Phänologie - Journal - Deutscher Wetterdienst

 
WEITER LESEN
Phänologie - Journal - Deutscher Wetterdienst
Nr. 31 / Dezember 2008

Phänologie - Journal
Mitteilungen für die phänologischen Beobachter des Deutschen Wetterdienstes

                    Die Anwendung phänologischer Daten in der Forschung
                                             von Alexa Hanspach

Die Verfügbarkeit externen Datenmaterials ist beson-     Ein anschauliches Beispiel für die Aufbereitung dieser
ders in der Klimafolgenforschung ein entscheidender      Daten ist die Darstellung in Form einer phänologischen
Faktor für die sinnvolle Entwicklung, Anwendung und      Uhr. Beim Vergleich der Eintrittstermine der Zeiger-
Interpretation von Modellszenarien. Eingebunden in       pflanzen für die phänologischen Jahreszeiten (Abb.1)
diese Modelle, ermöglichen es die phänologischen         lässt sich eine Verfrühung der meisten phänologischen
Daten, die vom DWD seit vielen Jahrzehnten gesam-        Phasen und die Verlängerung der Vegetationsperiode
melt werden, auf theoretischer Ebene die Wechselwir-     in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten nachweisen.
kungen von Klimafaktoren und biologischen Prozessen      Diese Verfrühung der Frühlingsphasen ist keine regio-
nachzuvollziehen und ihre Bedeutung richtig einzuord-    nale Erscheinung.                  (Fortsetztung S. 6)
nen.

Phänologische Uhr für den Beobachtungspunkt Potsdam (Zahlen der Uhr geben Monate an). Die phänologischen
Jahreszeiten wurden anhand der Eintrittstermine der phänologischen Phasen für die entsprechenden Zeiger-
pflanzen ermittelt. Dabei wurden die Mittelwerte der Zeiträume vor 1990 und nach 1990 miteinander verglichen.
Die Zeiger der Uhr verweisen auf den zeitlichen Unterschied der verglichenen Perioden im Eintreten der phänolo-
gischen Phase „Vorfrühling“.
Phänologie - Journal - Deutscher Wetterdienst
Netzverwaltung

         Die Aufwandsentschädigung                              Ein neuer phänologischer Kalender
wird ab dem Beobachtungsjahr 2008 erhöht. Das ist          für die Anleitung ist den Jahresunterlagen für 2009
die erfreuliche Mitteilung an die Beobachter in diesem     beigelegt. Die neue Anlage bitte gegen die alte aus-
Dezember 2008.                                             tauschen.
Die phänologischen Beobachterinnen und Beobachter          **************************************************************
erhalten dazu mit diesem Jahresversand ein offizielles,                                                 Am       Freitag,
detailliertes Schreiben.                                                                                dem 26. Sep-
Die Aufwandsentschädigung für die Meldungen                                                             tember      2008
2008 wird wiederum in drei „Läufen“ angewiesen: Im                                                      stattete      der
Dezember 2008 (Verfügungsreste), im Februar 2009                                                        phän.      Beob-
(Hauptlauf) und im April 2009 („Nachzügler“).                                                           achter Bernd
                                                                                                        Joachim Keller
                                                                                                        der     Netzver-
          Das Phäno-Journal Nr. 30                                                                      waltung       mit
wurde zwar im August noch erstellt, aber nicht versen-                                                  seiner Ehefrau
det. Durch verschiedene Sonder-Effekte in diesem                                                        einen Besuch
Jahr (unter anderem siehe Umzug in der Nr 30) verzö-       ab. Herr Keller ist der erste phänologische Beobachter,
gerte sich der Versand immer mehr nach hinten, so          der im neuen Gebäude von der Netzverwaltung emp-
dass entschieden wurde, die Nr. 30 „kostenneutral“ im      fangen wurde. Er reiste mit seinem tragbaren PC an
Dezember mit den Jahresunterlagen zu verschicken.          und demonstrierte Herrn Fleckenstein seine umfang-
                                                           reichen meteorologischen Messungen und Auswer-
                                                           tungen sowie eine Fülle an Wolkenaufnahmen und
                   Die Ambrosie                            Pflanzenfotos. Sein Hobby ist die Meteorologie, einge-
Die Erfassungsbögen für die Ambrosien-Meldung wer-         schlossen die Pflanzen- und Tierphänologie. Auch der
den wieder mit den Beobachtungsunterlagen ver-             Umweltschutz liegt Herrn Keller sehr am Herzen, er
schickt. Die Meldungen, die der DWD erhält, werden         stellt gerne ehrenamtlich Daten für das Landesamt für
bei den Agrarmeteorologen in Braunschweig erfasst          Umweltschutz Rheinland-Pfalz zur Verfügung.
und an das Julius-Kühn-Institut (JKI) (ehemalige Bio-      Während seines Besuchs erfuhr Herr Keller aus erster
logische Bundesanstalt) weitergeleitet. Das JKI erstellt   Hand von der sofortigen Erhöhung der Aufwandsent-
mit den jährlichen Meldungen unter anderem eine            schädigung, was ihn – stellvertretend für alle phänolo-
Deutschland-Karte des Vorkommens, die auch im              gischen Beobachterinnen und Beobachter – sichtlich
Internet verbreitet wird. Auf der Rückseite des „Ambro-    erfreute.
sia-Erfassungsblattes“ ist die Karte von 2007 wieder-      Alles zusammen soll Grund genug sein, ihn als „Medi-
gegeben.                                                   um“ für die Weihnachtsgrüße an die Beobachterschaft
Ein Teil der Beobachterschaft hat gute Kontakte zu         auszuwählen.
den Medien, insbesondere zur Lokal- und Regional-
presse. Diese Beobachter können jederzeit auch über        Bernd Joachim Keller,
die „Ambrosien-Aktivitäten “ des DWD berichten, eini-      phän. Beobachter seit 2005
ge haben das auch schon getan. Informationen zum           in Kirn/Lkr. Bad Kreuznach,
Thema Ambrosia und der Bekämpfung der Pflanze              Station: 07 136 1130
findet man auf den Internet-Seiten des JKI                 221 m NN, Naturraum 228
(http://www.jki.bund.de/ambrosia).                         für „Unteres Naheland“
Wenn es zu einer Zusammenarbeit mit der Presse
kommt, ist die Netzverwaltung auch gerne bereit, diese     Stellvertretend für alle
zu unterstützen. Das „Aktionsprogramm Ambrosia“            Mitarbeiterinnen und
wurde im Phänologie-Journal Nr. 28 (Juli 2007) be-         Mitarbeiter wünschen wir
schrieben. Den Text stellt die Netzverwaltung auf An-      Herrn Keller und seiner
forderung in elektronischer Form als E-Mail-Anhang         Familie ein
zur Verfügung.                                             frohes Weihnachtsfest                      Idarkopf/Hunsrück
Eine Presse-Offensive ist im Juli am besten platziert,     sowie                                            Foto: Keller
weil die Ambrosie dann gut zu erkennen ist, noch nicht     ein glückliches neues Jahr!
blüht und deshalb relativ problemlos zu beseitigen ist.
                                                           Herausgeber: Referat Messnetze (Ref. TI 21)
                                                           Redakteur:      Ekko Bruns       Auflage: 1500 Exemplare
                                                           Deutscher Wetterdienst
          Die SOFORTmeldephase                             Frankfurter Straße 135      Tel.:     069 / 8062 - 2022 / 23
„Schwarzerle, Beginn des Stäubens“ wird ab dem Be-         63067 Offenbach /M.         Fax:      069 / 8062 - 3809
obachtungsjahr 2009 umgestellt auf „Erle, Beginn des       E-Mail: ekko.bruns@dwd.de             rainer.fleckenstein@dwd.de
                                                           DWD: http://www.dwd.de, Phänologie: http://www.dwd.de/phaenologie
Stäubens“. Alle Erlenpollen sind gleichermaßen lästig      http://www.agrowetter.de/Individuell/phaeno/phaeno_GBG/index.htm
für die Pollenallergiker. Für „Hasel“ und „Birke“ wurde
diese Regelung schon vor Jahren eingeführt.
Phänologie - Journal - Deutscher Wetterdienst
Farbphänologie: Beobachtung der Grasvergilbung, Teil III
                    Wittich, K.-P., Langhoff, H., Deutscher Wetterdienst, AMFB Braunschweig

Seit Februar 2008 wird probeweise der prozentuale          Sollte es sich als schwierig erweisen, geeignete Flä-
Gelbanteil wildwachsender, offener Grasflächen von         chen zu finden, hier ein Tipp: Erste Erfahrungen aus
phänologischen Sofortmeldern der Wetterwarten              Leipzig, Geisenheim und Braunschweig zeigen, dass
erfasst. Hintergrund des Testbetriebes ist die Klärung     sich der Beobachtungsaufwand reduzieren lässt, wenn
der Frage, ob das phänologische Messnetz in das            im Klimagarten jenseits der installierten Messinstru-
Waldbrandwarnmanagement des DWD integrierbar ist.          mente eine kleine Beobachtungsfläche von 2 - 3 m
Gegenwärtig haben sich an dem Beobachtungspro-             Seitenlänge angelegt wird. Dies müsste mit einem
gramm ca. 30 Wetterwarten beteiligt. Für die zusätz-       zeitlichen Vorlauf von mindestens einem Jahr vor Be-
lich übernommene Aufgabe und das damit verbundene          ginn der ersten Beobachtung geschehen (idealerweise
Engagement soll hier gedankt werden. Zugleich möch-        im November, spätestens im Januar).
ten wir aufgrund der bisherigen Erfahrungen auf Opti-
mierungen des Beobachtungsprozesses eingehen:              Abb. 1 zeigt eine derartige Fläche auf dem Klimamess-
                                                           feld in Braunschweig, aufgenommen im September
Zeitfenster                                                2008. Die Parzelle wurde im Dezember 2007 auf dem
Ursprünglich war geplant, die Beobachtungen zu Wo-         Klimamessfeld markiert und blieb seither ungeschnit-
chenbeginn (montags oder dienstags) durchzuführen,         ten. Geeignet für die Beobachtung ist die Parzelle
um am folgenden Mittwoch eine deutschlandweite             allerdings erst nach dem Durchlaufen der zweiten Win-
Vergilbungskarte zu erstellen. Das zweitägige Zeit-        terruhe, d.h. ab Februar 2009, da erst dann aufgrund
fenster erwies sich allerdings als zu eng, mit der Folge   des fehlenden Schnitts genügend wildes Pflanzenma-
eines teilweise zu späten Eingangs der Beobach-            terial angefallen sein wird.
tungswerte. Da am Erstellungstermin der Vergilbungs-
karte festgehalten werden soll, wurde inzwischen das       Da im weiteren Zeitverlauf zunehmender Unterwuchs
Zeitfenster auf fünf Tage verbreitert, so dass nunmehr     die Beobachtung erschweren wird, ist bereits jetzt
bereits von Freitag ab (bis Dienstag) die Beobachtung      geplant, an einer geeigneten benachbarten Stelle eine
in die SOFORTmelde-Erfassungsmaske eingegeben              weitere Parzelle anzulegen. Sie soll die erste Fläche
werden kann.                                               dann ersetzen, wenn jene der notwendigen Pflege des
                                                           Klimagartens zum Opfer fallen muss.
Wöchentliche Datenaktualisierung
Es kam vor, dass zeitlich gleichgebliebene Vergil-
bungswerte in der Erfassungsmaske nicht aktualisiert
wurden, so dass rechnerseitig Abweichungen vom
Meldesoll erkannt wurden. Deshalb: Hat sich ein Wert
im Vergleich zur Vorwoche nicht geändert, ihn bitte
wochenaktuell erneut eingeben.

Aktuelle Beobachtung unmöglich
Ist die Beobachtung nicht möglich, weil z.B. die Fläche
wegen einer Schneeauflage nicht erkennbar ist, die
Fläche geschnitten wurde und keine weitere Aus-
weichfläche zur Verfügung steht, oder weil aufgrund
eines akuten Personalengpasses der Besuch der mög-
licherweise weiter entfernt liegenden Fläche entfallen
muss, sollte unbedingt im Eingabemenü die Option
„Beobachtung nicht möglich“ gewählt werden. Dies           Abb. 1 Ende 2007 angelegte und seitdem ungeschnit-
unterblieb teilweise, so dass die automatische Daten-      tene Probefläche auf dem Klimamessfeld der AMFB
kontrolle Abweichungen vom Meldesoll feststellte.          Braunschweig. Datum der Aufnahme: 2. September
                                                           2008 (Vergilbungsgrad: ca. 60 %).
Flächenwahl
Ursprünglich wurde empfohlen, dass jeder Beobachter        Weiteres Vorgehen
bis zu fünf brache Grasflächen in seinem Einzugsge-        In das Beobachtungsprogramm der Grasvergilbung
biet auswählt und auf jener Fläche mit der Beobach-        bleiben vorerst nur die Sofortmelder der Wetterwarten
tung beginnt, die am stärksten vergilbt ist. Die einge-    einbezogen. Beobachtungssaison 2009: 13.2.-27.10.
gangenen Beobachtungen zeigten jedoch, dass einige
Flächen selbst im Februar einen sehr geringen Vergil-      Rückfragen zur Beobachtung sind zu richten an:
bungsgrad aufwiesen. Dies mag darauf hindeuten,            Heike Langhoff, Tel.: 0531-25205-35,
dass im Vorjahr Pflegemaßnahmen erfolgten, die ei-         Email:heike.langhoff@dwd.de
nen stärkeren Wildwuchs und damit eine stärkere Ver-
gilbung verhinderten.
Tierphänologie der ZAMG in Zusammenarbeit mit den DWD-Beobachtern
Tier- und pflanzenphänologische Ereignisse sind leicht
zugängliche Indikatoren, die uns Aufschluss über Ver-
änderungen der Umwelt (u.a. des Klimasystems) ge-
ben. Um Veränderungen wahrnehmen zu können, sind
lange Zeitreihen notwendig, die einen Vergleich der
Beobachtungen untereinander erlauben.
Pflanzenphänologische Daten werden vom Deutschen
Wetterdienst (DWD) seit 1951 archiviert, historische
Aufzeichnungen reichen sogar bis 1530 zurück. An der
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in
Wien (ZAMG) wird seit 1852 ein phänologisches
Messnetz betrieben. In den ersten 100 Jahren kam es
noch zu einigen Unterbrechungen, aber seit 1951
werden kontinuierlich pflanzen- und tierphänologische
Beobachtungen erfasst.
Tierphänologie wird vom DWD bisher nicht betrieben.
Seit 2005 können aber Beobachter des DWD auf frei-
williger Basis am österreichischen Tierbeobach-
tungsprogramm der ZAMG teilnehmen. Um die Da-
ten optimal nutzen und wissenschaftlich auswerten zu
können werden die Beobachtungen seit kurzem in
einer eigenen Datenbank gespeichert. Längerfristig
besteht darüber auch die Möglichkeit, die Daten für die
Teilnehmer und interessierte Personen direkt zugäng-
lich zu machen.

                 Datenaufnahme
Die von den Beobachtern erfassten Ereignisse umfas-
sen 13 im Jahresablauf periodisch wiederkehrende
Erscheinungen der Tierwelt:                                        Abb. 1: Eingabemaske für tierphänologische Daten

    •   1. Fuchsfalter
    •   1. Zitronenfalter                                                                                    Datenqualität
    •   1. Kohlweißling                                   Aussagen über zeitliche Trends und Entwicklungen
    •   1. Rauchschwalbe                                  und auch Vergleiche zwischen den Standorten sind bei
    •   1. Kuckucksruf                                    einem Beobachtungszeitraum von drei Jahren noch
    •   1. Maikäfer                                       nicht sonderlich aussagekräftig, um aber diesbezüglich
    •   1. Biene – Sammelflug                             Aussagen treffen zu können, ist eine hohe Qualität der
    •   1. Biene – Reinigungsflug                         Daten notwendig.
    •   Alle Schwalben fort                                                                              Ereignis: alle Schwalben fort
    •   Almauftrieb auf die Niederalm
    •   Almauftrieb auf die Hochalm                                                    120

    •   Almabtrieb von der Hochalm                                                                 2005
                                                            Anzahl der Beobachtungen

    •
                                                                                                   2006
        Almabtrieb von der Niederalm                                                    90         2007

Die „Beobachtungen an Tieren“ stießen auf deutliches
                                                                                        60
Interesse bei den Beobachtern des DWD. Beteiligten
sich im ersten Jahr 144 Stationen, so waren es 2006
schon 196 und 2007 365 Stationen von denen Daten                                        30
bei der ZAMG eingingen. Zum Vergleich: aus Öster-
reich liegen für das Jahr 2007 tierphänologische Beo-
                                                                                         0
bachtungen von 88 Stationen vor.                                                             180   200      220     240      260      280      300   320
                                                                                                                    Tag des Jahres
Die ausgefüllten Fragebögen werden von den Beob-                                                          (unterteilt in Klassen à 10 Tagen)
achtern an den DWD gesendet, der sie sammelt und
einmal jährlich an die ZAMG weiterleitet. Dort werden
                                                          Abb. 2: Verschwinden der Schwalben in den Beobach-
die Daten über ein Webformular in die Datenbank ein-
                                                          tungsjahren
getragen (siehe Abbildung 1). Für jeden Beobach-
tungsstandort werden geographische Breite und Län-        In Abbildung 2 das Ereignis „alle Schwalben fort“ für
ge, sowie Seehöhe gespeichert, was auch räumliche         die letzten 3 Jahre dargestellt. Zu erkennen ist zum
Fragestellungen bei der Analyse ermöglicht.               einen die starke Zunahme der Stationszahlen, zum
anderen wird deutlich, wie wenig Ausreißer in den                      Insbesondere auf die Vogelphänologie wirken sich
Daten vorhanden sind. Die Beobachtungsroutine der                      neben der Witterung zahlreiche anderen Faktoren, wie
DWD- Beobachter sorgt für eine hohe Datenqualität.                     die Bedingungen im Überwinterungsgebiet und Ver-
                                                                       hältnisse entlang der Zugstrecke, auf den Ankunfts-
Zu erwarten ist, dass die Daten bereits die Witterungs-                termin aus (Scheifinger et al. 2007).
bedingungen der Jahre 2005 bis 2007 widerspiegeln.                     Eine erste räumliche Auswertung der Daten brachte
Im Februar 2005 wurden Temperaturwerte 1,5°C unter                     deshalb noch kein befriedigendes Ergebnis. Weder in
dem langjährigen Mittel verzeichnet, auch die erste                    der Nord-Süd Erstreckung, noch in der Höhe ist bisher
Hälfte des März war noch deutlich zu kühl (Müller-                     ein eindeutiger Zusammenhang zu den Beobachtungs-
Westermeier und Riecke 2006). Der Winter 2005/2006                     terminen herzustellen. Dies entspricht den Beobach-
ist vielen sicherlich noch durch die intensiven Schnee-                tungsergebnissen für Österreich, wo die Korrelation
fälle in Erinnerung. Obwohl das Jahr 2006 das fünft-                   zwischen Position bzw. Höhe und Eintrittszeitpunkt nur
wärmste seit 1901 gewesen ist, fiel der Jahresbeginn                   schwach ausgeprägt ist (Scheifinger et al. 2007).
deutlich zu kühl aus. Insbesondere die Monate Januar
und März lagen mit Abweichungen von -2.1 °C bzw. -                     Bei einigen Ereignissen muss außerdem die Daten-
2.0°C deutlich unter der Werten der Referenzperiode                    qualität noch verbessert werden. Wie in Abbildung 3
(Müller-Westermeier et al. 2007)                                       ebenfalls zu erkennen ist, sind nicht alle Beobach-
Anders das Jahr 2007: Der vorangegangene Winter                        tungsdaten so gleichmäßig verteilt, wie die Schwal-
und das Frühjahr des Jahres waren deutlich wärmer,                     benbeobachtung (Abbildung 2). In einem breiten Be-
im Winter lag die Temperatur 4°C, im Frühjahr 3°C                      reich gestreut sind vor allem die Ergebnisse der Bie-
über den Werten des Bezugszeitraums 1961-1990                          nenbeobachtung. Der „Erste Reinigungsflug“ der Bie-
(DWD 2007).                                                            nen, das erstmalige Verlassen des Bienenstocks nach
                                                                       dem Winter, wurde von vielen Beobachtern bereits in
                                                                       der ersten Januarhälfte gemeldet und erstreckt sich
                                    Ereignis: 1. Fuchsfalter
                                                                       von dort bis in den April hinein. Die Bienenbeobach-
                    0.4                                                tung ist grundsätzlich nicht einfach zu handhaben.
                                                                2005
                                                                       Bereits ab 12°C und Sonnenschein neigen die Bienen
                                                                2006
                                                                2007
                                                                       dazu ihren Stock zur Mittagszeit zu verlassen, eine
                    0.3                                                exakte Unterscheidung der Phasen ist nur für einen
                                                                       Imker möglich.
  rel. Häufigkeit

                                                                       Ein Gewinn für die Datenqualität und deshalb sehr
                    0.2
                                                                       zu begrüßen wäre, wenn alle Imker im DWD-Netz
                                                                       die Bienendaten per ZAMG-Tiermeldebogen zur
                    0.1                                                Verfügung stellen würden, auch dann, wenn sie
                                                                       „nur“ diese beiden Bienendaten melden!
                                                                                                              Ereignis: 1. Biene - Reinigungsflug
                    0.0
                          50   70      90      110       130   150
                                        Tag des Jahres                                                       2005
                                                                         Anzahl der Beobachtungen

                                                                                                             2006
                                                                                                             2007
Abb. 3: Auftreten des „Ersten Fuchsfalters“ (dargestellt                                            30
sind die relativen Häufigkeiten, beschränkt auf den
Bereich 50. bis 150. Tag des Jahres)

In den Beobachtungsdaten des „Ersten Fuchsfalters“
sind die Witterungsbedingungen der drei Jahre                                                        0
deutlich zu erkennen (vgl. Abbildung 3). 2007 hatten                                                     0              50                 100           150
50 % der Stationen den ersten Fuchsfalter bis zum 14.                                                                         Tag des Jahres
                                                                                                                    (unterteilt in Klassen à 10 Tagen)
März (73. Tag) bereits gesichtet. 2005 war dies erst
am 1. April (91. Tag), 2006 sogar erst am 10. April
                                                                       Abb. 4: Auftreten des „Ersten Reinigungsflugs“ der
(100. Tag) der Fall. Das ergibt einen Unterschied von
                                                                       Biene nach dem Winter in den Beobachtungsjahren.
fast 4 Wochen zwischen dem warmen Frühjahr 2007
und kalten Jahresbeginn 2006. Auffällig ist das sekun-
                                                                       Die ZAMG hofft, dass die Zahl der Beobachter in den
däre Maximum in der Häufigkeitsverteilung. Hierbei
                                                                       nächsten Jahren noch weiter zunehmen wird. Die Be-
handelt es sich vermutlich um Beobachtungen der
                                                                       obachterbögen für das kommende Jahr werden im
ersten geschlüpften Exemplare, während für das Ma-
                                                                       Dezember mit den DWD-Unterlagen verteilt, können
ximum der Sichtungen die überwinterten Exemplare
                                                                       aber auch noch nachträglich angefordert werden.
verantwortlich sind.
                                                                       Neue Beobachter sind immer herzlich willkommen!

                                     Probleme                          Die Beobachtungen der letzten drei Jahre werden auf
Im Vergleich zu der Beobachtung phänologischer Er-                     der ZAMG Homepage in Form von interaktiven Karten
scheinungen bei Pflanzen ist die Tierphänologie vor                    anschaulich dargestellt
allem durch die Beweglichkeit der Objekte um einiges                   (http://zacost.zamg.ac.at/phaeno_portal/no_cache/aus
komplexer.                                                             wertungen/karten.html).       Quellen: Seite 6 unten
Sie wurde bereits in einer Vielzahl von Veröffentli-                                     Naturschutz bis hin zur Gesundheit. In der Agrar- und
chungen weltweit dokumentiert. Eine besonders ein-                                       Forstwirtschaft werden beispielsweise Fragen zur zu-
drucksvolle Datenreihe aus Japan wurde von Menzel                                        künftigen Schädlingsentwicklung bearbeitet: Welchen
& Dose untersucht. Hier wird der Beginn der Kirschblü-                                   Pflanzenschädlingen wird ein verändertes Klima scha-
te bereits seit 600 Jahren aufgezeichnet. Die Reihe                                      den und welchen wird es nützlich sein? Muss man
weist eine Trendwende im 20. Jahrhundert auf. Seit-                                      zukünftig in Deutschland mit mehreren Generationen
dem hat die Kirschblüte immer früher eingesetzt.                                         des Apfelwicklers (Cydia pomonella, die „Obstmade“)
Für den aktuellen IPCC-(Weltklimarat-)Bericht 2007                                       rechnen? Werden Massenvermehrungen von Kiefern-
wurden 30jährige Datenreihen ausgewertet. 120.000                                        schädlingen in Zukunft häufiger auftreten? Für die
Datensätze konnten dafür gesammelt werden, von                                           Beantwortung dieser Fragen werden spezielle Modelle
denen 80% ebenfalls eine Verfrühung der phänolo-                                         zur Tierphänologie entwickelt. Die Phänologie der
                                                                                         Insekten ist ebenfalls deutlich von der Temperatur
                              300                                                        beeinflusst. Mit dem Erreichen bestimmter Tempera-
                                                                                         tursummen schlüpfen zum Beispiel die Larven des
                              290
                                                                                         Apfelwicklers, die sich in die Früchte einbohren und
                              280
                                                                                         dort den Schaden verursachen. Der Startbeginn eines
                                                                                         solchen Temperatursummenmodells kann an ver-
Beginn des Auflaufens (Tag)

                              270                                                        schiedene Bedingungen geknüpft sein: zum Beispiel
                                                                                         an das Ende der Blüte des Apfelbaums. Auch hier sind
                              260                                                        die phänologischen Datenbanken von großem Nutzen.
                                                                                         Modelle wie das erwähnte Entwicklungsmodell zum
                              250                                                        Apfelwickler sind in der Lage mittlere Trends für län-
                                                                                         gerfristige Zeitperioden zu simulieren. Sie liefern aus-
                              240                                                        drücklich keine Prognosen für bestimmte zukünftige
                                                                                         Jahre, müssen sich aber daran messen lassen, wie
                              230                                                        gut sie in der Lage sind Entwicklungen in der Vergan-
                                                                                         genheit zu beschreiben. Abgesicherte Aussagen dazu,
                              220
                                                                                         ob für bestimmte Arten in Zukunft günstigere oder
                              210
                                                                                         weniger günstige Entwicklungsbedingungen vorliegen
                                                                                         werden, sind erst durch die Validierung mit realen
                                    0   200   400     600 800 1000 1200 1400 1600 1800
                                                    Temperatursumme (T max)              Felddaten möglich und sinnvoll. So ist die Forschung
                                                                                         in der Lage aufzuzeigen, in welchen Gebieten und für
Abb. 2: Korrelation zwischen der Temperatursumme                                         welche Arten konkrete Maßnahmen nötig sind, wo
der Tagesmaximaltemperaturen und dem Beginn des                                          vermehrter Forschungsbedarf besteht und welche
Auflaufens beim Winterraps (rechts). Datengrundla-                                       Schädlinge zukünftig keine große Rolle mehr spielen
ge: phänologissche Daten des DWD für die rhein-                                          werden.
land-pfälzischen Stationen Trier-Petrisberg, Worms,
Miesenbach, Veitsrodt, Limburghof, Westerburg und                                        Anmerkung der Redaktion: Frau Hanspach arbeitet am
Altenkirchen, Zeitraum: 1961-1997. n = 96, R² = 0.95                                     Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) im
                                                                                         Forschungsfeld Klimawirkung und Vulnerabilität (be-
                                                                                         zeichnet die Verwundbarkeit von Natur und Gesell-
logischen Phasen zeigten. Das Muster der Verfrühung                                      schaft gegenüber den Wirkungen des Klimawandels).
entsprach dem der Temperaturänderung (Interview mit                                      Sie hat in Berlin Biologie studiert und forscht derzeit in
Annett Menzel beim BR, vom 23.7.08). Dieser enge                                         den Sektoren Agrar- und Forstwirtschaft zum Thema
Zusammenhang zwischen Phänologie und Temperatur                                          Schaderregerentwicklung in Zeiten des Klimawandels.
ist für die Modellbildung von großem Nutzen. Derartige                                   Seit Oktober 2008 ist sie auch als phänologische Be-
Korrelationen können mithilfe der phänologischen Da-                                     obachterin für den DWD in Berlin-Lichtenrade. Sie
ten des DWD ermittelt werden (Abb. 2).                                                   stellt sich hiermit der Beobachterschaft vor und könnte
Am PIK werden globale und regionale Modelle entwi-                                       es beeindruckender nicht tun. Der DWD wünscht ihr –
ckelt, die die Vulnerabilität (Verwundbarkeit) klimasen-                                 und das nicht ganz uneigennützig – eine lange „Karrie-
sitiver Systeme einschätzen und zukünftige Anpas-                                        re“ als phänologische Beobachterin.
sungsstrategien aufzeigen sollen. Die regionale For-                                     Informationen rund um den Klimawandel finden Sie auf
schung erstreckt sich von Hochwasserrisiken über den                                     den Internetseiten des PIK: www.pik-potsdam.de
_________________________________________________________________________________________________________________
Fortsetzung von S. 5, Quellen:
DWD (2007): Witterungsbericht des DWD über das                                             W. Riecke, K. Zimmermann (2007): Die Witterung in
   1. Halbjahr 2007.                                                                          Deutschland 2006, in: Klimastatusbericht 2006
G. Müller-Westermeier und W. Riecke (2006): Die                                               Hrsg: Deutscher Wetterdienst (DWD), S. 5-28.
   Witterung in Deutschland in: Klimastatusbericht                                         Scheifinger, H., Koch, E, Winkler, H. (2007): Erste
   2005 Hrsg: Deutscher Wetterdienst (DWD), S.                                                Ergebnisse einer Analyse vogelphänologischer
   75-86.                                                                                     Beobachtungen der Zentralanstalt für Meteorolo-
G. Müller-Westermeier, C. Lefebvre, H. Nitsche,                                               gie und Geodynamik 1951-1999 in Österreich. In:
                                                                                              promet Jahrg. 33, Nr. 1/2 S. 52-55.
Sie können auch lesen