werden (Langhoff et al., 2009). Wels (LFZ Raumberg-Gumpenstein) wurde breiten. Vor dem Hintergrund, dass die The- C, 2008. Effect of intravenous general sowie die Auswirkungen der in Frage kom- als ungenügend. Kastrationsverluste traten Diese Untersuchungen bildeten letztend- ein Vorversuch zur Methode „Ebermast in anaesthesia for castration on behaviour of menden Verfahren auf das Wohlbefinden nicht auf. Die Kosten für Medikamente matik auch andernorts in Europa meist mit lich die Entscheidungsgrundlage für die Kombination mit der Impfung gegen Eber- male pigs. 42nd Congress of the Internati- der Tiere, die Produktionsverfahren und (Metacam®, Ketasol® und Stresnil®) be- größerer Intensität und wissenschaftlicher Branchenvereinbarung des Verbandes geruch“ durchgeführt. Dabei zeigte sich, Potenz bearbeitet wurde/wird, ist dies onal Society for Applied Ethology (ISAE); die Produktqualität. Schließlich wurde eine laufen sich auf 0,14 € pro kg Ferkel, die Österreichscher Schweinebauern (VÖS), dass die aus der Literatur bekannten posi- durchaus sinnvoll und ausreichend. Wir AUG 5-9, 2008; Dublin, Ireland. Procee- rechtliche und ethische Bewertung vorge- Tierarztkosten können mit ca. 2 €/Ferkel deren Mitgliedsbetriebe seit 2012 bei der tiven Auswirkungen auf die Lebendmasse- sind zudem der Ansicht, dass die Frage der dings of the 42nd Congress of the ISAE, nommen, auf deren Grundlage im Anlassfall beziffert werden, wenn 45 Ferkel pro Stun- Kastration männlicher Ferkel NSAID einzu- zunahmen der immunkastrierten Tiere auch Ferkelkastration heutzutage hauptsächlich ISBN: 978-90-8686-814. argumentiert werden sollte. In einem zwei- de kastriert werden. Die Kastration inklusive Verabreichung des Narkosemittels dauerte setzen haben. Die gleiche Arbeitsgruppe unter Biobedingungen bestätigt werden politisch und ökonomisch zu beantworten ten Schritt wurden die gesammelten Erkennt- Baumgartner J, Bonneau B, Boyle L, Hau- pro Ferkel 75 (±10) s (Minihuber und Hag- beschäftigte sich auch mit der Möglichkeit können. Die Anwendung des Impfstoffes ist und weniger durch neue wissenschaftli- nisse primär an die Tierärzteschaft vermittelt gen J-E, Ten Napel J, Sutherland M, Tuyt- müller, 2013). Derzeit wird diese Untersu- einer kombinierten Gabe von Meloxicam verlief problemlos, alle immunokastrierten che Erkenntnisse. (Baumgartner, 2000; Baumgartner et al., tens F, Vanhonacker F Verbeke W, 2011. chung in vier österreichischen Biobetrieben und Eisendextrose (Barz et al., 2010). Tiere wurden bei der Schlachttier- und 2004; Binder et al., 2004) und anschlie- Sub-report B – Welfare aspects of piglet mit vier unterschiedlichen Tierärzten nach Fleischuntersuchung als tauglich befunden ßend in die parallel sich entwickelnde öf- Weiter wurde die Auswirkung der Kryo- castration. In: Spoolder H, Bracke M, gleicher Methodik wiederholt, um die Er- (Hagmüller und Gallnböck, 2010). fentliche Diskussion eingebracht. Schließlich analgesie mit einem Vereisungsspray in Mueller-Graf C and Edwards S (eds) Pre- wurde der internationale Erfahrungsaus- gebnisse der Untersuchung am Standort Verbindung mit einer Lokalanästhesie (Xyla- Eine weitere Arbeit beschäftigte sich mit paratory work for the future development tausch durch Beteiligung an den Netzwerk- Wels mit jenen von Praxisbetrieben zu ver- nest® 2 % mit Epinephrin) auf den Kastrati- den Mast- und Schlachtparametern von of animal based measures for assessing gleichen. onsstress von Saugferkeln untersucht. Diese biologisch und konventionell gehaltenen the welfare of sow, boar and piglet inclu- projekten PIGCAS und ALCASDE forciert. Auf Grund der anhaltenden großen Skepsis In drei weiteren Arbeiten wurden die Aus- Methode erwies sich als nicht effektiv im jungen Ebern und Kastraten. Die Eber zeig- ding aspects related to pig castration. Sup- der Schweinefleisch produzierenden Indust- wirkungen einer CO2/O2-Narkose auf Hinblick auf die Cortisolausschüttung und ten in dieser Untersuchung höhere Muskel- porting Publications 2011:0178 [18 pp.]. rie wurden in Österreich kaum (öffentliche) die Narkosetiefe (Mangeng, 2010) und als zu umständlich in der Durchführung. Die fleischanteil (MFA)-Werte und eine bessere Available online: http://www.efsa.europa. Mittel zur Beforschung der Kastrationspro- die Herzfunktion bei Saugferkeln (Hoch- Kosten wurden mit ca. 50 Cent pro Ferkel Futterverwertung als Kastraten. Die Fettzu- eu/en/supporting/pub/178e.htm. blematik zur Verfügung gestellt. Vor diesem gerner, 2010) sowie auf die praktische als vergleichsweise günstig beurteilt (Gas- sammensetzung der Eber unterschied sich Hintergrund konnten in Österreich lediglich Umsetzung der CO2/O2-Narkose bei der teiner et al., 2009). von den Kastraten durch höhere Konzentra- 14 I AU S D E M FO R S C H E R B Ü R O I 15
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