Rauchlose Tabakprodukte: Jede Form von Tabak ist gesundheitsschädlich - Rote Reihe Tabakprävention und Tabakkontrolle - Band 6 Deutsches ...

Die Seite wird erstellt Santiago-Stefan Moritz
 
WEITER LESEN
Rauchlose Tabakprodukte: Jede Form von Tabak ist gesundheitsschädlich - Rote Reihe Tabakprävention und Tabakkontrolle - Band 6 Deutsches ...
Rote Reihe
Tabakprävention und Tabakkontrolle

Rauchlose Tabakprodukte:
Jede Form von Tabak
ist gesundheitsschädlich

Band 6
Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
Rote Reihe Tabakprävention und Tabakkontrolle Band 6:
Rauchlose Tabakprodukte: Jede Form von Tabak ist gesundheitsschädlich

© 2006, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg

1. Auflage: 2000

Zitierweise:
Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.):
Rauchlose Tabakprodukte: Jede Form von Tabak ist gesundheitsschädlich
Heidelberg, 2006

Umschlagfoto:
Martin Neudörfer, fine-art-fotostudio.de

Gestaltung, Layout und Satz:
komplus GmbH, Heidelberg

Verantwortlich für den Inhalt:
Deutsches Krebsforschungszentrum
Stabsstelle Krebsprävention und
WHO Kollaborationszentrum
für Tabakkontrolle

Leiterin:
Dr. med. Martina Pötschke-Langer
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg

Telefon: 06221 - 42 30 07
Telefax: 06221 - 42 30 20
E-Mail: who-cc@dkfz.de
Internet: http://www.tabakkontrolle.de
Rote Reihe
Tabakprävention und Tabakkontrolle
Band 6

Rauchlose Tabakprodukte:
Jede Form von Tabak ist gesundheitsschädlich

Autoren (in alphabetischer Reihenfolge):

Dr. Barbara Bertram, Heidelberg
Cornelia Haid, Aurora, Colorado, USA
Dr. Martina Pötschke-Langer, Heidelberg
Dr. Katrin Schaller, Heidelberg
PD Dr. Kurt Straif, MPH, PhD, Lyon, Frankreich

Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
Inhalt

Kernaussagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1 Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2 Rauchlose Tabakprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
  2.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
  2.2 Verbreitung rauchloser Tabakprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
  2.3 Gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe rauchloser Tabakprodukte . . . . . 13
  2.4 Zusatzstoffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

3 Gesundheitsgefährdung durch rauchlose Tabakprodukte. . . . . . . . . . . . . . . 17
  3.1 Krebs der Mundhöhle und im Kopf- und Halsbereich . . . . . . . . . . . . . . . 19
  3.2 Krebs der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
  3.3 Herz-Kreislauferkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
  3.4 Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
  3.5 Zahnfleisch und Zähne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
  3.6 Diabetes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

4 Marketingstrategien der Hersteller rauchloser Tabakprodukte . . . . . . . . . . 23
  4.1 Verkaufstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
  4.2 Rauchloser Tabak als Alternative zu Rauchwaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

5 Hilfsmittel bei der Rauchentwöhnung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

6 Gesetzesinitiativen zur Regulierung rauchloser Tabakprodukte . . . . . . . . . . 31
  6.1 USA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
  6.2 Europäische Union und ihre Mitgliedsländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

7 Konsequenzen für die Tabakkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Autorenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

                                                                                                                          Inhalt   3
„Es gibt keine Parallele zu der Bedrohung, die der Tabak für die Gesundheit der
    Bevölkerungen weltweit darstellt. Der Tabak bringt jährlich etwa 4,2 Millionen
            Menschen um und ist damit weltweit die größte Einzeltodesursache.“
                                            Prof. Dr. Gro Harlem Brundtland, 2002
                             Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation 98

            „Tabak ist eindeutig das größte Desaster der öffentlichen Gesundheit
                                                  im zwanzigsten Jahrhundert.“
                                                       Prof. Dr. Peter Boyle, 2004
                Direktor der International Agency for Research on Cancer (IARC)
                                             der Weltgesundheitsorganisation 79

Kernaussagen

 Rauchlose Tabakwaren – also Kau-, Lutsch- und Schnupftabak – werden als we-
 niger gesundheitsschädliche Alternative zu Rauchwaren diskutiert. Sie enthal-
 ten aber gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe und das in ihnen enthaltene
 Nikotin macht süchtig.

 Die Gesundheitsgefährdung durch rauchlose Tabakprodukte ist zwar geringer
 als durch Rauchtabak, diese Produkte sind aber keineswegs harmlos: Sie verur-
 sachen Krebs im Mundbereich, erhöhen das Risiko für Bauchspeicheldrüsen-
 krebs und Herz-Kreislauferkrankungen, gefährden die Schwangerschaft und
 das Ungeborene und schädigen Zahnfleisch und Zähne.

 Die Hersteller umwerben in den Ländern, in denen rauchlose Tabakwaren zuge-
 lassen sind, besonders intensiv Jugendliche und bieten insbesondere für diese
 Zielgruppe stark aromatisierte und sehr süße Einsteigerprodukte an.

 Weltweit konsumieren immer mehr Jugendliche rauchlose Tabakwaren.

 Die Produzenten preisen rauchlosen Tabak als gesündere Alternative zu Rauch-
 tabak und als Ausstiegshilfe für Raucher an. Tatsächlich ist es aber umstritten,
 ob rauchloser Tabak als Hilfe bei einem Rauchstopp geeignet ist. Vielmehr gibt
 es Hinweise dafür, dass der Konsum von rauchlosem Tabak die Wahrscheinlich-
 keit erhöht, mit dem Rauchen anzufangen. Zudem verstärkt der Konsum von
 rauchlosem Tabak die Nikotinabhängigkeit. Rauchloser Tabak sollte daher nicht
 als Hilfe bei einem Rauchstopp empfohlen werden.

 Das Verkaufsverbot von rauchlosem Tabak in der Europäischen Union sollte –
 insbesondere zum Schutz der Jugend – keinesfalls gelockert werden.

                                                                                     Kernaussagen   5
1 Hintergrund

Gerauchter Tabak ist in Deutschland vor        legt, dass Zigarettenrauchen abhängig
allem in Form von Zigarettenrauchen            macht, wobei das Nikotin der für die
die führende Ursache frühzeitiger Sterb-       Entwicklung der Tabakabhängigkeit ent-
lichkeit und er ist der bedeutendste ein-      scheidende          psychopharmakologisch
zelne Risikofaktor für eine Reihe von          wirksame Inhaltsstoff des Tabakrauchs
zum Teil weit verbreiteten Krankheiten,        ist 61,93,121. Zigaretten liefern eine Dosis
darunter       Herz-Kreislauferkrankungen,     Nikotin direkt in die Mundschleimhaut
Schlaganfall, chronisch-obstruktive Lun-       und in die Lunge des Rauchers, wo es
generkrankungen sowie Krebserkran-             resorbiert wird und bereits innerhalb
kungen in der Lunge, im Mund-, Nasen-          von sieben bis zehn Sekunden über den
und Rachenraum, in Kehlkopf, Speise-           Blutkreislauf in das Gehirn gelangt. Dort
röhre, Magen, Bauchspeicheldrüse, Le-          stimuliert es Nikotinrezeptoren, die dar-
ber, Niere, Harnblase und Gebärmutter-         aufhin über chemische Reaktionen einen
hals sowie bestimmte Formen der Leu-           Nikotin-Kick erzeugen 61.
kämie 36,72,78,124,126. Auch auf die Ent-      Wie die meisten Abhängigkeiten ent-
stehung von Brustkrebs scheint das             steht die Tabakabhängigkeit multifakto-
Zigarettenrauchen einen Einfluss zu            riell. So sind neben der Wirkung des
haben 49,90.                                   Nikotins auch lernpsychologische und
Weltweit starben im zwanzigsten Jahr-          soziale Faktoren für die Entstehung einer
hundert über 100 Millionen Menschen            Sucht verantwortlich 8,11,15, die zusam-
vorzeitig an den Folgen des Tabakkon-          men mit den psychopharmakologischen
sums und jährlich kommen etwa fünf             Wirkungen des Nikotins eine starke Ge-
Millionen neue Tabakopfer hinzu 44. In         wöhnung des Rauchenden an die Ziga-
der EU sind jedes Jahr etwa 650 000            rette bewirken. Erste Anzeichen einer
Tabaktote zu beklagen 113 und allein in        Tabakabhängigkeit können bereits inner-
der Bundesrepublik versterben jährlich         halb weniger Wochen nach Beginn eines
schätzungsweise 110 000 bis 140 000            nur gelegentlichen Zigarettenkonsums
Menschen an tabakbedingten Krankhei-           auftreten 32. Wird über einen längeren
ten 36,85,101,137.                             Zeitraum nicht geraucht, treten Entzugs-
Raucher gefährden aber nicht nur ihre          symptome wie Schlafstörungen, Kon-
eigene Gesundheit, sondern auch die ih-        zentrationsschwäche, Nervosität und
rer nichtrauchenden Mitmenschen, die           Unruhe auf 105.
ungewollt Tabakrauch einatmen müs-             Im Jahr 1991 wurde die Tabakabhängig-
sen 31. An den Folgen des Passivrau-           keit als Krankheit in die internationale
chens sterben in Deutschland jedes Jahr        Liste von chronischen Krankheiten (ICD-
über 3300 Nichtraucher. Zusätzlich erkran-     10) aufgenommen 34. Bei Zugrunde-
ken jedes Jahr viele Menschen infolge          legung der Abhängigkeitskriterien der
der Passivrauchbelastung an Herz-Kreis-        ICD-10 muss davon ausgegangen wer-
lauferkrankungen,       chronisch-obstrukti-   den, dass 70 bis 80 Prozent aller Raucher
ven Lungenerkrankungen und Lungen-             in Deutschland tabakabhängig sind 12.
krebs 31.                                      Die Nikotinsucht ist damit der entschei-
Besonders problematisch ist das hohe           dende Grund für die langfristige Auf-
Suchtpotential, das Tabak birgt. Eine          rechterhaltung des Tabakkonsums und
Vielzahl wissenschaftlicher Arbeiten be-       für die niedrigen Erfolgsquoten bei Aus-

                                                                                              Hintergrund   7
stiegsversuchen 13,32. Das Abhängigkeits-    Als eine weniger gesundheitsschädliche
                  potenzial des Nikotins lässt Raucher trotz   Alternative zu Rauchwaren stehen in
                  der Aussicht auf schwerste Erkrankun-        letzter Zeit verstärkt rauchlose Tabak-
                  gen und Einschränkungen der Lebens-          produkte in der Diskussion, da bei ihrem
                  qualität weiter rauchen.                     Gebrauch – anders als bei Rauchwaren –
                  Neben Nikotin enthält die Tabakpflanze       nicht durch die Verbrennung des Tabaks
                  krebserregende Nitrosamine. Zigaretten       zusätzliche Giftstoffe entstehen. Rauch-
                  enthalten zudem eine Vielzahl zellgiftiger   lose Tabakwaren enthalten aber – genau-
                  und krebserregender Substanzen, die          so wie zum Rauchen bestimmter Tabak –
                  zum Großteil erst bei der Verbrennung        Nikotin sowie andere gesundheitsschäd-
                  des Tabaks beim Rauchen entstehen.           liche Inhaltsstoffe der Tabakpflanze. Sie
                  Über 70 der mehr als 4800 Substanzen         bergen ein hohes Suchtpotential, kön-
                  im Tabakrauch 35,60,65,68 sind nachge-       nen gefährliche Krankheiten auslösen
                  wiesenermaßen krebserregend oder sie         und sind daher sehr kritisch zu bewer-
                  stehen im Verdacht, Krebs zu erzeu-          ten.
                  gen 60,71,139.

8   Hintergrund
2 Rauchlose Tabakprodukte

2.1 Definition                                    Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus
Aus der Tabakpflanze (Nicotiana taba-             Tabak bestehen, sei es in Form eines
cum) werden durch Trocknen und Fer-               Pulvers oder feinkörnigen Granulats
mentieren der Blätter verschiedene Ta-            oder einer Kombination dieser Formen,
bakwaren hergestellt. In Deutschland              insbesondere in Portionsbeuteln bzw.
dürfen dem Tabak die durch die Tabak-             porösen Beuteln, oder in einer Form, die
verordnung vom 20. Dezember 1977, zu-             an ein Lebensmittel erinnert, mit Aus-
letzt geändert am 22. Februar 2006 22,            nahme von Erzeugnissen, die zum Rau-
zugelassenen Stoffe zugesetzt werden              chen oder Kauen bestimmt sind.“ Artikel
sowie alle Stoffe, die im Tabak auch              8 der Richtlinie verbietet „das Inverkehr-
natürlicherweise vorkommen.                       bringen von Tabak zum oralen Ge-
Tabakerzeugnisse sind entsprechend                brauch“ 42.
Artikel 2 der EU-Richtlinie 2001/37/EG,           Eine Übersicht über die nicht zum Rau-
Amtsblatt EG Nr. L 194 vom 18.07.2001             chen bestimmten Tabakprodukte gibt
„… Erzeugnisse, die zum Rauchen,                  Abbildung 1. Der Begriff „Snuff“ kann
Schnupfen, Lutschen oder Kauen be-                für Verwirrung sorgen, da er uneinheit-
stimmt sind, sofern sie ganz oder teil-           lich gebraucht wird: In Europa bezeich-
weise aus Tabak bestehen, und zwar                net er Schnupftabak, in den USA hinge-
unabhängig davon, ob der Tabak gen-               gen oralen Tabak.
technisch verändert ist oder nicht.“
Darunter fallen neben den weit verbrei-           Schnupftabak
teten Rauchwaren (Zigaretten, Zigarren,           Schnupftabak ist ein rauchloses Tabak-
Zigarillos, Pfeifentabak, Feinschnitt)            produkt, das in einer Prisengröße von 30
auch die seltener konsumierten, nicht             bis 50 Milligramm in die Nase eingezo-
zum Rauchen bestimmten Produkte wie               gen („geschnupft“) und nach kurzer Zeit
Kau-, Lutsch- und Schnupftabak.                   durch Schneuzen wieder entfernt wird.
Schnupftabak ist ein feines Pulver, das           In Bayern ist diese Form des Schnupf-
speziell zum Einsaugen in die Nase pro-           tabaks als Schmalzler bekannt, in Groß-
duziert wird. Kau- und Lutschtabak wer-           britannien wird er als Snuff bezeichnet.
den oral verwendet, wobei die EU-                 Während im Schmalzler überwiegend
Richtlinie 2001/37/EG in Artikel 2, Absatz        dunkle nikotinreiche Brasiltabake ver-
4 Lutschtabak gesondert definiert: „Im            wendet werden, kommt im Snuff auch
Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der            Orienttabak zur Verwendung. Beiden
Ausdruck ‚Tabak zum oralen Gebrauch‘              werden verschiedene Zusatzstoffe bei-
alle zum oralen Gebrauch bestimmten               gefügt. Dazu gehören verschiedene Aro-                Abbildung 1:
                                                                                                        Überblick über die verschie-
                                                                                                        denen rauchlosen Tabakpro-
  Schnupftabak                       Lutschtabak                     Kautabak                           dukte, Quelle: Pöschl Tabak,
 „Schmalzler“ fermentiert (Bayern)   Trocken „Dry Snuff“ * (USA)     Platten „plug“                     2006 102 und US Department
 Snuff* (Mitteleuropa) fermentiert   Feucht „Moist Snuff”* (USA)     Loseblatt „loose leaf“             of Health and Human
 Schnupftabak alter Art              Feucht, unfermentiert „Snus“    gedreht oder gerollt „twist“,      Services, 1981 121, Bearbei-
 fermentiert oder unfermentiert      (Schweden)                      „roll“                             tung: Deutsches Krebsfor-
                                                                                                        schungszentrum, Stabsstelle
 * „Snuff“ in Europa ist Schnupftabak, „Snuff“ in den USA ist Lutschtabak.                              Krebsprävention 2006.

                                                                                                     Rauchlose Tabakprodukte           9
men wie Menthol oder Pfefferminzöl,         bleibt. Die Snuffsorten sind unterschied-
                          sowie Kräuter, getrocknete Früchte, Pa-     lich zusammengesetzt: In Europa wird
                          raffin- und Salzlösung. In Deutschland      hauptsächlich gebeizter, mit Aromastof-
                          regelt die Tabakverordnung diese Bei-       fen versetzter Tabak eingesetzt. In Indien
                          mischung 22. Der Feuchtigkeitsgehalt        und Saudi Arabien wird sonnengetrock-
                          des Produkts liegt bei 20 Prozent.          neter Tabak mit pulverisiertem gelösch-
                          Verbreitet ist Snuff vor allem unter        tem Kalk verwendet und in Afrika lutscht
                          Männern in Mitteleuropa. Hauptabsatz-       man mit Pflanzenasche gelöschten
                          gebiete sind Deutschland, England,          Tabak.
                          Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz,
                          Polen und die Tschechische Republik.        Snus
                                                                      Eine besondere Form des Lutschtabaks
                          Kautabak                                    ist der schwedische „Snus“, der wie die
                          Kautabak wird, wie der Name bereits         anderen Lutschtabake in einer Backen-
                          sagt, gekaut. Vor allem in skandinavi-      tasche deponiert wird. Snus gibt es in
                          schen Ländern werden die gesponnenen        Schweden bereits seit 200 Jahren. Die
                          Tabakblätter stark soßiert, also mit be-    schwedische Regierung hat sich mit
                          sonderen Flüssigkeiten behandelt, die       Erfolg dem 1992 ausgesprochenen
                          Aroma-, Farb- und Konservierungs-           Verbot von Snus in der EU (Artikel 2.4
                          stoffe, Mittel zur Fermentation, Kochsalz   der Direktive 92/41/EEC) widersetzt:
                          und Soda enthalten. Die Aromaträger         Schweden ist das einzige Land der EU,
                          sind Auszüge aus Pflaumen, Rosinen,         in dem dieser Tabaktyp verkauft werden
                          Feigen, Datteln, Zitronen, Ananas und       darf.
                          anderen Früchten. Verwendet werden          Snus ist ein gemahlenes, feuchtes Ta-
                          außerdem Nelken, Zimt, Lorbeerblätter,      bakprodukt auf der Grundlage von luft-
                          Anis, Wacholder und Pfefferminz, Bie-       getrocknetem Tabak mit einem Feuchtig-
                          nenhonig, Kandissirup, Traubenzucker,       keitsgehalt von 30 bis 60 Prozent, das
                          Bonbonsirup, Lakritze, Jamaica-Rum,         mit Salzen wie Natriumcarbonat und
                          Madeira- und Samosweine 9. In den           Natriumchlorid sowie mit Aromastoffen
                          USA bestehen Kautabakprodukte übli-         versetzt wird (45 bis 60 Prozent Was-
                          cherweise aus losen, stark angefeuchte-     ser, 1,5 bis 3,5 Prozent Natriumchlorid,
                          ten Tabakblättern oder gepressten Plat-     1,5 bis 3,5 Prozent Feuchthaltemittel,
                          ten.                                        1,2 bis 3,5 Prozent Natriumbicarbonat
                          1938 betrug die Kautabakproduktion          und weniger als ein Prozent Aroma-
                          125 Millionen Packungen. In den achtzi-     stoffe 47). Der Gehalt an freiem Nikotin
                          ger Jahren des letzten Jahrhunderts         variiert sehr stark: In Abhängigkeit vom
                          wurden jährlich 1,4 bis 4 Millionen         pH-Gehalt des Tabaks liegt er zwischen
                          Packungen bei etwa 100 000 Priemen          0,23 Prozent und 68 Prozent (Abb. 2).
                          abgesetzt. Heute spielt diese Variante      Der niedrige Nikotingehalt einiger dieser
                          des rauchlosen Tabaks nur noch eine         Produkte kommt jugendlichen Einstei-
                          untergeordnete Rolle.                       gern entgegen, da ein niedriger Nikotin-
                                                                      gehalt weniger Übelkeit und Schwindel
                          Lutschtabak                                 auslöst. Stark nikotinhaltige Produkte
                          Lutschtabak, der auch als „Oral Snuff“      dagegen werden eher von älteren
                          bezeichnet wird, gibt es in trockener und   Gewohnheitskonsumenten konsumiert.
                          feuchter Form. Die feuchten „Moist          Snus-Konsumenten nehmen im Durch-
                          Snuffs“ haben einen Feuchtigkeitsgehalt     schnitt etwa 50 bis 75 Milligramm
                          von 20 bis 50 Prozent, während der          Nikotin am Tag auf, was circa 30 bis
                          trockenere „Dry Snuff“ nur vier bis         40 Zigaretten entspricht 57.
                          sechs Prozent Feuchtigkeit enthält 21.      Snus wird vor allem im skandinavischen
                          Lutschtabak wird zwischen Unterlippe        Raum, insbesondere Schweden (20 Pro-
                          und Zahnfleisch oder zwischen Zahn-         zent Männer und zwei Prozent Frauen),
                          fleisch und Mundschleimhaut ge-             aber auch in den Vereinigten Staaten
                          klemmt, wo er bis zu 30 Minuten ver-        konsumiert.

10   Rauchlose Tabakprodukte
pH-Wert   Feuchtigkeit   mittlerer Gehalt an freies Nikotin      Abbildung 2:
                                        in Prozent     Nikotin in Prozent in Prozent           pH-Wert, Feuchtigkeitsge-
 Copenhagen Snuff               8,2           54               2,30             58,70          halt, Gehalt an gebundenem
 Skoal Bandits Straight         5,5           49               1,55              0,31          und freiem Nikotin in ver-
 Skoal Bandits Wintergreen      6,7           50               1,42              6,37          schiedenen Handelssorten
 Skoal Long Cut Wintergreen     7,8           54               2,41             37,30          von Snus, Quelle: US
 Kodiak Wintergreen             8,4           53               1,83             68,10          Department of Health and
 Hawken Wintergreen             5,2           25               0,45              0,23          Human Services, 1999 127,
                                                                                               Bearbeitung: Deutsches
                                                                                               Krebsforschungszentrum,
                                                                                               Stabsstelle Krebsprävention
2.2 Verbreitung rauchloser                   unter Jugendlichen. Konsumierten 1970             2006.
Tabakprodukte                                vor allem ältere Männer (über 55 Jahre)
                                             diesen Tabak, waren 1985 die Haupt-
Verbreitung von Moist Snuff und Snus         konsumenten jünger als 19 Jahre.
innerhalb der USA                            Im Jahr 1970 konsumierten lediglich
Bis zum Ende des neunzehnten Jahr-           0,3 Prozent der Jugendlichen Moist
hunderts war rauchloser Tabak die ge-        Snuff, im Jahr 1985 waren es bereits
bräuchliche Form des Tabakkonsums –          2,9 Prozent 122. Entsprechend einer
inzwischen verdrängte das Zigaretten-        Befragung von Jugendlichen in den
rauchen diesen fast vollständig. Daran       USA zu ihren Erfahrungen mit rauchlo-
waren drei Ursachen maßgeblich be-           sem Tabak 99 an der Middle School
teiligt:                                     (13 bis 14 Jahre) und der High School
1. die Anti-Spuck-Gesetze zur Eindäm-        (15 bis 18 Jahre) hatten demnach be-
mung der Tuberkulose (Kautabak führt         reits 9,5 Prozent der Schüler an der
zu einer starken Produktion von Spei-        Middle School und 18 Prozent der
chel, dessen man sich sehr sorglos           Schüler an der High School erste prak-
durch Spucken auf den Fußboden ent-          tische Erfahrungen mit rauchlosem
ledigte),                                    Tabak gemacht, wobei sie oft schon im
2. die maschinelle Fertigung von Ziga-       Kindesalter mit dem Konsum angefan-
retten (Verbilligung der Zigaretten),        gen haben. Vor dem elften Lebensjahr
3. die kostenlose Verteilung von Ziga-       probierten 3,7 Prozent der Schüler an
retten an Soldaten insbesondere wäh-         der Middle School und 2,9 Prozent
rend der Weltkriege.                         derer an der High School rauchlosen
                                             Tabak. Vor allem Jungen versuchten
Zu Ende der 1960er Jahre waren daher         rauchlosen Tabak, Mädchen viel selte-
nur noch fünf Prozent der in den USA         ner. An der High School probierten
verkauften Tabakwaren rauchloser Ta-         etwa doppelt so viele Jungen rauchlose
bak. Einige Hersteller wollen dies mit       Tabakprodukte wie an der Middle
Hilfe massiver Werbekampagnen wie-           School (29 Prozent zu 14,8 Prozent), bei
der ändern – und sie haben dabei Er-         den Mädchen ist die gleiche Tendenz zu
folg: Der Verkauf von Oraltabak stieg von    beobachten, allerdings etwas weniger
1978 bis 1984 um 55 Prozent an: von          ausgeprägt (6,8 Prozent zu 4,3 Prozent).
23,7 Millionen Pfund im Jahr 1978 auf        Mehr als doppelt so viele Jungen
37,1 Millionen Pfund im Jahr 1984 28. Im     konsumieren häufig rauchlosen Tabak
Jahr 2004 konsumierten in den Vereinig-      (3,8 Prozent in der High School und
ten Staaten von Amerika 70,3 Millionen       1,7 Prozent in der Middle School), bei
Menschen (29,2 Prozent der über 12-Jäh-      den Mädchen liegen die Prozentzahlen
rigen) Tabak in irgendeiner Form 111,        bei 0,2 Prozent in der High School und
7,2 Millionen Amerikaner (3 Prozent der      0,4 Prozent in der Middle School
über 12-Jährigen) verwendeten rauch-         (Abb. 3).
losen Tabak 111.                             Auch im Erwachsenenalter konsumie-
Sehr bedenklich ist dabei die zuneh-         ren in den USA mehr Männer (5,1 Pro-
mende Verbreitung von Moist Snuff            zent) als Frauen (0,3 Prozent) rauchlo-

                                                                                            Rauchlose Tabakprodukte         11
sen Tabak 123,125. Die ungleiche Verbrei-   Oklahoma, Tennessee, West Virginia)
                                tung von Moist Snuff und ähnlichen          und in mehreren Staaten des Mittleren
                                Produkten in der Bevölkerung liegt zu       Westens (Nord- und Süddakota, Mon-
                                einem großen Teil daran, dass derzeit       tana, Nebraska) sowie in Wyoming und
                                ausschließlich Männer im Visier der         Alaska konsumieren über zehn Prozent
                                Werbung für rauchlose Tabakprodukte         der     High-School-Schüler    rauchlose
                                stehen.                                     Tabakprodukte, in den anderen Staaten
                                Auffällig sind auch starke regionale        liegt dieser Prozentsatz deutlich darun-
                                Unterschiede im Tabakverzehr: In eini-      ter 52 (Abb. 4).
                                gen Südstaaten (Alabama, Kentucky,

Abbildung 3:
Konsum rauchloser Tabak-
produkte von Jugendlichen
in den USA im Alter von
13 bis 18 Jahren
oben: Prozentzahl der
Jugendlichen in der Middle-
und Highschool, die rauch-
lose Tabakprodukte probiert
haben, differenziert nach
Geschlecht
Mitte: Prozentzahl der
Jugendlichen in der Middle-
und Highschool, die bereits
vor dem elften Lebensjahr
rauchlose Tabakprodukte
probiert haben, differenziert
nach Geschlecht
unten: Prozentzahl der
Jugendlichen in der Middle-
und Highschool, die häufig
(an mehr als 20 der letzten
30 Tage) rauchlose Tabak-
produkte konsumieren, dif-
ferenziert nach Geschlecht,
Quelle: Office on Smoking
and Health, Youth Tobacco
Surveillance, 2001 99, Be-
arbeitung: Deutsches Krebs-
forschungszentrum, Stabs-
stelle Krebsprävention 2006.

12   Rauchlose Tabakprodukte
Verbreitung von Moist Snuff und             mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Entste-
Snus innerhalb Europas                      hung von Krebserkrankungen im Mund-,
Empirische Daten über den Konsum            Nasen- und Rachenraum führt 140. In-
von rauchlosem Tabak in Europa liegen       zwischen sind zahlreiche Erkenntnisse
nur für die Länder Österreich, Däne-        über die gesundheitsschädlichen Wir-
mark, Finnland, Frankreich, Island, Ir-     kungen hinzugekommen. Eine interna-
land, Italien, Norwegen, Schweden und       tionale Gutachtergruppe der Interna-
Großbritannien vor 43. Abgesehen von        tional Agency for Research on Cancer
den skandinavischen Ländern, insbe-         (IARC) stellt derzeit eine umfassende
sondere Schweden, ist der Konsum von        Arbeit zum Thema orale Tabakprodukte
rauchlosem Tabak innerhalb Europas          zusammen, die kurz vor ihrer Voll-
derzeit verschwindend gering. Auffällig     endung steht 81.
sind jedoch die sprunghaft gestiegenen      Hauptverantwortlich für die gesund-
Prävalenzwerte bei Kindern und Ju-          heitsgefährdenden Wirkungen des Ta-
gendlichen 43.                              bakkonsums ist das Nikotin: Zum einen
                                            macht es abhängig, zum anderen ist es
2.3 Gesundheitsgefährdende                  Ausgangspunkt für die Bildung der
Inhaltsstoffe rauchloser Tabak-             tabakspezifischen Nitrosamine (TSNA),
produkte                                    die verschiedene Krankheiten auslösen,
Bereits vor fast 50 Jahren wurde darauf     vor allem bösartige Geschwülste 60.
hingewiesen, dass rauchloser Tabak          In der Tabakpflanze, die einen leicht

 Bundesstaat                     weiblich            männlich       gesamt
 Alabama                           0,7                 19,7          10,5
 Alaska                            6,2                 15,6          11,2
 Arizona                           1,3                  8,4           4,8
 Delaware                          0,9                  5,8           3,4
 Florida                           1,3                  8,1           4,8
 Georgia                           1,3                 13,9           7,6
 Idaho                             2,0                  9,0           5,7
 Indiana                           1,2                 13,1           7,2
 Kentucky                          3,4                 23,5          13,7
 Maine                             0,9                  7,4           4,3
 Massachusetts                     1,7                  6,4           4,1
 Michigan                          2,9                 10,0           6,5
 Mississippi                       1,0                 15,5           8,2
 Missouri                          0,9                 10,3           5,7
 Montana                           5,3                 20,4          13,2
 Nebraska                          2,8                 17,0          10,1
 Nevada                            1,1                  6,1           3,6
 New Hampshire                     1,1                  7,3           4,3              Abbildung 4:
 New York                          1,6                  6,7           4,2              Prozentsatz der Jugend-
 North Dakota                      4,1                 15,9          10,3              lichen in der Highschool
 Ohio                              3,0                 12,8           8,0              (Klassenstufe 6 bis 12) im
 Oklahoma                          1,7                 23,0          12,7              Jahr 2003 in den USA, die
 Rhode Island                      2,0                  7,0           4,6              rauchlose Tabakprodukte
 South Dakota                      6,7                 23,5          15,3              konsumieren; differenziert
 Tennessee                         2,7                 21,4          12,1              nach Geschlecht und
 Texas                             1,6                 11,6           6,8              Bundesstaat, Quelle:
 Utah                              1,2                  4,9           3,1
                                                                                       Grunbaum et al., 2004 52,
 Vermont                           1,3                  8,7           5,2
                                                                                       Bearbeitung: Deutsches
 West Virginia                     3,3                 23,3          13,6
                                                                                       Krebsforschungszentrum,
 Wisconsin                         2,4                 13,1           7,9
 Wyoming                           5,0                 21,1          13,3              Stabsstelle Krebsprävention
                                                                                       2006.

                                                                                  Rauchlose Tabakprodukte           13
sauren pH-Wert aufweist (circa 6,5),                     Entstehung tabakspezifischer Nitrosami-
                              liegt die Pflanzenbase Nikotin haupt-                    ne lässt sich durch Sterilisation der Ta-
                              sächlich als Salz vor (Abb. 5). In dieser                bakblätter verringern. Die wichtigsten
                              Form wird es vom Körper nicht resor-                     tabakspezifischen Nitrosamine sind N-
                              biert. Je höher der pH-Wert des Tabaks                   Nitrosonornikotin (NNN); 4-(Methyl-Ni-
                              liegt (über pH 7), desto größer wird der                 trosamino)-1-(3-Pyridyl)-1-Butanon (NNK);
                              Anteil des freien Nikotins, das in dieser                N-Nitrosoanatabin (NAT) (Abb. 6).
                              Form leicht und schnell vom Körper                       Die tabakspezifischen Nitrosamine wer-
                              aufgenommen wird und über das Blut                       den im Körper verstoffwechselt und
                              ins Gehirn gelangt. Da das Suchtpoten-                   können dann – falls sie nicht entgiftet
                              zial des Tabakprodukts steigt, je schnel-                werden – mit der Erbsubstanz DNA und
                              ler das Nikotin aufgenommen wird,                        mit dem Hämoglobin des Blutes in
                              macht sich die Tabakindustrie diese                      Wechselwirkung treten. Dabei entste-
                              chemische Reaktion zwischen Nikotin-                     hen so genannte DNA-Addukte 50,60,
                              salz und freiem Nikotin zunutze und                      also DNA Bausteine, die infolge der Re-
                              setzt dem Tabak Substanzen zu, die sei-                  aktion mit den Nitrosaminen ein An-
                              nen pH-Wert erhöhen und das Nikotin                      hängsel tragen und dadurch in ihrer
                              in die freie, leicht verfügbare Form                     Funktion beeinträchtigt sind. Der
                              überführen.                                              Körper kann diese Addukte zwar repa-
                              So beschreibt die Swedish Tobacco                        rieren, indem er die Anhängsel wieder
                              Company ihren Produktionsprozess fol-                    abspaltet. Versagen aber sowohl die
                              gendermaßen: „Um das Nikotin aus                         Entgiftung der verstoffwechselten Ni-
                              dem Tabak freizusetzen, wird der Snuff                   trosamine als auch die Reparatur der
                              leicht alkalisch gemacht – während des                   DNA-Addukte, können die DNA-Adduk-
                              Produktionsprozesses wird Natrium-                       te zu genetischen Veränderungen (Mu-
                              karbonat, das sich in Bikarbonat um-                     tationen) der Zelle führen und letztlich
                              wandelt, zugesetzt.“ Und: „Natriumbi-                    eine Krebszelle entstehen lassen.
                              karbonat (NaHCO3), das den pH-Wert                       Tabakspezifische Nitrosamine verursa-
                              erhöht, führt dazu, dass das Nikotin                     chen bei Versuchstieren gutartige und
                              leichter aus dem Tabak freigesetzt wird                  bösartige Geschwülste der Nase, der
                              und anschließend begünstigt es die                       Lunge, der Luftröhre, der Leber und der
                              Aufnahme des Nikotins durch die                          Speiseröhre. Zudem werden sie mit
                              Mundschleimhaut“ 27.                                     Tumorerkrankungen von Rauchern und
                              Das Nikotin und verwandte Tabak-                         von Konsumenten von rauchlosem Ta-
                              inhaltsstoffe können zudem mit Nitrit,                   bak in Verbindung gebracht 59.
                              das aus dem natürlich in der Pflanze                     Einen besonders hohen Gehalt an
                              vorkommenden Nitrat entsteht, eine                       tabakspezifischen Nitrosaminen hat der
                              chemische Reaktion eingehen (Nitrosie-                   im Sudan beliebte „Toombak“, ein dem
                              rung). Dabei entstehen die krebserzeu-                   schwedischen Snus eng verwandtes
                              genden tabakspezifischen Nitrosamine.                    Produkt. Diese Tabaksorte, bei der eine
                              Sie kommen im grünen Tabak nicht vor,                    andere Tabakart (Nicotiana rustica) ver-
                              sondern treten erst infolge der Fermen-                  arbeitet wird 70 als bei den anderen
                              tation oder Weiterverarbeitung auf. Die                  Oraltabaksorten, ist ein durch Mischen
Abbildung 5:
Freisetzung von Nikotin aus
seiner Salzform durch Ein-
wirkung basischer Substan-                                              Reaktion mit Pflanzensäuren
                                  Nikotin,                                                                                Nikotin - Salze
zen und Bildung von Niko-         Freie Base                                                                              ionisiert
                                                                   Reaktion mit basischen Verbindungen
tinsalzen durch Reaktion                                                     (z.B. Ammoniak)
von Nikotin mit Säuren,
                                Salze entstehen bei der Reaktion von Basen mit Säuren.
Quelle: Eigene Darstellung,
                                In der Tabakpflanze liegt Nikotin sowohl in freier Form als Base als auch in ionisierter Form als Salz vor.
Deutsches Krebsforschungs-
                                Basische Verbindungen, wie z.B. Ammoniak, setzen die Base Nikotin aus der ionisierten (Salz-)Form frei.
zentrum, Stabsstelle Krebs-
                                Freies Nikotin wird vom Körper schneller aufgenommen als Nikotinsalz.
prävention 2006.

14   Rauchlose Tabakprodukte
mit einer wässrigen Natriumbikarbo-
natlösung sehr feuchtes und stark alka-
lisches Produkt: Sein Feuchtigkeits-
gehalt liegt zwischen 6 und 60 Prozent,
sein pH-Wert zwischen acht und elf 70.                                                        Abbildung 6:
Durch den hohen pH-Wert des Toom-                                                             Nitrosierung von Nikotin in
bak, der zur schnelleren Freisetzung                                                          Tabak, Quelle: Hoffmann
von Nikotin aus seinen Salzen führt                                                           et al., 1997 67, Bearbeitung:
(Abb. 5), ist auch der Nikotingehalt die-                                                     Deutsches Krebsforschungs-
ser Kautabaksorte hoch (8 bis 102 Milli-                                                      zentrum, Stabsstelle Krebs-
gramm pro Gramm Trockengewicht).                                                              prävention 2006.
Ein hoher Nikotingehalt wiederum führt
zu höheren Werten tabakspezifischer              Lorbeerblätter, Anis, Wacholder und
Nitrosamine. In Toombak liegt der                Pfefferminz sowie zuckerhaltige Stoffe
TSNA-Gehalt für NNN bei 420 bis                  wie Bienenhonig, Maissirup, Trauben-
1550 Mikrogramm pro Gramm Trocken-               zucker und Karamel finden Verwen-
gewicht, für NNK bei 620 bis 7870 Mi-            dung 128.
krogramm pro Gramm Trockengewicht                In Deutschland sind die Substanzen, die
und für NAT bei 20 bis 209 Mikro-                als Zusatzstoffe von Tabak zugelassen
gramm pro Gramm Trockengewicht 70                sind (immerhin einige Hundert), in der
(Abb. 7).                                        Tabakverordnung des Lebensmittel- und
Ein hoher Gehalt an tabakspezifischen            Bedarfsgegenständegesetzes       (LMBG)
Nitrosaminen im Tabak zieht ein größe-           geregelt. In Anlage 1 der bundesdeut-
res Risiko nach sich, an Mundhöhlen-             schen Tabakverordnung sind folgende
krebs zu erkranken. So liegt das relative        Stoffe als Zusatzstoffe zu Tabak zuge-
Erkrankungsrisiko für Mundhöhlen-                lassen: Aromen, chemisch undefinierte
krebs für Toombak-Konsumenten zwi-               Gemische wie Früchte, Gewürze, Süß-
schen 7,3 und 73, für Snus-Konsumen-             holz, Lakritze, Kaffee, Tee, Kakao, Spiri-
ten liegt es bei fünf bis sechs 70.              tuosen, Wein, Honig, Melasse, Stärke.
                                                 Außerdem dürfen Feuchthaltemittel,
2.4 Zusatzstoffe                                 Klebe-, Haft- und Verdickungsmittel so-
Neben den besonders gefährlichen                 wie für Zigarettenpapier und Filter ver-
tabakspezifischen Nitrosaminen sind im           schiedene Farb- und Konservierungs-
Tabak noch zahlreiche weitere Sub-               stoffe zugefügt werden. In Anlage 2 der
stanzen enthalten, die der Gesundheit            Verordnung sind die Stoffe aufgeführt,
schaden können. Die Tabakindustrie               die als Zusatz zu Tabak verboten sind.
setzt ihren Produkten etliche Substan-           In der EU steht eine solche Liste noch
zen zu, um sie für die Konsumenten               aus. „Bis zur Erstellung dieser Liste […]
attraktiver zu gestalten (Abb. 8).               können die Mitgliedstaaten das Verbot
So erhöhen die zugesetzten Ge-                   der Verwendung von Inhaltsstoffen vor-
schmackskorrigenzien den Anreiz für              sehen, die die süchtig machende
den Konsum rauchloser Tabakprodukte.             Wirkung von Tabakerzeugnissen ver-
Dazu gehören Vanille, Kirsche, Eukalyp-          stärken…“ (Absatz 25 der Begründung
tus, Lavendel, Zitrone, Fruchtauszüge            der EU-Direktive).
aus Pflaumen, Rosinen, Feigen, Datteln,          Anders als bei gerauchten Tabakwaren
Zitronen, Ananas, und Extrakte aus               werden die Zusatzstoffe bei rauchlosem
anderen Früchten. Auch Nelken, Zimt,             Tabak nicht durch einen Verbrennungs-        Abbildung 7:
                                                                                              Vorkommen tabakspezifi-
                                                                                              scher Nitrosamine in Toom-
                                                                                              bak, Quelle: Idris et al.,
 Tabakspezifische Nitrosamine in Toombak                             in µg/g                  1998 70, Bearbeitung:
 N-Nitrosonornikotin (NNN)                                           420 – 1550               Deutsches Krebsforschungs-
 4-(Methyl-Nitrosamino)-1-(3-Pyridyl)-1-Butanon (NNK)                620 – 7870               zentrum, Stabsstelle Krebs-
 N-Nitrosoanatabin (NAT)                                             20 – 209                 prävention 2006.

                                                                                         Rauchlose Tabakprodukte           15
prozess, der aus harmlosen Substanzen              rischen Ölen und anderen Geschmacks-
                                krankheitserregende Stoffe entstehen               korrigenzien durchaus denkbar, die
                                lässt, verändert. Dennoch sind Reak-               unter Umständen zu giftigen Substan-
                                tionen zwischen den Inhaltsstoffen des             zen führen können.
                                Tabaks und denen von Früchten, äthe-

                                 Zusatzstoffe         Vorkommen                 Verwendung
                                 Ascorbinsäure                                  Cerealien, Früchte, Säfte
                                 Benzoesäure          Früchte                   Backwaren, Cerealien, Fette und Öle, Süßigkeiten
                                 Cognacöl                                       Likör, Getränke, Backwaren, Kaugummi, Gewürze
                                 Dextrose                                       Früchte, Säfte, Fleischprodukte, Würzmittel,
                                                                                Nussprodukte
                                 Essig                                          Ketchup, Pickles
                                 Ethylalkohol                                   Getränke, Ahornsirup, Süßigkeiten
                                 Eukalyptus           Grapefruitsaft, Früchte   Backwaren, gefrorene Milchdesserts, Kaugummi
                                 FD&C Rot No. 40                                Backwaren, Cerealien, Früchte, Säfte, Getränke,
                                                                                Pudding
                                 FD&C Gelb No. 5                                Backwaren, Cerealien, Pasta, Käse, Fleischprodukte
                                 Fructose             Honig, Früchte
                                 Glyzerin                                       Fleisch, Garnierung, Backwaren, gefrorene
                                                                                Milchprodukte, alkoholische Getränke
                                 Gummiarabikum                                  Backwaren, Milchprodukte, Fette und Öle
                                 Honig
                                 Invertzucker                                   Backwaren, gefrorene Milchdesserts, Getränke
                                 Kaffee-Extrakt                                 Backwaren, gefrorene Milchdesserts, Süßigkeiten
                                 Kakaopulverextrakt                             Kakao, Backwaren, Konfekt, gefrorene
                                                                                Milchdesserts, Getränke
                                 Karamel                                        Backwaren, Getränke, gefrorene Milchdesserts,
                                                                                Süßigkeiten
                                 Maissirup                                      Backwaren, Cerealien, Getränke, Süßigkeiten, Soßen
                                 Malzextrakt                                    Backwaren, Cerealien, Gewürze, Milchprodukte,
                                                                                Süßigkeiten
                                 Menthol                                        Backwaren, Getränke, gefrorene Milchdesserts,
                                                                                Kaugummi, Pudding
                                 Mineralöl                                      Kaugummi, Backwaren, Süßigkeiten, Essig, Wein
                                 Orangenöl                                      Backwaren, gefrorene Milchdesserts, Frucht- und
                                                                                Wassereis, Süßigkeiten
                                 Pfefferminzöl                                  Backwaren, gefrorene Milchdesserts,
                                                                                Fleischprodukte, Gelatine, Pudding, Getränke
                                 Phosphorsäure                                  Backwaren, Fleischprodukte, Süßigkeiten,
                                                                                Gelatine, Pudding
                                 Portwein             alkoholische Getränke
                                 Propionsäure                                   gefrorene Milchdesserts, Gelatine, Pudding,
                                                                                Süßigkeiten
Abbildung 8:
                                 Raucharoma                                     Backwaren, Käse, Fleischprodukte, Gewürze, Soßen
Auszug aus der Liste der
                                 Rum                  alkoholische Getränke
562 Zusatzstoffe, die zehn       Schokoladenlikör                               Schokolade
amerikanische Tabakfirmen        Sherry-Konzentrat                              häufiges Aroma in Nahrungsmitteln
ihren rauchlosen Tabak-          Sorbinsäure                                    Backwaren, Würze, Aromastoffe
produkten zusetzen, Quelle:      Tabakextrakt
US House of Representa-          Vanillin                                       Backwaren, Zuckerguss, Süßigkeiten
tives, 1994 128, Bearbeitung:    Whiskey                                        alkoholische Getränke
Deutsches Krebsforschungs-       Zimt                                           Süßigkeiten, Getränke, Backwaren, Gelatine, Soße
zentrum, Stabsstelle             Zitronensäure                                  Pasta, Fette und Öle, Fleisch, Gemüse, Backwaren,
Krebsprävention 2006.                                                           Süßigkeiten

16   Rauchlose Tabakprodukte
3 Gesundheitsgefährdung
durch rauchlose Tabak-
produkte

Der Konsum rauchlosen Tabaks ist krebs-              Rauchloser Tabak enthält mindestens
erzeugend. Zu diesem Schluss kamen                   20 bekannte Kanzerogene, darunter Ben-
amerikanische Experten bereits in den                zo[a]Pyren, Nitrosamine sowie das radio-
1980er Jahren 122. Im „Code against Can-             aktive Isotop Polonium 210 43,64,66
cer and Scientific Justification” der Euro-          (Abb. 9).
päischen Union nehmen Experten zu                    Verantwortlich für die kanzerogene Wir-
rauchlosem Tabak folgendermaßen Stel-                kung des Oraltabaks sind in erster Linie
lung: „Es gibt deutliche wissenschaftliche           die tabakspezifischen Nitrosamine 59.
Nachweise dafür, dass rauchloser Tabak               Aber auch das im Tabak enthaltene
auch mit einem erhöhten Krebsrisiko ein-             süchtig machende Nikotin 61,93,121 hat
hergeht, egal ob er gelutscht, gekaut oder           vielfältige Wirkungen. Nikotin bindet an
inhaliert wird“ 19.                                  Nikotin-Acetylcholin-Rezeptoren, die im

 Substanz                                     Konzentration [ng/g]          Tabakart, in der die
                                                                            Substanzbestimmt wurde
 Benzo[a]pyren                                > 0.1–90                      NT, MS, DS
 Cumarin                                      600                           NT
 Ethylcarbamat (Urethan)                      310–375                       KT
 Flüchtige Aldehyde
 Formaldehyd                                  1600–7400                     NT, MS, DS
 Acetaldehyd                                  1400–27400                    NT, MS, DS
 Crotonaldehyd                                200–2400                      MS, DS
 Flüchtige N-Nitrosamine
 N-Nitrosodimethylamin                        ND–270                        KT, MS
 N-Nitrosopyrrolidin                          ND–860                        KT, MS
 N-Nitrosopiperidin                           ND–110                        KT, MS
 N-Nitrosomorpholion                          ND–690                        KT, MS
 N-Nitrosodiethanolamin                       40–6800                       KT, MS
 N-Nitrosaminsäuren
 N-Nitrososarcosin (NSAR)                     ND–6300                       MS
 Tabakspezifische N-Nitrosamine (TSNA)
 N’-Nitrosonornikotin (NNN)                   400–3085000                   KT, MS                      Abbildung 9:
 4-(Methylnitrosamino)-1-(3-Pyridyl)-                                                                   Liste der kanzerogenen
 1-Butanon (NNK)                              ND–7870000                    KT, MS                      Substanzen in rauchlosem
 N’-Nitrosoanabasin                           vorhanden–2370000             RT, MS                      Tabak, Quellen: Brunne-
 Anorganische Substanzen                                                                                mann et al. 20, International
 Arsen                                        500–900                       NT                          Agency for Research on
 Nickel                                       180–2700                      RT, MS                      Cancer 1987 83, 1990 84,
 Radioaktive Elemente                         [pCi/g]                                                   1993 73, 1995 74, 1999 75,
 Polonium-210                                 0.16-1.22                     NT, MS, DS
                                                                                                        2000 76, 2001 77, 2006 80–82,
 Uranium-235                                  2.4                           MS
                                                                                                        Bearbeitung: Deutsches
 Uranium-238                                  1.91                          MS
                                                                                                        Krebsforschungszentrum,
 ND nicht nachweisbar; NT Natürlicher Tabak; RT Rauchtabak; MS Moist Snuff; DS Dry Snuff; KT Kautabak   Stabsstelle Krebsprävention
                                                                                                        2006.

                                                                   Gesundheitsgefährdung durch rauchlose Tabakprodukte                  17
Zentralnervensystem und in allen Orga-     Auswirkungen rauchloser Tabakwaren
                              nen zu finden sind. Auf diesem Weg         durchgeführt. Erschwert wird die Aus-
                              beeinflusst es zahlreiche autonome und     wertung der vorliegenden Publikationen
                              sensorische Funktionen und kann auch       zudem durch die stark unterschiedliche
                              verschiedene Krankheiten verursachen.      Zusammensetzung der Produkte, insbe-
                              Bisher wurden verhältnismäßig wenige       sondere wegen ihres deutlich variieren-
                              Studien speziell zu den gesundheitlichen   den Gehalts an krebserregenden Nitro-

Abbildung 10:
Veränderungen der
Mundschleimhaut durch
den Gebrauch von rauch-
losem Tabak, Quelle: US
Department of Health and
Human Services, 1986 122,
Bearbeitung: Deutsches
Krebsforschungszentrum,
Stabsstelle Krebsprävention
2006.

18      Gesundheitsgefährdung durch rauchlose Tabakprodukte
saminen. In Indien, wo die Prävalenz             dort die Inzidenz von Mundhöhlenkrebs
von Krebs im Mundbereich besonders               verhältnismäßig niedrig ist 29, und es
hoch ist, wird rauchlosem Tabak außer-           erfordert Studien mit sehr großen Pro-
dem zumeist Betel zugesetzt, der auch            bandenzahlen, um zuverlässige Aus-
für sich allein krebserregend sein kann.         sagen zu erzielen.
Aus der aktuellen Datenlage zeichnet             Durch den Konsum von Snus entstehen
sich aber ab, dass rauchlose Tabakpro-           auf der Mundschleimhaut weiße Fle-
dukte Krebs im Mundbereich, Pankreas-            cken, so genannte Leukoplakien 43. Die-
krebs und möglicherweise weitere                 se Schäden sind ein früher Hinweis auf
Krebsarten verursachen. Darüber hinaus           ein erhöhtes Risiko, an Mundhöhlen-
wurden ungünstige Auswirkungen auf               krebs zu erkranken 18. Abbildung 10 gibt
das Herz-Kreislaufsystem, die Schwan-            einen Überblick über die Veränderungen
gerschaft und den Glukosestoffwechsel            der Mundschleimhaut durch den Ge-
beobachtet.                                      brauch von rauchlosem Tabak 122.
                                                 Wegen des sehr stark unterschiedlichen
3.1 Krebs der Mundhöhle und                      Nikotingehalts der verschiedenen Pro-
im Kopf- und Halsbereich                         dukte variiert auch deren Gehalt an
Tabakprodukte – auch nicht gerauchte –           tabakspezifischen Nitrosaminen und
sind wegen ihres Gehalts an tabakspezi-          damit auch die krebserzeugende Wir-
fischen Nitrosaminen (TSNA) krebserre-           kung: So weisen 60 Prozent der Ver-
gend. Diese Verbindungen, die in rauch-          wender eines Produkts mit sehr hohem
losem Tabak in unterschiedlicher Kon-            TSNA-Gehalt („Kopenhagen“) Schleim-
zentration enthalten sind, verursachen           hautschäden auf, die zu Krebs führen
Krebserkrankungen im Mundbereich.                können, aber nur fünf Prozent der Kon-
Studien aus Indien belegen eindeutig             sumenten von „Hawken“, einem Pro-
eine krebserregende Wirkung der dort             dukt mit sehr viel niedrigeren TSNA-
verwendeten rauchlosen Tabakproduk-              Werten 127 (Abb. 11).
te 29,33. Tabakkauen ist mit einem bis zu        Zwei groß angelegte, in Schweden
sechsfach erhöhten Risiko für Mundhöh-           durchgeführte Studien zu einem mög-
lenkrebs verbunden 33. Auch für Krebs            lichen Zusammenhang zwischen rauch-
der Zunge und des Zahnfleischs wurde             losem Tabak und Mundhöhlen- und
ein Zusammenhang mit Tabakkauen ge-              Kehlkopfkrebs fanden ein für ehemalige
funden 29. Zwischen dem im Sudan ver-            Snus-Konsumenten deutlich erhöhtes
wendeten Toombak, der einen beson-               relatives Erkrankungsrisiko für Krebs im
ders hohen Gehalt an Nitrosaminen hat,           Mundbereich 89,106.
und Krebs im Mundbereich besteht ein
deutlicher Zusammenhang 29. Circa                3.2 Krebs der
80 Prozent der Patienten mit Mund-               Bauchspeicheldrüse (Pankreas)
höhlenkrebs im Sudan verwenden                   Bauchspeicheldrüsenkrebs     ist  eine
Toombak 70. Mehrere amerikanische                besonders heimtückische Krebsart, die
Studien weisen auf einen Zusammen-               sehr schnell zum Tod führt. Eine Ex-
hang zwischen rauchlosem Tabak und               pertengruppe der International Agency
Mundhöhlenkrebs hin 25. Schwedische              for Research on Cancer der Weltgesund-
Studien liefern weniger eindeutige Er-           heitsorganisation schloss im Jahr 2004
gebnisse. Das liegt zum Teil daran, dass         aus verschiedenen Studien, es gebe

                                                                                            Abbildung 11:
                                                                                            Vorkommen tabakspezifi-
                                                                                            scher Nitrosamine in Snus,
                                                                                            Quelle: Idris et al., 1998 70,
 Tabakspezifische Nitrosamine in Snus                               in µg/g                 Bearbeitung: Deutsches
 N-Nitrosonornikotin (NNN)                                          5–9                     Krebsforschungszentrum,
 4-(Methyl-Nitrosamino)-1-(3-Pyridyl)-1-Butanon (NNK)               1–2                     Stabsstelle Krebsprävention
 N-Nitrosoanatabin (NAT)                                            2–5
                                                                                            2006.

                                                           Gesundheitsgefährdung durch rauchlose Tabakprodukte               19
„ausreichend Hinweise, dass rauchloser      Nikotin schädigt die Gefäße und ver-
                              Tabak oralen Krebs und Bauchspeichel-       stärkt durch seine Wirkung auf den
                              drüsenkrebs beim Menschen verur-            Fettstoffwechsel und die Blutgerinnung
                              sacht“ 25. So zeigte sich in einer in       arteriosklerotische Prozesse 88. Zum Ein-
                              Norwegen an 10 136 Männern durchge-         fluss des Gebrauchs von rauchlosem
                              führten Studie für Snus-User nach Kon-      Tabak auf das kardiovaskuläre System
                              trolle der Rauchgewohnheiten ein er-        gibt es bisher zwar nur wenige valide
                              höhtes Risiko, an Pankreaskrebs zu er-      Studien, aber es zeichnet sich ab, dass
                              kranken 16,63. Eine andere Studie aus       ein Zusammenhang zwischen rauchlo-
                              verschiedenen Staaten der USA zeigte        sem     Tabak    und     kardiovaskulären
                              ein 40 Prozent höheres Risiko bei           Erkrankungen bestehen könnte 30. Das
                              Verwendern rauchlosen Tabaks, an die-       Risiko für ungünstige kardiovaskuläre
                              ser Tumorart zu erkranken als bei           Wirkungen scheint aber beim Konsum
                              Nichtverwendern 2.                          rauchlosen Tabaks geringer zu sein als
                              Ein Zusammenhang zwischen der Ver-          beim Zigarettenrauchen 6.
                              wendung von rauchlosem Tabak und            Eine Studie an über 135 000 Männern in
                              Krebs in anderen Organen – insbeson-        Schweden zeigte bei Verwendern von
                              dere Speiseröhrenkrebs – wird gegen-        rauchlosem Tabak nur einen geringen,
                              wärtig erforscht.                           allerdings statistisch signifikanten An-
                                                                          stieg an Herz-Kreislauferkrankungen (re-
                              3.3 Herz-Kreislauferkrankungen              latives Risiko = 1,4) im Vergleich zu
                              Nikotin gelangt nach dem Konsum von         Männern, die keinen Tabak konsumiert
Abbildung 12:                 rauchlosem Tabak zwar etwas langsa-         hatten. Bei 35- bis 54-Jährigen waren
Nikotingehalt im Blut nach    mer und in etwas geringerem Ausmaß          die Effekte stärker ausgeprägt, sie hat-
dem Konsum von Zigaret-       ins Blut als nach dem Rauchen einer         ten ein relatives Risiko von 2,1 an Herz-
ten, rauchlosem Tabak und     Zigarette, die Nikotinkonzentration sinkt   Kreislauferkrankungen zu erkranken. Ein
Nikotinkaugummi, Quelle:      jedoch nach dem Genuss von rauchlo-         noch höheres Erkrankungsrisiko hatten
Benowitz et al., 1988 14,     sem Tabak langsamer ab; dadurch sind        Raucher 17 (Abb. 13).
Bearbeitung: Deutsches        Konsumenten von rauchfreien Tabak-          Zwei Krebspräventionsstudien in den
Krebsforschungszentrum,       produkten insgesamt einer höheren           USA an über 12 Millionen Männern und
Stabsstelle Krebsprävention   Nikotinexposition ausgesetzt als Rau-       Frauen, die eine mit 12 Jahren, die zwei-
2006.                         cher 14 (Abb. 12).                          te mit 18 Jahren Beobachtungszeit,
                                                                          ergaben für Männer, die Snuff oder Kau-
                                                                          tabak konsumierten, ein höheres Risiko,
                                                                          an kardiovaskulären Erkrankungen zu
                                                                          sterben 62.

                                                                          3.4 Schwangerschaft
                                                                          Da Nikotin durch die Plazenta in den
                                                                          Blutkreislauf des Fetus gelangt, weisen
                                                                          die Feten tabakabhängiger Frauen hohe
                                                                          Nikotinwerte auf; auch das Stillen trägt
                                                                          zu einer erhöhten Nikotinkonzentration
                                                                          im Blut von Babys bei 4. Eine vorgeburt-
                                                                          liche Exposition gegenüber Nikotin kann
                                                                          sich negativ auf die Entwicklung des Un-
                                                                          geborenen auswirken, wie Tierversuche
                                                                          gezeigt haben 39. Nikotin bindet an
                                                                          Nikotin-Acetylcholin-Rezeptoren im Ge-
                                                                          hirn, was zahlreiche Wirkungen nach
                                                                          sich zieht 110. So kann es die Gehirn-
                                                                          struktur und die Neuroregulation verän-
                                                                          dern. Nikotinrezeptoren spielen auch bei
                                                                          der Steuerung der Atmung vor und nach

20      Gesundheitsgefährdung durch rauchlose Tabakprodukte
Abbildung 13:
                                                                                           Relatives Risiko (RR) von
                                                                                           Rauchern und Nichrauchern
                                                                                           im Alter von 35 bis 54 Jah-
                                                                                           ren, an ischämischen Herz-
                                                                                           erkrankungen zu sterben,
                                                                                           95 Prozent Konfidenzinter-
                                                                                           vall, Quelle: Bolinder et al.,
                                                                                           1994 17, Bearbeitung:
                                                                                           Deutsches Krebsforschungs-
                                                                                           zentrum, Stabsstelle Krebs-
                                                                                           prävention 2006.

der Geburt eine Rolle 56. Rauchen in der       len könnte. Auch bei indischen Frauen,
Schwangerschaft erhöht das Risiko für          die rauchlosen Tabak konsumieren, ist
Fehl-, Früh- und Totgeburten 3,23,55,87,103,   das Risiko für eine Totgeburt ähnlich
108,109 und für die perinatale Sterblich-      hoch wie bei rauchenden Frauen 54.
keit 5. Außerdem sind Kinder rauchender
Mütter oftmals kleiner und haben häufig        3.5 Zahnfleisch und Zähne
ein geringes Geburtsgewicht 125,138.           Der Gebrauch von rauchlosem Tabak hat
Rauchloser Tabak hat ähnliche Wirkun-          neben dem bereits erwähnten Krebs im
gen auf das Ungeborene wie Rauchen.            Mundbereich weitere negative Wirkun-
Babys, deren Mütter während der                gen auf die Mundgesundheit. So stellten
Schwangerschaft rauchlosen Tabak kon-          bereits in den 1980er Jahren mehrere
sumiert hatten, wogen bei einer in             Studien in den USA bei 25,6 bis 60 Pro-
Schweden durchgeführten Studie im              zent der jugendlichen Snuff-User einen
Schnitt 40 Gramm weniger als Babys             Rückgang des Zahnfleisches (Paro-
von Nichtkonsumentinnen 38; indische           dontose) fest 122. Die Parodontose
Neugeborene von Müttern, die rauchlo-          scheint irreversibel zu sein und ist beim
sen Tabak konsumierten, wogen durch-           Gebrauch loser Tabakblätter stärker aus-
schnittlich 105 Gramm weniger als die          geprägt als bei der Verwendung von
Kinder von Nichtkonsumentinnen 53.             Portionsbeuteln 7. Schädigungen des
Rauchlose Tabakprodukte erhöhen au-            Zahnfleischs treten bei regelmäßigen
ßerdem das Risiko für Früh- und Tot-           Konsumenten verstärkt in den Bereichen
geburten: Schwedische Frauen, die              des Mundes auf, in dem der Tabak depo-
rauchlosen Tabak benutzen, haben ein           niert wird 104.
etwa doppelt so hohes Risiko für eine          Auch die Zähne leiden unter dem Ge-
Frühgeburt wie Frauen, die weder rau-          brauch von rauchlosem Tabak. So haben
chen noch rauchlosen Tabak konsumie-           Konsumenten von rauchlosem Tabak
ren; das Risiko für Frühgeburten ist bei       häufiger Schäden durch Karies an den
Konsumentinnen rauchlosen Tabaks               Zähnen, wobei ein Zusammenhang zwi-
etwa gleich hoch wie bei mäßigen bis           schen der Tabakdosis und Karies be-
starken Raucherinnen 38. Die Autoren           steht: Je mehr Tabakpäckchen pro Wo-
der schwedischen Studie vermuten,              che konsumiert werden, umso höher ist
dass das Nikotin bei dem erhöhten              das Kariesrisiko 120. Verantwortlich für
Risiko für Frühgeburten eine Rolle spie-       das erhöhte Kariesrisiko unter Konsu-

                                                         Gesundheitsgefährdung durch rauchlose Tabakprodukte            21
menten von rauchlosem Tabak ist ver-        an 3384 schwedischen Männern im Alter
                           mutlich der zum Teil sehr hohe Zucker-      von 25 bis 74 Jahren keinen signifikan-
                           gehalt der Tabakprodukte.                   ten Einfluss von Snus auf das Diabe-
                                                                       tesrisiko 37. Einer anderen Untersuchung
                           3.6 Diabetes                                zufolge an 3128 über fünfunddreißigjäh-
                           Die Wirkung rauchlosen Tabaks auf die       rigen Männern, von denen die Hälfte
                           Entstehung von Diabetes ist noch nicht      eine familäre Vorgeschichte von Dia-
                           eindeutig geklärt. Möglicherweise be-       betes hatte, erhöht Snus hingegen das
                           steht ein krankheitsfördernder Effekt nur   Risiko fast um das Dreifache, an Dia-
                           bei starken Konsumenten oder bei einer      betes zu erkranken 100. Dieser Befund ist
                           familiären Veranlagung zu Diabetes 47.      von besonderer Bedeutung, da Diabe-
                           Die wenigen Studien zur Wirkung rauch-      tiker ein höheres Risiko haben, eine Viel-
                           losen Tabaks auf das Risiko, an Diabetes    zahl von Gefäßerkrankungen zu erlei-
                           zu erkranken, brachten unterschiedliche     den.
                           Ergebnisse. So fand eine Untersuchung

22   Gesundheitsgefährdung durch rauchlose Tabakprodukte
4 Marketingstrategien der
Hersteller rauchloser Tabak-
produkte

Die Tabakindustrie sieht ihre Absatz-      4.1 Verkaufsstrategien
märkte gefährdet, da immer mehr Rau-       Die Tabakindustrie verfolgte in den
cher infolge erfolgreicher Tabakpräven-    1970er Jahren auf dem amerikanischen
tionsmaßnahmen erwägen, mit dem            Markt das Ziel, das negative Image des
Rauchen aufzuhören. Daher versucht sie     rauchlosen Tabaks – er galt als alt, pro-
zum einen, neue Konsumenten zu ge-         vinziell, unsauber und schmuddelig –
winnen, wobei sie in erster Linie Kinder   durch attraktive Attribute – maskulin,
und Jugendliche umwirbt. Zum anderen       cool, stark, abenteuerlustig, fit, erfolg-
möchte sie mit rauchlosem Tabak einen      reich – zu ersetzen. Umfassende Marke-
fast verschwundenen Markt wieder bele-     tingmaßnahmen wurden eingeleitet, um
ben. Dabei behaupten die Hersteller,       das Produkt in allen sozialen Schichten
rauchloser Tabak sei weniger gesund-       und Regionen gesellschaftsfähig zu
heitsgefährdend als gerauchter Tabak.      machen 41.
So warb beispielsweise US Smokeless        In den USA haben sich die Werbe-
Tobacco im Jahr 1984 für „Skoal            ausgaben für Moist Snuff von 1990 auf
Bandits“: „Nimm einen Beutel anstatt       2001 vervierfacht, dagegen kommen die
einen Zug“, der suggeriert, dieser Tabak   Werbeaufwendungen der Tabakindustrie
sei gesünder als Rauchtabak. Daher ver-    für Kau- und Schnupftabak zusammen
bot der Staatsanwalt des Staates New       auf einen Anteil von unter einem Pro-
York im Juni 1984 diesen Werbespruch       zent der Werbeaufwendungen 45. Im
mit dem Hinweis: „Der Slogan beinhal-      gleichen Zeitraum stieg der Absatz von
tet, wenn er ohne weitere Einschrän-       Moist Snuff deutlich an, der Absatz
kung gebraucht wird, das Produkt sei       anderer rauchloser Tabakprodukte hin-
eine sichere Alternative zum Zigaretten-   gegen blieb unverändert oder sank
rauchen, obwohl es das nicht ist“ 40.      sogar noch ab 45 (Abb. 14).

 Jahr       Verkauf in Pfund    Verkauf in US-Dollar      Werbeausgaben in US-Dollar
 1985           121 449 115           730 618 970                 80 068 229
 1986           118 778 334           797 777 885                 76 676 706
 1987           116 540 281           852 717 347                 67 777 044
 1988           114 433 782           901 654 382                 68 223 671
 1989           116 440 365           981 637 304                 81 200 611
 1990           117 415 326         1 091 170 201                 90 101 327
 1991           120 110 686         1 237 961 670                104 004 040
                                                                                        Abbildung 14:
 1992           118 372 693         1 361 360 729                115 346 708
                                                                                        Verkauf von rauchlosem
 1993           115 888 785         1 475 460 518                119 230 826
 1994           115 495 201         1 612 098 989                125 972 408            Tabak und Werbeausgaben
 1995           116 387 464         1 735 840 489                127 323 282            für rauchlosen Tabak in den
 1996           116 404 222         1 790 406 160                123 877 458            USA von 1985 bis 2001,
 1997           113 975 148         1 817 508 055                150 426 310            Quelle: Federal Trade Com-
 1998           110 036 380         1 886 328 217                145 486 899            mission, 2003 45, Bearbei-
 1999           109 401 055         1 940 736 017                170 213 761            tung: Deutsches Krebsfor-
 2000           111 741 335         1 988 875 535                224 582 757            schungszentrum, Stabsstelle
 2001           112 193 550         2 127 520 387                236 676 917            Krebsprävention 2006.

                                                  Marketingstrategien der Hersteller rauchloser Tabakprodukte        23
Zielgruppe Jugendliche                      bevor sie sich überhaupt an die Wirkung
                            Um Jugendliche zu erreichen und das         des Nikotins gewöhnen konnten. Zudem
                            neue Image zu vermitteln, bediente sich     wird bei den Einsteigerprodukten der
                            die Tabakindustrie vorwiegend des           bittere Tabakgeschmack durch den Zu-
                            Sports 26. Seit den 1970er Jahren konnte    satz verschiedener Aromastoffe und viel
                            sie Profisportler aus allen populären       Zucker überdeckt. Angeboten werden
                            Sportarten als Werbefiguren gewin-          die Geschmacksrichtungen Lychee, Va-
                            nen 86. Das ist besonders fatal, da die     nille, Zitrone, Eukalyptus und andere
                            populären Sportler Vorbilder für Fitness,   mehr 26. Wenn sich Einsteiger erst ein-
                            Erfolg, Stärke und Anerkennung sind.        mal an den Tabak gewöhnt haben, sol-
                            Bis zum Abschluss des Smokeless             len sie dann im Laufe der Zeit zu
                            Tobacco Master Settlement im Jahr           Produkten mit höherem Nikotingehalt
                            1998, einer freiwilligen Vereinbarung       wechseln 27.
                            zwischen der Tabakindustrie und den         Die US Tobacco Company verfolgt seit
                            amerikanischen Bundesstaaten, die Ta-       den frühen 1980er Jahren gezielt eine
                            bakwerbung einzuschränken, verteilten       Gewöhnungsstrategie („graduation stra-
                            die Hersteller in den USA bevorzugt bei     tegy“), was in folgendem Dokument der
                            großen Sportveranstaltungen, sozialen       Tabakindustrie zum Ausdruck kommt:
                            und kulturellen Events oder bei Konzer-     „Neue Konsumenten von rauchlosem
                            ten Probepackungen rauchloser Tabak-        Tabak – die sich aus verschiedenen
                            produkte in großem Stil 26. Zudem wur-      Gründen für die Produktkategorie inter-
                            den kostenlose Proben auf dem Campus        essieren – beginnen wahrscheinlich mit
                            von Schulen und Universitäten verteilt.     Produkten, die milder schmecken, stär-
                            Diese Strategie zielte vor allem auf        ker aromatisiert sind und/oder leichter
                            junge Menschen ab: Der soziale Druck        im Mund zu handhaben sind. Nach einer
                            auf Jugendliche, die überreichten Pro-      gewissen Zeit wechseln sie in einem
                            duktproben an Ort und Stelle auszupro-      natürlichen Prozess zu geschmacksin-
                            bieren, ist groß, da sie vor Freunden       tensiveren und weniger aromatisierten
                            nicht als Feiglinge erscheinen wollen.      Marken, die einen stärker konzentrierten
                            Gerade junge Männer sprechen gut auf        Tabakgeschmack haben als die Ein-
                            maskuline Attribute an. Um rauchlose        stiegsmarke“ 91.
                            Tabakprodukte mit Maskulinität in Ver-      Die Produkte werden entsprechend be-
                            bindung zu bringen, zeigte die Werbung      worben. So warb US Tobacco Company
                            Cowboys im harten Alltagsleben oder         für sein leichtes Einsteigerprodukt Skoal
                            andere durchtrainierte Männer in ge-        Bandits mit dem Slogan: „Wir stellen
                            fährlichen, kraftzehrenden Situationen      Skoal Bandits Straight vor. Es war nie
                            (Abb. 15). Das runde Design der Moist-      leichter, rauchlosen Tabak zu genießen.“
                            Snuff-Dosen, das sich durch das fort-       Das starke Produkt Copenhagen mit
                            währende Tragen im Laufe der Zeit als       einem um ein Vielfaches höheren Niko-
                            weißer Kreis auf der hinteren Hosen-        tingehalt wurde hingegen folgenderma-
                            tasche der Blue Jeans abzeichnete, galt     ßen angepriesen: „Früher oder später ist
                            schon bald als Symbol für Männlichkeit.     es Copenhagen.“ 27 Die Gewöhnungs-
                                                                        strategie funktioniert wie vorgesehen:
                            Gewöhnungsstrategie                         Die Konsumenten wechseln tatsächlich
                            Um den Einstieg in den Konsum von           mit zunehmender Nikotinabhängigkeit
                            rauchfreiem Tabak zu erleichtern, ent-      von leichten Einsteigerprodukten auf zu-
                            wickelten die Produzenten spezielle Ein-    nehmend stärkere Produkte 116.
                            steigerprodukte mit niedrigem Nikotin-
                            gehalt, da ein hoher Nikotingehalt          Sponsoring
                            Schwindelgefühle und Übelkeit verursa-      Eine weitere Strategie der Tabakindus-
                            chen kann. Dieser Effekt könnte poten-      trie, ihre Produkte bekannter und attrak-
                            tielle Einsteiger beim Gebrauch zu star-    tiver zu machen, ist das Sponsoring 26.
                            ker Produkte möglicherweise gleich wie-     Das Sponsoring verknüpft Produktattri-
                            der vom weiteren Konsum abhalten,           bute mit Lebensstil und Veranstaltun-

24   Marketingstrategien der Hersteller rauchloser Tabakprodukte
Sie können auch lesen