Pauline Viardot-Garcia - Sängerin und Komponistin - Konzert mit Moderation Larissa Wäspy, Sopran Denise Seyhan, Mezzosopran Franziska Dürr, Viola ...

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EUROPÄISCHE KULTURTAGE KARLSRUHE

         Pauline Viardot-Garcia – Sängerin und Komponistin

         Konzert mit Moderation

         Larissa Wäspy, Sopran

         Denise Seyhan, Mezzosopran

         Franziska Dürr, Viola

         Heike Bleckmann, Klavier, Konzept und Moderation

                                                                   Veranstalter:
                                                            Kulturamt Karlsruhe
                                                              Heike Bleckmann

© Heike Bleckmann                                                             1
EUROPÄISCHE KULTURTAGE KARLSRUHE

„Spanisches Naturell, französische Erziehung und deutsche Sympathien“ – mit
diesen Worten charakterisiert Franz Liszt seine ehemalige Klavierschülerin. Weiter
schreibt er: „Sie vereinigt die Eigenheiten verschiedener Nationalitäten derartig in
sich, dass man keinem bestimmten Boden einen ausschließlichen Anspruch an sie
zugestehen, sondern die Kunst das Vaterland ihrer freien Wahl und Liebe nennen
möchte...“
Geboren in eine spanische Sängerfamilie verzichtet Pauline Garcia nach dem frühen
Unfalltod ihrer Schwester, der gefeierten Operndiva Maria Malibran, auf die
Pianistinnen-Laufbahn und wird selbst zu einer der größten Gesangsinterpretinnen
des 19. Jahrhunderts.
Die Musikerin ist ein kosmopolitisches Kommunikations-Genie. Fließend kann sie
sich in sechs Sprachen verständigen. In ihrem Salon, den sie nach ihrer
Eheschließung mit dem Verleger, Intendanten und überzeugten Demokraten Louis
Viardot einrichtet und zeitlebens führt, bringt sie die kulturelle Elite Europas
zusammen.
Viardot-Garcia tritt auch als bemerkenswerte Komponistin hervor. In einigen ihrer
Lieder setzt sie sich mit den gesellschaftlichen Fragen ihrer Zeit auseinander: dem
Wunsch nach persönlicher und politischer Freiheit sowie der Gleichstellung
verschiedener sozialer Schichten. Wiederholt thematisiert sie die im 19. Jahrhundert
empörende Benachteiligung der Frauen. Mit ihrem „Liebesfreund“, dem berühmten
russischen Schriftsteller Ivan Turgenjev teilt sie die Abscheu vor der in Russland
immer noch herrschenden Leibeigenschaft.

Das Konzert, moderiert von Pianistin Heike Bleckmann, folgt einigen
Lebensstationen der sympathischen und universellen Künstlerin. Wichtig sind die
Jahre in Baden-Baden. Dort zählten, neben ihrer guten Freundin Clara Schumann,
Johannes Brahms und zahlreiche weitere Persönlichkeiten aus fast allen Bereichen
des öffentlichen Lebens zu ihren Gästen.

Pauline Viardot trat wiederholt in Karlsruhe auf und verbrachte sogar einige Zeit in
einer Wohnung in der heutigen Kaiserstraße.

Aufgeführt werden Werke sowohl von als auch für Pauline Viardot-Garcia

© Heike Bleckmann                                                                      2
EUROPÄISCHE KULTURTAGE KARLSRUHE

Programm
Pauline Viardot-Garcia (1821-1910)   Habanera (Textdichter unbekannt)
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                                     Heike Bleckmann
                                     Vor Gericht (Johann W. von Goethe)
                                     Denise Seyhan, Heike Bleckmann
                                     Der Gefangene (Alexander Puschkin)
                                     Larissa Wäspy, Heike Bleckmann

Charles Gounod (1818-1893)           O ma lyre immortelle (aus: Sapho,
                                     Libretto von Émile Augier)
                                     Denise Seyhan, Heike Bleckmann

Fréderic Chopin (1810-1849)/         Séparation (Louis Pomey)
Pauline Viardot-Garcia               Larissa Wäspy, Denise Seyhan,
                                     Heike Bleckmann

Pauline Viardot-Garcia               Die Soldatenbraut (Eduard Mörike)
                                     Larissa Wäspy, Heike Bleckmann
                                     Nixe Binsefuß (Eduard Mörike)
                                     Denise Seyhan, Heike Bleckmann
                                     Chanson de la pluie (Ivan Turgenjev)
                                     Larissa Wäspy, Heike Bleckmann

Gabriel Fauré (1845-1924)            Après un rêve op.7/1
                                     Fassung für Viola und Klavier
                                     Von Wolfgan Birtel
                                     Franziska Dürr, Heike Bleckmann

Pauline Viardot-Garcia               Hai luli (Xavier de Maistre)
                                     Larissa Wäspy, Heike Bleckmann
                                     Ici-bas tous les lilas meurent (Sully
                                     Prudhomme)
                                     Denise Seyhan, Heike Bleckmann
                                     Après avoir tout fait (Werbetext)
                                     Larissa Wäspy, Heike Bleckmann

Johannes Brahms (1833-1897)/         Les Bohémiennes (Louis Pomey)
Pauline Viardot-Garcia               Larissa Wäspy, Denise Seyhan,
                                     Heike Bleckmann

© Heike Bleckmann                                                            3
EUROPÄISCHE KULTURTAGE KARLSRUHE

Biografien
Larissa Wäspy wurde in Nürtingen geboren. Nach dem Abitur begann sie mit dem
Gesangsstudium an der Musikhochschule Karlsruhe, das sie mit einem
Masterabschluss Oper beendete. Sie studierte zuletzt bei Professorin Christiane
Libor und ist Stipendiatin der Hildegard-Zadek-Stiftung.
In den Spielzeiten 2011/12 bis 2013/14 war sie Mitglied im Opernstudio des
Staatstheaters Karlsruhe. Hier sang sie die Partien des Taumännchens/
Sandmännchens in Hänsel und Gretel, Héloise in Ritter Blaubart, Kleines Vrenchen
in Romeo und Julia auf dem Dorfe und Gräfin Ceprano/Page in Rigoletto, Hirt in
Tannhäuser, Frasquita in Carmen, Papagena in Die Zauberflöte, Yvette in Die
Passagierin, Barbarina in Le nozze di Figaro, First Niece in Peter Grimes, Ida in Die
Fledermaus, Max in Wo die wilden Kerle wohnen, Schäferin in L’enfant et les
sortilèges und Xenia in Boris Godunow. In der Spielzeit 2015/15 sang sie die Clizia in
Teseo bei den Internationalen Händelfestspielen Karlsruhe. Von der Spielzeit
2014/15 bis 2018/19 war sie Gast am Badischen Staatstheater. Weitere
Gastengagements führten sie an das Kammertheater Stuttgart, das Stadttheater
Pforzheim, die Staatsoper Hamburg, das Theater Ulm, die Semperoper Dresden und
die Deutsche Oper Berlin.
Zu ihrem Repertoire gehören Blonde, Zerbinetta, Adele und Nanetta.

Die deutsch-türkische Mezzosopranistin Denise Seyhan wurde im oberbergischen
Hückeswagen geboren und vervollständigte ihre Gesangsausbildung nach dem
Abschluss an der Musikhochschule Karlsruhe 2004 in einem Privatstudium zunächst
bei Gabriele Kniesel (Musikhochschule Freiburg). 2009 bis 2017 wurde sie von dem
Bariton Walter Donati (langjähriges Ensemblemitglied am Badischen Staatstheater)
und seiner Frau, der italienischen Sopranistin Anna-Rita Esposito, grundlegend in
der italienischen Belcanto Gesangstechnik ausgebildet. Nach ihrem
Stimmfachwechsel 2006 etablierte sie sich als Mezzosopran zunächst in privaten
Produktionen und gastiert seit 2013 regelmäßig an städtischen und staatlichen
Theatern, wie Heidelberg, Gießen, dem Badischen Staatstheater etc. Seit 2017
interpretiert sie zunehmend Rollen im dramatischen Fach wie die Amneris in Aida,
Fricka in Walküre oder Ulrica in Maskenball. Sie erreichte 2018 das Semifinale in der
Sektion Wagner-Stimmen des Gesangswettbewerb NuovoCanto in Mailand, 2020
das Finale vom Prix Atelier d’excellence mit dem Schwerpunkt italienische Oper und
das Semifinale des renommierten Wettbewerbs NYIOP New York.
Neben ihrer Tätigkeit als Opernsängerin konzertiert sie regelmäßig im In - und
Ausland und gibt mit der Pianistin Heike Bleckmann als Lied-Duo moderierte
Konzertabende zu ausgewählten Themen.
Ihre Leidenschaft für das Drehen von Opern-und Liedvideos entdeckte sie 2020 und
präsentiert mit ihrem Showreel ein facettenreiches Portrait Ihrer künstlerischen
Persönlichkeit und Arbeit.
Weitere Informationen unter: www.denise-seyhan.com

© Heike Bleckmann                                                                    4
EUROPÄISCHE KULTURTAGE KARLSRUHE

Franziska Dürr studierte zunächst Violine an den Musikhochschulen in Stuttgart und
Wien. Nach dem Wechsel zur Viola setzte sie ihr Studium ebenfalls in Wien fort und
beendete dieses am Mozarteum in Salzburg.
Seit 1990 ist Franziska Dürr Solobratschistin am Badischen Staatstheater Karlsruhe.
Sie tritt regelmäßig als Solistin und Kammermusikerin auf und wirkte bei vielen
Rundfunk- und CD-Produktionen mit. Als Honorarprofessorin lehrte sie bis zum 2015
an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Mannheim. Seit
2016 unterrichtet sie als Dozentin an der Kalaidos Fachhochschule (Departement
Musik) Schweiz. Ehemalige Studenten von ihr sind in großen deutschen und
ausländischen Orchestern tätig. Ebenso kümmert sie sich um die Förderung und
Ausbildung von begabten Kindern und Jugendlichen an der Musikschule Ettlingen.
Darüber hinaus setzt sie sich seit vielen Jahren intensiv mit dem Thema
Musikermedizin auseinander, z.B. in der Form von Dispokinesis und Spiraldynamik,
um Schüler*innen, Studente*innen und auch Kolleg*innen musikphysiologisch
optimal beraten zu können.

Heike Bleckmann studierte Klavier an den Musikhochschulen Würzburg und
Karlsruhe. Studienaufenthalte in den USA und zahlreiche Meisterkurse, unter
anderem bei Menahem Pressler, Edith Picht-Axenfeld und Helena Costa
vervollständigten ihre Ausbildung. Die Pianistin übt – vor allem als Liedbegleiterin,
aber auch als Duopartnerin in vierhändigem Klavierspiel und in verschiedenen
Ensembles (z.B. „Die 12 Pianisten“) – eine umfangreiche Konzerttätigkeit aus. Ein
Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der Ausarbeitung und Durchführung von
Programmen, die Musik und Literatur verbinden. Sie beschäftigt sich intensiv mit den
Biographien und dem Werk von Komponistinnen, zuletzt u.a. von Fanny Hensel,
Clara Schumann, Ethel Smyth und Pauline Viardot.

© Heike Bleckmann                                                                   5
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Liedtexte
Habanera (Textdichter unbekannt)

Vente, niña, conmigo al mar,
Que en la playa tengo un bajel.
Vogaremos a dos en él,
Que allí sólo se sabe amar.
Ay, rubita, si tu supieras,
Dame, dame tu amor.

Komm, Mädchen, mit mir zum Meer,
Denn am Strand habe ich ein Boot.
Zu zweit werden wir darin fahren,
Denn nur dort weiß man zu lieben.
Ay, meine Blonde, wenn du nur wüsstest,
Gib mir Deine Liebe!

Vor Gericht (Johann Wolfgang von Goethe)

Von wem ich es habe
Das sag‘ ich euch nicht.
Das Kind in meinem Leib.
„Pfui!“ Speit ihr aus! „Die Hure da!“
Bin doch ein ehrlich Weib.
Mit wem ich mich traute,
Das sag‘ ich euch nicht …
Mein Schatz ist lieb und gut.
Trägt eine goldene Kett‘ am Hals,
Trägt einen strohernen Hut.
Soll Spott und Hohn getragen sein –
Trag ich allein den Hohn!
Ich kenn‘ ihn wohl, er kennt mich wohl!
Und Gott weiß auch davon.
Herr Pfarrer und Herr Amtmann, Ihr,
Ich bitt‘, lasst mich in Ruh‘.
Es ist mein Kind, es bleibt mein Kind,
Ihr gebt mir ja nichts dazu!

© Heike Bleckmann                          6
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Der Gefangene (Alexander Puschkin, Übertragung von Friedrich Martin von
Bodenstedt)

Ich sitz‘ hinterm Gitter im feuchten Gemach.
Ein Adler, ein junger, steht aasend am Fach;
Mein trüber Gefährte, er aast mit Geräusch,
Er flattert und hackt in das blutige Fleisch.
Er hackt und wirft’s und zum Fenster er schaut,
Als wär‘ er mit meinen Gedanken vertraut;
Er ruft mich und kreischt mir ein mahnendes Wort,
Als wollt‘ er mir sagen: jetzt fliegen wir fort!
Wir fliegen ins Freie, es ist Zeit, ja es ist Zeit!
Dahin, wo die Berge sich dehnen so weit,
Dahin, wo das Meer glänzt in bläulichem Stich,
Dahin, wo nur schweben die Lüfte und ich!
Wir fliegen ins Freie, es ist Zeit, ja es ist Zeit!

O ma lyre immortelle (aus der Oper Sapho, Libretto von Emile Augier)

O ma lyre immortelle,                             Oh, meine unsterbliche Leier,
Qui dans les tristes jours,                       Die während trauriger Tage
A tous mes maux fidèle,                           Mich immer treu in
Les consolais toujours.                           Meinen Beschwernissen getröstet hat.
En vain ton doux murmure                          Vergeblich will mir dein sanftes Murmeln
Veut m’aider à souffrir;                          In meinem Leid helfen.
Non! Tu ne peux guérir                            Nein! Du kannst meine letzte Verwundung
Ma dernière blessure.                             Nicht heilen.
Ma blessure est au coeur.                         Die Wunde ist am Herzen.
Seul le trépas peut finir ma douleur.             Nur das Hinscheiden
                                                  Kann meinen Schmerz enden.
Adieu! Flambeau du monde                          Leb wohl! Weltenfackel,
Descends au sein des flots!                       Verlösche in den Fluten.
Moi, je descends sous l’onde                      Ich versinke unter der Woge
Dans l’éternel répos:                             Zur ewigen Ruhe.
Le jour qui doit éclore,                          Der anbrechende Tag
Phaon, luira pour toi,                            Mag dir leuchten, Phaon.
Mais sans penser à moi                            Aber ohne an mich zu denken
Tu reveras l’aurore.                              Sollst du von der Morgenröte träumen.
Ouvre-toi, gouffre amer!                          Öffne dich, Meeresschlund!
Je vais dormir pour toujours dans la mer.         Ich werde für immer im Meer schlummern.

© Heike Bleckmann                                                                        7
EUROPÄISCHE KULTURTAGE KARLSRUHE

Séparation (Louis Pomey)

1.Pars, et nous oublie;                      1.Geh, und vergiss uns;
  Ne suis point mes pas.                       Folge meinen Schritten nicht.
2.Reste, o mon amie,                         2.Bleib, o meine Liebe
  Ou je suivrai tes pas.                       Oder ich werde deinen Schritten folgen.
1.La fortune ennemie                         1.Das grausame Schicksal
  M’arrache de tes bras,                       Reißt mich aus deinen Armen.
  Las! En vain m’implore.                      Ach! Der eine, den ich verehre, fleht
                                             vergebens.
2.Mon coeur, ma vie                          2.Mein Herz, mein Leben
  S’en vont quand tu t’en vas.                 Schwinden mit deinem Verlust.
  Mais en vain t’implore.                      Aber der, der dich liebt, fleht vergebens.
1.J’avais su le charmer                      1.Ich wusste, wie ich ihn verzaubern kann.
  Ma vie était trop belle,                     Mein Leben war zu schön.
  Du sort la loi cruelle                       Das grausame Gesetz des Schicksals
  Me defend de aimer.                          Verbietet mir, ihn zu lieben.
2.Les dieux qui, pour charmer                2.Die Götter, die, um zu verzaubern,
  T’on fait naître si belle                    Dich von Geburt an so schön geschaffen
  Ne veulent pas, cruelle,                   haben,
  Que ton Coeur sache aimer.                   Aber nicht wünschen, grausames
                                             Mädchen,
                                               Dass dein Herz zu lieben weiß.

Die Soldatenbraut (Eduard Mörike)

Ach, wenn’s nur der König auch wüsst‘,
Wie wacker mein Schätzelein ist!
Für den König, da ließ er sein Blut,
Für mich aber ebenso gut.
Mein Schatz hat kein Band und kein‘ Stern,
Kein Kreuz wie die vornehmen Herrn,
Mein Schatz war auch kein General:
Hätt‘ er nur seinen Abschied einmal!
Es scheinen drei Sterne so hell
Dort über Marien-Kapell;
Da knüpft uns ein rosenrot‘ Band,
Und ein Hauskreuz ist auch bei der Hand.

© Heike Bleckmann                                                                    8
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Nixe Binsefuß (Eduard Mörike)

Des Wassermanns sein Töchterlein
Tanzt auf dem Eis im Vollmondschein,
Sie tanzet ohne Furcht und Scheu
Wohl an des Fischers Haus vorbei.
„Ich bin die Nixe Binsefuß
Und meine Fisch‘ wohl hüten muss.
Meine Fisch‘, die sind im Kasten,
Sie haben kalte Fasten.
Von Böhmerglas mein Kasten ist,
Da zähl‘ ich sie zu jeder Frist.
Gelt, Fischer-Matz? Gelt, alter Tropf?
Dir will der Winter nicht in Kopf?
Komm mir mit deinen Netzen!
Die will ich schön zerfetzen!
Dein Mägdlein zwar ist fromm und gut
Ihr Schatz ein braves Jägerblut.
Drum häng‘ ich ihr, zum Hochzeitstrauß,
Ein schilfen Kränzlein vor das Haus,
Und einen Hecht, von Silber schwer,
Er stammt von König Artus her,
Ein Zwergen-Goldschmieds-Meisterstück,
Wer’s hat, dem bringt es eitel Glück:
Er lässt sich schuppen Jahr für Jahr,
Da sind’s fünfhundert Gröschlein bar.
Ade, mein Kind! Ade für heut‘,
Der Morgenhahn im Dorfe schreit.“

Chanson de la Pluie (Ivan Turgenjev)

Coulez, coulez gouttes fines,              Ergießt euch, ihr feinen Tropfen
Le long de collines, en petits ruisseaux   Die Hügel hinab, in kleinen Bächlein
Coulez, coulez sur la mousse               Ergießt euch über das Moos
Verdoyante et douce, baignez les           Grünend und süß, badet die Zweige
rameaux.
Le vent vous entraîne jusque dans la       Der Wind fegt euch über die Ebene,
plaine                                     Die den Duft von Heu in die Ferne
Qui répand au loin une odeur de foin       verbreitet
Sous l’eau qui ruisselle en ruisseau       Unter dem Wasser, das in einen
mouvant                                    sprudelnden Bach tröpfelt,
La fleur étincelle comme un diamant.       Glitzert die Blume wie ein Diamant.

© Heike Bleckmann                                                                 9
EUROPÄISCHE KULTURTAGE KARLSRUHE

Hai Luli (Xavier de Maistre)         Ich bin traurig, ich bin unruhig,
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Je suis triste, je m’inquiète,       Mein guter Freund sollte kommen,
Je ne sais plus que devenir,         Und ich erwarte ihn hier ganz allein.
Mon bon ami devait venir,            Hai Luli! Hai Luli!
Et je l’attends ici seulette.        Wo kann mein Freund nur sein?
Hai Luli! Hai Luli!
                                     Ich setze mich hin, um die Wolle zu
Où donc peut être mon ami?
                                     spinnen,
Je m’assieds pour filer ma laine,    Der Faden zerreißt in meiner Hand…
Le fil se casse dans ma main …       So werde ich morgen spinnen,
Allons, je filerai demain;           Heute bin ich zu sehr in Sorge!
Aujourd’hui je suis trop en peine!   Hai Luli! Hai Luli!
Hai Luli! Hai Luli!                  Wie traurig ist es ohne den Freund!
Qu’il fait triste sans son ami!
                                     Sollte er jemals flatterhaft werden,
                                     Sollte er mich je verlassen,
Si jamais il devient volage,         Muss das Dorf brennen,
S’il doit un jour m’abandonner,      Und ich mit dem Dorf!
Le village n’a qu’à bruler,          Hai Luli! Hai Luli!
Et moi-même avec le village!         Wozu leben ohne den Freund?
Hai Luli! Hai Luli!
A quoi bon vivre sans ami?

© Heike Bleckmann                                                           10
EUROPÄISCHE KULTURTAGE KARLSRUHE

Ici-bas tous les Lilas meurent (Sully Prudhomme)

Ici-bas tous les lilas meurent,
Tous les chants des oiseaux sont courts.
Je rêve aux étés qui demeurent toujours.
Ici-bas les lèvres effleurent
Sans rien laisser de leur velours.
Je rêve aux baisers qui demeurent toujours.
Ici-bas tous les hommes pleurant
Leurs amities ou leurs amours.
Je rêve aux couples qui demeurent toujours.

Hier unten auf Erden vergeht aller Flieder,
Aller Vogelsang ist kurz,
Ich träume von Sommern, die ewig währen.
Hier unten auf Erden streifen sich die Lippen nur leicht,
Nichts bleibt von ihrer Samtigkeit,
Ich träume von Küssen, die ewig währen.
Hier unten auf Erden beweinen alle Menschen
Ihre Freundschaften oder ihre Liebe.
Ich träume von Paaren, die ewig währen.

Le Savon du Congo (erschienen in den Zeitungen „Le Gaulois“ und „Le Petit
Parisien“ 9.1.1898)

Après avoir tout fait pour paraître moins laide,
Claire ayant essayé les fards les plus nouveaux
Appela les savons de Vaissier à son aide
Et la voilà jolie, grâce au savon du Congo.
Nachdem sie alles unternommen hatte, um weniger hässlich zu erscheinen,
hatte Claire die neueste Schminke ausprobiert.
Schließlich rief sie den Seifenfabrikanten Vaissier um Hilfe an,
und sieh da: sie wurde hübsch, dank der Seife des Congo.

© Heike Bleckmann                                                           11
EUROPÄISCHE KULTURTAGE KARLSRUHE

Les Bohémiennes (Louis Pomey)

Ah! Plus vagabondes que les chèvres      Ah! Freier umherwandernd als die Ziegen,
Et le refrain joyeux aux lèvres,         Und mit einem frohen Lied auf den Lippen,
Du fond de la Bohème nous venons         Kommen wir aus Böhmen,
Jetant au vent l’écho de nos chansons.   Und das Echo unserer Lieder überlassen wir
                                         dem Wind!
Vives et prestes,                        Lebendig und schnell,
Souples et lestes,                       Biegsam und flink,
Tendant le pied cambrant les hanches.    Bewegen wir unsere Füße und schwingen
Sur la bruyère,                          unsere Hüften,
Dans la poussière,                       In der Heide, im Staub
Nous dansons á l’ombre des branches,     Tanzen wir im Schatten der Zweige,
Nous dansons au son du tambourin.        Begleitet vom Klang des Tamburins.
Ai-je faim? J’allonge la main            Habe ich Hunger? Ich strecke meine Hand
Pour cueillir les fruits du chemin;      aus,
Ai-je soif, j’ai pour ressource,         Um Früchte entlang des Weges zu pflücken.
L’onde fraiche de la source;             Bin ich durstig, trinke ich das
Et le soir, dans les roseaux,            Frische Wasser aus dem Fluss;
Je fais mon nid ainsì que les oiseaux.   Und in der Nacht baue ich mir ein Nest
                                         Wie die Vögel, mitten im Schilf.
Je sais lire dans les cieux,             Ich weiß, wie man den Himmel liest,
Dans la flamme de l’étoile,              Das Licht der Sterne, der Planeten
Dans les astres, á mes yeux.             Vor meinen Augen offenbart sich alle
L’avenir se dévoile.                     Zukunft.
Jeunes belles et vous, jeunes gens,      Ihr schönen Mädchen, und ihr, junge Herren,
Voulez vous savoir qui vous aime,        Wollt ihr wissen, wer Euch liebt?
Apportez tous vos écus sonnants          Bringt all Eure klingenden Münzen zur
Chez la fille de Bohème!                 Tochter der Bohème!

© Heike Bleckmann                                                               12
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