Pilotprojekt der SLRG "Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht im See" - Fallstudie zuhanden der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft ...
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Luzern, November 2020 Pilotprojekt der SLRG «Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht im See» Fallstudie zuhanden der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG)
Inhalt 1. Ausgangslage | 5 2. Pilotprojekt in Hochdorf | 12 3. Erfahrungen aus Hochdorf | 18 4. Fazit aus Sicht von Interface | 25 Anhang | 29 2 3
Abb. 1 Schüler/-innen beim Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht 1. Ausgangslage Die SLRG hat sich zum Ziel gesetzt, sich aktiv in der Um- setzung des Lehrplans 21 zu engagieren. Aus Sicht der SLRG ist es zudem angezeigt, vermehrt Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht in offenen Gewässern durch- zuführen. Aus diesen Gründen lancierte die Gemeinde Hochdorf (Luzern) gemeinsam mit der SLRG ein Pilot- projekt zum «Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht im See». Dahinter steht die Überzeugung, dass Schwimm- und Wasser- – Was sind die Erfolgsfaktoren und was sind Herausforderun- sicherheitsunterricht in offenen Gewässern eine gute Lösung gen bei der Umsetzung von Schwimmunterricht in offenen ist, um die fehlenden Wasserflächen in den Gemeinden zu er- Gewässern? gänzen und zugleich einen Beitrag zur Ertrinkungsprävention zu leisten. Interface hat im Auftrag der SLRG die vorliegende | Datengrundlage der Fallstudie wissenschaftliche Fallstudie zum Pilotprojekt erarbeitet. Mit Während der Durchführung des Pilotprojekts sammelte die der Fallstudie soll anhand der im Pilotprojekt gemachten Er- SLRG verschiedene Daten – basierend auf Beobachtungen fahrungen aufgezeigt werden, unter welchen Bedingungen die vor Ort und Rückmeldungen von Projektbeteiligten. Als Er- Durchführung von Schwimm- und Wassersicherheitsunter- gänzung zu den vorhandenen Daten und Dokumenten der richt in offenen Gewässern möglich ist. Schliesslich soll die SLRG (z.B. Sitzungsprotokolle, Beobachtungsprotokolle der Fallstudie andere Gemeinden und Lehrpersonen ermutigen, Schwimmlehrpersonen) analysierte Interface weiterführende den Schwimmunterricht im See durchzuführen und mit der Statistiken und internationale Studien und führte sechs Ge- neuen Unterrichtsform Erfahrungen zu sammeln. spräche mit den folgenden Projektbeteiligten durch: – mit verantwortlichen Personen der SLRG Schweiz, Die Fallstudie soll folgende vier Fragen beantworten: – mit einer von der SLRG engagierten Schwimmlehrerin, die – Warum ist Schwimmunterricht in offenen Gewässern bereits Erfahrung mit Schwimmunterricht im See hatte, (See, Fluss) sinnvoll? – in der Schule Hochdorf mit der Schulleiterin, den involvier- – Was sind die Lehren aus dem Pilotprojekt? ten Klassenlehrpersonen und den von der Schule angestell- – Was müssen Gemeinden oder Schulen berücksichtigen, ten Schwimmlehrpersonen sowie wenn Sie das Schwimmen in offenen Gewässern durch- – mit der Gemeinderätin Ressort Bildung und Wirtschaft von führen wollen? Hochdorf. 4 5
| Aufbau der Fallstudie D 1.1: Wasserkompetenzen In diesem Kapitel erläutern wir, welche Vorgaben der Lehr- plan 21 beinhaltet. Anschliessend werden nationale Zahlen zu verfügbaren Wasserflächen in den Gemeinden sowie zu Er- Risikobewusstsein und trinkungsfällen präsentiert und die Erkenntnisse und Erfah- Wissen um Gefahren rungen aus internationalen (Pilot-)Studien zusammengefasst. In Kapitel 2 wird das Pilotprojekt in der Gemeinde Hochdorf beschrieben – von der Konzeption bis hin zur Durchführung und Überführung in den Regelbetrieb. In Kapitel 3 werden die Erfahrungen der beteiligten Personen des Pilotprojekts aufge- Fähigkeit, Wasser- Fähigkeit, sich Wasser-Sicherheits-Check Dritten zu helfen kompetenzen selber zu retten zeigt. In Kapitel 4 ziehen wir ein Fazit und zeigen auf, wel- ches die Erfolgsfaktoren und Herausforderungen bei der Um- setzung eines solchen Pilotprojekts sind und unter welchen Bedingungen die Durchführung von Schwimm- und Wasser- sicherheitsunterricht in offenen Gewässern möglich und sinn- voll ist. Risikoidentifikation und richtiges Verhalten 1.1 Vorgaben und Umsetzung des Lehrplans 21 Der im Herbst 2014 verabschiedete Lehrplan 211 definiert für den Fachbereich Bewegung und Sport sowohl zu erreichende Quelle: Darstellung Interface in Anlehnung an Darstellung SLRG. Schwimmfähigkeiten als auch Kompetenzen zum richtigen Verhalten im, am und auf dem Wasser. Im Gegensatz zu früher stehen weniger die verschiedenen Schwimmstile und Bewe- gungsfertigkeiten im Vordergrund, sondern es wird erstmalig Der Schwimmunterricht soll im Kanton Luzern gemäss Lehrplan 21 auch der Sicherheitsaspekt (u.a. Selbstrettungskompetenzen) schwerpunktmässig zwischen der 3. und 4. Primarklasse in mindestens verankert. Dies beinhaltet, dass Schüler/-innen eine Situation neun Doppellektionen, wöchentlich oder alle zwei Wochen, stattfinden. Was ist der Wasser-Sicherheits-Check im, am und auf dem Wasser bezüglich Sicherheit einschätzen Effektive Lernzeit im Wasser machen bei einer Doppellektion rund 30 (WSC)? und in Gefahrensituationen verantwortungsbewusst handeln bis 45 Minuten aus, wobei die restliche Zeit für Transport, Umziehen, Der Wasser-Sicherheits-Check (WSC) können. Neben dem Erlernen der Schwimmtechniken sollen Duschen und Trocknen aufgewendet wird. Aus Sicherheitsgründen emp- steht für Basiskompetenz im Wasser. Der Schüler/-innen Kompetenzen in Wasserspringen, Tauchen fiehlt der Kanton Luzern, im Schwimmunterricht bei mehr als 14 Schü- WSC-Ausweis bestätigt, dass sich die Kin- oder Rettungsschwimmen erwerben. Der Lehrplan 21 hält als lern/-innen eine Begleitperson einzusetzen. Zudem müssen Lehrperso- der nach einem Sturz ins Wasser selber Grundanspruch fest, dass alle Schüler/-innen im zweiten Zyk- nen, die Schwimmunterricht erteilen, über Kompetenzen im ans Ufer oder an den Beckenrand retten lus (Ende 4. Primarschule) den Wasser-Sicherheits-Check Rettungsschwimmen verfügen.3 Das Schwimmen und Baden im schuli- können. Der WSC wurde von der Cana- (WSC) bestehen können. schen Rahmen muss im Kanton Luzern von mindestens einer erwachse- dian Lifesaving Society unter dem Namen nen Person überwacht werden, die über ein Brevet der Schweizerischen «Swim to Survive®» entwickelt. Die Bera- Darstellung D 1.1 zeigt auf, welche Fähigkeiten der Begriff Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG) verfügt.4 Die Mindestvorgabe ge- tungsstelle für Unfallverhütung (BFU) hat der Wasserkompetenz umfasst und was der Wasser-Sicher- mäss Volksschulbildungsverordnung ist das «Brevet Basis Pool», wobei daraus zusammen mit swimsports.ch den heits-Check (WSC) beinhaltet. dieses alle vier Jahre im Rahmen eines Weiterbildungskurses wiederholt WSC für die Schweiz abgeleitet. Der WSC werden muss. Für den Schwimmunterricht in offenen Gewässern benöti- umfasst drei Elemente, die nacheinander gen die Lehrpersonen das «Brevet Plus Pool» oder das «Modul See». durchgeführt werden: Purzeln vom Rand Hierbei gilt zu erwähnen, dass die Lehrpläne für die Kategorie «Bewegen ins Tiefe Wasser, sich eine Minute an Ort im Wasser» in den übrigen 20 Kantonen zwar analog aufgebaut sind, die über Wasser halten, 50 Meter schwimmen Anforderungen an die Lehrpersonen sowie die Unterrichtsschwerpunkte und aussteigen.2 jedoch kantonal variieren. 3 Siehe Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern: Lehrplan für die Volksschule des Kantons Luzern, Bewegung und Sport. 1 Der Lehrplan 21 wurde von der Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz (D-EDK) erarbeitet. 21 deutsch- und mehrsprachige https://lu.lehrplan.ch/, Zugriff 16.7.2020. Kantone setzen damit den Artikel 62 der Bundesverfassung um, die Ziele der Schule zu harmonisieren. Jeder Kanton entscheidet gemäss den 4 Siehe Dienststelle Volksschulbildung des Kantons Luzern: Schwimmunterricht und Baden. Ein Merkblatt für Lehrpersonen und Schulleitungen. eigenen Rechtsgrundlagen über die Einführung des Lehrplans 21 im Kanton. https://www.lehrplan21.ch/, Zugriff 16.7.2020. https://sport.lu.ch/-/media/Sport/Dokumente/Freiwilliger_Schulsport/Allgemein/Merkblatt_Kanton_Luzern_Schwimmunterricht_Baden.pdf?la= 2 https://www.bfu.ch/de/ratgeber/wasser-sicherheits-check-wsc, Zugriff 24.8.2020. de-CH, Zugriff 14.7.2020. 6 7
1.2 Verfügbare Wasserflächen in den Gemeinden 1.3 Prävention von Ertrinkungsunfällen Der Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht findet in Ertrinkungsunfälle geschehen häufig in offenen Gewässern. Schweizer Schulen überwiegend in Hallenbädern oder in Frei- Dies zeigt auch die nationale Statistik zu Ertrinkungsunfällen. bädern im Pool statt. Mit der Einführung des Lehrplans 21 Im Jahr 2019 wurden bei der SLRG im Austausch mit der Be- wurde die Durchführung einer gewissen Anzahl Lektionen ratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) insgesamt 49 Todes- Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht obligatorisch. fälle durch Ertrinken gezählt.6 Der Durchschnitt der letzten Dadurch wurden die Gemeinden mit der Problematik von zehn Jahren liegt bei rund 45 Ertrinkungstoten pro Jahr. Fast nicht ausreichend verfügbaren Wasserflächen in Frei- und alle Todesfälle (98%) ereigneten sich 2019 in offenen Gewäs- Hallenbädern für den Schwimm- und Wassersicherheitsunter- sern – 25 in stehenden Gewässern respektive Seen und 23 in richt konfrontiert. Dass der direkte (also gemeindeinterne) Zu- Fliessgewässern respektive Flüssen. Überdurchschnittlich oft gang zu Wasserflächen in Hallen- und Freibädern ein knappes betroffen von Ertrinkungsunfällen sind (meist junge) Männer Gut darstellen, zeigt auch die Schweizer Sportanlagenstatistik sowie Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft. aus dem Jahr 2012.5 Mehr als drei Viertel der insgesamt 2’204 erfassten Gemeinden haben keinen gemeindeinternen Zugang SLRG und BFU gehen davon aus, dass Aufenthalte an, in und zu einem Hallen- oder Freibad. Rund 7 Prozent der Gemein- auf Schweizer Seen und Flüssen – und somit das Risiko für Er- den verfügen über eine gemeindeinterne Badeanlage an einem trinkungsunfälle – in Zukunft zunehmen dürften. Im Jahr 2020 offenen Gewässer («Naturbad» in See oder Fluss). Bei der wird das erhöhte Risiko insbesondere auf die betrieblichen Ein- Interpretation dieser Zahlen ist zu bedenken, dass gewisse schränkungen der Freibäder aufgrund der Situation mit Co- Schulen auch ein Frei-, Hallen- oder Naturbad in einer Nach- vid-19 zurückgeführt.7 Ein Vergleich mit der Bevölkerungsum- bargemeinde nutzen können. Allerdings sind die Kapazitäten frage aus dem Jahr 2016, welche die gfs-Zürich im Auftrag der von Wasserflächen gerade in Hallen- und Freibädern während SLRG durchgeführt hat, zeigt, dass die Beliebtheit des Schwim- der Unterrichtszeit sehr begrenzt. mens in Seen und Flüssen seither generell zugenommen hat.8 5 Der Begriff «Sportanlage» umfasst alle Anlagen mit minimaler regelmässiger öffentlicher Benutzung, die für den Sport und die Bewegungs förderung genutzt werden können. Siehe Balthasar, Andreas; Bieri, Oliver; Laubereau, Birgit; Rütter, Heinz; Höchli, Christian; Rieser, Andre- as; Stettler, Jürg; Wehrli, Roger (2013): Sportanlagenstatistik Schweiz 2012. Statistische Grundlagen mit betriebs- und energiewirtschaftlichen Vertiefungen, Interface Politikstudien Forschung Beratung, Rütter+Partner und Institut für Tourismuswirtschaft ITW, Hochschule Luzern, Luzern/Rüschlikon. 6 Siehe Medienmitteilung der SLRG vom 15. Juni 2020. https://www.slrg.ch/medien/medienmitteilungen/news-ansicht/49-menschen-ertranken- 2019-in-schweizer-gewaessern-slrg-und-bfu-besorgt-wegen-corona-sommer-2020.html, Zugriff 26.6.2020. 7 https://www.slrg.ch/fileadmin/user_upload/SLRG_CH_2015/Corona-Sommer_2020/Bev%C3%B6lkerungsbefragung_Risikoexposition_2020.pdf, Zugriff 24.8.2020. Abb. 2 8 Umbricht, Andrea (2016): Telefonische Omnibus-Befragung zum Thema Wasserkompetenz: Quantitative Befragung im Auftrag der Schweizeri- Schüler-innen beim Aufwärmen während des schen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG, gfs-Zürich, März 2016. Schwimm- und Wassersichheitsunterrichts 8 9
1.4 Erkenntnisse und Erfahrungen aus bewegen können. Die Autoren/-innen sehen hier Anlass internationalen Studien zu Sorge, da sie davon ausgehen, dass viele Eltern das Die Überzeugung, dass Schwimmkompetenzen alleine Risiko für sich selbst, aber eben auch für ihre Kinder ge- ausreichend sind, um dem Ertrinken vorzubeugen, gilt rade in offenen Gewässern unterschätzen. Diese Er- als überholt. So definieren Stallman et al. (2017)9 15 ver- kenntnis bestätigt auch die von gfs durchgeführte Bevöl- schiedene Wasserkompetenzen, die notwendig sind, um kerungsbefragung aus dem Jahr 2016. Auf die Frage, Ertrinken vorzubeugen. Dazu gehören neben verschie- über welche Fähigkeiten man für einen sicheren Aufent- denen Schwimmtechniken auch Kenntnisse über lokale halt im See verfügen sollte, gaben gerade mal 5 Prozent Gefahren und Wassersicherheitsregeln, Kompetenzen der Personen an, man sollte Risiken und Gefahren richtig zur Risikoeinschätzung und -vermeidung. Zudem kom- einschätzen können (gfs-Zürich, 2016). men Stallman et al. (2017) zum Schluss, dass ein Schwimmunterricht, der sich ausschliesslich auf die In anderen Ländern wurden bereits erfolgreich Pilotpro- Umgebung von Pools konzentriert, nicht ausreichend ist, jekte zu Schwimmunterricht in offenen Gewässern mit um Ertrinken zu verhindern. Weitere Studien,10, 11 zeigen, Kindern durchgeführt: dass eine Person ihre ausschliesslich im Pool erworbe- – Im Jahr 2015 wurde in Norwegen ein Pilotprojekt mit nen Schwimm- und Wasserkompetenzen nicht automa- Kindern im Kindergartenalter durchgeführt, um zu tisch auf andere Umgebungen – wie eben offene Gewäs- untersuchen, wie (mit welchen Methoden und Instru- ser – übertragen kann. Stallman et al. (2017) empfehlen menten) man die Kinder in offenen Gewässern unter- deshalb, Wasserkompetenzen auch in offenen Gewäs- richten kann.13 sern zu erlernen. – In Neuseeland nahmen im Jahr 2018 während einer Woche 98 Kinder zwischen sieben und elf Jahren an Gemäss der SLRG sind fehlendes Wissen, das falsche einem Schwimmunterricht in offenen Gewässern teil Einschätzen von Gefahren sowie fehlende Kompeten- (total etwa zehn Stunden).14 Die Begleitstudie kommt zen, um in einem Notfall richtig zu reagieren, zentrale zum Schluss, dass die Kinder ihre Wassersicherheits- Ertrinkungsursachen. Untersuchungen zeigen, dass so- kompetenzen dadurch nachhaltig verbessern konnten, wohl Kinder als auch Erwachsene ihre Wasserkompeten- sich den Gefahren bewusster sind und besser wissen, zen häufig falsch einschätzen. So untersuchten Stanley wie sie sich sicher verhalten. Bei dem Versuch zeigte und Moran (2017)12 in Neuseeland die Wahrnehmung sich jedoch auch, dass gewisse Kinder in unbekannter von 309 Eltern beziehungsweise Betreuungspersonen Umgebung ängstlich reagieren und beim Schwimm- von Primarschülern/-innen (5- bis 11-Jährige) zu ihren unterricht in offenen Gewässern ihre Ängste und Bar- eigenen Wasserkompetenzen in offenen Gewässern so- rieren überwinden mussten. wie diejenigen ihrer Kinder. Dabei zeigte sich, dass viele – In Australien, wo 10- bis 12-jährige Kinder in offenen Eltern ihre eigenen Schwimmkompetenzen sowie die Gewässern unterrichtet wurden, kommt das Projekt- ihrer Kinder (zu) optimistisch einschätzten. Die meisten team zum Schluss, dass Aktivitäten und Wissen zum Eltern (59%) und fast alle Kinder (81%) in der Studie Thema Wassersicherheit in offenen Gewässern in den hatten noch keine Schwimmerfahrungen in offenen Ge- Schulunterricht integriert werden sollten – und zwar in wässern. Dennoch war die Hälfte der Eltern der Mei- Zusammenarbeit mit Organisationen, die damit Erfah- nung, dass ihre Kinder sich sicher in offenen Gewässern rungen haben.15 9 Stallman, Robert Keig; Moran, Kevin; Quan, Linda; Langendorfer, Stephen (2017): «From Swimming Skill to Water Competence: Towards a More Inclusive Drowning Prevention Future», International Journal of Aquatic Research and Education: Vol. 10: No. 2, Article 3. DOI: 10.25035/ ijare.10.02.03. 10 Langendorfer, S. J. (2011): Considering Drowning, Drowning Prevention, and Learning to Swim. International Journal of Aquatic Research and Education, 5(3), 236–243. 11 Kjendlie, P.; Pedersen, T.; Thoresen, T.; Setlo, T.; Moran, K.; Stallman, R. (2013): Can You Swim in Waves? Children's Swimming, Floating, and Entry Skills in Calm and Simulated Unsteady Water Conditions. International Journal of Aquatic Research and Education, 7(4), 301–313. Abb. 3 12 Stanley, Teresa; Moran, Kevin (2017): «Parental Perceptions of Water Competence and Drowning Risk for Themselves and Their Children in Schüler/-innen beim Schwimm- und Wassersichheitsunterricht an Open Water Environment», In-ternational Journal of Aquatic Research and Education: Vol. 10: No. 1, Article 4. 13 Norges Livredningselskap: Toddler swimming and drowning prevention: in search of best practice from a Nordic perspective, Oktober 2015. 14 Button, Chris; Button, Angela; Jackson, Anne-Marie; Cotter, Jim; Maraj, Brian (2017): Teaching Water Skills for Life in Open Water Environ- ments. Funded by Water Safety New Zealand & University of Otago in partnership with Surf Lifesaving New Zealand, Safe Boating NZ, Swim- sation & Wild Earth Inc. 15 Matthews, Bernadette; Falkingham, Janelle; Simpson, Kate (2019): Comparing Water Saftey knowledge Learnt From Pool-Based and Open Water Education Programs. World Conference on Drwoning Prevention. 10 11
2. Pilotprojekt in Hochdorf 2.2 Konzeption und Vorbereitung Das Risiko ist unter anderem abhängig von den Als die Auflagen des Lehrplans 21 bekannt waren, Witterungsverhältnissen, dem Gelände und den Das Pilotprojekt zu Schwimm- und Wassersicherheitsun- haben die Verantwortlichen der Schule Hochdorf Vorkenntnissen der Schüler/-innen sowie von der frühzeitig nach verfügbarer Wasserfläche gesucht, Ausbildung und der Handlungsfähigkeit der terricht wurde im Sommer 2017 und im Sommer 2018 jedoch vergeblich. Im Hallenbad in Hohenrain wa- Lehrpersonen. Das Sicherheitskonzept sieht zu- ren lediglich noch sieben Lektionen frei. Dies dem vor, dass zwei Leitungspersonen (eine in zwei Phasen von der Primarschule Hochdorf (Kan- reichte jedoch nicht aus, um die Auflagen vom Hauptleiterin mit SLRG Expert See und eine Kanton gemäss Lehrplan 21 zu erfüllen. Auf der Lehrperson mit SLRG Brevet See) sowie maxi- ton Luzern) gemeinsam mit der SLRG durchgeführt. Am Suche nach Unterstützung bei der Umsetzung des mal 20 Schüler/-innen während dem Unterricht Schwimm- und Wassersicherheitsunterrichts ge- anwesend sind. Projekt nahmen rund 120 Schüler/-innen aus der sechs mäss Lehrplan 21 wendeten sich die Verantwortli- – Die geplanten Lektionen wurden vorgängig eben- chen der Schule Hochdorf an die SLRG Sektion falls von der durch die SLRG engagierten 4. Primarklassen teil. Im Folgenden werden die Ziele, die Baldeggersee, welche die Anfrage an die SLRG Schwimmlehrerin entwickelt. Für jede Lektion Schweiz weiterleitete. Die SLRG Schweiz initiierte wurde das Thema, Lernziele sowie die benötig- Konzeption und Vorbereitung, die Durchführung sowie daraufhin das Pilotprojekt Schwimm- und Wasser- ten Materialien festgelegt. Ebenso wurde der sicherheitsunterricht im See. Die SLRG Schweiz Lektionsablauf und die jeweils verantwortliche die Überführung des Pilotprojekts in den Regelbetrieb war überzeugt vom Pilotprojekt, auch aus dem Person definiert. Für jede Lektion wurde auch Grund, weil Schwimmen in offenen Gewässern eine Variante für schlechtes oder zu kaltes Was- beschrieben. weiterführende Kompetenzen voraussetzt, als dies ser erarbeitet. im Pool der Fall ist. – Im Vorfeld des Schwimmunterrichts führten die Verantwortlichen der Schule Hochdorf zusam- Bereits bei der Konzipierung des Pilotprojekts ar- men mit der Gemeinderätin und der SLRG In- beiteten die zuständige Gemeinderätin, die Verant- formationsabende für die Eltern durch. Für die wortlichen der SLRG Schweiz, die von der SLRG Eltern waren insbesondere die Rahmenbedin- 2.1 Ziele engagierte Schwimmlehrerin, der Rektor, die gungen von Interesse (Anreise, Kosten, Infra- Mit dem Pilotprojekt verfolgte die SLRG folgende Leistungs- Schulleiterin und die beteiligten Klassen- und struktur, Durchführung bei verschiedenen Wit- und Wirkungsziele: Schwimmlehrpersonen der Schule Hochdorf inten- terungsbedingungen usw.). Zudem wurde den – Die Lehrpersonen wissen, wie man Schwimm- und Wasser- siv zusammen. Es wurden verschiedene Vorberei- Eltern ein Informationsschreiben zugestellt. Die sicherheitskompetenzen in einem sicheren Umfeld am und tungen getroffen: Eltern mussten den Empfang des Informations- im See unterrichten kann. Lehrpersonen unterrichten zu- – Die von der SLRG engagierte Schwimmlehrerin schreibens bestätigen, ein Notfallblatt mit der mindest einen Teil der im Lehrplan 21 definierten Schwimm- hat mit Unterstützung der SLRG Sektion Baldeg- Adresse des Hausarztes und einen kurzen Fra- und Wassersicherheitskompetenzen direkt am/im See. gersee ein detailliertes Sicherheitskonzept ausge- gebogen bezüglich der Schwimmkompetenzen – Die Schüler/-innen verfügen über ausreichende Selbstret- arbeitet (siehe Anhang). Darin wird beispiels- ihres Kindes ausfüllen. Ebenso erhielten die El- tungskompetenzen für den sicheren Aufenthalt im See. Sie weise beschrieben, unter welchen Bedingungen tern die im Schwimmunterricht geltenden Re- richten ihr Verhalten am neu erlernten respektive gefestig- der Unterricht stattfindet beziehungsweise wann geln und eine Checkliste, was in den Schwim- ten Wissen aus, gefährden sich selber weniger und machen er abgebrochen wird. Eine Risikoanalyse, mittels munterricht mitzubringen ist. Die Eltern hatten Dritte auf Gefährdungen aufmerksam. welcher mögliche Risiken aufgezeigt werden, zudem die Möglichkeit, während des Schwim- – Auf der Grundlage des Pilotprojekts wird Material für die und Massnahmen, wie dieses Risiko vermindert munterrichts anwesend zu sein und den Kindern Multiplikation des Schwimm- und Wassersicherheitsunter- oder ausgeschlossen werden kann, wird definiert. zuzuschauen. richts im See auf andere Schulen/Gemeinden erarbeitet. – Auf der Grundlage des Pilotprojekts wird ein Weiterbil- dungsangebot (inkl. Materialien) für Lehrpersonen zur Durchführung von Schwimm- und Wassersicherheitsunter- richt im See erarbeitet. 12 13
D 2.1: Phasen des Projekts im Zeitablauf Sicherheits-Check (WSC) im Pool. ihr Kind den WSC bestanden hat oder mittels Brief und an einem regulären El- Schüler/-innen, die den WSC mühelos nicht. In diesem Schreiben wurden die ternabend über den Schwimm- und im Pool geschafft haben, führten diesen Eltern – auch bei bestandenem WSC – Wassersicherheitsunterricht informiert. zusätzlich im See durch. auf ihre Aufsichtspflicht beim Schwim- Ebenso müssen die Eltern weiterhin im men hingewiesen. Eltern, deren Kind Voraus einen kurzen Fragebogen zu den Die zweite Phase wurde im Mai und den WSC nicht bestanden hat, wurde Schwimmkompetenzen ihres Kindes 1. Phase Evaluation 2. Phase Evaluation Regelbetrieb Juni 2018 durchgeführt. Die 45-minüti- empfohlen, das Kind in einen Schwimm- ausfüllen. August September Oktober bis Dezember Januar bis April Mai Juni Juli August … gen Lektionen fanden wiederum jeweils kurs zu schicken oder zumindest selber 2017 2018 kurz vor dem Mittag und am Nachmit- mit dem Kind die Elemente des WSC zu | Organisation und Infrastruktur tag während drei Wochen statt. Es nah- üben. Neben dem eigentlichen Schwimmun- Zwei 4. Primarklassen Zwei 4. Primarklassen (aus der ersten Phase) Einteilung in 2 Gruppen gemäss Schwimmniveau Vier 4. Primarklassen (neu) men die beiden 4. Primarklassen aus der terricht waren organisatorische Ele- 6 Lektionen à 45 Minuten Einteilung in 3 Gruppen gemäss Schwimmniveau ersten Phase sowie vier weitere 4. Pri- Im Sommer 2018 wurde das Pilotprojekt mente und die vorhandene Infrastruktur 5 Lektionen à 45 Minuten marklassen à je rund 20 Schüler/-innen abgeschlossen und in den Regelbetrieb im Seebad Baldegg zentral: teil. Die zwei Primarklassen aus der ers- überführt. Seither besuchen die Schü- – Für die An- und Abreise wurde je rund ten Phase hatten nur noch eine respek- ler/-innen der 2. Klasse aus Hochdorf 30 Minuten eingeplant, wobei die Quelle: Darstellung Interface. tive zwei Lektionen in der zweiten fünf Lektionen Schwimmunterricht im Schüler/ innen gemeinsam mit der Phase. Mit den vier neuen Klassen wur- Hallenbad in Hohenrain. In der 4. Klasse Lehrperson mit der S-Bahn anreisten. den fünf Lektionen durchgeführt, davon haben sie Schwimmunterricht im See. Die Schule liegt zwei S-Bahnstatio- zwei Doppellektionen mit gemeinsa- Jedes Schuljahr besuchen drei 4. Klas- nen vom Seebad entfernt. Die Kosten mem Picknick über den Mittag. Zudem sen mit je rund 16 Schülern/-innen den für den öffentlichen Verkehr über- 2.3 Durchführung des Projekts wurden die Klassen neu in drei Gruppen Schwimmunterricht im See. Der Unter- nahm die Schule. Das Pilotprojekt wurde in zwei Phasen durch- unterteilt: See, Pool, Land/Theorieraum. richt findet an drei aufeinanderfolgen- – Umkleidekabinen waren vor Ort vor- geführt. Anschliessend wurde das Projekt in Bei der Gruppeneinteilung wurde wie- den Wochen nach und vor den Sommer- handen, Duschen hingegen nicht. Des- den Regelbetrieb überführt. Darstellung D 2.1 derum das Schwimmniveau der Schü- ferien statt. Insgesamt werden sechs halb konnten die Schüler/-innen nach zeigt den Ablauf des Projekts über die Zeit auf. ler/-innen berücksichtigt. Eine Lektion Doppellektionen durchgeführt, wobei dem Schwimmunterricht jeweils direkt widmete sich zudem zusätzlich dem alle Klassen einmal am Morgen, einmal nach Hause. Weil es keinen Haarföhn Die erste Phase fand Ende August und An- Schwimmen mit Kleidern. Am Ende der über den Mittag und einmal am Nach- gab – und die Zeit zum Haare föhnen fang September 2017 statt. Die 45-minütigen drei Wochen wurde wiederum mit allen mittag unterrichtet werden. Die Klassen sowieso nicht ausreichte – nahmen die Lektionen wurden jeweils kurz vor dem Mit- Schülern/-innen der WSC durchgeführt. werden weiterhin in drei Gruppen unter- Kinder eine Mütze mit. tag oder am Nachmittag während drei Wo- teilt, welche abwechselnd im See, im – Das Seebad Baldegg verfügt über ei- chen durchgeführt. Es nahmen zwei 4. Pri- Jeweils nach Abschluss einer Projekt- Pool oder im Theorieraum unterrichtet nen im See abgegrenzten Nicht- marklassen à 19 und 22 Schüler/-innen teil. phase wurden alle Eltern informiert, ob werden. Nach wie vor werden die Eltern schwimmerbereich (Abbildung 4), ei- Diese Schüler/-innen hatten bereits in der 3. Primarklasse Schwimmunterricht im Hal- lenbad. Pro Klasse wurden zwei Lektionen pro Woche, also insgesamt sechs Lektionen durchgeführt. Die Klassen wurden in zwei Gruppen – je nach Schwimmniveau – unter- teilt, wobei die eine Hälfte jeweils im See un- terrichtet wurde und die andere Hälfte im Pool.16 Falls aufgrund schlechter Wetterver- hältnisse der Schwimmunterricht im See oder Pool kürzer ausfiel, wurden die Schüler/-in- nen an Land unterrichtet und lernten spiele- risch die Baderegeln und andere Sicherheit- saspekte im Zusammenhang mit offenen Gewässern kennen. Zum Schluss absolvierte jede Schülerin/jeder Schüler den Wasser- Abb. 4 Seebad Baldegg – Nichtschwimmer- 16 Das Seebad Baldegg verfügt über ein 20-Meter-Nichtschwimmerbecken, welches fester Bestandteil bereich im See des Unterrichts war. 14 15
Abb. 5 Seebad Baldegg – 25-Meter-Schwimmerbecken und 20-Meter-Nichtschwimmerbecken nen 3-Meter-Sprungturm im See, ein 25-Meter-Schwimmerbecken | Beteiligte Personen mindest teilweise involviert waren. Zusätzlich werden die beiden (unbeheizt) und ein 20-Meter-Nichtschwimmerbecken (Abbildung 5). Für die Vorbereitung und Durchführung der Lektionen war eine Schwimmlehrpersonen für den theoretischen Teil von der jewei- Das Nichtschwimmerbecken war neben dem See und dem theoreti- von der SLRG gestellte Schwimmlehrperson verantwortlich. Sie ligen Klassenlehrperson unterstützt. schen Teil fester Bestandteil des Unterrichts. verfügt über eine Ausbildung als SLRG Expert See und ist – Damit die Kinder während dem Unterricht nicht kalt bekamen, hatten J+S-Expertin Rettungsschwimmen. Unterstützt wurde sie in der Das Pilotprojekt erforderte eine enge Zusammenarbeit der ver- Sie warme Kleider dabei. Zusätzlich wurden viele Bewegungsele- ersten Phase von der jeweiligen Klassenlehrperson. Zusätzlich schiedenen beteiligten Personen. So fand ein regelmässiger Aus- mente an Land in den Unterricht eingebaut. Bei sehr kaltem Wetter war in der ersten Phase eine weitere Begleitperson der SLRG tausch zwischen den Projektverantwortlichen und der Schwimm- wurde vom Restaurant im Seebad Tee serviert. dabei, weil die Klassenlehrpersonen nicht über ein entsprechen- lehrperson der SLRG, den von der Schule angestellten – Um die Sicherheit gewährleisten zu können, wurden zu Beginn alle Kin- des Brevet verfügten. In der zweiten Phase wurde die Schwimm- Schwimmlehrpersonen, den beteiligten Klassenlehrpersonen, der mit einer gut sichtbaren Badekappe ausgerüstet, die jederzeit getragen lehrperson der SLRG neben der Klassenlehrperson zusätzlich dem Rektor der Schule Hochdorf sowie der zuständigen Gemein- werden musste. Zusätzlich galt für alle Schüler/-innen die Regel, dass von einer schulinternen Schwimmlehrperson (SLRG Brevet Plus derätin statt. Zudem trafen sich die Beteiligten jeweils nach bei- niemand alleine ins Wasser geht, ohne dass die Lehrperson dies explizit Pool) unterstützt. Mindestens zwei Tage vor der Durchführung den Projektphasen zur Klärung von organisatorischen Fragen erlaubt. Jede Lehrperson führte zudem ein Rettungsgerät mit sich. der Lektion erhielten alle beteiligten Lehrpersonen die Lektions- oder zum Austausch der gemachten Erfahrungen. – Für die zweite Phase wurde ein windgeschütztes Gebäude mit Ti- vorbereitung. Darin war unter anderem definiert, wer welche schen und Bänken errichtet. Es verfügt zudem über einen Heizstrah- Übungen durchführt. Heute werden die Lektionen von zwei ler. Das Gebäude wurde für das Mittagessen und den Theorieteil Schwimmlehrerinnen (Brevet See und Brevet Pool) geleitet – genutzt. wobei beide bereits in der zweiten Phase des Pilotprojekts zu- 16 17
3. Erfahrungen aus Hochdorf Noch nicht realisiert werden konnte die senlehrpersonen der Schule Hochdorf Eltern das Projekt näherbringen, Si- Erarbeitung von Material für die Multi- sowie der Gemeinderätin) war die gute cherheit vermitteln und Vertrauen Im Folgenden werden die Erfahrungen der beteiligten Personen plikation des Schwimm- und Wassersi- Vorbereitung des Projekts der wichtigste schaffen. Dies sei auch deshalb sehr cherheitsunterrichts im See auf andere Bestandteil für die erfolgreiche Umset- gut gelungen, weil die SLRG das Pro- zur Zielerreichung des Pilotprojekts, zu dessen Konzeption und Schulen/Gemeinden sowie die Erarbei- zung. Folgende Punkte wurden dabei jekt begleitete. Ebenso half der Um- tung eines Weiterbildungsangebots für von den Befragten als besonders rele- stand, dass die Eltern beim Unterricht Vorbereitung, zur Durchführung der Lektionen sowie zur Über- Lehrpersonen zur Durchführung von vant erachtet: zusehen konnten. Während zu Pro- Schwimm- und Wassersicherheitsunter- – Unterstützung der SLRG: Aufgrund jektbeginn noch viele Eltern diese Ge- führung in den Regelbetrieb zusammengefasst. richt im See. Dies lag gemäss den Ver- der Unterstützung durch die SLRG legenheit nutzten, waren in der zwei- antwortlichen der SLRG an den fehlen- Schweiz und der SLRG Sektion Bal- ten Phase nur noch vereinzelt Eltern den zeitlichen Ressourcen und dem deggersee konnte das Projekt profes- anwesend. personellen Wechsel innerhalb der sionell aufgegleist werden. Zudem – Umgang mit kritischen Stimmen: Ne- SLRG. Die beiden Ziele werden gemäss wurde der Schwimm- und Wassersi- ben den Eltern gab es auch weitere den Verantwortlichen der SLRG weiter- cherheitsunterricht von einer erfahre- kritische Stimmen, beispielsweise hin verfolgt, um das Pilotprojekt nach- nen Schwimmlehrerin konzipiert und vom Schwimmlehrerverband oder 3.1 Wurden die für das Pilotprojekt auch darauf hin, dass der WSC alleine haltig zu verankern. durchgeführt. Dadurch konnten auch von politischen Akteuren. Der gesetzten Ziele erreicht? zu wenig aussagekräftig ist. Denn auch kritische Stimmen (z.B. von Seiten der Schwimmlehrerverband sah das Pilot- Die befragten Beteiligten sind mit der der Umgang mit Kälte, das sichere Ver- 3.2 Was musste bei der Vorberei- Eltern) besser aufgefangen werden. projekt als grosses Risiko an, da da- Zielerreichung überwiegend zufrieden. halten am und im See werde im tung beachtet werden? – Kommunikation: Die Kommunikation durch die unverzichtbaren Infrastruk- Der Schwimm- und Wassersicherheits- Schwimm- und Wassersicherheitsunter- Im Allgemeinen hatten die Beteiligten vor Start des Projekts war zentral. turen (z.B. ein gemeindeeigenes unterricht am und im See findet nach richt erlernt. So lernen die Kinder bei- einen guten Eindruck von der Konzep- Nicht nur die beteiligten Lehrperso- Hallenbad) in Frage gestellt werden wie vor regelmässig statt. Die befragten spielsweise, einzuschätzen, wie sich der tion des Projekts. Die Errichtung eines nen, sondern auch die Eltern mussten könnte. Deshalb hat der Gemeinderat Beteiligten haben zudem den Eindruck, Boden des Sees anfühlt, wie tief das Hallenbads wäre für die Gemeinde umfassend informiert werden. Ge- erneut Abklärungen bezüglich des dass die grosse Mehrheit der Schüler/-in- Wasser ist, wo sich die Rettungsgeräte Hochdorf zu teuer, weshalb das Seebad mäss den Befragten hatten die Eltern Baus eines gemeindeeigenen Hallen- nen ihre Schwimm- und Selbstrettungs- befinden und wie diese einzusetzen sind. Baldegg eine gute Alternative sei. insbesondere Angst, dass ihr Kind bads angestellt – obwohl dies vor rund kompetenzen für den sicheren Aufenthalt In diesem Sinne geht der Schwimm- und sich erkältet oder eine Lungenentzün- 20 Jahren vom Stimmvolk abgelehnt im See verbessert haben. So haben rund Wassersicherheitsunterricht im See aus Aus Sicht aller befragten Beteiligten dung bekommt. Die Gefahr des Er- wurde. Der Gemeinderat kam aber 80 Prozent der Schüler/-innen den WSC Sicht der Befragten weit über den übli- (der verantwortlichen Personen der trinkens war hingegen weniger ein wiederum zum Schluss, dass es kein im Pool – einige zusätzlich im See17 – chen Schwimmunterricht im Hallenbad SLRG Schweiz, der Schwimmlehrper- Thema. Am Informationsabend konn- Hallenbad in der Gemeinde Hochdorf bestanden. Jedoch weisen die Befragten hinaus. sonen, der Schulleiterin und der Klas- ten die Projektverantwortlichen den braucht. Aufgrund der verschiedenen 17 Die Schüler/-innen purzelten dazu vom Steg in den See. 18 19
kritischen Stimmen wurde das Projekt auch das heisst, dass die Kinder unterschiedliche Zudem betonen die Projektverantwortli- | Erfahrungen der Beteiligten in den lokalen Medien nicht nur positiv er- Vorkenntnisse in Bezug auf das Schwimmen chen, dass Kinder, die kalt hatten, sich je- Zusätzlich zu den Rückmeldungen der El- wähnt. Die Projektverantwortlichen re- mitbringen würden und dass es auch Kinder derzeit an Land aufwärmen konnten. Interes- tern wurden nach der ersten Phase die Erfah- agierten auf kritische Reaktionen mit sach- mit Beeinträchtigungen haben könnte oder santerweise hätten einige Kinder keine rungen der Beteiligten gesammelt und auf lichen Stellungnahmen und positiven solche, die Angst vor dem Wasser, dem See- warmen Kleider gehabt, obwohl die Eltern im dieser Grundlage Verbesserungsmöglichkei- Medienberichten. gras oder den Fischen im See haben. Auch für Vorfeld vor allem Angst vor einer Erkältung ten erarbeitet. So wurde die Checkliste für – Rahmbedingungen klären: Wichtig war es frierende Kinder war eine Alternative wäh- hatten. die Eltern ergänzt, damit sich die Kinder so- aus Sicht der Befragten, in der Vorberei- rend des Unterrichts vorgesehen. Dank der wohl während des Unterrichts (z.B. mit ei- tungsphase die vorhandene Infrastruktur im detaillierten Unterrichtsvorbereitung waren | Rückmeldung der Eltern nem Bademantel oder Trainerhose und -ja- Seebad zu prüfen und darauf aufbauend ein gemäss den Befragten alle Beteiligten auf Eine kurze Elternbefragung nach der ersten cke) als auch nach dem Unterricht warm Sicherheitskonzept zu entwickeln. Ebenso dem gleichen Wissenstand. Trotzdem muss- Phase zeigte, dass rund zwei Drittel der be- anziehen konnten. Insbesondere eine Mütze galt es, die Anreise zu planen und den ten gemäss den befragten Schwimmlehrper- fragten Eltern den Schwimm- und Wassersi- sollten die Kinder nach dem Unterricht an- Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht sonen die unerfahreneren Klassenlehrperso- cherheitsunterricht im See positiv erlebten. ziehen, weil keine Zeit zum Haare föhnen in den Stundenplan zu integrieren. Der nen anfänglich noch klar instruiert werden. Ein Drittel beurteilte den Unterricht negativ, blieb. Im Zusammenhang mit der Kälte Stundenplan musste gemäss den befragten weil es zu kalt gewesen sei, ihr Kind sich er- wurde nach der ersten Phase die Verwen- Lehrpersonen für diese sechs Wochen meis- | Wetter kältet habe oder der See zu schmutzig sei. Die dung von Neoprenanzügen diskutiert. Die tens angepasst werden, weil die Lektionen Das Wetter war während des Unterrichts Projektverantwortlichen stellten dabei fest, Projektverantwortlichen kamen jedoch zum mit der Verfügbarkeit der Schwimmlehr- mehrheitlich gut und die Wassertemperatur dass die Rückmeldungen der Eltern häufig ne- Schluss, dass der Schwimmunterricht ab einer personen abgestimmt werden mussten. betrug mindestens 20 Grad, wobei insbe- gativer ausfielen als jene der Kinder, welche Wassertemperatur von 18 Grad ohne Anzüge sondere an kälteren Tagen die Wassertem- jeweils am Ende des Unterrichts nach ihrer problemlos möglich ist. Des Weiteren sei die 3.3 Welche Erfahrungen wurden mit der peratur im See sogar höher war als jene im Meinung gefragt wurden. Beweglichkeit mit einem Neoprenanzug ein- Durchführung der Lektionen gemacht? Pool. Das Wasser sei nie – weder von den Insgesamt waren alle Beteiligten sehr zufrie- Kindern noch von den Lehrpersonen – als den mit der Durchführung des Pilotprojekts unangenehm kalt empfunden worden. Zu- und erachten es als erfolgreich. Die Kinder dem sei die Zeit, die man effektiv im Was- und die Lehrpersonen seien motiviert gewe- ser verbrachte, je nach Temperatur ange- sen und hätten Spass gehabt. Zur erfolgrei- passt und theoretische Unterrichtselemente chen Umsetzung hat laut den Befragten auch an Land eingebaut worden. Dies ist aus beigetragen, dass den Projektverantwortli- Sicht der Beteiligten der grösste Unter- chen von Anfang an bewusst war, dass die schied zum Schwimmunterricht im Hallen- Schüler/ innen und die Lehrpersonen zum ers- bad. Man verbringe nicht 45 Minuten im ten Mal Schwimm- und Wassersicherheitsun- Wasser, wovon insbesondere zu Beginn des terricht im See hatten. Sie rechneten damit, Projekts die Eltern oder andere nicht direkt dass die Gruppen sehr heterogen sein würden, involvierte Personen ausgegangen seien. Abb. 6 Schwimm- und Wassersicher- heitsunterricht im See 20 21
geschränkt, der Auftrieb mit einem An- nisatorischer Hinsicht sehr effizient ge- richt musste je nach Wetter angepasst denn auch in anderen Fächern würden | Zusammenarbeit der beteiligten zug könne ein falsches Sicherheitsge- wesen sei. Und dank des neu gebauten, werden und es musste auf die unter- nicht alle Kindern die vorausgesetzten Personen fühl vermitteln und der Anzug schütze windgeschützten Gebäudes konnte auch schiedlichen Bedürfnisse der Kinder Lernziele erreichen. Alle im Projekt involvierten Personen nur gegen Kälte, wenn er gut angepasst an kälteren Tagen an einem warmen Ort eingegangen werden. Die Motivation arbeiteten eng zusammen und tauschten sei. Ebenso müssten die Anzüge nach zu Mittag gegessen werden. Zudem der Kinder sei schlussendlich ausschlag- | Organisation und Infrastruktur sich regelmässig aus. Gemäss eigenen Gebrauch gereinigt und getrocknet wer- wurden die Klassen in drei Gruppen ein- gebend für eine erfolgreiche Durchfüh- Die Organisation wird von den Beteilig- Aussagen war die Zusammenarbeit sehr den, was zwischen den Lektionen nicht geteilt. Dies hat aus Sicht der Beteiligten rung einer Lektion. Auch schwächere ten zwar insgesamt als aufwändig, aber gut und alle Beteiligten waren motiviert. machbar gewesen wäre. Die Kinder für mehr Abwechslung gesorgt und es Kinder müssten ein Erfolgserlebnis ha- gleichzeitig auch als lohnenswert emp- Aus Sicht der Beteiligten ist die grosse durften selbstverständlich selber einen konnten mehr Bewegungsspiele einge- ben. Die Beteiligten stellten zudem fest, funden. Die Anreise mit der S-Bahn sei Bereitschaft am Projekt teilzunehmen, Neoprenanzug mitbringen. In der ersten baut werden. In einer Lektion hatten die dass insbesondere ängstliche Kinder im unkompliziert und nicht aufwändiger als auch auf die Freiwilligkeit zurückzufüh- Phase machten dies drei Kinder. Gemäss Schüler/-innen zudem die Möglichkeit, See besser frei schwammen als im Pool, die Anreise ins Hallenbad in Hohenrain. ren. So hätten sich nur Lehrpersonen ge- Aussagen der Schwimmlehrpersonen das Schwimmen mit Kleidern auszupro- weil sie sich nicht am Rand festhalten Der Zeitaufwand für eine Doppellektion meldet, welche von Beginn an interes- haben es Kinder ohne Neoprenanzug bieren. Aus Sicht der Beteiligten war konnten. Trotzdem weisen die befragten Schwimmunterricht liege – auch heute siert und motiviert waren. Sehr geschätzt gleich lange im Wasser ausgehalten wie dies ebenfalls eine sehr gute Erfahrung Schwimmlehrpersonen darauf hin, dass noch – etwa bei drei Stunden. So gehen wurde von den Lehrpersonen auch die Kinder mit Neoprenanzug. für die Kinder. Kinder, die Anfang der dritten Klasse nicht die Klassen beispielsweise um 8.45 Uhr professionelle Unterstützung durch die schwimmen können, in der Regel auch am vom Schulhaus Richtung Bahnhof los von der SLRG engagierten Schwimm- In der zweiten Phase fand der Unterricht Über beide Projektphasen hinweg zeigte Ende der vierten Klasse nicht schwimmen und fahren um 9.00 Uhr mit der S-Bahn lehrerin. Für die Schwimmlehrpersonen zweimal als Doppellektion über den sich für die Beteiligten, dass insbeson- können. Entsprechend gebe es auch im- nach Baldegg. Nach einem 5-minütigen stellte es hingegen eine grosse Heraus- Mittag statt. Dadurch habe Reisezeit dere von den Schwimmlehrpersonen mer einige Kinder, die den WSC nicht be- Spaziergang zum Seebad, haben die forderung dar, neben der Betreuung der eingespart werden können, was in orga- viel Flexibilität gefordert ist. Der Unter- stehen würden. Dies sei jedoch normal, Schüler/-innen Zeit, sich umzuziehen Kinder vor jeder Lektion auch die Klas- und erhalten die Instruktionen für den senlehrpersonen und ab der zweiten Schwimmunterricht. Nach 90 Minuten Phase Unterricht ziehen sich die Schüler/ in- Abb. 7 nen wieder um und gehen um 11.00 Uhr die zweite Schwimmlehrperson zu inst- Bewegungsspiel während des Schwimm- wieder zurück zur S-Bahn. Pünktlich ruieren. In der zweiten Phase kam er- und Wassersicherheitsunterricht im See zum Schulschluss (etwa 11.40 Uhr) tref- schwerend hinzu, dass neben den vier fen die Schüler/-innen wieder auf dem verschiedenen Klassenlehrpersonen Pausenplatz ein. auch die zweite Schwimmlehrperson ständig wechselte. Mit einem konstan- Das Seebad Baldegg verfügte gemäss ten Team hätte sich die Durchführung Aussagen der Beteiligten bereits bei der Lektionen einfacher gestaltet. Die Projektbeginn über eine gute Infrastruk- Instruktion sei jedoch wichtig, denn alle tur zur Durchführung des Schwimm- anwesenden Lehrpersonen sollten die- und Wassersicherheitsunterrichts im selben Zeichen für die Kommunikation See. Es gab einen markierten Nicht- mit den Schülern/-innen verwenden schwimmer-Bereich im See sowie einen (z.B. «Alle herhören» = Pfiff und Arm unbeheizten Pool. Letzteres war aus nach oben gestreckt). Es sei wertvoll ge- Sicht der Beteiligten ein klarer Vorteil wesen, in der zweiten Phase zu Dritt zu für den Unterricht, weil insbesondere unterrichten. So konnten die Kinder in ängstliche Kinder im Pool unterrichtet drei (niveaugerechte) Gruppen unterteilt werden konnten. Ebenso war ein Ele- und der Unterricht abwechslungsreicher ment des WSC (Rolle vorwärts ins Was- gestaltet werden. ser) einfacher umsetzbar im Pool. Trotz- dem sind die Beteiligten der Meinung, 3.4 Wie gelang die Überführung des dass der Unterricht grundsätzlich auch Pilotprojekts in den Regelbetrieb? ohne Pool umsetzbar wäre. Nach der Das Projekt konnte nach der Pilotphase ersten Phase wurde die Infrastruktur zu- nahtlos in den Regelbetrieb überführt dem mit einem windgeschützten Ge- werden. Gemäss der befragten bäude und einer grossen Uhr erweitert. Schwimmlehrperson, die heute für den Die Umsetzung dieser baulichen Mass- Schwimm- und Wassersicherheitsunter- nahmen war unkompliziert, weil das richt im See zuständig ist, hat sich das Seebad der Gemeinde gehört. Projekt mittlerweile etabliert. Jüngere 22 23
4. Fazit aus Sicht von Interface 4.1 Warum ist Schwimm- und Wassersicherheits- fahrenen Schwimmlehrperson der SLRG sowie der unterricht in offenen Gewässern sinnvoll? SLRG Sektion Baldeggersee erstellt. Die Schwimmlehr- Das Pilotprojekt der SLRG in der Gemeinde Hochdorf person bereitete die Lektionen und die organisatorischen zeigt, dass ein Schwimmunterricht im See möglich ist Rahmenbedingungen unter Berücksichtigung der vor- und eine sinnvolle Ergänzung oder gar eine Alternative handenen Infrastruktur sorgfältig vor. Mit dem frühzeiti- zum Schwimmunterricht im Hallenbad oder im Pool in gen Einbezug respektive der umfassenden Information einem Freibad sein kann. Der Schwimm- und Wassersi- der Eltern konnten offene Fragen im Voraus geklärt und cherheitsunterricht im, am und um den See entlastet Vertrauen in die Sicherheit des Unterrichts erzeugt wer- nicht nur die örtlichen Bade-Infrastrukturen, sondern den. Der Erfolg des Projekts zeigt sich insbesondere da- leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Ertrinkungsprä- rin, dass der Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht vention. Verschiedene Studien zeigen, dass ein im See nach der einjährigen Pilotphase in den Regelbe- Schwimmunterricht, der sich ausschliesslich auf die trieb überführt und damit nachhaltig im schulischen Un- Umgebung von Pools konzentriert, nicht ausreichend ist, terricht verankert werden konnte. Trotzdem brauchte es um ein Ertrinken zu verhindern. Schwimm- und Wasser- Zeit, bis sich diese neue Unterrichtsform in der Ge- kompetenzen, die in geschlossenen Becken erlernt wer- meinde Hochdorf etabliert hatte und von den Schülern/- den, können nicht automatisch auf die Umgebung von innen, den Lehrpersonen und den Eltern vollständig ak- offenen Gewässern übertragen werden. Schwimmunter- zeptiert wurde. Nun gilt es, die beiden bisher noch nicht richt im See kann Folgendes bewirken: bearbeiteten Ziele (Erarbeitung von Materialien für die – Erstens sammeln die Kinder Erfahrungen im offenen Multiplikation und Weiterbildungsangebot für Lehrper- Wasser, eignen sich entsprechende Schwimmkompe- sonen) anzugehen und ebenfalls (intern) zu evaluieren. Abb. 8 tenzen in dieser Umgebung an und lernen, damit ver- Schwimm- und Wassersicherheits- bundene Gefahren einzuschätzen und mit Rettungsge- 4.3 Was müssen Gemeinden/Schulen berücksich- unterricht im See räten umzugehen. Dies ist auch in Hinblick auf die tigen, wenn sie den Schwimm- und Wassersicher- Umsetzung des Lehrplans 21 zentral, der die Sicher- heitsunterricht in offenen Gewässern durchführen heitskompetenz (u.a. zu Selbstrettung) erstmalig ver- wollen? ankert. Die Erkenntnisse aus der vorliegenden Fallstudie kön- Schüler/-innen würden von älteren Der Unterricht wird gemäss der heute kenntnisse der Schüler/-innen eingegan- – Zweitens bietet eine solche Erweiterung des Schwimm- nen anderen Gemeinden oder Schulen Hinweise dazu Schüler/-innen hören, dass der Unter- tätigen Schwimmlehrperson ähnlich wie gen werden könne. Die Flexibilität unterrichts auch die Chance, Eltern bezüglich Verhal- liefern, was bei einer Einführung des Schwimm- und richt Spass mache. Ebenso habe sich das in der Pilotphase durchgeführt. Die entsteht aus Sicht der befragten tensweisen in offenen Gewässern zu sensibilisieren. Wassersicherheitsunterrichts in offenen Gewässern zu Projekt bei den Eltern herumgespro- Schüler/-innen werden weiterhin an- Schwimmlehrperson auch mit der zu- Denn wie Studien zeigen, unterschätzen Eltern häufig beachten ist. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass jede chen, die somit auch weniger Zurück- hand ihres Schwimmniveaus in drei nehmenden Erfahrung. Eine deutliche ihre eigenen Schwimmkompetenzen und diejenigen Gemeinde oder Schule andere Rahmenbedingungen auf- haltung zeigen würden als zu Beginn Gruppen eingeteilt. Die Vorkenntnisse Verbesserung sei in diesem Zusammen- ihrer Kinder in offenen Gewässern. weist. So wäre der Unterricht grundsätzlich auch in grös- des Pilotprojekts. Trotzdem sei es nach in Bezug auf das Schwimmen würden hang auch das konstante und einge- seren fliessenden Gewässern (z.B. an einer ruhigen wie vor wichtig, die Eltern im Rahmen zwar weiterhin mittels Befragung bei spielte Schwimmlehrerinnen-Team. Da- 4.2 Was sind die Lehren aus dem Pilotprojekt? Stelle) durchführbar. Für Schulen empfiehlt es sich, den der Elternabende und mit einem Brief den Eltern abgeholt, ein kurzer Test in durch müssten lediglich die Klassen- Verschiedene Faktoren haben zu einem guten Gelingen Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht in offenen über den Schwimm- und Wassersicher- der ersten Lektion sei hingegen auf- lehrpersonen instruiert werden, wobei des Pilotprojekts in Hochdorf beigetragen. Neben der Gewässern im Rahmen eines Pilotprojekts mit wenigen heitsunterricht im See zu informieren. schlussreicher. Die detaillierten Lekti- auch diese mittlerweile viele Erfahrun- Motivation aller Beteiligten erwies sich die professio- Klassen zu testen und Erfahrungen mit der neuen Unter- Die Möglichkeit, beim Schwimm- und onsvorbereitungen aus der Pilotphase gen mit dieser Unterrichtsform sammeln nelle Unterstützung durch die SLRG als zentral. Ebenso richtsform zu sammeln. Zudem sollte das Pilotprojekt Wassersicherheitsunterricht im See zu- seien jedoch adaptiert worden, sodass konnten. wurde das Projekt von der zuständigen Gemeinderätin von einem professionellen Akteur aus dem Bereich Was- zusehen, würden nur noch wenige El- flexibler auf die Bedingungen wie bei- stark unterstützt. Des Weiteren wurde ein für das Seebad sersicherheit unterstützend begleitet werden. tern nutzen. spielsweise das Wetter oder die Vor- Baldegg spezifisches Sicherheitskonzept von einer er- 24 25
4.4 Was sind die Erfolgsfaktoren bei der Umset- zept als auch die Lektionen wurden von einer erfahre- und die Lektionen detailliert vorbereitet. Letzteres beinhal- zung von Schwimm- und Wassersicherheitsunter- nen Schwimmlehrerin der SLRG und der SLRG tete auch eine klare Zuweisung der Aufgaben an die anwe- richt in offenen Gewässern? Sektion Baldeggersee erarbeitet. Der Unterricht wurde senden Lehrpersonen. – Grosse Bereitschaft und Motivation aller Beteiligten: von ihr durchgeführt. Die Professionalität vermittelte – Flexibilität: Die am Unterricht beteiligten Personen zeigten Das Pilotprojekt wurden von wichtigen Akteuren wie insbesondere auch gegenüber den Eltern Sicherheit sehr viel Flexibilität; die Klassenlehrpersonen passten den der zuständigen Gemeinderätin, dem Rektor und der und half im Umgang mit kritischen Stimmen. Stundenplan an und die Schwimmlehrpersonen gestalteten Schulleitung sowie von den beteiligten Lehrpersonen – Umfangreiche Vorbereitung: Die Projektverantwortli- den Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht dem Wetter unterstützt. Auch die Schüler/-in-nen waren motiviert chen waren sich den Herausforderungen bewusst, die sowie dem Schwimmniveau der Schüler/-innen entspre- und hatten Spass an der neuen Unterrichtsform. der Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht mit chend. – Fachliche und professionelle Unterstützung: Die Ver- sich bringt. Entsprechend gut wurde das Projekt vor- – Gute Infrastruktur: Das Seebad Baldegg verfügt über eine antwortlichen der Schule Hochdorf haben das Projekt bereitet. Es wurden umfassende Abklärungen in Be- gute Infrastruktur zur Durchführung von Schwimm- und mithilfe der Unterstützung der SLRG Schweiz aufge- zug auf organisatorische Rahmenbedingungen und die Wassersicherheitsunterricht im See. So gibt es neben dem Abb. 9 gleist und durchgeführt. Sowohl das Sicherheitskon- Infrastruktur gemacht, die Eltern wurden informiert markierten Nicht-Schwimmerbereich im See auch einen un- Trockenübung beim Schwimm- beheizten Pool und einen windgeschützten Theorieraum. und Wassersicherheitsunterricht 4.5 Welche Herausforderungen stellen sich bei der Umsetzung von Schwimm- und Wassersicherheits- unterricht in offenen Gewässern? Welche Lösungsan- sätze gibt es? – Organisation: Die zusätzlichen Lektionen für den Schwimm- und Wassersicherheitsunterricht müssen für we- nige Wochen pro Jahr in den Stundenplan integriert werden. Dabei bedarf es häufig einer Anpassung des Stundenplans, weil die Lektionen mit der Verfügbarkeit der Schwimmlehr- personen abgestimmt werden müssen. Die Schwimmlektio- nen werden in der Regel mit Lektionen für den Turnunter- richt kompensiert. Der Weg zum Durchführungsort kann je nach Lage ebenfalls herausfordernd sein. Es gilt somit, die organisatorischen Rahmenbedingungen frühzeitig abzuklä- ren und für die An- und Rückreise ausreichend Zeit einzu- planen. – Fehlende Kompetenzen/Ausbildung der Lehrpersonen: Nicht alle Lehrpersonen verfügen über das notwendige «Brevet Basis Pool», um Schwimmunterricht zu begleiten, oder das «Brevet See», um Schwimm- und Wassersicher- heitsunterricht im See selber durchzuführen. Generell fehlt es den Lehrpersonen an Erfahrung in Bezug auf die Verhal- tensweisen in offenen Gewässern. Durch professionelle Unterstützung können die Lehrpersonen entsprechend vor- bereitet und instruiert werden. Die Schulen sollten zudem sicherstellen, dass ihre Lehrpersonen Zugang zu den not- wendigen Weiterbildungen haben. – Wetter: Das Wetter ist eine unbeeinflussbare Grösse, die bei der Durchführung des Unterrichts nur kurzfristig berück- sichtigt werden kann. Neben der Kälte spielen auch Wind- verhältnisse und Gewitter eine Rolle. Es ist daher wichtig, im Sicherheitskonzept festzuhalten, unter welchen Witte- rungsbedingungen der Unterricht im See durchgeführt wird. Zudem sollten Alternativen für schlechtes oder zu kaltes Wetter bereitgehalten werden, um den Unterricht spontan anpassen zu können. Zudem müssen Eltern angehalten wer- 26 27
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