T ierwel t - Tiere halten fit im Alter - Alles über die Kleintierschau in Freiburg - Psychologisches Institut
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Tierwelt MEHR LESESPASS FÜR DIE GANZE FAMILIE Nr. 2 11. Januar 2018 Fr. 6.– GROSSANLASS Alles über die Kleintierschau in Freiburg RARITÄTEN Shorthornrinder in Solothurn GESUNDHEIT Tiere halten fit im Alter
FOKUS Tiere sind Therapeuten. Sie geben Menschen eine Aufgabe und lenken sie von ihren Sorgen ab, wenn es ihnen nicht gut geht. Auch im Alter verhelfen uns Haus-, Nutz- und Wildtiere zu glücklichen Stunden – und vielleicht sogar zu besserer Gesundheit. Auf den nächsten Seiten widmen wir uns dem Thema Tiere und Senioren. Wir begleiten Therapie- hühner und -meerschweinchen bei einem Besuch im Altersheim. Wir zeigen, welche Haustiere sich für Senioren eignen. Und wir tragen die positiven Effekte zusammen, die Tiere auf ältere Menschen haben. 10 TIERWELT 2 | 11. JANUAR 2018
FOKUS Heilquellen, fast ohne Nebenwirkungen Tieferer Blutdruck, besseres Essverhalten, mehr soziale Kontakte: Tiere haben vielseitige positive Effekte auf ältere Menschen. VON NIKLAUS SALZMANN D ie Universität Zürich sucht ältere, al- leinstehende Menschen, die einen Hund in ihren Haushalt aufnehmen möchten. Denn Hunde haben einen positiven Effekt auf die Leute um sie herum – davon ist Martin Meyer, Professor am Psychologischen Institut der Uni Zürich und selber Hundehal- ter, überzeugt. Mit seinem Projekt will er das nun genauer untersuchen. «Ein Hund gibt dem Leben eine neue Struktur und neue Im- pulse», sagt er. «Wir erwarten Effekte auf der sozialen, emotionalen, motorischen und phy- sischen Ebene. Möglicherweise kann der Hund sogar den Übertritt in betreutes Woh- nen hinauszögern.» Ziel seines Forschungs- projekts ist es herauszufinden, wie sich das Leben der Senioren über sechs Monate än- dert. Erste Resultate dürften in der zweiten Hälfte des Jahres vorliegen. Viele Aspekte zur Wirkung von Tieren auf Senioren wurden bereits in Studien an ande- ren Institutionen untersucht. Der Hund ist dabei ein Spezialfall, da er regelmässig nach draussen muss – er fordert also eine körper- liche Aktivität von seinem Besitzer und hat 16 TIERWELT 2 | 11. JANUAR 2018
FOKUS schon dadurch einen positiven Einfluss auf ten, um eine therapeutische Wirkung bei die- Die erstaunliche Wirkung von Tieren auf die Gesundheit. Beim Gassigehen treffen die sen psychischen Erkrankungen zu erzielen. Menschen beschränkt sich aber nicht auf Tie- Hundebesitzer zudem auf andere Menschen, Eine positive Wirkung auf die Psyche des re, die sich streicheln lassen. Dies konnten es kommt zu sozialen Kontakten – ein wirk- Menschen kann aber schon die reine Anwe- zwei amerikanische Forscher beobachten, sames Mittel gegen Einsamkeit. senheit eines Tieres haben, besonders in stres- nachdem sie in drei Heimen Aquarien instal- sigen Situationen. Um dies zu testen, liessen liert hatten. Die Fische wurden zu Attraktio- Vogelhalter finden Freunde Wissenschaftler Senioren mit Bluthochdruck nen bei den Bewohnern, es kam zu Begeg- Erstaunlicherweise beschränkt sich dieser vor Publikum sprechen – eine typische Stress- nungen vor den Aquarien, was an sich schon soziale Effekt aber nicht auf Hunde. Eine der situation. War ein Hund anwesend, erhöhte erfreulich war. Noch spannender war, was ersten Studien dazu haben zwei englische sich der Blutdruck weniger stark als ohne passierte, wenn die Aquarien in Essenssälen Forscher in den Siebzigerjahren durchge- Hund. Vergleichbare Effekte zeigen sich auch standen. Dann assen nämlich die Patienten führt. Sie teilten alleinstehenden Rentnern längerfristig. So hatten in einer anderen Stu- ihre Portionen besser auf. 200 Gramm pro nach dem Zufallsprinzip entweder eine Be- die diejenigen Senioren, die einmal wöchent- Tag, ein Viertel mehr als zuvor, nahmen sie gonie oder einen Wellensittich zu. Und siehe lich von einer Krankenschwester mit Hund im Durchschnitt zu sich. Dies ist gerade bei da: Die Vogelhalter hatten bald mehr Freun- besucht wurden, nach einem Monat tiefere Demenzpatienten bemerkenswert, da sie de und erhielten mehr Besuch als die Pflan- Blutdruckwerte als jene, die ohne Hund be- häufig unter Appetitlosigkeit leiden. zenbesitzer. sucht wurden. Manche Experten vermuten, Selber ein Haustier zu halten ist aber nicht dass sich der Besitz eines Haustieres grund- Erhöhtes Sturzrisiko mit Tieren für alle Menschen möglich, es kostet Geld, sätzlich positiv auf Risikofaktoren für Herz- In einer früheren Studie hatten dieselben gibt Arbeit, braucht Platz. Doch auch ohne Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkte Forscher auch mit einem Meeresbild in einem selber eines zu besitzen, können Senioren von auswirkt. Das ist aber umstritten. Speisesaal experimentiert, was jedoch keine Tieren profitieren. In einer Untersuchung in Auswirkung auf das Essverhalten hatte. Und drei Altersheimen im US-Bundesstaat Missis- Aquarien regen den Appetit an doch muss es nicht immer ein lebendiges Tier sippi fühlten sich betagte Menschen bereits Recht deutlich sind dagegen die Hinweise, sein. Auch auf Roboterhunde und -katzen weniger einsam, wenn sie während einer dass sich Tiere positiv auf demente Menschen sowie auf Plüschkatzen sprechen Demente halben Stunde pro Woche Besuch von einem auswirken. Am gründlichsten wurde der Ef- an, wie Wissenschaftler zeigen konnten. Hund erhielten. Befragt wurden dabei aller- fekt mit Hunden untersucht. In diversen Stu- Noch wurde dies aber nicht genügend unter- dings nur Bewohner, die den Kontakt zu Tie- dien zeigte sich, dass Demenzpatienten, die sucht, um einen ernsthaften Vergleich zu ren wünschten. Doch das waren die meisten – Kontakt zu Hunden haben, weniger unruhig echten Tieren zu ziehen. nur ungefähr jede achte Person gab an, weder und weniger aggressiv waren. Die Gegenwart Robotertiere könnten da sinnvoll sein, wo Hunde noch Katzen zu mögen. von Hunden regte aber auch den Kontakt eine Person unter einer Tierallergie leidet. Manche Forscher vermuten, dass Tiere gar zwischen den Patienten untereinander sowie Davon abgesehen haben echte Haustiere aber Depressionen bei Senioren lindern könnten. zwischen Patienten und Personal an. Die De- kaum nachteilige Auswirkungen auf Men- Doch die Resultate bisheriger Studien dazu menten lächelten und lachten, berührten und schen. Es gibt einige Krankheiten, die von sind unklar und widersprüchlich. Ähnlich sprachen mehr als gewohnt. Zu Katzen gibt Tieren auf Menschen übertragen werden sieht es für Schizophrenie aus. Möglicherwei- es weniger Studien als zu Hunden, sie wirken können, auch Bisse und Kratzer können vor- se ist schlicht noch zu wenig untersucht, vermutlich jedoch in ähnlicher Weise auf De- kommen, doch beides ist selten der Fall. in welcher Form sich Senioren menzpatienten. Auch mit Pferden konnten Das Gefährlichste an einer Katze oder ei- und Tiere begegnen müss- Effekte nachgewiesen werden. nem Hund ist, dass das Tier einen Menschen zu Fall bringen kann. Das Sturzrisiko ist bei Senioren, die mit einem dieser Tieren zusam- menleben, deutlich erhöht. Und auch für die Psyche gibt es eine Schattenseite zu beach- ten – besonders bei Hunden, zu denen Men- schen oft eine sehr enge Beziehung aufbau- en: Wenn das Tier stirbt, ist das für den Hal- ter oft sehr traurig. Ganz frei von Risiken und Nebenwirkungen sind also selbst Tiere nicht. Bild: © Ljupco Smokovski / shutterstock.com Meist eine Win-win-Situation: Vom regelmässigen Gassigehen profitieren Senioren und Tiere. TIERWELT 2 | 11. JANUAR 2018 17
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