Heidelberger Bieratlas 2019 - Geschmackstests lokaler Biermarken - SRH Hochschule Heidelberg
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Heidelberger Bieratlas 2019 Geschmackstests lokaler Biermarken Prof. Dr. Benedikt Römmelt, SRH Hochschule Heidelberg Im September beginnt die Oktoberfestsaison. Was liegt da näher, als sich dem Thema „Bierkonsum in Heidelberg“ etwas intensiver zu widmen? Masterstudierende des Studi- engangs Internationales Management und Entrepreneurship der SRH Hochschule Hei- delberg analysierten im Rahmen Ihres Studiums die Wahrnehmung des Geschmacks lo- kaler Biermarken auf Basis einer Markenbewertung sowie im Rahmen standardisierter Blindverkostungen. Für die Mitarbeit an dieser Studie sei folgenden Studierenden des Masterstudiengangs „Internationales Management und Entrepreneurship“ herzlich gedankt: Philipp Pauser, Fabian Risch, Daniel Sachweh, Jakob Schmidt, Stefan Sperka
Inhalt Management Summary ................................................................................................ 3 1 Ausgangslage: Die Wahrnehmung von Biermarken in Heidelberg ........................... 4 2 Blindverkostung der lokalen Biere .......................................................................... 8 2.1 Erhebungssituation im Rahmen der Blindverkostung........................................ 8 2.2 Ergebnisse der Geschmacksbewertung in der Blindverkostung ......................... 9 3 Markenwahrnehmung versus Geschmacksbewertung .......................................... 11 4 Erkennbarkeit von alkoholfreiem Bier im Blindversuch .......................................... 14 5 Hinweise zur Methodik der Studie ....................................................................... 15 5.1 Auswahl der getesteten Biere ........................................................................ 15 5.2 Stichprobe .................................................................................................... 15 6 Entstehung der Studie im Rahmen des CORE-Prinzips .......................................... 17 Literaturverzeichnis .................................................................................................... 18 2
Management Summary Ausgangslage: Im Heidelberger Bieratlas 2018 (Römmelt, 2018) wurde die Wahrneh- mung des Geschmacks lokaler Biermarken gemessen. Hierbei wurden deutliche Unter- schiede zwischen den Marken sichtbar. Insbesondere die Marke „Heidelberger“ wird deutlich schlechter als andere Marken wahrgenommen. Studienfokus: Darauf aufbauend widmet sich der Heidelberger Bieratlas 2019 den Un- terschieden in der Wahrnehmung des Geschmacks von Biermarken und dem wirklichen Geschmack der Biere auf Basis einer Blindverkostung. Methode und Stichprobe: Die Stichprobe bestehend aus n=93 Heidelberger Biertrin- kerinnen und Biertrinkern1 ist auf Basis eines Quotenplans und Gewichtung der Fälle re- präsentativ nach Alter und Geschlecht für die Grundgesamtheit der „Heidelberger Bier- trinker“ (vgl. Kapitel 5.2). Die Probanden testen im standardisierten Blindversuch sieben Biere, die nach Pilsnerbrauart hergestellt wurden. Bei einem der Biere handelte es sich um ein alkoholfreies Produkt. Ergebnisse Blindtests: Im Rahmen der Blindverkostung sind nur geringe Unterschiede zwischen den Bieren zu beobachten. Die Tester bewerten Welde, Eichbaum, Kulturbrau- erei, Heidelberger und Vetter annähernd gleich gut. Statistisch gesehen gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen diesen Marken. Lediglich das Pils der Brauerei am Klosterhof wird signifikant schlechter bewertet als das von Welde. Das alkoholfreie Bier im Test erhält deutlich schlechtere Bewertungen als die alkoholhaltigen Biere. Ergebnisse der Markenwahrnehmung: Wie schon im Heidelberger Bieratlas 2018 sind auch in dieser Studie große Unterschiede erkennbar, wenn die Probanden die Biere lediglich auf Basis einer Exposition mit der Marke bewerten sollen. Welde ist die als am besten bewertete Biermarke. Der Abstand zu den Marken „Kulturbrauerei“, „Brauerei am Klosterhof“ und „Vetter“ ist sehr gering und nicht signifikant. Dies bedeutet, dass diese Reihenfolge auch zufällig zustande gekommen sein kann. Eichbaum nimmt den vorletzten Platz ein. Heidelberger ist wie auch 2018 das alleinige Schlusslicht. Alkoholfreies Bier: Das alkoholfreie Bier wird im Vergleich zu den sechs alkoholhalti- gen Bieren deutlich am schlechtesten bewertet. Jedoch erkannte nur ein Viertel der Tes- ter (27%) auf den Hinweis, dass ein alkoholfreies Bier getestet wurde, richtig, um wel- ches Bier es sich handelte. 1 Im Folgenden wird nur noch von „Biertrinkern“ gesprochen. Dies schließt selbstverständlich auch Bier- trinkerinnen mit ein. 3
1 Ausgangslage: Die Wahrnehmung von Biermarken in Heidelberg Der deutsche Biermarkt ist sehr ausdifferenziert. Über 6.000 Biermarken bieten die über 1.500 Brauereien in Deutschland an (Deutscher Brauer Bund e.V., 2019). In diesem viel- fältigen Angebotsumfeld versuchen die Brauereien sich mit ihren Marken und Produkten so zu positionieren, dass sie sich von den anderen Anbietern abheben. In dieser Studie interessiert jedoch nicht die Herstellerperspektive, sondern die Sicht der Kunden. Denn auch für Biertrinker haben Marken mehrere Funktionen (Preuß, 2014): Unterscheidung, Qualität/Garantie, Vertrauen, Entlastung/Orientierung, Identität sowie Prestige/Status (Abbildung 1). Abbildung 1: Funktionen von Marken aus Kundensicht (Preuß, 2014) Die Unterscheidungsfunktion bezieht sich darauf, dass ein Konsument die Produkte eines Herstellers von denen anderer Hersteller unterscheiden kann. Darüber hinaus kön- nen Marken eine bestimmte Qualität der Produkte signalisieren, sofern diese über ei- nen längeren Zeitraum nachgewiesenermaßen erreicht wurde. Somit stellen Marken eine Garantie für die markierten Produkt dar. Das geschaffene Vertrauen senkt das Kaufrisiko für einen Biertrinker. Werden die Eigenschaften einer Marke darüber hinaus 4
von besonders glaubwürdigen Akteuren (z.B. Freunden, Bekannten, Wirten) empfohlen, kann eine Marke ein positives Bild beim Nutzer (Image) aufbauen. Zudem entlasten Marken den Konsumenten bei der Kaufentscheidung, da eine schnelle Orientierung und Identifikation der gewünschten Leistungen in der Vielfalt des Angebots möglich werden. Dadurch verringert sich der Such- und Informationsaufwand bei einer Kaufent- scheidung und der Kaufprozess vereinfacht sich für den Konsumenten. Die Identifikationsfunktion ist so zu verstehen, dass der Nutzer die Eigenschaften ei- ner Marke auf sich selbst überträgt und dadurch sein Eigenbild bestimmt (z.B. „ich trinke das lokale Bier“). Weiterhin kann ein Biertrinker seine soziale Gruppenzugehörig- keit zum Ausdruck bringen, wenn er beispielsweise die in sozialen Kontext übliche Marke trinkt. Besonders wertige Marken haben zudem eine Prestige- bzw. Status- funktion. Die Marke kommuniziert auch, dass der Nutzer sich diese Marke leisten kann. Wenngleich ein Hersteller versucht seine Marken im besten Licht erscheinen zu lassen (Selbstbild), ist eine Marke natürlich nur erfolgreich, wenn die Markeneigenschaften auch vom Nutzer nachhaltig und glaubhaft wahrgenommen werden (Fremdbild, Image). Der Heidelberger Bieratlas 20182 (Römmelt, 2018) zeigte, dass der Geschmack der regi- onalen Biermarken von den Heidelbergern sehr unterschiedlich bewertet wird (Abbil- dung 2). 2 Im Heidelberger Bieratlas 2018 wurden n=591 Einwohner von Heidelberg befragt. Die Studie ist auf Ba- sis eines Quotenplans nach Alter, Geschlecht und Stadtteil repräsentativ für die Bevölkerung der Stadt Heidelberg ab 18 Jahren. 5
Abbildung 2: Geschmacksbewertung auf Basis der Markenwahrnehmung 2018 (erweiterte Darstellung in Anlehnung an Römmelt, 2018) Die Produkte der Brauerei zum Klosterhof sowie des Brauhauses Vetter wurden mit 4,0 Punkten am besten bewertet. Die Bewertung des Geschmacks erfolgte auf einer Skala von 1 („schmeckt überhaupt nicht“) bis 5 („schmeckt sehr gut“). Welde liegt mit einer durchschnittlichen Bewertung von 3,8 knapp hinter den beiden Erstplatzierten. Der Un- terschied zwischen diesen drei Marken ist dabei statistisch nicht signifikant. Mit etwas Abstand folgen auf den Plätzen vier bis sieben folgen die Marken „Dachsen- franz“ (3,5), „Kulturbrauerei Heidelberg“ (3,4), „Kühler Krug“ (3,2) sowie „Kurpfalz- bräu“ (3,2; Marke der Weldebräu GmbH & CO. KG). Diese Marken untereinander sich statistisch nicht signifikant voneinander. Die Marke „Eichbaum“ liegt mit einer Bewer- tung von 3,0 knapp (nicht signifikant) hinter Kurpfalzbräu und Kühler Krug. Die Biere der Marke „Heidelberger“, der größten Brauerei direkt in der Stadt Heidelberg, liegen mit 2,4 abgeschlagen (und signifikant schlechter als alle anderen Marken) auf dem letz- ten Platz. Insbesondere diese großen Unterschiede im wahrgenommenen Geschmack im Rahmen des Heidelberger Bieratlas 2018 sind Ausgangspunkt des diesjährigen Bieratlas. Die Kernfragen dieser Studie lauten: 6
1) Wie groß sind die Geschmacksunterschiede zwischen den Bieren verschie- dener Marken wirklich im Blindtest?(vgl. Kapitel2) 2) Gibt es Unterschiede zwischen dem wahrgenommenen Geschmack auf Basis einer Exposition mit der Marke und dem Blindtest der jeweiligen Marke? (vgl. Kapitel 3) 3) Erkennen Biertrinker alkoholfreies Bier an dessen Geschmack im Blindver- such? (vgl. Kapitel4) 7
2 Blindverkostung der lokalen Biere 2.1 Erhebungssituation im Rahmen der Blindverkostung Um die Bewertung unbeeinflusst von der Marke und Darbietungsform zu ermöglichen wurde ein sogenannter Blindtest durchgeführt. Die Probanden wussten nicht, welche Biermarken im Test beteiligt sind und welches Bier sie gerade probierten. Die Erhebung fand unter Laborbedingungen an der SRH Hochschule Heidelberg statt. Die Blindverkostungen fanden standardisiert unter Führung von geschulten Interviewern jeweils einzeln mit Trennung von anderen Probanden statt. Da nicht alle Altersgruppen gleich gut rekrutierbar waren, wurden einige Interviews in einer Seniorenresidenz, in ei- ner Bar sowie in den Räumen eines Unternehmens unter vergleichbaren Bedingungen geführt. Die Testproben wurden bei standardisierter Temperatur (8°C) in blickdichten Bechern serviert. Die auf der Unterseite mit Farbcodes markierten Becher wurden auf Schablonen mit analogen Farbcodes dargeboten. Für die Probanden waren die Farbcodes nicht di- rekt zu erkennen. Um Reihenfolgeeffekte zu vermeiden, wechselte die Reihenfolge der Farbcodes auf den verwendeten Schablonen in randomisierter Weise. Somit war sicher- gestellt, dass die Probanden die Biere in unterschiedlichen Reihenfolgen probierten. Die Biere wurden einzeln nacheinander getestet und jeweils direkt bewertet. Zwischen den Biertests neutralisierten die Probanden ihre Geschmacksnerven mit Weißbrot und Was- ser. Im Rahmen der Tests bewerteten die Probanden im ersten Schritt auf Basis von Fotos die Optik der Biere. Anschließend wurde der Geruch der Biere eingeschätzt. Dieser Bericht verzichtet allerdings auf die Darstellung der Ergebnisse der Optik- und Geruchsbewer- tung. Die Bewertung des Geschmacks erfolgte auf einer Skala von 1 „schmeckt über- haupt nicht“ bis 5„schmeckt sehr gut“. Anschließend erfolgte die Nachfrage, ob die Probanden das alkoholfreie Bier bemerkt hätten (vgl. Kapitel 4). Nach den sensorischen Biertests wurde die Wahrnehmung der Marken gemessen. Dazu präsentierten die Inter- viewer den Probanden Bilder mit den in der Studie dargebotenen Marken. Diese bewer- teten die Probanden ebenfalls auf einer Skala von 1 „schmeckt überhaupt nicht“ bis 5„schmeckt sehr gut“. Die Ergebnisse dieser Frage wird in Kapitel 3 beschrieben. Bei den sieben getesteten Bieren handelte es sich zur verbesserten Vergleichbarkeit um nach Pilsner Brauart gebraute Biere von sechs Marken (Welde, Eichbaum, Kulturbraue- rei, Heidelberger, Vetter und Brauerei am Klosterhof). Zudem wurde ein alkoholfreies Pils getestet (Welde). Trotz gleicher Brauart unterscheiden sich die getesteten Biere im Geschmack aufgrund des variierenden Malz- und Hopfenanteils (Herbe) sowie Malz- 8
und Hopfensorten (Fruchtigkeit) deutlich. Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse sind arithmetische Mittel (Durchschnitt). Individuell streuen die Geschmäcker und es gab für alle Biersorten Probanden, die das jeweilige Bier mit Bestnote allerdings auch mit der schlechtesten Ausprägung der Skala bewerteten (vgl. für Details Abbildung 4 im nächs- ten Abschnitt). 2.2 Ergebnisse der Geschmacksbewertung in der Blindverkostung Grundsätzlich sind relativ geringe Unterschiede in der Geschmacksbewertung der Pils- biere im Rahmen der Blindverkostung zu beobachten. Welde führt zwar das Ranking mit einer Bewertung von 3,2 Punkten auf der Skala von 1 „schmeckt überhaupt nicht“ bis 5 „schmeckt sehr gut“ an (Abbildung 3). Jedoch folgen Eichbaum und Kulturbrauerei mit Bewertungen von je 3,1 nur ganz knapp dahinter. Auch Heidelberger mit 3,0 und Vetter mit 2,9 liegen sehr nahe an den Spitzenplätzen. Die Unterschiede zwischen den ersten fünf Plätzen unterscheiden sich statistisch nicht signifikant. Dies bedeutet, dass die sicht- baren (geringen) Unterschiede zufällig entstanden sein könnten und nicht in der Grund- gesamtheit (Heidelberger Biertrinker) nachweisbar sind. Abbildung 3: Ergebnisse der Geschmacksbewertung der Blindverkostung 9
Mit einer Bewertung von 2,7 Punkten landet das Pils der Brauerei am Klosterhof auf Rang 6. Die Bewertung der Pilsbiere von Welde und Eichbaum sind signifikant besser als das Pils der Brauerei am Klosterhof. Die getesteten Biere der Kulturbrauerei, von Heidel- berger und Vetter sind dagegen sind statistisch gesehen nicht signifikant besser als das der Brauerei am Klosterhof. Die Probanden wussten dabei nicht, dass bei den sieben zu testenden Bieren ein alko- holfreies Bier beinhaltet war. Das alkoholfreie Bier landet deutlich auf dem letzten Platz. Abbildung 4: Verteilung der Antworten des Geschmacksblindtests auf die Bewertungskategorien Dabei ist zu beobachten, dass die Streuung beim alkoholfreien Bier (SD=1,3) am größ- ten war. Dies bedeutet, dass es auf der einen Seite sehr viele Tester gab, denen das Bier nicht mundete. 59% der Tester bewerteten das alkoholfreie Bier tendenziell negativ (Abbildung 4). Einem Drittel schmeckte das Alkoholfreie „überhaupt nicht“. Auf der an- deren Seite gaben es allerdings auch 28% der Testpersonen eine tendenziell gute Be- wertung ab. Durch die im Vergleich zu den anderen Testbieren relativ seltenen neutra- len Bewertung entsteht die große Streuung. 10
3 Markenwahrnehmung versus Geschmacksbewertung Im Anschluss an die Geschmackstest wurden die Probanden mit sechs Marken konfron- tiert: Welde, Kulturbrauerei, Brauerei am Klosterhof, Vetter, Eichbaum und Heidelber- ger. Die Interviewer zeigten den Probanden die Logos der genannten Marken und baten sie, den Geschmack des Biers der jeweiligen Marke auf einer Skala von 1 „schmeckt überhaupt nicht“ bis 5 „schmeckt sehr gut“ zu bewerten. Offensichtlich wird bei einer solchen Befragung nur der einer Marke zugeschriebene Geschmack bewertet. Diese Wahrnehmung des Geschmacks jedoch beeinflusst gerade das Kundenverhalten beim nächsten Kauf. Im Vergleich zum Heidelberger Bieratlas 2018 musste auf drei Marken (Dachsenfranz, Kühler Krug und Kurpfalzbräu) verzichtet werden. Die Aufnahme weite- rer Marken in den Geschmackstest wäre mit eingeschränkter Validität (höherer Alkohol- konsum) einhergegangen. Wie auch im Heidelberger Bieratlas aus dem Jahr 2018 (Römmelt, 2018) unterscheidet sich die Markenbekanntheit deutlich. Welde (89%), Eichbaum (78%) und Heidelberger (75%) sind die in dieser Studie bekanntesten Marken. Die Brauerei am Klosterhof (46%), das Brauhaus Vetter (42%) und die Kulturbrauerei (35%) kennen weniger als die Hälfte der Studienteilnehmer. Die Probanden schreiben der Marke „Welde“ (4,2) den besten Geschmack zu. Die Kul- turbrauerei (3,9), Brauerei am Klosterhof (3,8) und Vetter (3,8) folgen mit wenigen Zehnteln Unterschied dahinter. Auf Basis der vorhandenen Stichprobe sind allerdings die Unterschiede zwischen diesen Marken nicht signifikant. Erst Eichbaum hat mit einer Be- wertung von 3,4 ein signifikant niedrigeres Resultat als Welde. Schlusslicht Heidelberger (3,1) ist, wie auch im Vorjahr, die am schlechtesten bewertete Biermarke. Heidelberger erhält signifikant niedrigere Bewertungen als die übrigen Marken. Lediglich der Unter- schied zwischen Eichbaum und Heidelberg ist nicht signifikant. 11
Abbildung 5: Bewertung des Geschmacks auf Basis der Markenwahrnehmung Der wahrgenommene Geschmack der Biermarken unterscheidet sich stärker als der Ge- schmack in den Blindtests (Abbildung 6). Hierbei fällt zunächst auf, dass die Marken ins- gesamt besser bewertet wurden als die Biere bei den Geschmackstests abschnitten. Besonderes große Unterschiede im wahrgenommenen Geschmack auf Basis der Marke und „echtem“ Geschmack in der Blindverkostung ließen sich bei Welde und der Braue- rei am Klosterhof beobachten. Auch der Unterschied von Vetters wahrgenommener Marke und dem Geschmackstest sind groß und höchstsignifikant. Etwas geringer, aber noch signifikant sind die Unterschiede bei der Kulturbrauerei. Die Marken „Heidelber- ger“ und „Eichbaum“ hingegen werden annähernd gleich bewertet wie der Geschmack im Blindtest. Da das von den Kunden wahrgenommene Image einer Marke einen hohen Einfluss auf den Kauf einer Marke hat, ist der Aufbau eines entsprechenden Markenimage für die Brauereinen von sehr hoher Relevanz. Welde schafft dies unter anderem mit eigens de- signten, besonders geformten Flaschen oder dem „Slow Beer“ Label. Die kleineren Brauereinen (Kulturbrauerei, Brauerei am Klosterhof und Vetter) profitieren von der Craft-Beer Welle sowie dem typischen Lokalpatriotismus. Das Image von Eichbaum 12
(Mannheim) und der Heidelberger Brauerei sind bei Heidelberger Biertrinkern nicht be- sonders positiv besetzt. Die Biere schmecken jedoch im Blindtest unabhängig von der Marke im Durchschnitt vergleichbar gut. Abbildung 6: Vergleich der Markenwahrnehmung und des Geschmacks im Blindtest (gepaarte t-Tests) 13
4 Erkennbarkeit von alkoholfreiem Bier im Blindversuch Wie bereits beschrieben wurde das alkoholfreie Bier im Vergleich zu den alkoholhaltigen Bieren im Blindtest deutlich schlechter bewertet (vgl. Kapitel 2.2 und insbesondere Ab- bildung 3). Am Ende des Blindtests wurden die Probanden gefragt, ob ihnen aufgefallen war, dass unter den eben getesteten Bieren ein alkoholfreies Bier vertreten war. Ledig- lich ein gutes Viertel (27%) konnte das alkoholfreie Bier richtig zuordnen. Die Mehrzahl (62%) gaben an, dass sie dies gar nicht bemerkt hatten (Abbildung 7). Zudem glaubten zwar 11% der Probanden, das alkoholfreie Bier geschmeckt zu haben, konnten es je- doch nicht richtig zuordnen. Somit konnten insgesamt 73% das alkoholfreie Bier nicht identifizieren. Dieses Ergebnis ist überraschend, da den Probanden durch ihre Teilnahme ein erhöhtes Interesse am Thema „Bier“ zu unterstellen ist. Auf der anderen Seite spricht dies für die Brauereien, die es schaffen, alkoholfreies Bier zu produzieren, das nicht sofort als alkoholfreies Bier auffällt. Abbildung 7: (Richtige) Zuordnung des alkoholfreien Bieres im Anschluss an die Verkostung 14
5 Hinweise zur Methodik der Studie 5.1 Auswahl der getesteten Biere Durch die Komplexität eines Geschmackstests musste die Anzahl der getesteten Biersor- ten auf sieben Biere beschränkt werden. Zur Vergleichbarkeit wurden ausschließlich nach Pilsnerbrauart hergestellte Biere der untersuchten Marken getestet. Trotz gleicher Brauart unterscheiden sich die getesteten Biere im Geschmack aufgrund des variieren- den Malz- und Hopfenanteils (Herbe) sowie der Malz- und Hopfensorten (Fruchtigkeit) deutlich. Sechs der Biere enthielten Alkohol, ein Bier war alkoholfrei. Folgende Biersor- ten wurden in der Studie berücksichtig (alphabetische Reihenfolge): > Brauerei am Klosterhof: Pils > Brauhaus Vetter: Brauhaus Helles > Privatbrauerei Eichbaum: Pilsner > Heidelberger Brauerei: Heidelberger 1603 Premium Pils > Kulturbrauerei Heidelberg: Pils > Welde: No1 Slow Beer Pils > Welde: No1 Slow Beer Pils alkoholfrei Bei den ausgewählten Bieren handelt es sich in der Regel jeweils um das für die jewei- lige Marke typische Bier. Ausnahme stellt die Brauerei am Klosterhof dar. Soweit man bei dieser von einem Kernprodukt sprechen kann, wäre dies eher das Helle Bier. Die Brauereien hatten keinen Einfluss auf die Methodik sowie den Ablauf der Studie. Die lo- kalen Brauereien wurden im Vorfeld der Studie über die Studie informiert und gebeten, Bier nach Pilsner Brauart für die Geschmackstests zur Verfügung zu stellen. Dankens- werter Weise haben die Brauerei am Klosterhof, das Brauhaus Vetter, die Heidelberger Brauerei, die Kulturbrauerei Heidelberg sowie Welde jeweils 50 Liter der oben genann- ten Sorten für die Studie kostenfrei zur Verfügung gestellt. Lediglich die Privatbrauerei Eichbaum reagierte nicht auf die Anfrage der Studierenden. Deshalb wurde das Eich- baum Pilsner über den Getränkeeinzelhandel beschafft. 5.2 Stichprobe Die Grundgesamtheit, an der wir in dieser Studie interessiert sind, sind die Heidelberger Biertrinker ab 18 Jahren. Aus dem Heidelberger Bieratlas 2018 (Römmelt, 2018) ist die Verteilung der Heidelberger Biertrinker nach Altersgruppen und Geschlecht bekannt. 78% der Heidelberger trinken zumindest gelegentlich Bier (89% der Männer, 68% der Frauen). Um die Repräsentativität nach Alter und Geschlecht dieser Studie für die Heidelberger Biertrinker zu gewährleisten, wurde bei der Auswahl der Probanden ein Quotenplan 15
verwendet, dessen Verteilung der Verteilung der Heidelberger Biertrinker entspricht (vgl. Tabelle 1). Für diese Studie wurden 93 Auskunftspersonen rekrutiert, die die sieben Biersorten nach Geruch, Aussehen und Geschmack bewerteten. Altersklassen weiblich männlich 18-29 Jahre 12% 17% 30-44 Jahre 10% 13% 45-64 Jahre 12% 15% 65+ Jahre 10% 11% Gesamt 44% 56% Tabelle 1: Verteilung der Heidelberger Biertrinker nach Altersgruppe und Geschlecht (auf Basis von Römmelt, 2018) Die Rekrutierung führte nicht exakt zur Zielquote und die Stichprobe wich von der Ziel- verteilung ab. Insbesondere jüngere Biertrinker (18-29 Jahre) waren überrepräsentiert; ältere Biertrinker über 65 Jahre waren unterrepräsentiert. Deshalb wurde mittels Ge- wichtung der Fälle Repräsentativität der Daten hergestellt. Die dargestellten Ergebnisse können somit als repräsentativ nach Alter und Geschlecht für die Grundgesamtheit der Heidelberger Biertrinker angesehen werden. 16
6 Entstehung der Studie im Rahmen des CORE-Prinzips An der SRH Hochschule Heidelberg studieren wir nach dem CORE-Prinzip. CORE steht für „Competence Oriented Research and Education“. Um den Kompetenzerwerb zu för- dern ist das Semester in fünf-Wochen-Blöcke unterteilt. In jedem Block konzentrieren sich die Studierenden auf ein bzw. zwei Themen. Diese zeitliche Struktur ermöglicht es in Projekten praxisorientiert zu arbeiten. Im Modul „Business Research Methods“ erwerben die Studierenden Kompetenzen in wissenschaftlichen Forschungsmethoden. In fünf Wochen erlernen die Studierenden zu- nächst die Methoden und wenden diese anschließend in einem Praxisprojekt an. In der ersten Woche erhalten die Studierenden einen Überblick über Forschungsmetho- den sowie einen Forschungsauftrag. Der Auftrag in dieser Studie lag aufbauend auf dem Heidelberger Bieratlas 2018 und vor dem Hintergrund von Theorien aus dem Mar- kenmanagement darin, den Unterschied zwischen dem Markenimage und dem „ech- ten“ Geschmack aus Kundenperspektive zu erheben. In der zweiten Woche entwickeln die Studierenden ein passendes Forschungsdesign. In dieser Studie wurde eine Blindver- kostung sowie eine Erhebung der Markenwahrnehmung erarbeitet und in der dritten Woche umgesetzt. In der vierten und fünften Woche des Moduls werten die Studieren- den die Daten aus, fertigen einen Forschungsbericht an und präsentieren ihre Ergeb- nisse. Das Modul „Business Research Methods“ ist Inhalt der folgender Masterstudiengänge • „Internationales Management und Entrepreneurship“ (deutsch, mit BWL Vorkennt- nissen) • „General Management and Leadership“ (englischsprachig, ohne BWL Vorkenntnisse) • „International Management and Leadership“ (englischsprachig, mit BWL Vorkennt- nissen) Je nach Studiengang werden passende Anwendungsfelder für die Projekte ausgewählt. 17
Literaturverzeichnis Deutscher Brauer Bund e.V. (2019). Gründerwelle in der Brauwirtschaft. Brauer-Bund zeichnet die 1500. Brauerei in Deutschland aus: „Lillebräu“ aus Kiel. Zugriff am 05.09.19 unter https://www.brauer-bund.de/download/Textdaten- bank/2018/DBB%20Pressemitteilung_1500%20Brauereien%20in%20Deutsch- land.pdf?PHPSESSID=087ce337cb789f299b9aeb0d1d4a9a16 Preuß, H. (2014). Bedeutung und Arten von Marken im Sport. In H. Preuß, F. Huber, H. Schunk & T. Könecke (Hrsg.), Marken und Sport: Aktuelle Aspekte der Marken- führung im Sport und mit Sport (S. 3-27). Wiesbaden: Springer. Römmelt, B. (2018). Heidelberger Bieratlas 2018. Marken, Konsum und Geschmack. Heidelberg. 18
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