Pfeifenraucher des Jahres | vermurkster Unsinn - Das Pfeifenblog
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Pfeifenraucher des Jahres | vermurkster Unsinn Es ist schon erstaunlich, mit wieviel Schwachsinn und mit welch öffentlicher Heuchelei das Tabak Forum vom Verband der Deutschen Rauchtabakindustrie auf seinem YT-Kanal smokernews TV die Wahl der Pfeifenraucherin des Jahres 2018 erklärt und begründet. Da ist richtiges Fremdschämen angesagt, wenn die scheinbar völlig verplastifizierte und botoxglänzende , dauerlächelnde Sonja Kirchberger (53) Schwierigkeiten hat, dem Interviewer zu erklären, warum Sie vorgeblich eine passionierte Pfeifenraucherin sei. Ob sie in ihrer Pfeife –also ist sie scheinbar eine passionierte Sammlerin- überhaupt Tabak und wenn ja, welchen raucht, bleibt unangesprochen. Unbeantwortet auch die Frage des ach so smarten und ziemlich wortungewandten Interviewers, ein gewisser Klaus Peter Will, nach der Anzahl von Pfeifen, die Kirchberger besäße. Ich vermute mal, die zur Verleihung übergebene Winslow Pfeife ist ihre erste oder gar einzige. Ist auch egal, sie raucht nach eigenen Angaben eher im verborgenen, geheimen Umfeld und vorzüglich allein. Aha. Das dreimalige Playmate, dessen einzig wirklicher Erfolg mit dem Film Venusfalle immerhin schon 30 Jahre zurückliegt, in einem kürzlich veröffentlichten Interview zu ihrer letzten Playboy Ablichtung im Jahre 2014: „Ich liebe es, nackt vor der Kamera zu stehen. Ich bin schon eine Erotomanin, muss ich ehrlich sagen. Beim ersten Mal war ich einfach nur stolz, in dem Magazin zu sein, das ich schon in der Pubertät heimlich gelesen habe. Ich finde erotische Aktfotografie einfach toll, und ich mag ja auch Filme, die ein Stückchen weiter gehen.“ Da fügt sich die jetzige Auszeichnung auf dieser ebenfalls
entblößenden Gruselveranstaltung nahtlos an, die mich ein wenig an Richard „Mörtel“ Lugner`s Präsenz auf dem Wiener Opernball erinnert. Natürlich fehlte in Berlin dessen Eleganz. Und wie die ähnlich peinlichen Funktionäre aus Gewerbe und Marketing schwer verdauliche Unweisheiten und unglaubwürdige Einschätzungen von sich geben, machte aus der Gala des Verbandes eine Witzveranstaltung, die dem RTL Dschungelcamp in nichts nachsteht. Die Protagonisten sind lediglich besser gekleidet, argumentativ aber ähnlich unterbelichtet. Zumindest sind sie unisono realitätsfremd, wobei das im günstigen Fall Zweckoptimismus sein könnte, wenn nicht gar Selbsttäuschung. Ambitionierte Pfeifenraucher schüttelt es da gewaltig, insbesondere, wenn dann ein Adabei (bayerisch/österreichisch: allweil, immer dabei) wie Uwe Ochsenknecht als Laudator ins Bild gerückt wird. Die Beweggründe seiner Teilnahme bleiben der Fantasie des Betrachters überlassen, allerdings hätten statt seiner die Kinder Wilson Gonzalez, Jimi Blue, Cheyenne Savannah oder Rocco Stark ein wenig von der Bräsigkeit dieser Licht-Veranstaltung beseitigt.
Nachzusehen – und leider auch nachzuhören – öffentlich. Und die sich dort herzlich feiernden „Granden„ der Tabakindustrie, die zeitweilig sogar trotz einer lächerlichen, realtitätsfremden Lobhudelei auf die „schauspielerische Ausnahmeerscheinung“ nicht einmal den richtigen Namen ihrer herausragenden „Markenbotschafterin“ verinnerlicht haben (Oliver Haas, Geschäftsführer Scandinavian Tobacco Group oder Interviewer Will patzen da hörbar), macht diese Farce noch besonders „humorvoll“. Der Gipfel des Funktionärs-Dilettantismus ist aber die an Norbert Blüm erinnernde Prognose „der Nachwuchs für die Pfeife ist gesichert“ [expressis verbis!] eines bekannten Pfeifenherstellers, bestätigt durch den Präsidenten des Verbandes der Deutschen Pfeifenraucher –ja, beide, Verband und Präsident, gibt es wirklich. Letzterer liefert dann noch eine hochnotpeinliche Aufklärung über die Stellung und das Ansehen von weiblichen Pfeifenrauchern, also Pfeifenraucherinnen oder auch Frauen genannt und die Sichtweise von richtigen, sprich männlichen Pfeifenrauchern, auf diese besondere Spezies. Als Pfeifenraucher würde ich mich von einer solch hinrichtenden Veranstaltung schier angegriffen fühlen, wenn …. ja, wenn dort wirkliche Genußleidenschaft für Tabak und Pfeife hätte vertreten werden sollen. Das war bei dieser Realsatire zum Glück nicht einmal ansatzweise vom Veranstalter bezweckt, vermutlich aus Unvermögen. Tabak | Bildband, Kompendium
oder Katalog? Jetzt könnte man auf den Gedanken kommen, Pfeifenblog sei gerade auf dem HU-Tobacco Trip. Aber ein solcher wäre durchaus zu vertreten, denn bei der derzeitigen Ödnis in der Tabakentwicklung, den gesetzlich geforderten Verschönerungsmaßnahmen für Verpackung und dem fehlenden Einfallsreichtum der meisten Hersteller, Blender, Fachhändler oder sonstigen Anbieter, ist eine Unternehmung wie die von Hans W. einer der zwei, drei tobacconistischen Leuchttürme, die wir in Deutschland haben. Nicht zu vergessen die mittlerweile traurige, europäische „Holzgewerkschaft“, die sich scheinbar der Allianz der Billigst-Estate-Konsumenten und von YouTube Kanalisten ergeben hat, die das sammlerische Mittelmaß noch einmal kräftig unterschreiten und in der Darbietung grottigen Dilettantismus abfeiern. Erschreckend, das sich damit tatsächlich ein Podium hat aufbauen lassen. „Ihr sitt widderlich, ni’ mieh zo erdraare“ dichtete einst BAP`s Wolfgang, sicherlich für ein anderes, ernsthafteres Szenario, nichtsdestoweniger passend. HU-Tobacco legt soeben ein kleines, liebevoll und sehr professionell gemachtes Büchlein, ein Brevier oder ein Katalog, über sein mittlerweile erstaunlich gewachsenes Angebot an interessanten Tabaken verschiedener Provenienzen, Formate und Geschmacksrichtungen vor. Braucht es das ? Und wie. Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert
Oscars Sinnspruch wirkt an dieser Stelle genauso überhöht wie der zuvor zitierte Text von BAP, trifft es aber genau. Zunächst die Aufmachung. Ein Bilderbuch, ästethisch, elegant. anstiftend, informativ. Ich bin völlig überrascht, was für ein kleines „Tabak Imperium“ Hans Wiedemann in den Jahren aufgebaut hat: United Passion Flakes & Blends, Hommage to my Friends, Original Warehouseblends, The Blender`s Pride und –meine Favoritin- die African Line.
Die Texte zu den einzelnen Tabaken aber sind das wahre Highlight und der Aspekt, der den über 70-seitigen Band so lesenswert macht. Keine sinnschwachen, blumigen und wenig aussagekräftigen Kurzbeschreibungen, wie wir sie von den meisten Tabakanbietern gewohnt sind (…. Florale, gemähte Alpenwiese mit im Nachgang hervorstechenden Aromen von gut abgehangenem Cross-Country Beef und bretonischem Salzlamm sowie Liquid Moly Schmierstoffen, umwölkt von einem Hauch Leberpastete) sondern fundiertes Wissen über Tabake, deren Komponenten, über Herstellungsprozesse, Definitionen von Geschmacksrichtungen, die allesamt HU-Tabake in einem anderen Licht zeigen. Und Lust darauf machen, den nächsten Tabakshop zu stürmen und sich einen Wochenendvorrat
anzulegen. Das gelingt natürlich, wenn man im weltgewandten bayerischen Wellness-Ort Fürstenfeldbruck (bei München) oder in dessen Umgebung wohnt (Tabak Bosch), ansonsten bleibt der Onlinebezug. Das Hans Wiedemann unterstützende Kreativ Team, hinreichend für ihren Professionalismus bei Wort und Bild bekannte Afficionados, legen aber noch Einmaliges drauf: zu fast allen Tabaken wird eine Pfeife abgebildet, deren Schöpfer Maßstäbe hinsichtlich Idee, Formensprache und Qualität in jeder Hinsicht gesetzt hat : Bo Nordh, Jörn Micke, Kurt Balleby, Poul Ilsted, Tom Eltang, Peter Hedegaard, Former und Jess Chonowitsch, die Künstler von Bang, die drei Generationen der Ivarssons, Japans Gotoh und Tokutomi, die Deutschen Rainer Barbi, Cornelius Mänz und Wolfgang Becker, generös zur Ablichtung zur Verfügung gestellt durch einen privaten Sammler. In dieser Dichte schwerlich öffentlich an anderer Stelle anzutreffen. Der HU Tobacco Katalog wird so zu einem zeitlosen Kompendium, das ich nicht mehr missen möchte. Und immer wieder zur Hand nehmen werde, so wie ich es mit dem Dunhill Katalog von 1923 oder dem 1970er Jahre Kriswill Katalog mache. Eine klare Empfehlung für einen inspirierenden und wunderschönen Bildband. HU Tobacco Hans Wiedemann Pfeifentabake 2018 Text: Hans Wiedemann, Peter Hemmer, Arno van Goor Design der Dosenetiketten: Alexander Broy | www.broy.de Fotos: Alexander Broy Layout & Design: broy new media erhältlich bei HU Tobacco
HU Tobacco | Manyara Rechtzeitig zur Pfeifenshow in Lohmar gibt es wieder einige neue Tabake von HU Tobacco, darunter auch einen aus der Afrika-Serie, an dem ich mitgewirkt habe (um das gleich vorweg zu sagen) und den ich hier kurz vorstellen möchte. Er heißt „Manyara“, benannt nach dem gleichnamigen See in Tansania und wie bei allen den Tabaken der Serie ist der Name auch hier eine Referenz an die Herkunft einiger dabei verwendeter Basistabake, nämlich Westafrika. N a c h d e r w a h n s i n n i g p o sitiven Resonnanz auf die letzte Neuerscheinung, den Nyala, der ja eine Burley/Virginia/Perique basierte Mischung mit Zigarrenblattgut, in diesem Fall Havanna und Brasil, war, haben wir beschlossen, das Konzept „Zigarrentabak“ als Komponente eines trotzdem geschmacklich eindeutigen Pfeifentabaks zu wiederholen – nur eben ganz anders: Ist es
beim Nyala ein karibischer Einschlag, welcher der süßen Burley Mischung das gewisse Etwas verleiht, so haben wir dieses Mal beim Manyara an die italienischen Toscani, also fermentiertes Kentucky-Blattgut, gedacht. Wieder sind es verschiedene Burleys, die den Geschmack mitbestimmen, allerdings abgemischt mit einem kräftigen Firecured Virginia, der dafür einen etwas kleineren Anteil hat. Dazu eben der Kentucky, wieder etwas Brasil und, auch hier dem Nyla nicht unähnlich, die nötige Menge Perique. Hinzu kommt noch eine geringe Menge cypriotischen Latakias, die sich geschmacklich aber ganz weit hinten anstellt und eigentlich eher die Funktion hat, die Würzigkeit ein klein wenig zu erhöhen und die breite Erdigkeit des Kentucky in Schach zu halten. Verbunden wird das alles mit einen kleinen, gerade ausreichenden Anteil Orient. Ich weiß, bei der puren Erwähnung von Latakia klingeln bei vielen eingefleischten Virginia/Perique Liebhabern alle Alarmglocken, aber beim Manyara ist das gänzlich unnötig, denn geschmacklich ist die Mischung von einer „englischen“ Latakiamischung soweit weg wie eine Giraffe vom Nordpol. Trotz des kleinen Latakiaanteils haben wir es beim Manyara mit einer naturbelassenen, relativ süß-cremigen und trotzdem recht würzigen Mixture zu tun, die sich durchaus auch (und vielleicht sogar in erster Linie) an Pfeifenraucher wendet, die mit Latakia nichts am Hut haben. Der Latakia ist hier eher wie eine Piccoloflöte in einer großen Orchesterbesetzung.
Das Tabakbild präsentiert sich entsprechend vielfältig: farblich die gesamte Palette vom grünlichen Orient über die verschiedenen Brauntöne der Burleys, des Kentuckys und des Virginias bis zum Schwarz des Periques und des Latakias. Eine ähnliche Bandbreite haben wir auch bei den Schnittarten mit verschiedenen Ribbon Cuts, Ready Rubbed Flakes und bei einem der Burleys Cube Cut. Das Ganze sieht nicht nur wunderschön vielschichtig aus, es gewährleistet auch ein perfekten, gleichmäßigen wie langsamen Abbrand. Der Manyara lässt sich vollkommen problemlos stopfen und entzünden, ist für jede Brennkammergröße gleichsam geeignet und läßt sich genauso problemlos bis zu Ende rauchen. Das klingt eigentlich auch nach einem wunderbaren Anfängertabak, aber ich würde ihn eher erfahreneren Pfeifenrauchern empfehlen, erstens weil der Tabak sehr komplex ist und zweitens weil der Manyara kein Leichtgewicht ist. Kentucky, Dark Fired Virginia und der Perique sorgen für einen anständigen Körper. Trotzdem ist der Manyara weit entfernt von einer „Bombe“, gerade auch von einer „monotonen Bombe“, wie sie uns bei Kentucky-basierten Tabaken oft begegnet. Wir wollten explizit einen geschmacklich vom Kentucky geprägten Tabak kreieren, dem aber diese monotone Monumentalität abgeht und der stattdessen raffiniert und komplex ist. Ich persönlich finde, dass das dem Hans Wiedemann sehr gut gelungen ist und die ersten Reaktionen bestätigen das aufs Trefflichste.
W e n n m a n n u n d e n M a n y a r a raucht, entfalten sich geschmacklich genauso viele Nuancen, wie man sie im Tabakbild schon optisch wahrnehmen kann. Von Beginn an und kontinuierlich bis zum Ende einer Füllung. Dabei entwickelt sich der Tabak nicht von einer bestimmten Richtung in eine andere, sondern dieses geschmackliche Feuerwerk von malziger Süsse, Kuchen, Brot, Erde, Leder, Schokolade, Nuss, Trockenfrüchte, Holz und Röstaromen hält über die gesamte Rauchdauer an. Der Manyara lässt immer etwas davon aufblitzen. Das macht ihn in meinen Augen so attraktiv, obwohl ich ansonsten ein großer Fan von „Entwicklungstabaken“ bin. Langweilig ist der Manyara nie, dazu ist er viel zu komplex und vielschichtig. Übrigens trinke ich sehr gerne einen Kaffee zum Manyara und abends auch manchmal noch einen Grappa dazu und träume mich mit einem Anflug von Toscanello in eine neapolitanische Bar vor dreißig Jahren als das Rauchen dort noch erlaubt war….
Sie können auch lesen