Online-Deliberation - Düsseldorfer Institut für Internet und ...

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Online-Deliberation - Düsseldorfer Institut für Internet und ...
Précis [p e‘si:]                                                                                 // NoV 2016

Online-Deliberation

Dennis Frieß
Kontakt: dennis.friess@hhu.de

                                                             Dennis Frieß ist wissenschaftlicher
                                                                        Mitarbeiter am Institut
ABSTRACT                                                         für Sozialwissenschaften und
                                                                       Mitglied des DIID an der
                                                                    Heinrich-Heine-Universität
Unter dem Stichwort der Online-Delibera-
                                                                                    Düsseldorf.
tion haben in den letzten Jahren zahlreiche
Arbeiten die Potenziale des Internets für                             Er forscht zu den Themen
                                                             politische Online-Kommunikation,
deliberativen Diskurse theoretisch diskutiert
                                                                                  E-Partizipation
und empirisch untersucht. Deliberation                                 und Online-Deliberation.
bezeichnet dabei einen vorraussetzungs-
reichen Kommunikationsprozess indem
gleichberechtigte Teilnehmer ihre Positionen
in einer Atmosphäre gegenseitigen Respekts                REFERENZEN ZUM THEMA
transparent begründen, um schließlich zu
                                                           Frieß, D. & Eilders, C. (2016). Deliberation: zwischen
einer allgemein akzeptablen Entscheidung
                                                              normativer Theorie und empirischen Zugängen.
zu gelangen.                                                  Ein forschungsleitendes Modell. In P. Werner, L. Rinsdorf, T.
                                                              Pleil & K.-D. Altmeppen (Hrsg.): Verantwortung – Gerech-
Der vorliegende Beitrag gibt eine kurze                       tigkeit – Öffentlichkeit. Normative Perspektiven auf
                                                              Kommunikation (S. 63-78). Konstanz/München: UVK.
Einführung in das Thema Online-Delibera-
tion, indem er ausgehende von den Grund-                   Escher, T., Frieß, D., Esau, K., Sieweke, J., Tranow, U., Dischner,
lagen deliberativer Demokratietheorie die                     S., Hagemeister, P. & Mauve, M. (2016).
praktischen Voraussetzungen für hoch-                         Online Deliberation in Academia: An Evaluation of Quality
                                                              and Legitimacy of Cooperatively Developed University
wertige Online-Debatten vorstellt und die
                                                              Regulations. Policy & Internet, 8(4),
potenzielle Folgen von Deliberationsprozes-
sen diskutiert. Schließlich werden Empfeh-                 Frieß, D. & Eilders, C. (2015). A Systematic Review of Online
lungen für den praktischen Einsatz von                        Deliberation Research. Policy & Internet, 7(3), 319-339

Online-Deliberationsverfahren formuliert.

                                           DOI: 10.36200/0002                                                                    1
Online-Deliberation

Einleitung                                              gen von sachlicher und moralischer Rationalität
                                                        entstehen (Gutman & Thompson, 2004; Habermas,
Der Begriff der Deliberation ist aus dem Lateinischen   1992). Deliberation ist somit eine Form der politi-
entlehnt und meint so viel wie ‚Beratschlagung‘ oder    schen Interaktion, von der in theoretischer Hinsicht
‚Überlegung‘. Im deutschsprachigen Raum hat vor         erwartet wird, die Lösung für Legitimations- und
allem Jürgen Habermas den Begriff im Kontext            Akzeptanzprobleme bereitzuhalten, die wir in
seiner Überlegungen zur deliberativen Demokratie        vielen demokratischen Gesellschaften beobachten.
geprägt (Habermas, 1992). In Faktizität und Geltung
entwirft Habermas in kritischer Opposition zu libe-     Deliberation wird dabei allgemein als ein voraus-
ralen Demokratietheorien die normative Idee einer       setzungsreicher Kommunikationsmodus verstanden,
Demokratie, in der die argumentative Auseinan-          der sich über bestimmte Charakteristika definiert.
dersetzung um öffentliche Belange im Mittelpunk         Diskurse, die Deliberativität beanspruchen, verlau-
des politischen Prozesses steht.                        fen also nicht willkürlich, sondern unterliegen
                                                        bestimmten Regeln, die diesem Kommunikations-
Im Lichte der neuen Kommunikationsmöglichkeiten         modus eine besondere Wirkkraft verleihen (Land-
des Internets haben deliberative Theorien viel          wehr, 2012).
Beachtung erfahren, weshalb Chadwick (2009) von         Deliberative Demokratietheorien sind dann Demo-
einer Renaissance der deliberativen Theorien vor        kratietheorien, die den Kommunikationsmodus der
dem Hintergrund der Internettechnologie spricht         Deliberation prominent in den Mittelpunkt des
(Chadwick, 2009: 14). Das Internet – so die             demokratischen Prozesses rücken und mit dem
optimistische These – eröffne jene Public Sphere,       Deliberationsprozess eine Reihe von demokratisch
in der Deliberation besser ermöglicht werde als etwa    funktionalen Ergebnissen verbinden und instituti-
in den traditionellen Massenmedien.                     onelle Bedingungen für deliberative Demokratie
                                                        formulieren.
Dieser primär theoretisch motivierten These sind
in den letzten Jahren zahlreiche empirische Arbei-      Der kommunikative Prozess der Deliberation ist folg-
ten auf den Grund gegangen (u.a. Black et al., 2011;    lich eine notwendige jedoch keine hinreichende
Gerhards & Schäfer, 2010). Die Forschungslandschaft     Bedingung für das Entstehen deliberativer Demo-
gestaltet sich entsprechend unübersichtlich und         kratie. Denn die demokratische Qualität bemisst
fragmentiert, denn verschiedene Studien haben in        sich zusätzlich am Grad der thematischen Offenheit,
den letzten Jahren unterschiedliche Facetten von        Inklusivität und Egalität der Öffentlichkeit. Delibe-
Deliberation in den Blick genommen. Ziel des vor-       rative Demokratietheorien haben also nicht nur
liegenden Beitrags ist es einen komprimierten Über-     hohe Ansprüche an den kommunikativen Prozess,
blick zu geben. Ausgehend von einigen theoretischen     sondern auch an die Öffentlichkeit, in der Delibe-
Vorbemerkungen wird ein Modell entwickelt, das          ration räumlich verortet ist (dazu Habermas,
eine systematische Vorstellung bestehender              1981/1992). Erst vor dem Hintergrund bestimmter
Erkenntnisse strukturiert. Davon ausgehend werden       Voraussetzungen für deliberative Diskurse entste-
Chancen und Risiken von Online-Deliberation her-        hen dann in der theoretischen Argumentation die
ausgestellt, um schließlich praktische Implikationen    Ergebnisse, die begründen, warum deliberative
zu skizzieren.                                          Demokratie anderen Demokratiemodellen legiti-
                                                        mationstheoretisch überlegen ist.
Theoretische Grundlagen
                                                        Obgleich unterschiedliche Autoren verschiedene
Verschiedene deliberative Theorien gehen allgemein      deliberative Theorien präsentiert haben, so gehen
davon aus, dass auch unter den Bedingungen von          sie doch alle davon aus, dass unter bestimmten
Konflikt und Unsicherheit durch den anspruchsvol-       normativen Voraussetzungen (Input), eine gewissen
len Kommunikationsmodus der Deliberation Lösun-         Standards genügende Form von Kommunikation
                                                                                                                2
Online-Deliberation

(Throughput) entsteht und aus diesem Kommuni-            (3) Design-Voraussetzungen: Schließlich haben em-
kationsprozess bestimmte Ergebnisse hervorgehen          pirische Untersuchungen im Kontext von delibera-
(Outcome). Entlang dieser modellhaften Struktur          tiver Design-Forschung gezeigt, dass bestimmte
(Input-throughput-outcome) sollen nun verschie-          Design-Entscheidungen einen Einfluss auf die Qua-
dene Erkenntnisse der empirischen Online-Delibe-         lität der Debatte nehmen können (u. a. Towne &
rationsforschung vorgestellt werden.                     Herbsleb, 2012; Wright & Street, 2007; Janssen &
                                                         Kies, 2005). Wenngleich auch diese Design-Merk-
Voraussetzungen – Input                                  male keinen Automatismus implizieren, so kann das
                                                         Design Online-Deliberation unterstützen. So sollten
Wie eingangs erwähnt handelt es sich beim Begriff        Online-Debatten idealerweise asynchron verlaufen
der Deliberation um einen voraussetzungsreichen          und nicht im Modus eines Echtzeitchats (Stro-
Kommunikationsmodus. Betrachtet man die Deli-            mer-Galley & Martinson, 2009). Zudem sollten Bei-
berationsforschung, ist es sinnvoll zwischen drei        träge immer unmittelbar erscheinen und nicht
Typen von Voraussetzungen zu unterscheiden.              zeitverzögert freigeschaltet werden, um die Moti-
                                                         vation der Partizipation zu erhöhen (Towne & Herbs-
(1) Vorgelagerte Voraussetzungen: Damit Deliber-         leb, 2012).
tion idealtypisch überhaupt beginnen kann, bedarf        Während in Bezug auf die Identifikation der Teil-
es eines konflikthaften Themas, über das zu einem        nehmer (Anonym, Pseudonym, Klarnamen) keine
bestimmten Zeitpunkt verbindlich entschieden wer-        eindeutige Aussage getroffen werden kann und im-
den soll (Gutman & Thompson, 2004). Deliberation         mer im konkreten Einzelfall entschieden werden
ist also idealerweise niemals eine simple Plauderei,     sollte, zeigen empirische Untersuchungen eindeu-
sondern impliziert das Vorhandensein eines Prob-         tig, dass Moderation einen positiven Einfluss auf
lems zu dem verschiedene Ansichten existieren und        die Debattenqualität nimmt (Wright & Street, 2007;
über das entschieden werden muss. Das bedeutet           Coleman & Moss, 2012). Ebenso deuten empirische
nicht zwangsläufig, dass die Partizipierenden in letz-   Befunde darauf hin, dass der Bezug zwischen dem
ter Instanz entscheiden, aber ihr Handeln sollte stets   Prozess der Deliberation und dessen späteren Ein-
in einem konkreten Zusammenhang zu einer fol-            flusspotenzial (Wirkungsmacht), einen Effekt auf
genhaften Entscheidung stehen (Thompson, 2008).          die Debattenqualität nimmt. Je stärker der poten-
                                                         zielle Einfluss der eigenen Partizipation eingeschätzt
(2) Normative Voraussetzungen: Die normativen            wird, desto eher sind Partizipierende dazu bereit
Rahmenbedingungen repräsentieren die normati-            substantielle Inhalte beizusteuern (Jansen & Kiess,
ven Anforderungen an die Struktur und Funktion           2005).
von deliberativer Öffentlichkeit (Neidhardt, 1994;       Schließlich sollten Plattformen für Online-Delibe-
Habermas, 1973). In Bezug auf einen Online-Kom-          ration thematisch relevante Informationen bereit-
munikationsraum ist konkret zu prüfen, ob allen          halten, Nutzer dazu animieren eigene Informationen
Betroffenen ein Zugang ermöglicht wird und die           zu teilen und eine flexible Eröffnung neuer The-
thematische Offenheit gegeben ist. Ebenso ist da-        menbereiche durch die Nutzer zulassen (Towne &
rauf zu achten, dass eine hinreichende Machtfrei-        Herbsleb, 2012).
heit im Sinne der idealen Sprechsituation
gewährleistet wird. Das bedeutet, dass bestimmte         Qualität von Online-Debatten– Throughput
Akteure nicht formell über andere gestellt sind,
indem sie etwa spezielle Rechte oder Privilegien         Bei der Vermessung der Qualität von Debatten spielt
haben. Praktisch kann von dieser Voraussetzung           das Konzept der Deliberation seit jeher eine zent-
abgerückt werden; beispielsweise, wenn ein               rale Rolle. Sowohl die Kommunikations- und Medi-
Moderator bestimmte Sonderrechte hat. Unter              enwissenschaft als auch die Politikwissenschaft
den Partizipierenden sollten diese jedoch nicht          haben immer wieder normative Standards der
vorliegen.                                               deliberativen Theorie in Stellung gebracht, um die
                                                                                                                  3
Online-Deliberation

Qualität von (Online-)Debatten zu bewerten (u.a.        den von der Theorie beschriebenen demokratischen
Black et al., 2011; Stromer-Galley, 2007; Steiner et    Mehrwert. Um Outcomes von Deliberation diffe-
al., 2004).                                             renzierter abbilden zu können, kann zwischen er-
                                                        gebnisorientierten und individuellen Outcomes
Die Fülle an Vorschlägen hat gleichsam zur Unüber-      unterschieden werden.
sichtlichkeit beigetragen. Die empirischen Charak-
teristika deliberativer Kommunikation scheinen          Die ergebnisorientierten Outcomes bezeichnen
unklar bis umstritten. Allerdings lassen sich bei al-   Qualitätsmerkmale, die laut Theorie einer delibe-
len Unterschieden auch eine Reihe von Kerndimen-        rativ herbeigeführten Entscheidung anhaften. Zu
sionen erkennen: Argumentation, wechselseitige          nennen sind etwa Konsens, Akzeptanz oder Legiti-
Bezugnahme, Respekt und Gleichheit stellen dem-         mität (Habermas, 1992). Sollte kein Konsens zu-
nach wesentliche Elemente deliberativer Kommu-          stande kommen, ist auch das Erreichen eines
nikation dar (Frieß & Eilders, 2016). Diese und         working agreements (Bächtiger & Wyss, 2013) oder
andere Dimensionen von Deliberativität können           eines begründeten Dissens‘ (Peters, 2005) möglich.
inhaltsanalytisch operationalisiert und Auskunft da-    Schließlich haben verschiedene Autoren immer wie-
rüber geben, inwieweit Debatten den Regeln deli-        der die epistemologische Dimension hervorgeho-
berativer Diskurse folgen.                              ben, wonach Entscheidungen qua Deliberation eine
                                                        substantielle inhaltliche Verbesserung erführen
Bisherige Befunde sind ambivalent: während einige       (Schaal & Ritzi, 2009: 7). In diesem Sinne begreift
Studien zeigen, dass die Kommentare durchaus de-        Bohman (2007) dann auch die Fehlervermeidung
liberative Charakteristika aufweisen (Zhou et al.,      als primäres Ziel von Deliberationsprozessen.
2008), stellen andere eine Dominanz respektloser
und polarisierender Kommunikation fest (Coe et          Auf der individuellen Ebene sind eine ganze Reihe
al., 2014). Auch vergleichend angelegte Studien zei-    von Lern- und Sozialisationseffekten bei den Teil-
gen, dass die Qualität von Online-Debatten stark        nehmern von Deliberationsprozessen festgestellt
variieren kann (Ruiz et al., 2011). Diese Befunde       worden. Hier werden der Anstieg von Toleranz und
werfen die Frage nach der Erklärung der Unter-          Wissen in Bezug auf andere Meinungen (Price &
schiede in der Debattenqualität auf. Antworten kann     Cappella, 2002), politisches Sach- und Prozesswis-
zum einen die bereits angesprochene Forschung           sen (Iyengar et al., 2005) oder politische Selbstwirk-
zum deliberativen Design liefern. Aber auch kultu-      samkeit (Min, 2007) zu empirisch untersuchbaren
relle-, thematische- und gruppendynamische Ein-         Größen. Zudem konnte gezeigt werden, dass Deli-
flüsse sind in der Vergangenheit untersucht worden      berationsprozesse bestehende Präferenzen verän-
(u.a. Zhang, Cao, & Tran, 2013; Karlsson, 2012;         dern können (Grönlund et al., 2009). Auch die
Himel-boim, 2008).                                      Gemeinwohlorientierung kann durch Deliberation
                                                        gestärkt werden (Knobloch & Gastil, 2014).
Ergebnisse von Deliberation – Outcomes                  Der Vollständigkeit halber muss allerdings auch an-
                                                        gemerkt werden, dass Deliberation unter bestimm-
Auch wenn weitestgehend Einigkeit darüber               ten Umständen auch negative Folgen haben kann.
herrscht, dass im deliberativen Prozess etwas ent-      So konnte etwa gezeigt werden, dass Deliberation
steht, das Entscheidungen und Bürger »demokra-          extreme Standpunkte noch verstärken und zu so-
tischer« macht, herrscht keine einheitliche             zialer Polarisierung führen kann (u.a. Wojcieszak,
Vorstellung über die genauen Outputs von Delibe-        2011a/2011b; Hafer & Landa, 2005).
ration. Trotz dieser Unklarheiten sind die von der
Theorie beschriebenen Ergebnisse deliberativer
Prozesse ein hartes empirisches Pfund, an dem sich
die deliberative Theorie messen lassen kann und
sollte (Mutz, 2008), denn sie reflektieren letztlich
                                                                                                                 4
Online-Deliberation

Chancen und Risiken von Online-Deliberation               se Angebote diskursive Elemente enthalten, sollte
                                                          man nicht voreilig von Online-Deliberation sprechen,
Nachdem nun einige Erkenntnisse aus der On-               denn es fehlen hierbei oftmals wesentliche Elemen-
line-Deliberationsforschung vorgestellt wurden,           te dessen, was Deliberation im Kern ausmacht (vor
sollen Chancen und Risiken von Online-Deliberati-         allem Entscheidungsbezug, Gleichheit, Diskursive
on kurz skizziert werden. Betrachtet man die oben         Qualität). Wie bereits angesprochen handelt es sich
besprochenen Ergebnisse, die aus Deliberations-           bei Deliberation um einen komplexen Prozess, der
prozessen erwachsen können, liegen die Chancen            verschiedenen Voraussetzungen genügen sollte und
auf der Hand. Gelingt es Betroffene unter den mög-        daher nicht einfach zu implementieren ist.
lichst idealen Rahmenbedingungen (siehe: Input)
in einen deliberativen Diskurs zu verwickeln, können      Die Organisatoren von Deliberationsprozessen on-
am Ende durchaus Entscheidungen von allgemeiner           und offline sollten daher im Vorhinein reflektieren,
Akzeptanz und hoher inhaltlicher Qualität stehen          wie sie einen solchen Prozess strukturieren und in-
(Escher et al., 2016). Soziale Spannungen und Pro-        stitutionell anbinden wollen. Das betrifft insbeson-
teste können so vermieden werden. Zudem belegen           dere die Verarbeitung der im Prozess entstandenen
zahlreiche Studien, dass Deliberationsprozesse bei        Ergebnisse und das institutionelle Design der je-
den Teilnehmern zu Wissenszuwächsen, mehr                 weiligen Kommunikationsräume. Empirische Er-
Toleranz und Gemeinwohlorientierung führen (Fis-          kenntnisse aus der Deliberativen-Design-Forschung
hkin, 2009).                                              können dabei hilfreich sein. Nimmt man diese Er-
                                                          kenntnisse ernst bedeutet dies aber auch, dass Ver-
Die größte Schwierigkeit liegt freilich darin, die ide-   fahren ressourcenintensiv sind. Moderatoren
alen Rahmenbedingungen zu schaffen, die jedoch            müssen bezahlt, Informationen anschaulich aufbe-
nicht als absolute Standards missverstanden werden        reitet und Debatten sorgfältig und transparent aus-
sollten (Thompson, 2008). Die normative Theorie           gewertet werden. Potenziert werden die Kosten
der deliberativen Demokratie trifft zugegebener-          durch den Faktor Zeit, der für Deliberation notwen-
maßen Annahmen, die kontrafaktischer Natur sind           dig ist.
(Habermas, 1992: 392). Sie sollten daher lediglich als
Ideale verstanden werden, dessen Umsetzung es zu          Die Ziele eines Deliberationsprozesses sollten vor-
versuchen gilt. Riskant wird Deliberation dann, wenn      ab geklärt und transparent gemacht werden. Dies
zentrale Voraussetzungen nicht berücksichtigt wer-        hilft sowohl den Organisatoren, die die Erreichung
den. Praktisch ist dies oftmals dann der Fall, wenn       der Ziele evaluieren können, als auch den Partizi-
Partizipation zu einer reinen Beschäftigungstherapie      pierenden, die vorab wissen wofür sie sich enga-
wird und die Beteiligten keinen Sinn in ihrem Tun         gieren sollen. Diese Transparenz gilt auch für die
erkennen. Deliberation sollte reale Probleme adres-       Methode der Deliberation selbst, die den Teilneh-
sieren und in institutionelle Entscheidungsprozesse       mern erklärt werden muss, wobei es nicht mit ei-
integriert werden. Gleichsam sollte darauf geachtet       nem simplen Verweis auf die Netiquette getan ist.
werden, dass einzelne Akteure oder Gruppen die            Es muss allen Beteiligten klarwerden, dass eine Be-
Debatte nicht dominieren oder absichtlich stören.         teiligung nur unter der Berücksichtigung bestimm-
Die Partizipierenden sollten sorgsam ausgewählt           ter Regeln fruchtbar ist. Das dies funktioniert
und hinreichend heterogen sein, um Verstärkungs-          konnte die Forschergruppe um Fishkin (Stanford
prozesse unter Gleichgesinnten zu vermeiden.              Universität) wiederholt zeigen (u.a. Fishkin, 2009;
                                                          Fishkin & Lushkin, 2005).
Praktische Implikationen

In den letzten Jahren haben die Angebote sich on-
line zu politischen Sachfragen zu beteiligen stark
zugenommen (Gladitz et al., 2016). Auch wenn die-
                                                                                                                 5
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