Persönlichkeitsprofil und Motive von Ironman-Teilnehmern im Vergleich zu Marathon-Läufern
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FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE, PÄDAGOGIK UND SPORT Lehrstuhl für Sportwissenschaft Persönlichkeitsprofil und Motive von Ironman-Teilnehmern im Vergleich zu Marathon-Läufern Was bewegt einen Menschen dazu, an einem Marathon teilzunehmen? Warum nimmt jemand an einer Langdistanz (Ironman) teil? Sind es die gleichen Beweggründe, die die Sportler antreiben an diesen Veranstaltungen teilzunehmen oder unterscheiden sie sich? Dieser Fragestellung wollte das Institut für Sportwissenschaft der Universität Regensburg im Rahmen des erstmals in Regensburg ausgetragenen Ironmans und des zum 25. Mal ausgetragenen Regensburg Marathons nachgehen. Theoretischer Hintergrund Verschiedene Autoren haben sich bereits mit der Thematik der Motivation von Ausdauersportlern beschäftigt. Nachfolgend eine kurze Beschreibung ausgewählter Studien, die für die in Regensburg durchgeführte Studie von Bedeutung sind. In seiner Untersuchung geht Hagenah (2000) der Frage nach, ob sich die Motivstruktur von Ausdauer-, Mannschafts- und Nichtsportlern unterscheidet. Dabei konnte er feststellen, dass alle Motivdimensionen von den Sportlern deutlich höher bewertet wurden als von den Nicht-Sportlern. Dies gilt besonders bei den Motiven Gesundheit, persönliche Zielerreichung und Selbstwert, lediglich das Motiv Zusammensein zeigte keinen Sportaktivitätseffekt. Des Weiteren fand Hangenah (2000) Unterschiede zwischen den Ausdauersportlern und den Mannschaftssportlern heraus, wobei das Wettkampfmotiv eher als mannschaftstypisch eingeordnet werden kann und das Gesundheitsmotiv eher für die Ausdauersportler von Bedeutung ist. Hinsichtlich Sportarteffekte konnte er aufzeigen, dass für Marathonläufer die Motive Gesundheit und Gewicht bedeutsam sind während die Ultramarathonläufer und Ironmen eher die Motive Sinngebung, Zusammensein und psychische Gesundheitsorientierung als wichtig einschätzen. Die Unterschiede in der Motivstruktur von Ultramarathonläufern und Marathonläufern untersuchten Stoll, Würth und Ogles (1999). Sie fanden heraus, dass es zu einer Veränderung der Motivstrukturen mit zunehmendem Alter kommt. Dies trifft besonders für die Motive Sinngebung und allgemeine
FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE, PÄDAGOGIK UND SPORT Lehrstuhl für Sportwissenschaft Gesundheitsorientierung zu. Zudem fanden die Autoren heraus, dass es sportartspezifische Unterschiede bezüglich der Motive für die beiden Läufergruppen gibt. So schätzen Marathonläufer die Motive Anerkennung und allgemeine Gesundheitsorientierung signifikant höher ein. Demgegenüber spielen für die Ultramarathonläufer die Motive Zusammensein, psychische Gesundheitsorientierung, Gewichtsregulation und Sinngebung eine bedeutendere Rolle. In einer früheren Studie untersuchte Hagenah (1999) die Teilnahmemotive von Marathonläufer, Ultramarathonläufer und Ironmen-Triathleten. Seinen Schwerpunkt setzte er dabei auf die Triathleten. Er konnte keine signifikanten Änderungen der Motivstruktur hinsichtlich des Alters finden, wenn auch „altersspezifische Unterschiede in den Prioritäten für einzelne Teilnahmemotive“ (Hagenah 1999, S.60)zu erkennen sind. Bezüglich der 3 Ausdauersportlergruppen fanden sich für die Motive Wettkampf, Gewichtsregulation, Selbstwert und psychische Gesundheitsorientierung keinerlei signifikante Unterschiede. Das Motiv Anerkennung spielt für die Triathleten im Vergleich zu den Ultramarathonläufern eine signifikant bedeutendere Rolle. Des Weiteren unterschieden sich die Marathonläufer signifikant von den beiden anderen Gruppen in ihrer Bewertung der Motive Sinngebung und Zusammensein. Ebenfalls finden sich Unterschiede in den Motiven persönliche Zielerreichung (hier unterscheiden sich Triathleten signifikant von Ultramarathonläufern) und allgemeine Gesundheitsorientierung (signifikante Unterschiede treten hier zwischen den Marathon- und Ultramarathonläufern auf). Neben den motivationalen Aspekten wurde in der Regensburger Studie auch auf die Persönlichkeitsstruktur von den Teilnehmern eingegangen. Hierzu finden sich gerade in Bezug auf die noch recht junge Sportart Triathlon nur sehr wenige Studien. Exemplarische werden nachfolgend ausgewählte Studien zur Thematik der Persönlichkeitsstruktur beschrieben. In Ihrer Untersuchung versuchten Schmid und Schallenberger (1984) verschiedene Triathleten-Typen zu analysieren und zu klassifizieren. Bei Ihrer Einteilung berücksichtigten sie neben der Arbeitssituation auch die Persönlichkeit und die Motivation in Bezug auf Wettkampf und Training. Dabei fanden die Autoren heraus, dass sich keine triathlonspezifische Persönlichkeit finden lässt, man aber unterschiedliche Persönlichkeitsbilder für die Sportler im Bereich des Triathlons unterscheiden kann.
FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE, PÄDAGOGIK UND SPORT Lehrstuhl für Sportwissenschaft Eine weitere Studie, von Davis und Mogk (1994), untersuchte, ob es einen Zusammenhang von Persönlichkeitsunterschieden bei Sportlern und Nicht-Sportlern gibt und ob dies in Verbindung mit Erfolg im Sport bzw. sportlicher Aktivität steht. Es konnten keine Hinweise gefunden werden, dass sich Leistungssportler auf höchstem Niveau Bezüglich Extraversion, Neurotizismus, Psychotozismus, Sensation-Seeking oder Leistungsorientierung voneinander unterscheiden. Unterschiede fanden sich bei den begeisterten Freizeitsportlern, die höhere Werte im Bereich Psychotizismus aufwiesen als alle anderen Gruppen. Die Persönlichkeitsstruktur von Ultralangstreckenläufern untersuchten Stoll und Rolle (1997) mit Hilfe des FPI-R. Dabei fanden die Autoren heraus, dass sich Ultralangstreckenläufer in ihrem Persönlichkeitsprofil nicht von der Eistichprobe unterscheiden und somit kein verändertes Persönlichkeitsprofil aufweisen. Ziel der vom Institut für Sportwissenschaft durchgeführten Studie war es die in der Literatur vorliegenden Ergebnisse mit einer größeren Stichprobe zu bestätigen. Dabei sollte die hier zugrundeliegende Stichprobe innerhalb eines bestimmten Zeitraumes erhoben werden und regional gebunden sein. In den bisherigen Untersuchungen wurden oftmals lokale interkontinentale Wettkämpfe miteinander verglichen oder Stichproben mit weniger als 5% der Gesamtteilnehmerzahl erhoben. Dies sollte in der durchgeführten Studie ausgeschlossen werden. Methode Für unsere Fragestellung haben wir Daten von zwei Stichproben erhoben. Die eine Stichprobe setzt sich aus 136 Marathonläufern zusammen, die am diesjährigen Marathon in Regensburg teilnahmen. Dabei waren die Teilnehmer im Schnitt….Jahre alt und umfassten 119 männliche und 17 weibliche Probanden zusammen. 10 Teilnehmer waren anderer Nationalität, was 7,4% der Stichprobe betreffen. Die zweite Stichprobe wurde im Rahmen des Ironman erhoben und umfasst 349 Teilnehmer. Im Schnitt sind diese Probanden …. Jahre alt und setzen sich aus 286 männlichen und 63 weiblichen Teilnehmern zusammen. Der Anteil der Teilnehmer mit anderer Nationalität beträgt hier 45,3%, was 158 Probanden entspricht.
FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE, PÄDAGOGIK UND SPORT Lehrstuhl für Sportwissenschaft Zur Erhebung der Daten wurden zwei standardisierte Fragebögen benutzt, die zum Einen die motivationalen Aspekte der Teilnehmer erfassten (g-MOMS) und zum Anderen die Persönlichkeitsstruktur der Probanden (FPI-R) abfragte. Daneben wurde ein Fragebogen zur Erfassung allgemeiner und trainingsspezifischen Daten ausgeteilt. Diese Fragebögen wurden im Rahmen der beiden Veranstaltungen an die Teilnehmer ausgeteilt und vor Ort von diesen ausgefüllt. Ergebnisse Zunächst erfolgt eine nochmal eine kurze Beschreibung der beiden Stichproben. Dabei wird zum einen die Altersstruktur der beiden Stichproben aufgezeigt, zum anderen werden ausgewählte sportspezifische Daten der beiden Stichproben dargestellt. 30 25 23,5 22,8 20 18,9 18,9 t 15,4 n e z 15 13,2 o r 11,8 P 11,0 11,8 Marathon 10 8,9 7,4 8,1 Ironman 7,2 5,9 5 3,2 2,9 2,9 2,2 2,0 0,9 0,6 0,7 0 18-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70+ Altersklassen Abbildung 1: Altersverteilung der Marathonläufer und Ironman-Teilnehmer
FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE, PÄDAGOGIK UND SPORT Lehrstuhl für Sportwissenschaft Tabelle 1: ausgewählte sportartspezifische Daten der beiden Stichproben Marathonläufer Ironman-Teilnehmer Durchschnittliche 12,1 Jahre (± 9,38) 8,2 Jahre (± 6,61) Sportartspezifische Erfahrung Wöchentlicher 60,0 km / Woche bzw. Schwimmen: 6,52 km /Woche Trainingsumfang 5,34 Std / Woche Radfahren: 241,41 km /Woche Laufen: 43,61 km / Woche Bestzeiten 3:36:20 Std. (±31:20 min) 11:09:12 Std (±1:17:46 Std) Zielzeit 3:50:48 Std. (±27:33 min) 11:56:30 Std. (±1:39:17 Std) Motivation Die Teilnahmemotive wurden mit Hilfe des g-Moms erfasst. Einer Skale mit einer Bewertung von 1 („spielt überhaupt keine Rolle“) bis 7 („spielt eine sehr große Rolle“). Beide Stichproben gaben an, dass das Motiv der persönlichen Zielerreichung das wichtigste Motiv ist, gefolgt vom Motiv Selbstwert und der allgemeinen Gesundheitsorientierung. Die Platzierung der weiteren Motive für die jeweilige Stichprobe können der nachfolgenden Graphik entnommen werden. Abbildung 2: Darstellung der Mittelwerte der einzelnen Motivskalen bei Marathonläufern und Ironman-Teilnehmern im Vergleich, wobei PZ=persönliche Zielerreichung, SW=Selbstwert, AG=allgemeine Gesundheitsorientierung, PG=psychische Gesundheitsorientierung, SG=Sinngebung, GEW=Gewichtsregulation, ZS=Zusammensein, WK=Wettkampf, AK= Anerkennung.
FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE, PÄDAGOGIK UND SPORT Lehrstuhl für Sportwissenschaft Wie man der Abbildung entnehmen kann weisen beide Stichproben eine ähnliche Gewichtung der einzelnen Motive auf. Leichte Unterschiede im Ranking der Motive sind zwischen den beiden Stichproben auszumachen, diese betreffen die letzten 4 Motive. Vergleicht man die einzelnen Motive in der Bewertung der jeweiligen Stichprobe miteinander, so lassen sich für die meisten Motive keine signifikanten Unterschiede finden. Für die Motive Zusammensein und Wettkampf lassen sich jedoch signifikante Unterschiede zwischen Marathonläufern und Ironman-Teilnehmern finden. So messen Triathleten beiden Motiven einen höheren Stellenwert als die Marathonläufer zu, der sich auch signifikant nachweisen lässt (Zusammensein F(1,465) = 6,981, p ≤ .01; Wettkampf (F(1,467) = 8,759, p ≤ .01) Persönlichkeit Die Persönlichkeitsstruktur der beiden Stichproben wurde mit Hilfe des standardisierten Fragebogen FPI-R erhoben. Dieser erfasst 10 Skalen und 2 ????. Die Ergebnisse werden in so genannte Staninwerte umgerechnet. Werte zwischen 4 und 6 gelten als unauffällig. In den nachfolgenden Abbildungen sind die Werte des FPI-R sowohl für die Marathonläufer als auch die Ironman- Teilnehmer dargestellt. 9 8 7 5,74 5,63 6 5,215,19 5,034,99 e 4,73 4,55 4,444,41 n i 5 4,364,19 n at 4 S 3 2 1 0 … … … O Z H O F F X R S E A A K S L G L E R G E O E Subskalen B Abbildung 3: Mittelwerte der Staninwerte der Marathonläufer, SO=Soziale Orientierung, LZ=Lebenszufriedenheit, GH=Gehemmtheit, LO=Leistungsorientierung, OFF=Offenheit, EX=Extraversion, ERR=Erregbarkeit, GS=Gesundheitssorgen, E..=Emotionalität, BEA=Beanspruchung, A..=Aggressivität, K..=Körperliche Beschwerden
FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE, PÄDAGOGIK UND SPORT Lehrstuhl für Sportwissenschaft 9 8 7 5,74 5,37 6 e 5,29 5,10 5,09 4,93 4,85 4,614,57 4,55 5n i 4,45 4,29 n 4a t S 3 2 1 0 … … … O Z O X H S R F F E K A A S L L E G G R E Subskalen O E B Abbildung 4: Mittelwerte der Staninwerte der Ironman-Teilnehmer, SO=Soziale Orientierung, LZ=Lebenszufriedenheit, GH=Gehemmtheit, LO=Leistungsorientierung, OFF=Offenheit, EX=Extraversion, ERR=Erregbarkeit, GS=Gesundheitssorgen, E..=Emotionalität, BEA=Beanspruchung, A..=Aggressivität, K..=Körperliche Beschwerden In 10 von 12 Persönlichkeitsmerkmalen treten keine signifikanten Unterschiede zwischen Marathonläufern und Ironman-Teilnehmern auf, auch wenn beide Stichproben unterschiedliche Gewichtungen in den einzelnen Persönlichkeitsmerkmalen aufweisen. Nachweisbare Unterschiede finden sich in den beiden Skalen Offenheit (F(438) = 4,255, p≤ .05) und Gesundheitssorgen (F(438) = 5,139, p ≤ .05). So geben Marathonläufer geringere Werte bezüglich der Gesundheitssorgen an und haben höhere Werte in der Skala Offenheit als die Ironman-Teilnehmer. Diskussion Die Ergebnisse dieser Studie bezüglich der motivationalen Aspekte können im Wesentlichen die Ergebnisse der bisherigen Forschung bestätigen. So werden die Motive Anerkennung und Wettkampf in dieser Studie ebenfalls wie bei Stoll, Würth und Ogles (1999) von den Teilnehmern im Motivranking eher weiter hinten angesiedelt. Allerdings widersprechen sich die Ergebnisse in Bezug auf das wichtigste Motiv. Gilt bei Stoll, Würth und Ogles (1999) das Motiv allgemeine Gesundheitsorientierung als das wichtigste Motiv, ist in dieser Studie die persönliche Zielerreichung als wichtigstes Motiv bewertet worden. Die Bedeutung der Gewichtsregulation spielt in der vorliegenden Studie ebenfalls eine untergeordneter Rolle, wie dies aus der Literatur erwartet werden hätte können (vgl. Stoll, Würth und Ogles 1999). Auch die Ergebnisse von Hagenah (1999) werden
FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE, PÄDAGOGIK UND SPORT Lehrstuhl für Sportwissenschaft von dieser Studie unterstütz, wobei die Ergebnisse hinsichtlich des Motivrankings weitgehend übereinstimmen. Hier lässt sich die Vermutung bestätigen, dass mit einer größeren Stichprobe die Ergebnisse sich reproduzieren lassen, da Hagenah (1999) in seiner Studie lediglich n= 36 aufweisen konnte. Diskussion der Persönlichkeit fehlt noch Ausblick: Derzeit untersuchen werden die Zusammenhänge von einzelnen Persönlichkeitsmerkmalen mit den jeweiligen Motivkategorien untersucht. Des Weiteren ist eine Studie zum Vergleich von Leistungssportlern und Hobbysportlern bezüglich der Motivation und der Persönlichkeit am Laufen. Weitere Informationen über die derzeit laufenden Studien erfahren Sie auch unter: Jennifer Lehmann Tel. 0941-943 5527 Jennifer.lehmann@psk.de Literaturverzeichnis Davis, C., & Mogk, J.P. (1994). Some Personality Correlates of Interest and Excellence in Sport. International Journal of Sport Psychology, 25, 131-143 Hagenah, J. (1999). Teilnahmemotivation von Ausdauersportlern. Unveröffentlichte Masterarbeit. Leipzig: Sportwissenschaftliche Fakultät der Universität. Hagenah, J. (2000). Spezifische Motivdimensionen von Ausdauer- und Mannschaftssportlern im Vergleich zu Nichtsportlern. In: Nitsch, J.,& Allmer, A. (Hrsg.) (2000).Denken, Sprechen, Bewegen: vom 1. bis 3. Juni in Köln (S.236-241). Köln, bps-Verlag Stoll, O., & Rolle, J. (1997). Persönlichkeitsprofile und habituelle Streßbewältigung von Ultralangstreckenläufern. Sportwissenschaft, 27, 2, 161-172 Stoll, O., Würth, S., & Ogles, B. (1999). Teilnahmemotive von Marathon- und Ultramarathonläufern. Sportwissenschaft, 30, 1, 54-67
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