Pflanzenschutz im Zuckerrübenanbau in Deutschland - Situationsanalyse 2018
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708 Agriculture/Landwirtschaft Erwin Ladewig; Cord Buhre; Christine Kenter; Nicol Stockfisch; Mark Varrelmann; Anne-Katrin Mahlein Pflanzenschutz im Zuckerrübenanbau in Deutschland – Situationsanalyse 2018 Crop protection in sugar beet cultivation in Germany – situation analysis 2018 Die Kontrolle von Schaderregern ist eine wesentliche Vor- The control of pests is an essential prerequisite to secure aussetzung zur Sicherung der Erträge von Kulturpflanzen. crop yield. This situation analysis describes the occurrence Diese Situationsanalyse stellt das Auftreten von Unkräu- of weeds, diseases and animal pests in sugar beet cultivation tern, Krankheiten und tierischen Schädlingen im Zuckerrü- in Germany and measures to control them. In the EU, the benanbau in Deutschland dar und erläutert die Verfahren application of integrated pest management is required. One zu ihrer Kontrolle. Wesentlicher Baustein des integrierten of its key elements is the cultivation of varieties with resi- Pflanzenschutzes, der in der EU maßgeblich ist, sind Sorten stance or tolerance properties, e.g. to Rhizomania or nema- mit Resistenz- oder Toleranzeigenschaften, z. B. gegenüber todes. Chemical pesticides are also used to control pests, Rizomania oder Nematoden. Zur Bekämpfung von Schad- their current and medium-term availability is summari- erregern werden auch chemische Pflanzenschutzmittel sed. In this matter, sugarbeet cultivation is currently facing eingesetzt, deren aktuelle und mittelfristige Verfügbarkeit major challenges, particularly the ban of neonicotinoid seed gezeigt ist. Hier steht der Zuckerrübenanbau derzeit vor dressings from 2019 on. The approval status also affects großen Herausforderungen, insbesondere durch den Weg- other active ingredients. Furthermore, the emergence of fall der neonicotinoiden Saatgutbeizungen ab 2019. Neben resistant pathogens is crucial for the availability of effective der Zulassungssituation, die auch noch weitere Wirkstoffe chemical control methods. Consequences for future crop betrifft, spielt auch die Entwicklung von resistenten Schad- protection in sugar beet cultivation are described. Specific erregern eine entscheidende Rolle für die Verfügbarkeit effi- resistance management is essential for the long-term use of zienter chemischer Bekämpfungsverfahren. Konsequenzen the present active substances. für den zukünftigen Pflanzenschutz im Zuckerrübenanbau werden aufgezeigt. Für eine längerfristige Nutzung der vor- handenen Wirkstoffe ist ein spezifisches Resistenzmanage- ment unerlässlich. Schlagwörter: Zuckerrüben, Pflanzenschutz, Schaderreger, Key words: sugar beet, crop protection, pests, herbicides, fun- Herbizide, Fungizide, Insektizide, Resistenz, Toleranz, gicides, insecticides, resistance, tolerance, Germany Deutschland 1 Einleitung biotechnischen und chemischen Maßnahmen vor, um die Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf das Zuckerrüben (Beta vulgaris) können im Laufe der Vegetations- notwendige Maß zu begrenzen. In dieser Situationsanalyse periode durch unterschiedliche Ursachen in ihrer Entwicklung wird der Sachstand der Methoden des integrierten Pflanzen- beeinträchtigt werden. Unter den sogenannten biotischen schutzes im Zuckerrübenanbau dargestellt. Die Schwerpunkte Schadursachen werden Pflanzenkrankheiten, Unkräuter und liegen auf der Darstellung der relevanten biotischen Schad- tierische Schädlinge zusammengefasst. Diese haben in unter- ursachen, verfügbarer Resistenzmechanismen und Pflanzen- schiedlicher Ausprägung einen Einfluss auf Rübenertrag und schutzmitteln, sowie deren nachhaltigem Einsatz im Sinne -qualität. Ohne geeignete Maßnahmen des integrierten Pflan- eines Resistenzmanagements. zenschutzes können Ertragsverluste im Zuckerrübenanbau in Abhängigkeit von der Ursache und begünstigenden Fak- toren weltweit durchschnittlich bis zu 80 % betragen (Oerke 2 Integrierter Pflanzenschutz im Zucker- und Dehne, 2004) und im Einzelfall zum Totalausfall führen. rübenanbau Ein wissensbasierter Einsatz von Methoden des Integrierten Pflanzenschutzes sichert den Ertrag von landwirtschaftlichen Das Einhalten der Grundsätze des integrierten Pflanzenschut- Nutzpflanzen nachhaltig (von Witzke et al., 2008). Dieses in zes ist seit 2014 verbindlich für alle Anwender von Pflanzen- den letzten Jahrzehnten stetig weiterentwickelte Konzept schutzmitteln in den Mitgliedsstaaten der EU (EU, 2009a). sieht eine Kombination von ackerbaulichen, biologischen, In Deutschland wurden die Anforderungen der Richtlinie mit Sugar Industry 143 (2018) No. 12 | 708–722
Agriculture/Landwirtschaft 709 dem Pflanzenschutzgesetz (PflSchG, 2012) umgesetzt und 2017). Damit würden sich die Handlungsoptionen im integ- die gute fachliche Praxis als verbindliche Basisstrategie im rierten Pflanzenschutz nochmals durch Züchtungsfortschritt Pflanzenschutz definiert. Darüber hinaus wurde ein nationa- erweitern. Für die Prüfung von Sorten auf diese diversen ler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzen- Eigenschaften bedarf es eines spezifisch darauf abgestimmten schutzmitteln (NAP PS) entwickelt, mit dem Ziel, Risiken, die validen Prüfsystems. Für Zuckerrüben ist dies unter Einbezug durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen, aller Beteiligten in der Wertschöpfungskette einschließlich des weiter zu reduzieren und die Anwendung auf das notwendige Bundessortenamtes vorbildlich organisiert. Maß zu begrenzen. In dem NAP PS ist das Ziel formuliert, sek- tor- oder kulturartspezifische Leitlinien für den integrierten Pflanzenschutz zu erstellen. Diese wurden für Zuckerrüben 3 Sachstand und Entwicklungen bei bereits 2011 erstmals veröffentlicht und sind nach Überar- Unkräutern, Krankheiten und Schädlingen beitung in den Jahren 2015 und 2016 als erste Leitlinie vom BMEL 2018 formal anerkannt worden (BMEL, 2018; Gummert Angaben zum Auftreten von Unkräutern, Krankheiten und et al., 2018). In den Leitlinien sind zu allen bis dahin relevan- Schädlingen im Zuckerrübenanbau liegen aus einer bundes- ten Krankheiten und Schädlingen in Zuckerrüben die Hand- weiten Expertenschätzung vor, die seit 1993 für alle Anbau- lungsoptionen im integrierten Pflanzenschutz, inklusive Maß- regionen durchgeführt wird und die die Entwicklungen im nahmen im Bereich des Resistenzmanagements, aufgezeigt. In Zuckerrübenanbau in Deutschland flächendeckend widerspie- Tabelle 1 sind beispielhaft die Optionen für unterschiedliche gelt (Buhre et al., 2014). Bekämpfungsstrategien dargestellt, die in den Texten der Leit- Das Auftreten von Unkräutern wird in den letzten 20 Jah- linie ausgeführt sind. Indirekte nicht-chemische Maßnahmen ren von den Gänsefuß- und den Knöterich-Arten dominiert sind die Grundlage im Pflanzenschutz im Zuckerrübenanbau. (Buhre et al., 2011, 2014; Vasel et al., 2012). Bei diesen Grup- Besondere Bedeutung kommt dabei der Pflanzenzüchtung zu. pen ist seit 1996 ein Anstieg im Auftreten von unter 50 % Sie kann die Ertragsstabilität von Sorten beim Auftreten von auf über 80 % der Zuckerrübenanbaufläche (ZAF) festzustel- Schaderregern (Toleranz) und den Befall bzw. Befallsverlauf len (Abb. 1). Das Vorkommen von Klettenlabkraut wird auf (Resistenz, Anfälligkeit) positiv beeinflussen. Im Zuckerrü- ca. 55 % und von Kamille auf ca. 35 % der ZAF geschätzt. Auf benanbau ist dies die wichtigste Möglichkeit der nicht che- ca. 20 % der ZAF werden Bingelkraut und Ausfallraps angege- mischen Kontrolle von Krankheiten und Schädlingen, da bio- ben. Das Auftreten von Hirsen ist seit 2006 auf ca. 15 % der logische Verfahren bisher keine ausreichende Wirkung und ZAF gestiegen. Praxisreife erlangt haben. Wesentliche Erfolge der Züchtung In der Expertenschätzung wird auch das Auftreten schwer in diesem Bereich sind bisher die Rizomaniatoleranz, Nemato- bekämpfbarer Unkräuter ermittelt (Abb. 2). Für viele Unkraut- dentoleranz, Nematodenresistenz und Rhizoctoniaresistenz. arten ist in den letzten zehn Jahren tendenziell eine Abnahme Nach intensiver Züchtungsarbeit stehen nun seit wenigen in dieser Einstufung festzustellen. Die Gründe dafür sind Jahren ertragreiche Sorten mit Cercosporatoleranz für den nicht bekannt. Die Knöterich-Arten werden am häufigsten Anbau zur Verfügung (Vogel et al., 2018). Weiterhin befinden genannt (ca. 20 % der ZAF), gefolgt von Raps, Gänsefuß- sich Sorten mit einer Resistenz gegenüber spezifischen, breit- Arten, Bingelkraut, Hundspetersilie und Unkrautrüben auf wirksamen Herbiziden im Zulassungsverfahren (Wendt et al., jeweils ca. 10–15 % der ZAF. Regionale Abweichungen von diesen bundesweiten Zahlen sind möglich, da die Unkräuter in den Regionen mit unterschied- Tab. 1: Integrierter Pflanzenschutz im Zuckerrübenanbau in Deutschland (Gummert, 2014) licher Intensität und Häufigkeit auftreten. Schaderreger Bekämpfungsstrategie Prognosesy- Bei Blattkrankheiten (Cercospora, Ramula- indirekt direkt stem und/ ria, Mehltau, Rost) ist von 1999 bis 2007 eine (vorbeugend) nicht chemisch chemisch oder Schwel- lenwerte Zunahme des Auftretens von 50 % auf bis zu I. Blattkrankheiten 95 % der ZAF festzustellen (Abb. 3). Das mitt- Cercospora, Rost, lere Niveau liegt in den letzten zehn Jahren bei 3 3 3 Ramularia, Mehltau ca. 80 %. Die dominierende Blattkrankheit ist II. bodenbürtige Krankheiten Cercospora, deren Anteil 60–80 % aller auftre- Rizomania 3 tenden Blattkrankheiten beträgt. In einzelnen Rhizoctonia solani 3 Jahren treten des Weiteren auch Ramularia und III. Auflaufkrankheiten Mehltau verstärkt auf. Gerade im Bereich der Wurzelbrand 3 3 Blattkrankheiten gibt es große regionale Unter- IV. Nematoden schiede. In den Regionen Ost und Nord Ost Heterodera schachtii 3 3 sind Blattkrankheiten auf ca. 50 % der Zucker- Ditylenchus dipsaci 3 V. tierische Schaderreger rübenfläche vertreten und damit deutlich sel- Insekten 3 3 3 tener als in den übrigen Regionen (Buhre et al., Nacktschnecken 3 3 3 2014). Mäuse 3 3 Zu den bodenbürtigen pilzlichen Krankheiten VI. Unkräuter wie Rhizoctonia, Rotfäule und Gürtelschorf lie- Unkräuter und Ungräser 3 3 3 gen keine Angaben aus der Expertenschätzung Schosser/Unkrautrüben 3 3 3 3 vor. Das Auftreten ist regional und im Vergleich No. 12 (2018) Sugar Industry 143 | 708–722
710 Agriculture/Landwirtschaft schusses am Institut für Zuckerrüben- forschung und aus den Sortenversuchen ableiten. Insgesamt hat Rhizoctonia bis- her die größte Bedeutung im Schadaus- maß und im Umfang der betroffenen Fläche, die auf ca. 10 000 ha geschätzt wird (Behn et al., 2012). Angaben zum Auftreten von Virus- krankheiten liegen aus der Exper- tenschätzung nicht vor, da dieses im betrachteten Zeitraum nicht abschätz- bar war. Als bisher bedeutendste Virus- krankheit im Zuckerrübenanbau ist Rizomania zu nennen. Das den Scha- den verursachende Beet necrotic yellow vein virus (BNYVV) wird über den pilz- ähnlichen, bodenbürtigen Organismus Polymyxa betae übertragen und ist in den Gebieten des Zuckerrübenanbaus weit verbreitet (Stevens et al., 2006). Die Schädigung erfolgt insbesondere durch die extreme Bildung von Seitenwurzeln (Wurzelbart) und damit einhergehende Beeinträchtigung verschiedener Stoff- Abb. 1: Häufig auftretende Unkräuter in Zuckerrüben in Deutschland 1996-2016 (Daten aus einer wechselfunktionen, z. B. der Aufnahme Expertenschätzung für die gesamte Zuckerrübenanbaufläche) von Nährstoffen. Bei rizomaniaanfälli- gen Sorten wurden in Sortenversuchen Verluste im bereinigten Zuckerertrag bis ca. 80 % gemessen (IfZ, 1999). Das Beet yellow virus (BYV) und Beet mild yellowing virus (BMYV) sind die bedeutendsten Vertreter eines Virus- komplexes, welcher die viröse Vergil- bung verursacht und über Blattläuse der Gattung Myzus persicae übertragen wird. Der Befall kann zu enormen Zuckerer- tragsausfällen, im Extrem bis zu 70 %, führen (Heijbroek, 1988). Eine direkte Bekämpfung von Viruser- krankungen ist nicht möglich, eine Kon- trolle erfolgt ausschließlich durch den Einsatz von resistenten oder toleranten Sorten (Rizomania), sofern verfügbar und durch eine Bekämpfung der Vekto- ren (Viröse Vergilbung). Der Anteil rizo- maniatoleranter Sorten beträgt mitt- lerweile in allen Anbaugebieten 100 %. Dies lässt jedoch keinen Rückschluss auf die tatsächliche Verbreitung von Rizomania zu. Das Auftreten von Schadinsekten zeigt Abb. 2: Auftreten von schwer bekämpfbaren Unkräutern in Zuckerrüben in Deutschland 1996– die größte Variabilität zwischen den 2016 (Daten aus einer Expertenschätzung für die gesamte Zuckerrübenanbaufläche) Jahren (Abb. 4). Vor allem Blattläuse treten am häufigsten auf und können auf bis zu 50 % der ZAF vorkommen. Es verschiedener Jahre sehr unterschiedlich. Die Häufigkeit des wird in der Expertenschätzung nicht zwischen der Schwarzen Auftretens hat bei Gürtelschorf in den letzten zehn Jahren Bohnenlaus (häufiges Auftreten) und der Grünen Pfirsich- zugenommen. Dies lässt sich aus den Berichten der Regio- blattlaus (seltenes Auftreten) unterschieden. In Einzeljahren nen im Arbeitskreis Pflanzenschutz des Koordinierungsaus- kommt auch die Gammaeule auf über 20 % der Flächen vor. Sugar Industry 143 (2018) No. 12 | 708–722
Agriculture/Landwirtschaft 711 die Krankheit im Wesentlichen in zwei Regionen auf und ist Gegenstand weite- rer Untersuchungen zur Aufklärung von Ätiologie, Schadausmaß und möglichen Bekämpfungsmaßnahmen. Der Umfang des Auftretens von Nema- toden an der ZAF wird in der Experten- schätzung nicht erfasst. Überwiegend tritt der Rübenzystennematode auf, in geringerem Umfang sind es freilebende Nematoden (Weischer und Steudel, 1972). Bodenuntersuchungen auf das Vorkommen und die Besatzdichte von Nematoden sind freiwillig und werden im Zuckerrübenanbau regional in unter- schiedlicher Intensität, aber nicht flä- chendeckend durchgeführt. Der Anteil nematodentoleranter Sorten im Anbau ist in den letzten zehn Jahren erheb- lich gestiegen. Daraus lassen sich jedoch keine Rückschlüsse auf das Vorkommen von Nematoden ziehen, da die Sorten Abb. 3: Auftreten von Blattkrankheiten in Zuckerrüben in Deutschland 1999–2016 (Daten aus einer ein hohes Leistungsniveau erreicht Expertenschätzung für die gesamte Zuckerrübenanbaufläche) haben und die Nematodentoleranz als eine Absicherung für mögliche Schäden angesehen werden kann. Schnecken treten über die Jahre auf ca. 5 % der ZAF als Problem auf, Mäuse im Mittel auf 2 % der ZAF. In Einzeljah- ren können Schäden durch Mäuse auf bis zu 12 % (2005) der ZAF auftreten, zuletzt 2015 auf 7 % der ZAF (IfZ, nicht veröffentlichte Daten). Generell ist darauf hinzuweisen, dass das Auftreten von Schaderregern regi- onal und jahresabhängig sehr unter- schiedlich sein kann und einzelbe- trieblich erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen möglich sind. 4 Übersicht zum derzeitigen Einsatz von Pflanzenschutz- mitteln in Zuckerrüben Abb. 4: Auftreten von Schadinsekten in Zuckerrüben in Deutschland 2004–2016 (Daten aus einer Die wesentliche Datengrundlage zum Expertenschätzung für die gesamte Zuckerrübenanbaufläche) Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Zuckerrübenanbau in Deutschland liefert eine seit 2010 von Anbauerverbänden Das Auftreten von Moosknopfkäfer, Rübenfliege, Rübenmotte und Zuckerunternehmen durchgeführte bundesweite Betriebs- und weiteren Schadinsekten wird als weniger variabel zwi- befragung zum Zuckerrübenanbau (Roßberg et al., 2017). schen den Jahren eingeschätzt. Die Rübenmotte ist im Jahr 2018 aufgrund extremer Witterungsbedingungen erstmals in mehreren Regionen massiv aufgetreten. Eine neuere Entwick- 4.1 Herbizide lung steht im Zusammenhang mit der Schilfglasflügelzikade als Überträger eines Proteobakteriums und der Auslösung Bedingt durch den Anbau in Reihen, die langsame Jugend- des Syndroms „Basses richesses“ (Gatineau et al., 2002). Die entwicklung der Zuckerrübe und die damit verbundene lange Schadwirkung des Erregerkomplexes zeichnet sich durch eine Zeit bis zum Bestandesschluss der Kultur hat die Unkraut- erhebliche Reduktion des Zuckergehaltes aus. Bisher tritt bekämpfung allgemein den größten Einfluss auf die Ertrags- No. 12 (2018) Sugar Industry 143 | 708–722
712 Agriculture/Landwirtschaft lag zwischen 2,4 und 2,8. In der Regel erfolgt die Bekämpfung der Unkräuter durch drei Nachauflaufbehandlungen (NAK), die sich am Entwicklungsstadium der Unkräuter orientie- ren (Abb. 6) (Hauer-Jákli et al., 2017; Vasel et al., 2012). Das Behandlungsintervall zwischen den einzelnen Maßnahmen beträgt dabei etwa 14 Tage. Ein Drittel der befragten Betriebe führen darüber hinaus eine vierte Herbizidbehandlung durch, um spät auflaufende Unkräuter oder Ungräser zu bekämpfen. Etwa ein Viertel der Betriebe wenden vor der Aussaat der Zuckerrüben ein Breitbandherbizid im Vorauflauf an. In der Mehrzahl der Fälle wird damit eine vorhandene Restverun- krautung bekämpft, wodurch Mulchsaaten leichter durch- geführt werden können. Weniger als die Hälfte der Betriebe bekämpfen zusätzlich Gräser im Nachauflauf. In den genannten NAK werden im Schnitt etwa fünf Wirk- stoffe in einer Maßnahme kombiniert. Die Verteilung der ein- Abb. 5: Entwicklung des Behandlungsindex in Zuckerrüben in Deutschland gesetzten Wirkstoffe zeigt, dass dabei in über 90 % der Fälle 2010–2017 (Daten aus der Betriebsbefragung Zuckerrübenanbau, ein bodenwirksames metamitronhaltiges Präparat mit einem zugleich PAPA-Erhebung) eher blattaktiven Kombinationspräparat mit den Wirkstof- fen Phenmedipham, Ethofumesat und Desmedipham eingesetzt wird (Abb. 7). Je nach vorhandener Verunkrautung werden zu dieser Kombination weitere Einzelwirkstoffe wie Triflusulfuron, Dimethenamid-P oder Clopyralid zuge- setzt, um spezielle Unkräuter gezielt zu bekämpfen. 4.2 Fungizide Auf etwa 70 % der Zuckerrübenflächen Abb. 6: Herbizidstrategien im Zuckerrübenanbau in Deutschland; (% der befragten Betriebe in der in Deutschland werden Fungizide ange- Betriebsbefragung 2010–2017; Hauer-Jákli et al., 2017) wendet (Nause und Stockfisch, 2018). Beim Einsatz von Fungiziden lag die Intensität ausgedrückt durch den BI in den letzten Jahren zwischen 0,9 und 1,2 (Abb. 5). Der bundesweite Mittelwert gibt keine Auskunft über die teilweise großen Unterschiede zwischen ver- schiedenen Anbauregionen. Bei frühem und verstärktem Auftreten sind häufig mehrmalige Applikationen zur Bekämp- fung der Blattkrankheiten notwendig (Buhre et al., 2014). Bei den eingesetzten Wirkstoffen ist in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme von Epoxiconazol festzustel- len, begünstigt durch den Wegfall ande- rer Wirkstoffe (Abb. 8). Abb. 7: Anteil der am häufigsten eingesetzten herbiziden Wirkstoffe in Zuckerrüben in Deutschland 4.3 Insektizide 2010–2017 (Daten aus der Betriebsbefragung Zuckerrübenanbau) Flächenapplikationen von Insektiziden sicherung. Die Intensität des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, werden im Vergleich zum Einsatz von Fungiziden und Her- ausgedrückt durch den Behandlungsindex (BI), lag in den letz- biziden in deutlich geringerem Ausmaß durchgeführt. Über- ten Jahren bei einem Wert um 4 (Abb. 5). Der Behandlungs- wiegend liegt der Anteil der behandelten Fläche bei 10–15 % index für Herbizide dominierte den Gesamtwert deutlich, er (Buhre et al., 2014; Nause und Stockfisch, 2018). In Einzel- Sugar Industry 143 (2018) No. 12 | 708–722
Agriculture/Landwirtschaft 713 Wirkstoffe werden auf der Ebene der EU bewertet und zugelassen, während Pflanzenschutzmittel in den einzelnen Mitgliedsstaaten zugelassen werden. Die Zulassung von Wirkstoffen erfolgt für höchstens zehn Jahre (Regelfall), bei Substitutionskandidaten für höchstens sieben Jahre. Substitutionskandidaten sind Wirkstoffe, die deutlich ungünsti- gere Eigenschaften als die Mehrheit der zugelassenen Wirkstoffe haben. Nach der Bewertung und Zulassung eines Pflanzenschutzmittels durch einen Mit- Abb. 8: Anteil eingesetzter fungizider Wirkstoffe in Zuckerrüben in Deutschland 2010–2017 (Daten gliedsstaat (Rapporteur Member State) aus der Betriebsbefragung Zuckerrübenanbau) in einer der drei Zulassungszonen der EU (Norden, Mitte, Süden) gilt ein ver- einfachtes Zulassungsverfahren in den Mitgliedsstaaten innerhalb der gleichen Zulassungszone (zonale Zulassung). Die nachfolgend verwendeten Angaben zur Wirkstoffzulassung stammen aus der EU Pesticides Database (EU, 2018) und zur Pflanzenschutzmittel-Zulas- sung aus der Datenbank des Bundesam- tes für Verbraucherschutz und Lebens- mittelsicherheit (BVL , 2018a). Die Wirkungsklassen wurden den Daten- banken von HRAC (Herbizide; HRAC, 2018), FRAC (Fungizide; FRAC, 2018) und IRAC (Insektizide; IRAC, 2018) ent- Abb. 9: Anteil eingesetzter insektizider und molluskizider Wirkstoffe in Zuckerrüben in Deutschland nommen. Datenbanken für im Zulas- 2010–2017 (Daten aus der Betriebsbefragung Zuckerrübenanbau) sungsprozess befindliche Wirkstoffe oder Pflanzenschutzmittel sind nicht öffentlich zugänglich. Diesbezügliche jahren kann dieser Wert aber auch auf 30 % steigen. Der BI Angaben in Tabellen und im Text beziehen sich auf Mitteilun- für die Insektizide liegt zwischen 0,05 und 0,47 (Abb. 5). Aus- gen der beantragenden Pflanzenschutzmittelhersteller. löser für die höheren Werte ist das starke Auftreten einzelner Erreger in einzelnen Jahren, das sich auch in den verwende- ten insektiziden Wirkstoffen widerspiegelt, z. B. dem Anstieg 5.1 Herbizide des Einsatzes von Pirimicarb im Jahr 2015 aufgrund starken 5.1.1 Wirkstoffe Blattlausbefalls (Abb. 9). Im Bereich der Herbizide muss zwischen der Bekämpfung von ein- und zweikeimblättrigen Unkräutern unterschieden 4.4 Molluskizide werden. Für die Bekämpfung der zweikeimblättrigen Unkräu- ter in Zuckerrüben stehen zehn verschiedene Wirkstoffe aus Sowohl das Auftreten als auch die Bekämpfung von Schnecken sechs Wirkungsklassen zur Verfügung (Tab. 2). Der Wirkstoff spielen in Zuckerrüben nur eine sehr untergeordnete Rolle Lenacil ist als Substitutionskandidat klassifiziert. Für fünf im Vergleich zu den zuvor genannten drei anderen Gruppen. Wirkstoffe läuft die aktuelle Zulassung im Jahr 2018 aus, für Der BI liegt zwischen 0,01 und 0,03 (Abb. 5). Da die derzeit zwei weitere 2019. Die Verlängerung der Zulassung (Neuzu- anwendbaren Wirkstoffe langfristig zur Verfügung stehen, lassung) der beiden Wirkstoffe Phenmedipham und Desmedi- ist für diesen Bereich in den kommenden Jahren von keiner pham ist fraglich. Die Neuzulassung der Wirkstoffe Chlorida- wesentlichen Änderung auszugehen. zon, Dimethenamid-P und Lenacil ist beantragt. Für die Bekämpfung von Gräsern sind sechs Wirkstoffe zuge- lassen, von denen zwei als Substitutionskandidaten klassifi- 5 Sachstand und Entwicklungen zu Wirkstoffen ziert sind. Alle Wirkstoffe gehören der Wirkungsklasse A an, und Pflanzenschutzmitteln davon zwei der Untergruppe der Cyclohexandione (Dims) und vier der Untergruppe der Aryloxyphenoxypropionate (Fops). Die Gesetzgebung zur Zulassung von Wirkstoffen und Pflan- Die Zuordnung in Untergruppen ist relevant für die Bekämp- zenschutzmitteln ist in der EU einheitlich geregelt (EU, 2009b). fung von Biotypen, die gegenüber der jeweils anderen Unter- No. 12 (2018) Sugar Industry 143 | 708–722
714 Agriculture/Landwirtschaft Tab. 2: Zugelassene herbizide Wirkstoffe in Zuckerrüben in Deutschland den Wirkstoff Glyphosat und wären damit von möglichen Wirkstoff HRAC-Wirkungsklasse Zulassungsende Anwendungsbeschränkungen betroffen. Herbizide Im Zulassungsverfahren befinden sich vier Herbizide, die alle Phenmedipham C1 31.07.2018 entweder neue Wirkstoffkombinationen oder neue Wirkstoffe Desmedipham C1 31.07.2018 enthalten (Tab. 3). Lenacil C1 31.12.2018 Metamitron C1 31.08.2022 Ethofumesat N 31.10.2031 5.1.3 Systemlösungen Triflusulfuron B 31.12.2019 Chloridazon C3 31.12.2018 Erstmals ist in Zuckerrüben ein Herbizid in der Zulassung, das Clopyralid O 30.04.2019 nur in Kombination mit einer gegen die enthaltenen herbizi- Quinmerac O 30.04.2021 den Wirkstoffe resistenten Sorte angewendet werden kann. Dimethenamid-P K3 31.10.2018 Nach der Zulassung des Herbizids und der komplementären Gräserherbizide Sorten wären mit Floramsulfuron und Thiencarbazone-methyl Clethodim A 31.05.2021 zwei in Zuckerrüben neue Wirkstoffe (Tab. 3) zur Unkrautbe- Cycloxydim A 31.05.2021 Quizalofop-P-ethyl A 30.11.2019 kämpfung verfügbar. Propaquizafop A 30.11.2021 Haloxyfop-P A 31.12.2020 Fluazifop-P A 31.12.2021 5.2 Fungizide Breitbandherbizide 5.2.1 Wirkstoffe Glyphosat G 15.12.2022 2,4-D O 31.12.2030 Zur Bekämpfung von Blattkrankheiten stehen 13 Wirkstoffe Substitutionskandidaten aus fünf Wirkortgruppen zur Verfügung (Tab. 5). Sechs die- ser Wirkstoffe, insbesondere die Triazole (FRAC G1), sind als Substitutionskandidaten klassifiziert. Die Neuzulassung gruppe resistent sind, wie beispielsweise Ackerfuchsschwanz. des Wirkstoffs Epoxiconazol wird kontrovers diskutiert, ein Bei den Breitbandherbiziden sind zwei Wirkstoffe aus zwei Derogationsverfahren ist angestrebt. Die zweite große Gruppe Wirkungsklassen zugelassen. Davon steht Glyphosat in der sind die Strobilurine (FRAC C3), die wegen ihres hohen Resis- öffentlichen Diskussion und es ist mit zukünftigen Einschrän- tenzrisikos jedoch nur zusammen mit Triazolen eingesetzt kungen in der Anwendung zu rechnen. werden sollen. Darüber hinaus sind zwei weitere Wirkstoffe (Hymexazol, Thi- ram) als fungizide Saatgutbehandlung in Zuckerrüben zuge- 5.1.2 Pflanzenschutzmittel lassen. Die Zulassung des Wirkstoffs Thiram endet jedoch am 30. Januar 2019. Aufgrund von Aufbrauchfristen ist eine Für die Bekämpfung zweikeimblättriger Unkräuter sind aktu- Aussaat mit dem Wirkstoff für die Anbausaison 2019 letztma- ell über 30 verschiedene Herbizide zugelassen (Tab. 3), die lig möglich. sich insbesondere in der Anzahl der enthaltenen Wirkstoffe unterscheiden. Etwa die Hälfte der Herbizide enthalten einen Wirkstoff und können damit abgestimmt auf die jeweilige 5.2.2 Pflanzenschutzmittel Zusammensetzung der Verunkrautung in Tankmischungen kombiniert werden. Andere Herbizide enthalten bis zu vier Zur Bekämpfung von Blattkrankheiten sind in Zuckerrüben unterschiedliche Wirkstoffe, die damit eine breite Palette an 37 Fungizide zugelassen, wobei diese hohe Zahl durch das Unkräutern bekämpfen können. Je nach enthaltenen Wirk- Fungizid Ortiva und 19 weitere Fungizide mit dem selben stoffen werden die Präparate überwiegend über das Blatt oder Wirkstoff aus der gleichen Zulassung relativiert werden muss aus dem Boden aufgenommen. Sollte bei den zuvor genannten (Tab. 6). Um Resistenzentwicklung vorzubeugen, werden der- Wirkstoffen die Zulassung nicht verlängert werden, so hätte zeit hauptsächlich Kombinationspräparate aus zwei Wirkstof- dies Folgen für eine Vielzahl an zurzeit verfügbaren Herbizi- fen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen eingesetzt. Bei den: Acht Präparate enthalten die Wirkstoffe Phenmedipham vier Fungiziden ist die Zulassung beendet. Diese dürfen im und/oder Desmedipham. In Deutschland können Pflanzen- Rahmen der Aufbrauchfrist noch eingesetzt werden (kursiv schutzmittel mit Chloridazon nur eingeschränkt angewendet gesetzte Daten in Tab. 6). Sollte die Zulassung des Wirkstoffs werden, da in mehreren Grundwassermessstellen ein Abbau- Epoxiconazol auslaufen, wären davon sechs Fungizide betrof- produkt von Chloridazon nachgewiesen wurde (BVL, 2018b). fen. Daher wird eine Neuzulassung von Pflanzenschutzmitteln mit Zur Saatgutbehandlung sind drei Fungizide zugelassen. Chloridazon in Deutschland nicht angestrebt, auch wenn der Im Zulassungsverfahren sind vier Fungizide, davon eines für Wirkstoff in der EU eine Neuzulassung bekommt. die Saatgutbehandlung (Tab. 6). Bei den 15 zugelassenen Gräserherbiziden handelt es sich aus- schließlich um Herbizide mit jeweils einem Wirkstoff (Tab. 4). Im Bereich der Breitbandherbizide ist eine sehr große Anzahl von ca. 70 Herbiziden zugelassen. Alle Herbizide enthalten Sugar Industry 143 (2018) No. 12 | 708–722
Agriculture/Landwirtschaft 715 Tab. 3: Zugelassene Herbizide zur Bekämpfung zweikeimblättriger Unkräuter in Zuckerrüben in Deutschland Herbizide Zulassungsende/ Wirkstoff 1 Wirkstoff 2 Wirkstoff 3 Wirkstoff 4 Indikation Aufbrauchfrist Betasana SC/Betosip SC 31.07.2019 Phenmedipham einjährige zweikeimblättrige Unkräuter Aabetan Tandem 31.12.2022 Phenmedipham Ethofumesat einjährige zweikeimblättrige Unkräuter Powertwin plus 31.12.2019 Phenmedipham Ethofumesat einjährige zweikeimblättrige Unkräuter Belvedere Extra 31.12.2023 Phenmedipham Ethofumesat Desmedipham einjährige zweikeimblättrige Unkräuter Betasana Trio SC/ Einjähriges Rispengras, einjährige zwei- 31.12.2022 Phenmedipham Ethofumesat Desmedipham InnoProtect Beta Team keimblättrige Unkräuter Betanal Expert 31.12.2022 Phenmedipham Ethofumesat Desmedipham einjährige zweikeimblättrige Unkräuter Betanal MAXXPRO 31.12.2021 Phenmedipham Ethofumesat Desmedipham Lenacil einjährige zweikeimblättrige Unkräuter Completto 31.12.2019 Phenmedipham Ethofumesat Metamitron einjährige zweikeimblättrige Unkräuter Beetix SC/Metafol SC 31.08.2020 Metamitron Einjähriges Rispengras, einjährige zwei- keimblättrige Unkräuter, ausgenommen Klettenlabkraut, Knötericharten Goltix Gold 31.12.2019 Metamitron Einjähriges Rispengras, einjährige zwei- keimblättrige Unkräuter, ausgenommen Klettenlabkraut, Knötericharten Beetix WG 31.08.2020 Metamitron Einjähriges Rispengras, einjährige zwei- keimblättrige Unkräuter, ausgenommen Klettenlabkraut, Knötericharten GOLTIX TITAN 31.08.2020 Metamitron Quinmerac einjährige zweikeimblättrige Unkräuter Kezuro 30.04.2022 Metamitron Quinmerac einjährige zweikeimblättrige Unkräuter GOLTIX Super 31.12.2024 Metamitron Ethofumesat Einjähriges Rispengras, einjährige zwei- keimblättrige Unkräuter 31.12.2016 Ethosat 500 Ethofumesat einjährige zweikeimblättrige Unkräuter 30.06.2018 01.05.2018 MURENA 500/STEMAT Ethofumesat einjährige zweikeimblättrige Unkräuter 01.10.2019 Oblix 500 01.11.2018 Ethofumesat einjährige zweikeimblättrige Unkräuter DEBUT 31.12.2020 Triflusulfuron einjährige zweikeimblättrige Unkräuter 30.11.2016 SAFARI Triflusulfuron einjährige zweikeimblättrige Unkräuter 31.05.2018 Spectrum 31.10.2018 Dimethenamid-P zweikeimblättrige Unkräuter BARILOCHE 30.04.2019 Clopyralid Ackerkratzdistel, Ackergänsedistel, Echte Kamille, Geruchlose Kamille, Gemeines Kreuzkraut Vivendi 100 31.12.2022 Clopyralid Ackerkratzdistel, Ackerhundskamille, Kamillearten Cliophar 600 SL 30.04.2019 Clopyralid Ackerkratzdistel, Ackerhundskamille, Kamillearten LONTREL 600 30.04.2019 Clopyralid Ackerkratzdistel, Ackerhundskamille, Kamillearten LONTREL 720 SG 31.12.2021 Clopyralid Ackerkratzdistel, Ackerhundskamille, Kamillearten 31.12.2016 Einjähriges Rispengras, einjährige zwei- TERLIN DF/Betoxon 65 WDG Chloridazon 30.06.2018 keimblättrige Unkräuter Rebell Ultra/Pyroquin Ultra 31.12.2022 Chloridazon Quinmerac einjährige zweikeimblättrige Unkräuter, Klettenlabkraut Aktuell im Zulassungsverfahren Wirkstoff 1 Wirkstoff 2 Conviso One Floramsulfuron Thiencarbazone-methyl DPX-R3D76 Triflusulfuron Lenacil HDO07 Chlorpropham Metamitron Tanaris Dimethenamid-P Quinmerac Substitutionskandidat 5.3 Insektizide Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid endet 2018, 5.3.1 Wirkstoffe sodass nur der Wirkstoff Tefluthrin (Pyrethroid) verbleibt. Im Bereich der Insektizide sind sechs Wirkstoffe aus drei Wir- kungsklassen für die Flächenapplikation zugelassen (Tab. 7). 5.3.2 Pflanzenschutzmittel Zwei der Wirkstoffe sind Substitutionskandidaten. Für vier Wirkstoffe endet die aktuelle Zulassung im Jahr 2018. Zur direkten Bekämpfung von Schadinsekten mittels Flächen- Für die Saatgutbehandlung sind zurzeit vier Wirkstoffe zuge- applikation sind zurzeit 26 Insektizide mit unterschiedlichen Indi- lassen. Die Zulassung der drei neonicotinoiden Wirkstoffe kationen zugelassen (Tab. 8). Bei vier Insektiziden ist die Zulassung No. 12 (2018) Sugar Industry 143 | 708–722
716 Agriculture/Landwirtschaft Tab. 4: Zugelassene Breitbandherbizide und Herbizide zur Bekämpfung einkeimblättriger Ungräser in Zuckerrüben in Deutschland Herbizide Zulassungsende Wirkstoff 1 Wirkstoff 2 Indikation Gräserherbizide SELECT 240 EC 31.12.2024 Clethodim Gemeine Quecke, einjährige einkeimblättrige Unkräuter Focus Ultra 31.12.2025 Cycloxydim Gemeine Quecke, einjährige einkeimblättrige Unkräuter, ausgenommen Einjähriges Rispengras DIGATOR/Grasser 100 EC 31.12.2020 Quizalofop Gemeine Quecke, einjährige einkeimblättrige Unkräuter, ausgenommen P-ethyl Trespe Arten, Einjähriges Rispengras Panarex 31.12.2018 Quizalofop Gemeine Quecke, einjährige einkeimblättrige Unkräuter, ausgenommen P-ethyl Einjähriges Rispengras Targa Super1 30.11.2020 Quizalofop Gemeine Quecke, einjährige einkeimblättrige Unkräuter, ausgenommen P-ethyl Einjähriges Rispengras Targa Max 30.11.2020 Quizalofop Gemeine Quecke, einjährige einkeimblättrige Unkräuter, ausgenommen P-ethyl Einjähriges Rispengras AGIL-S/ZETROLA 30.11.2022 Propaquiz- einjährige einkeimblättrige Unkräuter, ausgenommen Gemeine Quecke, afop Einjähriges Rispengras Fusilade MAX/TRIVKO 31.12.2022 Fluazifop-P Gemeine Quecke, einjährige einkeimblättrige Unkräuter, Ausfallgetreide, ausgenommen Einjähriges Rispengras GALLANT SUPER 31.12.2022 Haloxyfop- einjährige einkeimblättrige Unkräuter, ausgenommen Einjähriges Ris- P pengras Breitbandherbizide Kyleo 31.12.2023 Glyphosat 2,4-D einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter Berghoff Glyphosate ULTRA2 31.12.2018 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter, Ausfallkulturen Clinic TF3 31.12.2023 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter Durano4 31.12.2018 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter Glyfos TF Classic5 31.12.2018 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter, Ausfallkulturen Roundup Ultra6 31.12.2018 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter, Ausfallkulturen Taifun forte/Profi 360 TF 31.12.2018 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter TOUCHDOWN QUATTRO 31.12.2026 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter, Ausfallkulturen Alekto Plus TF/Helosate 450 TF 31.12.2023 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter Glyfos SUPREME7 31.12.2019 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter, Ausfallkulturen Dominator 480 TF8 31.12.2022 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter, Ausfallkulturen MON 79351/Roundup Express 31.12.2018 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter Roundup PowerFlex 31.12.2022 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter Glyfos Dakar9 31.12.2020 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter, Ausfallkulturen MON 79991 31.12.2018 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter, Ausfallkulturen MON 79991-SG/Roundup REKORD 31.12.2024 Glyphosat einkeimblättrige Unkräuter, zweikeimblättrige Unkräuter, Ausfallkulturen Substitutionskandidaten 1 Drei weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. 2 Sechs weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. 3 Drei weitere Pflanzen- schutzmittel mit der gleichen Zulassung. 4 Dreizehn weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. 5 Elf weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. 6 Sieben weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. 7 Vier weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. 8 Vier weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. 9 Zwei weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. Tab. 5: Zugelassene fungizide Wirkstoffe in Zuckerrüben in Deutschland ausgelaufen. Diese können im Rahmen der Aufbrauchfrist ange- Wirkstoff FRAC-Wirkortgruppe Zulassungsende wendet werden, eine Verlängerung der Zulassung ist beantragt. Fungizide Für insektizide Saatgutbehandlungen enden die Zulassun- Azoxystrobin C3 31.12.2021 gen und Aufbrauchfristen für neun Pflanzenschutzmittel mit Kresoxim-methyl C3 31.12.2021 Neonicotinoiden 2018. Damit verbleibt nur Force 20 CS als Pyraclostrobin C3 31.01.2019 einziges Insektizid für die Saatgutbehandlung. Für die Blatt- Trifloxystrobin C3 31.07.2018 lausbekämpfung befindet sich ein Insektizid in der Zulassung. Thiophanate-methyl B1 31.10.2018 Cyproconazol G1 31.05.2021 Difenoconazol G1 31.12.2018 5.4 Molluskizide Epoxiconazol G1 30.04.2019 5.4.1 Wirkstoffe Tetraconazol G1 31.12.2021 Propiconazol G1 31.01.2019 Es sind zwei Wirkstoffe zur Bekämpfung von Nacktschnecken Quinoxyfen E1 30.04.2019 zugelassen (Tab. 9). Fenpropidin G2 31.12.2018 Prochloraz G1 31.12.2021 Saatgutbehandlung 5.4.2 Pflanzenschutzmittel Hymexazol A3 31.05.2021 Thiram M3 30.01.2019 Insgesamt sind 23 Molluskizide mit jeweils einem der Wirk- Substitutionskandidaten stoffe zugelassen. Sugar Industry 143 (2018) No. 12 | 708–722
Agriculture/Landwirtschaft 717 Tab. 6: Zugelassene Fungizide in Zuckerrüben in Deutschland Fungizide Zulassungsende/ Wirkstoff 1 Wirkstoff 2 Indikation Aufbrauchfrist Ortiva1 31.12.2020 Azoxystrobin Cercospora-Blattflecken Mercury 30.04.2020 Azoxystrobin Epoxiconazol Cercospora-Blattflecken, Echter Mehltau, Rübenrost Juwel 30.04.2020 Kresoxim-methyl Epoxiconazol Cercospora-Blattflecken, Echter Mehltau, Rübenrost Retengo Plus 31.12.2024 Pyraclostrobin Epoxiconazol Cercospora-Blattflecken, Echter Mehltau, Rübenrost, Ramularia-Blattflecken Sphere 31.07.2018 Trifloxystrobin Cyproconazol Cercospora-Blattflecken, Echter Mehltau, Rübenrost 31.12.2017 Sphere 267,5 Trifloxystrobin Cyproconazol Cercospora-Blattflecken, Echter Mehltau, Rübenrost 30.06.2019 Duett Ultra 31.12.2021 Thiophanate- Epoxiconazol Cercospora-Blattflecken, Echter Mehltau, Ramularia- methyl Blattflecken 31.03.2017 Cercospora-Blattflecken, Echter Mehltau, Ramularia- SPYRALE Fenpropidin Difenoconazol 30.09.2018 Blattflecken Cirkon 31.07.2018 Prochloraz Propiconazol Cercospora-Blattflecken, Echter Mehltau 31.12.2016 Cercospora-Blattflecken, Echter Mehltau, Ramularia- Opus Epoxiconazol 30.06.2018 Blattflecken Rubric 30.04.2020 Epoxiconazol Cercospora-Blattflecken, Echter Mehltau, Rübenrost, Ramularia-Blattflecken SCORE/MAVITA 250 SC 31.12.2020 Difenoconazol Cercospora-Blattflecken, Ramularia-Blattflecken DOMARK 10 EC2 31.12.2020 Tetraconazol Cercospora-Blattflecken, Echter Mehltau, Ramularia- Blattflecken FORTRESS 31.12.2016 Quinoxyfen Echter Mehltau 30.06.2018 Saatgutbehandlung Tachigaren 70 WP 31.05.2022 Hymexazol Pythium-Arten, Aphanomyces-Arten 30.01.2019 TMTD 98% Satec Thiram Auflaufkrankheiten 30.01.2020 30.01.2019 Auflaufkrankheiten, ausgenommen Pythium-Arten, Aatiram 65 Thiram 30.01.2020 Aphanomyces-Arten Aktuell im Zulassungsverfahren Fungizide Zulassungsende Wirkstoff 1 Wirkstoff 2 Wirkstoff 3 Amistar Gold Azoxystrobin Difenoconazol Funguran progress Kupferhydroxit Tridex DG Mancozeb Saatgutbehandlung Vibrance SB Sedaxane Fludioxonil Metalaxyl-M Substitutionskandidaten 1 Neunzehn weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. 2 Drei weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. Tab. 7: Zugelassene insektizide Wirkstoffe in Zuckerrüben in Deutschland den, um einen nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmit- Wirkstoff IRAC Wirkungsklassen Zulassungsende teln zur Bekämpfung der jeweiligen Schaderreger zu ermög- Insektizide lichen. Aktuell deutet sich an, dass bislang häufig eingesetzte alpha-Cypermethrin 3A 31.07.2018 Wirkstoffe in größerem Umfang nicht mehr zur Verfügung beta-Cyfluthrin 3A 31.10.2018 stehen und damit die Anzahl und Wirkweise der verfügbaren Deltamethrin 3A 31.10.2018 Pflanzenschutzmittel im Zuckerrübenanbau deutlich einge- Dimethoat 1B 31.07.2018 lambda-Cyhalothrin 3A 31.03.2023 schränkt werden. Problematisch ist, dass viele der betroffenen Pirimicarb 1A 30.04.2019 herbiziden Wirkstoffe in den bisherigen Strategien als wesent- Saatgutbehandlungen liche Komponenten in Tankmischungen genutzt wurden. Bei Clothianidin 4A 15.12.2018 etwa der Hälfte der Fungizide handelt es sich um Substituti- Imidacloprid 4A 15.12.2018 onskandidaten, die voraussichtlich nicht langfristig verfüg- Tefluthrin 3A 31.12.2021 bar sein werden. Zudem soll seitens der EU-Kommission die Thiamethoxam 4A 15.12.2018 Einstufung von Wirkstoffen mit hormonähnlicher Wirkung Substitutionskandidaten (endocrine disruptors) Ende 2018 abgeschlossen sein. Diese Bewertung bezieht sich auf die Stoffeigenschaft der Wirkstoffe und nicht auf das Risiko bei der Anwendung und führt zu 5.5 Ausblick einem Erlöschen der Zulassung. Im Fall der Insektizide gegen Blattläuse sind kurzfristig keine anderen Wirkstoffe für den Insgesamt ist festzuhalten, dass bis zum jetzigen Zeitpunkt Einsatz am Saatgut verfügbar, so dass die Flächenapplikati- in der Kultur Zuckerrübe in den jeweiligen Wirkstoffgruppen onen voraussichtlich zunehmen werden (Hauer et al., 2017). ausreichend unterschiedliche Wirkstoffe zur Verfügung stan- Entscheidende Voraussetzung für die weitere Nutzung der No. 12 (2018) Sugar Industry 143 | 708–722
718 Agriculture/Landwirtschaft Tab. 8: Zugelassene Insektizide in Zuckerrüben in Deutschland Insektizide Zulassungsende/ Wirkstoff 1 Wirkstoff 2 Indikation Aufbrauchfrist Fastac ME 31.12.2024 alpha-Cypermethrin Moosknopfkäfer 30.04.2018 Bulldock beta-Cyfluthrin Blattläuse 31.10.2019 Decis forte 31.12.2024 Deltamethrin Moosknopfkäfer Danadim Progress1 31.07.2019 Dimethoat Rübenfliege Karate Zeon/Kusti 31.12.2022 lambda-Cyhalothrin saugende Insekten, beißende Insekten, Rübenfliege Life Scientific Lambda- Cyhalothrin/JAGUAR 31.07.2019 lambda-Cyhalothrin Blattläuse, Rübenfliege, Erdflöhe, Erdraupen Kaiso Sorbie/Hunter 31.12.2023 lambda-Cyhalothrin saugende Insekten, Rübenfliege TRAFO WG/Lambda WG 31.12.2022 lambda-Cyhalothrin saugende Insekten, beißende Insekten, Rübenfliege CLAYTON SPARTA2 31.12.2019 lambda-Cyhalothrin Rübenfliege, Erdflöhe, Erdraupen 30.04.2018 Pirimor Granulat3 Pirimicarb Blattläuse 31.10.2019 Saatgutbehandlung Poncho Beta 18.09.2018 beta-Cyfluthrin Clothianidin Tausendfüßler, Rübenfliege, Moosknopfkäfer, Schnellkäfer, Blattläuse Janus 18.09.2018 beta-Cyfluthrin Clothianidin Rübenfliege, Moosknopfkäfer Mundus 18.09.2018 beta-Cyfluthrin Clothianidin Rübenfliege, Moosknopfkäfer, Blattläuse Nuprid 600 FS (white) 18.09.2018 Imidacloprid Rübenfliege, Moosknopfkäfer, Erdflöhe, Blattläuse Sombrero 18.09.2018 Imidacloprid Rübenfliege, Moosknopfkäfer, Blattläuse Gaucho WS 18.09.2018 Imidacloprid Tausendfüßler, Rübenfliege, Moosknopfkäfer, Schnellkäfer, Blattläuse CRUISER 600 FS/Magna 18.09.2018 Thiamethoxam Rübenfliege, Moosknopfkäfer, Schnellkäfer, Erdflöhe, Blattläuse CRUISER 70 WS 18.09.2018 Thiamethoxam Rübenfliege, Moosknopfkäfer, Schnellkäfer, Erdflöhe, Blattläuse Force 20 CS 31.12.2027 Tefluthrin Moosknopfkäfer, Schnellkäfer Poncho ungefärbt 18.09.2018 Clothianidin Rübenfliege, Moosknopfkäfer, Schnellkäfer, Blattläuse Substitutionskandidaten 1 Acht weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. 2 Zwei weitere Pflanzenschutzmittel mit der gleichen Zulassung. 3 Zwei weitere Pflanzen- schutzmittel mit der gleichen Zulassung. Tab. 9: Zugelassene Molluskizide in Zuckerrüben in Deutschland Gänsefuß zeigte die Kombination mit den herbiziden Wirk- Molluskizide Zulassungsende Wirkstoff stoffen Desmedipham und Phenmedipham jedoch eine hohe Axcela/Xiren 31.12.2027 Metaldehyd Wirksamkeit (IfZ, nicht veröffentlichte Daten). In anderen Delicia Schneckenlinsen1 31.10.2018 Metaldehyd Ackerbaukulturen nehmen die Resistenzen von Ungräsern Ferramol Schneckenkorn2 30.06.2018 Eisen-III-phosphat und Unkräutern gegenüber Herbiziden zu (Heap, 2018). Pro- Metarex Inov 31.05.2022 Metaldehyd blemunkräuter sind Ackerfuchsschwanz (Resistenz gegenüber Metarex TDS3 31.12.2021 Metaldehyd Mollustop 31.10.2018 Metaldehyd ACCase- und ALS-Hemmern), Windhalm (ALS- und ACCase- Slug-Off 31.05.2022 Metaldehyd Hemmer) und Weißer Gänsefuß (PS II-Hemmer wie Meta- Sluxx HP 30.06.2018 Eisen-III-phosphat mitron). Resistenz gegenüber ALS-Hemmern wurde auch bei 1 Neun weitere Produkte mit gleicher Zulassung. 2 Drei weitere Produkte mit Kamille, Klatschmohn, Vogelmiere und Amarant nachgewie- gleicher Zulassung. 3 Zwei weitere Produkte mit gleicher Zulassung. sen. Alle drei genannten Wirkstoffgruppen besitzen ein hohes bis sehr hohes Risiko für das Auftreten von Herbizidresistenz (Heap, 2018). verbleibenden Wirkstoffe ist ein spezifisches Resistenzma- nagement, um die Selektion resistenter Schaderreger so weit wie möglich zu verhindern. 6.2 Fungizidresistenz Fungizidresistenz bei Schaderregern in Zuckerrüben ist in 6 Resistenz von Schaderregern und Unkräutern Deutschland für Cercospora beticola gegenüber verschiede- gegenüber Pflanzenschutzmitteln nen Wirkstoffen beschrieben (Varrelmann und Märländer, 6.1 Herbizidresistenz 2018). „Target site“-Resistenz gegenüber Wirkstoffen aus der Klasse der Strobilurine tritt bundesweit mit unterschiedlicher Bisher kann von einer guten bis sehr guten Wirksamkeit der in lokaler Verbreitung auf. Diese macht sämtliche Strobilurine Zuckerrüben eingesetzten standortangepassten Herbizidmi- wirkungslos. Ohne ein rechtzeitiges Resistenzmanagement schungen ausgegangen werden. Vereinzelt treten im Zusam- ist mit weiterer Ausbreitung und Verlust der Stoffgruppe menhang mit der Anwendung von Metamitron Probleme der für die Bekämpfung zu rechnen. Über umfangreiche Moni- Wirksamkeit gegenüber Weißem Gänsefuß auf, welcher Resis- toringaktivitäten müssen daher Informationen gesammelt tenz gegenüber Photosystem II-Hemmern trägt (Thiel und werden, wo der Einsatz von Strobilurinen nicht mehr sinnvoll Varrelmann, 2013). In Feldversuchen mit resistentem Weißen ist. Darüber hinaus gibt es Hinweise für das Auftreten eines Sugar Industry 143 (2018) No. 12 | 708–722
Agriculture/Landwirtschaft 719 „Shifting“/einer quantitativen Resistenz gegenüber Wirk- stattgefunden, in Deutschland sind sie bisher nur an wenigen stoffen aus der Klasse der Azole in verschiedenen Regionen Standorten identifiziert worden (Bornemann et al., 2015). Rz1- Deutschlands aufgrund von in-vitro Sensitivitätsbestimmun- überwindende Isolate können erfolgreich durch eine Kombi- gen. Ob diese verringerte Sensitivität bereits zu einem Wir- nation aus z. B. Rz1 und einem weiteren Resistenzgen wie Rz2 kungsverlust im Feld führt, kann bisher aufgrund fehlender kontrolliert werden. Diese Genetik findet in den Niederlanden experimenteller Daten nicht belegt werden. Ebenso fehlen und den USA bereits Anwendung. In Deutschland sind bis- Daten zu den biologischen Ursachen und einer möglichen her keine Sorten mit mehreren Rizomania-Resistenzgenen, Kreuzresistenz gegenüber verschiedenen Azolen. Weiterhin die vom Bundessortenamt auf diese Eigenschaften überprüft sind unveröffentlichte Befunde (u. a. des IfZ) zum Nachweis sind, zugelassen. Über die Stabilität/Dauerhaftigkeit von kom- von „target site“-Resistenz gegenüber Wirkstoffen aus der binierten Resistenzgenen gibt es bisher keine Informationen. Klasse der Benzimidazole bekannt. Da sie, ebenso wie die Es wird jedoch von einer größeren Dauerhaftigkeit als von Klasse der Strobilurine, ein hohes Risiko zur Selektion von Einzelgenen ausgegangen. Fungizidresistenz aufweisen, können diese Wirkstoffe nur begrenzt für ein dringend erforderliches Resistenzmanage- ment bezüglich Strobilurinresistenz und verringerter Azol- 7.2 Resistenzeigenschaften gegenüber Cercospora sensitivität eingesetzt werden. beticola Resistenzeigenschaften in Zuckerrübensorten, die zu einer Toleranz gegenüber Cercospora führen, sind quantitativ und 6.3 Insektizidresistenz verhindern nicht den Befall, sondern vermindern die Anfäl- ligkeit. Im Vergleich zu anfälligen Genotypen tritt der Befall Insektizidresistenz ist im Zuckerrübenanbau bisher kein Pro- verzögert und weniger stark ausgeprägt auf. Aufgrund der blem. Für die Grüne Pfirsichblattlaus (Myzus persicae) sind quantitativen Eigenschaft muss von einer Resistenz basierend jedoch Resistenzen bekannt und diese könnten im Zucker- auf mehreren Genen ausgegangen werden (Weiland und Koch, rübenanbau zukünftig erhebliche Relevanz bekommen. Zur 2004). Es wird daher davon ausgegangen, dass der Erreger Resistenzsituation in Deutschland fehlen aktuell Monitoring- diese Resistenz nur schwer überwindenden kann. daten. In England wird jedoch schon seit mehreren Jahren von einem enormen Anteil der geprüften M. persicae-Populationen berichtet, die eine „target site“-Resistenz gegenüber Organo- 7.3 Resistenz-/Toleranzeigenschaften gegenüber phosphaten, Carbamaten und Pyrethroiden tragen (Foster et Heterodera schachtii al., 2000). Da M. persicae als multiphager Schaderreger in den unterschiedlichsten Kulturen mit nur wenigen Wirkstoffen Der Rübenzystennematode kann in Zuckerrübensorten mit- bekämpft wird, die alle ein hohes bis sehr hohes Risiko für die tels monogener Resistenzeigenschaften kontrolliert werden, Selektion von Insektizidresistenz aufweisen (Bass et al., 2014), die eine Reproduktion der Nematoden unterdrücken. In ist auch für Deutschland nicht mit einer längerfristigen hohen Gewächshausversuchen konnte H. schachtii diese Resistenz- Wirksamkeit von Organophosphaten, Carbamaten und Pyre- eigenschaften durch Anpassung der Populationen innerhalb throiden zu rechnen. von sechs Generationen überwinden (Müller, 1998). Ein Resis- tenzbruch im Feld ist bisher jedoch nicht nachgewiesen. Der Anbauumfang resistenter Sorten ist wegen ihrer geringen 7 Resistenzeigenschaften der Zuckerrübe und Ertragsleistung gering. ihre Stabilität/Dauerhaftigkeit Eine weitere Kontrollmöglichkeit stellt der Anbau von Sorten mit quantitativen Resistenzeigenschaften dar, die mit Hilfe Pflanzliche Resistenzeigenschaften sind ein zentraler Baustein einer Toleranzprüfung für den Anbau zugelassen werden. Es des integrierten Pflanzenschutzes (siehe Kap. 2). Sie müssen sind keine Untersuchungen des Effektes des Anbaus auf die in die Bewertung der mittel- und langfristigen Strategien für Populationsdynamik und genetische Zusammensetzung des den Pflanzenschutz einbezogen werden. Erregers publiziert. Daher können aktuell keine Aussagen zur Dauerhaftigkeit dieser Sorteneigenschaft gemacht werden. 7.1 Rizomaniaresistenz 7.4 Resistenzeigenschaften gegenüber Rhizoctonia Die Viruserkrankung Rizomania wird in Deutschland seit solani mehreren Dekaden erfolgreich durch den Anbau von Sorten mit dem Resistenzgen Rz1 kontrolliert. Zugelassen sind Sor- Die in Deutschland im Anbau befindlichen Sorten zur Kont- ten mit einer Toleranz gegenüber dem Virus. Toleranz bedeu- rolle der Späten Rübenfäule besitzen quantitative Resisten- tet, dass die Pflanze keine Ertragsreaktion zeigt, eine Infektion zeigenschaften, die einen Befall mit dem Erreger zwar nicht durch das bodenbürtige Virus wird jedoch nicht verhindert. verhindern, jedoch die Befallsentwicklung verzögern sowie die Seit über zehn Jahren sind sämtliche im Anbau befindlichen Erregervermehrung verringern. Es kann von einer oligogenen Sorten rizomaniatolerant. In verschiedenen Ländern (z. B. Resistenz ausgegangen werden (Lein et al., 2008), die eine Frankreich, den Niederlanden, Spanien, USA) hat eine Selek- genetische Anpassung des Erregers sehr unwahrscheinlich tion und Ausbreitung von Rz1-überwindenden Virusisolaten macht. No. 12 (2018) Sugar Industry 143 | 708–722
720 Agriculture/Landwirtschaft 7.5 Fazit bisher nicht praxisreif sind. Durch die Kombination chemi- scher und mechanischer Unkrautbekämpfung können die Die Züchtung von neuen Resistenzeigenschaften oder Tole- Aufwandmengen an Herbiziden pro Hektar reduziert werden. ranzen ist ein langwieriger Prozess, der eher langfristige Aus- Für die zuverlässige Bekämpfung der Verunkrautung in den wirkungen hat und kurzfristig fehlende chemische Bekämp- Reihen wird jedoch ein ausreichendes Spektrum an boden- fungsmöglichkeiten nicht kompensieren kann. Zudem können und blattwirksamen herbiziden Wirkstoffen benötigt. die gewünschten Resistenzeigenschaften auch mit anderen Eigenschaften negativ korreliert sein. So ist zum Beispiel der Ertrag negativ mit der verringerten Anfälligkeit gegenüber 8.2 Blattkrankheitskontrolle Nematoden, Cercospora und Rhizoctonia korreliert. Durch das vermehrte Auftreten von Blattkrankheiten, ins- besondere Cercospora, ist auch die Bedeutung der Krank- 8 Konsequenzen aus Veränderungen der Ver- heitskontrolle gestiegen. Die Möglichkeiten der chemischen fügbarkeit von chemischen Pflanzenschutz- Kontrolle können, zumindest regional, durch die zukünftig mitteln für die Bekämpfung von Unkräutern, verringerte Verfügbarkeit von Wirkstoffen und die Zunahme Krankheiten und Schädlingen von Resistenzen mittelfristig deutlich abnehmen. Daher sollte 8.1 Unkrautbekämpfung die Beratung den Anbau von Sorten mit geringerer Anfällig- keit und hoher Toleranz gegenüber Blattkrankheiten deutlich Die chemische Unkrautbekämpfung ist für einen wirtschaft- stärker empfehlen als bisher. lichen Zuckerrübenanbau eine notwendige Voraussetzung. Die regionale Bedeutung und Ausbreitung der Strobilurinre- Eine Herbizidentwicklung spezifisch für Zuckerrüben ist sistenz von Cercospora-Isolaten kann nur durch ein umfang- unwahrscheinlich, da der entsprechende Markt, anders als für reiches Monitoring erfasst werden. Die Wahrscheinlichkeit die weltweit umfangreich angebauten Ackerbaukulturen, nicht eines flächendeckenden Verlustes der Wirksamkeit ist vor ausreichend groß ist, um die Aufwendungen für die Entwick- dem Hintergrund analoger Situationen bei anderen pilzlichen lung und Zulassung von Herbiziden wirtschaftlich zu recht- Schaderregern wie z. B. Zymoseptoria tritici in Getreide (Blake fertigen. Systemlösungen bestehend aus resistenter Sorte et al., 2018) als hoch einzuschätzen. und komplementären Herbiziden könnten das Spektrum der Sofern Epoxiconazol nicht wieder zugelassen wird, ist eine anwendbaren Herbizide erweitern. deutliche Verschiebung zu anderen fungiziden Wirkstoffen zu Das Auslaufen der Zulassung der beiden Wirkstoffe Phenme- erwarten. Solange noch andere wirksame Wirkstoffe aus der dipham und Desmedipham hätte in der Kultur Zuckerrüben Klasse der Azole für den Zuckerrübenanbau zur Verfügung gravierende Folgen für die bisher praktizierten Herbizidstra- stehen, kann dieses voraussichtlich kurzfristig kompensiert tegien, da wichtige, bisher flächendeckend eingesetzte blat- werden. Sehr kritisch wäre ein zulassungsbedingter Wegfall taktive Wirkstoffe zur Bekämpfung von Unkräutern damit mehrerer Wirkstoffe aus der Gruppe der Azole, da hiervon nicht mehr zur Verfügung stünden. So kommt den beiden viele der zurzeit zugelassenen Fungizide betroffen wären. genannten Wirkstoffen gerade bei den in Zuckerrüben wich- Die Nutzung von neuen fungiziden Wirkstoffen ist aufgrund tigen Unkräutern Weißer Gänsefuß und Windenknöterich ihres Wirkmechanismus‘ meist kulturartübergreifend mög- ein großer Anteil der blattaktiven Wirkung zu, da andere blat- lich. Daher ist, anders als für die Unkrautbekämpfung, für die taktive Wirkstoffe hier Wirkungslücken aufweisen. Dieser Bekämpfung von pilzlichen Schaderregern mit neuen Wirk- Wirkungsverlust wird durch verstärkten Einsatz oder Kom- stoffen für den Zuckerrübenanbau zu rechnen. Im Getreide- bination anderer Wirkstoffe teilweise kompensierbar sein, anbau ist bereits ein neuer fungizider Wirkstoff (Strobilurin allerdings müssen dazu in Feldversuchen zunächst weitere mit neuem Wirkort) im Zulassungsverfahren der EU, der auch Erfahrungen gesammelt werden. Beim Wegfall der beiden gegen Cercospora wirksam sein soll. Wirkstoffe halbiert sich die Anzahl der in HRAC Klasse C1 Mit jedem verlorenen Wirkstoff wird ein Resistenzmanagement vorhandenen Wirkstoffe (Tab. 2), die beispielsweise bei der schwieriger bis unmöglich. Die Entwicklungen im Bereich ver- Bekämpfung von metamitronresistentem Gänsefuß einen ringerter Azolsensitivität sind nicht vorhersehbar, da die biolo- wichtigen Beitrag leisten. Grundsätzlich ist damit von einem gischen Ursachen bisher unverstanden sind. Ob ein Resistenz- zunehmenden Risiko für die Entstehung von resistenten Bio- management schwieriger wird, hängt auch von der möglichen typen auszugehen. Eine eingeschränkte Anwendbarkeit des Kreuzresistenz gegenüber unterschiedlichen Azolen ab. Wirkstoffs Glyphosat könnte insbesondere Auswirkungen auf Die Kontrolle von Cercospora kann generell durch pflanzli- die Möglichkeit des Bodenschutzes durch Mulchsaaten haben. che Resistenz, aber auch durch eine weitere Fruchtfolge und Der Wirkstoff Clomazone ist in anderen Ländern der EU- durch ein regionales Anbaumanagement von benachbarten Zulassungszone Mitte als Herbizid zugelassen. Ob eine Zulas- Zuckerrübenanbauflächen unterstützt werden. Resistenzei- sung auch in Deutschland möglich erscheint, sollte erneut mit genschaften, die einen vollständigen Schutz vor Infektion dem Zulassungsinhaber diskutiert werden. und Vermehrung des Erregers vermitteln, sind bisher nicht Verfahren mit einer Kombination von chemischer Unkraut- verfügbar. Zukünftig sollte die Interaktion zwischen geringe- bekämpfung in den Saatreihen und mechanischer Unkrautbe- rer Anfälligkeit von Sorten und der Wirksamkeit von Fungi- kämpfung zwischen den Saatreihen sind praxisreif und wirt- zidstrategien stärker untersucht werden. Erste Ansätze dazu schaftlich. Für die mechanische Unkrautbekämpfung in den gibt es seit zwei Jahren in Feldversuchen des Arbeitskreises Saatreihen gibt es ebenfalls technische Ansätze, die jedoch Pflanzenschutz des Koordinierungsausschusses am IfZ. Sugar Industry 143 (2018) No. 12 | 708–722
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