Photovoltaik auf kommunalen Dächern - Verpachtung der Flächen an Dritte
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Klimaschutz für finanzschwache Kommunen Photovoltaik auf kommunalen Dächern – Verpachtung der Flächen an Dritte Die Idee: Schulen, Kindergärten, Rathäuser – eines haben diese kommunalen Gebäude gemein: Sie verfügen über kostbare Dachflächen, die für die Stromerzeugung durch Photovoltaik genutzt werden können. Wenn Ihre Kommune nicht die nötigen Mittel hat, um eine Anlage zu errichten, verpachten Sie die Flächen an Dritte – z. B. an Ihr Stadtwerk oder eine lokale Bürgerenergiegenossenschaft. Ihre Vorteile: L CO2-Emissionen einsparen und den Ausbau erneuerbarer Energien fördern L Geringe Kosten durch Kooperation mit Dritten L Errichtung und Betrieb der Photovoltaik-Anlagen bringt Wertschöpfung und Beschäftigung in die Kommune L Vorbild sein und Bürger*innen für Klimaschutz und erneuerbare Energien begeistern
Photovoltaik auf kommunalen Dächern Rund vier Milliarden Euro geben Erneuerbare Diese planen, errichten und betrei- Kommunen im Jahr für die Strom- Stromerzeugung trotz ben die Photovoltaikanlage und und Wärmeversorgung ihrer Gebäu- speisen den produzierten Strom de aus.1 Investiert Ihre Kommune in leerer Kassen entweder in das öffentliche Netz ein Solaranlagen, um die Gebäude oder verkaufen ihn an die Gebäude- selbst zu versorgen, kann sie die Eine Photovoltaikanlage rechnet nutzerinnen und -nutzer. Der finan- Energiekosten langfristig senken sich für Städte und Gemeinden oft zielle und personelle Aufwand für und wird auch unabhängig von der schon nach wenigen Jahren. Aber: Ihre Kommune ist also gering. Der Entwicklung der Strompreise. Für finanzschwache Kommunen Klimaschutzeffekt ist bei beiden Schulen, Kindergärten, Sporthallen, kann die Finanzierung der Investi- Varianten derselbe. Neben der rei- Verwaltungsgebäude – in Deutsch- tion eine Herausforderung darstel- nen Verpachtung von Dachflächen lands Städten und Gemeinden gibt len. Eine Möglichkeit, wie Sie trotz- ist auch die PV-Miete eine Option, es im Durchschnitt 16 Nichtwohn- dem Solarstrom auf Ihren kommu- die allerdings noch nicht so weit gebäude in kommunaler Hand. nalen Dächern produzieren können, verbreitet ist. In diesem Fall ver- Viele der Dachflächen eignen sich ohne selbst Geld in die Hand zu mietet der Anbieter die Solaran- gut, um eine Photovoltaikanlage zu nehmen, ist die Verpachtung der lage an die Kommune. Diese kann installieren. Diese Flächen bergen Flächen an Dritte, etwa an eine den erzeugten Strom für die Eigen also große Potenziale, die bislang Bürgerenergiegenossenschaft oder versorgung nutzen. Auch hier bie- allerdings nur selten genutzt werden. an Ihre lokalen Stadtwerke. ten sich Kooperationen mit Stadt- werken oder Energiegenossen- schaften an. Binden Sie für die Errichtung und den Betrieb der Anlage lokale Hand- werksunternehmen und Betreiber- gesellschaften ein, so bringen Sie gleichzeitig Wertschöpfung und Beschäftigung in Ihre Kommune. Und wer einen Beitrag zur Energie- wende leistet, darf das auch zeigen: beispielsweise mit einer Schautafel, die ein Bild der PV-Anlage auf dem Gebäude und die zentralen techni- schen Daten der Anlage, wie instal- lierte Leistung und Ertrag, zeigt. So können Sie Bürgerinnen und Bürger für e rneuerbare Energien sensibi- lisieren und zum Mitmachen moti- vieren. Literatur 1 Deutsche Energie-Agentur (2018): dena-Analyse Kommunale Nichtwohngebäude – Rahmenbedingungen und Ausblick für klimafreund liche Gebäude in Städten und Gemeinden. Berlin 2 Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (o. J.): Energie-Gewinner aus Thüringen – Gemeinde Werther und Bürgerener- gie Helmetal. www.energiegewinner-thueringen.de (Zugriff zuletzt am 15.7.2020)
Finanzierung und Umsetzung „Unser kommunaler Kindergarten im Ortsteil Großwechsungen bezieht seinen Strom von einer Solaranlage auf dem Dach. Da die Photovoltaik Gemeinde kein Geld hatte, wurde die Anlage von einer lokalen finanzieren: Wer Energiegenossenschaft umgesetzt. Das Modell hat für beide Seiten Vor- realisiert die Anlage? teile: Die Genossenschaft bekommt für den Strom einen höheren Preis gegenüber einer Einspeisung ins Stromnetz. Wir als Gemeinde beziehen den Strom zu einem geringeren Preis als beim Grundversorger und be- Idealerweise investiert die Kom- kommen zudem Einnahmen für die Verpachtung des Dachs. Damit kön- mune selbst in die Anschaffung nen wir die Betriebskosten und damit auch die Kita-Gebühren senken.“ einer PV-Anlage (weiterführende Informationen: difu.de/15704). So Hans-Jürgen Weidt, Bürgermeister von Werther stehen ihr die vollen finanziellen Einnahmen bzw. Kosteneinsparun- Hierfür bieten sich regionale Part- trauen. Die erzielbaren Einnahmen gen zur Verfügung. Hat Ihre Kom- ner wie Stadt-, Gemeindewerke durch die Verpachtung der Dächer mune nicht ausreichend finanziel- oder Bürgerenergiegenossenschaf- sind in der Regel überschaubar, die le und personelle Kapazitäten, um ten an, die die Anlage installieren, zentrale Motivation für das Projekt eine eigene PV-Anlage zu realisie- finanzieren und betreiben. Diese ist der Klimaschutzeffekt. ren, so kann sie ihre Dächer Drit- Partner sind bei den Menschen vor ten auf Zeit zur Verfügung stellen. Ort bekannt und genießen ihr Ver- In 12 Schritten zur Photovoltaikanlage: 1 Definieren Sie Verantwortliche für das Thema. 8 Vereinbaren Sie anschließend einen Ortstermin mit den Investoren bzw. Betreibern und den Gebäude- 2 Finden Sie heraus, welche Partner innerhalb der verantwortlichen. An diesem Termin sollten Sie die Verwaltung wirklich wichtig für Sie sind und binden Vorgaben für den Investor klären, etwa bezüglich Sie diese politisch und organisatorisch ein. der Kabelverlegung. 3 Sichern Sie sich den Rückhalt der Verwaltungsspit- 9 Jetzt ist es Zeit, die Dächer zu vergeben und einen ze durch einen Auftrag vom Gemeinderat, z. B. weil Pachtvertrag aufzusetzen. Möglich sind einmalige die Verpachtung als Maßnahme zur Bekämpfung oder jährliche Pachtzahlungen. eines Klimanotstands gesehen wird. 10 Die Stadtwerke oder die Bürgerenergiegenossen- 4 Wählen Sie geeignete Dächer anhand von Luftbil- schaft errichten die Anlage und melden sie bei Netz- dern oder eines Solardachkatasters aus. betreibern, Versicherungen etc. an. 5 Prüfen Sie, ob es Synergieeffekte gibt. Wenn ein 11 Die Anlage nimmt ihren Betrieb auf. Gebäude sowieso saniert werden muss, können die Betreiber das bereits stehende Gerüst für die 12 Nach Ablauf der Vertragslaufzeit von 20 bis 30 Jah- Errichtung der Solaranlage mitnutzen. ren – plus dem Jahr der Inbetriebnahme – kön- nen Sie prüfen, ob Sie den Vertrag verlängern oder 6 Lassen Sie die Statik der Dachfläche möglichst die Anlage selbst übernehmen wollen oder ob der durch Ihre eigene Bauabteilung prüfen oder beauf- Betreiber sie auf eigene Kosten entfernen soll. tragen Sie selbst eine*n Statiker*in. 7 Halten Sie Rücksprache mit der Bauunterhaltung und den Nutzer*innen und prüfen Sie, ob die Archi- tekt*innen ein Urheberrecht haben.
Positive Effekte für Ihre Kommune Bürger- Lokale Energie- Handwerks- Kommune Genossenschaft (BEG) betriebe Planung, Errichtung, Verpachtung Dach Betrieb PV-Anlage * nach Steuern und Abgaben Wartung PV-Anlage Quelle: eigene Darstellung € Gewinne nach Steuern | Handwerksbetriebe, BEG, Bank Pacht, Steuern an die Kommune € € Einkommen Beschäftigte* | Handwerksbetriebe, BEG, Bank Beschäftigte Die Abbildung oben zeigt, welche Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte durch eine Photovoltaikanlage erzielt werden, die von einer Bürgerenergiegenossenschaft umgesetzt wird. Nicht nur Ihre Kommune und die drit- te Partei (Bürgerenergiegenossenschaft), sondern auch weitere lokale Akteure können davon profitieren. Treffen folgende Punkte zu, verbleibt ein großer Anteil der Wertschöpfung und Beschäftigung in der Kommune oder in der angrenzenden Region: Gut zu wissen: L Die Bürgerenergiegenossenschaft hat ihren steuerrechtlichen Sitz in der Kommune. Es gibt viele Möglichkeiten, wie Sie den Personalaufwand für die orga- L Möglichst viele Eigenkapitalgeber*innen – in diesem Fall die Mitglieder nisatorische Abwicklung in Ihrer der Genossenschaft – wohnen in der Kommune oder der Region. Kommune reduzieren können: Ler- nen Sie von den Erfahrungen, die in L Mit der Planung, Installation und Wartung werden nach Möglichkeit anderen Kommunen gemacht wur- lokale Handwerksunternehmen beauftragt. den; nutzen Sie vorhandene Mus- tervorlagen für Pachtverträge oder L Bei der Finanzierung werden lokale Banken eingebunden. bündeln Sie Ihre Aktivitäten gleich für mehrere kommunale Dachflä- Die Umsetzung einer Solaranlage mit Dritten, wie Energiegenossenschaf- chen (Dachflächenpool). ten oder Stadtwerke, kann auch ein Startpunkt für weitere gemeinschaftli- che Aktivitäten im Bereich des kommunalen Klimaschutzes sein. Beispielrechnung für eine kleine Mittelstadt (35.000 Einwohner*innen)* € € € € 107.600 € 89.800 € 66.500 € Beschäftigte Gewinne nach Steu- Nettoeinkommen Pachtzahlungen (in Vollzeitäquivalenten VZÄ): ern (Handwerksbetrie- (Beschäftigte Hand- und Steuern an • einmalig 0,5 VZÄ durch die Errich- be, Genossenschaft und tung der Anlage werksbetriebe) die Kommune Banken) • jährlich 0,1 VZÄ durch Betrieb und Wartung der Anlage * Verpachtung von 18 kommunalen Dachflächen (25 % der durchschnittlichen Zahl an kommunalen Nichtwohngebäuden in einer klei- nen Mittelstadt) für die solare Stromerzeugung an eine Energiegenossenschaft (PV-Anlage 30 kWp, Effekte über 20 Jahre, Anteil kom- munal ansässiger Unternehmen Planung, Montage, Wartung 75 %, Finanzierung 50 %, Anteil lokaler Eigenkapitalgeber*innen 75 %)
Best-Practice-Beispiele Beispiel Ein kommunaler Kindergarten im Gemeinde Ortsteil Großwechsungen bezieht seinen Strom von einer 10 kWp Solar- Werther in anlage auf dem Dach. Die Anlage Thüringen: wurde von der Energiegenossen- schaft Helmetal eG errichtet, da der Gemeinde das Geld dafür fehlte. Eine Besonderheit in diesem Fall: Die Gemeinde bezieht den Strom zu einem geringeren Preis als beim Grundversorger und bekommt Pachteinnahmen für das Dach. Die Genos- Beispiel Hier betreibt die BürgerEnergie senschaft erhält gegenüber der Einspeisung des RheinMain eG (BERMeG) auf acht Stroms ins öffentliche Netz einen höheren Preis.2 Stadt kommunalen Liegenschaften Mörfelden- PV‑Dachanlagen mit einer Leistung Mehr Informationen: Walldorf: von insgesamt 228 kWp. Die Genos- eg-helmetal.de senschaft wurde 2012 auf Initiative der Stadt gegründet. In Kooperation mit der Bürger- werke eG (einem Zusammenschluss von Energiegenos- senschaften in Deutschland) liefert die BERMeG den Solarstrom für die jeweilige kommunale Liegenschaft, nicht genutzter Strom wird ins Netz eingespeist. Mehr Informationen: www.bermeg.de Hier geht’s weiter: Leitfäden und weiterführende Informationen Photovoltaik in Kommunen – Solarenergie Mit Sonne auf Zukunftskurs: Photovoltaik sinnvoll einsetzen (2020) für Kommunen (2019) Hrsg. Solar Cluster Baden-Württemberg e. V. (32 S.) Hrsg. Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur (ThEGA) (22 S.) Die Broschüre zeigt Städten und Gemeinden Hand- lungsmöglichkeiten für die solare Stromerzeugung Die Broschüre richtet sich an Kommunen und stellt auf – von der Umsetzung durch die Kommune für den Möglichkeiten und Beispiele für Eigenverbrauch, sola- Eigenverbrauch über die Verpachtung von Dachflächen re Mobilität und Bürgerbeteiligung bei Photovoltaik- an Dritte bis hin zu dem PV-Mietmodell. Dazu werden anlagen vor. Eine Checkliste macht deutlich, welche zahlreiche Praxisbeispiele aufgeführt. Schritte grundsätzlich bei der Nutzung von Photovol- taik in Kommunen beachtet werden sollten.
Dieses Infoblatt wurde im NKI-Verbundvorhaben „Zwischen Wertschöpfungseffekten und haushaltsrecht- lichen Restriktionen: Qualifizierung finanzschwacher Kommunen zur Durchführung von Klimaschutzmaß- nahmen (QualiFiKo)“ von den Projektpartnern Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) und Institut für öko- logische Wirtschaftsforschung (IÖW) erarbeitet. Es soll den Kommunen Impulse für klimafreundliches Han- deln geben und hat nicht den Anspruch einer vollständigen Einführung in das Thema. Das QualiFiKo-Projekt wurde durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicher- heit (BMU) im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert. Weitere Infoblätter, die Broschüre „Klimaschutz in finanzschwachen Kommunen: Mehrwert für Haushalt und Klima“ sowie Informationen zum Projekt finden Sie unter www.klimaschutz.de/projekte/qualifiko Impressum Herausgeber: Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) Lektorat: Claudia Nikschtat Potsdamer Straße 105 | D-10785 Berlin Layout: lab45 kommunikationsdesign gottert Telefon: +49 – 30 – 884 594-0 E-mail: mailbox@ioew.de Bildnachweis: Web: www.ioew.de Cover: l. bang070707, Pixabay r. kenny2332, Pixabay Seite 1: Bert Braet, Pixabay Autor*innen: Seite 3: Freepik, www.flaticon.com Katharina Heinbach Smashicons, www.flaticon.com Jan Walter Kiranshastry, www.flaticon.com Seite 4: l. BERMeG; r. Maria Godfrida, Pixabay Datum/Stand: September 2020 Icon o.: srip, www.flaticon.com Icon u.: Good Ware, www.flaticon.com Rückseite: bang070707, Pixabay I NST I TUT FÜR ÖKOLOGISC H E WI R TSCHAF TSFORSC H UN G
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