Persönlicher Kontakt - IHS
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D I G I TA L E P O L I Z E I A R B E I T Der Kontakt zur Polizei über den Notruf 133 ist in puncto Die Polizei-App bietet Präventionstipps, Fahndungsausschrei- Bekanntheitsgrad an vorderster Stelle. bungen und hilfreiche Polizei-Informationen. Persönlicher Kontakt Die Kommunikation der Bevölkerung mit der Polizei erfolgt auf unterschiedliche Weise. Der persönliche Kontakt ist dabei immer noch am wichtigsten. as persönliche Gespräch mit ei- Lang, Leiter der Abteilung Kriminal- geholt. Die 105 Teilnehmerinnen und D nem Polizisten auf der Straße, der Anruf in einer Polizeiinspektion oder am Notruf, die Übermittlung eines strategie und zentrale Administration des Bundeskriminalamtes. Teilnehmer der zehn Fokusgruppen wurden aus einem Datenpool von 10.000 Privatpersonen, mit unterschied- Briefes oder einer E-Mail an das Poli- Studie. Wie möchte die Bevölke- lichen soziodemografischen Merkma- zeikommissariat und die Nutzung von rung mit der Polizei am liebsten kom- len – Merkmale wie Geschlecht, Alter, Social-Media-Plattformen oder Apps munizieren und was halten die Men- Ausbildung, Berufstätigkeit, Einkom- sind einige Möglichkeiten, um mit der schen von neuen Kommunikations- men oder Familienstand – ausgewählt. Polizei Kontakt aufzunehmen. Es stellt möglichkeiten? Diese und andere Fra- sich in diesem Zusammenhang die Fra- gen soll die vom Bundeskriminalamt Persönlicher Kontakt an vorderster ge, welche Chancen und Herausforde- beauftragte Studie „Digitale Polizeiar- Stelle. Die Teilnehmerinnen und Teil- rungen neue Formen der Kommunika- beit: Wie will die Bevölkerung mit der nehmer der Fokusgruppen haben in den tion für die Polizei mit sich bringen Polizei kommunizieren?“ klären. Sie vergangenen Jahren mit der Polizei und wie diese bei der Bevölkerung an- wurde vom Institut für Höhere Studien aufgrund verschiedenster Anlässe Kon- kommen. (IHS) in Wien, von den Autorinnen Su- takt aufgenommen und kommuniziert. sanne Kirchner, Barbara Angleitner Es handelte sich in erster Linie um per- Die Kommunikation zwischen Polizei und Karin Schönpflug erstellt und hat sönliche Gespräche mit Polizisten auf und Bürgern ist durch die fortschreiten- das Ziel auszuloten, auf welche Art – der Straße oder in einer Polizeiinspek- de Digitalisierung einem ständigen analog oder digital – und mit welchen tion. Ebenso wurde das Telefon häufig Veränderungsprozess unterworfen. In- Kommunikationsmitteln (Telefon, So- zur Kontaktaufnahme herangezogen. ternational gibt es bereits erste Erfah- cial-Media-Kanäle, Apps, neue Ange- rungen mit modernen digitalen Kom- bote etc.) Bürgerinnen und Bürger mit Vorlieben. „Laut Studie liegen der munikationsformen. Beispielsweise mit der Polizei in den Dialog treten wollen. Notruf 133 und der persönliche Kon- Online- bzw. Internet-Wachen, bei de- Welche Wünsche, Bedürfnisse und takt zu Polizisten in puncto Bekannt- nen die Betroffenen digitale Anzeigen Vorstellungen bestehen diesbezüglich, heitsgrad an vorderster Stelle“, sagt wie auch polizeiliche Meldungen er- welche Formen und Angebote der Manuela Marschel, Leiterin des Büros statten können oder mit Roboter-Poli- Kommunikation erweisen sich als sinn- für Kriminalstrategie und Innovation zisten und mit „Smart-Police-Stations“, voll und wie ist die Erwartungshaltung im Bundeskriminalamt. Die polizeili- die bestimmte vollautomatisierte Ange- und Akzeptanz in der österreichischen chen Internetseiten befinden sich im bote rund um die Uhr zur Verfügung Bevölkerung, was neue technische Lö- Ranking an dritter Stelle. Danach fol- stellen. sungen anbelangt? gen mitunter der Postweg, die E-Mail, „Durch die Vielzahl an bereits be- Um das Projektziel zu erreichen, Social Media, das Bürgerservice, das FOTOS: BMI, ALEXANDER TUMA stehenden und ausbaufähigen Kommu- wurden Expertinnen und Experten be- Fax, der persönliche Kontakt zu den nikationsmöglichkeiten ist es unsere fragt, Nutzungsdaten von neuen Tech- Sicherheitsbeauftragten, zentrale Mel- Aufgabe, sorgfältig abzuwägen, welche nologien erhoben, internationale „Best- destellen, Polizei-Apps oder SMS. Kommunikationsmittel bei der öster- Practice-Beispiele“ recherchiert und reichischen Polizei in Zukunft einge- die direkte Rückmeldung der Bevölke- Vertrauenswürdigkeit. 94 Prozent setzt werden sollen“, sagt Gerhard rung im Zuge von Fokusgruppen ein- der Befragten finden den persönlichen 26 ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 3-4/20
STUDIE Der persönliche Kontakt zur Polizei ist den Bürgerinnen und Bürgern laut Studie am wichtigsten. Kontakt mit Polizeibeamten als „sehr“ Bevorzugte Informationskanäle. Die Digitalisierung. Die Studie gibt auch oder „eher“ vertrauenswürdig. Wenn es Teilnehmer der Fokusgruppen nannten Aufschluss darüber, dass die Befragten um die Nutzung digitaler Angebote mehrere Kommunikationsmittel, über den Einsatz digitaler polizeilicher geht, bekommen die polizeilichen In- die sie Sicherheitsinfos erhalten möch- Kommunikationsangebote für Krisen- ternetseiten den Vorzug, gefolgt von ten. So wurden des Öfteren die Polizei- kommunikation, polizeiliche Ermitt- Facebook, Twitter und YouTube. App, der „WhatsApp-Messenger“, lungsarbeit, Kontakt mit gesellschaftli- „Push-Nachrichten“, soziale Netz- chen Gruppen (die sonst nur sehr Der Wunsch nach Information. Die werke (Facebook, Twitter), polizeiliche schwer erreichbar sind), Prävention überwiegende Mehrheit der Befragten Web-Seiten, E-Newsletter, E-Mails, und Personalrekrutierung als sinnvoll sucht nicht aktiv nach Neuigkeiten aus SMS sowie klassische Medien (Fernse- erachten. dem Sicherheitsbereich. Vielmehr wer- hen, Radio, Zeitung) angeführt. Ob- den die Informationen passiv über Me- wohl die „Push-Nachrichten“ mehrfach Online Meldungen. Die überwiegen- dien wie Nachrichten und Zeitungen genannt wurden, genießen diese bei de Mehrheit der Fokusgruppenteilneh- bezogen. Experten führen diese Ent- den Teilnehmern der Fokusgruppen mer findet Online-Meldungen für all- wicklung darauf zurück, dass in der nur geringe Akzeptanz – da diese als gemeine, nicht dringende Anliegen und Bevölkerung ein durchaus hohes Si- nervig, zeitraubend, nicht notwendig Online-Anzeigen für ausgewählte De- cherheitsgefühl vorherrscht – trotz der und nicht gut umsetzbar empfunden likte (Bagatelldelikte) sinnvoll und po- häufig als gegenteilig empfundenen werden. „Push-Benachrichtigungen“ sitiv. Daraus würden sich für die Be- Berichterstattung in den Medien. sind Meldungen, die auf einem Smart- troffenen Vorteile wie der Wegfall von Laut Studie wünschen sich die Men- phone automatisch erscheinen, auch Warte- und Wegzeiten, eine geringere schen Informationen über Orte, die bei wenn eine bestimmte App nicht geöff- Bearbeitungsdauer der Anliegen oder brisanten Vorfällen gemieden werden net ist. die zeitliche und örtliche Unabhängig- sollten oder die als gefährlich einge- Viele der Befragten haben sich im keit ergeben. Die Mitarbeiter der Poli- stuft werden, regionale sicherheits- und Falle eines Notfalls für klassische zei könnten sich dadurch verstärkt auf verkehrstechnische Informationen, Si- Warnsysteme wie Sirenen ausgespro- ihre eigentlichen Aufgaben (z. B. mehr cherheitstipps, offene und offensive chen. Solche Systeme sind in der Be- Präsenz im Außendienst) konzentrieren FOTO: GERD PACHAUER Berichterstattung über Kriminalfälle, völkerung bekannt, genießen Vertrauen und der Notruf würde entlastet werden. Informationen über aktuelle Betrugs- und erreichen alle – nicht nur diejeni- Die Befragten sehen darin aber auch maschen oder die Aufklärung über Ge- gen, die beispielsweise digitale Ange- Nachteile. Meldungen bzw. Anzeigen setze, die für einen Laien nicht immer bote (Apps zur Warnung vor Katastro- mit geringer Qualität könnten zuneh- verständlich sind. phen wie „KATWARN“) nutzen. men, was wiederum zu vermehrten ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 3-4/20 27
D I G I TA L E P O L I Z E I A R B E I T Rückfragen durch die Sachbearbeiter Bürger, die Erhöhung des Bekannt- bei den Betroffenen führen würde. Der heitsgrades der Kommunikationsange- Arbeitsaufwand für die Bürger würde bote, das Überdenken bestehender sich durch die Selbsteingabe der Daten Kommunikationsbarrieren in den Poli- erhöhen. Der persönliche Kontakt zu zeiinspektionen (Sprechfenster in den Polizisten und Ermittlern der Polizei Sicherheitsschleusen) und die Ein- könnte verloren gehen. Die Befragten führung eines „positiven Ticketings“. befürchten dann in einer Polizeidienst- „Positives Ticketing“ würde bedeuten, stelle nicht mehr willkommen zu sein. dass Polizisten Personen, die sich vor- bildlich verhalten haben, Dank und Notruf-Button am Smartphone. Die Anerkennung aussprechen, beispiels- Probanden stehen dieser Möglichkeit, weise wenn ein erwachsener Verkehrs- die Polizei zu verständigen, prinzipiell teilnehmer ein Schulkind sicher über positiv gegenüber. Als Nachteil wird eine stark befahrene Straße begleitet. das versehentliche Auslösen eines Eine solche Aktion hat die Wiener Alarms genannt. Die Abhängigkeit Polizei 2019 durchgeführt, wobei jene vom Smartphone und die Möglichkeit, Menschen, die sich positiv im Straßen- das Telefon zu orten, wirken sich auf verkehr verhielten, mit „Dank-Manda- die Akzeptanz des Notrufbuttons nega- ten“ gewürdigt wurden. Darüber hinaus tiv aus. konnten sich die Gewürdigten an ei- Digitale Angebote: Bevorzugt genutzt nem Gewinnspiel beteiligen. Verlost Smart Police-Stations und Roboter- werden die polizeilichen Internetseiten. wurden ein Fahrtechniktraining sowie Polizisten. Die überwiegende Mehrheit ein Fahrrad. der Teilnehmer sehen „Smart-Police- zwischen der Polizei und den Bürgern Stations“ als überflüssig und kulturell anbieten. Insbesondere Online- bzw. Resümee. Die überwiegende Mehr- unpassend. Als Bedenken werden unter Internetwachen sind weltweit verbrei- heit der Befragten aus den Fokusgrup- anderem ein geringes Vertrauen in die tet. Sie bieten die Möglichkeit, Strafan- pen findet den persönlichen Kontakt Funktionsfähigkeit vollautomatisierter zeigen online zu erstatten, Mitteilungen mit Polizistinnen und Polizisten wich- Dienststellen, die Gefahr von Beschä- zu machen, Beschwerden einzureichen tig. Dieser soll durch digitale Angebote digungen durch Vandalismus und hohe oder für die Polizeiarbeit Lob und nicht verringert oder ersetzt werden. Kosten genannt. In Dubai sind smarte Dank auszusprechen. Die Polizeibehör- Dennoch steht die Mehrheit der Be- Polizeistationen bereits im Einsatz. Es den sämtlicher deutscher Bundeslän- fragten neuen Möglichkeiten positiv handelt sich um vollautomatisierte, der, mit Ausnahme der Polizei in gegenüber und befürwortet den Ausbau rund um die Uhr geöffnete Räume, in Thüringen, betreiben Online- bzw. In- nützlicher und sinnvoller Angebote. In denen auf einem elektronischen Pult ternetwachen. In der Praxis bieten die diesem Zusammenhang wurde themati- mit der Polizei online kommuniziert deutschen Internetwachen den Bürge- siert, dass es sich um kleinere und vor werden kann. Es besteht aber auch die rinnen und Bürgern die Möglichkeit, allem zusätzliche Möglichkeiten zu be- Möglichkeit, mit einem Polizisten per Sachverhalte online im Internet anzu- reits bestehenden Angeboten handeln Videokonferenz in Kontakt zu treten. zeigen. Es handelt sich dabei um Vor- sollte. Als wesentlicher Vorteil neuer Ziel der „Smart-Police-Stations“ ist fälle, die kein sofortiges Tätigwerden Kommunikationsmöglichkeiten wurde es, den Zugang zur Polizei zu erleich- der Polizei erfordern – beispielsweise von den Befragten das Freiwerden po- tern und der Bevölkerung Zeit und im Falle eines Fahrrad- oder Handy- lizeilicher Ressourcen genannt, die Mühe zu ersparen. Darüber hinaus sind diebstahles. Häufig eingesetzt werden wiederum in die Erhöhung der Polizei- in Dubai in Einkaufszentren oder bei auch Polizei-Apps, mit denen bei- präsenz auf der Straße und in den Aus- Touristenattraktionen Roboter-Polizis- spielsweise Pressemeldungen, Fahn- bau der Initiative „GEMEINSAM.SI- ten im Einsatz. Diese beantworten Fra- dungsaufrufe, Verkehrsinformationen, CHER“ investiert werden könnten. gen auf Arabisch oder Englisch. Robo- Sicherheitstipps oder Dienstelleninfor- Der Studie kann darüber hinaus ent- ter-Polizeistreifen werden eingesetzt, mationen der Bevölkerung zur Verfü- nommen werden, dass die Nutzungsab- um in Parks oder am Flughafen die Si- gung gestellt werden. Eine solche Poli- sicht für Online-Meldungen und Onli- cherheit zu erhöhen. Die Mehrheit der zei-App ist auch in Österreich für ne-Anzeigen bei der österreichischen Befragten bewertet Roboter-Polizei- Smartphone-Benützer verfügbar. Bevölkerung eine hohe Akzeptanz ge- streifen als sinnlos und unnötig. Als nießt. Der Notruf-Button am Smart- Nachteile werden die totale Überwa- Verbesserungsvorschläge. „Das phone und die Notruf-Säulen befinden chung, Angst vor Roboter-Entschei- größte Verbesserungspotenzial sehen sich im oberen Mittelfeld. Die Nutzung dungen, hohe Kosten sowie persönli- die Befragten in der Aus- und Weiter- eines eigenen Messenger-Dienstes so- che Hemmungen mit einer Maschine bildung der Polizeibeamten, wenn es wie eines zusätzlichen Gerätes mit zu kommunizieren genannt. um die Kommunikation und soziale Notfall-Button erzielen deutlich weni- Kompetenz geht“, sagt Dr. Michael Fi- ger Zustimmung. „Smart Police-Stati- Andere Länder. Die Studie führt an, scher, stellvertretender Direktor des ons“, Roboter-Polizisten und Roboter- dass viele Länder, anders als in Öster- Bundeskriminalamtes. Weitere Vor- Polizeistreifen weisen hingegen die ge- FOTO: BMI reich, bereits ein breites Angebot an di- schläge betreffen mehrsprachige Ange- ringsten Nutzungsabsichten auf. gitalen Kommunikationsmöglichkeiten bote, zeitnahe Rückmeldungen an die Gernot Burkert 28 ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 3-4/20
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